Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 24 U 653/90
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 123/03 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 245/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Feststellung weiterer Unfallfolgen und Bemessung der MdE nach unfallbedingter Knieverletzung nach herkömmlichen Methoden und/oder unter Einsatz von Isokinetik und apparativer Ganganalyse
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 4. April 1995 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten; im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 29.05.1973.
Der 1944 geborene Kläger erlitt am 31.08.1972 und 29.05.1973 durch nahezu identische Ereignisse eine Knieverletzung rechts, als er bei einer versicherten Tätigkeit ausrutschte ohne zu stürzen. Erstmalig gemeldet wurden die Ereignisse von ihm am 23.02.1976.
Im Klageverfahren gegen den die Anerkennung beider Arbeitsunfälle ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 20.04.1982 vor dem Sozialgericht München (SG) (Az.: S 22 U 322/82 = Unfall vom 31.08.1972 und 445/84 = Unfall vom 29.05.1973) holte dieses ein Gutachten des behandelnden Orthopäden Dr.J. vom 21.10.1982 mit ergänzender Stellungnahme vom 30.04.1984 ein. Der Sachverständige führte aus, beim Kläger handele es sich um eine Chondropathia patellae rechts mit Bewegungsschmerz und teilweisem Ruheschmerz, die zu einer Einschränkung der Gehfähigkeit, insbesondere beim Begehen von Treppen und Steigungen geführt habe. Ursache seien die beiden Traumen, denn durch die Unfallereignisse seien heftige Läsionen und Scherkräfte im patellofemoralen Gelenk durch reflektorische Muskelanspannung beim Auffangen eines drohenden Sturzes hervorgerufen worden. Gestützt hierauf verurteilte das SG die Beklagte mit Urteil vom 26.07.1984 zur Anerkennung und Entschädigung einer Chondropathia patellae rechts als Folge des Unfalls vom 31.08.1972. Eine rentenberechtigende MdE habe nur bis Ende April 1973 vorgelegen, danach nicht mehr. Mit weiterem Urteil vom 26.07.1984 verurteilte das SG die Beklagte, eine Chondropathia patellae rechts als Folge des Unfalls vom 29.05.1973 anzuerkennen und dem Grunde nach zu entschädigen.
Die Berufungen der Beklagten zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) (Az.: L 3 U 355/84 und L 3 U 254/84) wurden nach Einholung von Gutachten des Dr. N. vom 27.01.1986 und des Dr. J. vom 27.05.1986 sowie gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom Arzt für Arbeitsmedizin Prof. Dr. D. vom 07.01.1988 mit Urteil vom 09.08.1988 zurückgewiesen.
In Ausführung des Urteils vom 26.07.1984 zum Unfall vom 29.05.1973 holte die Beklagte zur Feststellung der MdE ein Gutachten des Prof. Dr. P./ Dr. H. vom 28.07.1989 ein, die die MdE auf 20 v.H. ab 21.07.1974 schätzten. Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 27.06.1990 als Folgen des Arbeitsunfalls vom 29.05.1973 an:
"Muskelminderung am rechten Bein, Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks, röntgenologisch sichtbare Aufbrauchs- und Verschleißerkrankung im Sinne einer Knorpelerweichung und Rückbildung im Bereich der rechten Kniescheibenrückseite, Kniegelenksinstabilität rechts, geringe Bewegungseinschränkung des rechten Sprunggelenks nach schwerer Zerrung des rechten Kniegelenks mit Knorpelverletzung."
Sie gewährte Teilrente nach einer MdE von 50 v.H. für die Zeit vom 30.05.1973 bis 30.05.1974 und nach einer MdE um 30 v.H. für die Zeit bis 31.07.1976. Ab 01.08.1976 gewährte sei Dauerrente nach einer MdE um 20 v.H. Mit weiterem Bescheid vom 27.06.1990 gewährte sie in Ausführung des Urteils vom 27.06.1984 wegen der Folgen des Unfalls vom 31.08.1972 Rente für die Zeit bis 28.02.1973.
Gegen beide Bescheide erhob der Kläger Klage zum SG. Bezüglich des Unfalltages vom 31.08.1972 nahm der Kläger im Verfahren S 24 U 489/90 die Klage zurück.
Im Verfahren S 24 U 653/90 beantragte der Kläger, den Bescheid vom 27.06.1990 insoweit abzuändern, als ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 29.05.1973 Rente nach einer MdE um 30 v.H. (wohl über den 31.07.1976) zu gewähren sei. Mit Urteil vom 04.04.1995 wies das SG nach Einholung eines Gutachtens des Dr. K. vom 11.11.1994 die Klage ab. Der Kläger erreiche weder vom Bewegungsumfang, von der Bandstabilität, vom geringen Ausmaß der Arthrosekrankheit, von der geringen Beinmuskelverschmächtigung rechts, noch der Kombination dieser Aspekte her einen Schadensumfang, der mit einer MdE von 30 v.H. geschätzt werden könne. Der Einsatz von Stockstützen, wie vom Kläger angegeben, erfolge vorsorglich und aus psychologischen, nicht aus biomechanisch erforderlichen Gründen.
Im anschließenden Berufungsverfahren vor dem BayLSG (L 3 U 189/95) mit dem Antrag, ihm ab 01.01.1978 Rente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren, legte der Kläger ein Gutachten des Dr.J. vom 02.09.1996 sowie dessen ergänzende Stellungnahmen vom 30.09.1998 und 12.12.2000 vor. Dr.J. schätzte wegen der Bereiche Knie und Schulter, die in einer funktionellen Wechselbeziehung stünden, die MdE auf 30 v.H. Der Senat holte ein Gutachten des Orthopäden Dr. F. vom 19.01.1998 ein. Dieser führte aus, die Voraussetzungen zur Anerkennung sekundärer Veränderungen an den Schultergelenken lägen nicht vor. Eine Erhöhung der MdE für Verletzungsfolgen des Kniegelenks komme nicht in Betracht; der Kläger könne das rechte Kniegelenk bis 120 Grad beugen und bis 0 Grad strecken, so dass von der Funktion her höchstens eine MdE von 10 v.H. anzusetzen sei. Die geringfügige Instabilität des rechten Kniegelenks könne er muskulär ausgleichen. Eine Bewegungseinschränkung im rechten Sprunggelenk sei nicht mehr vorhanden. Im gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten des Prof. Dr. D. vom 30.06.2000 legte dieser seiner MdE-Bewertung das Beurteilungsblatt für den Knie-Leistungsindex der Mayo-Klinik zugrunde. In die Beurteilung wurden MRT´s (Magnetresonanztomographien) und experimentelle biomechanische Versuchsdaten mit einbezogen. Prof. Dr. D. führte aus, setze man als maximalen MdE-Wert für die schlechteste Kniefunktionalität bei erhaltenem Unterschenkel einen Wert von 50 v.H. an, so erhalte man für den Kniegelenksschaden des Klägers einen MdE-Wert von 30 v.H. Hierzu stellte der Kläger vor dem LSG den Beweisantrag, ein Ergänzungsgutachten zu der Frage einzuholen, ob die im Gutachten des Prof. Dr. D. zur exakteren MdE-Bestimmung herangezogenen Verfahren in seinem Falle zugrunde zu legen seien. Die von diesem Sachverständigen verwendeten Methoden gehörten längst zum Standard der medizinischen Wissenschaft und hätten teilweise schon Eingang in den klinischen Alltag gefunden. Es handele sich dabei unter Umständen um allgemeine Erfahrungssätze, die bei der Beurteilung der MdE zu berücksichtigen seien. Das LSG kam diesem Beweisantrag nicht nach. In einer von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.07.2000 schätzte Dr. H. die MdE auf 20 v.H ...
Mit Urteil vom 04.10.2001 wies das LSG die Berufung zurück.
