Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 5 SB 111/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 7 SB 81/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Keine Erhöhung des GdB bei Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustandes
Im Namen des Volkes Urteil in dem Rechtsstreit – Kläger und Berufungskläger – gegen Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Landesversorgungsamt im Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, Maxim-Gorki-Str. 7, 06114 Halle – Beklagter und Berufungsbeklagter –
Der 7. Senat des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt in Halle hat ohne mündliche Verhandlung am 16. Juli 2009 durch den Vizepräsidenten des Landessozialgerichts Fock, den Richter am Landessozialgericht Dr. Fechner und die Richterin am Landessozialgericht Bücker sowie die ehrenamtliche Richterin Wege und den ehrenamtlichen Richter Klaas für Recht erkannt:
Im Namen des Volkes Urteil in dem Rechtsstreit – Kläger und Berufungskläger – gegen Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Landesversorgungsamt im Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, Maxim-Gorki-Str. 7, 06114 Halle – Beklagter und Berufungsbeklagter –
Der 7. Senat des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt in Halle hat ohne mündliche Verhandlung am 16. Juli 2009 durch den Vizepräsidenten des Landessozialgerichts Fock, den Richter am Landessozialgericht Dr. Fechner und die Richterin am Landessozialgericht Bücker sowie die ehrenamtliche Richterin Wege und den ehrenamtlichen Richter Klaas für Recht erkannt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Grad der beim Kläger festgestellten Behinderung (GdB) umstritten.
Der 1944 geborene Kläger beantragte am 13. Dezember 1999 beim Amt für Versorgung und Familienförderung Nürnberg die Feststellung von Behinderungen wegen einer hochgradigen Aorteninsuffizienz (Schließunfähigkeit der Aortenklappen des Herzens). Am 11. Oktober 1999 ist ihm im Herzzentrum C. ein Aortenklappenersatz implantiert worden. Anschließend befand er sich vom 10. November 1999 bis 15. Dezember 1999 im Reha-Zentrum B. D. zur stationären Anschussheilbehandlung. In dem ärztlichen Entlassungsbericht des Reha-Zentrums vom 21. Dezember 1999 wurde ausgeführt: Vor der Operation habe der Kläger als Produktionsleiter im Drei-Schichtsystem in einer Großbäckerei gearbeitet. Diese Tätigkeit sei nicht mit schwerer Arbeit verbunden, sondern auf Bedienungs- und Überwachungsaufgaben konzentriert. Ein Belastungs-EKG im Drei-Minuten-Test mit 25 bis 75 Watt habe der Kläger nach zwei Minuten bei 75 Watt abbrechen müssen. Es seien ein intermittierender Rechtsschenkelblock sowie gehäufte VES und Couplets (Extrasystolen) aufgetreten. Eine Verlaufskontrolle vom 14. Dezember 1999 nach Medikation mit Beloc habe bei einer vierstufigen Belastung im Drei-Minuten-Test bei 25 bis 100 Watt zu einem Belastungsabbruch nach Erreichen der Aortenklappenausbelastungsfrequenz geführt. Bei 100 Watt seien vermehrte, z. T. fix gekoppelte, VES aufgetreten. Die Leistungsfähigkeit habe nur langsam gesteigert werden können. Zuletzt habe der Kläger eine Ausdauerbelastung von 50 Watt über 20 Minuten erreicht.
Mit Bescheid vom 1. Februar 2000 hatte das Amt für Versorgung und Familienförderung Nürnberg wegen einer künstlichen Herzklappe einen GdB von 30 festgestellt. Nach seinem Umzug in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten beantragte der Kläger am 2. April 2007 erneut die Feststellung von Behinderungen.
Der Beklagte holte zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts von der Reha-Klinik B. D. einen Befundbericht über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 27. Februar bis 20. März 2007 ein. Im Bericht vom 27. Februar 2007 teilte Dr. G. folgende Diagnosen mit:
Hochgradige Aortenklappeninsuffizienz bei Aortenklappenendokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut) - Zustand nach Aortenklappenersatz am 11. Oktober 1999 - sehr großer Ringabszess im Bereich der Aortenklappenprothese mit Perforation in den rechten Vorhof - Mitralklappenprolaps mit unbedeutender Mitralklappeninsuffizienz - Chronische Herzinsuffizienz (NYHA II bis III) - Ausschluss stenosierende Koronare Herzkrankheit - Linksschenkelblock (Störung der Erregungsausbreitung mit einseitiger Blockierung des linken Schenkels).
Ferner gab er an, die stationäre Aufnahme sei wegen eines Verdachtes auf ein paravalvuläres Leck und einer zunehmenden Belastungsluftnot erfolgt. Eine Echokardiografie vom 21. Februar 2007 habe einen ausgedehnten Ringabzesses von 4 cm am Aortenklappenersatz nachgewiesen. Es bestehe eine hochgradige Aortenklappeninsuffizienz sowie eine Perforation des Abzesses in den rechten Vorhof. Nach Verlegung des Klägers am 27. Februar 2007 in die kardiochirurgische Abteilung berichtete PD Dr. H. über eine Operation vom 1. März 2007 (Arztbrief vom 20. März 2007). Operativ sei die alte Aortenklappe ersetzt und der Abzess ausgeräumt worden.
Anschließend befand sich der Kläger vom 20. März bis 10. April 2007 zur Anschlussheilbehandlung in B. D. (D.). Im ärztlichen Entlassungsbericht der Oberärztin K. vom 5. April 2007 lauteten die Diagnosen:
• Aortenklappenersatz am 1. März 2007 wegen Aortenklappeninsuffizienz III. Grades mit paravalvulärem Leck • operative Ausräumung eines großen Ringabszesses am 1. März 2007 im Bereich der Aortenklappenprothese • permanentes Vorhofflattern mit absoluter Arrhythmie – zeitweilig Pseudoeurhythmie - Linksschenkelblock • Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörung mit erhöhtem Fettgehalt im Blut) • pathologische Glukosetoleranz.
Bei Aufnahme habe der Kläger über allgemeine Schwäche und leichte Luftnot unter mittelschwerer körperlicher Belastung geklagt. Er könne Alltagsbelastungen noch bewältigen und Treppen bis zur zweiten Etage steigen. Einschränkungen in der Mobilität, der Selbstversorgung sowie seinen kognitiven Fähigkeiten bestünden nicht. Ein Belastungs-EKG vom 21. März 2007 (Zwei-Minuten-Test) habe bei einer vierstufigen Belastung bis 100 Watt über eine Minute zum Abbruch wegen peripherer muskulärer Erschöpfung geführt. Beim Kläger bestehe eine regelrechte belastungsbezogene Blutdruck- und eine eingeschränkte Herzfrequenzmodulation. Der maximale Blutdruck habe 173/73 mmHg betragen. Signifikante ventrikuläre Ektrophien bei vorbestehender Arrhythmia sowie eine angina pectoris (anfallartig auftretende Schmerzen hinter dem Brustbein) lägen nicht vor. Die Erholungsphase sei normal. Eine Elektrokardiografie vom 26. März 2007 habe keine intragravitären Thromben (Blutgerinsel) gezeigt. Ein Belastungs-EKG vom 2. April 2007 (Zwei-Minuten-Test) habe bei vierstufiger Belastung einen Wert bis 125 Watt ergeben. Der maximale Blutdruck habe dabei 130/83 mmHg betragen. Es bestünden Herzrhythmusstörungen in Form eines permanenten Vorhofflatterns vor. Zusammenfassend habe die fahrradergometrisch messbare Maximalleistung während der stationären Behandlung von 100 auf 125 Watt gesteigert werden können. Die Ausdauerleistung sei von 40 Watt über 12 Minuten auf 45 Watt über 20 Minuten erhöht worden. Die Entlassung sei in gutem Allgemeinzustand erfolgt. Innerhalb von sechs Monaten sei die Arbeitsfähigkeit des Klägers am alten Arbeitsplatz zu erwarten.
