Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AL 3822/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2494/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 01.01.2008 bis 30.06.2008 sowie die Erstattung dieser Leistungen in Höhe von 878,70 EUR.
Die 1962 geborene, mit einem Grad der Behinderung von 50 als Schwerbehinderte anerkannte Klägerin war ab 01.12.2002 bei der Firma B. Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH als Sachbearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Im Monat März 2006 wurde die Klägerin zunächst unwiderruflich, ab 01.04.2006 widerruflich von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Am 09.08.2006 kündigte die Firma B. das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2006. Auf die von der Klägerin hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage einigten sich die Arbeitgeberin und die Klägerin in einem vor dem Arbeitsgericht K. (Az: 3 Ca 109/06) am 19.12.2006 geschlossenen Vergleich dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 09.08.2006 zum 31.03.2007 enden und die Klägerin widerruflich bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitsleistung freigestellt wird.
Ab 01.02.2006 war die Klägerin im Altenheim der E. von O.-B.-Stiftung (St.) als Helferin auf Stundenbasis beschäftigt. Ihr Verdienst bewegte sich in den Monaten Februar 2006 bis Juli 2007 zwischen 159,73 EUR und 389,92 EUR. Vom 01.08.2007 bis 31.12.2007 arbeitete die Klägerin bei St. 15,99 Stunden pro Woche. Vom 01.01. bis 30.06.2008 war sie wieder auf Stundenbasis beschäftigt. Die monatliche Arbeitszeit belief sich mit Ausnahme des Monats April 2008, in dem sie 36 Stunden arbeitete, auf 32 Stunden. Sie erzielte ein Einkommen in Höhe von 304,96 EUR/monatlich bzw. 343,08 EUR im April 2008. Das Gehalt wurde ihr in der Regel am Ende des Folgemonats bezahlt.
Am 14.08.2006 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten zum 01.10.2006 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Bei der Antragstellung gab sie an, sie werde ihre Tätigkeit bei St. weiterhin ausüben und 165,00 EUR monatlich verdienen. Mit der Antragstellung wurde der Klägerin das Merkblatt 1 für Arbeitslose ausgehändigt, was sie durch ihre Unterschrift bestätigte.
Mit Bescheid vom 12.09.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin hierauf, wobei der Anspruch bis einschließlich 20.10.2006 aufgrund einer Urlaubsabgeltung zunächst ruhte, Alg ab 01.10.2006 in Höhe von 15,85 EUR täglich bis 30.11.2006 und 14,20 EUR täglich ab 01.12.2006. Zur Berechnung des Bemessungsentgelts legte sie das von der Klägerin bei der Firma B. GmbH vom 01.10.2005 bis 30.09.2006 erzielte Einkommen in Höhe von 15.846,13 EUR zugrunde (Bemessungsentgelt 43,41 EUR täglich). Nebeneinkommen wurde nicht berücksichtigt. Alg wurde bis 31.12.2006 bezahlt.
Nach Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens und gestützt auf den dort geschlossenen Vergleich forderte die Beklagte von der Firma B. das von ihr für die Zeit vom 21.10.2006 bis 31.12.2006 der Klägerin gewährte Alg zurück, da der Anspruch auf Alg durch die zuerkannten Ansprüche auf Arbeitsentgelt geruht habe (Schreiben vom 16.01.2007) und bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 16.01.2007 bzw. Widerspruchsbescheid vom 01.02.2007 Alg vom 01.04.2007 bis vorläufig 19.01.2008 in Höhe von täglich 14,20 EUR. Nebeneinkommen wurde nicht angerechnet. Mit Bescheid vom 12.03.2007 wurde Alg ab 01.04.2007 in der bisherigen Höhe mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen endgültig bewilligt. Die Leistung wurde der Klägerin bis zum 31.07.2007 gewährt.
Am 23.11.2007 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos zum 01.01.2008 und beantragte die Gewährung von Alg. Im Antrag gab sie zunächst an, dass sie ab Januar 2008 weiterhin als Betreuerin bei St. beschäftigt sei, wobei die Stundenzahl noch offen sei. Diese Angabe wurde im Antrag wieder gestrichen. Die Klägerin erklärte sich bereit, mitzuteilen, falls sie ab 01.01.2008 Nebeneinkommen habe und bestätigte dies durch ihre Unterschrift. Beigefügt war dem Antrag eine Arbeitsbescheinigung der St. vom 27.11.2007, wonach die Klägerin ab 01.01.2008 wieder geringfügig beschäftigt sei.
Mit Bescheid vom 05.12.2007 und Änderungsbescheid vom 10.03.2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin hierauf Alg ab 01.01.2008 bzw. 26.02.2008 in Höhe von täglich 15,85 EUR (Bemessungsentgelt täglich 43,41 EUR, Lohnsteuerklasse V, Lohnsteuertabelle 2006, Prozentsatz 67 %) weiter. Nebeneinkommen wurde nicht angerechnet.
Am 25.05.2008 erfuhr die Beklagte durch eine Überschneidungsmitteilung der Sozialversicherungsträger, dass die Klägerin bei St. ab 01.01.2008 geringfügig beschäftigt war, und forderte hierauf von der St. Nebenverdienstbescheinigungen der Klägerin für die Zeit von Januar bis Juni 2008 an. Aus den daraufhin am 20.06. bzw. 09.07.2008 übermittelten Nebenverdienstbescheinigungen ergibt sich, dass die Klägerin in den Monaten Januar bis Juni 2008 mit Ausnahme des Monats April 2008, in dem sie 36 Stunden arbeitete und 343,08 EUR verdiente, 32 Stunden pro Monat beschäftigt war und ein Entgelt in Höhe von 304,96 EUR bezog.
Im Rahmen der Anhörung wies die Klägerin darauf hin, sie habe ihre Nebeneinkommensbescheinigung am 05.04.2008 per Post übersandt und gemeldet. Da sie die Nebentätigkeit seit Februar 2006 ausübe, sei eine Kürzung des Alg nicht gerechtfertigt.
Mit Bescheid vom 17.07.2008 nahm die Beklagte, da die Klägerin Nebeneinkommen beziehe, das auf ihre Leistung anzurechnen sei, die Bewilligung von Alg teilweise zurück und forderte von der Klägerin den in der Zeit vom 01.01.2008 bis 30.06.2008 überzahlten Betrag in Höhe von insgesamt 878,70 EUR.
Ihren hiergegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin unter Vorlage u.a. der Verdienstabrechnungen für die Monate Februar 2006 bis Juli 2007 damit, dass sie seit 01.02.2006 die Nebenbeschäftigung ausübe und deshalb gemäß § 141 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) das Arbeitsentgelt der geringfügigen Beschäftigung anrechnungsfrei bleibe. Vor der Arbeitslosigkeit sei die Beschäftigung mindestens 12 Monate ausgeübt worden.