Mit seiner vom Bundessozialgericht (BSG) wegen Verfahrensmangels zugelassenen Revision rügte der Kläger die Verletzung formellen Rechts. Das LSG habe die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 103 SGG) verletzt. Es sei seiner Pflicht, auf die Stellung zweckdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 106 SGG), nicht nachgekommen. Es habe die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten (§ 128 SGG).
Das BSG hielt die Revision insoweit für begründet, als es das angefochtene Urteil aufhob und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung mit Urteil vom 18.03.2003 an das LSG zurückverwies. Es führte aus, das LSG habe nach § 103 SGG von allen geeigneten Ermittlungsmöglichkeiten erschöpfend Gebrauch zu machen. Dazu gehöre die Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Frage, ob die vom Sachverständigen Prof. Dr. D. herangezogenen Verfahren zur Bestimmung der MdE zugrunde zu legen seien, etwa weil es sich um inzwischen anerkannte allgemeine Erfahrungssätze handle. Die insoweit vom LSG zur Ablehnung des Beweisantrags gegebene Begründung, es gehe in der Sache nicht um eine medizinische Frage, sondern um eine rechtliche Frage, deren Beantwortung nicht Gegenstand eines Ergänzungsgutachtens sein könne, sei nicht hinreichend. Auf dem vorliegenden Verfahrensmangel könne das angefochtene Urteil auch beruhen.
Der Senat holte - auf Vorschlag des Klägers - ein Gutachten des Dr. S., Oberarzt der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik D., vom 07.01.2004 mit radiologischem Zusatzgutachten des Dr. S. vom 07.10.2003 sowie gemäß § 109 SGG des Orthopäden Dr.J. vom 31.07.2007 ein. Dr. S. wertete ein von ihm in Auftrag gegebenes MRT und Daten der von ihm durchgeführten Isokinetik sowie Ganganalyse aus. Er kam zum Ergebnis, die Unfallfolgen seien ab 01.01.1978 durchgehend nach einer MdE um 20 v.H., nach herkömmlicher Methode mit 10 v.H. zu bewerten. Isokinetik und Ganganalyse seien keine nach dem Stand der Wissenschaft übliche bzw. geeignete Untersuchungsmethoden, um die Höhe der MdE bei einer Knieverletzung wie beim Kläger festzustellen.
Dr.J. zeigte sich mit Art und Umfang der isokinetischen und ganganalytischen Untersuchung durch Dr. S. einverstanden. Er meinte jedoch, die bereits anerkannte MdE um 20 v.H. müsse den Erkenntnissen aus Isokinetik und Ganganalyse entsprechend um 10 v.H. auf insgesamt 30 v.H. angehoben werden. Die Beklagte legte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. H. vom 16.10.2007 vor. Die von Dr.J. angewandten Untersuchungsmethoden entsprächen nicht dem aktuellen Stand der medizinisch-wissenschaft-lichen Begutachtung. Ebenso seien die von Prof. Dr. D. genannten Untersuchungsverfahren für eine Begutachtung nicht Allgemeingut. Sie mögen wissenschaftlich von Bedeutung sein, aber nicht für die Bestimmung der MdE. Die MdE sei mit 20 v.H. mehr als befundangemessen.
Der Kläger legte eine von ihm in Auftrag gegebene Stellungnahme des Prof. Dr. K. vom 09.08.2008 vor. Prof.Dr. K. stimmte der MdE-Einschätzung des Dr.J. zu. Bis 01.01.1978 habe die MdE 20 v.H. betragen, weil nach einer Reha-Maßnahme vorübergehend eine Besserung eingetreten war. Ab 01.01.1978 sei eine MdE von 30 v.H. befundangemessen. Dies habe Dr.J. schlüssig begründet. Am Gutachten des Dr. S. sei zu kritisieren, dass dieser von einer MdE um 10 v.H. "unter üblichen Messkriterien" ausgehe, aber nicht erläutere, was darunter zu verstehen sei. Keiner der Vorgutachter habe lediglich eine MdE um 10 v.H. angenommen. Die konventionell geschätzte MdE müsse demnach von 20 v.H. auf 30 v.H. angehoben werden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 04.04.1995 sowie Abänderung des Bescheids vom 27.06.1990 zu verurteilen, objektiv festgestellte Funktionsstörungen am rechten Knie durch MRT gesicherte Minderung des Muskelquerschnitts, insbesondere der Streckmuskulatur des rechten Oberschenkels um insgesamt fast ein Viertel, durch isokinetische Muskelfunktionstests ermittelte Minderung des Streckdrehmoments um zwei Drittel und Minderung des spezifischen Muskelarbeitsvermögens um rund vier Fünftel (jeweils im Vergleich zwischen verletzter rechter gegenüber unverletzter linker Seite), durch apparative Ganganalyse bestätigte Gangunsicherheit sowie "Giving-way-Phänomenen" rechts als weitere Unfallfolgen festzustellen und ihm ab 01.01.1978 Rente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren;
hilfsweise den Sachverständigen Dr. S. zur mündlichen Verhandlung zu laden oder ihn schriftlich zu befragen zu den von ihm im Schriftsatz vom 13.12.2005 gestellten Fragen 1 bis 6 und hierzu die mündliche Verhandlung zu vertagen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom
04.04.1995 zurückzuweisen.
Im Schreiben vom 13.12.2005 bat der Kläger zu klären, ob mit dem Begriff Demotivation Aggravation gemeint sei, worauf Dr. S. seine Einschätzung der Demotivation stütze, und ob und auf welche Art diese in die MdE-Bewertung miteinbezogen worden sei.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, des SG Münchens zu den Aktenzeichen S 22 U 322/82, S 22 U 445/84, des Bayerischen Landessozialgericht zu den Aktenzeichen L 3 U 354/84 und L 3 U 355/84 sowie auf die Gerichtsakten des laufenden Verfahrens einschließlich des BSG (B 2 U 31/02 R) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen noch auf Gewährung von Verletztenrente nach einer höheren MdE als um 20 v.H. ab 01.01.1978 wegen Folgen seines Arbeitsunfalls vom 29.05.1973 zu.
Rechtsgrundlage für den Rentenanspruch sind die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 und damit vor Inkrafttreten des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs eingetreten und über Leistungen vor dem 01.01.1997 zu entscheiden ist. Das Klagebegehren stützt sich auf § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO. Für die Rentenhöhe ist maßgeblich, in welchem Ausmaß die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch Unfallfolgen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens eingeschränkt wird.
Für den Senat steht fest, dass andere als die von der Beklagten im Bescheid vom 27.06.1990 anerkannten Gesundheitsstörungen, nämlich im Wesentlichen Verletzungsfolgen des Kniegelenks, nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen sind. Jedenfalls ist eine wie auch immer zu bezeichnende Schulterverletzung nicht durch den Unfall verursacht, auch nicht mittelbar durch Gehen mit Stockstützen.
Dies entnimmt der Senat dem - vom SG eingeholten - Gutachten des Dr. K. vom 11.11.1994, dem Gutachten des Dr. F. vom 19.01.1998 sowie des Dr. S. vom 07.01.2004. Übereinstimmend führen die Sachverständigen aus, dass der Kniebefund die Benutzung von Gehstützen weder in der Vergangenheit noch aktuell rechtfertigt(e). Dies gilt umso mehr, als Dr. S. bei der Untersuchung des Klägers im Jahre 2004, also mehr als 30 Jahre nach dem Unfall, normschrittiges, seitengleiches Gehen ohne Hilfe von Gehstützen beobachten konnte. Er hielt die Benutzung von Gehstützen nicht für nachvollziehbar und das vom Kläger gezeigte Gehen auch teilweise für widersinnig, weil sich der gezeigte Einsatz der Hilfsmittel nicht entlastend, sondern teilweise eher belastend auswirke. Ähnlich äußerten sich Dr. K. und Dr. F ...