Vom 15. bis 26. Mai 2007 befand sich der Kläger im Herzzentrum C. in stationärer Behandlung. In einem Arztbrief vom 26. Mai 2007 berichtete Dr. G. über die Implantierung eines Herzschrittmachers am 25. Mai 2007. Die Aortenklappe funktioniere regelrecht. Wegen vermehrt aufgetretener Blockierungen II. Grades vom Typ Mobitz sei der Einsatz eines Herzschrittmachers notwendig und komplikationslos durchgeführt worden.
Nach Einschätzung des Versorgungsarztes Dr. W. vom 26. Juli 2007 sei beim Kläger wegen des Herzklappenersatzes und des Herzschrittmacherimplantats ein Grad der Behinderung von 40 festzustellen. Mit Bescheid vom 1. August 2007 hob der Beklagte den Bescheid vom 1. Februar 2000 auf und stellte ab dem 2. April 2007 einen GdB von 40 fest. Dagegen legte der Kläger am 8. August 2007 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 3. September 2007 hat der Kläger beim Sozialgericht Dessau Klage erhoben und die Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab dem 2. April 2007 begehrt. Ergänzend hat er vorgetragen: Seit Beginn des Jahres 2007 habe sich sein Gesundheitszustand erheblich verschlechtert. Dies habe in der Folge auch zu einer Herzschrittmacheroperation geführt. Er sei arbeitsunfähig und könne nach Angaben des ihn behandelnden Arztes Dr. J. nicht mehr damit rechnen, wieder arbeitsfähig zu werden. Auch leide er in den letzten Monaten zunehmend an Begleiterkrankungen wie fieberhaften Infekten und einer Bronchitis. Die Leistungsbeeinträchtigung betreffe bereits alltägliche leichte Belastungen wie Spazierengehen und Treppensteigen und rechtfertige einen GdB von mindestens 50.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht vom Facharzt für Innere Medizin Dr. Ka. vom 30. November 2007 eingeholt. Danach bestehe keine Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Der behandelnde Arzt hat diverse Arztbriefe beigefügt. In einem Schrittmacherkontrollbericht der Internistischen Gemeinschaftspraxis Dipl.-Med. Ja. und Dr. Ha. vom 30. Oktober 2007 wird eine regelrechte PM-Funktion in DDDR-Modus beschrieben. Anamnestisch bestünden keine schrittmacherbedingten Beschwerden. In einem Arztbrief des Mediclin-Herzzentrums C. vom 12. Oktober 2007 berichtete Privatdozent Dr. H. über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 8. bis 13. Oktober 2007. Neben den bekannten Diagnosen bestehe eine rezidivierende epigastrische Hernie (wiederkehrender Eingeweidebruch im Bereich des Oberbauchs). Bei Aufnahme habe der Kläger eine faustgroße epigastrische Hernie gehabt. Diese sei am 9. Oktober 2007 operativ komplikationslos mit einer Netzimplantation korrigiert worden.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht der Internistischen Gemeinschaftspraxis Dipl.-Med. J. und Dr. Ha. vom 31. Januar 2008 eingeholt. Hiernach habe der Kläger über Luftnot bei mittelgradiger körperlicher Belastung geklagt. Der Blutdruck habe 120/80 mmHg betragen. Vom 15. Juni 2007 bis 4. Februar 2008 sei er arbeitsunfähig gewesen. Im Februar 2007 habe sich sein Allgemeinzustand vorübergehend erheblich verschlechtert, was eine Behandlung im Kreiskrankenhaus B. bzw. im Herzzentrum C. erforderlich gemacht habe. Nunmehr habe sich sein Gesundheitszustand wieder stabilisiert.
Der Kläger hat nach einer nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 20. Februar 2008 einen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt und Prof. Dr. M. (Klinik für Herzchirurgie, Universität L.) als Sachverständigen bestimmt. Der Beklagte hat eine prüfärztliche Stellungnahme von Dr. Wi. vom 13. Februar 2008 vorgelegt. Hiernach sei von einem stabilisierten Gesundheitszustand des Klägers auszugehen. Die Schrittmacherkontrolle habe ein gutes Ergebnis bestätigt. Die nach Aktenlage vermutete Verschlechterung im Juli 2007 werde durch die vorliegenden Befunde nicht bestätigt.
Prof. Dr. M. hat das Gutachten vom 4. Mai 2008 (Untersuchung vom 24. April 2008) erstattet: Der Kläger befinde sich in einem normalen Allgemein- und leicht adipösen Ernährungszustand. Der Blutdruck habe 140/80 mmHg betragen. Er habe eine Ein-schränkung seiner Leistungsfähigkeit mit leichterer Erschöpfbarkeit im Alltag beklagt. Seine Arbeitstätigkeit als Produktionsleiter in einer Bäckerfirma wolle er nach dem Wiederaufbau der Produktionsstätte, die nach einem Brand zerstört worden sei, sobald wie möglich wieder aufnehmen. Anginöse Beschwerden sowie Herzklopfen bestünden nicht. Atemnot träte jedoch bei stärkerer körperlicher Belastung auf. Klinisch befinde sich der Patient am Tag der ambulanten Vorstellung im NYHA-Stadium II. Grades.
Der transthorakale Echokardiografie habe unter anderem eine gute systolische LV-Funktion (EF 50 %) ergeben. Ein CT des Thorax habe ein gering global vergrößertes Herz bestätigt. Nach Ansicht des Sachverständigen sei trotz der schweren Endokarditis nicht von einer klinisch relevanten septisch embolischen Streuung auszugehen. Thorakale Folge der Herzklappenerkrankung mit operativer Behandlung seien narbige Veränderungen der Lungenunterfelder in den dorsalen Abschnitten sowie thorakale Verwachsungen nach Sternotomie. Die Lungenfunktionsparameter seien nicht beeinträchtigt. Echokardiografisch bestehe eine vergrößerte linke Herzkammer mit einer systolischen Kammerdicke von 2 cm im Septumbereich und 1,9 cm im Hinterrandbereich. Die linksventrikuläre Pumpleistung liege mit 50 % im unteren Normbereich. Insbesondere trete in diesem Zusammenhang eine belastungsabhängige Arrhythmieneigung mit Ausbildung von ventrikulären Extrasystolen und Salven sowie eine relative Ischämie in der Abteilung V4 bei Belastung auf mittlerem Niveau (Laststufe 7 in der Spiroergometrie) auf. Bei morphologisch unauffälligem Nierenparenchym im CT sei eine konsekutive Rentensionsstörung der Nierenfunktion nachweisbar. Insgesamt bestehe eine Einschränkung der kardialen Belastbarkeit mit erhöhtem Risiko einer Arrhythmie und einer Reendokarditis. Dieses Risiko sei beim Kläger ca. 180-fach höher als bei einer gesunden Person. Zusammenfassend sei wegen der Herzerkrankung von einem GdB von 40 auszugehen. Unter Zugrundelegung der besonderen Risikolage des Klägers (extrem hohes Endokarditisrisikos; erhöhtes arrhythmologenes Potenzial der linken Herzkammer; erhöhtes Aortendissektionsrisiko (Spaltung der Arterienwand)) sei aus kardiochirurgischer Sicht eine zusätzliche MdE von 20 % anzuerkennen. Der Kläger könne Tätigkeiten mit Heben schwerer Lasten (über 20 kg) bzw. Lasten von unter 5 kg über einen längeren Zeitraum sowie Überkopfarbeiten nicht mehr ausführen. Auch seien für ihn Dauerbelastungen mit erhöhtem Stressprofil stark krankheitsfördernd.