Mit Bescheiden vom 17.07.2008 änderte die Beklagte die bisherigen Alg-Bewilligungsbescheide ab 01.01.2008 ab. Unter Anrechnung des Nebeneinkommens und Abzug eines Freibetrags in Höhe von 165 EUR wurde der tägliche Leistungsbetrag im April 2008 auf 9,91 EUR, in den übrigen Monaten auf 11,18 EUR festgesetzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.08.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Nebeneinkommen sei unter Berücksichtigung eines Freibetrags in Höhe von 165,00 EUR nach § 141 Abs. 1 Satz 1 SGB III anzurechnen. § 141 Abs. 2 SGB III sei hier nicht anzuwenden. Der Anspruch auf Alg sei am 01.10.2006 entstanden. In den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs, also im Zeitraum vom 01.04.2005 bis 30.09.2006 habe die Klägerin nicht mindestens 12 Monate eine geringfügige Beschäftigung neben einem Versicherungspflichtverhältnis ausgeübt, ein Fall des § 141 Abs. 2 SGB III liege damit nicht vor. Etwas anderes ergebe sich auch nicht auf Grund der erneuten Arbeitslosmeldung am 23.11.2007 mit Wirkung zum 01.01.2008, denn damit sei kein neuer Anspruch auf Alg entstanden. Das Arbeitsentgelt habe sich mit Ausnahme des Monats April 2008 monatlich auf 304,96 EUR belaufen. Nach Abzug des monatlichen Freibetrags von 165,00 EUR ergebe sich ein monatlicher Anrechnungsbetrag in Höhe von 139,96 EUR und für den Monat April 2008 bei einem Einkommen in Höhe von 343,08 EUR ein Anrechnungsbetrag in Höhe von 178,08 EUR. Die Klägerin habe das Nebeneinkommen zwar in ihrem Antrag angegeben, ohne aber dessen Höhe zu benennen. Die Höhe des Einkommens sei der Beklagten erst am 20.06.2008 mit dem Eingang der angeforderten Nebeneinkommensbescheinigung bekannt geworden. Die Klägerin hätte wissen müssen, dass Nebeneinkommen aus selbständigen oder unselbständigen Tätigkeiten bzw. Beschäftigungen auf das Alg anzurechnen sei. Das ihr ausgehändigte Merkblatt enthalte hierzu verständliche Hinweise Dass Nebeneinkommen Auswirkungen auf das Alg habe bzw. haben könne, ergebe sich auch schon allein aus der Fragestellung im Leistungsantrag. Es liege damit grobe Fahrlässigkeit vor. Vertrauen könne die Klägerin deshalb nicht für sich beanspruchen.
Dagegen hat die Klägerin am 25.08.2008 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, man gehe von einem falschen Beginn ihres Anspruchs auf Alg aus. Ihre Arbeitslosigkeit habe nicht bereits am 01.10.2006, sondern erst am 01.04.2007 begonnen. Das Arbeitsverhältnis habe aufgrund des arbeitsgerichtlichen Vergleichs erst zum 31.03.2007 geendet. § 141 Abs. 2 SGB III unterscheide nicht zwischen Beschäftigungs- und Arbeitsverhältnis. Im Gesetzestext sei nur von einem Versicherungspflichtverhältnis die Rede. Ein solches bestehe, wenn die vollen Sozialversicherungsbeiträge abgeführt würden. Dies sei nachweislich bis zum 31.03.2007 der Fall gewesen. Die Nebentätigkeit habe sie schon am 15.02.2006 aufgenommen. Damit habe sie vor Beginn der Arbeitslosigkeit am 01.04.2007 12 Monate Nebeneinkommen gehabt. Die Anrechnung von Nebeneinkommen habe somit nach § 141 Abs. 2 SGB III zu unterbleiben. Sie habe bezüglich der Bekanntgabe ihres Nebeneinkommens auch nicht grob fahrlässig gehandelt. Sie habe die Bescheinigung ihres Arbeitgebers am 05.04.2008 per Post an die Beklagte übersandt. Der späte Termin sei durch das komplizierte Lohn-Abrechnungs-System ihres Arbeitgebers, der zunächst für den Monat Januar 2008 eine falsche Lohnabrechnung gefertigt habe, zustande gekommen. Da der Beklagten sowohl ihre Nebentätigkeit als auch die Dauer ihrer Nebentätigkeit bekannt gewesen sei, sei sie davon ausgegangen, dass die Sache mit dem Versand der Bescheinigung ihren ordnungsgemäßen Verlauf nehme.
Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, der Anspruch auf Alg sei am 01.10.2006 mit der Antragstellung zu diesem Termin nach der Arbeitgeberkündigung entstanden. Die Klägerin habe sich arbeitslos gemeldet, die Anwartschaftszeit erfüllt und sei auf Grund der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auch ab 01.10.2006 arbeitslos gewesen. Sie sei unwiderruflich von der Arbeit freigestellt gewesen. Alg sei auch nach Ablauf eines Ruhenszeitraums wegen Erhalt einer Urlaubsabgeltung ab 21.10.2006 bewilligt und ausgezahlt worden. Durch den arbeitsgerichtlichen Vergleich habe nur das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2007 geendet. Das Beschäftigungsverhältnis habe jedoch bereits zum 01.10.2006 sein Ende gefunden. Letzteres sei maßgebend für den Eintritt der Arbeitslosigkeit. Dass die Klägerin aufgrund des Vergleichs Anspruch auf Arbeitsentgelt bis 31.03.2007 gehabt und der ehemalige Arbeitgeber das ab 21.10.2006 gezahlte Alg an sie - die Beklagte - erstattet habe, ändere nichts daran, dass der Anspruch bereits zum 01.10.2006 entstanden sei. In den letzten 18 Monaten vor Anspruchsentstehung (01.04.2005 bis 30.09.2006) sei die Nebentätigkeit von der Klägerin nicht mindestens 12 Monate ausgeübt worden. Die Voraussetzungen des § 141 Abs. 2 SGB III seien damit nicht erfüllt. Die Anrechnung von Nebeneinkommen sei der Klägerin auch bekannt gewesen. Sie habe die Nebentätigkeit angegeben und habe gewusst, dass dies Auswirkungen auf ihren Alg-Anspruch habe. Auf die Gründe, warum die Höhe des Einkommens erst später bekannt geworden sei, komme es nicht an.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.04.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zurecht gemäß § 141 Abs. 1 SGB III das von der Klägerin in der Zeit vom 01.01.2008 bis 30.06.2008 erzielte Nebeneinkommen auf das Alg angerechnet. Die Voraussetzungen des § 141 Abs. 2 SGB III lägen nicht vor. Nach dieser Vorschrift bleibe das Arbeitsentgelt bis zu einem bestimmten Betrag nur dann anrechnungsfrei, wenn der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine geringfügige Beschäftigung mindestens 12 Monate lang ausgeübt habe. Der Anspruch auf Alg sei am 01.10.2006 und nicht zu einem späteren Zeitpunkt entstanden. Zu diesem Zeitpunkt hätten alle Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg vorgelegen. Die Klägerin sei insbesondere beschäftigungslos gewesen. Ein Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne sei trotz eines rechtlich noch bestehenden Arbeitsverhältnisses und unabhängig von der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers bereits dann nicht mehr gegeben, wenn die Arbeitsleistung tatsächlich nicht mehr erbracht werde, weil der Arbeitgeber auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet habe. Wenn ein Arbeitnehmer nach einer Kündigung des Arbeitgebers praktisch ohne Beschäftigung sei, stehe seiner leistungsrechtlichen "Arbeitslosigkeit" damit weder die Erhebung einer Kündigungsschutzklage noch ein etwaiger Erfolg dieser Klage oder Vereinbarungen im Kündigungsschutzprozess über einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über das tatsächliche Ende der Beschäftigung hinaus oder Zahlungen von Arbeitsentgelt entgegen. Vor Entstehung des Anspruchs am 01.10.2006 sei die Klägerin aber nicht mindestens 12 Monate in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis gestanden, denn dieses habe sie erstmals am 01.02.2006 aufgenommen. Das Gericht bejahe auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 3 Ziffer 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Die Leistung sei nach § 50 SGB X zu erstatten.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 25.05.2009 Berufung eingelegt. Unter Vertiefung und Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens weist sie darauf hin, dass die Ablehnung der Anrechnungsfrist dem Gleichbehandlungsprinzip widerspreche. Sie werde mit der Behauptung der faktischen Beschäftigungslosigkeit für die Überlastung der Arbeitsgerichte bestraft. Wenn das Arbeitsgericht bereits vor dem 30.09.2006 entschieden und sie sich erst zum 01.04.2007 arbeitslos gemeldet hätte, wäre bei der Beklagten die sogenannte "faktische Beschäftigungslosigkeit" nicht aktenkundig geworden. Dann wäre die Zwölfmonatsfrist ohne Zweifel erfüllt gewesen. Im Übrigen gehe es in ihrem Fall nicht um die Gewährung von Alg, sondern um die Honorierung der Bereitschaft, ihr Einkommen mit einer Teilzeitbeschäftigung, die zeitlich befristet sogar zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung geführt habe und bis zum heutigen Tag als Nebenbeschäftigung weiterbestehe, aufzubessern.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. April 2009 und die Bescheide der Beklagten vom 17. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. August 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe bezugnehmend auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 03.06.2004 - B 11 AL 70/03 - aufgezeigt, dass die Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit ab 01.10.2006 erfüllt gewesen seien. Am 01.10.2006 habe die Klägerin die Nebentätigkeit noch nicht lange genug ausgeübt, um von einer Anrechnung gemäß § 141 Abs. 2 SGB III abzusehen. Eine Ungleichbehandlung mit anderen Beitragszahlern sei nicht gegeben. Die Klägerin verkenne, dass sie - die Beklagte - der Klägerin auf deren Antrag in der Zeit bis zur Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren Alg gewährt und damit den Lebensunterhalt sichergestellt habe. Dass ihre Beschäftigungslosigkeit damit "aktenkundig" geworden und letztendlich nun von einer Anspruchsentstehung am 01.10.2006 und nicht am 01.04.2007 auszugehen sei, entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Hierfür die Arbeitsgerichtsbarkeit verantwortlich zu machen, sei nicht gerechtfertigt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Streitgegenstand sind neben dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.08.2008 auch die gemäß § 86 SGG bereits zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen Änderungsbescheide vom 17.07.2008, mit denen die Beklagte die ursprünglichen Alg-Bewilligungsbescheide abgeändert und die Höhe des der Klägerin zustehenden Alg ab 01.01.2008 unter Berücksichtigung des Nebeneinkommens neu berechnet hat.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zurecht die Bewilligung von Alg teilweise aufgehoben, neu berechnet und überzahlte Leistungen in einem Umfang von 878,70 EUR zurückgefordert.
Rechtsgrundlage der angefochtenen Behördenentscheidung ist § 45 SGB X. Nach dieser Vorschrift darf ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, auch nach Unanfechtbarkeit, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X schließt die Rücknahme aus, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Letzteres ist nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X in der Regel der Fall, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X allerdings dann nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Dasselbe gilt auch für den Fall, dass der Begünstigte Angaben vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Liegen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vor, ist der Verwaltungsakt abweichend von den allgemeinen Regelungen zwingend mit Wirkung auch für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 330 Abs. 2 SGB III). Bei der Rücknahme sind die Fristen des § 45 Abs. 3 und Abs. 4 SGB X zu beachten.
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Beklagte zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die zugunsten der Klägerin erfolgte Bewilligung von Alg in dem von ihr geltend gemachten Umfang von Beginn an rechtswidrig war. Das hier streitige Alg hätte unter Anrechnung des von der Klägerin erzielten Nebeneinkommens nach Abzug eines monatlichen Freibetrags von 165,00 EUR und mithin unter Berücksichtigung von Anrechnungsbeträgen in Höhe von 139,96 EUR für die Monate Januar bis März und Mai bis Juni 2008 und in Höhe von 178,08 EUR für den Monat April 2008 gezahlt werden müssen.
Wie das SG im Gerichtsbescheid vom 28.04.2009 insoweit ausführlich und zutreffend dargelegt hat, weshalb der Senat hierauf gem. § 153 Abs. 2 SGG verweist, bleibt das von der Klägerin erzielte Nebeneinkommen hier nicht gemäß § 141 Abs. 2 SGB III anrechnungsfrei. § 141 Abs. 2 SGB III in der vom 01.01.2005 bis 31.12.2008 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I Seite 2848) bestimmt, dass, wenn der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine geringfügige Beschäftigung mindestens 12 Monate lang ausgeübt hat, das Arbeitsentgelt bis zu dem Betrag anrechnungsfrei bleibt, der in den letzten 12 Monaten vor der Entstehung des Anspruch aus einer geringfügigen Beschäftigung durchschnittlich auf den Monat entfällt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrags, der sich nach Abs. 1 ergeben würde. Die Entstehung des Anspruchs auf Alg bestimmt sich nach § 117 ff. SGB III. Gemäß § 119 SGB III ist arbeitslos, wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Ein Beschäftigungsverhältnis liegt dann nicht mehr vor, wenn das Beschäftigungsverhältnis sein tatsächliches Ende gefunden hat, eine neue Beschäftigung noch nicht wieder aufgenommen worden ist und der Arbeitgeber keine Verfügungsgewalt über den Arbeitnehmer mehr geltend macht. Dies ist stets gegeben, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und weitere Dienste nicht annimmt, auch wenn das Arbeitsverhältnis rechtlich weiterbesteht (Brand in: Niesel, SGB III, § 119 Rz. 16).