Dr.J. nennt in seinem Gutachten vom 31.07.2007 lediglich eine Chondropathia patellae rechts als Unfallfolge mit funktioneller Beeinträchtigung von Kraft, Kraftausdauer, Kombination - und Gangstörungen, nicht aber eine Störung im Bereich der Schultern. Auch Prof. Dr. K. beschreibt in der vom Kläger vorgelegten, nach Aktenlage verfassten Stellungnahme vom 09.08.2008 keine Schulterbeschwerden.
Auch bezüglich seiner unfallbedingten Knieverletzung besteht kein Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen. Die Unfallfolgen sind im angefochtenen Bescheid vom 27.06.1990 vollständig und hinreichend exakt erfasst. Gesundheitsstörungen sind nur so genau zu bezeichnen, als es notwendig ist, um daraus resultierende Leistungen, wie Rente und Heilbehandlung, ableiten zu können. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Befunde, die der Anerkennung zu Grunde liegen, seien sie klinisch, apparativ oder labortechnisch erhoben worden, im Bescheidtext wiederzugeben. Insoweit vermag der Senat keinen Anspruch des Klägers zu erkennen, auf Feststellung der - von Dr.S. - auf Grund der isokinetischen und ganganalytischen Testreihen diagnostizierten Abweichungen zwischen verletztem rechten und unverletztem linken Bein. Dabei soll keinesfalls in Abrede gestellt werden, dass vermindertes Muskelarbeitsvermögen, Minderung des Muskelquerschnitts, insbesondere der Streckmuskulatur des rechten Oberschenkels und Giving-way-Syndrom vorliegen. Die Auswirkungen dieser Defizite sind auf Grund der im angefochtenen Bescheid festgehaltenen Gesundheitsstörungen hinreichend genau erfasst. Ausdrücklich werden eine Muskelminderung am rechten Bein, Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks und Kniegelenksinstabilität rechts nach schwerer Zerrung des rechten Kniegelenks mit Knorpelverletzung festgehalten. Damit ist der Unfallfolgezustand hinreichend und vollständig erfasst. Ein Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen besteht nicht.
Ebenso wenig hat der Kläger Anspruch auf eine höhere Rente als nach einer MdE um 20 v.H. Für die MdE- Bewertung ist allein der Knieschaden rechts von Bedeutung. Insoweit hat der Senat aus rechtlichen Gründen von den im Bescheid vom 27.06.1990 bezeichneten Störungen im Bereich des rechten Knies auszugehen. Auf die von Dr. S. geäußerten Zweifel an der Richtigkeit dieser Anerkennung von Unfallfolgen kommt es nicht an. Selbst wenn der über 30 Jahre hinweg beobachtete und teilweise auch dokumentierte Verlauf der Erkrankung Anlass gibt, die Richtigkeit der Anerkennung anzuzweifeln, ist von der bindenden Anerkennung im Bescheid vom 27.06.1990 auszugehen. Darüber hinausgehende Unfallfolgen nennt auch Dr.J. in seinem ausführlichen Gutachten vom 31.07.2007 nicht.
Die anerkannten Unfallfolgen haben zu keiner höheren Erwerbsminderung als um 20 v.H. geführt und zwar während der gesamten hier streitigen Zeit ab 01.01.1978. Insoweit macht sich der Senat die Ausführungen des Dr. S. im Gutachten vom 07.01.2004 zu eigen. Das Gutachten stützt sich auf die Auswertung des Akteninhalts einschließlich aller ab dem Unfalltag erhobener Befunde, ein Magnetresonanztomogramm (MTR) vom 27.08.2003 und ein Computertomogramm (CT) vom selben Tag, beide erstellt in der Gemeinschaftspraxis Dr. D. u.a. in D., eine isokinetische Testung und eine apparative Ganganalyse. Wenn auch die beiden letztgenannten Untersuchungsmethoden nach Meinung des Sachverständigen Dr. S. nicht allgemein anerkannten medizinischen Verfahrenssätzen zur Bestimmung der MdE von Unfallfolgen entsprechen, liefern diese Methoden gegenüber herkömmlichen Verfahren zusätzliche Erkenntnisse für die Leistung von Muskeln. Dies gilt auch für das MRT. Hingegen ist ein CT, wie Dr. S. im radiologischen Zusatzgutachten vom 07.10.2003 darlegt, nicht geeignet, das Ausmaß einer Chondropathia patellae, wenn sie noch nicht den schwersten Grad (Grad IV) erreicht hat, festzustellen. Hierzu ist allerdings das MRT bestens geeignet.
Da sämtliche Untersuchungsmethoden von Dr. S. angewandt, aber die MdE dennoch höchstens mit 20 v.H. eingeschätzt wurde, braucht der Senat nicht weiter der vom BSG für klärungsbedürftig gehaltenen Frage nachzugehen, ob im Falle des Klägers diese zusätzlichen Methoden anzuwenden sind und ob diese dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob sich bei der Ganganalyse der anlagebedingte Beinlängenunterschied von 1,5 cm ausgewirkt hat, wie von Dr. S. diskutiert. Denn in jedem Fall zeigte sich eine seitengleiche Schrittlänge, ohne Unterschied zwischen rechten und linken Bein. Es ließ sich lediglich eine andere Schwerpunktverlagerung verifizieren. Dies deutet auf eine Muskeldysbalance, die mit herkömmlichen Messmethoden nur indirekt, nämlich durch Rückschlüsse aus Messergebnissen, und damit unzureichend festgestellt werden könnte. Mit der eindeutig festgestellten Muskeldysbalance lässt sich das vom Kläger immer wieder geschilderte Giving-way-Syndrom, ein Wegsacken des Knies, erklären. Dieses Phänomen ist darauf zurück zu führen, dass infolge eines plötzlich einschießenden Schmerzes sich der Oberschenkelstreckmuskel reflektorisch entspannt und das Knie wegsacken lässt.
Hingegen ist es für die Höhe der Rente von untergeordnetem Interesse, ob beim Kläger zunächst eine Reflexalgodystrophie und nicht ein Knorpeldefekt, wie von der Beklagten festgestellt, unfallbedingt aufgetreten war. Denn beim Kläger besteht heute eine kompensierte Arthrose, d. h. ohne Kapselschwellung, Überwärmung oder Gelenksergussbildung. In jedem Fall, gleich ob Knorpeldefekt oder Reflexalgodystrophie, ist die Funktionsbeeinträchtigung die gleiche, nämlich die Bewegungseinschränkung und Instabilität des rechten Knies und die Umfangsminderung im Bereich des Oberschenkels, so dass von einer Minderbelastungsfähigkeit des vom Unfall betroffenen rechten Knies auszugehen ist. Dieser Zustand rechtfertigt, wie Dr. S. ausführt, eine MdE um 20 v.H. Eine höhere Einschätzung ist zu keinem Zeitpunkt ab dem 1.1.1978 zu rechtfertigen.
Im Übrigen hat der Senat keine Zweifel, was unter "herkömmlichen Methoden", wie Dr. S. ausführt, zu verstehen ist. Aus dem Gesamtzusammenhang seines Gutachtens wird klar, dass er damit die Methoden zur Einschätzung der MdE ohne isokinetische Testung und apparative Ganganalyse meint.
