L 6 U 1/05

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 198/01
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 1/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. November 2004 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2001 werden abgeändert.

Es wird mit Wirkung vom 10. Juni 1998 an festgestellt, dass ein Karpaltunnelsyndrom im rechten Handgelenk des Klägers eine Berufskrankheit nach Nr. 2106 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu einem Viertel.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob bei dem Kläger eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2103 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) [Erkrankungen durch Erschütterungen bei der Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschi-nen – BK 2103], nach Nr. 2104 der Anlage zur BKV (Vibrationsbedingte Durchblu-tungsstörungen an den Händen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können – BK 2104) oder nach Nr. 2106 der Anla-ge zur BKV (Druckschädigung der Nerven – BK 2106) anzuerkennen ist.

Der 1957 geborene Kläger ist gelernter Bergmann und war nach Abschluss seiner Berufsausbildung Mitte Juli 1974 bis zum Beginn seiner Arbeitsunfähigkeit am 18. Mai 1998 in diesem Beruf als Hauer, Bohrhauer und Tunnelhauer tätig. Seit De-zember 1999 bezieht er von seinem zuständigen Rentenversicherungsträger eine Er-werbsunfähigkeitsrente.

Im April 1999 erreichte die Tiefbau-Berufsgenossenschaft (Rechtsvorgängerin der Be-klagten; nachfolgend einheitlich als die Beklagte bezeichnet) die von Dr. R. (Abtei-lung für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität G. ) am 7. April 1999 erstellte Verdachtsanzeige über das Bestehen einer BK. Der Kläger leide seit Mai 1998 unter Schmerzen im Hand-, Ellenbogen- und Schultergelenk, welche er auf Erschütterungen bei der Arbeit mit Druckluftwerkzeugen zurückführe. Es bestehe eine livide (fahle), ge-schwollene rechte Hand mit Schmerzen im Bereich der Handwurzel, des Ellenbogen- und Schultereckgelenkes sowie eine Arthrosis deformans (Gelenkverschleiß).

Auf Anforderung der Beklagten übersandte der Krankenversicherungsträger des Klä-gers Unterlagen zu Vorerkrankungen. Hieraus ging hervor, dass der Kläger vom 19. Oktober bis zum 27. November 1992 wegen einer Luxation (Verrenkung) der Fin-ger, vom 2. bis zum 23. Januar 1996 wegen einer Periarthritis (Gelenkentzündungen) im Bereich des Handgelenkes und vom 18. Mai 1998 an bis zum 31. Mai 1999, zu-nächst wegen einer Synovitis (Gelenkkapselentzündung), ab dem 25. Mai 1998 wegen einer cervicalen (die Halswirbelsäule betreffende) Neuralgie (Nervenschmerz) und da-mit verbundenen Schmerzzuständen, vom 9. Oktober 1998 an wegen Nervensystem-affektionen, vom 11. Januar 1999 an wegen Nervenwurzel- und Plexusaffektionen (Entzündungen des Armnervengeflechts) sowie vom 3. April 1999 an wegen einer Dys-trophie (degenerative Gewebeveränderungen) arbeitsunfähig erkrankt war.

Die Beklagte zog medizinische Befunde bei: In den ENG/EMG-Befunden vom 10. Juni und 27. August 1998 hatte der Facharzt für Neurologie Dipl.-Med. H. eine vibrati-onsbedingte Schädigung (Läsion) des Nervus medianus (Mittelarmnerv) im Sinne ei-nes Karpaltunnelsyndroms (Nervenengpass im Handbereich) bzw. eine Vibrations-schädigung des rechten Armes mit Reizung im Supinator- und Pronatorlogenbereich (dehnbare Muskelkammern im Unterarmbereich) und leichten strukturellen Läsionen vermerkt. Der Kläger hatte sich vom 23. November bis zum 4. Dezember 1998 statio-när im Südharz-Krankenhaus Nordhausen befunden. Dort hatte sich aus der Angi-ographie (bildgebende Darstellung von Blutgefäßen) des oberen Thorax kein Hinweis auf ein neurovaskuläres Kompressionssyndrom (Gefäßverengung) ergeben. Auch der rechte Arm war nach der von dem Chefarzt der Radiologischen Abteilung des Kran-kenhauses N. Dr. H. am 3. Dezember 1998 durchgeführten Phle-bographie (Kontrastdarstellung venöser Blutgefäße) frei von Durchblutungsstörungen gewesen (Bericht vom 4. Dezember 1998; 100, 110 VA). In seinem über die am 16. Dezember 1998 erfolgte Kontrolluntersuchung des Klägers verfassten Bericht vom 17. Dezember 1998 hatte der Chefarzt der Abteilung für Neurochirurgie des Kranken-hauses N. Dr. R. eine schmerzhaft eingeschränkte Schultergelenksbeweg-lichkeit mit globaler Parese (Lähmung) des Armes und Hypästhesie (Berührungsemp-findlichkeit) der Fingerspitzen I bis III rechts sowie eine leichte motorische Schwäche für den linken Handgriff mitgeteilt. Die stationäre Abklärung einer entzündlichen Ple-xusneuralgie sei zu empfehlen. Hierzu hatte sich der Kläger vom 11. Januar bis zum 8. Februar 1999 stationär in der Neurologischen Abteilung des Krankenhauses N. be-funden. In ihrem hierüber erstellten Bericht vom 9. Februar 1999 hatten der Chefarzt Dr. P. und der Assistenzarzt S. den dringenden Verdacht auf das Bestehen einer Kälteangiitis (kältebedingte Gefäßentzündung) mit schmerzhafter Rötung und Schwellung im Bereich der oberen Extremitäten und Rechtsbetonung geäußert. Derzeit bestehe keine ausreichende ätiologische (ursachenbezogene) Zuordnungsmöglichkeit. Der Kläger habe ein völlig spontanes Auftreten der Schwellung der rechten Hand mit Schmerzsymptomatik seit Mai 1998 geschildert. Die rechte Hand sei deutlich bläulich-livide verfärbt und zeige ein Handrückenödem. Die Gelenkfunktion sei zwar nicht ein-geschränkt, jedoch die Kraft gemindert. Die am 21. Januar 1999 durchgeführte SEP-Untersuchung (somatosensibel evozierte Potenziale) habe links und rechts jeweils ei-nen unauffälligen Nervus medianus ergeben. Bei den am 15. Januar 1999 gefertigten Röntgenaufnahmen der rechten Handwurzel und des rechten Ellenbogengelenks hat-ten Dr. H. und die Assistenzärztin Dipl.-Med. H. regelrechte knöcherne Strukturen ohne Hinweise auf eine Einengung des Sulcus ulnaris (Ellenrinne) vorge-funden.