Unter Berücksichtigung dieser Vorschriften endete das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin zum 30.09.2006. Zumindest ab dem 01.10.2006 hat sie nicht mehr gearbeitet. Eine neue Beschäftigung hatte sie zu diesem Zeitpunkt nicht wieder aufgenommen. Der Anspruch ist am 01.10.2006 entstanden. Auf Grund dessen hat sich die Klägerin auch am 14.08.2006 zum 01.10.2006 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt. Letzteres bezog sie nach Ablauf eines Ruhenszeitraums ab 21.10.2006.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil das Arbeitsverhältnis aufgrund des arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 19.12.2006 bis 31.03.2007 verlängert worden ist. Dies ändert nichts daran, dass das Beschäftigungsverhältnis zum 01.10.2006 beendet war und die Klägerin nicht mehr gearbeitet hat. Es ist insoweit zwischen dem Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn und dem Arbeitsverhältnis zu unterscheiden. Abzustellen ist im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit gemäß § 119 SGB III nicht auf den Arbeitsvertrag, sondern auf das Beschäftigungsverhältnis und die Beschäftigungslosigkeit. Das rechtliche Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses ist - wie ausgeführt - ohne Relevanz.
Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht darauf stützen, dass die Klägerin aufgrund des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses bis 31.03.2007 Arbeitsentgelt bezogen hat und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind. Dies hat nur zur Folge, dass der Anspruch auf Alg nach § 143 SGB III geruht hat. In seinem Bestand bleibt der am 01.10.2006 entstandene Anspruch auf Alg aber unberührt (Due in: Niesel a.a.O. § 143 Rz. 3).
Maßgeblich für die Berechnung der Dauer der Nebenbeschäftigung ist somit der 01.10.2006. Zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin die Nebenbeschäftigung erst acht Monate, nämlich ab Februar 2006, ausgeübt. Sie hat damit in den letzten 18 Monaten vor Entstehung des Anspruchs auf Alg keine geringfügige Beschäftigung über eine Dauer von mindestens 12 Monaten ausgeübt.
Die Berechnung des Freibetrags hat somit nach § 141 Abs. 1 SGB III a.F. zu erfolgen. Das von St. angegebene Nebeneinkommen ist nach Abzug des sich aus dieser Norm ergebenden Freibetrags in Höhe von 165 EUR bei der Berechnung des Alg zu berücksichtigen. Der ohne Berücksichtigung des Nebeneinkommens ergangene Bewilligungsbescheid vom 05.12.2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 10.03.2008 war insoweit rechtswidrig.
Die Rücknahmeentscheidung ist gemäß §§ 45 Abs. 3 und 4 SGB X auch fristgerecht erfolgt. Die Jahresfrist läuft nicht bereits ab dem Tag, an dem der rechtswidrige Bescheid erlassen worden ist, hier also im Dezember 2007, sondern sie beginnt erst zu laufen, wenn die Beklagte Kenntnis davon erlangt, dass die Klägerin unrichtige Angaben gemacht hat. Letztendlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, denn auch wenn man auf den Erlass des Bescheids abstellen würde, wäre mit den Bescheiden vom 17.07.2008 die Jahresfrist gewahrt.
Der Teilrücknahme der Bewilligung von Alg steht auch kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in den Bestand des Bewilligungs- bzw. Änderungsbescheids vom 05.12.2007 bzw. 10.03.2008 entgegen. Die Klägerin vermag sich auf den von ihr geltend gemachten Vertrauensschutz nicht zu berufen. Denn sie hat Angaben zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).
Grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X setzt nach der in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X enthaltenen Legaldefinition voraus, dass der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Das ist dann der Fall, wenn die in der fraglichen Personengruppe herrschende Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden ist, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt worden sind und daher nicht beachtet worden ist, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff). In subjektiver Hinsicht ist ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden nötig. Der Versicherte muss unter Berücksichtigung seiner individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit seine Sorgfaltspflichten in außergewöhnlich hohem Maße verletzt haben.
In Anbetracht dessen hat die Klägerin die Angaben zu ihrem Nebeneinkommen bei der Antragstellung am 05.12.2007 grob fahrlässig unvollständig gemacht. Die Klägerin hat bereits bei Antragstellung gewusst, dass sie weiterhin bei St. arbeiten wird. Es war ihr nur die genaue Stundenzahl nicht bekannt. Dennoch hat sie bei Antragstellung ihre Angaben, wonach sie ab Januar 2008 weiterhin als Betreuerin tätig sei, dahingehend berichtigt, dass sie noch mitteilen werde, falls sie ab 01.01.2008 Nebeneinkommen habe. Spätestens mit Überweisung des ersten Gehalts für den Monat Januar 2008 Ende Februar 2008 war ihr auch die Höhe des Nebeneinkommens, das sie der Beklagten hätte mitteilen können, bekannt. Auf die endgültige Abrechnung kam es insoweit nicht an. Die Notwendigkeit der Angabe des Nebeneinkommens war der Klägerin im Übrigen nicht nur aufgrund der Antragstellung im Dezember 2007, sondern auch aufgrund der vorangegangenen Antragstellung bekannt. Sie ergab sich darüber hinaus auch aus dem ihr ausgehändigten Merkblatt. Dass die Klägerin der Beklagten das Nebeneinkommen am 05.04.2008 mitgeteilt hat, ist nicht nachgewiesen. Belegen hierfür finden sich nicht in den Akten und wurden auch von der Klägerin, die hierfür die Beweislast trägt, nicht vorgelegt.
Nachdem hier somit die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Nr. 2 SGB X zu bejahen sind, kommt es darauf, ob die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder grob fahrlässig nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), nicht mehr an.
Das gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstattende Alg hat die Beklagte in zutreffender Höhe festgesetzt. Die Pflicht zur Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung folgt aus § 335 Abs. 1 und 5 SGB III. Auf Verbrauch der Leistung oder Fähigkeit zur Erstattung kommt es vorliegend nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 01.01.2008 bis 30.06.2008 sowie die Erstattung dieser Leistungen in Höhe von 878,70 EUR.