Demgegenüber vermag der Senat dem Gutachten des Dr.J. vom 31.07.2007 keine überzeugenden Argumente für eine höhere MdE zu entnehmen. Dieser Sachverständige übernimmt die von Dr. S. auf Grund dessen Untersuchungsmethoden, vor allem der Ganganalyse und isokinetischen Muskelfunktionstestung, erhobenen Funktionstörungen und misst diesen Ergebnissen eine Einzel-MdE um 10 v.H. bei. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, dass Dr.J. für Muskeldysbalance, fehlende Kraft, fehlende Kraftausdauer, fehlende Koordination, Gangstörung und Belastungsschwankungen jeweils des rechten Beins einen Aufschlag auf die bereits anerkannte MdE von 20 v.H. geben will und damit insgesamt eine MdE um 30 v.H. annimmt. Zum einen kommt es für die MdE-Bewertung auf die gesamte Funktion einer Gliedmaße, hier des rechten Beins, und die damit verbundene Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit auf dem gesamten Arbeitsmarkt an. Diese Funktionseinbuße schätzt Dr. S. insgesamt auf 20 v.H ... Zum anderen ist nicht klar, welche Funktionseinbuße Dr.J. den bescheidmäßig anerkannten Unfallfolgen beimisst. Insoweit ist von Bedeutung, dass eine Muskelminderung am rechten Bein, eine Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks und eine Knieinstabilität rechts bereits anerkannt ist. Die von Dr. S. und Dr.J. erkannten Funktionsstörungen mögen zwar differenzierter bezeichnet sein, unterscheiden sich aber in ihrer Auswirkung auf das Geh- und Stehvermögen kaum. Jedenfalls ist die Abweichung nicht derart gravierend, dass die MdE mit 30 v.H. zu bewerten wäre. Im Übrigen weist die Beklagte zu Recht unter Bezug auf die Stellungnahme von Prof. Dr. H. vom 16.10.2007 darauf hin, dass die von Dr.J. zuletzt angegebenen Messwerte der Kniefunktion rechts in krassem Widerspruch zu allen von den Vorgutachtern gemessenen Werten stehen. Während z. B. Prof. Dr. D. am 24.03.2000 die Beweglichkeit des rechten Knies nach der so genannten Neutral-Null-Methode mit 0 - 0 -120 Grad rechts und 10 - 0 -140 Grad links gemessen hat, gibt Dr.J. im Messbogen auf Grund der Untersuchung am 09.12.2004 rechts 0 - 0 - 25 Grad und links 10 - 0 - 40 Grad an. Auf Grund welcher Vorgänge es zu einer derart dramatischen beidseitigen Verschlechterung gekommen sein soll, erklärt er nicht, er spricht dieses Problem nicht einmal an. Er behauptet sogar, keiner der Vorgutachter habe - auch nach herkömmlichen Messverfahren, d.h. ohne isokinetische Testung und Ganganalyse - eine MdE um 10 v.H. für angemessen gehalten, wie Dr. S ... Deshalb müsse die festgestellte MdE von 20 v.H. unter Berücksichtigung der Ergebnisse von Isokinetik und Ganganalyse um 10 v.H. angehoben werden. Dr.J. übersieht, dass bereits Dr. K. und Dr. F. die gesamten Unfallfolgen mit 10 v.H. für befundangemessen gehalten haben. Im Übrigen kommt es auf die Gesamtauswirkung auf das Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an. Eine Addition in ihrer Auswirkung gleicher oder ähnlicher Störungen scheidet aus.
Danach ist ein Anspruch des Klägers auf höhere Rente ab dem 01.01.1978 nicht zu begründen.
Dem Hilfsantrag des Klägers, die mündliche Verhandlung zu vertagen und dem Sachverständigen Dr. S. die in seinem Schreiben vom 13.12.2005 gestellten Fragen zu Ziffer 1 bis 6 zur Beantwortung vorzulegen, war nicht zu entsprechen. Der Kläger möchte vom Gutachter geklärt haben, ob mit dem Begriff Demotivation der fachübliche Begriff Aggravation gemeint sei. Die Frage lässt sich durch einen Blick in Brockhaus "Enzyklopädie 1968" klären. Danach wird unter Aggravation die Übertreibung tatsächlich vorhandener Krankheitssymptome und Beschwerden (im Unterschied zur Simulation) verstanden. Die Aggravation dient in der Regel dem Gewinn von sozialen Vorteilen, zum Beispiel Rente, Schmerzensgeld oder auch von Zuwendung durch Angehörige. Demgegenüber lässt sich der Begriff Demotivation aus dem Begriff Motivation ableiten. Unter Motivation wird die Anregung, der Antrieb zum Handeln, der Beweggrund oder die Veranlassung zum Handeln verstanden. Demotivation bedeutet das Gegenteil davon, also das Ausbleiben oder Verhindern dieser Handlungsanreize.
Der Fragenkatalog des Klägers richtet sich offensichtlich gegen die Beschreibung der Ergebnisse auf Grund der isokinetischen Testung. Hier führt der Sachverständige aus, die Testung der Winkelgeschwindigkeit 60 Grad sei Ausdruck für die Maximalkraft und der Winkelgeschwindigkeit 180 Grad für die Kraftausdauer. Hierbei werde ein Variationskoeffizient miterfasst, der beim Kläger einen Wert von 13,7 % ergeben habe. Dieser liege leicht im pathologischen Bereich. Eine Abweichung von 10 % werde noch als korrekt angenommen. Daraus schließt der Sachverständige, dass von einer nicht 100-prozentigen maximalen Demonstration des Leistungsvermögens ausgegangen werden müsse. Auch bei der Testung der Beuger habe sich ein Variationskoeffizient gezeigt, und zwar von 28,4
%. Daraus schließt Dr. S., bei diesem Wert müsse von einer deutlichen Demotivation ausgegangen werden.
Die Fragen des Klägers lassen sich somit bereits aus dem Gutachten heraus beantworten. Hinsichtlich seiner Frage, ob und auf welche Art die Einbeziehung der Demotivation in die MdE-Bestimmung geschehen sei, führt der Sachverständige aus, die Isokinetik liefere insoweit noch nicht in dem gewünschten anerkannten allgemeinen Rahmen Erkenntnisse. Für die MdE-Einschätzung sei die Umfangsmessung des Oberschenkels mit einem Schneidermaßband so aussagefähig, dass die Funktionseinbuße des Femuropatellargelenks ausreichend bewertet werden könne. Daran ändert sich im Ergebnis nichts, wenn er gleichwohl die isokinetische Testung und den Einsatz einer Magnetresonanztomographie als hilfreich ansieht. Er betont jedoch, dass die Isokinetik zwar nicht bewusst werdende Bewegungseinbrüche erfasse, jedoch auch willentlich beeinflusste Einbrüche. Hinzu komme, dass die Testung im Regelfall im Liegen oder im Sitzen erfolge und daher die Funktionsbeeinträchtigung eines Gelenks unter Laborverhältnissen erfasse. Für die untere Extremität fehle der Isokinetik die Möglichkeit festzustellen, welche Funktionsbeeinträchtigung für den Gang eines Menschen vorliege. Bei Beantwortung der Beweisfrage 5, nach der Höhe der MdE ab 01.01.1978, führt der Sachverständige aus, die MdE betrage nach den üblichen gutachterlichen Messkriterien 10 v.H., ohne isokinetische Messung und Ganganalyse. Als Unfallfolge könne man daraus eine endgradige Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Kniegelenks ableiten. Darüber hinaus habe die Isokinetik auf Grund der demonstrierten Leistungsparameter eine muskuläre Dysbalance und fehlende Kraft und Maximalkraft nachweisen können. Allerdings könne man auf Grund des Variationskoeffizients auf eine Demotivation schließen. Dennoch stellt der Sachverständige auf die Ergebnisse der Ganganalyse und Isokinetik ab und schätzt unter Berücksichtigung der damit aufgezeigten Defizite die MdE mit 20 v.H. ein. Daraus folgt, dass er aus einer möglichen Demotivation keine Folgerungen für die MdE-Bewertung gezogen hat. Die Fragen des Klägers beantworten sich demzufolge aus dem Gutachten heraus von selbst. Eine nochmalige Befragung des Sachverständigen war deshalb nicht erforderlich.
Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass dem Kläger ab dem 01.01.1978 bis heute keine höhere Rente als nach einer MdE um 20 v.H. zusteht. Seine Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 04.04.1995 war zurückzuweisen.
Der Kostenausspruch beruht auf § 193 SGG. Da der Kläger nur mit seiner Revision, die zur Zurückverweisung führte, Erfolg hatte, waren nur die dadurch entstandenen Kosten der Beklagten aufzuerlegen.
