Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 508/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2211/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 26. März 2007 (S 2 KR 508/05) wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Benennung nachweislich wirksamer Diagnose- und Therapiemöglichkeiten bei Amalgamintoxikation und multipler Chemikalienunverträglichkeit (MCS) und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Ärzte, die diese Methoden als Sach- oder Dienstleistung anbieten.
Die Klägerin ist am 1968 geboren. Sie ist pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Sie leidet nach ihren Angaben und den von ihr vorgelegten medizinischen Unterlagen unter einer Vielzahl gesundheitlicher Beschwerden, die erstmals im Oktober 1997 und verstärkt ab Februar 1998 aufgetreten seien. Seit dem 17. Dezember 1998 befindet sich die Klägerin in Behandlung bei dem Dermatologen und Umweltmediziner Dr. M ... Dieser diagnostizierte unter anderem eine resorptive Quecksilberbelastung durch (zwischenzeitlich entfernte) Amalgam-Füllungen der Zähne bei einer Typ-IV-Allergie gegen Phenylquecksilberborat, mehrere Lebensmittelunverträglichkeiten, eine multiple Chemikalien-Unverträglichkeit (MCS - multiple chemical sensitivity, Überempfindlichkeit gegen Hydrochinon und alltäglich in geringen Dosen vorkommende Chemikalien), eine hierauf beruhende Beschädigung der Blut-Hirn-Schranke, eine Störung der Leberfunktion und einen Zustand nach Borreliosen-Kontakt. Die Klägerin nahm Dr. M. von Beginn der Behandlung an im Wesentlichen als Privatarzt in Anspruch und erhielt privatärztliche Rechnungen. Dr. M. war 1998 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, in der Zeit vom 01. Juli 1999 bis 31. Dezember 2001 ruhte seine Zulassung. Vom 01. Januar bis 30. September 2002 war er wieder als Vertragsarzt tätig. Seit dem 01. Oktober 2002 ist er nicht mehr zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Eine Klage der Klägerin auf Erstattung ihrer Aufwendungen für diese Behandlungen und die Fahrten für die Zeit bis 31. Dezember 2001 wurde rechtskräftig abgewiesen (Sozialgericht Konstanz [SG], Urteil vom 30. September 2003, S 2 KR 438/01; Landessozialgericht Baden-Württemberg, [LSG], Urteil vom 28. Juli 2004, L 11 KR 1640/04, Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 05. Januar 2005, B 1 KR 69/04 B); die Verfassungsbeschwerde der Klägerin nahm das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) - 1 BvR 633/05 - nicht zur Entscheidung an; nach ihren Angaben hat sie Individualbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (39442/05) erhoben. Eine weitere Klage auf Erstattung der Aufwendungen für die Zeit ab dem 01. Januar 2002 wies das SG mit Urteil vom 22. Dezember 2006 ebenfalls ab (S 2 KR 1032/03), die Berufung der Klägerin hiergegen (L 4 KR 2382/07) hat der erkennende Senat mit Urteil vom 08. Oktober 2009 zurückgewiesen.
Bei einer Vorsprache am 08. Oktober 1999 hatte die Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam gemacht, dass Dr. M. - damals - kein Vertragsarzt sei, jedoch angeboten, über die Kassenärztliche Vereinigung einen Vertragsarzt zu finden und zu benennen, der Dermatologe und Umweltmediziner sei. In der Folgezeit benannte im Februar 2000 die Kassenärztliche Vereinigung Südwürttemberg der Klägerin Dr. M. als einzigen Umweltmediziner mit einer Praxis in der Umgebung des Wohnortes der Klägerin (Bestätigung der Beklagten vom 19. März 2002).
Mit Schreiben vom 23. August 2004 an die Beklagte führte die Klägerin aus, ihre Frage, welche Diagnose- und Therapiemethoden die Krankenkassen bei Verdacht auf Amalgamintoxikation zur Verfügung stellten, sei bislang nicht beantwortet. Sie forderte die Beklagte auf, dies zu tun. Außerdem beantragte sie, ihr mitzuteilen, wo ihr diese Diagnose- und Therapiemöglichkeiten in ihrer Region zugänglich gemacht würden, damit sie sie als Mitglied der Beklagten über die Chipkarte in Anspruch nehmen könne. Mit Schreiben vom 11. Oktober und 04. November 2004 erinnerte die Klägerin die Beklagte an die Beantwortung. Telefonisch und sodann mit Schreiben vom 09. November 2004 teilte die Geschäftsstelle F. der Beklagten, bei der die Klägerin ihre Anträge gestellt hatte, der Klägerin mit, von dort aus könne die Anfrage nicht beantwortet werden und sei deshalb an die Hauptgeschäftsstelle weitergeleitet worden. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen seien in dem bereits anhängigen Gerichtsverfahren (auf Kostenerstattung) zu klären.