Der Beklagte hat eine prüfärztliche Stellungnahme der Versorgungsärztin Sch. vom 5. Juni 2008 vorgelegt: Hiernach sei die Herzleistungsminderung, wie von Prof. Dr. M. zutreffend eingeschätzt, mit einem GdB von 40 zu bewerten. Das Aortenaneurysma rechtfertige ein Einzel-GdB von 10 ab April 2008. Die vom Sachverständigen erwähnten erhöhten Risiken vermögen keine Erhöhung des GdB zu rechtfertigen. Eine Einschränkung der Nierenfunktion sei erstmals im April 2008 nachgewiesen. Der weitere Verlauf bleibe abzuwarten, so dass kein GdB zuerkannt werden könne. Die Narbenhernie rechtfertige einen GdB von 10. Insgesamt sei daher von einem Gesamt-GdB von 40 auszugehen.
Mit Urteil vom 16. Juli 2008 hat das Sozialgericht Dessau-Roßlau mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Unter Zugrundelegung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht sei das Krankheitsbild des Klägers mit einem GdB von 40 zu bewerten. Sein Risiko, an einer Endokarditis oder an einer Herzrhythmusstörung zu erkranken bzw. eine Aortendissektion zu erleiden, rechtfertige keinen höheren GdB.
Gegen das ihm am 20. Juli 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. August 2008 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und sein Begehren weiter verfolgt. Die Auffassung von Prof. M., wonach das extrem hohe Endokarditisrisiko sowie das erhöhte Aortendissektionsrisiko mit einer zusätzlichen MdE von 20 zu bewerten seien, treffe zu. Dies habe das Sozialgericht nicht beachtet.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau aufzuheben, den Bescheid vom 1. August 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2007 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, einen GdB von 50 ab dem 2. April 2007 festzustellen. Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält seine Bescheide und die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat einen Arztbrief von Privatdozent Dr. Dr. Schü. vom Städtischen Klinikum D. über eine stationäre Behandlung des Klägers vom 7. bis 15. Oktober 2008 beigezogen. Danach habe sich er sich am 9. Oktober des Jahres einer Narbenhernieversorgung mit Netzplastik unterziehen müssen. Seine Entlassung sei bei Wohlbefinden mit klinisch unauffälligem Abdominalbefund und reizlosen Wundverhältnissen erfolgt. In einem weiteren vom Senat beigezogenen Befundbericht vom 6. März 2009 hat Dr. Ka. ausgeführt: Der Kläger sei für leichte körperliche Tätigkeiten noch leistungsfähig. Sein Gesundheitszustand habe sich im Vergleich zu der letzten Befunderhebung vom 20. November 2007 nicht verändert. Der EF-Wert betrage 50 %. Ein Ergometrietest habe bis zu einer Belastung von 120 Watt erfolgen können. Dem Befundbericht war ein Arztbrief der Gemeinschaftspraxis Dipl.-Med. J. und Dr. Ha. vom 19. November 2008 beigefügt. Danach bestehe eine regelgerechte Herzschrittmacherfunktion ohne schrittmacherbedingte Beschwerden.
Der Berichterstatter hat den Kläger mit Verfügung vom 2. April 2009 darauf hingewiesen, dass nach der vorläufigen Auswertung des letzten Befundberichtes vom 6. März 2009 sowie der weiteren Aktenlage die Berufung keine Aussicht auf Erfolg biete. So habe Dr. Ka. anlässlich einer Ergometrie eine Belastbarkeit bis 120 Watt festgestellt. Der Kläger hat hierzu trotz Fristsetzung und Belehrung gemäß § 106 a SGG nicht weiter vorgetragen.
Am 15. April 2009 hat sich der Beklagte und am 28. April 2009 der Kläger mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt haben.
Die form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 SGG auch statthafte Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Die Klage gegen den Bescheid vom 1. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2007 ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Sie ist jedoch unbegründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines GdB von mehr als 40. Bei der hier erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2000 - B 9 SB 3/99 R = SozR 3-3870 § 3 Nr. 9 S. 22). Danach liegt bei dem Kläger ein GdB von 40 ab dem 2. April 2007 vor.
Für den streitgegenständlichen Zeitraum gilt das am 1. Juli 2001 in Kraft getretene Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046). Der hier anzuwendende § 69 SGB IX ist durch die Gesetze vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) und vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) geändert worden. Rechtsgrundlage für den von dem Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 ist § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Infolge der verfahrensrechtlichen Änderungen des § 69 SGB IX durch das Gesetz vom 23. April 2004 (a.a.O.) hat sich im Übrigen nur die Satzzählung geändert. Im Folgenden werden die Vorschriften des § 69 SGB IX nach der neuen Satzzählung zitiert.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Diese Vorschrift knüpft materiellrechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX ist durch das am 21. Dezember 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 13. Dezember 2007 (a.a.O.) geändert worden. Nach der früheren Fassung der Vorschrift galten für den Grad der Behinderung die im Rahmen des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) festgelegten Maßstäbe entsprechend. Nach dem Wortlaut der früheren Fassung des ebenfalls durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 geänderten § 30 Abs. 1 BVG war für die Beurteilung die körperliche und geistige Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben maßgeblich, wobei seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen waren. Nach der Neufassung des § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten für den Grad der Behinderung die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach der damit in Bezug genommenen neuen Fassung des § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades – dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS) – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden, zu deren Erlass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch den dem § 30 BVG durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 angefügten Absatz 17 ermächtigt worden ist.
Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember 2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und sind damit nunmehr der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte mit der rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zugrunde zu legen. Zuvor dienten der Praxis als Beurteilungsgrundlage die jeweils vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene Sachverständigengutachten eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 2003 – B 9 SB 3/02 R – SozR 4-3800 § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Die in den Anhaltspunkten (letzte Ausgabe von 2008) enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des Grades der Behinderung bzw. der Schädigungsfolge bisher richtete, sind – inhaltlich unverändert – in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.). Die im vorliegenden Fall heranzuziehenden Abschnitte aus den Anhaltspunkten in den Fassungen von 2004 und 2008 bzw. aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen sind nicht geändert worden. Im Folgenden werden die Vorschriften der Versorgungsmedizinische Grundsätze zitiert.
