Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AL 46/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 337/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Unterhaltung eines Wohnsitzes (sowie auch eines gewöhnlichen Aufenthaltes) erfordert ein reales Verhalten in Bezug auf einen Lebensmittelpunkt; es muss ein realisierbarer Wille vorhanden sein (dazu BSG SozR 5870 § 2 Nr 44). Die Begründung und Innehabung von gleichzeitig mehreren Wohnsitzen ist denkbar (BSG SozSich 1978, 221). Vorauszusetzen ist lediglich, dass bei mehreren Wohnsitzen gleichwertige Beziehungen zu jedem Wohnsitz bestehen müssen. Als ein Merkmal für einen Wohnsitz fungiert die polizeiliche Meldung. Ein Wohnsitz kann trotz sich aus einer Wohnortbesichtigung durch den Außendienst der Beklagten ergebender Umstände zu bejahen sein.
2. Gelten die erleichterten Voraussetzungen des Leistungsbezugs nach § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III, liegt Arbeitsfähigkeit im Sinne der §§ 119 Abs 3 bereits dann vor, wenn der Arbeitslose einen Postnachsendeantrag gestellt hat (BSG, Urteil vom 30.06.2005, B 7a/7 AL 98/04 R).
3. Unter Vorbezug von Alg im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III ist nicht dessen tatsächliche Auszahlung, sondern dessen Bewilligung durch Bescheid zu verstehen. Der Alg-Vorbezug während eines einzigen Tages innerhalb der Vorfrist reicht aus. Auch braucht der Bezug von Anschluss-Alhi nicht unmittelbar dem Bezug von Alg zu folgen.
2. Gelten die erleichterten Voraussetzungen des Leistungsbezugs nach § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III, liegt Arbeitsfähigkeit im Sinne der §§ 119 Abs 3 bereits dann vor, wenn der Arbeitslose einen Postnachsendeantrag gestellt hat (BSG, Urteil vom 30.06.2005, B 7a/7 AL 98/04 R).
3. Unter Vorbezug von Alg im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III ist nicht dessen tatsächliche Auszahlung, sondern dessen Bewilligung durch Bescheid zu verstehen. Der Alg-Vorbezug während eines einzigen Tages innerhalb der Vorfrist reicht aus. Auch braucht der Bezug von Anschluss-Alhi nicht unmittelbar dem Bezug von Alg zu folgen.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21. September 2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe - Alhi - für den Zeitraum vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 hat.
Die 1944 geborene, verheiratete, deutsche Klägerin wohnte seit 31.08.1995 in Österreich. Sie war vom 13.06.2000 bis 30.06.2002 als Fernmeldehelferin und Löterin in der Firma ihres Ehemannes (E) in N. bei B-Stadt (Fa. E.) vollschichtig beschäftigt. Während ihrer beruflichen Tätigkeit wohnte sie nach eigenen Angaben in B-Stadt im Hotel und fuhr hin und wieder nach Österreich zurück. In der Zeit vom 11.07.2002 bis 31.10.2002 und vom 25.11.2002 bis 28.02.2003 bezog sie in Österreich Arbeitslosengeld.
Im März 2003 beantragte sie unter einer Adresse in G. Arbeitslosengeld und zog dann nach W. um. Für den Zeitraum vor dem 08.05.2003 stand der Klägerin Arbeitslosengeld nicht zu (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. November 2008, L 8 AL 114/06). Für den Zeitraum ab 08.05.2003 hat die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.05.2003 bewilligt (dazu im Einzelnen unten II 4). Aufgrund eines Antrags vom 20.06.2003 bezog die Klägerin das Arbeitslosengeld unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Sozialgesetzbuch - SGB - III.
Mit Veränderungsmitteilung vom 31.12.2003 meldete die Klägerin einen Umzug vom 31.12.2003 nach L. (L), Österreich, und legte eine Abmeldebescheinigung des Einwohnermeldeamts W. mit dem selben Auszugsdatum vor. Am 30.06.2004 meldete sie sich unter der Adresse in L. erneut arbeitslos. Bereits am 27.04.2004 hatte die Beklagte die Ortsabwesenheit der Klägerin vom 03.05.2004 bis 15.08.2004 (15 Wochen) genehmigt. Den Antrag vom 30.06.2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2004 ab. Die Klägerin habe ihren Wohnsitz in L. Aufgrund von europarechtlichen Vorschriften habe die Klägerin keinen Anspruch, weil sie in der Rahmenfrist von sechs Jahren nicht mindestens fünf Jahre im anderen Vertragsstaat beschäftigt gewesen sei.
Am 01.09.2004 meldete sich die Klägerin unter der Adresse G. , F. (F.) erneut arbeitslos und stellte einen neuen Antrag auf Bewilligung von Alhi. Am selben Tag hatte sie sich beim Einwohnermeldeamt F. unter der genannten Adresse polizeilich gemeldet. Ebenfalls am 01.09.2004 genehmigte die Beklagte die Ortsabwesenheit der Klägerin vom 06.09.2004 bis 17.12.2004. Ausweislich der Beklagtenakten erhielt die Beklagte am 17.11.2004 von der Deutschen Post eine Anschriftenberichtigung mit einem die Klägerin betreffenden Vermerk des Nachsendezentrums "Empfänger verzogen nach Postfach ... M.".
Mit Bescheid vom 04.11.2004 (Widerspruchsbescheid vom 07.01.2005) lehnte die Beklagte den Alhi-Antrag ab. Die Klägerin sei zwar in F. gemeldet, jedoch hätten Ermittlungen ergeben, dass die Klägerin weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in F. habe. Sie habe sich nach den vorliegenden Unterlagen am 01.09.2004 in der Geschäftsstelle der Beklagten in W. arbeitslos gemeldet und Arbeitslosenhilfe beantragt und als Adresse F., G. 27, angegebenen. Aus begründetem Zweifel am Wohnsitz der Klägerin sei von der Beklagten am 05.10.2004 eine Wohnortermittlung durchgeführt worden. Bei dem Wohnobjekt habe es sich um eine Ferienwohnanlage gehandelt. Die Klägerin sei an der Rezeption beziehungsweise bei der Geschäftsführung der Ferienwohnanlage nicht bekannt gewesen. In der betreffenden Wohnung hätten sich keinerlei persönliche Gegenstände gefunden, die auf eine Anwesenheit der Klägerin schließen ließen. Auch in der Küche seien weder Lebensmittel noch Geschirr vorhanden gewesen. Von einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin unter der angegebenen Adresse habe auch bei wohlwollender Prüfung nicht ausgegangen werden können. Ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland würden fehlen. Daher habe der Antrag auf Alhi abgelehnt werden müssen.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Landshut - SG - erhoben. Nach Einholung einer schriftlichen Auskunft von dem damaligen Geschäftsführer der Wohnanlage in F., Hr. K. (K), hat das SG die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, Alhi vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 dem Grunde nach zu gewähren. Die Klägerin habe ihren Wohnort F. beim zuständigen Einwohnermeldeamt gemeldet gehabt. Die Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass sie der Klägerin vom 06.09.2004 bis 17.12.2004 Urlaub genehmigt habe. Bei der Besichtigung vom 05.10.2004 habe nicht festgestellt werden können, dass die Klägerin ihren Wohnsitz nicht in F. gehabt habe.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und ausgeführt, die Klägerin habe in Österreich gewohnt. Am 01.09.2004 habe sie sich in F. angemeldet, bei der Agentur für Arbeit W. arbeitslos gemeldet und sich sogleich vom 06.09.2004 bis 17.12.2004 Ortsabwesenheit genehmigen lassen und sei nach Österreich zurückgekehrt. Bei der Wohnung in F. handele es sich um ein Ferienapartment, das im Eigentum des Sohnes der Klägerin stehe. Am 05.10.2004 seien an der Rezeption der Ferienanlage weder die Klägerin noch ihr Ehemann bekannt gewesen. In der Wohnung hätten sich weder die Klägerin noch ihr Ehemann, dem keine Ortsabwesenheit genehmigt worden war, befunden. Der Geschäftsführer der Ferienwohnanlage habe den Mitarbeitern der Beklagten gestattet, die Wohnung in Augenschein zu nehmen. Auch der Geschäftsführer der Anlage habe bestätigt, dass die Wohnung unbewohnt und in tadellosem, vermittelbaren Zustand gewesen sei. Schreiben an die Adresse der Wohnung seien wegen eines Nachsendeantrags an eine Postfachadresse in M. nachgesendet worden. Die Klägerin habe ihren Wohnsitz im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in Deutschland gehabt. Es sei richtig, dass die Klägerin vom 06.09.2004 bis 17.12.2004 von der Beklagten genehmigten Urlaub gehabt habe. Hier sei aber die grundsätzliche Erreichbarkeit der Klägerin unter der angegebenen Anschrift nicht gewährleistet gewesen.
In der mündlichen Verhandlung vom 23.07.2009 hat der Senat den E als Zeugen vernommen. Wegen des Inhalts seiner Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21.09.2006 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 04.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.01.2005 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, es sei nicht zutreffend, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt und Wohnsitz nicht in F. gehabt habe. In der Wohnung hätten sich persönliche Gegenstände befunden.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der beim SG bzw. LSG geführten Verfahren S 7 AL 1473/03 und L 8 AL 114/06 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs.1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs.1, 87 Abs.1 S. 2 SGG).
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg, da das SG die angegriffenen Bescheide zu Recht aufgehoben und die Beklagte verurteilt hat, Alhi vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 zu bewilligen.