Die Klägerin erhob am 20. Januar 2005 "Auskunftsklage" zum Verwaltungsgericht Sigmaringen (VG) mit dem Begehren, die Beklagte zu verpflichten, Auskunft zu erteilen, welche Diagnose- und Therapiemöglichkeiten sie bei Verdacht auf Amalgamintoxikation zur Verfügung stelle, zusätzlich die Wirksamkeit dieser Methoden zu belegen und mitzuteilen, wo ihr, der Klägerin, diese Diagnose- und Therapiemöglichkeiten in ihrer Region zugänglich gemacht werden könnten, damit sie sie als Mitglied der Beklagten über die Krankenversichertenkarte in Anspruch nehmen könne. Das VG verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 10. Februar 2005 an das SG (S 2 KR 508/05). Die Klägerin trug vor, trotz mehrerer Nachfragen habe die Beklagte ihre Anfrage bislang nicht beantwortet.
Parallel erhob die Klägerin ebenfalls am 20. Januar 2005 beim VG Untätigkeitsklage gegen die Beklagte mit demselben Begehren, die das VG ebenfalls an das SG verwies (S 2 KR 507/05)
Die Beklagte trat der Auskunftsklage entgegen. Sie trug vor, die Voraussetzungen des § 87 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) seien nicht erfüllt. Mit dem Schriftsatz vom 31. Mai 2005 in dem Verfahren über die Untätigkeitsklage der Klägerin benannte die Beklagte 77 im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Südwürttemberg zugelassenen Ärzte mit verschiedenen Facharztbezeichnungen und der Zusatzqualifikation "Umweltmedizin", darunter sechs im Landkreis Konstanz und 17 im Bodenseekreis (in dem die Klägerin wohnhaft ist). Die Beklagte trug dort vor, der Klägerin gehe es offenbar nicht um die Benennung von Alternativen zu der von Dr. M. durchgeführten Behandlung, sie scheine auf diese Behandlung fixiert zu sein und einen Behandlerwechsel nicht in Erwägung zu ziehen. Die Klage sei abzuweisen, denn die Klägerin habe nicht zu erkennen gegeben, dass sie mit der Verweisung auf das bereits laufende sozialgerichtliche Verfahren in dem Schreiben vom 09. November 2004 nicht einverstanden gewesen sei.
Die Klägerin hielt ihre Fragen allein mit der Übersendung der Ärzteliste für nicht vollständig beantwortet. Die bloße Benennung von Vertragsarztpraxen sei nicht ausreichend. Die Beklagte müsse verbindliche Zusagen machen, ob sie für den erforderlichen anfallenden Diagnose- und Therapieverlauf bzw. die Entgiftungstherapie und für das, was an Notwendigkeiten seitens der behandelnden Ärzte für medizinisch erforderlich angesehen werde, die Kosten übernehme und nachträgliche Regressforderungen gegen behandelnde Ärzte nicht erfolgten. Sie beantrage deshalb nunmehr, dass die Beklagte konkret diese Auskünfte erteile (Schriftsatz der Klägerin vom 29. August 2005). Auch habe sie die von der Beklagten genannten Ärzte wegen Therapien angeschrieben. Ihre (der Klägerin) Anfragen hätten ergeben, dass diese Vertragsärzte die dringend notwendige bedarfsgerechte medizinische Behandlung nicht sicherstellen könnten, insbesondere nicht auf Krankenversichertenkarte. Einige hätten bei ihren Antworten sogar Dr. M. empfohlen. Die für die Anfragen entstandenen Portokosten in Höhe von EUR 36,00 sowie der für die Antwort des Nervenarztes Dr. Ma. privatärztlich berechnete Betrag von EUR 5,76 seien von der Beklagten zu erstatten (Schriftsatz der Klägerin vom 15. März 2006). Sie legte das Schreiben des Dr. M. vom 23. Juni 2005 vor, wonach für die Behandlung nicht nur das Vorhandensein einer Zusatzbezeichnung, sondern auch einer speziellen Qualifikation auf dem therapeutischen Sektor erforderlich sei. Die Klägerin benötige Ärzte, die neben der Zusatzqualifikation Umweltmedizin auch Erfahrung in der sehr schweren Therapie einer Schädigung durch Amalgam und des sich in der Folge entwickelnden MCS hätten. Die hierzu in Deutschland durchgeführten Kurse böten im Wesentlicher er selbst, Dr. M., und der Deutsche Berufsverband der Umweltmediziner an. Die von der Beklagten benannten Ärzte seien ihm als Teilnehmer dieser Kurse unbekannt. Die Klägerin legte auch schriftliche Auskünfte von 15 der benannten Ärzte vor, die sie nach ihren Diagnose- und Therapiemöglichkeiten bei Amalgamintoxikation gefragt hatte. Es wurde mitgeteilt, dass eine spezielle Behandlung nicht möglich sei bzw. Erfahrungen auf diesem Gebiet fehlten. Zum Teil nannten die angeschriebenen Ärzte der Klägerin Dr. M. als - einzigen - kompetenten Behandler.