Durch die Neuregelung ist den Einwänden gegen die bisherigen "Anhaltspunkte" jedenfalls für den vorliegenden Fall der Boden entzogen worden. Zum einen ist durch die Neuregelung die auch von der Rechtsprechung geforderte Rechtsgrundlage für die bisherigen "Anhaltspunkte" geschaffen worden (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 28. September 2007, BT-Drucks. 16/6541, S. 1, 31). Zum anderen ist durch die Verweisung des neu gefassten § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX auf die Neufassung des § 30 Abs. 1 BVG klargestellt worden, dass auch für die Feststellung des GdB "die allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen" maßgeblich sind. Zudem hatte sich auch schon zu der früheren Fassung des § 69 Abs. 1 SGB IX eine ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gebildet, nach der trotz der Ersetzung des Schwerbehindertengesetzes durch das SGB IX inhaltlich das Beurteilungsgefüge der Anhaltspunkte maßgeblich geblieben war (vgl. BSG, Urt. v. 24. April 2008 – B 9/9a SB 6/06 R – in juris Rn. 15 m.w.N.).
Der hier streitigen Bemessung des Grads der Behinderung ist die GdS (Grad der Schädigung)-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Teil A, S. 17 ff.) zugrunde zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der Tabelle (Teil A, S. 8 ff.) sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte. Nach Nr. 2 Buchst. a (S.8) werden GdS und GdB nach gleichen Grundsätzen bemessen und unterscheiden sich begrifflich dadurch, dass der GdS nur auf die Schädigungsfolgen (kausal) und der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache (final) bezogen ist. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Nr. 2 Buchst. e (Teil A, Seite 8) genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a, S. 18).
Nach diesem Maßstab kann für die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers kein höherer GdB als 40 festgestellt werden. Dabei stützt sich der Senat auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Beklagten, die eingeholten Befundberichte und Arztbriefe sowie auf das gemäß § 109 SGG von der Vorinstanz eingeholte Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Mohr vom 20. Mai 2008.
1. Das Hauptleiden des Klägers ist dem Funktionsbereich des Herz-Kreislaufsystems zuzuordnen. Diagnostisch besteht eine Aortenklappeninsuffizienz mit Herzklappenersatz und Herzrhythmusstörungen mit einem Herzschrittmacherimplantat.
Nach der GdS-Tabelle ist bei Herzklappenfehlern nach den funktionalen Auswirkungen zu fragen, die nach Ziff. 9 (S. 46 ff) wie folgt zu bewerten sind:
1. ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen) selbst bei gewohnter stärkerer Belastung (z. B. sehr schnelles Gehen [7-8 km/h], schwere körperliche Arbeit), keine Einschränkung der Solleistung bei Ergometerbelastung; bei Kindern und Säuglingen (je nach Alter) beim Strampeln, Krabbeln, Laufen, Treppensteigen keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, keine Tachypnoe, kein Schwitzen ...0 – 10
2. mit Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Meßdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen Trinkschwierigkeiten, leichtes Schwitzen, leichte Tachy- und Dyspnoe, leichte Zyanose, keine Stauungsorgane, Beschwerden und Auftreten pathologischer Meßdaten bei Ergometerbelastung mit 1 Watt/kg Körpergewicht ... 20 – 40
3. mit Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z. B. Spazierengehen [3-4 km/h], Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Meßdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen deutliche Trinkschwierigkeiten, deutliches Schwitzen, deutliche Tachy- und Dyspnoe, deutliche Zyanose, rezidivierende pulmonale Infekte, kardial bedingte Gedeihstörungen, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 0,75 Watt/kg Körpergewicht ... 50 – 70 mit gelegentlich auftretenden vorübergehenden schweren Dekompensationserscheinungen ... 80
Nach der GdS-Tabelle kommt den objektiven Parameter zur Leistungsbeurteilung eine besondere wertungserhebliche Bedeutung zu. Notwendige körperliche Leistungsbeschränkungen (z. B. bei höhergradiger Aortenklappenstenose, hypertrophischer obstruktiver Kardiomyopathie) sind wie Leistungsbeeinträchtigungen zu bewerten. Nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen ist der GdB/GdS-Grad von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei Herzklappenprothesen ist der GdB/GdS-Grad nicht niedriger als 30 zu bewerten. Dieser Wert schließt eine Dauerbehandlung mit Antikoagulantien (Medikamente zur Verzögerung der erhöhten Blutgerinnung) ein (vgl. S. 48).
Der Senat folgt zunächst den übereinstimmenden Einschätzungen von Prof. Dr. M. und der Versorgungsärztin Sch., wonach eine Herzleistungsminderung bei Aortenklappenersatz und bestehenden Herzrythmusstörungen nach einer Schrittmacherimplantation mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten ist. Entgegen der Ansicht von Prof. Dr. M. kann das abstrakte Risiko, an einer Endokarditis, einer Herzrythmusstörung oder an einer Aortendissektion zu erkranken, nicht zu einer Höherstufung des GdB führen. Hierfür wären funktionale und zusätzliche Leistungseinschränkungen erforderlich, wie dies die Versorgungsärztin Sch. in ihrer Stellungnahme vom 5. Juni 2008 zutreffend ausgeführt hat. Auch nach dem aktuellen Befundbericht von Dr. Ka. vom 6. März 2009 bestehen keine Hinweise für eine weitere Leistungseinschränkung oder eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers auf kardiologischem Gebiet. So hält Dr. Ka. ihn noch für fähig, leichten Tätigkeiten nachzugehen. Diese Einschätzung wird auch durch den annähernd im Normbereich liegenden Ergometriewert von 120 Watt bestätigt. Dafür spricht auch die Selbsteinschätzung des Klägers, der sich zumindest anlässlich der Untersuchung von Prof. Dr. M. grundsätzlich noch in der Lage gesehen hat, seine bisherige Tätigkeit als Produktionsleiter einer Bäckerei wieder aufzunehmen. Auf ausdrückliche Nachfrage des Berichterstatters hat der Kläger trotz eingehender Belehrung nach § 106 a SGG nicht mehr ergänzend vorgetragen.
2. Die von Prof. Dr. M. seit April 2008 festgestellten neuen Begleiterkrankungen eines Aortenaneurysmas, einer Einschränkung der Nierenfunktion im Stadium einer kompensierten Retention, Vernarbungen der Lunge ohne Lungenfunktionseinschränkungen sowie einer Narbenhernie (2. Rezidiv, behandelt am 10. Oktober 2008) rechtfertigen allenfalls einen Einzel-GdB von jeweils 10 und bleiben ohne zusätzlich wesentliche funktionale Einschränkung. Gegenteiliges hat der Kläger auch nicht vorgetragen.
3. Da bei dem Kläger Einzelbehinderungen aus verschiedenen Funktionssystemen mit einem messbaren Grad der Behinderung vorliegen, ist nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Gesamtbehinderung zu ermitteln. Dafür sind die Grundsätze nach Nr. 3. a) – c) der Allgemeinen Grundsätze der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (S. 8) anzuwenden. Nach Nr. 3 c) (S. 10) ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad bedingt, und dann zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Zehnergrad ein oder mehr Zehnergrade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden.
Danach ist von dem Behinderungsgrad von 40 als höchstem Einzelbehinderungsgrad auszugehen. Dieser kann auch nicht erhöht werden, weil die weiteren betroffenen Funktionssysteme (Geschlechtsapparat, Rumpf, Psyche einschließlich Gehirn, Atmung, Herz-Kreislauf) aufgrund anderer Erkrankungen mit einem Einzelgrad von höchstens 10 zu bewerten sind. Denn nach Nr. 3 Buchst. d ee (S. 10) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze führen – von hier fern liegenden Ausnahmefällen abgesehen – zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzelgrad von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen und verschiedene Lebensbereiche betreffen (vgl. BSG, Urteil v. 13. Dezember 2000 – B 9 V 8/00 R = SozR 3 – 3870 § 4 Nr. 28).