Im vorliegenden Verfahren geht es um die Frage, ob die Klägerin vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 einen Anspruch auf Alhi hat. Verfahrensgegenstand sind somit die Bescheide vom 04.11.2004 und vom 07.01.2005 (Widerspruchsbescheid, § 95 SGG), mit denen die Beklagte die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 abgelehnt hat. Die Klägerin macht die fraglichen Leistungen, auf die bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 190 ff. SGB III (hier in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des SGB III, 3. SGB III-ÄndG, vom 22.12.1999, BGBl I 2624, und späterer Gesetze) ein Rechtsanspruch besteht, mit der statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend (§ 54 Abs. 4 SGG).
Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte lässt sich nicht bereits auf Grund des Vorbehalts in § 30 Abs. 2 SGB I zu Gunsten des überstaatlichen Rechts herleiten. Insbesondere greifen die Bestimmungen der EWG-Verordnung (EWGV) Nr. 1408/71 vom 14.06.1971 (ABl EG Nr. L 149/2, hier in der Neufassung der Verordnung Nr. 118/97 vom 2. Dezember 1996, ABl EG 1997 Nr. L 28/1) für den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht ein. Im Abschnitt der für die Arbeitslosigkeit maßgebenden Vorschriften der Art. 67 ff EWGV Nr. 1408/71 sind lediglich in Art. 69 und 71 Regelungen enthalten, die über die nationale Voraussetzung des § 30 Abs 1 SGB I hinweghelfen können, also eine Alg-Leistung ermöglichen, ohne dass der Arbeitslose einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland besitzen muss. Dies ist zum einen der hier offensichtlich nicht einschlägige Art 69, der einen Leistungsexport für drei Monate ins Ausland an einen Arbeitslosen ermöglicht, der sich in einen anderen oder mehrere andere Mitgliedsstaaten begibt, um dort eine Beschäftigung zu suchen. Ansonsten ermöglicht lediglich Art. 71 EWGV 1408/71 die Gewährung von Leistungen an einen im Ausland wohnenden Arbeitslosen. Diese Regelung betrifft nur sogenannte Grenzgänger. Die Klägerin war jedenfalls im hier fraglichen Zeitraum keine Grenzgängerin im Sinne des Art. 1 b dieser Verordnung. Danach ist Grenzgänger jeder Arbeitnehmer, der im Gebiet eines Mitgliedstaats beschäftigt ist und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt, in das er in der Regel täglich, mindestens aber einmal wöchentlich zurückkehrt. Eben dies ist bei der Klägerin nach ihren eigenen Angaben und den im Folgenden im Einzelnen dargestellten Ausführungen des Zeugen E, an deren Richtigkeit der Senat keine Zweifel hat, nicht der Fall.
Der geltend gemachte Anspruch besteht aber nach nationalem Recht. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Alhi vom 01.09.2004 bis einschließlich 31.12.2004 aus §§ 190 ff., 117 ff. SGB III in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des SGB III vom 22.12.1999, BGBl. I 2624. Dieser Anspruch setzt gemäß § 30 Abs. 1 SGB I den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Anspruchstellers im Geltungsbereich des SGB voraus. Ferner müssen die in den §§ 190 ff., 117 ff. SGB III geregelten Voraussetzungen erfüllt sein. Anspruch auf Alhi haben danach Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich arbeitslos gemeldet haben, einen Anspruch auf Alg nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeiten nicht erfüllt haben, in der Vorfrist Alg bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist, und bedürftig sind. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Sie hatte ihren Wohnsitz im Geltungsbereich des SGB (dazu unter 1). Auch die sonstigen Voraussetzungen liegen vor, insbesondere war die Klägerin arbeitslos im Sinne des § 118 SGB III (dazu unter 2) und bedürftig im Sinne des § 190 SGB III (dazu unter 3); auch die sogenannte Vorfrist ist erfüllt ( siehe 4).
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dem geltend gemachten Anspruch nicht der allgemeine Grundsatz des § 30 Abs. 1 SGB I entgegengehalten werden, der die Anwendung der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs auf Personen begrenzt, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (Territorialitätsprinzip). Denn die Klägerin hatte ihren Wohnsitz im Geltungsbereich des SGB.
Gemäß § 30 Abs. 1 SGB I gelten die Vorschriften dieses Gesetzbuchs und damit auch die des SGB III für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. Einen Wohnsitz hat gemäß § 30 Abs. 3 SGB I jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, erfordert die Unterhaltung eines Wohnsitzes (sowie auch eines gewöhnlichen Aufenthaltes) ein reales Verhalten in Bezug auf einen Lebensmittelpunkt; es muss ein realisierbarer Wille vorhanden sein (BSG SozR 5870 § 2 Nr 44 = SozSich 1986 Rspr Nr 3991; vgl. zur Rechtsprechung des BSG zum Wohnsitz auch BSG FamRZ 1985, 1025; BSG SozR 5870 § 2 Nr 44 = SozSich 1986 Rspr Nr 3991).
Unter Zugrundelegung dieser Vorschriften und Grundsätze hatte die Klägerin ihren Wohnsitz im Sinne des § 30 Abs. 1 SGB I in F. und damit im Geltungsbereich des SGB. Sie hatte dort eine Wohnung unter Umständen inne, die darauf schließen lassen, dass sie diese Wohnung beibehalten und benutzen wird.
Die Annahme eines Wohnsitzes in F ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin einen Wohnsitz (auch) in A-Stadt, Österreich, hatte. Denn die Begründung und Innehabung von gleichzeitig mehreren Wohnsitzen ist denkbar (BSG SozSich 1978, 221). Vorauszusetzen ist lediglich, dass bei mehreren Wohnsitzen gleichwertige Beziehungen zu jedem Wohnsitz bestehen müssen (vgl. zu mehreren gewöhnlichen Aufenthalten BSG DAngVers 1985, 375 und 377; BSG DAngVers 1985, 377; BSGE 27, 88, 89). Das ist hier, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt, der Fall.
Als objektives Merkmal für einen Wohnsitz der Klägerin in F. fungiert - auch wenn es darauf nicht allein ankommt (BSGE 53, 49, 52 = SozR 5870 § 2 Nr 25) - die Meldung in F. Die Klägerin war ausweislich einer entsprechenden Kopie der Meldebescheinigung bei der Meldebehörde vom 01.09.2004 in F. unter der Adresse G. gemeldet, ihr Ehemann E - ebenfalls belegt durch eine Meldebescheinigung - bereits seit 06.04.2004. Dies deckt sich mit den Angaben des Zeugen E, wonach seine Frau zunächst noch in L gewohnt habe und er am Wochenende zu ihr gependelt sei. Die Klägerin hatte die Wohnung in F. aber auch unter weiteren Umständen inne, die darauf schließen lassen, dass sie diese Wohnung beibehalten und benutzen werde. Neben der polizeilichen Meldung ist dies der Umstand, dass E - belegt durch einen Überweisungsträger vom 23.9.2004 - für die Wohnung in F. Abgaben an die Verwaltungs-GmbH der Wohnanlage in F. und an seinen Sohn - wenn auch ohne Beleg und nach den auch insofern glaubhaften Angaben des E in bar - einen Mietzins von 150,00 Euro monatlich bezahlt hat. Diese Wohnsitzmerkmale ergeben sich zur vollen Überzeugung des Senats nicht nur aus den Angaben des E, den der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 23.07.2009 als Zeugen vernommen hat, sondern auch aus den von E vorgelegten (mehr als 70) Schriftstücken mit einem unter der Adresse in F. geführten Briefwechsel. Der Senat ist auch aufgrund der vorgelegten Unterlagen und des in der Verhandlung gewonnenen Eindrucks davon überzeugt, dass die Angaben des E, wonach die Klägerin, seine Ehefrau, am 01.09.2004 zu ihm nach F. gezogen sei und jedenfalls bis zum 31.12.2004 dort ihren Lebensmittelpunkt gehabt habe, der Wahrheit entsprechen. Gestützt wird dies durch die in nachvollziehbarer Weise erläuterte Ausführung des E, er habe zu F. aufgrund seiner beruflichen Vergangenheit eine besondere Beziehung gehabt. Die Aussage des E erscheint dem Senat auch insofern als glaubhaft, als er zum Wohnsitz in F. ausführte, in der dortigen Wohnanlage sei die Hälfte der Wohnungen von Dauermietern besetzt; im Zeitraum April bis September 2004 sei G. nicht an Dritte vermietet worden, auch nicht bis Dezember 2004.