Die Beklagte erwiderte, die Benennung eines Arztes, der auch Erfahrung in der Therapie mit Amalgamschädigungen und MCS habe und die von der Klägerin begehrten, nicht näher bezeichneten Therapien einsetze und dies durch sie (die Beklagte) frei von Vertragsinhalten, Wirtschaftlichkeitsprüfungen oder Prüfung von Außenseitermethoden bezahlen lasse, sei nicht möglich. Nachdem das SG die Auffassung vertreten hatte, die Beklagte habe den Antrag der Klägerin, ihr (u.a.) Therapiemöglichkeiten bei Verdacht auf Amalgamintoxikation zu nennen, mit Schreiben/Bescheid vom 09. November 2004 abgelehnt, in der erhobenen Klage sei ein Widerspruch hiergegen zu sehen und deshalb sei das Widerspruchsverfahren noch durchzuführen, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch gegen die Ablehnung der Erteilung einer weitergehenden Auskunft/Beratung zurück (Widerspruchsbescheid vom 24. November 2005). Sie, die Beklagte, habe diverse Vertragsärzte benannt, die eine Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchführen könnten. Eine Auskunft über mögliche Diagnose- und Therapiemöglichkeiten und entsprechende Wirksamkeitsnachweise sei mit Hinweis auf die durch den behandelnden Arzt zu entscheidenden Behandlungsmethoden abgelehnt worden. Eine Verpflichtung des Leistungsträgers zu Auskunft und Beratung entstehe nur, soweit der Betroffene auf die Beratung tatsächlich Wert lege und die begehrte Auskunft objektiv möglich sei. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Aus ihrem bisherigen Verhalten ergebe sich, dass die Klägerin auf eine Auskunft und Beratung tatsächlich Wert lege. Ferner sei es ihr, der Beklagten, nicht möglich, entsprechende Auskünfte zu erteilen, da allein der behandelnde Arzt unter Berücksichtigung des individuellen Gesundheitszustandes das abrechnungsfähige Behandlungskonzept festlege.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. März 2007 wies das SG die (Auskunfts-)Klage ab. Es führte aus, die Anfechtungs- und Leistungsklage der Klägerin sei zulässig und zunächst auch begründet gewesen. Die Klägerin habe aus § 15 Abs. 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I) einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer "Inhaltsauskunft", nämlich die Benennung von Vertragsärzten für eine Behandlung der Amalgamintoxikation und MCS. Solche Ärzte habe die Beklagte mit dem Schriftsatz vom 31. Mai 2005 in dem Parallelverfahren (S 2 KR 507/05) genannt. Dadurch sei der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt worden. Zu einer darüber hinausgehenden Klage auf "richtige" Auskunft sei die Klägerin nicht befugt. Die Rechtsordnung sehe keinen Anspruch auf Erteilung einer objektiv, im Sinne des Nachfragenden richtigen Auskunft vor. Die Behörde habe Auskunft nur nach bestem Wissen und Gewissen zu geben. Ausgehend von den von der Klägerin genannten Diagnosen sei die Benennung von Ärzten mit der Zusatzbezeichnung "Umweltmedizin" sachgerecht und ausreichend gewesen.
Gegen diesen ihr am 02. April 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 02. Mai 2007 Berufung zum LSG eingelegt. Sie trägt unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags vor, die Auskunft der Beklagten in dem Schriftsatz vom 31. Mai 2005 sei untauglich. Sämtliche von ihr angeschriebenen Vertragsärzte könnten die dringend notwendige medizinische Behandlung nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung sicherstellen.
Die Klägerin beantragt schriftlich,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 26. März 2007 aufzuheben und 1. die für sie untaugliche Auskunft der Beklagten vom 31. Mai 2005 durch Nennung von Vertragsärzten festzustellen, 2. den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die dringend lebensnotwendige bedarfsgerechte medizinische Versorgung im Bereich der Umweltmedizin von Seiten der gesetzlichen Krankenkasse sicherzustellen und zu gewähren, 3. auf Grund der untauglichen Auskunft die Behandlungskosten von Dr. M. wegen Vorliegens eines offenkundigen Systemversagens zu übernehmen.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich beide Beteiligte damit einverstanden erklärt haben.
1. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht erhoben. Sie war nicht zulassungsbedürftig, denn die von der Klägerin begehrte Auskunft ist keine Geld- oder Sachleistung im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis zum 31. März 2008 geltenden, hier noch anwendbaren Fassung.
2. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
2.1. Den Klagantrag Ziffer 1) hat die Klägerin im Berufungsverfahren zwar als Feststellungsantrag formuliert. Unter Berücksichtigung ihres Vorbringens geht das Begehren der Klägerin allerdings weiterhin dahin, die Beklagte solle die gewünschte Auskunft erteilen. Denn die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, die Beklagte habe ihr (der Klägerin) Auskunftsbegehren mit der Nennung der 77 Vertragsärzten nicht vollständig beantwortet, sondern Angaben zu Diagnose- und Therapiemöglichkeiten zugelassener Vertragsärzte machen müssen, wobei die Beklagte entsprechend der von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 29. August 2005 (S. 3 oben, Blatt 50 der SG-Akte S 2 KR 508/05) formulierten "Änderungs-/Leistungsklage nach § 54 SGG" auch erklären soll, welchen Ärzten gegenüber keine Regressforderungen gestellt würden. Bei sachgerechter Auslegung des in der Berufungsschrift schriftsätzlich formulierten (Feststellungs-)Antrags unter Berücksichtigung des von der Klägerin "Gewollten" (§ 123 SGG) will die Klägerin weiterhin die Verurteilung der Beklagten erreichen, dass diese eine bestimmte Auskunft erteilt.