Vom 26. März bis zum 11. Mai 1999 war der Kläger stationär in der Neurologischen Universitätsklinik G. behandelt worden. Im Entlassungsbericht vom 18. Mai 1999 hatte der Oberarzt Prof. Dr. B. als Diagnose ein Vibrationstrauma beider Hände mit Ischämiesymptomatik (Durchblutungsstörung) festgehalten. Differenzialdia-gnostisch sei auch an einen Morbus Sudeck (= CRPS, komplexes regionales Schmerzsyndrom) durch ein Erschütterungstrauma zu denken. Eine höhergradige Ner-venläsion der Arme habe sich in dem am 1. April 1999 gefertigten EMG nicht belegen lassen; ein SEP vom 6. April 1999 sei unauffällig gewesen. Bei der Auswertung der am 1. April 1999 gefertigten Skelettszintigraphie der Hände hatte Prof. Dr. B. von der Nuklearmedizinischen Abteilung der Universität G. keinen Hinweis auf das Vor-liegen eines CRPS gefunden. Prof. Dr. H. und Dr. S. vom Zentrum für Anäs-thesiologie der Universität G. hatten unter dem 11. Mai 1999 ein Vibrations-trauma beider Hände mit Ischämiesymptomatik und vegetativer Dysregulation im Sinne eines CRPS I angenommen. Beide Hände des Klägers seien marmoriert und hätten sowohl hyperämische (blutgesteigerte) als auch mangeldurchblutete Areale aufgewie-sen. Die rechte Hand sei schweißnass und stark geschwollen, die linke Hand leicht geschwollen gewesen. Der Kläger habe angegeben, dass es vor einem Jahr plötzlich innerhalb weniger Tage zu dieser Symptomatik gekommen sei. Der Neurochirurg Prof. Dr. W. hatte unter dem 22. Juni 1999 angegeben, beim Kläger liege ein CRPS I der rechten Hand vor, welches auch durch konservative und interventionelle Maßnah-men nicht anhaltend habe gebessert werden können. Daher sei am 2. Juni 1999 eine zervicale epidurale (im Rückenmark der Halswirbelsäule liegende) Elektrode zur Test-stimulation des Rückenmarks implantiert worden.

Mit Anzeige vom 12. Juli 1999 meldete der Arbeitgeber des Klägers der Beklagten den Verdacht des Bestehens einer BK. Der Kläger werde seit dem 1. Januar 1994 beschäf-tigt und habe seit 1974 bis zur Arbeitsunfähigkeit im Mai 1998 alle Arbeiten eines Hau-ers im horizontalen und vertikalen Vortrieb sowie der Gewinnung, Lokförderung und Handförderung ausgeführt. Die durchschnittliche Expositionszeit pro Tag habe zwei bis fünf Stunden betragen. Die benutzten Bohrhämmer hätten ein Eigengewicht von 25 bzw. 16 kg. Zuletzt habe der Kläger am 8. Mai 1998 mit Druckluftwerkzeugen gearbei-tet.

Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten schätzte in seinen Stellungnah-men vom 8. November 1999 und 3. März 2000 ein, dass der Kläger in der Zeit von Januar 1994 bis Mai 1998 im Sinne der BK 2103 gefährdend tätig gewesen sei. Dem-gegenüber seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK 2104 nicht erfüllt. Die Arbeiten mit pressluftbetriebenen Abbau- und Bohrhämmern würden mangels Hauptfrequenzen über 50 Hertz keine gefährdenden Tätigkeiten im Sinne einer sol-chen BK beinhalten.

In seinem Bericht über die ambulante Wiedervorstellung des Klägers am 22. November 1999 teilte Dr. S. einen massiv geschwollenen und nahezu funktionslosen rech-ten Arm des Klägers mit. Bei einer weiteren Tätigkeit in seinem Beruf sei eine Befund-verschlechterung zu erwarten.

In der Zeit vom 13. Januar 2000 bis zum 18. März 2000 befand sich der Kläger statio-när in der Klinik für Anästhesiologie der B. Kliniken B. B ... Hierzu führten Privatdozent (PD) Dr. M. , Dr. D. und Dr. Sch. in ihrem Be-richt vom 26. Januar 2000 aus, dass eine Szintigraphie den typischen Befund eines CRPS I erbracht habe.

Die Beklagte ließ den Direktor dieser Klinik Prof. Dr. Z. das zusammen mit den Dres. M. und Sch. verfasste Gutachten vom 15. August 2000 erstellen. Danach bestehe bei dem Kläger schwerpunktmäßig rechts ein CRPS III mit ausge-prägtem Funktionsverlust, Tremor, Kraftminderung, Ruheschmerz, Ödem, Druck-schmerz sowie Streck- und Beugehemmungen an den Fingergelenken. Linksseitig liege derzeit wieder eine normal funktionsfähige und schmerzfreie Hand vor. Die Ursa-che eines CRPS sei gegenwärtig noch nicht geklärt. Es entstehe überwiegend nach Verletzungen mit Frakturen oder operativen Eingriffen. Auch Bagatellverletzungen oder Erkrankungen des peripheren horizontalen Nervensystems kämen als Auslöser in Fra-ge. Rein formal sei das Krankheitsbild nicht unter einer BK 2103 einzuordnen, da eine Schädigung der Knochen und Gelenke des Hand-Arm-Systems im Sinne vorzeitiger degenerativer Veränderungen nicht nachweisbar sei. Neben der beruflichen Belastung bestünden aber keine konkurrierenden Einwirkungen oder Prozesse, die als Erklärung in Betracht kämen. Zudem sei an eine BK 2104 bzw. eine BK 2106 zu denken. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei um 50 vom Hundert (vH) zu veranschlagen.

In seiner gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 30. November 2000 empfahl Dr. M., keine BK anzuerkennen. Gegen die Annahme einer BK 2103 spreche der fehlende Nachweis aseptischer Knochennekrosen, Ermüdungsfrakturen oder Arthrosen im Be-reich der oberen Gliedmaßen. Da auch keine Durchblutungsstörungen belegt seien und solche nach arbeitsmedizinischer Erfahrung nicht im Umgang mit Druckluftwerk-zeugen, sondern mit höherfrequent rotierenden Geräten wie z.B. Motorkettensägen aufzutreten pflegten, könne auch keine BK 2104 festgestellt werden. Hinweise auf eine Schädigung des Nervus medianus oder des Nervus ulnaris hätten sich bei dem Kläger ebenso nicht bestätigt, so dass schließlich auch keine Anerkennung als BK 2106 mög-lich sei.

Mit Bescheid vom 15. Februar 2001 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 2103, einer BK 2104 oder einer BK 2106 ab und legte dar, dass die medizinischen Vorausset-zungen einer BK 2103 bzw. einer BK 2106 nicht erfüllt seien. Im Hinblick auf eine BK 2104 fehle es schon an den erforderlichen arbeitstechnischen Kriterien.