Die volle Überzeugung des Senats vom Wohnsitz der Klägerin in F. resultiert auch aus den glaubhaften Ausführungen des E zu den weiteren diesbezüglichen Umständen. E gab an, er habe mit der Klägerin einen neuen Lebensabschnitt beginnen wollen und erläuterte in nachvollziehbarer Weise auch seine und der Klägerin Absicht, ein weiteres Appartement dazuzukaufen, um inklusive eines dazwischen liegenden Flurs genügend Wohnfläche zu haben. Die Angaben des E zum nicht nur vorübergehenden Verweilen in F. erscheinen dem Senat insbesondere deshalb als glaubwürdig, weil er von gemeinsam Behörden- und Arztbesuchen in der Umgebung von F. berichtet hat und diese anhand der vorgelegten Schriftstücke belegen konnte, ferner von anderen Details im Umfeld der Wohnung wie von einem nahen Krankenhaus sowie einer medizinischen Abteilung, die er und die Klägerin regelmäßig in Anspruch genommen hätten. Als glaubwürdig erscheinen die Angaben des E insbesondere deshalb, weil er ohne weiteres Nachfragen zugab, dass er sich mit der Klägerin nicht während der gesamten Zeit in F. aufgehalten hat und auch weitere Details schilderte, die gegen einen Wohnsitz in F. sprechen könnten (Teil des Hausrats in L.; Silvesterfeier in L.). Jedenfalls steht aufgrund der Aussage des E zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass - wie E ausdrücklich angab - er sich zusammen mit der Klägerin die meiste Zeit in F. aufgehalten hat. Dass die Klägerin und E nicht während der gesamten Zeit in F. waren, sondern sich auch in L. aufgehalten haben, steht der Bejahung eines Wohnsitzes in F. nicht entgegen. Denn eine ständige, ununterbrochene Anwesenheit ist für das Innehaben eines Wohnsitzes nicht erforderlich (vgl. dazu insbesondere BSG SozR 5870 § 1 Nr 4 = Breith 1980, 328; ferner BSGE 58, 233 = SozR 1200 § 30 Nr 9 noch zu § 1303 Abs 1 RVO, jetzt § 210 SGB VI; BSG SozR 5870 § 1 Nr 7 = Breith 1980, 971 = BB 1980, 1864; BSG SozR 3 - 5870 § 2 Nr 36 = Breith 1998, 47 = SGb 1998, 226). Die Unterhaltung eines Wohnsitzes (sowie auch eines gewöhnlichen Aufenthaltes) erfordert - wie bereits ausgeführt - vielmehr lediglich ein reales Verhalten in Bezug auf einen Lebensmittelpunkt (BSG SozR 5870 § 2 Nr 44 = SozSich 1986 Rspr Nr 3991; zum Ganzen Seewald in: Kasseler Kommentar, Stand 2009, 60. Erg.lief., § 30 Rn 14), das hier nach den dargestellten Umständen für die Wohnung in F. erfüllt ist. Insbesondere waren zur vollen Überzeugung des Senats die Räumlichkeiten in F. als ständiges Heim geeignet, Ausstattung und sonstige Gegebenheiten der Wohnung standen auch ohne die (geplante) zusätzliche Nutzung eines zweiten Appartements einer regelmäßigen Benutzung nicht entgegen.
In Bezug auf die eingangs erwähnten Voraussetzungen bei Innehaben eines Zweitwohnsitzes ist festzustellen, dass aus den vorstehenden Überlegungen zugleich folgt, dass die Klägerin zu ihrem Wohnsitz in F. zumindest gleichwertige Beziehungen wie zu dem - hier insofern unterstellten - Wohnsitz in L. hatte.
Der Umstand, dass die Klägerin in der Zeit vor der hier fraglichen Alhi-Beantragung ihren (Zweit-) Wohnsitz in Deutschland mehrfach gewechselt hat (G., W., F.), ist nach Überzeugung des Senats damit zu erklären sein, dass - wie E in glaubhafter Weise angab - die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann einen neuen Lebensmittelpunkt gesucht und den Aufbau einer neuen beruflichen Existenz versucht hat und hierzu mehrere Anläufe nötig waren.
Die sich aus der Wohnortbesichtigung durch den Außendienst der Beklagten ergebenden Umstände begründen keine, zumindest keine rechtlich relevanten Zweifel am Wohnsitz der Klägerin in F. Dabei kann dahinstehen, ob die Wohnortbesichtigung den in §§ 21 SGB X und § 319 SG III normierten Voraussetzungen entsprach. Diesbezügliche Zweifel ergeben sich trotz der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit, im Rahmen der Aufklärung des Sachverhalts auch Wohnortbesichtigungen durchzuführen, deshalb, weil vor Durchführung eines Hausbesuchs der Leistungsträger zunächst seine Zweifel an den Angaben des Betroffenen darlegen muss (von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. § 21 Rn 10 mwN; Niesel, SGB III, 4. Aufl. 2007, § 319 Rn 5), was hier nicht geschehen ist. Die Wohnortbesichtigung könnte auch deshalb rechtswidrig gewesen sein, weil dem Recht zum Hausbesuch durch Art. 13 GG Schranken gesetzt sind und die Ermittler grundsätzlich nur mit Zustimmung des Wohnungsinhabers die Wohnung betreten dürfen, die hier nicht vorlag. Ob die Wohnortbesichtigung rechtswidrig war und deshalb eine Unverwertbarkeit der daraus gewonnenen Erkenntnisse vorlag, kann aber dahinstehen. Denn den sich daraus ergebenden und von der Beklagten insofern angeführten Umständen kommt für die Frage des Wohnsitzes keine rechtliche Relevanz zu. Selbst wenn sich - wie dem entsprechenden Bericht der Beklagten über die Wohnortbesichtigung zu entnehmen ist - in der Wohnung nämlich keine (sichtbaren) persönlichen Gegenstände und keine Lebensmittel befunden haben, lässt sich daraus nicht der Schluss des fehlenden Wohnsitzes ziehen. Wie die Beklagte selbst einräumt, war die Ortsabwesenheit der Klägerin ab Anfang September von ihr genehmigt, und zwar auf der Grundlage des § 4 der Erreichbarkeitsanordnung. Die Besichtigung fand Anfang Oktober statt. Sie belegt lediglich einen Tag der Abwesenheit. Auch der Umstand, dass der Pförtner den Namen der Klägerin nicht gekannt haben soll, schließt im Hinblick auf die Größe der Wohnanlage - die hier fragliche Wohnung trägt die Nummer 88 - die Wohnsitzqualität nicht aus. Zudem gab E in glaubhafter Weise an, das die persönlichen Dinge wegen der (genehmigten) Ortsabwesenheit in einem Schrank im Eingangsbereich eingeschlossen gewesen seien, der Hausrat habe in der Küche gesteckt.
Die Klägerin hatte nach alledem zur vollen Überzeugung des Senats in F. eine Wohnung unter Umständen inne, die darauf schließen lassen, dass sie aus damaliger Sicht diese Wohnung beibehalten und benutzen würde. Sie hatte zur vollen Überzeugung des Senats zumindest gleichwertige Beziehungen zu diesem Wohnsitz wie zu demjenigen (als gegeben unterstellten) in Österreich. Zweifel, die sich aufgrund der Wohnortbesichtigung bzw. des Wohnsitzwechsels vor der Alhi-Beantragung auftun könnten, wiegen jedenfalls nicht so schwer, dass sie die volle Überzeugung des Senats vom Vorliegen eines Wohnsitzes in F. erschüttern.
2. Die Klägerin war auch arbeitslos im Sinne der §§ 118 f. SGB III, 198 Abs. 1 S.2, 428 SGB III. Die Voraussetzungen der §§ 118 f. SGB III sind unter Beachtung der Vorschrift des § 428 SGB III, der die Merkmale jener Vorschrift modifiziert, erfüllt.
Ein Anspruch auf Alhi setzt u.a. Arbeitslosigkeit voraus, § 118 SGB III. Zu deren Voraussetzungen zählt nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III die Beschäftigungssuche. Eine Beschäftigung sucht nach § 119 Abs. 1 SGB III, wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Nr. 1) und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit, Nr. 2). Merkmale der Verfügbarkeit sind grundsätzlich die in der Erreichbarkeitsanordnung näher bestimmte Arbeitsfähigkeit und die ihr entsprechende Arbeitsbereitschaft, § 119 Abs. 2 SGB III. Ausweislich der Beklagtenakten galten - was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - für die Klägerin die erleichterten Voraussetzungen des Leistungsbezugs nach § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III. Danach haben Anspruch auf Alg auch Arbeitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Alg allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Die Klägerin hatte das 58. Lebensjahr vollendet und wollte ausweislich der am 20.06.2003 abgegebenen Erklärung nicht alle Möglichkeiten nutzen, um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden, eine entsprechende Zustimmung der Beklagten war gegeben. § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III verzichtet auf die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitsbereitschaft gemäß § 119 Abs 4, Abs 1 Nr 2, Abs 2 SGB III (und damit auch auf die Beschäftigungssuche). Nicht verzichtet wird auf die objektive Verfügbarkeit des Arbeitslosen (Erreichbarkeit; vgl. noch zum AFG BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 16, S 65 mwN) und damit auf die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitsfähigkeit im Sinne der §§ 119 Abs 3, 428 SGB III, die allerdings im Lichte des § 428 SGB III auszulegen ist. Bei einer solchen Auslegung der Voraussetzungen der §§ 119, 198 Abs. 1 S. 2 SGB III ist vorliegend neben der fingierten Arbeitsbereitschaft auch Arbeitsfähigkeit der Klägerin zu bejahen.
Nach § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III iVm § 1 Abs 1 EAO ist arbeitsfähig ein Arbeitsloser, der Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf (BSG, Urteil vom 30.06.2005, B 7a/7 AL 98/04 R juris Rn 12). Hierzu hat der Verwaltungsrat der Beklagten aufgrund der Ermächtigung in § 152 Nr. 2 SGB III Näheres in der Erreichbarkeitsanordnung - EAO - vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1997, 1685) bestimmt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EAO muss der Arbeitslose u.a. in der Lage sein, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen und mit einem möglichen Arbeitgeber oder Maßnahmeträger in Verbindung zu treten; deshalb hat er nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Abzustellen ist im Rahmen des § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO auf die dem Arbeitsamt benannte Anschrift (Urteil des BSG vom 09.08.2001, B 11 AL 17/01 R juris Rn 19).