Die Revision hat der Senat mangels Gründe im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht zugelassen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten; im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 29.05.1973.
Der 1944 geborene Kläger erlitt am 31.08.1972 und 29.05.1973 durch nahezu identische Ereignisse eine Knieverletzung rechts, als er bei einer versicherten Tätigkeit ausrutschte ohne zu stürzen. Erstmalig gemeldet wurden die Ereignisse von ihm am 23.02.1976.
Im Klageverfahren gegen den die Anerkennung beider Arbeitsunfälle ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 20.04.1982 vor dem Sozialgericht München (SG) (Az.: S 22 U 322/82 = Unfall vom 31.08.1972 und 445/84 = Unfall vom 29.05.1973) holte dieses ein Gutachten des behandelnden Orthopäden Dr.J. vom 21.10.1982 mit ergänzender Stellungnahme vom 30.04.1984 ein. Der Sachverständige führte aus, beim Kläger handele es sich um eine Chondropathia patellae rechts mit Bewegungsschmerz und teilweisem Ruheschmerz, die zu einer Einschränkung der Gehfähigkeit, insbesondere beim Begehen von Treppen und Steigungen geführt habe. Ursache seien die beiden Traumen, denn durch die Unfallereignisse seien heftige Läsionen und Scherkräfte im patellofemoralen Gelenk durch reflektorische Muskelanspannung beim Auffangen eines drohenden Sturzes hervorgerufen worden. Gestützt hierauf verurteilte das SG die Beklagte mit Urteil vom 26.07.1984 zur Anerkennung und Entschädigung einer Chondropathia patellae rechts als Folge des Unfalls vom 31.08.1972. Eine rentenberechtigende MdE habe nur bis Ende April 1973 vorgelegen, danach nicht mehr. Mit weiterem Urteil vom 26.07.1984 verurteilte das SG die Beklagte, eine Chondropathia patellae rechts als Folge des Unfalls vom 29.05.1973 anzuerkennen und dem Grunde nach zu entschädigen.
Die Berufungen der Beklagten zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) (Az.: L 3 U 355/84 und L 3 U 254/84) wurden nach Einholung von Gutachten des Dr. N. vom 27.01.1986 und des Dr. J. vom 27.05.1986 sowie gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom Arzt für Arbeitsmedizin Prof. Dr. D. vom 07.01.1988 mit Urteil vom 09.08.1988 zurückgewiesen.
In Ausführung des Urteils vom 26.07.1984 zum Unfall vom 29.05.1973 holte die Beklagte zur Feststellung der MdE ein Gutachten des Prof. Dr. P./ Dr. H. vom 28.07.1989 ein, die die MdE auf 20 v.H. ab 21.07.1974 schätzten. Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 27.06.1990 als Folgen des Arbeitsunfalls vom 29.05.1973 an:
"Muskelminderung am rechten Bein, Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks, röntgenologisch sichtbare Aufbrauchs- und Verschleißerkrankung im Sinne einer Knorpelerweichung und Rückbildung im Bereich der rechten Kniescheibenrückseite, Kniegelenksinstabilität rechts, geringe Bewegungseinschränkung des rechten Sprunggelenks nach schwerer Zerrung des rechten Kniegelenks mit Knorpelverletzung."
Sie gewährte Teilrente nach einer MdE von 50 v.H. für die Zeit vom 30.05.1973 bis 30.05.1974 und nach einer MdE um 30 v.H. für die Zeit bis 31.07.1976. Ab 01.08.1976 gewährte sei Dauerrente nach einer MdE um 20 v.H. Mit weiterem Bescheid vom 27.06.1990 gewährte sie in Ausführung des Urteils vom 27.06.1984 wegen der Folgen des Unfalls vom 31.08.1972 Rente für die Zeit bis 28.02.1973.
Gegen beide Bescheide erhob der Kläger Klage zum SG. Bezüglich des Unfalltages vom 31.08.1972 nahm der Kläger im Verfahren S 24 U 489/90 die Klage zurück.
Im Verfahren S 24 U 653/90 beantragte der Kläger, den Bescheid vom 27.06.1990 insoweit abzuändern, als ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 29.05.1973 Rente nach einer MdE um 30 v.H. (wohl über den 31.07.1976) zu gewähren sei. Mit Urteil vom 04.04.1995 wies das SG nach Einholung eines Gutachtens des Dr. K. vom 11.11.1994 die Klage ab. Der Kläger erreiche weder vom Bewegungsumfang, von der Bandstabilität, vom geringen Ausmaß der Arthrosekrankheit, von der geringen Beinmuskelverschmächtigung rechts, noch der Kombination dieser Aspekte her einen Schadensumfang, der mit einer MdE von 30 v.H. geschätzt werden könne. Der Einsatz von Stockstützen, wie vom Kläger angegeben, erfolge vorsorglich und aus psychologischen, nicht aus biomechanisch erforderlichen Gründen.
Im anschließenden Berufungsverfahren vor dem BayLSG (L 3 U 189/95) mit dem Antrag, ihm ab 01.01.1978 Rente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren, legte der Kläger ein Gutachten des Dr.J. vom 02.09.1996 sowie dessen ergänzende Stellungnahmen vom 30.09.1998 und 12.12.2000 vor. Dr.J. schätzte wegen der Bereiche Knie und Schulter, die in einer funktionellen Wechselbeziehung stünden, die MdE auf 30 v.H. Der Senat holte ein Gutachten des Orthopäden Dr. F. vom 19.01.1998 ein. Dieser führte aus, die Voraussetzungen zur Anerkennung sekundärer Veränderungen an den Schultergelenken lägen nicht vor. Eine Erhöhung der MdE für Verletzungsfolgen des Kniegelenks komme nicht in Betracht; der Kläger könne das rechte Kniegelenk bis 120 Grad beugen und bis 0 Grad strecken, so dass von der Funktion her höchstens eine MdE von 10 v.H. anzusetzen sei. Die geringfügige Instabilität des rechten Kniegelenks könne er muskulär ausgleichen. Eine Bewegungseinschränkung im rechten Sprunggelenk sei nicht mehr vorhanden. Im gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten des Prof. Dr. D. vom 30.06.2000 legte dieser seiner MdE-Bewertung das Beurteilungsblatt für den Knie-Leistungsindex der Mayo-Klinik zugrunde. In die Beurteilung wurden MRT´s (Magnetresonanztomographien) und experimentelle biomechanische Versuchsdaten mit einbezogen. Prof. Dr. D. führte aus, setze man als maximalen MdE-Wert für die schlechteste Kniefunktionalität bei erhaltenem Unterschenkel einen Wert von 50 v.H. an, so erhalte man für den Kniegelenksschaden des Klägers einen MdE-Wert von 30 v.H. Hierzu stellte der Kläger vor dem LSG den Beweisantrag, ein Ergänzungsgutachten zu der Frage einzuholen, ob die im Gutachten des Prof. Dr. D. zur exakteren MdE-Bestimmung herangezogenen Verfahren in seinem Falle zugrunde zu legen seien. Die von diesem Sachverständigen verwendeten Methoden gehörten längst zum Standard der medizinischen Wissenschaft und hätten teilweise schon Eingang in den klinischen Alltag gefunden. Es handele sich dabei unter Umständen um allgemeine Erfahrungssätze, die bei der Beurteilung der MdE zu berücksichtigen seien. Das LSG kam diesem Beweisantrag nicht nach. In einer von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.07.2000 schätzte Dr. H. die MdE auf 20 v.H ...
Mit Urteil vom 04.10.2001 wies das LSG die Berufung zurück.
Mit seiner vom Bundessozialgericht (BSG) wegen Verfahrensmangels zugelassenen Revision rügte der Kläger die Verletzung formellen Rechts. Das LSG habe die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 103 SGG) verletzt. Es sei seiner Pflicht, auf die Stellung zweckdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 106 SGG), nicht nachgekommen. Es habe die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten (§ 128 SGG).