Hiergegen erhob der Kläger am 1. März 2001 Widerspruch und führte zur Begründung am 6. März 2001 aus, seine behandelnden Ärzte seien in der Vergangenheit stets von Vibrationsschäden ausgegangen. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Am 14. September 2001 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Halle Klage erhoben und sich zur Begründung auf das Gutachten von Prof. Dr. Z. und darauf, dass er 24 Jahre gesundheitsschädigend mit Pressluftwerkzeugen im Bergbau gearbeitet ha-be, berufen.

Die Beklagte hat eine ergänzende Stellungnahme ihres TAD vom 18. Juni 2003 vorge-legt, wonach die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK 2104 nicht gegeben seien. Zwar hätten die vom Kläger bedienten Werkzeuge und Maschinen auch Fre-quenzen oberhalb von 20 bzw. 50 Hertz beinhaltet. Dies sei aber nicht dominierend gewesen. Demgegenüber bestehe nach wie vor kein Zweifel am Umgang des Klägers mit druckluftbetriebenen Werkzeugen im Sinne der BK 2103, so dass insoweit eine entsprechende Gefährdung gegeben sei. Der Kläger habe Maschinen bedient, die eine starke Ankopplung mittels hoher Greifkräfte notwendig gemacht hätten und deren Handhabung mit einen aktiven An- bzw. Gegendruck verbunden gewesen sei.

Das SG hat nach jeweiligen ambulanten Untersuchungen des Klägers am 3. März 2004 auf der Grundlage der Zusatzgutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. vom 9. März 2004 sowie des Hautarztes und Arztes für Allergologie, Phlebologie und Arbeitsmedizin Dr. K. vom 29. April 2004 von dem Arzt für Or-thopädie Dr. Sch. das Zusammenhangsgutachten vom 5. Mai 2004 eingeholt. Dr. Sch. hat ein Karpaltunnelsyndrom rechts, einen chronischen Spannungskopf-schmerz sowie ein chronisches Schmerzsyndrom des rechten Armes ohne neurologi-sche Grunderkrankung diagnostiziert und den Verdacht auf das Bestehen einer disso-ziativen Störung geäußert. Die vom Kläger vorgebrachte Schmerzsymptomatik sei auf neurologischem Fachgebiet nicht zu erklären. Das Reflexverhalten und die Muskulatur seien normal und wiesen keine Atrophiezeichen auf, was mit einem CRPS I nicht zu vereinbaren sei. Es bestünden Hinweise auf eine Aggravation und eine Konversions-störung. Zu denken sei an eine dissoziative Störung, einer motorischen oder sensiblen Symptomatik, welche aufgrund psychischer Entwicklungsstörungen entstanden sei. Auch eine somatoforme Schmerzstörung sei in Betracht zu ziehen. Das Karpaltunnel-syndrom stelle keine BK 2106 dar. Dr. K. hat keine Anhaltspunkte für ein vibrati-onsbedingtes vasospastisches Syndrom (krampfartige Verengung von Blutgefäßen) oder für trophische (durch Ernährungsmangel bedingte) Hautveränderungen bzw. sichtbare Wachstumsstörungen der Fingernägel beider Hände gefunden. Auf angiolo-gischem Fachgebiet sei keine Diagnose zu stellen, welche mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang stehe. Die Haut der Hände sei insgesamt feucht und kalt, weise eine geringfügige bläuliche Marmorierung auf und zeige ansonsten keine Anzeichen einer andauernden arteriellen Minderdurchblutung. Sonographisch seien regelrechte arterielle Durchblutungsverhältnisse der distalen (körperfernen) Armarte-rien zu erkennen. Nach einer Kälteprovokationsuntersuchung beider Hände sei die Ausgangstemperatur von 27° nach fünf Minuten wieder erreicht worden, was ebenfalls die ungestörte arterielle Gefäßdynamik der Fingerarterien beider Hände belege. Schließlich hätten sich auch laborchemisch keine Hinweise auf systemische Erkran-kungen mit begleitender arterieller Minderdurchblutung gefunden.

Dr. Sch. hat zusammenfassend die Ansicht vertreten, dass bei dem Kläger auch ansatzweise kein Krankheitsbild zu sichern sei, welches einer BK entspreche. Der Klä-ger halte den rechten Arm in einem kofferartigen Vorbau auf einem Lammfell vor sei-nem Körper, was ebenso demonstrativ wirke, wie das komplette Baumeln lassen ohne diese Vorrichtung. Die Armmuskulatur sei altersdurchschnittlich entwickelt und annä-hernd seitengleich. Muskelatrophien, wie sie allein schon nach längerer konsequenter Schonung des Armes bei Nichtgebrauchsfähigkeit zu erwarten seien, seien nicht zu erkennen. Im rechten Schultergelenk biete der Kläger eine absolute Null-Beweglichkeit dar, während die linke Schulter noch um etwa 70° nach vorn und seitwärts angehoben werde. Demgegenüber sei der Kläger z.B. im Sitzen im Gespräch in der Lage, beide Arme mit innenrotierten Unterarmen vor dem Bauch zu positionieren. Der äußere Weichteilmantel am Schultergürtel und den Oberarmen sei normal gefärbt. Dann be-ginne eine fleckige Marmorierung, die zu den Händen zunehme und vorzugsweise an der rechten Hand in eine livide Verfärbung übergehe. Im rechten Ellenbogengelenk demonstriere der Kläger aktiv wiederum eine Null-Beweglichkeit, wohingegen sich passiv – wenngleich bei massiver Gegenspannung – eine freie Beweglichkeit zeige. Die Handgelenke seien weitgehend regelhaft konturiert; links liege eine diskrete Ver-schwellung im Bereich des Handrückens vor. Die passive Funktionsprüfung habe eine freie Beweglichkeit ergeben. Aktiv habe der Kläger dagegen nochmals eine fehlende Funktion demonstriert und bei der Berührung der Hände nachhaltige Schmerzen be-kundet. Die Daumenballenmuskulatur sei normal ausgeformt, obgleich Greifbewegun-gen als nicht möglich bezeichnet würden. Bei der Nachauswertung der bildgebenden Befunde der Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenke seien keine geringfügigsten arthrotischen Veränderungen, auch keine Lunatummalazie (Mondbeinerweichung) oder Kahnbeindestruktion, und keinerlei Entkalkungsreaktionen, wie sie bei einem CRPS typisch seien, zu erkennen. Zudem werde die Angabe des Klägers, sein rechter Arm sei seit 1998 nicht mehr gebrauchsfähig, durch die relativ kräftige Muskulaturaus-prägung ohne fassbare Defizite im Vergleich zur linken Seite widerlegt. Demgegenüber sei im Fall eines CRPS I spätestens nach Ablauf von sechs bis acht Monaten bei feh-lender therapeutischer Beherrschbarkeit mit einer Atrophie der Weichteile zu rechnen, welche von ganz typischen röntgenologisch fassbaren Skelettveränderungen begleitet würde. Damit sei ein CRPS I zweifelsfrei auszuschließen, zumal auch keine weiteren typischen Veränderungen an der Oberflächenstruktur und am Haarwuchs des rechten Armes und der Hand zu erkennen seien. Insgesamt deute der Befund auf eine hoch-gradige dissoziative Störung mit psychischer Komponente im Sinne eines chronischen Schmerzsyndroms im Bereich des rechten Armes ohne neurologische oder orthopädi-sche Grunderkrankung hin. Daneben liege ein Karpaltunnelsyndrom rechts vor.