Nach § 15 Abs. 1 SGB I muss ein Träger der gesetzlichen Krankenversicherung über alle sozialen Angelegenheiten nach dem Sozialgesetzbuch Auskunft erteilen. Diese Auskunftspflicht erstreckt sich - unter anderem - auf alle Sachfragen, die für die Auskunftsuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle imstande ist (§ 15 Abs. 2 SGB I). Die Krankenkassen sind - unter anderem - konkret zu Auskünften und Beratung über ihre Leistungen zur Erhaltung, Wiederherstellung oder Besserung des Gesundheitszustandes der Versicherten verpflichtet (§ 1 Satz 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB V). Welchen Umfang die Auskünfte und Beratungen haben müssen, braucht der Senat im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Jedenfalls sind die Krankenkassen nicht - wie von der Klägerin begehrt - zu Auskünften darüber verpflichtet, welche Diagnosemethoden und welche Behandlungen ein Vertragsarzt durchführen kann oder regelmäßig durchführt (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1981, 3 RK 45/80, veröffentlicht in Juris, Rn. 26 ff.; Bayerisches Landesozialgericht, Beschluss vom 18. Juni 1998, L 4 KR 5/97, veröffentlicht in Juris, Rn. 16). Die Krankenkassen können allenfalls die zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung zugelassenen (Zahn)Ärzte nennen, gegebenenfalls mit berufsrechtlichen Zusatzbezeichnungen. Soweit berufsrechtliche Zusatzbezeichnungen geführt werden, lassen sich grundsätzlich hieraus besondere Leistungsangebote des (Zahn)Arztes erkennen.
Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nachgekommen. Sie hat der Klägerin mit dem Schriftsatz vom 31. Mai 2005 zahlreiche Ärzte in ihrer Region benannt, die nach ihrer Zusatzbezeichnung "Umweltmedizin" grundsätzlich für eine Behandlung bei Verdacht auf Amalgamintoxikation und MCS in Betracht kommen.
Die Klägerin will über die erteilte Auskunft hinaus noch eine "Auskunft", die ihrer Rechtsauffassung entsprechen soll. Eine Leistungsklage auf "richtige" Auskunft ist allerdings unzulässig. Denn die Rechtsordnung sieht keinen Anspruch auf Erteilung einer "objektiv richtigen" im Sinne einer der Rechtsauffassung des Nachfragenden entsprechenden Rechtsauskunft vor. Ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erteilung einer gerade aus der Sicht des Anspruchstellers "objektiv richtigen" Rechtsauskunft besteht nicht (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001 - B 4 RA 50/01 R -, veröffentlicht in Juris).
2.2. Die im Berufungsverfahren erstmals gestellten Klageanträge Ziffer 2) (Erbringung einer ärztlichen Behandlung als Sachleistung) und 3) (Erstattung der Kosten für die Behandlung durch Dr. M.) sind unzulässig.
Zum einen sind die Anträge zu unbestimmt. Kostenerstattungsansprüche müssen konkret beziffert werden. Bei einem auf Sachleistung gerichteten Antrag muss zumindest die Menge und Häufigkeit der Leistung konkretisiert werden (vgl. BSG, Urteil vom 24. September 2002, B 3 P 15/01 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 11). Beides tut die Klägerin nicht. Dem Antrag Ziffer 3) steht außerdem die Prozesseinrede anderweitiger Rechtshängigkeit entgegen. Ihren vermeintlichen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Behandlungen bei Dr. M. verfolgte die Klägerin in dem Verfahren L 4 KR 2382/07. Die jenem Verfahren zu Grunde liegende Klage beim SG (S 2 KR 1032/03) hatte die Klägerin bereits am 23. Mai 2003 erhoben, also vor der Klage vom 20. Januar 2005, die dieses Verfahren eröffnet hat.
Es kann deshalb offen bleiben, ob die Klägerin mit diesen Anträgen, die sie vor dem SG noch nicht gestellt hatte, ihre Klage im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG erweitert hat. Eine solche Erweiterung wäre unzulässig. Die Beklagte hat sich nicht rügelos auf sie eingelassen, sie hat in diesem Berufungsverfahren vielmehr überhaupt keinen Antrag gestellt. Und eine solche Klageänderung wäre auch nicht sachdienlich, da sie das Begehren der Klägerin um völlig andere Gegenstände erweitern würde. Hierdurch ginge den Beteiligten, insbesondere der Beklagten, eine Tatsacheninstanz verloren.