Im Grundsatz muss auch bei einem Leistungsbezug unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III Arbeitsfähigkeit im Sinne des § 119 Abs 3 SGB III (iVm § 11 Abs 1 Nr 2 und § 119 Abs 2 SGB III idF des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997, BGBl I 2970) vorliegen (BSG, Urteil vom 30.06.2005, B 7a/7 AL 98/04 R JURIS Rn 11; zu § 105c AFG vgl. Urteil vom 14. 09.1995, 7 RAr 14/95; Urteil vom 14.05.1996, SozR 3-4100 § 103 Nr 16). Allerdings folgt aus Sinn und Zweck der Regelung des § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III, dass der Anspruchsvoraussetzung des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III iVm § 1 Abs 1 EAO (idF vom 23. Oktober 1997, ANBA 1685), nach der der Arbeitslose den Vorschlägen des Arbeitsamtes zeit- und ortsnah Folge leisten können muss, bei über 58-jährigen bereits dann genügt ist, wenn der Arbeitslose einen Postnachsendeantrag gestellt hat (BSG, Urteil vom 30.06.2005, B 7a/7 AL 98/04 R; grundsätzlich zur Bedeutung des Nachsendeauftrags BSGE 88, 172, 177 = SozR 3-4300 § 119 Nr 3). Denn aus der Funktion des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III, klare Verhaltensmaßstäbe zur Gewährleistung einer effektiven Arbeitsvermittlung zu setzen (dazu BSG, Urteil vom 30.06.2005, B 7a/7 AL 98/04 R juris Rn 14; BSGE 88, 172, 177 = SozR 3-4300 § 119 Nr 3), folgt, dass im Rahmen des § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III modifizierte Maßstäbe gelten müssen. Dem wesentlichen Zweck des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III iVm § 1 Abs 1 EAO, eine "ständige Kommunikation" zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung aufrechtzuerhalten, die dazu dienen soll, den Arbeitslosen jederzeit und effektiv in Arbeit zu vermitteln, kommt bei einem Leistungsbezug nach § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III gerade keine Bedeutung zu. Vermittlungsvorschläge oder Aufforderungen zu Trainings- oder anderen Eingliederungsmaßnahmen werden an solche Arbeitslose nicht mehr versandt. Der ältere Arbeitnehmer, der - wie die Klägerin - eine Erklärung gemäß § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III abgegeben hat und damit Alg unter erleichterten Voraussetzungen bezieht, muss nicht mehr damit rechnen, dass die Beklagte ihm Vermittlungsvorschläge unterbreitet. Gerade dies unterscheidet ihn von einem "jüngeren" Arbeitslosen, dessen Erreichbarkeit im Rahmen des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III iVm § 1 Abs 1 EAO deshalb ein tägliches Aufsuchen der Wohnanschrift voraussetzt, weil ansonsten eine effektive Arbeitsvermittlung nicht gewährleistet ist. Arbeitsvermittlung in diesem Sinne soll bei über 58-jährigen Arbeitnehmern gemäß § 428 SGB III nicht mehr stattfinden. Der grundsätzliche Regelungszweck des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III, eine effektive Arbeitsvermittlung sicherzustellen, entfällt mithin im Rahmen des § 428 SGB III (BSG, Urteil vom 30.06.2005, B 7a/7 AL 98/04 R juris Rn 15). Daher ist im Rahmen des § 428 SGB III Erreichbarkeit noch am selben Tage nicht zu fordern (BSG, aaO, juris Rn 16 a.E.).
Unter Beachtung dieser vom BSG gefundenen Auslegungsergebnisse, denen sich der Senat anschließt, war die Klägerin im hier fraglichen Zeitraum arbeitsfähig im vorgenannten Sinne. Ihre Erreichbarkeit im Sinne der §§ 119, 428 SGB III war gegeben. Dies ergibt sich zur vollen Überzeugung des Senats auch für das Tatbestandsmerkmal der Arbeitslosigkeit aus der Würdigung der oben zum Wohnsitz dargestellten Umstände. Dem Arbeitsamt war die Anschrift in F. bekannt. Die polizeiliche Meldung der Klägerin in F. fungiert ebenfalls als Indiz dafür, dass die Klägerin dort auch erreichbar im vorgenannten Sinne war. Die postalische Erreichbarkeit der Klägerin war zur vollen Überzeugung des Senats entweder in der Wohnung in F. oder über den gestellten Nachsendeantrag gegeben. "Vorschläge" im Sinne des § 1 Abs 1 Satz 1 EAO erfolgten ohnehin nicht mehr. Der einzige im streitgegenständlichen Zeitraum bis 31.12.2004 fragliche Rücklauf vom 17.11.2004 steht der Erreichbarkeit aus den genannten Gründen nicht entgegen. Die gegenüber "normalen" Arbeitslosen geringeren Anforderungen, die wegen § 428 Abs 1 SGB III an die Erreichbarkeit der Klägerin zu stellen sind, waren nach alledem vorliegend erfüllt.
3. Die Klägerin war in der hier fraglichen Zeit auch bedürftig.
Nach § 193 Abs 1 SGB III idF, die § 193 durch das Gesetz vom 16.02.2001, BGBl I 266, erhalten hat, ist ein Arbeitsloser bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen und das Vermögen seines Partners die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist (§ 193 Abs 2 SGB III). Ob und inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist, konkretisiert die Arbeitslosenhilfe-Verordnung - AlhiV - (§ 206 SGB III). Für den Fall der vor dem 01.01.1948 geborenen Klägerin ist wegen der Übergangsvorschrift des § 4 Abs. 2 S. 2 AlhiV (idF des Art. 11 des 1. Gesetzes für moderne Dienstleistungen, vom 23.12.2002, BGBl. I 4607) anwendbar die AlhiV 2002 idF des Gesetzes vom 13.12.2001 (BGBl. I S. 3734). Aufgrund eines aktenkundigen Versicherungsscheins der Stuttgarter Lebensversicherung und der Angaben der Klägerin, an deren Richtigkeit der Senat keinen Anlass zu zweifeln hat und die von der Beklagten nicht, jedenfalls nicht in substanziierter Weise bestritten werden, steht fest, dass die Klägerin im hier fraglichen Zeitraum kein Einkommen und lediglich eine Kapitallebensversicherung mit einem Auszahlungsbetrag beim Kauf von 3659 Euro hatte und dass weder sie noch E sonstiges Vermögen hatten. E bezog nach den Angaben im Zusatztblatt "Bedürftigkeitsprüfung" ebenfalls Alhi. Der genannte Betrag des Wertes der Versicherung liegt offensichtlich unter dem Freibetrag des § 1 Abs 2 AlhiV 2002 von 520,00 Euro je vollendetem Lebensjahr der Klägerin (60 x 520.- Euro).
4. Auch die sonstigen in den §§ 117 ff. 190 ff. SGB III geregelten Voraussetzungen des Alhi-Anspruchs sind erfüllt. Die Klägerin hat sich ausweislich des aktenkundigen Beratungsvermerks am 01.09.2004 bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und - wie sich ebenfalls aus den beigezogenen Verwaltungsakten ergibt und was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist - auch die sonstigen Voraussetzungen des § 190 Abs 1 SGB III erfüllt. Insbesondere ist die sogenannte Vorfrist des § 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III i.d.F. des Gesetzes vom 22.12.1999 (BGBl. I , S. 2624) erfüllt. Nach dieser Vorschrift setzt der Alhi-Anspruch (neben dem hier gegebenen Nichterlöschen des Anspruchs wegen des Eintritts einer Sperrzeit) voraus, dass der Arbeitnehmer in der Vorfrist Arbeitslosengeld - Alg - bezogen hat. Unter Vorbezug von Alg im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III ist nicht dessen tatsächliche Auszahlung, sondern dessen Bewilligung durch Bescheid zu verstehen. Bei bestandskräftiger Bewilligung kommt es auf deren Rechtmäßigkeit nicht an (BSG SozR 4100 § 134 Nr 31). Der Alg-Vorbezug in diesem Sinne während eines einzigen Tages innerhalb der Vorfrist reicht aus. Auch braucht der Bezug von Anschluß-Alhi nicht unmittelbar dem Bezug von Alg zu folgen. Nicht erforderlich ist ferner ein Alg-Vorbezug während der gesamten Vorfrist des § 192 SGB III (vgl. Brandts in: Niesel, SGB III, 2. Aufl. 2002, § 190 RdNr. 13 f).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen des § 190 Abs 1 SGB III vorliegend erfüllt. Die Klägerin hat in der Vorfrist im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III im vorbezeichneten Sinne Alg bezogen. Die Vorfrist umfasst hier den Zeitraum von einem Jahr ab Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen (§ 192 S. 1 SGB III), hier also die Zeit vom 01.09.2003 bis 01.09.2004 (Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung bzw. Alhi-Beantragung mit Wohnsitz in F.). Ausweislich der Beklagtenakten erhielt die Klägerin ab 08.05.2003 bis 31.05.2003 für 24 Kalendertage und dann über den 30.05.2003 hinaus Alg bis zum 31.07.2003 (vgl. Mitteilung der Arbeitsvermittlung vom 20.09.2004). Alg bewilligt war der Klägerin aber aufgrund des bestandskräftigen Bescheids vom 28.05.2003 mit einer ab 31.05.2003 beginnenden Restanspruchsdauer von 307 Kalendertagen (vgl. Zahlungsnachweis vom 30.05.2003). Die Beklagte hatte diese Bewilligung zwar mit Bescheid vom 01.09.2003 (Widerspruchsbescheid vom 27.10.2003) zurückgenommen und bereits erbrachtes Arbeitslosengeld in Höhe von 2.498,47 EUR sowie die entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 722,74 EUR zurückgefordert. Dagegen hatte die Klägerin aber Klage zum Sozialgericht München erhoben (Aktenzeichen S 7 AL 1473/03). Dieses hatte den Bescheid vom 01.09.2003 und den Widerspruchsbescheid vom 27.10.2003 mit rechtskräftigem Urteil vom 24.01.2006 aufgehoben. Alg-Bezug im Sinne der vorgenannten Alg-Bewilligung lag damit aufgrund des bestandskräftigen Bewilligungsbescheids vom 28.05.2003 jedenfalls am Stichtag des 01.09.2003 vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Klägerin in beiden Instanzen obsiegte.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht gegeben sind.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe - Alhi - für den Zeitraum vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 hat.