Mit Urteil vom 18. November 2004 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Be-gründung im Wesentlichen auf die Darlegungen der von ihm beauftragten Sachver-ständigen bezogen. Bei dem Kläger seien weder eine Druckschädigung der Nerven im Sinne der BK 2106, vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen im Sinne der BK 2104 noch ein Krankheitsbild im Sinne der BK 2103 zu sichern, so dass die medizinischen Voraussetzungen der geltend gemachten BKen nicht erfüllt seien. Die bei ihm gesehe-ne Schmerzsymptomatik sei nach den Bewertungen der Sachverständigen vielmehr als somatoforme Schmerzstörung bzw. Konversionsneurose zu erklären, für die ein ursächlicher Zusammenhang mit den beruflichen Einwirkungen nicht ersichtlich sei. Auf das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen der geltend gemachten BKen komme es damit nicht mehr an.

Gegen das am 6. Dezember 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. Januar 2005 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und sich zur Begründung vor allem auf das Gutachten von Prof. Dr. Z. bezogen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. November 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbeschei-des vom 28. August 2001 aufzuheben, mit Wirkung vom 18. Mai 1998 an festzu-stellen, dass ein komplexes regionales Schmerzsyndrom eine Berufskrankheit nach den Nummern 2103, 2104 bzw. 2106 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung und ein Karpaltunnelsyndrom im Bereich seines rechten Armes eine Berufskrankheit nach Nr. 2106 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie hält ihre angefochtenen Bescheide und das diese bestätigende Urteil des SG für richtig.

Der Senat hat vom Rentenversicherungsträger des Klägers u.a. das Gutachten der Fachärztin für Allgemeinmedizin D. vom 18. November 2002 nach Untersuchung des Klägers am gleichen Tag beigezogen, in welchem die Sachverständige ein durch Vibrationen bedingtes CRPS beider Hände des Klägers angenommen hatte.

Schließlich hat der Senat von dem Facharzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabi-litative Medizin Prof. Dr. R. (Zentrum für Chirurgie der Universität H. -W. ) nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 27. Februar 2006 das Gutachten vom 3. März 2006 eingeholt. Prof. Dr. R. hat eine kräftig entwickelte Muskulatur im Bereich der linken Schulter bei einer Rotationsfähigkeit von 80-0-80° (Normalwert nach der Neutral-Null-Methode 70-0-70°) gefunden. An der rechten Schulter und am rechten Arm schildere der Kläger eine hochgradige Berühungsempfindlichkeit und gebe in den Endgraden einen massiven Schmerz bei (passiver) Prüfung der Rotation von 60-0-60° an. Im rechten Ellenbogengelenk werde keine aktive Beweglichkeit demonstriert; pas-siv habe der Kläger in den Endgraden bei einer Streckung und Beugung von 0-0-150° (Normalwert 10-0-150°) wiederum einen massiven Schmerz artikuliert. Das linke Ellen-bogengelenk sei ebenso wie das linke Handgelenk und die Finger frei beweglich. Die passive Bewegungsprüfung des rechten Handgelenkes habe mit endgradigen Schmerzangaben eine Dorsal-/Palmarflexion (Streckung/Beugung) von 40-0-60° (Nor-malwert 35/50-0-50/60°) und eine Ulnar-/Radialabduktion (ellen-/speichenwärts) von 20-0-30° (Normalwert 25/30-0-30/40°) ergeben. Sichtbare Durchblutungsstörungen oder trophische Veränderungen bestünden nicht. Bei Nachlassen der Kompression im Nagelbettbereich habe sich vielmehr eine sofort wieder einschießende Durchblutung gezeigt. Röntgenologisch sei den Aufnahmen beider Hände vom 14. Januar 2000 kein Anhalt für ein abgelaufenes CRPS I oder II und kein Arthroseanhalt zu entnehmen. Auf den Aufnahmen der Schulter- und Ellenbogengelenke vom 27. Februar 2006 seien ebenfalls unauffällige Strukturen ohne Hinweise auf arthrotische Veränderungen zu erkennen. Insgesamt bestehe eine massive Diskrepanz zwischen den vom Kläger ge-schilderten Beschwerden mit Nichtbenutzung des rechten Armes bei Lagerung auf einer ausgepolsterten Schiene in einem Verband und den objektiven Befunden. Diese würden – bis auf die muskulären Abwehrspannungen bei der passiven Bewegungsprü-fung – keine wesentlichen Funktionsstörungen der oberen Extremitäten, einen unauf-fälligen neurologischen Status, eine intakte Durchblutung sowie eine trotz Inaktivitäts-atrophie von drei Zentimetern gegenüber links noch gut ausgeprägten Muskulatur des rechten Armes belegen. Überdies komme es bei einer langdauernden Inaktivität zu einem Knochenmineralsalzverlust, der im Röntgenbild nachweisbar sei. Auch derarti-ges sei beim Kläger nicht zu erkennen. Ein CRPS sei damit auszuschließen. Die vor-gefundene Diskrepanz könne nur mit dem Verdacht auf das Vorliegen einer dissoziati-ven Störung bzw. einer somatoformen Schmerzstörung oder einer Dystonie (Bewe-gungsstörung mit neurologischer Ursache) erklärt werden. Im Ergebnis fänden sich bei dem Kläger weder im Bereich der Gelenke noch der Nerven Gesundheits- bzw. Durch-blutungsstörungen, die mit seiner beruflichen Tätigkeit im Zusammenhang stünden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteilig-ten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe:

I. Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthafte, form- und fristgerecht erho-bene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil begründet. Das SG hat sein Begehren, welches er gemäß den §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässigerweise als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungskla-ge verfolgen kann, insoweit zu Unrecht abgewiesen, als ihm wegen seines rechtsseiti-gen Karpaltunnelsyndroms ein Anspruch auf Feststellung einer BK 2106 zusteht. Dies-bezüglich waren das Urteil des SG sowie der Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 2001 wegen Verlet-zung der Rechte des Klägers abzuändern (§ 54 Abs. 2 SGG). Im Übrigen sind die an-gegriffenen Entscheidungen dagegen nicht zu beanstanden.

