Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 B 45/00 P
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. September 2000 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Mit Bescheid vom 20. August 1998 lehnte die Beklagte einen Antrag der 1991 geborenen, bei der Beklagten familienversicherten Klägerin auf Gewährung von Leistungen ab, da diese nicht pflegebedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuches, Elftes Buch -SGB XI- sei. Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 14. September 1998 Widerspruch. Mit einem Schreiben vom 3. Februar 1999 teilte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten mit, die Prüfung des Vorganges werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen, da der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) eine Zweitbegutachtung vornehmen müsse. Mit Schreiben vom 5. Februar 1999 beauftragte die Beklagte den MDK mit der Erstattung eines Gutachtens (unter Beifügung früherer MDK-Gutachten in dieser Sache).
In einem Schreiben vom 1. April 1999 bat der Bevollmächtigte der Klägerin die Beklagte um Mitteilung über den Stand des Verfahrens und kündigte eine Untätigkeitsklage an. In einem Telefongespräch vom 6. April 1999 wies der Sachbearbeiter den Bevollmächtigten darauf hin, dass die Kasse keinen Einfluss auf die Terminvergabe habe und eine Benachrichtigung umgehend nach Eingang des Gutachtens erfolgen werde.
Am 26. Mai 1999 wurde die Klägerin in ihrer häuslichen Umgebung von einem Arzt und einer Pflegefachkraft des MDK untersucht. Das am 25. Juni 1999 erstattete Gutachten des MDK kam zum Ergebnis, dass keine Pflegebedürftigkeit vorliege.
Am 4. Juni 1999 erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Untätigkeitsklage, da er seit dem Telefongespräch mit der Beklagten vom 6. April 1999 ohne Nachricht geblieben sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 1999 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück, da diese nicht pflegebedürftig sei. Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 1999 erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin die Hauptsache für erledigt und beantragte, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Mit Beschluss vom 19. September 2000 hat das Sozialgericht den Antrag zurückgewiesen, da die Klägerin aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 3. Februar 1999 und des Telefongesprächs vom 6. April 1999 mit einer Bescheiderteilung zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht habe rechnen dürfen.
Gegen den am 12. Oktober 2000 zugestellten Beschluss richtet sich die am 27. Oktober 2000 eingelegte Beschwerde der Klägerin, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Die Klägerin trägt vor, die vom Sozialgericht erwähnte Information sei keine ausreichend konkrete Begründung für die monatelange Verzögerung bei der Bearbeitung des Widerspruchs.
Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet.
Nach der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache war nach § 193 Abs. 1, 2. Halbsatz des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) über die Kosten durch Beschluss zu entscheiden. Im Rahmen dieser nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung sind unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes die Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens sowie die Gründe für die Klageerhebung und die Erledigung von Bedeutung (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 6. Auflage 1998 Rdnr. 13 zu § 193). Im Falle der hier erhobenen Untätigkeitsklage richten sich die Erfolgsaussichten nach § 88 Abs. 1, 2 SGG. Nach Abs. 1 ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig, wenn der Antrag ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist. Nach § 88 Abs. 2 SGG gilt das Gleiche, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist in Angelegenheiten der Krankenversicherung und der Bundesanstalt für Arbeit eine Frist von einem Monat, im Übrigen eine solche von drei Monaten gilt. Es ist fraglich, ob hier als angemessene Frist ein Monat oder drei Monate gilt, da keine Angelegenheit der „Krankenversicherung“ vorliegt, sondern ein Anspruch aus der Pflegeversicherung streitig ist. Die Frage, ob diese Vorschrift analog für die Pflegeversicherung anwendbar ist, kann jedoch offen bleiben. Die Dauer von der Einlegung des Widerspruchs im September 1998 bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vom 16. September 1999 umfasste jedenfalls mehr als drei Monate. Gleichwohl besteht kein Kostenerstattungsanspruch, weil die Beklagte nicht ohne zureichenden Grund bis zur Klageerhebung über den Widerspruch entschieden hat. Dafür ist maßgeblich, ob ein Kläger nach den ihm bekannten Umständen mit seiner Bescheidung vor der Klageerhebung rechnen durfte (Meyer-Ladewig, a.a.O. Rdnr. 13 c zu § 193, § 161 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung). Dies war zum Zeitpunkt der Klageerhebung hier nicht der Fall. In dem Telefongespräch am 6. April 1999 ist der Bevollmächtigte der Klägerin von einem Sachbearbeiter der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass ein Gutachten erforderlich sei, auf dessen Erstattung die Kasse keinen Einfluss habe; er werde von dem Eingang des Gutachtens benachrichtigt. Dies war eine konkrete, auf den Fall bezogene Zwischennachricht und keine bloße Formularmitteilung, die dem Zweck der „Hinhaltung“ diente (vgl. LSG Bremen, Breithaupt 1987, 523, 527). Am 26. Mai 1999 ist die Klägerin in ihrer Wohnung von einem Arzt und einer Pflegefachkraft untersucht worden. Bei der Klageerhebung am 4. Juni 1999 konnte die Klägerin nicht erwarten, dass bis zu diesem Zeitpunkt das Gutachten bereits fertig gestellt sei und eine Entscheidung des Widerspruchsausschusses möglich sein würde. Die am 4. Juni 1999 erhobene Untätigkeitsklage wäre deshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos geblieben, so dass es nicht gerechtfertigt ist, der Beklagten die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Mit Bescheid vom 20. August 1998 lehnte die Beklagte einen Antrag der 1991 geborenen, bei der Beklagten familienversicherten Klägerin auf Gewährung von Leistungen ab, da diese nicht pflegebedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuches, Elftes Buch -SGB XI- sei. Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 14. September 1998 Widerspruch. Mit einem Schreiben vom 3. Februar 1999 teilte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten mit, die Prüfung des Vorganges werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen, da der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) eine Zweitbegutachtung vornehmen müsse. Mit Schreiben vom 5. Februar 1999 beauftragte die Beklagte den MDK mit der Erstattung eines Gutachtens (unter Beifügung früherer MDK-Gutachten in dieser Sache).