Letztlich widerspräche hier die von dem Kläger begehrte Schwerbehinderteneigenschaft dem nach Nr. 3 Buchst. b (a.a.O.) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu berücksichtigenden Gesamtmaßstab. Die Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsstörungen beeinträchtigt seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht so schwer wie etwa die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, der Verlust eines Beins im Unterschenkel oder eine Aphasie (Sprachstörung) mit deutlicher Kommunikationsstörung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegt nicht vor.
Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Grad der beim Kläger festgestellten Behinderung (GdB) umstritten.
Der 1944 geborene Kläger beantragte am 13. Dezember 1999 beim Amt für Versorgung und Familienförderung Nürnberg die Feststellung von Behinderungen wegen einer hochgradigen Aorteninsuffizienz (Schließunfähigkeit der Aortenklappen des Herzens). Am 11. Oktober 1999 ist ihm im Herzzentrum C. ein Aortenklappenersatz implantiert worden. Anschließend befand er sich vom 10. November 1999 bis 15. Dezember 1999 im Reha-Zentrum B. D. zur stationären Anschussheilbehandlung. In dem ärztlichen Entlassungsbericht des Reha-Zentrums vom 21. Dezember 1999 wurde ausgeführt: Vor der Operation habe der Kläger als Produktionsleiter im Drei-Schichtsystem in einer Großbäckerei gearbeitet. Diese Tätigkeit sei nicht mit schwerer Arbeit verbunden, sondern auf Bedienungs- und Überwachungsaufgaben konzentriert. Ein Belastungs-EKG im Drei-Minuten-Test mit 25 bis 75 Watt habe der Kläger nach zwei Minuten bei 75 Watt abbrechen müssen. Es seien ein intermittierender Rechtsschenkelblock sowie gehäufte VES und Couplets (Extrasystolen) aufgetreten. Eine Verlaufskontrolle vom 14. Dezember 1999 nach Medikation mit Beloc habe bei einer vierstufigen Belastung im Drei-Minuten-Test bei 25 bis 100 Watt zu einem Belastungsabbruch nach Erreichen der Aortenklappenausbelastungsfrequenz geführt. Bei 100 Watt seien vermehrte, z. T. fix gekoppelte, VES aufgetreten. Die Leistungsfähigkeit habe nur langsam gesteigert werden können. Zuletzt habe der Kläger eine Ausdauerbelastung von 50 Watt über 20 Minuten erreicht.
Mit Bescheid vom 1. Februar 2000 hatte das Amt für Versorgung und Familienförderung Nürnberg wegen einer künstlichen Herzklappe einen GdB von 30 festgestellt. Nach seinem Umzug in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten beantragte der Kläger am 2. April 2007 erneut die Feststellung von Behinderungen.
Der Beklagte holte zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts von der Reha-Klinik B. D. einen Befundbericht über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 27. Februar bis 20. März 2007 ein. Im Bericht vom 27. Februar 2007 teilte Dr. G. folgende Diagnosen mit:
Hochgradige Aortenklappeninsuffizienz bei Aortenklappenendokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut) - Zustand nach Aortenklappenersatz am 11. Oktober 1999 - sehr großer Ringabszess im Bereich der Aortenklappenprothese mit Perforation in den rechten Vorhof - Mitralklappenprolaps mit unbedeutender Mitralklappeninsuffizienz - Chronische Herzinsuffizienz (NYHA II bis III) - Ausschluss stenosierende Koronare Herzkrankheit - Linksschenkelblock (Störung der Erregungsausbreitung mit einseitiger Blockierung des linken Schenkels).
Ferner gab er an, die stationäre Aufnahme sei wegen eines Verdachtes auf ein paravalvuläres Leck und einer zunehmenden Belastungsluftnot erfolgt. Eine Echokardiografie vom 21. Februar 2007 habe einen ausgedehnten Ringabzesses von 4 cm am Aortenklappenersatz nachgewiesen. Es bestehe eine hochgradige Aortenklappeninsuffizienz sowie eine Perforation des Abzesses in den rechten Vorhof. Nach Verlegung des Klägers am 27. Februar 2007 in die kardiochirurgische Abteilung berichtete PD Dr. H. über eine Operation vom 1. März 2007 (Arztbrief vom 20. März 2007). Operativ sei die alte Aortenklappe ersetzt und der Abzess ausgeräumt worden.
Anschließend befand sich der Kläger vom 20. März bis 10. April 2007 zur Anschlussheilbehandlung in B. D. (D.). Im ärztlichen Entlassungsbericht der Oberärztin K. vom 5. April 2007 lauteten die Diagnosen:
• Aortenklappenersatz am 1. März 2007 wegen Aortenklappeninsuffizienz III. Grades mit paravalvulärem Leck • operative Ausräumung eines großen Ringabszesses am 1. März 2007 im Bereich der Aortenklappenprothese • permanentes Vorhofflattern mit absoluter Arrhythmie – zeitweilig Pseudoeurhythmie - Linksschenkelblock • Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörung mit erhöhtem Fettgehalt im Blut) • pathologische Glukosetoleranz.
Bei Aufnahme habe der Kläger über allgemeine Schwäche und leichte Luftnot unter mittelschwerer körperlicher Belastung geklagt. Er könne Alltagsbelastungen noch bewältigen und Treppen bis zur zweiten Etage steigen. Einschränkungen in der Mobilität, der Selbstversorgung sowie seinen kognitiven Fähigkeiten bestünden nicht. Ein Belastungs-EKG vom 21. März 2007 (Zwei-Minuten-Test) habe bei einer vierstufigen Belastung bis 100 Watt über eine Minute zum Abbruch wegen peripherer muskulärer Erschöpfung geführt. Beim Kläger bestehe eine regelrechte belastungsbezogene Blutdruck- und eine eingeschränkte Herzfrequenzmodulation. Der maximale Blutdruck habe 173/73 mmHg betragen. Signifikante ventrikuläre Ektrophien bei vorbestehender Arrhythmia sowie eine angina pectoris (anfallartig auftretende Schmerzen hinter dem Brustbein) lägen nicht vor. Die Erholungsphase sei normal. Eine Elektrokardiografie vom 26. März 2007 habe keine intragravitären Thromben (Blutgerinsel) gezeigt. Ein Belastungs-EKG vom 2. April 2007 (Zwei-Minuten-Test) habe bei vierstufiger Belastung einen Wert bis 125 Watt ergeben. Der maximale Blutdruck habe dabei 130/83 mmHg betragen. Es bestünden Herzrhythmusstörungen in Form eines permanenten Vorhofflatterns vor. Zusammenfassend habe die fahrradergometrisch messbare Maximalleistung während der stationären Behandlung von 100 auf 125 Watt gesteigert werden können. Die Ausdauerleistung sei von 40 Watt über 12 Minuten auf 45 Watt über 20 Minuten erhöht worden. Die Entlassung sei in gutem Allgemeinzustand erfolgt. Innerhalb von sechs Monaten sei die Arbeitsfähigkeit des Klägers am alten Arbeitsplatz zu erwarten.