Die vom Kläger verfolgten Ansprüche richten sich nach den Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Denn der Versi-cherungsfall (BK) ist erst nach dem In-Kraft-Treten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten (vgl. Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I, 1254 ff., §§ 212 ff. SGB VII). Nachdem die jetzige Beklagte zum 1. Mai 2005 auf Grund einer Fusion mehrerer Bau-Berufsgenossenschaften Rechtsnachfolge-rin der Tiefbau-Berufsgenossenschaft W. geworden ist, ist auf Beklagtenseite kraft Gesetzes ein Beteiligtenwechsel eingetreten (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 99 Rn. 6a).

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregie-rung durch Rechtsverordnung (BKV) mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Die näheren Einzelheiten zum Erlass der BKV regelt § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 sowie Abs. 6 SGB VII. Der Versicherungsfall einer in der Anlage zur BKV aufgelisteten BK setzt voraus, dass die Verrichtung der versi-cherten Tätigkeit eine Einwirkung durch die im Tatbestand der jeweiligen BK genann-ten Belastungen auf den Körper bewirkt (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkung die vom BK-Tatbestand erfasste Erkrankung wesentlich verursacht hat (haftungsbe-gründende Kausalität; vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 9/08 R – juris). Während für die Beurteilung der haftungsbegündenden Kausalität der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit gilt, müssen die Grundlagen dieser Ursachenbeurteilung – die versicherte Tätigkeit, die Art und der Umfang der belastenden beruflichen Einwirkungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (ar-beitstechnische Voraussetzungen) und die (geltend gemachte) Erkrankung – mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (so genannter Vollbe-weis). Dieser Beweisgrad ist erfüllt, wenn kein vernünftiger die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt, wenn also das Gefühl des Zweifels beseitigt ist (siehe etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 RSozR 4-5671 § 6 Nr. 2).

Ausgehend hiervon ist zwischen den Beteiligten zwar unstrittig, dass der Kläger wäh-rend der Zeit seiner Tätigkeit als Bergmann als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert war und während dieser versicherten Tätigkeit insbesondere mit Druckluftwerkzeugen gearbeitet hat. Es ist jedoch schon nicht mit an Sicherheit gren-zender Wahrscheinlichkeit erwiesen, dass bei ihm ein CRPS vorliegt, so dass in dieser Hinsicht sowohl die Feststellung einer BK 2103, einer BK 2104 als auch einer BK 2106 ausscheidet (nachfolgend unter 1.). Demgegenüber liegen alle Anerkennungsvoraus-setzungen für die Feststellung des Karpaltunnelsyndroms rechts als BK 2106 vor (hier-zu unter 2.).

1. Ob ein CRPS von den Tatbeständen der BKen 2103, 2104 oder 2106 erfasst wird, kann der Senat offen lassen. Denn eine solche Gesundheitsstörung ist nicht zu seiner vollen Überzeugung bewiesen. Nach aktuellen medizinischen Erkenntnissen wird das CRPS als eine an Weichteilen und Knochen ablaufende neurogene Durchblutungs- und Stoffwechselstörung mit Entzündungscharakter und der Neigung zur Chronizität, welche regelmäßig in drei Stufen (akute Phase, Stadium der Dystrophie und schließlich Endatrophie) abläuft, definiert (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Be-rufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Abschn. 8.1.3.1, S. 472). Während der akuten Phase tritt ein diffuser Schmerz auf und es bildet sich ein Ödem. Die Haut ist stark gerötet und die lokale Körpertemperatur und Schweißsekretion sind erhöht (warme Phase). Etwa zwei bis drei Wochen nach Beginn dieser Symptomatik ist radiologisch eine gelenknahe, feinfleckige Entkalkung nachweisbar. Zwei bis vier Monate später kann sich eine Dys-trophie entwickeln; die akute Entzündung wird chronisch. Die Gelenkbeweglichkeit ist dauerhaft eingeschränkt. Neben zurückgehenden Schmerzen und Schwellungen liegt eine livide, glänzende und kühle Haut vor. Röntgenologisch zeigt sich eine herdförmige fein- bis grobfleckige Entkalkung. Im weiteren Verlauf von acht Monaten bis zweiein-halb Jahren mündet die Krankheit in eine Endatrophie mit einem Schwund aller Gewe-beteile. Diese Phase ist durch einen Haut- und Muskelschwund sowie eine Schrump-fung der Gelenkkapseln mit einer Einsteifung der Gelenke bei Sehnenverkürzungen geprägt. Radiologisch ist ein hochgradiger und grobwabiger Knochenschwund im Sin-ne einer Knochentransparenz nachweisbar (siehe ausführlich Ludwig/Baron/Springer in: Ludolph/Lehmann/Schürmann, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, Stand Juli 2009, Bd. 4, VI-1.3.7; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.).

Gegen ein CRPS sprechen vorliegend vor allem der Krankheitsverlauf und die bildge-benden Befunde. Es sind zwar einzelne Symptome beschrieben, welche mit einer sol-chen Erkrankung in Verbindung gebracht werden können, jedoch waren und sind an-dererseits wesentliche krankheitstypsische Merkmale nicht zu sichern. So hatte Dr. P. Anfang 1999 – also acht Monate nach dem Auftreten der Symptomatik im Mai 1998 und damit zu Beginn des dritten Erkrankungsstadiums – mit einer fortbestehenden Schwellung und Ödembildung des rechten Handrückens klinische Zeichen einer CRPS-Symptomatik gefunden, die jedoch nicht das dritte, sondern das erste Stadium einer solchen Erkrankung kennzeichnen. Demgegenüber hatte er die am 16. Dezem-ber 1998 von Dr. R. beschriebene Lähmung, die ihrerseits zeitlich zum Bild eines CRPS gepasst hätte, gerade nicht bestätigen können. Auch der weitere Verlauf des Beschwerdebildes des Klägers und die erhobenen klinischen Befunde lassen sich nicht mit der Diagnose eines CRPS in Übereinstimmung bringen. So haben Prof. Dr. H. und Dr. S. sowie Prof. Dr. W. auf Grundlage ihrer Befunderhebungen im Mai und Juni bzw. November 1999 mit einer stark geschwollenen rechten Hand bzw. Prof. Dr. Z. mit einem in seinem Gutachten vom 15. August 2000 dokumentierten Ödem mit Druckschmerzen immer noch Symptome der Akutphase des CRPS wieder-gegeben. Der von ihnen angegebene nahezu vollständige Funktionsverlust des rech-ten Armes ließ sich nachfolgend nicht bestätigen. Beim Vorliegen eines CRPS hätten jedenfalls spätestens bei den Untersuchungen des Klägers am 3. April 2004 sichere Anzeichen einer Atrophie vorliegen müssen. Sowohl Dr. S. und Dr. S. als auch Dr. K. haben aber eine altersdurchschnittlich und annähernd seitengleich entwickelte Armmuskulatur ohne Atrophien dokumentiert. Auch darüber hinaus haben sie keine sonstigen krankheitstypischen Anhaltspunkte für trophische Hautveränderun-gen bzw. sichtbare Störungen am Wachstum der Haare und der Fingernägel beider Arme bzw. Hände gefunden, was Prof. Dr. R. im Rahmen seiner ambulanten Un-tersuchung ausdrücklich bestätigt hat. Bei seinen passiven Funktionsprüfungen des rechten Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenkes hat Dr. S. auf einen erhebli-chen Widerstand hingewiesen, der einer aufgehobenen Bewegungsfähigkeit in allen Gelenken widerspricht und mit einer Atrophie nicht vereinbar ist. Gestützt wird die An-nahme einer vorhandenen Beweglichkeit – und damit der Ausschluss einer Gelenkver-steifung in der Phase der Atrophie – schließlich durch die von Prof. Dr. R. am 27. Februar 2006 vorgenommenen passiven Bewegungsprüfungen. Denn auch bei ihnen fand sich, ebenso wie zuvor bei Dr. S. , eine – wenngleich bei massiver Schmerzangabe in den Endgraden – im Wesentlichen freie Funktion sowie eine normal ausgeformte Daumenballenmuskulatur, was mit einer seit Jahren bestehenden Gebrauchsunfähigkeit nicht zu vereinbaren ist.