3. Den Anspruch auf Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit ihren Anfragen an die von der Beklagten benannten Vertragsärzte hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr verfolgt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Benennung nachweislich wirksamer Diagnose- und Therapiemöglichkeiten bei Amalgamintoxikation und multipler Chemikalienunverträglichkeit (MCS) und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Ärzte, die diese Methoden als Sach- oder Dienstleistung anbieten.
Die Klägerin ist am 1968 geboren. Sie ist pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Sie leidet nach ihren Angaben und den von ihr vorgelegten medizinischen Unterlagen unter einer Vielzahl gesundheitlicher Beschwerden, die erstmals im Oktober 1997 und verstärkt ab Februar 1998 aufgetreten seien. Seit dem 17. Dezember 1998 befindet sich die Klägerin in Behandlung bei dem Dermatologen und Umweltmediziner Dr. M ... Dieser diagnostizierte unter anderem eine resorptive Quecksilberbelastung durch (zwischenzeitlich entfernte) Amalgam-Füllungen der Zähne bei einer Typ-IV-Allergie gegen Phenylquecksilberborat, mehrere Lebensmittelunverträglichkeiten, eine multiple Chemikalien-Unverträglichkeit (MCS - multiple chemical sensitivity, Überempfindlichkeit gegen Hydrochinon und alltäglich in geringen Dosen vorkommende Chemikalien), eine hierauf beruhende Beschädigung der Blut-Hirn-Schranke, eine Störung der Leberfunktion und einen Zustand nach Borreliosen-Kontakt. Die Klägerin nahm Dr. M. von Beginn der Behandlung an im Wesentlichen als Privatarzt in Anspruch und erhielt privatärztliche Rechnungen. Dr. M. war 1998 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, in der Zeit vom 01. Juli 1999 bis 31. Dezember 2001 ruhte seine Zulassung. Vom 01. Januar bis 30. September 2002 war er wieder als Vertragsarzt tätig. Seit dem 01. Oktober 2002 ist er nicht mehr zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Eine Klage der Klägerin auf Erstattung ihrer Aufwendungen für diese Behandlungen und die Fahrten für die Zeit bis 31. Dezember 2001 wurde rechtskräftig abgewiesen (Sozialgericht Konstanz [SG], Urteil vom 30. September 2003, S 2 KR 438/01; Landessozialgericht Baden-Württemberg, [LSG], Urteil vom 28. Juli 2004, L 11 KR 1640/04, Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 05. Januar 2005, B 1 KR 69/04 B); die Verfassungsbeschwerde der Klägerin nahm das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) - 1 BvR 633/05 - nicht zur Entscheidung an; nach ihren Angaben hat sie Individualbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (39442/05) erhoben. Eine weitere Klage auf Erstattung der Aufwendungen für die Zeit ab dem 01. Januar 2002 wies das SG mit Urteil vom 22. Dezember 2006 ebenfalls ab (S 2 KR 1032/03), die Berufung der Klägerin hiergegen (L 4 KR 2382/07) hat der erkennende Senat mit Urteil vom 08. Oktober 2009 zurückgewiesen.
Bei einer Vorsprache am 08. Oktober 1999 hatte die Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam gemacht, dass Dr. M. - damals - kein Vertragsarzt sei, jedoch angeboten, über die Kassenärztliche Vereinigung einen Vertragsarzt zu finden und zu benennen, der Dermatologe und Umweltmediziner sei. In der Folgezeit benannte im Februar 2000 die Kassenärztliche Vereinigung Südwürttemberg der Klägerin Dr. M. als einzigen Umweltmediziner mit einer Praxis in der Umgebung des Wohnortes der Klägerin (Bestätigung der Beklagten vom 19. März 2002).
Mit Schreiben vom 23. August 2004 an die Beklagte führte die Klägerin aus, ihre Frage, welche Diagnose- und Therapiemethoden die Krankenkassen bei Verdacht auf Amalgamintoxikation zur Verfügung stellten, sei bislang nicht beantwortet. Sie forderte die Beklagte auf, dies zu tun. Außerdem beantragte sie, ihr mitzuteilen, wo ihr diese Diagnose- und Therapiemöglichkeiten in ihrer Region zugänglich gemacht würden, damit sie sie als Mitglied der Beklagten über die Chipkarte in Anspruch nehmen könne. Mit Schreiben vom 11. Oktober und 04. November 2004 erinnerte die Klägerin die Beklagte an die Beantwortung. Telefonisch und sodann mit Schreiben vom 09. November 2004 teilte die Geschäftsstelle F. der Beklagten, bei der die Klägerin ihre Anträge gestellt hatte, der Klägerin mit, von dort aus könne die Anfrage nicht beantwortet werden und sei deshalb an die Hauptgeschäftsstelle weitergeleitet worden. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen seien in dem bereits anhängigen Gerichtsverfahren (auf Kostenerstattung) zu klären.