Vom 15. bis 26. Mai 2007 befand sich der Kläger im Herzzentrum C. in stationärer Behandlung. In einem Arztbrief vom 26. Mai 2007 berichtete Dr. G. über die Implantierung eines Herzschrittmachers am 25. Mai 2007. Die Aortenklappe funktioniere regelrecht. Wegen vermehrt aufgetretener Blockierungen II. Grades vom Typ Mobitz sei der Einsatz eines Herzschrittmachers notwendig und komplikationslos durchgeführt worden.
Nach Einschätzung des Versorgungsarztes Dr. W. vom 26. Juli 2007 sei beim Kläger wegen des Herzklappenersatzes und des Herzschrittmacherimplantats ein Grad der Behinderung von 40 festzustellen. Mit Bescheid vom 1. August 2007 hob der Beklagte den Bescheid vom 1. Februar 2000 auf und stellte ab dem 2. April 2007 einen GdB von 40 fest. Dagegen legte der Kläger am 8. August 2007 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 3. September 2007 hat der Kläger beim Sozialgericht Dessau Klage erhoben und die Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab dem 2. April 2007 begehrt. Ergänzend hat er vorgetragen: Seit Beginn des Jahres 2007 habe sich sein Gesundheitszustand erheblich verschlechtert. Dies habe in der Folge auch zu einer Herzschrittmacheroperation geführt. Er sei arbeitsunfähig und könne nach Angaben des ihn behandelnden Arztes Dr. J. nicht mehr damit rechnen, wieder arbeitsfähig zu werden. Auch leide er in den letzten Monaten zunehmend an Begleiterkrankungen wie fieberhaften Infekten und einer Bronchitis. Die Leistungsbeeinträchtigung betreffe bereits alltägliche leichte Belastungen wie Spazierengehen und Treppensteigen und rechtfertige einen GdB von mindestens 50.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht vom Facharzt für Innere Medizin Dr. Ka. vom 30. November 2007 eingeholt. Danach bestehe keine Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Der behandelnde Arzt hat diverse Arztbriefe beigefügt. In einem Schrittmacherkontrollbericht der Internistischen Gemeinschaftspraxis Dipl.-Med. Ja. und Dr. Ha. vom 30. Oktober 2007 wird eine regelrechte PM-Funktion in DDDR-Modus beschrieben. Anamnestisch bestünden keine schrittmacherbedingten Beschwerden. In einem Arztbrief des Mediclin-Herzzentrums C. vom 12. Oktober 2007 berichtete Privatdozent Dr. H. über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 8. bis 13. Oktober 2007. Neben den bekannten Diagnosen bestehe eine rezidivierende epigastrische Hernie (wiederkehrender Eingeweidebruch im Bereich des Oberbauchs). Bei Aufnahme habe der Kläger eine faustgroße epigastrische Hernie gehabt. Diese sei am 9. Oktober 2007 operativ komplikationslos mit einer Netzimplantation korrigiert worden.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht der Internistischen Gemeinschaftspraxis Dipl.-Med. J. und Dr. Ha. vom 31. Januar 2008 eingeholt. Hiernach habe der Kläger über Luftnot bei mittelgradiger körperlicher Belastung geklagt. Der Blutdruck habe 120/80 mmHg betragen. Vom 15. Juni 2007 bis 4. Februar 2008 sei er arbeitsunfähig gewesen. Im Februar 2007 habe sich sein Allgemeinzustand vorübergehend erheblich verschlechtert, was eine Behandlung im Kreiskrankenhaus B. bzw. im Herzzentrum C. erforderlich gemacht habe. Nunmehr habe sich sein Gesundheitszustand wieder stabilisiert.
Der Kläger hat nach einer nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 20. Februar 2008 einen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt und Prof. Dr. M. (Klinik für Herzchirurgie, Universität L.) als Sachverständigen bestimmt. Der Beklagte hat eine prüfärztliche Stellungnahme von Dr. Wi. vom 13. Februar 2008 vorgelegt. Hiernach sei von einem stabilisierten Gesundheitszustand des Klägers auszugehen. Die Schrittmacherkontrolle habe ein gutes Ergebnis bestätigt. Die nach Aktenlage vermutete Verschlechterung im Juli 2007 werde durch die vorliegenden Befunde nicht bestätigt.
Prof. Dr. M. hat das Gutachten vom 4. Mai 2008 (Untersuchung vom 24. April 2008) erstattet: Der Kläger befinde sich in einem normalen Allgemein- und leicht adipösen Ernährungszustand. Der Blutdruck habe 140/80 mmHg betragen. Er habe eine Ein-schränkung seiner Leistungsfähigkeit mit leichterer Erschöpfbarkeit im Alltag beklagt. Seine Arbeitstätigkeit als Produktionsleiter in einer Bäckerfirma wolle er nach dem Wiederaufbau der Produktionsstätte, die nach einem Brand zerstört worden sei, sobald wie möglich wieder aufnehmen. Anginöse Beschwerden sowie Herzklopfen bestünden nicht. Atemnot träte jedoch bei stärkerer körperlicher Belastung auf. Klinisch befinde sich der Patient am Tag der ambulanten Vorstellung im NYHA-Stadium II. Grades.
Der transthorakale Echokardiografie habe unter anderem eine gute systolische LV-Funktion (EF 50 %) ergeben. Ein CT des Thorax habe ein gering global vergrößertes Herz bestätigt. Nach Ansicht des Sachverständigen sei trotz der schweren Endokarditis nicht von einer klinisch relevanten septisch embolischen Streuung auszugehen. Thorakale Folge der Herzklappenerkrankung mit operativer Behandlung seien narbige Veränderungen der Lungenunterfelder in den dorsalen Abschnitten sowie thorakale Verwachsungen nach Sternotomie. Die Lungenfunktionsparameter seien nicht beeinträchtigt. Echokardiografisch bestehe eine vergrößerte linke Herzkammer mit einer systolischen Kammerdicke von 2 cm im Septumbereich und 1,9 cm im Hinterrandbereich. Die linksventrikuläre Pumpleistung liege mit 50 % im unteren Normbereich. Insbesondere trete in diesem Zusammenhang eine belastungsabhängige Arrhythmieneigung mit Ausbildung von ventrikulären Extrasystolen und Salven sowie eine relative Ischämie in der Abteilung V4 bei Belastung auf mittlerem Niveau (Laststufe 7 in der Spiroergometrie) auf. Bei morphologisch unauffälligem Nierenparenchym im CT sei eine konsekutive Rentensionsstörung der Nierenfunktion nachweisbar. Insgesamt bestehe eine Einschränkung der kardialen Belastbarkeit mit erhöhtem Risiko einer Arrhythmie und einer Reendokarditis. Dieses Risiko sei beim Kläger ca. 180-fach höher als bei einer gesunden Person. Zusammenfassend sei wegen der Herzerkrankung von einem GdB von 40 auszugehen. Unter Zugrundelegung der besonderen Risikolage des Klägers (extrem hohes Endokarditisrisikos; erhöhtes arrhythmologenes Potenzial der linken Herzkammer; erhöhtes Aortendissektionsrisiko (Spaltung der Arterienwand)) sei aus kardiochirurgischer Sicht eine zusätzliche MdE von 20 % anzuerkennen. Der Kläger könne Tätigkeiten mit Heben schwerer Lasten (über 20 kg) bzw. Lasten von unter 5 kg über einen längeren Zeitraum sowie Überkopfarbeiten nicht mehr ausführen. Auch seien für ihn Dauerbelastungen mit erhöhtem Stressprofil stark krankheitsfördernd.