Neben klinischen Belegen eines CRPS liegt auch keinerlei röntgenologisches Korrelat einer solchen Erkrankung vor. Zwar hat sich Prof. Dr. Z. insoweit auf ein im Ja-nuar 2000 gefertigtes Szintigramm berufen. Seiner Beurteilung ist Prof. Dr. R. bei seiner am 27. Februar 2006 durchgeführten Nachauswertung der bildgebenden Befun-de vom 14. Januar 2000 jedoch ausdrücklich entgegen getreten. Überdies hatte auch das am 1. April 1999 gefertigte Skelettszintigramm der Hände nach der Befundung durch Prof. Dr. B. keinen Hinweis auf das Vorliegen eines CRPS erbracht, was in Form einer hochgradig grobwabigen Knochentransparenz aber zu erwarten gewesen wäre. Auch Dr. S. hat auf den von ihm eingesehenen Röntgenbildern keinerlei für ein CRPS typische Entkalkungszeichen erkennen können und ebenso zutreffend wie Prof. Dr. R. dargelegt, dass dieser radiologische Negativbefund ein entschei-dendes Argument gegen die Annahme einer solchen Erkrankung darstellt. Denn spä-testens im Januar 2000 müssten radiologische Zeichen eines fortgeschrittenen CRPS zwingend sichtbar sein.

Ist damit bei dem Kläger schon der volle Nachweis eines CRPS nicht zu erbringen, entfällt im Hinblick auf die BK 2103 die Grundlage für die weitere Prüfung, ob seine berufliche Tätigkeit als wesentliche (Mit)-Ursache einer solchen Erkrankung hinrei-chend wahrscheinlich zu machen ist und kann hinsichtlich der BKen 2104 sowie 2106 die Frage der Erfüllung der jeweiligen arbeitstechnischen Voraussetzungen bzw. der erzwungenen Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten unbeantwortet bleiben.

2. Soweit der Kläger die Anerkennung eines rechtsseitigen Karpaltunnelsyndroms als BK 2106 begehrt, hat sein Antrag dagegen Erfolg.

Da der Versicherungsfall hier am 10. Juni 1998 – und damit nach dem 30. November 1997 – eingetreten ist, ist vorliegend die BK 2106 in ihrer seit dem 1. Oktober 2002 gültigen Fassung anzuwenden (§ 6 Abs. 1 BKV).

a) Erfasst vom Tatbestand dieser BK wird abstrakt eine Druckschädigung der Nerven. Betroffen können einerseits Nerven sein, die einer von außen kommenden anhalten-den Einwirkung gut zugänglich sind, andererseits Nerven, die wiederholten mechani-schen Einwirkungen aufgrund einer anatomischen Enge (z.B. innerhalb eines knöcher-nen Kanals) nicht genügend ausweichen können (Merkblatt zur BK 2106, Bekanntma-chung des Bundesministeriums für Arbeit vom 1. Oktober 2002, BArbBl. 2002, 62). Eine solche Druckschädigung liegt bei dem Kläger in Form des rechtsseitigen Karpal-tunnelsyndroms, also einer Kompressionsschädigung des Nervus medianus im knö-chernen Karpaltunnel (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.7.7.6, S. 636 f.) vor. Denn bereits bei der Auswertung seiner elektophysiologischen Untersu-chungen vom 10. Juni 1998 hatte Dipl.-Med. H. ein Karpaltunnelsyndrom rechts diagnostiziert und am 27. August 1998 bestätigt. Entgegen der von Dr. M. in seiner gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 30. November 2000 vertretenen Ansicht ist die Schädigung des Mittelarmnerven im Karpaltunnel rechts nachfolgend auch nicht wider-legt worden. Denn bei der am 15. Januar 1999 erfolgten Röntgenuntersuchung hatte Dr. H. lediglich die Ellenrinne in Augenschein genommen. Auch was die als un-auffällig beschriebenen SEP-Befunde vom 21. Januar und 6. April 1999 bzw. das am 1. April 1999 erhobene EMG anbelangt, stehen diese dem Nachweis eines Karpaltunnel-syndroms rechts nicht entgegen. Erstere konnten von der Untersuchungstechnik her ohnehin keine motorischen Schäden erfassen und hatten nur eine höhergradige Läsion der Arme ausgeschlossen. Ein einmalig als befundlos angegebenes EMG kann die Diagnose eines Karpaltunnelsyndroms schon deshalb nicht entscheidend erschüttern, weil insoweit der elektroneurographische Nachweis einer Veränderung der peripheren Nervenleitfähigkeit entscheidend ist (siehe Merkblatt zur BK 2106, a.a.O.). Dass bei dem Kläger isoliert im rechten Karpaltunnel – nicht dagegen im Ellenrinnenbereich – eine deutlich verminderte Leitgeschwindigkeit des Nervus medianus vorliegt, hat Dr. S. am 3. April 2004 – wie vor ihm schon Dipl.-Med. H. – nochmals belegt.