Die Klägerin erhob am 20. Januar 2005 "Auskunftsklage" zum Verwaltungsgericht Sigmaringen (VG) mit dem Begehren, die Beklagte zu verpflichten, Auskunft zu erteilen, welche Diagnose- und Therapiemöglichkeiten sie bei Verdacht auf Amalgamintoxikation zur Verfügung stelle, zusätzlich die Wirksamkeit dieser Methoden zu belegen und mitzuteilen, wo ihr, der Klägerin, diese Diagnose- und Therapiemöglichkeiten in ihrer Region zugänglich gemacht werden könnten, damit sie sie als Mitglied der Beklagten über die Krankenversichertenkarte in Anspruch nehmen könne. Das VG verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 10. Februar 2005 an das SG (S 2 KR 508/05). Die Klägerin trug vor, trotz mehrerer Nachfragen habe die Beklagte ihre Anfrage bislang nicht beantwortet.
Parallel erhob die Klägerin ebenfalls am 20. Januar 2005 beim VG Untätigkeitsklage gegen die Beklagte mit demselben Begehren, die das VG ebenfalls an das SG verwies (S 2 KR 507/05)
Die Beklagte trat der Auskunftsklage entgegen. Sie trug vor, die Voraussetzungen des § 87 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) seien nicht erfüllt. Mit dem Schriftsatz vom 31. Mai 2005 in dem Verfahren über die Untätigkeitsklage der Klägerin benannte die Beklagte 77 im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Südwürttemberg zugelassenen Ärzte mit verschiedenen Facharztbezeichnungen und der Zusatzqualifikation "Umweltmedizin", darunter sechs im Landkreis Konstanz und 17 im Bodenseekreis (in dem die Klägerin wohnhaft ist). Die Beklagte trug dort vor, der Klägerin gehe es offenbar nicht um die Benennung von Alternativen zu der von Dr. M. durchgeführten Behandlung, sie scheine auf diese Behandlung fixiert zu sein und einen Behandlerwechsel nicht in Erwägung zu ziehen. Die Klage sei abzuweisen, denn die Klägerin habe nicht zu erkennen gegeben, dass sie mit der Verweisung auf das bereits laufende sozialgerichtliche Verfahren in dem Schreiben vom 09. November 2004 nicht einverstanden gewesen sei.
Die Klägerin hielt ihre Fragen allein mit der Übersendung der Ärzteliste für nicht vollständig beantwortet. Die bloße Benennung von Vertragsarztpraxen sei nicht ausreichend. Die Beklagte müsse verbindliche Zusagen machen, ob sie für den erforderlichen anfallenden Diagnose- und Therapieverlauf bzw. die Entgiftungstherapie und für das, was an Notwendigkeiten seitens der behandelnden Ärzte für medizinisch erforderlich angesehen werde, die Kosten übernehme und nachträgliche Regressforderungen gegen behandelnde Ärzte nicht erfolgten. Sie beantrage deshalb nunmehr, dass die Beklagte konkret diese Auskünfte erteile (Schriftsatz der Klägerin vom 29. August 2005). Auch habe sie die von der Beklagten genannten Ärzte wegen Therapien angeschrieben. Ihre (der Klägerin) Anfragen hätten ergeben, dass diese Vertragsärzte die dringend notwendige bedarfsgerechte medizinische Behandlung nicht sicherstellen könnten, insbesondere nicht auf Krankenversichertenkarte. Einige hätten bei ihren Antworten sogar Dr. M. empfohlen. Die für die Anfragen entstandenen Portokosten in Höhe von EUR 36,00 sowie der für die Antwort des Nervenarztes Dr. Ma. privatärztlich berechnete Betrag von EUR 5,76 seien von der Beklagten zu erstatten (Schriftsatz der Klägerin vom 15. März 2006). Sie legte das Schreiben des Dr. M. vom 23. Juni 2005 vor, wonach für die Behandlung nicht nur das Vorhandensein einer Zusatzbezeichnung, sondern auch einer speziellen Qualifikation auf dem therapeutischen Sektor erforderlich sei. Die Klägerin benötige Ärzte, die neben der Zusatzqualifikation Umweltmedizin auch Erfahrung in der sehr schweren Therapie einer Schädigung durch Amalgam und des sich in der Folge entwickelnden MCS hätten. Die hierzu in Deutschland durchgeführten Kurse böten im Wesentlicher er selbst, Dr. M., und der Deutsche Berufsverband der Umweltmediziner an. Die von der Beklagten benannten Ärzte seien ihm als Teilnehmer dieser Kurse unbekannt. Die Klägerin legte auch schriftliche Auskünfte von 15 der benannten Ärzte vor, die sie nach ihren Diagnose- und Therapiemöglichkeiten bei Amalgamintoxikation gefragt hatte. Es wurde mitgeteilt, dass eine spezielle Behandlung nicht möglich sei bzw. Erfahrungen auf diesem Gebiet fehlten. Zum Teil nannten die angeschriebenen Ärzte der Klägerin Dr. M. als - einzigen - kompetenten Behandler.