Die 1962 geborene, mit einem Grad der Behinderung von 50 als Schwerbehinderte anerkannte Klägerin war ab 01.12.2002 bei der Firma B. Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH als Sachbearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Im Monat März 2006 wurde die Klägerin zunächst unwiderruflich, ab 01.04.2006 widerruflich von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Am 09.08.2006 kündigte die Firma B. das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2006. Auf die von der Klägerin hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage einigten sich die Arbeitgeberin und die Klägerin in einem vor dem Arbeitsgericht K. (Az: 3 Ca 109/06) am 19.12.2006 geschlossenen Vergleich dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 09.08.2006 zum 31.03.2007 enden und die Klägerin widerruflich bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitsleistung freigestellt wird.
Ab 01.02.2006 war die Klägerin im Altenheim der E. von O.-B.-Stiftung (St.) als Helferin auf Stundenbasis beschäftigt. Ihr Verdienst bewegte sich in den Monaten Februar 2006 bis Juli 2007 zwischen 159,73 EUR und 389,92 EUR. Vom 01.08.2007 bis 31.12.2007 arbeitete die Klägerin bei St. 15,99 Stunden pro Woche. Vom 01.01. bis 30.06.2008 war sie wieder auf Stundenbasis beschäftigt. Die monatliche Arbeitszeit belief sich mit Ausnahme des Monats April 2008, in dem sie 36 Stunden arbeitete, auf 32 Stunden. Sie erzielte ein Einkommen in Höhe von 304,96 EUR/monatlich bzw. 343,08 EUR im April 2008. Das Gehalt wurde ihr in der Regel am Ende des Folgemonats bezahlt.
Am 14.08.2006 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten zum 01.10.2006 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Bei der Antragstellung gab sie an, sie werde ihre Tätigkeit bei St. weiterhin ausüben und 165,00 EUR monatlich verdienen. Mit der Antragstellung wurde der Klägerin das Merkblatt 1 für Arbeitslose ausgehändigt, was sie durch ihre Unterschrift bestätigte.
Mit Bescheid vom 12.09.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin hierauf, wobei der Anspruch bis einschließlich 20.10.2006 aufgrund einer Urlaubsabgeltung zunächst ruhte, Alg ab 01.10.2006 in Höhe von 15,85 EUR täglich bis 30.11.2006 und 14,20 EUR täglich ab 01.12.2006. Zur Berechnung des Bemessungsentgelts legte sie das von der Klägerin bei der Firma B. GmbH vom 01.10.2005 bis 30.09.2006 erzielte Einkommen in Höhe von 15.846,13 EUR zugrunde (Bemessungsentgelt 43,41 EUR täglich). Nebeneinkommen wurde nicht berücksichtigt. Alg wurde bis 31.12.2006 bezahlt.
Nach Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens und gestützt auf den dort geschlossenen Vergleich forderte die Beklagte von der Firma B. das von ihr für die Zeit vom 21.10.2006 bis 31.12.2006 der Klägerin gewährte Alg zurück, da der Anspruch auf Alg durch die zuerkannten Ansprüche auf Arbeitsentgelt geruht habe (Schreiben vom 16.01.2007) und bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 16.01.2007 bzw. Widerspruchsbescheid vom 01.02.2007 Alg vom 01.04.2007 bis vorläufig 19.01.2008 in Höhe von täglich 14,20 EUR. Nebeneinkommen wurde nicht angerechnet. Mit Bescheid vom 12.03.2007 wurde Alg ab 01.04.2007 in der bisherigen Höhe mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen endgültig bewilligt. Die Leistung wurde der Klägerin bis zum 31.07.2007 gewährt.
Am 23.11.2007 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos zum 01.01.2008 und beantragte die Gewährung von Alg. Im Antrag gab sie zunächst an, dass sie ab Januar 2008 weiterhin als Betreuerin bei St. beschäftigt sei, wobei die Stundenzahl noch offen sei. Diese Angabe wurde im Antrag wieder gestrichen. Die Klägerin erklärte sich bereit, mitzuteilen, falls sie ab 01.01.2008 Nebeneinkommen habe und bestätigte dies durch ihre Unterschrift. Beigefügt war dem Antrag eine Arbeitsbescheinigung der St. vom 27.11.2007, wonach die Klägerin ab 01.01.2008 wieder geringfügig beschäftigt sei.
Mit Bescheid vom 05.12.2007 und Änderungsbescheid vom 10.03.2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin hierauf Alg ab 01.01.2008 bzw. 26.02.2008 in Höhe von täglich 15,85 EUR (Bemessungsentgelt täglich 43,41 EUR, Lohnsteuerklasse V, Lohnsteuertabelle 2006, Prozentsatz 67 %) weiter. Nebeneinkommen wurde nicht angerechnet.
Am 25.05.2008 erfuhr die Beklagte durch eine Überschneidungsmitteilung der Sozialversicherungsträger, dass die Klägerin bei St. ab 01.01.2008 geringfügig beschäftigt war, und forderte hierauf von der St. Nebenverdienstbescheinigungen der Klägerin für die Zeit von Januar bis Juni 2008 an. Aus den daraufhin am 20.06. bzw. 09.07.2008 übermittelten Nebenverdienstbescheinigungen ergibt sich, dass die Klägerin in den Monaten Januar bis Juni 2008 mit Ausnahme des Monats April 2008, in dem sie 36 Stunden arbeitete und 343,08 EUR verdiente, 32 Stunden pro Monat beschäftigt war und ein Entgelt in Höhe von 304,96 EUR bezog.
Im Rahmen der Anhörung wies die Klägerin darauf hin, sie habe ihre Nebeneinkommensbescheinigung am 05.04.2008 per Post übersandt und gemeldet. Da sie die Nebentätigkeit seit Februar 2006 ausübe, sei eine Kürzung des Alg nicht gerechtfertigt.
Mit Bescheid vom 17.07.2008 nahm die Beklagte, da die Klägerin Nebeneinkommen beziehe, das auf ihre Leistung anzurechnen sei, die Bewilligung von Alg teilweise zurück und forderte von der Klägerin den in der Zeit vom 01.01.2008 bis 30.06.2008 überzahlten Betrag in Höhe von insgesamt 878,70 EUR.
Ihren hiergegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin unter Vorlage u.a. der Verdienstabrechnungen für die Monate Februar 2006 bis Juli 2007 damit, dass sie seit 01.02.2006 die Nebenbeschäftigung ausübe und deshalb gemäß § 141 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) das Arbeitsentgelt der geringfügigen Beschäftigung anrechnungsfrei bleibe. Vor der Arbeitslosigkeit sei die Beschäftigung mindestens 12 Monate ausgeübt worden.