b) Daneben sind bei dem Kläger auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2106 nachgewiesen. Kennzeichnend für diese ist eine wiederholende mechanische und durch Druck schädigende Einwirkung. Als Gefahrquellen kommen gleichartige Körperbelastungen im Sinne mechanischer Überbelastungen, haltungskonstante Arbei-ten, das Andrücken eines Werkzeugs oder bestimmte Gelenkstellungen, die längere Zeit beibehalten werden müssen, in Frage. Die Einwirkung kann dabei durch von au-ßen kommende direkte Druck- oder Zugbelastungen oder aber durch indirekte Über-beanspruchungen von Sehnen und Muskeln mit nachfolgender Druckeinwirkung erfol-gen. Charakteristisch sind insbesondere Tätigkeiten mit erhöhtem Kraftaufwand bei Greifbewegungen der Hand (ab 4 kg), Arbeiten mit handgehaltenen vibrierenden Ma-schinen oder die wiederholte Einwirkung von Schlag- und Reibungskräften, wobei die Kombination derartiger Einwirkungen ein erhöhtes Gefährdungspotential birgt. Berufe wie Metzger, Lebensmittelhändler, Beschäftigte in der Tiefkühlkostherstellung oder Supermarktkassiererinnen weisen ein gesteigertes Erkrankungsrisiko auf (Merkblatt zur BK 2106, a.a.O.; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 5.7.1, S. 322 f. und Abschn. 8.7.7.6.1, S. 638 f.).

Nach den Angaben seines letzten Arbeitgebers in der Anzeige vom 12. Juli 1999 hat der Kläger seit 1974 bis zur Arbeitsunfähigkeit im Mai 1998 alle Arbeiten eines Hauers verrichtet und dabei durchschnittlich zwischen zwei bis fünf Stunden arbeitstäglich Bohrhämmer mit einem Eigengewicht von 25 bzw. 16 kg benutzt. Dies kann entspre-chend der Stellungnahme des TAD vom 18. Juni 2003 nur so gewertet werden, dass er damit Maschinen bedient hat, die wegen der von ihnen entfalteten Druck- bzw. Schlag-kräfte ein besonderes Gefährdungsmoment aufweisen und deren Handhabung – schon wegen ihres Eigengewichts – darüber hinaus eine erhöhte Greifkraft der Hände notwendig voraussetzen.

c) Soweit ein Karpaltunnelsyndrom nach dem Merkblatt nicht Gegenstand der BK 2106 sein soll, ist dies rechtlich unerheblich. Abgesehen davon, dass weder dem Merkblatt noch der wissenschaftlichen Begründung zur Einführung der BK 2106 (siehe hierzu Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit vom 1. August 2001, BArbBl. 2001, 59) eine Erläuterung für das Ausklammern einer solchen Gesundheitsstörung zu entnehmen ist, ist ein Merkblatt schon kein Bestandteil der BKV und kann daher auch nicht wie ein Verordnungstext ausgelegt werden (so ausdrücklich auch BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 – B 2 U 16/00 RSozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Vielmehr wenden sich die vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat – Sektion Berufskrankheiten – beim Bun-desministerium für Arbeit erarbeiteten Merkblätter in erster Linie an den Arzt und sollen ihm aus arbeitsmedizinscher Sicht rechtlich unverbindliche Hinweise für die Beurteilung im Einzelfall bieten. Sie stellen damit lediglich eine wichtige, nicht aber unbedingt aus-reichende Informationsquelle für die Praxis dar (BSG, Urteil vom 2. Mai 2001, a.a.O.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie – wie hier – nicht mehr den aktuellen wissenschaftli-chen Erkenntnisstand abbilden. Indem der Verordnungsgeber im Tatbestand der BK 2106 (bewusst) keine bestimmte Gesundheitsstörung angegeben, sondern allgemein auf den Begriff einer Druckschädigung der Nerven abgestellt hat, hat er insbesondere die Berücksichtigung neuer nach Schaffung der BK 2106 gewonnener bzw. bekannt-gewordener wissenschaftlicher Erkenntnisse ermöglicht. In seiner Bekanntmachung vom 1. Mai 2009 hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten des Bun-desministeriums für Arbeit und Soziales jüngst empfohlen, in die Liste der BKen eine "Druckschädigung des Nervus medianus im Carpaltunnel (Carpaltunnel-Syndrom) durch repetitive manuelle Tätigkeit mit Beugung und Streckung der Handgelenke, durch erhöhten Kraftaufwand der Hände oder durch Hand-Arm-Schwingungen" als neue BK aufzunehmen (GMBl. 2009, 573). Zur Begründung ist dargelegt, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen arbeitsbedingten manuellen Belastungen in unter-schiedlichen Berufen und dem Auftreten eines Karpaltunnelsyndroms aus pathophysio-logischer und epidemiologischer Sicht gesichert sei. Die schädigenden Einwirkungen seien u.a. durch erhöhten Kraftaufwand der Hände (kraftvolles Greifen) oder Hand-Arm-Schwingungen bei der Handhabung vibrierender Werkzeuge gekennzeichnet, wobei eine Kombination dieser Faktoren ein erhöhtes Erkrankungsrisiko bedeute. Der-artige Belastungen führten vor allem zu einer Überbeanspruchung des Sehnengleitge-webes, was wegen der engen und starren Begrenzung des Karpaltunnels eine ent-sprechende Druckerhöhung im Kanal bedinge, die eine Kompression des Nervus me-dianus zur Folge habe. Betroffene Berufsgruppen seien etwa Fleischverpacker, Fließ-bandarbeiter, Forstarbeiter oder Kassierer im Supermarkt. Differenzialdiagnostisch seien als Alternativursachen z.B. Traumafolgen, rheumatische und Stoffwechsel-erkrankungen, tumoröse Veränderungen oder Infektionskrankheiten wie Borreliosen in Betracht zu ziehen.