Das BSG hielt die Revision insoweit für begründet, als es das angefochtene Urteil aufhob und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung mit Urteil vom 18.03.2003 an das LSG zurückverwies. Es führte aus, das LSG habe nach § 103 SGG von allen geeigneten Ermittlungsmöglichkeiten erschöpfend Gebrauch zu machen. Dazu gehöre die Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Frage, ob die vom Sachverständigen Prof. Dr. D. herangezogenen Verfahren zur Bestimmung der MdE zugrunde zu legen seien, etwa weil es sich um inzwischen anerkannte allgemeine Erfahrungssätze handle. Die insoweit vom LSG zur Ablehnung des Beweisantrags gegebene Begründung, es gehe in der Sache nicht um eine medizinische Frage, sondern um eine rechtliche Frage, deren Beantwortung nicht Gegenstand eines Ergänzungsgutachtens sein könne, sei nicht hinreichend. Auf dem vorliegenden Verfahrensmangel könne das angefochtene Urteil auch beruhen.
Der Senat holte - auf Vorschlag des Klägers - ein Gutachten des Dr. S., Oberarzt der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik D., vom 07.01.2004 mit radiologischem Zusatzgutachten des Dr. S. vom 07.10.2003 sowie gemäß § 109 SGG des Orthopäden Dr.J. vom 31.07.2007 ein. Dr. S. wertete ein von ihm in Auftrag gegebenes MRT und Daten der von ihm durchgeführten Isokinetik sowie Ganganalyse aus. Er kam zum Ergebnis, die Unfallfolgen seien ab 01.01.1978 durchgehend nach einer MdE um 20 v.H., nach herkömmlicher Methode mit 10 v.H. zu bewerten. Isokinetik und Ganganalyse seien keine nach dem Stand der Wissenschaft übliche bzw. geeignete Untersuchungsmethoden, um die Höhe der MdE bei einer Knieverletzung wie beim Kläger festzustellen.
Dr.J. zeigte sich mit Art und Umfang der isokinetischen und ganganalytischen Untersuchung durch Dr. S. einverstanden. Er meinte jedoch, die bereits anerkannte MdE um 20 v.H. müsse den Erkenntnissen aus Isokinetik und Ganganalyse entsprechend um 10 v.H. auf insgesamt 30 v.H. angehoben werden. Die Beklagte legte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. H. vom 16.10.2007 vor. Die von Dr.J. angewandten Untersuchungsmethoden entsprächen nicht dem aktuellen Stand der medizinisch-wissenschaft-lichen Begutachtung. Ebenso seien die von Prof. Dr. D. genannten Untersuchungsverfahren für eine Begutachtung nicht Allgemeingut. Sie mögen wissenschaftlich von Bedeutung sein, aber nicht für die Bestimmung der MdE. Die MdE sei mit 20 v.H. mehr als befundangemessen.
Der Kläger legte eine von ihm in Auftrag gegebene Stellungnahme des Prof. Dr. K. vom 09.08.2008 vor. Prof.Dr. K. stimmte der MdE-Einschätzung des Dr.J. zu. Bis 01.01.1978 habe die MdE 20 v.H. betragen, weil nach einer Reha-Maßnahme vorübergehend eine Besserung eingetreten war. Ab 01.01.1978 sei eine MdE von 30 v.H. befundangemessen. Dies habe Dr.J. schlüssig begründet. Am Gutachten des Dr. S. sei zu kritisieren, dass dieser von einer MdE um 10 v.H. "unter üblichen Messkriterien" ausgehe, aber nicht erläutere, was darunter zu verstehen sei. Keiner der Vorgutachter habe lediglich eine MdE um 10 v.H. angenommen. Die konventionell geschätzte MdE müsse demnach von 20 v.H. auf 30 v.H. angehoben werden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 04.04.1995 sowie Abänderung des Bescheids vom 27.06.1990 zu verurteilen, objektiv festgestellte Funktionsstörungen am rechten Knie durch MRT gesicherte Minderung des Muskelquerschnitts, insbesondere der Streckmuskulatur des rechten Oberschenkels um insgesamt fast ein Viertel, durch isokinetische Muskelfunktionstests ermittelte Minderung des Streckdrehmoments um zwei Drittel und Minderung des spezifischen Muskelarbeitsvermögens um rund vier Fünftel (jeweils im Vergleich zwischen verletzter rechter gegenüber unverletzter linker Seite), durch apparative Ganganalyse bestätigte Gangunsicherheit sowie "Giving-way-Phänomenen" rechts als weitere Unfallfolgen festzustellen und ihm ab 01.01.1978 Rente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren;
hilfsweise den Sachverständigen Dr. S. zur mündlichen Verhandlung zu laden oder ihn schriftlich zu befragen zu den von ihm im Schriftsatz vom 13.12.2005 gestellten Fragen 1 bis 6 und hierzu die mündliche Verhandlung zu vertagen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom
04.04.1995 zurückzuweisen.
Im Schreiben vom 13.12.2005 bat der Kläger zu klären, ob mit dem Begriff Demotivation Aggravation gemeint sei, worauf Dr. S. seine Einschätzung der Demotivation stütze, und ob und auf welche Art diese in die MdE-Bewertung miteinbezogen worden sei.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, des SG Münchens zu den Aktenzeichen S 22 U 322/82, S 22 U 445/84, des Bayerischen Landessozialgericht zu den Aktenzeichen L 3 U 354/84 und L 3 U 355/84 sowie auf die Gerichtsakten des laufenden Verfahrens einschließlich des BSG (B 2 U 31/02 R) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen noch auf Gewährung von Verletztenrente nach einer höheren MdE als um 20 v.H. ab 01.01.1978 wegen Folgen seines Arbeitsunfalls vom 29.05.1973 zu.
Rechtsgrundlage für den Rentenanspruch sind die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 und damit vor Inkrafttreten des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs eingetreten und über Leistungen vor dem 01.01.1997 zu entscheiden ist. Das Klagebegehren stützt sich auf § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO. Für die Rentenhöhe ist maßgeblich, in welchem Ausmaß die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch Unfallfolgen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens eingeschränkt wird.
Für den Senat steht fest, dass andere als die von der Beklagten im Bescheid vom 27.06.1990 anerkannten Gesundheitsstörungen, nämlich im Wesentlichen Verletzungsfolgen des Kniegelenks, nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen sind. Jedenfalls ist eine wie auch immer zu bezeichnende Schulterverletzung nicht durch den Unfall verursacht, auch nicht mittelbar durch Gehen mit Stockstützen.
Dies entnimmt der Senat dem - vom SG eingeholten - Gutachten des Dr. K. vom 11.11.1994, dem Gutachten des Dr. F. vom 19.01.1998 sowie des Dr. S. vom 07.01.2004. Übereinstimmend führen die Sachverständigen aus, dass der Kniebefund die Benutzung von Gehstützen weder in der Vergangenheit noch aktuell rechtfertigt(e). Dies gilt umso mehr, als Dr. S. bei der Untersuchung des Klägers im Jahre 2004, also mehr als 30 Jahre nach dem Unfall, normschrittiges, seitengleiches Gehen ohne Hilfe von Gehstützen beobachten konnte. Er hielt die Benutzung von Gehstützen nicht für nachvollziehbar und das vom Kläger gezeigte Gehen auch teilweise für widersinnig, weil sich der gezeigte Einsatz der Hilfsmittel nicht entlastend, sondern teilweise eher belastend auswirke. Ähnlich äußerten sich Dr. K. und Dr. F ...
Dr.J. nennt in seinem Gutachten vom 31.07.2007 lediglich eine Chondropathia patellae rechts als Unfallfolge mit funktioneller Beeinträchtigung von Kraft, Kraftausdauer, Kombination - und Gangstörungen, nicht aber eine Störung im Bereich der Schultern. Auch Prof. Dr. K. beschreibt in der vom Kläger vorgelegten, nach Aktenlage verfassten Stellungnahme vom 09.08.2008 keine Schulterbeschwerden.