Mit Bescheiden vom 17.07.2008 änderte die Beklagte die bisherigen Alg-Bewilligungsbescheide ab 01.01.2008 ab. Unter Anrechnung des Nebeneinkommens und Abzug eines Freibetrags in Höhe von 165 EUR wurde der tägliche Leistungsbetrag im April 2008 auf 9,91 EUR, in den übrigen Monaten auf 11,18 EUR festgesetzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.08.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Nebeneinkommen sei unter Berücksichtigung eines Freibetrags in Höhe von 165,00 EUR nach § 141 Abs. 1 Satz 1 SGB III anzurechnen. § 141 Abs. 2 SGB III sei hier nicht anzuwenden. Der Anspruch auf Alg sei am 01.10.2006 entstanden. In den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs, also im Zeitraum vom 01.04.2005 bis 30.09.2006 habe die Klägerin nicht mindestens 12 Monate eine geringfügige Beschäftigung neben einem Versicherungspflichtverhältnis ausgeübt, ein Fall des § 141 Abs. 2 SGB III liege damit nicht vor. Etwas anderes ergebe sich auch nicht auf Grund der erneuten Arbeitslosmeldung am 23.11.2007 mit Wirkung zum 01.01.2008, denn damit sei kein neuer Anspruch auf Alg entstanden. Das Arbeitsentgelt habe sich mit Ausnahme des Monats April 2008 monatlich auf 304,96 EUR belaufen. Nach Abzug des monatlichen Freibetrags von 165,00 EUR ergebe sich ein monatlicher Anrechnungsbetrag in Höhe von 139,96 EUR und für den Monat April 2008 bei einem Einkommen in Höhe von 343,08 EUR ein Anrechnungsbetrag in Höhe von 178,08 EUR. Die Klägerin habe das Nebeneinkommen zwar in ihrem Antrag angegeben, ohne aber dessen Höhe zu benennen. Die Höhe des Einkommens sei der Beklagten erst am 20.06.2008 mit dem Eingang der angeforderten Nebeneinkommensbescheinigung bekannt geworden. Die Klägerin hätte wissen müssen, dass Nebeneinkommen aus selbständigen oder unselbständigen Tätigkeiten bzw. Beschäftigungen auf das Alg anzurechnen sei. Das ihr ausgehändigte Merkblatt enthalte hierzu verständliche Hinweise Dass Nebeneinkommen Auswirkungen auf das Alg habe bzw. haben könne, ergebe sich auch schon allein aus der Fragestellung im Leistungsantrag. Es liege damit grobe Fahrlässigkeit vor. Vertrauen könne die Klägerin deshalb nicht für sich beanspruchen.
Dagegen hat die Klägerin am 25.08.2008 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, man gehe von einem falschen Beginn ihres Anspruchs auf Alg aus. Ihre Arbeitslosigkeit habe nicht bereits am 01.10.2006, sondern erst am 01.04.2007 begonnen. Das Arbeitsverhältnis habe aufgrund des arbeitsgerichtlichen Vergleichs erst zum 31.03.2007 geendet. § 141 Abs. 2 SGB III unterscheide nicht zwischen Beschäftigungs- und Arbeitsverhältnis. Im Gesetzestext sei nur von einem Versicherungspflichtverhältnis die Rede. Ein solches bestehe, wenn die vollen Sozialversicherungsbeiträge abgeführt würden. Dies sei nachweislich bis zum 31.03.2007 der Fall gewesen. Die Nebentätigkeit habe sie schon am 15.02.2006 aufgenommen. Damit habe sie vor Beginn der Arbeitslosigkeit am 01.04.2007 12 Monate Nebeneinkommen gehabt. Die Anrechnung von Nebeneinkommen habe somit nach § 141 Abs. 2 SGB III zu unterbleiben. Sie habe bezüglich der Bekanntgabe ihres Nebeneinkommens auch nicht grob fahrlässig gehandelt. Sie habe die Bescheinigung ihres Arbeitgebers am 05.04.2008 per Post an die Beklagte übersandt. Der späte Termin sei durch das komplizierte Lohn-Abrechnungs-System ihres Arbeitgebers, der zunächst für den Monat Januar 2008 eine falsche Lohnabrechnung gefertigt habe, zustande gekommen. Da der Beklagten sowohl ihre Nebentätigkeit als auch die Dauer ihrer Nebentätigkeit bekannt gewesen sei, sei sie davon ausgegangen, dass die Sache mit dem Versand der Bescheinigung ihren ordnungsgemäßen Verlauf nehme.
Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, der Anspruch auf Alg sei am 01.10.2006 mit der Antragstellung zu diesem Termin nach der Arbeitgeberkündigung entstanden. Die Klägerin habe sich arbeitslos gemeldet, die Anwartschaftszeit erfüllt und sei auf Grund der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auch ab 01.10.2006 arbeitslos gewesen. Sie sei unwiderruflich von der Arbeit freigestellt gewesen. Alg sei auch nach Ablauf eines Ruhenszeitraums wegen Erhalt einer Urlaubsabgeltung ab 21.10.2006 bewilligt und ausgezahlt worden. Durch den arbeitsgerichtlichen Vergleich habe nur das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2007 geendet. Das Beschäftigungsverhältnis habe jedoch bereits zum 01.10.2006 sein Ende gefunden. Letzteres sei maßgebend für den Eintritt der Arbeitslosigkeit. Dass die Klägerin aufgrund des Vergleichs Anspruch auf Arbeitsentgelt bis 31.03.2007 gehabt und der ehemalige Arbeitgeber das ab 21.10.2006 gezahlte Alg an sie - die Beklagte - erstattet habe, ändere nichts daran, dass der Anspruch bereits zum 01.10.2006 entstanden sei. In den letzten 18 Monaten vor Anspruchsentstehung (01.04.2005 bis 30.09.2006) sei die Nebentätigkeit von der Klägerin nicht mindestens 12 Monate ausgeübt worden. Die Voraussetzungen des § 141 Abs. 2 SGB III seien damit nicht erfüllt. Die Anrechnung von Nebeneinkommen sei der Klägerin auch bekannt gewesen. Sie habe die Nebentätigkeit angegeben und habe gewusst, dass dies Auswirkungen auf ihren Alg-Anspruch habe. Auf die Gründe, warum die Höhe des Einkommens erst später bekannt geworden sei, komme es nicht an.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.04.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zurecht gemäß § 141 Abs. 1 SGB III das von der Klägerin in der Zeit vom 01.01.2008 bis 30.06.2008 erzielte Nebeneinkommen auf das Alg angerechnet. Die Voraussetzungen des § 141 Abs. 2 SGB III lägen nicht vor. Nach dieser Vorschrift bleibe das Arbeitsentgelt bis zu einem bestimmten Betrag nur dann anrechnungsfrei, wenn der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine geringfügige Beschäftigung mindestens 12 Monate lang ausgeübt habe. Der Anspruch auf Alg sei am 01.10.2006 und nicht zu einem späteren Zeitpunkt entstanden. Zu diesem Zeitpunkt hätten alle Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg vorgelegen. Die Klägerin sei insbesondere beschäftigungslos gewesen. Ein Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne sei trotz eines rechtlich noch bestehenden Arbeitsverhältnisses und unabhängig von der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers bereits dann nicht mehr gegeben, wenn die Arbeitsleistung tatsächlich nicht mehr erbracht werde, weil der Arbeitgeber auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet habe. Wenn ein Arbeitnehmer nach einer Kündigung des Arbeitgebers praktisch ohne Beschäftigung sei, stehe seiner leistungsrechtlichen "Arbeitslosigkeit" damit weder die Erhebung einer Kündigungsschutzklage noch ein etwaiger Erfolg dieser Klage oder Vereinbarungen im Kündigungsschutzprozess über einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über das tatsächliche Ende der Beschäftigung hinaus oder Zahlungen von Arbeitsentgelt entgegen. Vor Entstehung des Anspruchs am 01.10.2006 sei die Klägerin aber nicht mindestens 12 Monate in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis gestanden, denn dieses habe sie erstmals am 01.02.2006 aufgenommen. Das Gericht bejahe auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 3 Ziffer 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Die Leistung sei nach § 50 SGB X zu erstatten.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 25.05.2009 Berufung eingelegt. Unter Vertiefung und Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens weist sie darauf hin, dass die Ablehnung der Anrechnungsfrist dem Gleichbehandlungsprinzip widerspreche. Sie werde mit der Behauptung der faktischen Beschäftigungslosigkeit für die Überlastung der Arbeitsgerichte bestraft. Wenn das Arbeitsgericht bereits vor dem 30.09.2006 entschieden und sie sich erst zum 01.04.2007 arbeitslos gemeldet hätte, wäre bei der Beklagten die sogenannte "faktische Beschäftigungslosigkeit" nicht aktenkundig geworden. Dann wäre die Zwölfmonatsfrist ohne Zweifel erfüllt gewesen. Im Übrigen gehe es in ihrem Fall nicht um die Gewährung von Alg, sondern um die Honorierung der Bereitschaft, ihr Einkommen mit einer Teilzeitbeschäftigung, die zeitlich befristet sogar zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung geführt habe und bis zum heutigen Tag als Nebenbeschäftigung weiterbestehe, aufzubessern.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. April 2009 und die Bescheide der Beklagten vom 17. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. August 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe bezugnehmend auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 03.06.2004 - B 11 AL 70/03 - aufgezeigt, dass die Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit ab 01.10.2006 erfüllt gewesen seien. Am 01.10.2006 habe die Klägerin die Nebentätigkeit noch nicht lange genug ausgeübt, um von einer Anrechnung gemäß § 141 Abs. 2 SGB III abzusehen. Eine Ungleichbehandlung mit anderen Beitragszahlern sei nicht gegeben. Die Klägerin verkenne, dass sie - die Beklagte - der Klägerin auf deren Antrag in der Zeit bis zur Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren Alg gewährt und damit den Lebensunterhalt sichergestellt habe. Dass ihre Beschäftigungslosigkeit damit "aktenkundig" geworden und letztendlich nun von einer Anspruchsentstehung am 01.10.2006 und nicht am 01.04.2007 auszugehen sei, entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Hierfür die Arbeitsgerichtsbarkeit verantwortlich zu machen, sei nicht gerechtfertigt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Streitgegenstand sind neben dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.08.2008 auch die gemäß § 86 SGG bereits zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen Änderungsbescheide vom 17.07.2008, mit denen die Beklagte die ursprünglichen Alg-Bewilligungsbescheide abgeändert und die Höhe des der Klägerin zustehenden Alg ab 01.01.2008 unter Berücksichtigung des Nebeneinkommens neu berechnet hat.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zurecht die Bewilligung von Alg teilweise aufgehoben, neu berechnet und überzahlte Leistungen in einem Umfang von 878,70 EUR zurückgefordert.
Rechtsgrundlage der angefochtenen Behördenentscheidung ist § 45 SGB X. Nach dieser Vorschrift darf ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, auch nach Unanfechtbarkeit, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X schließt die Rücknahme aus, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Letzteres ist nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X in der Regel der Fall, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X allerdings dann nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Dasselbe gilt auch für den Fall, dass der Begünstigte Angaben vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Liegen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vor, ist der Verwaltungsakt abweichend von den allgemeinen Regelungen zwingend mit Wirkung auch für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 330 Abs. 2 SGB III). Bei der Rücknahme sind die Fristen des § 45 Abs. 3 und Abs. 4 SGB X zu beachten.
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Beklagte zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die zugunsten der Klägerin erfolgte Bewilligung von Alg in dem von ihr geltend gemachten Umfang von Beginn an rechtswidrig war. Das hier streitige Alg hätte unter Anrechnung des von der Klägerin erzielten Nebeneinkommens nach Abzug eines monatlichen Freibetrags von 165,00 EUR und mithin unter Berücksichtigung von Anrechnungsbeträgen in Höhe von 139,96 EUR für die Monate Januar bis März und Mai bis Juni 2008 und in Höhe von 178,08 EUR für den Monat April 2008 gezahlt werden müssen.
Wie das SG im Gerichtsbescheid vom 28.04.2009 insoweit ausführlich und zutreffend dargelegt hat, weshalb der Senat hierauf gem. § 153 Abs. 2 SGG verweist, bleibt das von der Klägerin erzielte Nebeneinkommen hier nicht gemäß § 141 Abs. 2 SGB III anrechnungsfrei. § 141 Abs. 2 SGB III in der vom 01.01.2005 bis 31.12.2008 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I Seite 2848) bestimmt, dass, wenn der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine geringfügige Beschäftigung mindestens 12 Monate lang ausgeübt hat, das Arbeitsentgelt bis zu dem Betrag anrechnungsfrei bleibt, der in den letzten 12 Monaten vor der Entstehung des Anspruch aus einer geringfügigen Beschäftigung durchschnittlich auf den Monat entfällt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrags, der sich nach Abs. 1 ergeben würde. Die Entstehung des Anspruchs auf Alg bestimmt sich nach § 117 ff. SGB III. Gemäß § 119 SGB III ist arbeitslos, wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Ein Beschäftigungsverhältnis liegt dann nicht mehr vor, wenn das Beschäftigungsverhältnis sein tatsächliches Ende gefunden hat, eine neue Beschäftigung noch nicht wieder aufgenommen worden ist und der Arbeitgeber keine Verfügungsgewalt über den Arbeitnehmer mehr geltend macht. Dies ist stets gegeben, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und weitere Dienste nicht annimmt, auch wenn das Arbeitsverhältnis rechtlich weiterbesteht (Brand in: Niesel, SGB III, § 119 Rz. 16).