Die Beklagte erwiderte, die Benennung eines Arztes, der auch Erfahrung in der Therapie mit Amalgamschädigungen und MCS habe und die von der Klägerin begehrten, nicht näher bezeichneten Therapien einsetze und dies durch sie (die Beklagte) frei von Vertragsinhalten, Wirtschaftlichkeitsprüfungen oder Prüfung von Außenseitermethoden bezahlen lasse, sei nicht möglich. Nachdem das SG die Auffassung vertreten hatte, die Beklagte habe den Antrag der Klägerin, ihr (u.a.) Therapiemöglichkeiten bei Verdacht auf Amalgamintoxikation zu nennen, mit Schreiben/Bescheid vom 09. November 2004 abgelehnt, in der erhobenen Klage sei ein Widerspruch hiergegen zu sehen und deshalb sei das Widerspruchsverfahren noch durchzuführen, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch gegen die Ablehnung der Erteilung einer weitergehenden Auskunft/Beratung zurück (Widerspruchsbescheid vom 24. November 2005). Sie, die Beklagte, habe diverse Vertragsärzte benannt, die eine Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchführen könnten. Eine Auskunft über mögliche Diagnose- und Therapiemöglichkeiten und entsprechende Wirksamkeitsnachweise sei mit Hinweis auf die durch den behandelnden Arzt zu entscheidenden Behandlungsmethoden abgelehnt worden. Eine Verpflichtung des Leistungsträgers zu Auskunft und Beratung entstehe nur, soweit der Betroffene auf die Beratung tatsächlich Wert lege und die begehrte Auskunft objektiv möglich sei. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Aus ihrem bisherigen Verhalten ergebe sich, dass die Klägerin auf eine Auskunft und Beratung tatsächlich Wert lege. Ferner sei es ihr, der Beklagten, nicht möglich, entsprechende Auskünfte zu erteilen, da allein der behandelnde Arzt unter Berücksichtigung des individuellen Gesundheitszustandes das abrechnungsfähige Behandlungskonzept festlege.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. März 2007 wies das SG die (Auskunfts-)Klage ab. Es führte aus, die Anfechtungs- und Leistungsklage der Klägerin sei zulässig und zunächst auch begründet gewesen. Die Klägerin habe aus § 15 Abs. 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I) einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer "Inhaltsauskunft", nämlich die Benennung von Vertragsärzten für eine Behandlung der Amalgamintoxikation und MCS. Solche Ärzte habe die Beklagte mit dem Schriftsatz vom 31. Mai 2005 in dem Parallelverfahren (S 2 KR 507/05) genannt. Dadurch sei der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt worden. Zu einer darüber hinausgehenden Klage auf "richtige" Auskunft sei die Klägerin nicht befugt. Die Rechtsordnung sehe keinen Anspruch auf Erteilung einer objektiv, im Sinne des Nachfragenden richtigen Auskunft vor. Die Behörde habe Auskunft nur nach bestem Wissen und Gewissen zu geben. Ausgehend von den von der Klägerin genannten Diagnosen sei die Benennung von Ärzten mit der Zusatzbezeichnung "Umweltmedizin" sachgerecht und ausreichend gewesen.
Gegen diesen ihr am 02. April 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 02. Mai 2007 Berufung zum LSG eingelegt. Sie trägt unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags vor, die Auskunft der Beklagten in dem Schriftsatz vom 31. Mai 2005 sei untauglich. Sämtliche von ihr angeschriebenen Vertragsärzte könnten die dringend notwendige medizinische Behandlung nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung sicherstellen.
Die Klägerin beantragt schriftlich,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 26. März 2007 aufzuheben und 1. die für sie untaugliche Auskunft der Beklagten vom 31. Mai 2005 durch Nennung von Vertragsärzten festzustellen, 2. den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die dringend lebensnotwendige bedarfsgerechte medizinische Versorgung im Bereich der Umweltmedizin von Seiten der gesetzlichen Krankenkasse sicherzustellen und zu gewähren, 3. auf Grund der untauglichen Auskunft die Behandlungskosten von Dr. M. wegen Vorliegens eines offenkundigen Systemversagens zu übernehmen.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich beide Beteiligte damit einverstanden erklärt haben.
1. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht erhoben. Sie war nicht zulassungsbedürftig, denn die von der Klägerin begehrte Auskunft ist keine Geld- oder Sachleistung im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis zum 31. März 2008 geltenden, hier noch anwendbaren Fassung.
2. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
2.1. Den Klagantrag Ziffer 1) hat die Klägerin im Berufungsverfahren zwar als Feststellungsantrag formuliert. Unter Berücksichtigung ihres Vorbringens geht das Begehren der Klägerin allerdings weiterhin dahin, die Beklagte solle die gewünschte Auskunft erteilen. Denn die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, die Beklagte habe ihr (der Klägerin) Auskunftsbegehren mit der Nennung der 77 Vertragsärzten nicht vollständig beantwortet, sondern Angaben zu Diagnose- und Therapiemöglichkeiten zugelassener Vertragsärzte machen müssen, wobei die Beklagte entsprechend der von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 29. August 2005 (S. 3 oben, Blatt 50 der SG-Akte S 2 KR 508/05) formulierten "Änderungs-/Leistungsklage nach § 54 SGG" auch erklären soll, welchen Ärzten gegenüber keine Regressforderungen gestellt würden. Bei sachgerechter Auslegung des in der Berufungsschrift schriftsätzlich formulierten (Feststellungs-)Antrags unter Berücksichtigung des von der Klägerin "Gewollten" (§ 123 SGG) will die Klägerin weiterhin die Verurteilung der Beklagten erreichen, dass diese eine bestimmte Auskunft erteilt.