Die 1944 geborene, verheiratete, deutsche Klägerin wohnte seit 31.08.1995 in Österreich. Sie war vom 13.06.2000 bis 30.06.2002 als Fernmeldehelferin und Löterin in der Firma ihres Ehemannes (E) in N. bei B-Stadt (Fa. E.) vollschichtig beschäftigt. Während ihrer beruflichen Tätigkeit wohnte sie nach eigenen Angaben in B-Stadt im Hotel und fuhr hin und wieder nach Österreich zurück. In der Zeit vom 11.07.2002 bis 31.10.2002 und vom 25.11.2002 bis 28.02.2003 bezog sie in Österreich Arbeitslosengeld.
Im März 2003 beantragte sie unter einer Adresse in G. Arbeitslosengeld und zog dann nach W. um. Für den Zeitraum vor dem 08.05.2003 stand der Klägerin Arbeitslosengeld nicht zu (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. November 2008, L 8 AL 114/06). Für den Zeitraum ab 08.05.2003 hat die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.05.2003 bewilligt (dazu im Einzelnen unten II 4). Aufgrund eines Antrags vom 20.06.2003 bezog die Klägerin das Arbeitslosengeld unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Sozialgesetzbuch - SGB - III.
Mit Veränderungsmitteilung vom 31.12.2003 meldete die Klägerin einen Umzug vom 31.12.2003 nach L. (L), Österreich, und legte eine Abmeldebescheinigung des Einwohnermeldeamts W. mit dem selben Auszugsdatum vor. Am 30.06.2004 meldete sie sich unter der Adresse in L. erneut arbeitslos. Bereits am 27.04.2004 hatte die Beklagte die Ortsabwesenheit der Klägerin vom 03.05.2004 bis 15.08.2004 (15 Wochen) genehmigt. Den Antrag vom 30.06.2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2004 ab. Die Klägerin habe ihren Wohnsitz in L. Aufgrund von europarechtlichen Vorschriften habe die Klägerin keinen Anspruch, weil sie in der Rahmenfrist von sechs Jahren nicht mindestens fünf Jahre im anderen Vertragsstaat beschäftigt gewesen sei.
Am 01.09.2004 meldete sich die Klägerin unter der Adresse G. , F. (F.) erneut arbeitslos und stellte einen neuen Antrag auf Bewilligung von Alhi. Am selben Tag hatte sie sich beim Einwohnermeldeamt F. unter der genannten Adresse polizeilich gemeldet. Ebenfalls am 01.09.2004 genehmigte die Beklagte die Ortsabwesenheit der Klägerin vom 06.09.2004 bis 17.12.2004. Ausweislich der Beklagtenakten erhielt die Beklagte am 17.11.2004 von der Deutschen Post eine Anschriftenberichtigung mit einem die Klägerin betreffenden Vermerk des Nachsendezentrums "Empfänger verzogen nach Postfach ... M.".
Mit Bescheid vom 04.11.2004 (Widerspruchsbescheid vom 07.01.2005) lehnte die Beklagte den Alhi-Antrag ab. Die Klägerin sei zwar in F. gemeldet, jedoch hätten Ermittlungen ergeben, dass die Klägerin weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in F. habe. Sie habe sich nach den vorliegenden Unterlagen am 01.09.2004 in der Geschäftsstelle der Beklagten in W. arbeitslos gemeldet und Arbeitslosenhilfe beantragt und als Adresse F., G. 27, angegebenen. Aus begründetem Zweifel am Wohnsitz der Klägerin sei von der Beklagten am 05.10.2004 eine Wohnortermittlung durchgeführt worden. Bei dem Wohnobjekt habe es sich um eine Ferienwohnanlage gehandelt. Die Klägerin sei an der Rezeption beziehungsweise bei der Geschäftsführung der Ferienwohnanlage nicht bekannt gewesen. In der betreffenden Wohnung hätten sich keinerlei persönliche Gegenstände gefunden, die auf eine Anwesenheit der Klägerin schließen ließen. Auch in der Küche seien weder Lebensmittel noch Geschirr vorhanden gewesen. Von einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin unter der angegebenen Adresse habe auch bei wohlwollender Prüfung nicht ausgegangen werden können. Ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland würden fehlen. Daher habe der Antrag auf Alhi abgelehnt werden müssen.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Landshut - SG - erhoben. Nach Einholung einer schriftlichen Auskunft von dem damaligen Geschäftsführer der Wohnanlage in F., Hr. K. (K), hat das SG die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, Alhi vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 dem Grunde nach zu gewähren. Die Klägerin habe ihren Wohnort F. beim zuständigen Einwohnermeldeamt gemeldet gehabt. Die Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass sie der Klägerin vom 06.09.2004 bis 17.12.2004 Urlaub genehmigt habe. Bei der Besichtigung vom 05.10.2004 habe nicht festgestellt werden können, dass die Klägerin ihren Wohnsitz nicht in F. gehabt habe.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und ausgeführt, die Klägerin habe in Österreich gewohnt. Am 01.09.2004 habe sie sich in F. angemeldet, bei der Agentur für Arbeit W. arbeitslos gemeldet und sich sogleich vom 06.09.2004 bis 17.12.2004 Ortsabwesenheit genehmigen lassen und sei nach Österreich zurückgekehrt. Bei der Wohnung in F. handele es sich um ein Ferienapartment, das im Eigentum des Sohnes der Klägerin stehe. Am 05.10.2004 seien an der Rezeption der Ferienanlage weder die Klägerin noch ihr Ehemann bekannt gewesen. In der Wohnung hätten sich weder die Klägerin noch ihr Ehemann, dem keine Ortsabwesenheit genehmigt worden war, befunden. Der Geschäftsführer der Ferienwohnanlage habe den Mitarbeitern der Beklagten gestattet, die Wohnung in Augenschein zu nehmen. Auch der Geschäftsführer der Anlage habe bestätigt, dass die Wohnung unbewohnt und in tadellosem, vermittelbaren Zustand gewesen sei. Schreiben an die Adresse der Wohnung seien wegen eines Nachsendeantrags an eine Postfachadresse in M. nachgesendet worden. Die Klägerin habe ihren Wohnsitz im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in Deutschland gehabt. Es sei richtig, dass die Klägerin vom 06.09.2004 bis 17.12.2004 von der Beklagten genehmigten Urlaub gehabt habe. Hier sei aber die grundsätzliche Erreichbarkeit der Klägerin unter der angegebenen Anschrift nicht gewährleistet gewesen.
In der mündlichen Verhandlung vom 23.07.2009 hat der Senat den E als Zeugen vernommen. Wegen des Inhalts seiner Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21.09.2006 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 04.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.01.2005 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, es sei nicht zutreffend, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt und Wohnsitz nicht in F. gehabt habe. In der Wohnung hätten sich persönliche Gegenstände befunden.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der beim SG bzw. LSG geführten Verfahren S 7 AL 1473/03 und L 8 AL 114/06 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs.1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs.1, 87 Abs.1 S. 2 SGG).
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg, da das SG die angegriffenen Bescheide zu Recht aufgehoben und die Beklagte verurteilt hat, Alhi vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 zu bewilligen.
Im vorliegenden Verfahren geht es um die Frage, ob die Klägerin vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 einen Anspruch auf Alhi hat. Verfahrensgegenstand sind somit die Bescheide vom 04.11.2004 und vom 07.01.2005 (Widerspruchsbescheid, § 95 SGG), mit denen die Beklagte die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 01.09.2004 bis 31.12.2004 abgelehnt hat. Die Klägerin macht die fraglichen Leistungen, auf die bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 190 ff. SGB III (hier in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des SGB III, 3. SGB III-ÄndG, vom 22.12.1999, BGBl I 2624, und späterer Gesetze) ein Rechtsanspruch besteht, mit der statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend (§ 54 Abs. 4 SGG).
Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte lässt sich nicht bereits auf Grund des Vorbehalts in § 30 Abs. 2 SGB I zu Gunsten des überstaatlichen Rechts herleiten. Insbesondere greifen die Bestimmungen der EWG-Verordnung (EWGV) Nr. 1408/71 vom 14.06.1971 (ABl EG Nr. L 149/2, hier in der Neufassung der Verordnung Nr. 118/97 vom 2. Dezember 1996, ABl EG 1997 Nr. L 28/1) für den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht ein. Im Abschnitt der für die Arbeitslosigkeit maßgebenden Vorschriften der Art. 67 ff EWGV Nr. 1408/71 sind lediglich in Art. 69 und 71 Regelungen enthalten, die über die nationale Voraussetzung des § 30 Abs 1 SGB I hinweghelfen können, also eine Alg-Leistung ermöglichen, ohne dass der Arbeitslose einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland besitzen muss. Dies ist zum einen der hier offensichtlich nicht einschlägige Art 69, der einen Leistungsexport für drei Monate ins Ausland an einen Arbeitslosen ermöglicht, der sich in einen anderen oder mehrere andere Mitgliedsstaaten begibt, um dort eine Beschäftigung zu suchen. Ansonsten ermöglicht lediglich Art. 71 EWGV 1408/71 die Gewährung von Leistungen an einen im Ausland wohnenden Arbeitslosen. Diese Regelung betrifft nur sogenannte Grenzgänger. Die Klägerin war jedenfalls im hier fraglichen Zeitraum keine Grenzgängerin im Sinne des Art. 1 b dieser Verordnung. Danach ist Grenzgänger jeder Arbeitnehmer, der im Gebiet eines Mitgliedstaats beschäftigt ist und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt, in das er in der Regel täglich, mindestens aber einmal wöchentlich zurückkehrt. Eben dies ist bei der Klägerin nach ihren eigenen Angaben und den im Folgenden im Einzelnen dargestellten Ausführungen des Zeugen E, an deren Richtigkeit der Senat keine Zweifel hat, nicht der Fall.
Der geltend gemachte Anspruch besteht aber nach nationalem Recht. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Alhi vom 01.09.2004 bis einschließlich 31.12.2004 aus §§ 190 ff., 117 ff. SGB III in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des SGB III vom 22.12.1999, BGBl. I 2624. Dieser Anspruch setzt gemäß § 30 Abs. 1 SGB I den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Anspruchstellers im Geltungsbereich des SGB voraus. Ferner müssen die in den §§ 190 ff., 117 ff. SGB III geregelten Voraussetzungen erfüllt sein. Anspruch auf Alhi haben danach Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich arbeitslos gemeldet haben, einen Anspruch auf Alg nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeiten nicht erfüllt haben, in der Vorfrist Alg bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist, und bedürftig sind. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Sie hatte ihren Wohnsitz im Geltungsbereich des SGB (dazu unter 1). Auch die sonstigen Voraussetzungen liegen vor, insbesondere war die Klägerin arbeitslos im Sinne des § 118 SGB III (dazu unter 2) und bedürftig im Sinne des § 190 SGB III (dazu unter 3); auch die sogenannte Vorfrist ist erfüllt ( siehe 4).
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dem geltend gemachten Anspruch nicht der allgemeine Grundsatz des § 30 Abs. 1 SGB I entgegengehalten werden, der die Anwendung der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs auf Personen begrenzt, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (Territorialitätsprinzip). Denn die Klägerin hatte ihren Wohnsitz im Geltungsbereich des SGB.
Gemäß § 30 Abs. 1 SGB I gelten die Vorschriften dieses Gesetzbuchs und damit auch die des SGB III für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. Einen Wohnsitz hat gemäß § 30 Abs. 3 SGB I jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, erfordert die Unterhaltung eines Wohnsitzes (sowie auch eines gewöhnlichen Aufenthaltes) ein reales Verhalten in Bezug auf einen Lebensmittelpunkt; es muss ein realisierbarer Wille vorhanden sein (BSG SozR 5870 § 2 Nr 44 = SozSich 1986 Rspr Nr 3991; vgl. zur Rechtsprechung des BSG zum Wohnsitz auch BSG FamRZ 1985, 1025; BSG SozR 5870 § 2 Nr 44 = SozSich 1986 Rspr Nr 3991).
Unter Zugrundelegung dieser Vorschriften und Grundsätze hatte die Klägerin ihren Wohnsitz im Sinne des § 30 Abs. 1 SGB I in F. und damit im Geltungsbereich des SGB. Sie hatte dort eine Wohnung unter Umständen inne, die darauf schließen lassen, dass sie diese Wohnung beibehalten und benutzen wird.
Die Annahme eines Wohnsitzes in F ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin einen Wohnsitz (auch) in A-Stadt, Österreich, hatte. Denn die Begründung und Innehabung von gleichzeitig mehreren Wohnsitzen ist denkbar (BSG SozSich 1978, 221). Vorauszusetzen ist lediglich, dass bei mehreren Wohnsitzen gleichwertige Beziehungen zu jedem Wohnsitz bestehen müssen (vgl. zu mehreren gewöhnlichen Aufenthalten BSG DAngVers 1985, 375 und 377; BSG DAngVers 1985, 377; BSGE 27, 88, 89). Das ist hier, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt, der Fall.
Als objektives Merkmal für einen Wohnsitz der Klägerin in F. fungiert - auch wenn es darauf nicht allein ankommt (BSGE 53, 49, 52 = SozR 5870 § 2 Nr 25) - die Meldung in F. Die Klägerin war ausweislich einer entsprechenden Kopie der Meldebescheinigung bei der Meldebehörde vom 01.09.2004 in F. unter der Adresse G. gemeldet, ihr Ehemann E - ebenfalls belegt durch eine Meldebescheinigung - bereits seit 06.04.2004. Dies deckt sich mit den Angaben des Zeugen E, wonach seine Frau zunächst noch in L gewohnt habe und er am Wochenende zu ihr gependelt sei. Die Klägerin hatte die Wohnung in F. aber auch unter weiteren Umständen inne, die darauf schließen lassen, dass sie diese Wohnung beibehalten und benutzen werde. Neben der polizeilichen Meldung ist dies der Umstand, dass E - belegt durch einen Überweisungsträger vom 23.9.2004 - für die Wohnung in F. Abgaben an die Verwaltungs-GmbH der Wohnanlage in F. und an seinen Sohn - wenn auch ohne Beleg und nach den auch insofern glaubhaften Angaben des E in bar - einen Mietzins von 150,00 Euro monatlich bezahlt hat. Diese Wohnsitzmerkmale ergeben sich zur vollen Überzeugung des Senats nicht nur aus den Angaben des E, den der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 23.07.2009 als Zeugen vernommen hat, sondern auch aus den von E vorgelegten (mehr als 70) Schriftstücken mit einem unter der Adresse in F. geführten Briefwechsel. Der Senat ist auch aufgrund der vorgelegten Unterlagen und des in der Verhandlung gewonnenen Eindrucks davon überzeugt, dass die Angaben des E, wonach die Klägerin, seine Ehefrau, am 01.09.2004 zu ihm nach F. gezogen sei und jedenfalls bis zum 31.12.2004 dort ihren Lebensmittelpunkt gehabt habe, der Wahrheit entsprechen. Gestützt wird dies durch die in nachvollziehbarer Weise erläuterte Ausführung des E, er habe zu F. aufgrund seiner beruflichen Vergangenheit eine besondere Beziehung gehabt. Die Aussage des E erscheint dem Senat auch insofern als glaubhaft, als er zum Wohnsitz in F. ausführte, in der dortigen Wohnanlage sei die Hälfte der Wohnungen von Dauermietern besetzt; im Zeitraum April bis September 2004 sei G. nicht an Dritte vermietet worden, auch nicht bis Dezember 2004.
Die volle Überzeugung des Senats vom Wohnsitz der Klägerin in F. resultiert auch aus den glaubhaften Ausführungen des E zu den weiteren diesbezüglichen Umständen. E gab an, er habe mit der Klägerin einen neuen Lebensabschnitt beginnen wollen und erläuterte in nachvollziehbarer Weise auch seine und der Klägerin Absicht, ein weiteres Appartement dazuzukaufen, um inklusive eines dazwischen liegenden Flurs genügend Wohnfläche zu haben. Die Angaben des E zum nicht nur vorübergehenden Verweilen in F. erscheinen dem Senat insbesondere deshalb als glaubwürdig, weil er von gemeinsam Behörden- und Arztbesuchen in der Umgebung von F. berichtet hat und diese anhand der vorgelegten Schriftstücke belegen konnte, ferner von anderen Details im Umfeld der Wohnung wie von einem nahen Krankenhaus sowie einer medizinischen Abteilung, die er und die Klägerin regelmäßig in Anspruch genommen hätten. Als glaubwürdig erscheinen die Angaben des E insbesondere deshalb, weil er ohne weiteres Nachfragen zugab, dass er sich mit der Klägerin nicht während der gesamten Zeit in F. aufgehalten hat und auch weitere Details schilderte, die gegen einen Wohnsitz in F. sprechen könnten (Teil des Hausrats in L.; Silvesterfeier in L.). Jedenfalls steht aufgrund der Aussage des E zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass - wie E ausdrücklich angab - er sich zusammen mit der Klägerin die meiste Zeit in F. aufgehalten hat. Dass die Klägerin und E nicht während der gesamten Zeit in F. waren, sondern sich auch in L. aufgehalten haben, steht der Bejahung eines Wohnsitzes in F. nicht entgegen. Denn eine ständige, ununterbrochene Anwesenheit ist für das Innehaben eines Wohnsitzes nicht erforderlich (vgl. dazu insbesondere BSG SozR 5870 § 1 Nr 4 = Breith 1980, 328; ferner BSGE 58, 233 = SozR 1200 § 30 Nr 9 noch zu § 1303 Abs 1 RVO, jetzt § 210 SGB VI; BSG SozR 5870 § 1 Nr 7 = Breith 1980, 971 = BB 1980, 1864; BSG SozR 3 - 5870 § 2 Nr 36 = Breith 1998, 47 = SGb 1998, 226). Die Unterhaltung eines Wohnsitzes (sowie auch eines gewöhnlichen Aufenthaltes) erfordert - wie bereits ausgeführt - vielmehr lediglich ein reales Verhalten in Bezug auf einen Lebensmittelpunkt (BSG SozR 5870 § 2 Nr 44 = SozSich 1986 Rspr Nr 3991; zum Ganzen Seewald in: Kasseler Kommentar, Stand 2009, 60. Erg.lief., § 30 Rn 14), das hier nach den dargestellten Umständen für die Wohnung in F. erfüllt ist. Insbesondere waren zur vollen Überzeugung des Senats die Räumlichkeiten in F. als ständiges Heim geeignet, Ausstattung und sonstige Gegebenheiten der Wohnung standen auch ohne die (geplante) zusätzliche Nutzung eines zweiten Appartements einer regelmäßigen Benutzung nicht entgegen.