Auch bezüglich seiner unfallbedingten Knieverletzung besteht kein Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen. Die Unfallfolgen sind im angefochtenen Bescheid vom 27.06.1990 vollständig und hinreichend exakt erfasst. Gesundheitsstörungen sind nur so genau zu bezeichnen, als es notwendig ist, um daraus resultierende Leistungen, wie Rente und Heilbehandlung, ableiten zu können. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Befunde, die der Anerkennung zu Grunde liegen, seien sie klinisch, apparativ oder labortechnisch erhoben worden, im Bescheidtext wiederzugeben. Insoweit vermag der Senat keinen Anspruch des Klägers zu erkennen, auf Feststellung der - von Dr.S. - auf Grund der isokinetischen und ganganalytischen Testreihen diagnostizierten Abweichungen zwischen verletztem rechten und unverletztem linken Bein. Dabei soll keinesfalls in Abrede gestellt werden, dass vermindertes Muskelarbeitsvermögen, Minderung des Muskelquerschnitts, insbesondere der Streckmuskulatur des rechten Oberschenkels und Giving-way-Syndrom vorliegen. Die Auswirkungen dieser Defizite sind auf Grund der im angefochtenen Bescheid festgehaltenen Gesundheitsstörungen hinreichend genau erfasst. Ausdrücklich werden eine Muskelminderung am rechten Bein, Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks und Kniegelenksinstabilität rechts nach schwerer Zerrung des rechten Kniegelenks mit Knorpelverletzung festgehalten. Damit ist der Unfallfolgezustand hinreichend und vollständig erfasst. Ein Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen besteht nicht.
Ebenso wenig hat der Kläger Anspruch auf eine höhere Rente als nach einer MdE um 20 v.H. Für die MdE- Bewertung ist allein der Knieschaden rechts von Bedeutung. Insoweit hat der Senat aus rechtlichen Gründen von den im Bescheid vom 27.06.1990 bezeichneten Störungen im Bereich des rechten Knies auszugehen. Auf die von Dr. S. geäußerten Zweifel an der Richtigkeit dieser Anerkennung von Unfallfolgen kommt es nicht an. Selbst wenn der über 30 Jahre hinweg beobachtete und teilweise auch dokumentierte Verlauf der Erkrankung Anlass gibt, die Richtigkeit der Anerkennung anzuzweifeln, ist von der bindenden Anerkennung im Bescheid vom 27.06.1990 auszugehen. Darüber hinausgehende Unfallfolgen nennt auch Dr.J. in seinem ausführlichen Gutachten vom 31.07.2007 nicht.
Die anerkannten Unfallfolgen haben zu keiner höheren Erwerbsminderung als um 20 v.H. geführt und zwar während der gesamten hier streitigen Zeit ab 01.01.1978. Insoweit macht sich der Senat die Ausführungen des Dr. S. im Gutachten vom 07.01.2004 zu eigen. Das Gutachten stützt sich auf die Auswertung des Akteninhalts einschließlich aller ab dem Unfalltag erhobener Befunde, ein Magnetresonanztomogramm (MTR) vom 27.08.2003 und ein Computertomogramm (CT) vom selben Tag, beide erstellt in der Gemeinschaftspraxis Dr. D. u.a. in D., eine isokinetische Testung und eine apparative Ganganalyse. Wenn auch die beiden letztgenannten Untersuchungsmethoden nach Meinung des Sachverständigen Dr. S. nicht allgemein anerkannten medizinischen Verfahrenssätzen zur Bestimmung der MdE von Unfallfolgen entsprechen, liefern diese Methoden gegenüber herkömmlichen Verfahren zusätzliche Erkenntnisse für die Leistung von Muskeln. Dies gilt auch für das MRT. Hingegen ist ein CT, wie Dr. S. im radiologischen Zusatzgutachten vom 07.10.2003 darlegt, nicht geeignet, das Ausmaß einer Chondropathia patellae, wenn sie noch nicht den schwersten Grad (Grad IV) erreicht hat, festzustellen. Hierzu ist allerdings das MRT bestens geeignet.
Da sämtliche Untersuchungsmethoden von Dr. S. angewandt, aber die MdE dennoch höchstens mit 20 v.H. eingeschätzt wurde, braucht der Senat nicht weiter der vom BSG für klärungsbedürftig gehaltenen Frage nachzugehen, ob im Falle des Klägers diese zusätzlichen Methoden anzuwenden sind und ob diese dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob sich bei der Ganganalyse der anlagebedingte Beinlängenunterschied von 1,5 cm ausgewirkt hat, wie von Dr. S. diskutiert. Denn in jedem Fall zeigte sich eine seitengleiche Schrittlänge, ohne Unterschied zwischen rechten und linken Bein. Es ließ sich lediglich eine andere Schwerpunktverlagerung verifizieren. Dies deutet auf eine Muskeldysbalance, die mit herkömmlichen Messmethoden nur indirekt, nämlich durch Rückschlüsse aus Messergebnissen, und damit unzureichend festgestellt werden könnte. Mit der eindeutig festgestellten Muskeldysbalance lässt sich das vom Kläger immer wieder geschilderte Giving-way-Syndrom, ein Wegsacken des Knies, erklären. Dieses Phänomen ist darauf zurück zu führen, dass infolge eines plötzlich einschießenden Schmerzes sich der Oberschenkelstreckmuskel reflektorisch entspannt und das Knie wegsacken lässt.
Hingegen ist es für die Höhe der Rente von untergeordnetem Interesse, ob beim Kläger zunächst eine Reflexalgodystrophie und nicht ein Knorpeldefekt, wie von der Beklagten festgestellt, unfallbedingt aufgetreten war. Denn beim Kläger besteht heute eine kompensierte Arthrose, d. h. ohne Kapselschwellung, Überwärmung oder Gelenksergussbildung. In jedem Fall, gleich ob Knorpeldefekt oder Reflexalgodystrophie, ist die Funktionsbeeinträchtigung die gleiche, nämlich die Bewegungseinschränkung und Instabilität des rechten Knies und die Umfangsminderung im Bereich des Oberschenkels, so dass von einer Minderbelastungsfähigkeit des vom Unfall betroffenen rechten Knies auszugehen ist. Dieser Zustand rechtfertigt, wie Dr. S. ausführt, eine MdE um 20 v.H. Eine höhere Einschätzung ist zu keinem Zeitpunkt ab dem 1.1.1978 zu rechtfertigen.
Im Übrigen hat der Senat keine Zweifel, was unter "herkömmlichen Methoden", wie Dr. S. ausführt, zu verstehen ist. Aus dem Gesamtzusammenhang seines Gutachtens wird klar, dass er damit die Methoden zur Einschätzung der MdE ohne isokinetische Testung und apparative Ganganalyse meint.