Nach § 15 Abs. 1 SGB I muss ein Träger der gesetzlichen Krankenversicherung über alle sozialen Angelegenheiten nach dem Sozialgesetzbuch Auskunft erteilen. Diese Auskunftspflicht erstreckt sich - unter anderem - auf alle Sachfragen, die für die Auskunftsuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle imstande ist (§ 15 Abs. 2 SGB I). Die Krankenkassen sind - unter anderem - konkret zu Auskünften und Beratung über ihre Leistungen zur Erhaltung, Wiederherstellung oder Besserung des Gesundheitszustandes der Versicherten verpflichtet (§ 1 Satz 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB V). Welchen Umfang die Auskünfte und Beratungen haben müssen, braucht der Senat im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Jedenfalls sind die Krankenkassen nicht - wie von der Klägerin begehrt - zu Auskünften darüber verpflichtet, welche Diagnosemethoden und welche Behandlungen ein Vertragsarzt durchführen kann oder regelmäßig durchführt (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1981, 3 RK 45/80, veröffentlicht in Juris, Rn. 26 ff.; Bayerisches Landesozialgericht, Beschluss vom 18. Juni 1998, L 4 KR 5/97, veröffentlicht in Juris, Rn. 16). Die Krankenkassen können allenfalls die zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung zugelassenen (Zahn)Ärzte nennen, gegebenenfalls mit berufsrechtlichen Zusatzbezeichnungen. Soweit berufsrechtliche Zusatzbezeichnungen geführt werden, lassen sich grundsätzlich hieraus besondere Leistungsangebote des (Zahn)Arztes erkennen.
Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nachgekommen. Sie hat der Klägerin mit dem Schriftsatz vom 31. Mai 2005 zahlreiche Ärzte in ihrer Region benannt, die nach ihrer Zusatzbezeichnung "Umweltmedizin" grundsätzlich für eine Behandlung bei Verdacht auf Amalgamintoxikation und MCS in Betracht kommen.
Die Klägerin will über die erteilte Auskunft hinaus noch eine "Auskunft", die ihrer Rechtsauffassung entsprechen soll. Eine Leistungsklage auf "richtige" Auskunft ist allerdings unzulässig. Denn die Rechtsordnung sieht keinen Anspruch auf Erteilung einer "objektiv richtigen" im Sinne einer der Rechtsauffassung des Nachfragenden entsprechenden Rechtsauskunft vor. Ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erteilung einer gerade aus der Sicht des Anspruchstellers "objektiv richtigen" Rechtsauskunft besteht nicht (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001 - B 4 RA 50/01 R -, veröffentlicht in Juris).
2.2. Die im Berufungsverfahren erstmals gestellten Klageanträge Ziffer 2) (Erbringung einer ärztlichen Behandlung als Sachleistung) und 3) (Erstattung der Kosten für die Behandlung durch Dr. M.) sind unzulässig.
Zum einen sind die Anträge zu unbestimmt. Kostenerstattungsansprüche müssen konkret beziffert werden. Bei einem auf Sachleistung gerichteten Antrag muss zumindest die Menge und Häufigkeit der Leistung konkretisiert werden (vgl. BSG, Urteil vom 24. September 2002, B 3 P 15/01 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 11). Beides tut die Klägerin nicht. Dem Antrag Ziffer 3) steht außerdem die Prozesseinrede anderweitiger Rechtshängigkeit entgegen. Ihren vermeintlichen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Behandlungen bei Dr. M. verfolgte die Klägerin in dem Verfahren L 4 KR 2382/07. Die jenem Verfahren zu Grunde liegende Klage beim SG (S 2 KR 1032/03) hatte die Klägerin bereits am 23. Mai 2003 erhoben, also vor der Klage vom 20. Januar 2005, die dieses Verfahren eröffnet hat.
Es kann deshalb offen bleiben, ob die Klägerin mit diesen Anträgen, die sie vor dem SG noch nicht gestellt hatte, ihre Klage im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG erweitert hat. Eine solche Erweiterung wäre unzulässig. Die Beklagte hat sich nicht rügelos auf sie eingelassen, sie hat in diesem Berufungsverfahren vielmehr überhaupt keinen Antrag gestellt. Und eine solche Klageänderung wäre auch nicht sachdienlich, da sie das Begehren der Klägerin um völlig andere Gegenstände erweitern würde. Hierdurch ginge den Beteiligten, insbesondere der Beklagten, eine Tatsacheninstanz verloren.
3. Den Anspruch auf Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit ihren Anfragen an die von der Beklagten benannten Vertragsärzte hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr verfolgt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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