In Bezug auf die eingangs erwähnten Voraussetzungen bei Innehaben eines Zweitwohnsitzes ist festzustellen, dass aus den vorstehenden Überlegungen zugleich folgt, dass die Klägerin zu ihrem Wohnsitz in F. zumindest gleichwertige Beziehungen wie zu dem - hier insofern unterstellten - Wohnsitz in L. hatte.
Der Umstand, dass die Klägerin in der Zeit vor der hier fraglichen Alhi-Beantragung ihren (Zweit-) Wohnsitz in Deutschland mehrfach gewechselt hat (G., W., F.), ist nach Überzeugung des Senats damit zu erklären sein, dass - wie E in glaubhafter Weise angab - die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann einen neuen Lebensmittelpunkt gesucht und den Aufbau einer neuen beruflichen Existenz versucht hat und hierzu mehrere Anläufe nötig waren.
Die sich aus der Wohnortbesichtigung durch den Außendienst der Beklagten ergebenden Umstände begründen keine, zumindest keine rechtlich relevanten Zweifel am Wohnsitz der Klägerin in F. Dabei kann dahinstehen, ob die Wohnortbesichtigung den in §§ 21 SGB X und § 319 SG III normierten Voraussetzungen entsprach. Diesbezügliche Zweifel ergeben sich trotz der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit, im Rahmen der Aufklärung des Sachverhalts auch Wohnortbesichtigungen durchzuführen, deshalb, weil vor Durchführung eines Hausbesuchs der Leistungsträger zunächst seine Zweifel an den Angaben des Betroffenen darlegen muss (von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. § 21 Rn 10 mwN; Niesel, SGB III, 4. Aufl. 2007, § 319 Rn 5), was hier nicht geschehen ist. Die Wohnortbesichtigung könnte auch deshalb rechtswidrig gewesen sein, weil dem Recht zum Hausbesuch durch Art. 13 GG Schranken gesetzt sind und die Ermittler grundsätzlich nur mit Zustimmung des Wohnungsinhabers die Wohnung betreten dürfen, die hier nicht vorlag. Ob die Wohnortbesichtigung rechtswidrig war und deshalb eine Unverwertbarkeit der daraus gewonnenen Erkenntnisse vorlag, kann aber dahinstehen. Denn den sich daraus ergebenden und von der Beklagten insofern angeführten Umständen kommt für die Frage des Wohnsitzes keine rechtliche Relevanz zu. Selbst wenn sich - wie dem entsprechenden Bericht der Beklagten über die Wohnortbesichtigung zu entnehmen ist - in der Wohnung nämlich keine (sichtbaren) persönlichen Gegenstände und keine Lebensmittel befunden haben, lässt sich daraus nicht der Schluss des fehlenden Wohnsitzes ziehen. Wie die Beklagte selbst einräumt, war die Ortsabwesenheit der Klägerin ab Anfang September von ihr genehmigt, und zwar auf der Grundlage des § 4 der Erreichbarkeitsanordnung. Die Besichtigung fand Anfang Oktober statt. Sie belegt lediglich einen Tag der Abwesenheit. Auch der Umstand, dass der Pförtner den Namen der Klägerin nicht gekannt haben soll, schließt im Hinblick auf die Größe der Wohnanlage - die hier fragliche Wohnung trägt die Nummer 88 - die Wohnsitzqualität nicht aus. Zudem gab E in glaubhafter Weise an, das die persönlichen Dinge wegen der (genehmigten) Ortsabwesenheit in einem Schrank im Eingangsbereich eingeschlossen gewesen seien, der Hausrat habe in der Küche gesteckt.
Die Klägerin hatte nach alledem zur vollen Überzeugung des Senats in F. eine Wohnung unter Umständen inne, die darauf schließen lassen, dass sie aus damaliger Sicht diese Wohnung beibehalten und benutzen würde. Sie hatte zur vollen Überzeugung des Senats zumindest gleichwertige Beziehungen zu diesem Wohnsitz wie zu demjenigen (als gegeben unterstellten) in Österreich. Zweifel, die sich aufgrund der Wohnortbesichtigung bzw. des Wohnsitzwechsels vor der Alhi-Beantragung auftun könnten, wiegen jedenfalls nicht so schwer, dass sie die volle Überzeugung des Senats vom Vorliegen eines Wohnsitzes in F. erschüttern.
2. Die Klägerin war auch arbeitslos im Sinne der §§ 118 f. SGB III, 198 Abs. 1 S.2, 428 SGB III. Die Voraussetzungen der §§ 118 f. SGB III sind unter Beachtung der Vorschrift des § 428 SGB III, der die Merkmale jener Vorschrift modifiziert, erfüllt.
Ein Anspruch auf Alhi setzt u.a. Arbeitslosigkeit voraus, § 118 SGB III. Zu deren Voraussetzungen zählt nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III die Beschäftigungssuche. Eine Beschäftigung sucht nach § 119 Abs. 1 SGB III, wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Nr. 1) und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit, Nr. 2). Merkmale der Verfügbarkeit sind grundsätzlich die in der Erreichbarkeitsanordnung näher bestimmte Arbeitsfähigkeit und die ihr entsprechende Arbeitsbereitschaft, § 119 Abs. 2 SGB III. Ausweislich der Beklagtenakten galten - was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - für die Klägerin die erleichterten Voraussetzungen des Leistungsbezugs nach § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III. Danach haben Anspruch auf Alg auch Arbeitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Alg allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Die Klägerin hatte das 58. Lebensjahr vollendet und wollte ausweislich der am 20.06.2003 abgegebenen Erklärung nicht alle Möglichkeiten nutzen, um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden, eine entsprechende Zustimmung der Beklagten war gegeben. § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III verzichtet auf die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitsbereitschaft gemäß § 119 Abs 4, Abs 1 Nr 2, Abs 2 SGB III (und damit auch auf die Beschäftigungssuche). Nicht verzichtet wird auf die objektive Verfügbarkeit des Arbeitslosen (Erreichbarkeit; vgl. noch zum AFG BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 16, S 65 mwN) und damit auf die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitsfähigkeit im Sinne der §§ 119 Abs 3, 428 SGB III, die allerdings im Lichte des § 428 SGB III auszulegen ist. Bei einer solchen Auslegung der Voraussetzungen der §§ 119, 198 Abs. 1 S. 2 SGB III ist vorliegend neben der fingierten Arbeitsbereitschaft auch Arbeitsfähigkeit der Klägerin zu bejahen.
Nach § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III iVm § 1 Abs 1 EAO ist arbeitsfähig ein Arbeitsloser, der Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf (BSG, Urteil vom 30.06.2005, B 7a/7 AL 98/04 R juris Rn 12). Hierzu hat der Verwaltungsrat der Beklagten aufgrund der Ermächtigung in § 152 Nr. 2 SGB III Näheres in der Erreichbarkeitsanordnung - EAO - vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1997, 1685) bestimmt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EAO muss der Arbeitslose u.a. in der Lage sein, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen und mit einem möglichen Arbeitgeber oder Maßnahmeträger in Verbindung zu treten; deshalb hat er nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Abzustellen ist im Rahmen des § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO auf die dem Arbeitsamt benannte Anschrift (Urteil des BSG vom 09.08.2001, B 11 AL 17/01 R juris Rn 19).