Wird diese Empfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats den medizinischen und arbeitstechnischen Tatbestandsvoraussetzungen der BK 2106 gegenübergestellt, ergibt sich, dass bezogen auf die Gefahrquellen, den Pathomechanismus, die betroffe-nen Berufsgruppen sowie alternative Schadensursachen (hierzu sogleich unter d) kei-ne wesentlichen Unterschiede bestehen. Insbesondere wird die für die Einführung ei-nes Karpaltunnelsyndroms als neue BK angegebene indirekte Einwirkung auf das Sehnengleitgewebe mit nachfolgender Kompression des Nervus medianus, der dem Druck infolge der Enge des Karpaltunnels nicht ausweichen kann, bereits von der ab-strakteren BK 2106 erfasst. Die neue Empfehlung ist lediglich insoweit spezieller, als sie konkret auf die Druckschädigung eines ganz bestimmten Nervs, nämlich das Kar-paltunnelsyndrom, zugeschnitten ist. In dieser Hinsicht mag die empfohlene Schaffung einer neuen BK auch durchaus konsequent sein, sei doch eine solche Gesundheitsstö-rung aus Sicht des Ärztlichen Sachverständigenbeirats von der BK 2106 bislang nicht erfasst worden. Dies stellt jedoch nur seine Meinungsäußerung zum Umfang des Tat-bestandes dieser BK dar, welche bei der rechtlichen Auslegung irrelevant ist. Ergibt diese – wie zuvor gezeigt –, dass ein Karpaltunnelsyndrom unter den Tatbestand der BK 2106 zu subsumieren ist, und wird die Ursachenbeziehung zwischen bestimmten beruflichen Einwirkungen und dem Auftreten einer solchen Erkrankung nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen aus pathophysiologischer und epidemiologischer Sicht nochmals ausdrücklich bestätigt, ist entgegen dem insoweit überholten Merkblatt die BK 2106 einschlägig und verbleibt kein Raum für einen subsidiären Rückgriff auf § 9 Abs. 2 SGB VII (so genannte "Wie- bzw. Quasi-BK"). Abgesehen davon schiede ein solcher vorliegend schon deshalb aus, weil die Beklagte über das Vorliegen einer Wie-BK im angefochtenen Bescheid nicht entschieden, sondern insoweit bereits mit Schreiben vom 15. Februar 2001 ein separates Feststellungsverfahren angekündigt hatte.

d) Schließlich ist das Karpaltunnelsyndrom im rechten Handgelenk des Klägers auch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch seine beruflichen Belastungen verursacht worden.

Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Um-stände mehr für als gegen den geltend gemachten Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegrün-det werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditio-sine-qua-non) kausal ist, voraus, dass die versicherte Einwirkung bei wertender Betrachtung nicht nur irgendeine Bedingung in der Kette der Faktoren für die Entstehung der Er-krankung, sondern wegen ihrer besonderen Beziehung zur geltend gemachten Krank-heit wesentlich mitgewirkt hat (vgl. KassKomm-Ricke, Stand April 2009, § 8 SGB VII Rn. 4 und 15, m.w.N.). Dabei ist "wesentlich" nicht gleichbedeutend mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rech-nerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keinen überwiegenden Einfluss hat (haben). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (hier der Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind insbesondere die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden Ursachen, der zeitliche Verlauf und die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm (siehe BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 30. Januar 2007, a.a.O.).

Gemessen hieran ist unter Berücksichtigung der ermittelten Anknüpfungstatsachen nach der gebotenen wertenden Betrachtung ein ursächlicher Zusammenhang zwi-schen der Tätigkeit des Klägers als Bergmann und dem Karpaltunnelsyndrom rechts hinreichend wahrscheinlich. Denn es spricht mehr für als gegen diese Kausalität.

Gewichtig gestützt wird diese Kausalverbindung bereits dadurch, dass eine eindeutige Beziehung zwischen der Art der auf das Handgelenk einwirkenden Belastungen, näm-lich dem kraftvollen Halten und Bedienen der schweren und schlagvibrierenden Bohr-hämmer, und der Lokalisation des anatomisch-neurologischen Befundes im Karpaltun-nel besteht (vgl. zur Maßgeblichkeit diese Kriteriums, Merkblatt, a.a.O.). Nicht nur die Art dieser Exposition, sondern auch ihr Umfang ist ein weiteres erhebliches Indiz für die maßgebliche Bedeutung der beruflichen Belastungen. Denn der Kläger war insge-samt 24 Jahre zwischen zwei bis fünf Stunden am Arbeitstag gegenüber der zuvor genannten Einwirkung exponiert. Für den Ursachenzusammenhang zwischen ihr und dem rechtsseitigen Karpaltunnelsyndrom spricht ferner der zeitliche Verlauf. Bereits drei Wochen nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 18. Mai 1998 hatte Dipl.-Med. H. diese Gesundheitsstörung gesichert. Hinzu kommt, dass der Kläger zu diesem Zeit-punkt 41 Jahre alt war, wohingegen ein Karpaltunnelsyndrom im Mittel in einem Le-bensalter von 51 Jahren in Erscheinung zu treten pflegt (siehe Schönber-ger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.7.7.6, S. 636 f.). Schließlich sind auch keine Konkurrenzursachen, die neben der beruflichen Belastung des Klägers als alternative Erklärung des Schadensbildes in Betracht kämen, ersichtlich. Als solche sind etwa Erkrankungen des Sehnengleitgewebes, anatomische Veränderungen wie Knochen-, Muskel-, Sehnen- oder Gefäßanomalien, tumoröse Raumforderungen im Karpaltunnel, Stoffwechselstörungen, rheumatische Erkrankungen, Schnitt-, Scher-, Stich-, Quetsch- und Frakturverletzungen und deren Folgen, Borrelioseinfektionen sowie Nieren- oder Schilddrüsenerkrankungen von Bedeutung (Merkblatt, a.a.O.; Schönberger/Mehrtens/ Valentin, a.a.O., Abschn. 8.7.7.6, S. 636 f.). Anhaltspunkte in dieser Hinsicht hat neben Dr. H. und Prof. Dr. Z. auch kein sonstiger im Verfahren gehörter Arzt ge-funden. Im Gegenteil haben Dr. S. und Prof. Dr. R. im Rahmen ihrer klini-schen Untersuchungen sowie bei der nochmaligen Auswertung der bildgebenden Be-funde relevante Muskelanomalien ebenso ausgeschlossen wie Arthrosehinweise im Handgelenksbereich. Darüber hinaus hat Dr. K. anlässlich seiner Befunderhebung am 3. April 2004 eine Durchblutungsstörung der Hände widerlegt und auch laborche-misch keine Hinweise gefunden, die eventuell Rückschlüsse auf eine Systemerkran-kung zugelassen hätten.

Nach alledem war der Berufung im Umfang des Ausspruchs stattzugeben.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei hat der Senat berücksich-tigt, dass der Kläger mit seinem Hauptanliegen, der Feststellung eines CRPS als BK, das Prof. Dr. Z. auch bei der Einschätzung der MdE als allein ausschlaggebend zugrunde gelegt hatte, nicht durchgedrungen ist.

III. Die Revision war nicht zuzulassen, da es sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherten Rechtsgrundlagen handelt, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht. Insbesondere handelt es sich bei der Frage, ob ein Karpaltunnelsyndrom vom Anwendungsbereich der BK 2106 erfasst wird, um keine solche mit grundsätzlicher rechtlicher Bedeutung i.S.v. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Vielmehr ist sie unter Berücksichtigung der aktuellen wissenschaftli-chen Erkenntnisse durch Subsumtion zu beantworten.

gez. Eyrich gez. Dr. Mecke gez. Dr. Ulrich
Rechtskraft
Aus
Saved