Demgegenüber vermag der Senat dem Gutachten des Dr.J. vom 31.07.2007 keine überzeugenden Argumente für eine höhere MdE zu entnehmen. Dieser Sachverständige übernimmt die von Dr. S. auf Grund dessen Untersuchungsmethoden, vor allem der Ganganalyse und isokinetischen Muskelfunktionstestung, erhobenen Funktionstörungen und misst diesen Ergebnissen eine Einzel-MdE um 10 v.H. bei. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, dass Dr.J. für Muskeldysbalance, fehlende Kraft, fehlende Kraftausdauer, fehlende Koordination, Gangstörung und Belastungsschwankungen jeweils des rechten Beins einen Aufschlag auf die bereits anerkannte MdE von 20 v.H. geben will und damit insgesamt eine MdE um 30 v.H. annimmt. Zum einen kommt es für die MdE-Bewertung auf die gesamte Funktion einer Gliedmaße, hier des rechten Beins, und die damit verbundene Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit auf dem gesamten Arbeitsmarkt an. Diese Funktionseinbuße schätzt Dr. S. insgesamt auf 20 v.H ... Zum anderen ist nicht klar, welche Funktionseinbuße Dr.J. den bescheidmäßig anerkannten Unfallfolgen beimisst. Insoweit ist von Bedeutung, dass eine Muskelminderung am rechten Bein, eine Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks und eine Knieinstabilität rechts bereits anerkannt ist. Die von Dr. S. und Dr.J. erkannten Funktionsstörungen mögen zwar differenzierter bezeichnet sein, unterscheiden sich aber in ihrer Auswirkung auf das Geh- und Stehvermögen kaum. Jedenfalls ist die Abweichung nicht derart gravierend, dass die MdE mit 30 v.H. zu bewerten wäre. Im Übrigen weist die Beklagte zu Recht unter Bezug auf die Stellungnahme von Prof. Dr. H. vom 16.10.2007 darauf hin, dass die von Dr.J. zuletzt angegebenen Messwerte der Kniefunktion rechts in krassem Widerspruch zu allen von den Vorgutachtern gemessenen Werten stehen. Während z. B. Prof. Dr. D. am 24.03.2000 die Beweglichkeit des rechten Knies nach der so genannten Neutral-Null-Methode mit 0 - 0 -120 Grad rechts und 10 - 0 -140 Grad links gemessen hat, gibt Dr.J. im Messbogen auf Grund der Untersuchung am 09.12.2004 rechts 0 - 0 - 25 Grad und links 10 - 0 - 40 Grad an. Auf Grund welcher Vorgänge es zu einer derart dramatischen beidseitigen Verschlechterung gekommen sein soll, erklärt er nicht, er spricht dieses Problem nicht einmal an. Er behauptet sogar, keiner der Vorgutachter habe - auch nach herkömmlichen Messverfahren, d.h. ohne isokinetische Testung und Ganganalyse - eine MdE um 10 v.H. für angemessen gehalten, wie Dr. S ... Deshalb müsse die festgestellte MdE von 20 v.H. unter Berücksichtigung der Ergebnisse von Isokinetik und Ganganalyse um 10 v.H. angehoben werden. Dr.J. übersieht, dass bereits Dr. K. und Dr. F. die gesamten Unfallfolgen mit 10 v.H. für befundangemessen gehalten haben. Im Übrigen kommt es auf die Gesamtauswirkung auf das Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an. Eine Addition in ihrer Auswirkung gleicher oder ähnlicher Störungen scheidet aus.
Danach ist ein Anspruch des Klägers auf höhere Rente ab dem 01.01.1978 nicht zu begründen.
Dem Hilfsantrag des Klägers, die mündliche Verhandlung zu vertagen und dem Sachverständigen Dr. S. die in seinem Schreiben vom 13.12.2005 gestellten Fragen zu Ziffer 1 bis 6 zur Beantwortung vorzulegen, war nicht zu entsprechen. Der Kläger möchte vom Gutachter geklärt haben, ob mit dem Begriff Demotivation der fachübliche Begriff Aggravation gemeint sei. Die Frage lässt sich durch einen Blick in Brockhaus "Enzyklopädie 1968" klären. Danach wird unter Aggravation die Übertreibung tatsächlich vorhandener Krankheitssymptome und Beschwerden (im Unterschied zur Simulation) verstanden. Die Aggravation dient in der Regel dem Gewinn von sozialen Vorteilen, zum Beispiel Rente, Schmerzensgeld oder auch von Zuwendung durch Angehörige. Demgegenüber lässt sich der Begriff Demotivation aus dem Begriff Motivation ableiten. Unter Motivation wird die Anregung, der Antrieb zum Handeln, der Beweggrund oder die Veranlassung zum Handeln verstanden. Demotivation bedeutet das Gegenteil davon, also das Ausbleiben oder Verhindern dieser Handlungsanreize.
Der Fragenkatalog des Klägers richtet sich offensichtlich gegen die Beschreibung der Ergebnisse auf Grund der isokinetischen Testung. Hier führt der Sachverständige aus, die Testung der Winkelgeschwindigkeit 60 Grad sei Ausdruck für die Maximalkraft und der Winkelgeschwindigkeit 180 Grad für die Kraftausdauer. Hierbei werde ein Variationskoeffizient miterfasst, der beim Kläger einen Wert von 13,7 % ergeben habe. Dieser liege leicht im pathologischen Bereich. Eine Abweichung von 10 % werde noch als korrekt angenommen. Daraus schließt der Sachverständige, dass von einer nicht 100-prozentigen maximalen Demonstration des Leistungsvermögens ausgegangen werden müsse. Auch bei der Testung der Beuger habe sich ein Variationskoeffizient gezeigt, und zwar von 28,4
%. Daraus schließt Dr. S., bei diesem Wert müsse von einer deutlichen Demotivation ausgegangen werden.
Die Fragen des Klägers lassen sich somit bereits aus dem Gutachten heraus beantworten. Hinsichtlich seiner Frage, ob und auf welche Art die Einbeziehung der Demotivation in die MdE-Bestimmung geschehen sei, führt der Sachverständige aus, die Isokinetik liefere insoweit noch nicht in dem gewünschten anerkannten allgemeinen Rahmen Erkenntnisse. Für die MdE-Einschätzung sei die Umfangsmessung des Oberschenkels mit einem Schneidermaßband so aussagefähig, dass die Funktionseinbuße des Femuropatellargelenks ausreichend bewertet werden könne. Daran ändert sich im Ergebnis nichts, wenn er gleichwohl die isokinetische Testung und den Einsatz einer Magnetresonanztomographie als hilfreich ansieht. Er betont jedoch, dass die Isokinetik zwar nicht bewusst werdende Bewegungseinbrüche erfasse, jedoch auch willentlich beeinflusste Einbrüche. Hinzu komme, dass die Testung im Regelfall im Liegen oder im Sitzen erfolge und daher die Funktionsbeeinträchtigung eines Gelenks unter Laborverhältnissen erfasse. Für die untere Extremität fehle der Isokinetik die Möglichkeit festzustellen, welche Funktionsbeeinträchtigung für den Gang eines Menschen vorliege. Bei Beantwortung der Beweisfrage 5, nach der Höhe der MdE ab 01.01.1978, führt der Sachverständige aus, die MdE betrage nach den üblichen gutachterlichen Messkriterien 10 v.H., ohne isokinetische Messung und Ganganalyse. Als Unfallfolge könne man daraus eine endgradige Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Kniegelenks ableiten. Darüber hinaus habe die Isokinetik auf Grund der demonstrierten Leistungsparameter eine muskuläre Dysbalance und fehlende Kraft und Maximalkraft nachweisen können. Allerdings könne man auf Grund des Variationskoeffizients auf eine Demotivation schließen. Dennoch stellt der Sachverständige auf die Ergebnisse der Ganganalyse und Isokinetik ab und schätzt unter Berücksichtigung der damit aufgezeigten Defizite die MdE mit 20 v.H. ein. Daraus folgt, dass er aus einer möglichen Demotivation keine Folgerungen für die MdE-Bewertung gezogen hat. Die Fragen des Klägers beantworten sich demzufolge aus dem Gutachten heraus von selbst. Eine nochmalige Befragung des Sachverständigen war deshalb nicht erforderlich.
Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass dem Kläger ab dem 01.01.1978 bis heute keine höhere Rente als nach einer MdE um 20 v.H. zusteht. Seine Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 04.04.1995 war zurückzuweisen.
Der Kostenausspruch beruht auf § 193 SGG. Da der Kläger nur mit seiner Revision, die zur Zurückverweisung führte, Erfolg hatte, waren nur die dadurch entstandenen Kosten der Beklagten aufzuerlegen.
Die Revision hat der Senat mangels Gründe im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht zugelassen.
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