Der Beklagte hat eine prüfärztliche Stellungnahme der Versorgungsärztin Sch. vom 5. Juni 2008 vorgelegt: Hiernach sei die Herzleistungsminderung, wie von Prof. Dr. M. zutreffend eingeschätzt, mit einem GdB von 40 zu bewerten. Das Aortenaneurysma rechtfertige ein Einzel-GdB von 10 ab April 2008. Die vom Sachverständigen erwähnten erhöhten Risiken vermögen keine Erhöhung des GdB zu rechtfertigen. Eine Einschränkung der Nierenfunktion sei erstmals im April 2008 nachgewiesen. Der weitere Verlauf bleibe abzuwarten, so dass kein GdB zuerkannt werden könne. Die Narbenhernie rechtfertige einen GdB von 10. Insgesamt sei daher von einem Gesamt-GdB von 40 auszugehen.
Mit Urteil vom 16. Juli 2008 hat das Sozialgericht Dessau-Roßlau mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Unter Zugrundelegung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht sei das Krankheitsbild des Klägers mit einem GdB von 40 zu bewerten. Sein Risiko, an einer Endokarditis oder an einer Herzrhythmusstörung zu erkranken bzw. eine Aortendissektion zu erleiden, rechtfertige keinen höheren GdB.
Gegen das ihm am 20. Juli 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. August 2008 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und sein Begehren weiter verfolgt. Die Auffassung von Prof. M., wonach das extrem hohe Endokarditisrisiko sowie das erhöhte Aortendissektionsrisiko mit einer zusätzlichen MdE von 20 zu bewerten seien, treffe zu. Dies habe das Sozialgericht nicht beachtet.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau aufzuheben, den Bescheid vom 1. August 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2007 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, einen GdB von 50 ab dem 2. April 2007 festzustellen. Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält seine Bescheide und die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat einen Arztbrief von Privatdozent Dr. Dr. Schü. vom Städtischen Klinikum D. über eine stationäre Behandlung des Klägers vom 7. bis 15. Oktober 2008 beigezogen. Danach habe sich er sich am 9. Oktober des Jahres einer Narbenhernieversorgung mit Netzplastik unterziehen müssen. Seine Entlassung sei bei Wohlbefinden mit klinisch unauffälligem Abdominalbefund und reizlosen Wundverhältnissen erfolgt. In einem weiteren vom Senat beigezogenen Befundbericht vom 6. März 2009 hat Dr. Ka. ausgeführt: Der Kläger sei für leichte körperliche Tätigkeiten noch leistungsfähig. Sein Gesundheitszustand habe sich im Vergleich zu der letzten Befunderhebung vom 20. November 2007 nicht verändert. Der EF-Wert betrage 50 %. Ein Ergometrietest habe bis zu einer Belastung von 120 Watt erfolgen können. Dem Befundbericht war ein Arztbrief der Gemeinschaftspraxis Dipl.-Med. J. und Dr. Ha. vom 19. November 2008 beigefügt. Danach bestehe eine regelgerechte Herzschrittmacherfunktion ohne schrittmacherbedingte Beschwerden.
Der Berichterstatter hat den Kläger mit Verfügung vom 2. April 2009 darauf hingewiesen, dass nach der vorläufigen Auswertung des letzten Befundberichtes vom 6. März 2009 sowie der weiteren Aktenlage die Berufung keine Aussicht auf Erfolg biete. So habe Dr. Ka. anlässlich einer Ergometrie eine Belastbarkeit bis 120 Watt festgestellt. Der Kläger hat hierzu trotz Fristsetzung und Belehrung gemäß § 106 a SGG nicht weiter vorgetragen.
Am 15. April 2009 hat sich der Beklagte und am 28. April 2009 der Kläger mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt haben.
Die form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 SGG auch statthafte Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Die Klage gegen den Bescheid vom 1. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2007 ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Sie ist jedoch unbegründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines GdB von mehr als 40. Bei der hier erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2000 - B 9 SB 3/99 R = SozR 3-3870 § 3 Nr. 9 S. 22). Danach liegt bei dem Kläger ein GdB von 40 ab dem 2. April 2007 vor.
Für den streitgegenständlichen Zeitraum gilt das am 1. Juli 2001 in Kraft getretene Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046). Der hier anzuwendende § 69 SGB IX ist durch die Gesetze vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) und vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) geändert worden. Rechtsgrundlage für den von dem Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 ist § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Infolge der verfahrensrechtlichen Änderungen des § 69 SGB IX durch das Gesetz vom 23. April 2004 (a.a.O.) hat sich im Übrigen nur die Satzzählung geändert. Im Folgenden werden die Vorschriften des § 69 SGB IX nach der neuen Satzzählung zitiert.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Diese Vorschrift knüpft materiellrechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX ist durch das am 21. Dezember 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 13. Dezember 2007 (a.a.O.) geändert worden. Nach der früheren Fassung der Vorschrift galten für den Grad der Behinderung die im Rahmen des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) festgelegten Maßstäbe entsprechend. Nach dem Wortlaut der früheren Fassung des ebenfalls durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 geänderten § 30 Abs. 1 BVG war für die Beurteilung die körperliche und geistige Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben maßgeblich, wobei seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen waren. Nach der Neufassung des § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten für den Grad der Behinderung die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach der damit in Bezug genommenen neuen Fassung des § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades – dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS) – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden, zu deren Erlass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch den dem § 30 BVG durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 angefügten Absatz 17 ermächtigt worden ist.
Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember 2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und sind damit nunmehr der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte mit der rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zugrunde zu legen. Zuvor dienten der Praxis als Beurteilungsgrundlage die jeweils vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene Sachverständigengutachten eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 2003 – B 9 SB 3/02 R – SozR 4-3800 § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Die in den Anhaltspunkten (letzte Ausgabe von 2008) enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des Grades der Behinderung bzw. der Schädigungsfolge bisher richtete, sind – inhaltlich unverändert – in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.). Die im vorliegenden Fall heranzuziehenden Abschnitte aus den Anhaltspunkten in den Fassungen von 2004 und 2008 bzw. aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen sind nicht geändert worden. Im Folgenden werden die Vorschriften der Versorgungsmedizinische Grundsätze zitiert.
Durch die Neuregelung ist den Einwänden gegen die bisherigen "Anhaltspunkte" jedenfalls für den vorliegenden Fall der Boden entzogen worden. Zum einen ist durch die Neuregelung die auch von der Rechtsprechung geforderte Rechtsgrundlage für die bisherigen "Anhaltspunkte" geschaffen worden (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 28. September 2007, BT-Drucks. 16/6541, S. 1, 31). Zum anderen ist durch die Verweisung des neu gefassten § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX auf die Neufassung des § 30 Abs. 1 BVG klargestellt worden, dass auch für die Feststellung des GdB "die allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen" maßgeblich sind. Zudem hatte sich auch schon zu der früheren Fassung des § 69 Abs. 1 SGB IX eine ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gebildet, nach der trotz der Ersetzung des Schwerbehindertengesetzes durch das SGB IX inhaltlich das Beurteilungsgefüge der Anhaltspunkte maßgeblich geblieben war (vgl. BSG, Urt. v. 24. April 2008 – B 9/9a SB 6/06 R – in juris Rn. 15 m.w.N.).