Unter Berücksichtigung dieser Vorschriften endete das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin zum 30.09.2006. Zumindest ab dem 01.10.2006 hat sie nicht mehr gearbeitet. Eine neue Beschäftigung hatte sie zu diesem Zeitpunkt nicht wieder aufgenommen. Der Anspruch ist am 01.10.2006 entstanden. Auf Grund dessen hat sich die Klägerin auch am 14.08.2006 zum 01.10.2006 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt. Letzteres bezog sie nach Ablauf eines Ruhenszeitraums ab 21.10.2006.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil das Arbeitsverhältnis aufgrund des arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 19.12.2006 bis 31.03.2007 verlängert worden ist. Dies ändert nichts daran, dass das Beschäftigungsverhältnis zum 01.10.2006 beendet war und die Klägerin nicht mehr gearbeitet hat. Es ist insoweit zwischen dem Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn und dem Arbeitsverhältnis zu unterscheiden. Abzustellen ist im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit gemäß § 119 SGB III nicht auf den Arbeitsvertrag, sondern auf das Beschäftigungsverhältnis und die Beschäftigungslosigkeit. Das rechtliche Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses ist - wie ausgeführt - ohne Relevanz.
Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht darauf stützen, dass die Klägerin aufgrund des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses bis 31.03.2007 Arbeitsentgelt bezogen hat und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind. Dies hat nur zur Folge, dass der Anspruch auf Alg nach § 143 SGB III geruht hat. In seinem Bestand bleibt der am 01.10.2006 entstandene Anspruch auf Alg aber unberührt (Due in: Niesel a.a.O. § 143 Rz. 3).
Maßgeblich für die Berechnung der Dauer der Nebenbeschäftigung ist somit der 01.10.2006. Zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin die Nebenbeschäftigung erst acht Monate, nämlich ab Februar 2006, ausgeübt. Sie hat damit in den letzten 18 Monaten vor Entstehung des Anspruchs auf Alg keine geringfügige Beschäftigung über eine Dauer von mindestens 12 Monaten ausgeübt.
Die Berechnung des Freibetrags hat somit nach § 141 Abs. 1 SGB III a.F. zu erfolgen. Das von St. angegebene Nebeneinkommen ist nach Abzug des sich aus dieser Norm ergebenden Freibetrags in Höhe von 165 EUR bei der Berechnung des Alg zu berücksichtigen. Der ohne Berücksichtigung des Nebeneinkommens ergangene Bewilligungsbescheid vom 05.12.2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 10.03.2008 war insoweit rechtswidrig.
Die Rücknahmeentscheidung ist gemäß §§ 45 Abs. 3 und 4 SGB X auch fristgerecht erfolgt. Die Jahresfrist läuft nicht bereits ab dem Tag, an dem der rechtswidrige Bescheid erlassen worden ist, hier also im Dezember 2007, sondern sie beginnt erst zu laufen, wenn die Beklagte Kenntnis davon erlangt, dass die Klägerin unrichtige Angaben gemacht hat. Letztendlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, denn auch wenn man auf den Erlass des Bescheids abstellen würde, wäre mit den Bescheiden vom 17.07.2008 die Jahresfrist gewahrt.
Der Teilrücknahme der Bewilligung von Alg steht auch kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in den Bestand des Bewilligungs- bzw. Änderungsbescheids vom 05.12.2007 bzw. 10.03.2008 entgegen. Die Klägerin vermag sich auf den von ihr geltend gemachten Vertrauensschutz nicht zu berufen. Denn sie hat Angaben zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).
Grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X setzt nach der in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X enthaltenen Legaldefinition voraus, dass der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Das ist dann der Fall, wenn die in der fraglichen Personengruppe herrschende Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden ist, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt worden sind und daher nicht beachtet worden ist, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff). In subjektiver Hinsicht ist ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden nötig. Der Versicherte muss unter Berücksichtigung seiner individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit seine Sorgfaltspflichten in außergewöhnlich hohem Maße verletzt haben.
In Anbetracht dessen hat die Klägerin die Angaben zu ihrem Nebeneinkommen bei der Antragstellung am 05.12.2007 grob fahrlässig unvollständig gemacht. Die Klägerin hat bereits bei Antragstellung gewusst, dass sie weiterhin bei St. arbeiten wird. Es war ihr nur die genaue Stundenzahl nicht bekannt. Dennoch hat sie bei Antragstellung ihre Angaben, wonach sie ab Januar 2008 weiterhin als Betreuerin tätig sei, dahingehend berichtigt, dass sie noch mitteilen werde, falls sie ab 01.01.2008 Nebeneinkommen habe. Spätestens mit Überweisung des ersten Gehalts für den Monat Januar 2008 Ende Februar 2008 war ihr auch die Höhe des Nebeneinkommens, das sie der Beklagten hätte mitteilen können, bekannt. Auf die endgültige Abrechnung kam es insoweit nicht an. Die Notwendigkeit der Angabe des Nebeneinkommens war der Klägerin im Übrigen nicht nur aufgrund der Antragstellung im Dezember 2007, sondern auch aufgrund der vorangegangenen Antragstellung bekannt. Sie ergab sich darüber hinaus auch aus dem ihr ausgehändigten Merkblatt. Dass die Klägerin der Beklagten das Nebeneinkommen am 05.04.2008 mitgeteilt hat, ist nicht nachgewiesen. Belegen hierfür finden sich nicht in den Akten und wurden auch von der Klägerin, die hierfür die Beweislast trägt, nicht vorgelegt.
Nachdem hier somit die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Nr. 2 SGB X zu bejahen sind, kommt es darauf, ob die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder grob fahrlässig nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), nicht mehr an.
Das gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstattende Alg hat die Beklagte in zutreffender Höhe festgesetzt. Die Pflicht zur Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung folgt aus § 335 Abs. 1 und 5 SGB III. Auf Verbrauch der Leistung oder Fähigkeit zur Erstattung kommt es vorliegend nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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