Im Grundsatz muss auch bei einem Leistungsbezug unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III Arbeitsfähigkeit im Sinne des § 119 Abs 3 SGB III (iVm § 11 Abs 1 Nr 2 und § 119 Abs 2 SGB III idF des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997, BGBl I 2970) vorliegen (BSG, Urteil vom 30.06.2005, B 7a/7 AL 98/04 R JURIS Rn 11; zu § 105c AFG vgl. Urteil vom 14. 09.1995, 7 RAr 14/95; Urteil vom 14.05.1996, SozR 3-4100 § 103 Nr 16). Allerdings folgt aus Sinn und Zweck der Regelung des § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III, dass der Anspruchsvoraussetzung des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III iVm § 1 Abs 1 EAO (idF vom 23. Oktober 1997, ANBA 1685), nach der der Arbeitslose den Vorschlägen des Arbeitsamtes zeit- und ortsnah Folge leisten können muss, bei über 58-jährigen bereits dann genügt ist, wenn der Arbeitslose einen Postnachsendeantrag gestellt hat (BSG, Urteil vom 30.06.2005, B 7a/7 AL 98/04 R; grundsätzlich zur Bedeutung des Nachsendeauftrags BSGE 88, 172, 177 = SozR 3-4300 § 119 Nr 3). Denn aus der Funktion des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III, klare Verhaltensmaßstäbe zur Gewährleistung einer effektiven Arbeitsvermittlung zu setzen (dazu BSG, Urteil vom 30.06.2005, B 7a/7 AL 98/04 R juris Rn 14; BSGE 88, 172, 177 = SozR 3-4300 § 119 Nr 3), folgt, dass im Rahmen des § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III modifizierte Maßstäbe gelten müssen. Dem wesentlichen Zweck des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III iVm § 1 Abs 1 EAO, eine "ständige Kommunikation" zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung aufrechtzuerhalten, die dazu dienen soll, den Arbeitslosen jederzeit und effektiv in Arbeit zu vermitteln, kommt bei einem Leistungsbezug nach § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III gerade keine Bedeutung zu. Vermittlungsvorschläge oder Aufforderungen zu Trainings- oder anderen Eingliederungsmaßnahmen werden an solche Arbeitslose nicht mehr versandt. Der ältere Arbeitnehmer, der - wie die Klägerin - eine Erklärung gemäß § 428 Abs 1 Satz 1 SGB III abgegeben hat und damit Alg unter erleichterten Voraussetzungen bezieht, muss nicht mehr damit rechnen, dass die Beklagte ihm Vermittlungsvorschläge unterbreitet. Gerade dies unterscheidet ihn von einem "jüngeren" Arbeitslosen, dessen Erreichbarkeit im Rahmen des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III iVm § 1 Abs 1 EAO deshalb ein tägliches Aufsuchen der Wohnanschrift voraussetzt, weil ansonsten eine effektive Arbeitsvermittlung nicht gewährleistet ist. Arbeitsvermittlung in diesem Sinne soll bei über 58-jährigen Arbeitnehmern gemäß § 428 SGB III nicht mehr stattfinden. Der grundsätzliche Regelungszweck des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III, eine effektive Arbeitsvermittlung sicherzustellen, entfällt mithin im Rahmen des § 428 SGB III (BSG, Urteil vom 30.06.2005, B 7a/7 AL 98/04 R juris Rn 15). Daher ist im Rahmen des § 428 SGB III Erreichbarkeit noch am selben Tage nicht zu fordern (BSG, aaO, juris Rn 16 a.E.).
Unter Beachtung dieser vom BSG gefundenen Auslegungsergebnisse, denen sich der Senat anschließt, war die Klägerin im hier fraglichen Zeitraum arbeitsfähig im vorgenannten Sinne. Ihre Erreichbarkeit im Sinne der §§ 119, 428 SGB III war gegeben. Dies ergibt sich zur vollen Überzeugung des Senats auch für das Tatbestandsmerkmal der Arbeitslosigkeit aus der Würdigung der oben zum Wohnsitz dargestellten Umstände. Dem Arbeitsamt war die Anschrift in F. bekannt. Die polizeiliche Meldung der Klägerin in F. fungiert ebenfalls als Indiz dafür, dass die Klägerin dort auch erreichbar im vorgenannten Sinne war. Die postalische Erreichbarkeit der Klägerin war zur vollen Überzeugung des Senats entweder in der Wohnung in F. oder über den gestellten Nachsendeantrag gegeben. "Vorschläge" im Sinne des § 1 Abs 1 Satz 1 EAO erfolgten ohnehin nicht mehr. Der einzige im streitgegenständlichen Zeitraum bis 31.12.2004 fragliche Rücklauf vom 17.11.2004 steht der Erreichbarkeit aus den genannten Gründen nicht entgegen. Die gegenüber "normalen" Arbeitslosen geringeren Anforderungen, die wegen § 428 Abs 1 SGB III an die Erreichbarkeit der Klägerin zu stellen sind, waren nach alledem vorliegend erfüllt.
3. Die Klägerin war in der hier fraglichen Zeit auch bedürftig.
Nach § 193 Abs 1 SGB III idF, die § 193 durch das Gesetz vom 16.02.2001, BGBl I 266, erhalten hat, ist ein Arbeitsloser bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen und das Vermögen seines Partners die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist (§ 193 Abs 2 SGB III). Ob und inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist, konkretisiert die Arbeitslosenhilfe-Verordnung - AlhiV - (§ 206 SGB III). Für den Fall der vor dem 01.01.1948 geborenen Klägerin ist wegen der Übergangsvorschrift des § 4 Abs. 2 S. 2 AlhiV (idF des Art. 11 des 1. Gesetzes für moderne Dienstleistungen, vom 23.12.2002, BGBl. I 4607) anwendbar die AlhiV 2002 idF des Gesetzes vom 13.12.2001 (BGBl. I S. 3734). Aufgrund eines aktenkundigen Versicherungsscheins der Stuttgarter Lebensversicherung und der Angaben der Klägerin, an deren Richtigkeit der Senat keinen Anlass zu zweifeln hat und die von der Beklagten nicht, jedenfalls nicht in substanziierter Weise bestritten werden, steht fest, dass die Klägerin im hier fraglichen Zeitraum kein Einkommen und lediglich eine Kapitallebensversicherung mit einem Auszahlungsbetrag beim Kauf von 3659 Euro hatte und dass weder sie noch E sonstiges Vermögen hatten. E bezog nach den Angaben im Zusatztblatt "Bedürftigkeitsprüfung" ebenfalls Alhi. Der genannte Betrag des Wertes der Versicherung liegt offensichtlich unter dem Freibetrag des § 1 Abs 2 AlhiV 2002 von 520,00 Euro je vollendetem Lebensjahr der Klägerin (60 x 520.- Euro).
4. Auch die sonstigen in den §§ 117 ff. 190 ff. SGB III geregelten Voraussetzungen des Alhi-Anspruchs sind erfüllt. Die Klägerin hat sich ausweislich des aktenkundigen Beratungsvermerks am 01.09.2004 bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und - wie sich ebenfalls aus den beigezogenen Verwaltungsakten ergibt und was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist - auch die sonstigen Voraussetzungen des § 190 Abs 1 SGB III erfüllt. Insbesondere ist die sogenannte Vorfrist des § 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III i.d.F. des Gesetzes vom 22.12.1999 (BGBl. I , S. 2624) erfüllt. Nach dieser Vorschrift setzt der Alhi-Anspruch (neben dem hier gegebenen Nichterlöschen des Anspruchs wegen des Eintritts einer Sperrzeit) voraus, dass der Arbeitnehmer in der Vorfrist Arbeitslosengeld - Alg - bezogen hat. Unter Vorbezug von Alg im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III ist nicht dessen tatsächliche Auszahlung, sondern dessen Bewilligung durch Bescheid zu verstehen. Bei bestandskräftiger Bewilligung kommt es auf deren Rechtmäßigkeit nicht an (BSG SozR 4100 § 134 Nr 31). Der Alg-Vorbezug in diesem Sinne während eines einzigen Tages innerhalb der Vorfrist reicht aus. Auch braucht der Bezug von Anschluß-Alhi nicht unmittelbar dem Bezug von Alg zu folgen. Nicht erforderlich ist ferner ein Alg-Vorbezug während der gesamten Vorfrist des § 192 SGB III (vgl. Brandts in: Niesel, SGB III, 2. Aufl. 2002, § 190 RdNr. 13 f).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen des § 190 Abs 1 SGB III vorliegend erfüllt. Die Klägerin hat in der Vorfrist im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III im vorbezeichneten Sinne Alg bezogen. Die Vorfrist umfasst hier den Zeitraum von einem Jahr ab Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen (§ 192 S. 1 SGB III), hier also die Zeit vom 01.09.2003 bis 01.09.2004 (Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung bzw. Alhi-Beantragung mit Wohnsitz in F.). Ausweislich der Beklagtenakten erhielt die Klägerin ab 08.05.2003 bis 31.05.2003 für 24 Kalendertage und dann über den 30.05.2003 hinaus Alg bis zum 31.07.2003 (vgl. Mitteilung der Arbeitsvermittlung vom 20.09.2004). Alg bewilligt war der Klägerin aber aufgrund des bestandskräftigen Bescheids vom 28.05.2003 mit einer ab 31.05.2003 beginnenden Restanspruchsdauer von 307 Kalendertagen (vgl. Zahlungsnachweis vom 30.05.2003). Die Beklagte hatte diese Bewilligung zwar mit Bescheid vom 01.09.2003 (Widerspruchsbescheid vom 27.10.2003) zurückgenommen und bereits erbrachtes Arbeitslosengeld in Höhe von 2.498,47 EUR sowie die entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 722,74 EUR zurückgefordert. Dagegen hatte die Klägerin aber Klage zum Sozialgericht München erhoben (Aktenzeichen S 7 AL 1473/03). Dieses hatte den Bescheid vom 01.09.2003 und den Widerspruchsbescheid vom 27.10.2003 mit rechtskräftigem Urteil vom 24.01.2006 aufgehoben. Alg-Bezug im Sinne der vorgenannten Alg-Bewilligung lag damit aufgrund des bestandskräftigen Bewilligungsbescheids vom 28.05.2003 jedenfalls am Stichtag des 01.09.2003 vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Klägerin in beiden Instanzen obsiegte.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht gegeben sind.
Rechtskraft
Aus
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