Der hier streitigen Bemessung des Grads der Behinderung ist die GdS (Grad der Schädigung)-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Teil A, S. 17 ff.) zugrunde zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der Tabelle (Teil A, S. 8 ff.) sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte. Nach Nr. 2 Buchst. a (S.8) werden GdS und GdB nach gleichen Grundsätzen bemessen und unterscheiden sich begrifflich dadurch, dass der GdS nur auf die Schädigungsfolgen (kausal) und der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache (final) bezogen ist. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Nr. 2 Buchst. e (Teil A, Seite 8) genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a, S. 18).
Nach diesem Maßstab kann für die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers kein höherer GdB als 40 festgestellt werden. Dabei stützt sich der Senat auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Beklagten, die eingeholten Befundberichte und Arztbriefe sowie auf das gemäß § 109 SGG von der Vorinstanz eingeholte Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Mohr vom 20. Mai 2008.
1. Das Hauptleiden des Klägers ist dem Funktionsbereich des Herz-Kreislaufsystems zuzuordnen. Diagnostisch besteht eine Aortenklappeninsuffizienz mit Herzklappenersatz und Herzrhythmusstörungen mit einem Herzschrittmacherimplantat.
Nach der GdS-Tabelle ist bei Herzklappenfehlern nach den funktionalen Auswirkungen zu fragen, die nach Ziff. 9 (S. 46 ff) wie folgt zu bewerten sind:
1. ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen) selbst bei gewohnter stärkerer Belastung (z. B. sehr schnelles Gehen [7-8 km/h], schwere körperliche Arbeit), keine Einschränkung der Solleistung bei Ergometerbelastung; bei Kindern und Säuglingen (je nach Alter) beim Strampeln, Krabbeln, Laufen, Treppensteigen keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, keine Tachypnoe, kein Schwitzen ...0 – 10
2. mit Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Meßdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen Trinkschwierigkeiten, leichtes Schwitzen, leichte Tachy- und Dyspnoe, leichte Zyanose, keine Stauungsorgane, Beschwerden und Auftreten pathologischer Meßdaten bei Ergometerbelastung mit 1 Watt/kg Körpergewicht ... 20 – 40
3. mit Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z. B. Spazierengehen [3-4 km/h], Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Meßdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen deutliche Trinkschwierigkeiten, deutliches Schwitzen, deutliche Tachy- und Dyspnoe, deutliche Zyanose, rezidivierende pulmonale Infekte, kardial bedingte Gedeihstörungen, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 0,75 Watt/kg Körpergewicht ... 50 – 70 mit gelegentlich auftretenden vorübergehenden schweren Dekompensationserscheinungen ... 80
Nach der GdS-Tabelle kommt den objektiven Parameter zur Leistungsbeurteilung eine besondere wertungserhebliche Bedeutung zu. Notwendige körperliche Leistungsbeschränkungen (z. B. bei höhergradiger Aortenklappenstenose, hypertrophischer obstruktiver Kardiomyopathie) sind wie Leistungsbeeinträchtigungen zu bewerten. Nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen ist der GdB/GdS-Grad von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei Herzklappenprothesen ist der GdB/GdS-Grad nicht niedriger als 30 zu bewerten. Dieser Wert schließt eine Dauerbehandlung mit Antikoagulantien (Medikamente zur Verzögerung der erhöhten Blutgerinnung) ein (vgl. S. 48).
Der Senat folgt zunächst den übereinstimmenden Einschätzungen von Prof. Dr. M. und der Versorgungsärztin Sch., wonach eine Herzleistungsminderung bei Aortenklappenersatz und bestehenden Herzrythmusstörungen nach einer Schrittmacherimplantation mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten ist. Entgegen der Ansicht von Prof. Dr. M. kann das abstrakte Risiko, an einer Endokarditis, einer Herzrythmusstörung oder an einer Aortendissektion zu erkranken, nicht zu einer Höherstufung des GdB führen. Hierfür wären funktionale und zusätzliche Leistungseinschränkungen erforderlich, wie dies die Versorgungsärztin Sch. in ihrer Stellungnahme vom 5. Juni 2008 zutreffend ausgeführt hat. Auch nach dem aktuellen Befundbericht von Dr. Ka. vom 6. März 2009 bestehen keine Hinweise für eine weitere Leistungseinschränkung oder eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers auf kardiologischem Gebiet. So hält Dr. Ka. ihn noch für fähig, leichten Tätigkeiten nachzugehen. Diese Einschätzung wird auch durch den annähernd im Normbereich liegenden Ergometriewert von 120 Watt bestätigt. Dafür spricht auch die Selbsteinschätzung des Klägers, der sich zumindest anlässlich der Untersuchung von Prof. Dr. M. grundsätzlich noch in der Lage gesehen hat, seine bisherige Tätigkeit als Produktionsleiter einer Bäckerei wieder aufzunehmen. Auf ausdrückliche Nachfrage des Berichterstatters hat der Kläger trotz eingehender Belehrung nach § 106 a SGG nicht mehr ergänzend vorgetragen.
2. Die von Prof. Dr. M. seit April 2008 festgestellten neuen Begleiterkrankungen eines Aortenaneurysmas, einer Einschränkung der Nierenfunktion im Stadium einer kompensierten Retention, Vernarbungen der Lunge ohne Lungenfunktionseinschränkungen sowie einer Narbenhernie (2. Rezidiv, behandelt am 10. Oktober 2008) rechtfertigen allenfalls einen Einzel-GdB von jeweils 10 und bleiben ohne zusätzlich wesentliche funktionale Einschränkung. Gegenteiliges hat der Kläger auch nicht vorgetragen.
3. Da bei dem Kläger Einzelbehinderungen aus verschiedenen Funktionssystemen mit einem messbaren Grad der Behinderung vorliegen, ist nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Gesamtbehinderung zu ermitteln. Dafür sind die Grundsätze nach Nr. 3. a) – c) der Allgemeinen Grundsätze der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (S. 8) anzuwenden. Nach Nr. 3 c) (S. 10) ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad bedingt, und dann zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Zehnergrad ein oder mehr Zehnergrade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden.
Danach ist von dem Behinderungsgrad von 40 als höchstem Einzelbehinderungsgrad auszugehen. Dieser kann auch nicht erhöht werden, weil die weiteren betroffenen Funktionssysteme (Geschlechtsapparat, Rumpf, Psyche einschließlich Gehirn, Atmung, Herz-Kreislauf) aufgrund anderer Erkrankungen mit einem Einzelgrad von höchstens 10 zu bewerten sind. Denn nach Nr. 3 Buchst. d ee (S. 10) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze führen – von hier fern liegenden Ausnahmefällen abgesehen – zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzelgrad von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen und verschiedene Lebensbereiche betreffen (vgl. BSG, Urteil v. 13. Dezember 2000 – B 9 V 8/00 R = SozR 3 – 3870 § 4 Nr. 28).
Letztlich widerspräche hier die von dem Kläger begehrte Schwerbehinderteneigenschaft dem nach Nr. 3 Buchst. b (a.a.O.) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu berücksichtigenden Gesamtmaßstab. Die Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsstörungen beeinträchtigt seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht so schwer wie etwa die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, der Verlust eines Beins im Unterschenkel oder eine Aphasie (Sprachstörung) mit deutlicher Kommunikationsstörung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegt nicht vor.
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