In einem Schreiben vom 1. April 1999 bat der Bevollmächtigte der Klägerin die Beklagte um Mitteilung über den Stand des Verfahrens und kündigte eine Untätigkeitsklage an. In einem Telefongespräch vom 6. April 1999 wies der Sachbearbeiter den Bevollmächtigten darauf hin, dass die Kasse keinen Einfluss auf die Terminvergabe habe und eine Benachrichtigung umgehend nach Eingang des Gutachtens erfolgen werde.
Am 26. Mai 1999 wurde die Klägerin in ihrer häuslichen Umgebung von einem Arzt und einer Pflegefachkraft des MDK untersucht. Das am 25. Juni 1999 erstattete Gutachten des MDK kam zum Ergebnis, dass keine Pflegebedürftigkeit vorliege.
Am 4. Juni 1999 erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Untätigkeitsklage, da er seit dem Telefongespräch mit der Beklagten vom 6. April 1999 ohne Nachricht geblieben sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 1999 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück, da diese nicht pflegebedürftig sei. Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 1999 erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin die Hauptsache für erledigt und beantragte, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Mit Beschluss vom 19. September 2000 hat das Sozialgericht den Antrag zurückgewiesen, da die Klägerin aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 3. Februar 1999 und des Telefongesprächs vom 6. April 1999 mit einer Bescheiderteilung zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht habe rechnen dürfen.
Gegen den am 12. Oktober 2000 zugestellten Beschluss richtet sich die am 27. Oktober 2000 eingelegte Beschwerde der Klägerin, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Die Klägerin trägt vor, die vom Sozialgericht erwähnte Information sei keine ausreichend konkrete Begründung für die monatelange Verzögerung bei der Bearbeitung des Widerspruchs.
Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet.
Nach der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache war nach § 193 Abs. 1, 2. Halbsatz des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) über die Kosten durch Beschluss zu entscheiden. Im Rahmen dieser nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung sind unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes die Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens sowie die Gründe für die Klageerhebung und die Erledigung von Bedeutung (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 6. Auflage 1998 Rdnr. 13 zu § 193). Im Falle der hier erhobenen Untätigkeitsklage richten sich die Erfolgsaussichten nach § 88 Abs. 1, 2 SGG. Nach Abs. 1 ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig, wenn der Antrag ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist. Nach § 88 Abs. 2 SGG gilt das Gleiche, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist in Angelegenheiten der Krankenversicherung und der Bundesanstalt für Arbeit eine Frist von einem Monat, im Übrigen eine solche von drei Monaten gilt. Es ist fraglich, ob hier als angemessene Frist ein Monat oder drei Monate gilt, da keine Angelegenheit der „Krankenversicherung“ vorliegt, sondern ein Anspruch aus der Pflegeversicherung streitig ist. Die Frage, ob diese Vorschrift analog für die Pflegeversicherung anwendbar ist, kann jedoch offen bleiben. Die Dauer von der Einlegung des Widerspruchs im September 1998 bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vom 16. September 1999 umfasste jedenfalls mehr als drei Monate. Gleichwohl besteht kein Kostenerstattungsanspruch, weil die Beklagte nicht ohne zureichenden Grund bis zur Klageerhebung über den Widerspruch entschieden hat. Dafür ist maßgeblich, ob ein Kläger nach den ihm bekannten Umständen mit seiner Bescheidung vor der Klageerhebung rechnen durfte (Meyer-Ladewig, a.a.O. Rdnr. 13 c zu § 193, § 161 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung). Dies war zum Zeitpunkt der Klageerhebung hier nicht der Fall. In dem Telefongespräch am 6. April 1999 ist der Bevollmächtigte der Klägerin von einem Sachbearbeiter der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass ein Gutachten erforderlich sei, auf dessen Erstattung die Kasse keinen Einfluss habe; er werde von dem Eingang des Gutachtens benachrichtigt. Dies war eine konkrete, auf den Fall bezogene Zwischennachricht und keine bloße Formularmitteilung, die dem Zweck der „Hinhaltung“ diente (vgl. LSG Bremen, Breithaupt 1987, 523, 527). Am 26. Mai 1999 ist die Klägerin in ihrer Wohnung von einem Arzt und einer Pflegefachkraft untersucht worden. Bei der Klageerhebung am 4. Juni 1999 konnte die Klägerin nicht erwarten, dass bis zu diesem Zeitpunkt das Gutachten bereits fertig gestellt sei und eine Entscheidung des Widerspruchsausschusses möglich sein würde. Die am 4. Juni 1999 erhobene Untätigkeitsklage wäre deshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos geblieben, so dass es nicht gerechtfertigt ist, der Beklagten die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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