Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 12 AL 223/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 33/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 37/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Anforderungen an den Nachweis Erstattungsforderungen der Bundesanstalt für Arbeit nach dem Ausscheiden älterer Arbeitnehmer gefährdeten bei einer Kommune mit "langfristig defizitärem Haushalt" verbleibende Arbeitsplätze.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. März 2002 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Der Rechtsstreit betrifft nur noch die Erstattung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit (einschließlich Versicherungsbeiträgen) in Höhe von 27.301,45 DM, die der frühere Mitarbeiter der Klägerin G. T. (T) vom 1. April bis 31. Dezember 1998 von der beklagten Bundesanstalt für Arbeit (BA) bezogen hat.
Der 1939 geborene T war vom 1. Januar 1975 bis 31. Mai 1997 bei der Klägerin als Gartenfacharbeiter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete im Hinblick auf eine Regelung zum "Vorruhestand" durch Aufhebungsvertrag vom 16. Mai 1997 zum 31. Mai 1997. T erhielt eine Abfindung von 29.422,08 DM. Die klagende Stadt und die Gewerkschaft Verdi hatten im Rahmen eines Bündnisses für Arbeit vereinbart, betriebsbedingte Kündigungen möglichst nicht auszusprechen.
Am 21. Mai 1997 meldete sich T arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Für die Zeit vom 1. Juni bis 5. September 1997 lehnte die BA den Antrag wegen Ruhens des Anspruchs ab. Ab 6. September 1997 bewilligte sie Alg in Höhe von 408 DM, ab 1. Januar 1998 von 411,32 DM, ab 1. Juni 1998 in Höhe von 411,41 DM und ab 1. Januar 1999 in Höhe von 423,29 DM wöchentlich. Seit dem 1. Februar 1999 bezieht T Altersrente.
Auf die "Anhörung anlässlich der Entscheidung über die Erstattungspflicht" durch Formschreiben vertrat die Klägerin die Ansicht, eine Erstattung führe zu einer unzumutbaren Belastung und gefährde verbleibende Arbeitsplätze. Sie verwies auf ihre defizitäre Haushaltslage, die einen sozialverträglichen Abbau von 1.620 Arbeitsplätzen erforderlich mache. Auch T habe von der in diesem Zusammenhang geschaffenen "Vorruhestandsregelung" Gebrauch gemacht. Die angestrebte Minderung der Personalausgaben sei im Falle einer Erstattung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit nur teilweise oder mit zeitlicher Verzögerung zu verwirklichen. Gegebenenfalls müssten über den geplanten Personalabbau hinaus weitere Mitarbeiter entlassen werden, um in Zukunft einen in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.
Die BA stellte eine Erstattungspflicht der Klägerin im Falle T dem Grunde nach für 624 Tage fest und hielt einen Befreiungstatbestand nicht für gegeben (Bescheid vom 12. August 1997; Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1997). Mit der Klage hat die Klägerin eine unzumutbare Belastung und die Gefährdung weiterer Arbeitsplätze durch die Erstattung geltend gemacht und dazu Schreiben der Bezirksregierung Düsseldorf vom 31. Oktober 1995 und 23. März 1998 sowie ihrer Kämmerei vom 11. Februar 1999 vorgelegt.
Die BA hat während des Klageverfahrens nach erneuter Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 23. Oktober 1998 die Erstattung von 12.111,92 DM für die Zeit vom 1. April bis 31. Juli 1998 und nach erneuter Anhörung mit Bescheid vom 11. Februar 1999 für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1998 die Erstattung von weiteren 15.189,53 DM verlangt.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) hat die BA klargestellt, sie habe den sog Grundlagenbescheid vom 12. August 1997 idF des Widerspruchsbescheids vom 21. Oktober 1997 und die den Erstattungszeitraum vom 6. September 1997 bis 31. März 1998 betreffenden beiden Bescheide vom 25. Mai 1998 aufgehoben. Außerdem hob sie die während des Klageverfahrens ergangenen Widerspruchsbescheide zu Erstattungsbescheiden auf.
Danach hat die Klägerin vor dem SG beantragt,
den Bescheid vom 23. Oktober 1998 und den Bescheid vom 11. Februar 1999 aufzuheben.
Das SG hat die Klage abgewiesen und der BA zwei Fünftel der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt (Urteil vom 11. Januar 2000).
Mit der Berufung hat die Klägerin vorgetragen, ihr Haushalt weise ein strukturelles Defizit von 200 Mio DM im Verwaltungshaushalt aus. In den letzten Jahren seien rd 1.000 Stellen aus Haushaltsgründen eingespart worden. Zum 30. Juni 2000 seien noch 10.212 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Die Summe der Erstattungsforderungen in Höhe von insgesamt 20 Mio DM müsse zum Abbau von weiteren 266 Stellen führen, wobei von Kosten pro Stelle von rd 75.000 DM pro Jahr und der Tatsache auszugehen sei, dass andere Einsparungsmöglichkeiten nicht mehr beständen. Eine Konkretisierung der gefährdeten Stellen sei in einer Kommunalverwaltung wegen der vielfältigen freiwilligen und Pflichtaufgaben kaum möglich. Eine solche Entscheidung könne immer nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten zum Zeitpunkt einer möglichen Entlassung getroffen werden.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 20. März 2002 zurückgewiesen und ausgesprochen, außergerichtliche Kosten seien auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Zur Begründung hat es ausgeführt, die gesetzlichen Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs der BA seien erfüllt. Die Erstattungspflicht sei nicht ausgeschlossen, weil die Klägerin nicht den Nachweis geführt habe, durch die Erstattung seien die verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet. Entgegen der Ansicht der BA komme es dabei nicht darauf an, dass die Klägerin nachweise, welche Arbeitsplätze durch die Erstattungspflicht betroffen seien. Selbst wenn es sich bei den Stellungnahmen der Bezirksregierung Düsseldorf um die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle handele, sei diese als Beteiligtenvorbringen zu würdigen, habe aber nicht die Vermutung der Richtigkeit für sich. Zwar bestehe kein Zweifel an der hohen Verschuldung der Klägerin und ihrer defizitären Haushaltslage. Der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen den Erstattungsforderungen und der Gefährdung weiterer Arbeitsplätze sei jedoch trotz dieser Finanzlage nicht erbracht. Die Angabe der Klägerin für den notwendigen Abbau von rd 266 Stellen sei für den Senat nicht nachvollziehbar. Es sei denkbar, dass die Erstattungsforderung nicht durch den Abbau weiterer Stellen, sondern durch die Belastung anderer Haushaltstitel ausgeglichen werden könne. Auch sei nicht belegt und entziehe sich der Beurteilung des Senats, ob die Klägerin alle diesbezüglichen Möglichkeiten ausgeschöpft habe. Der Klägerbevollmächtigte habe in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass auch noch freiwillige Leistungen der Klägerin abgebaut werden könnten. Außerdem verfüge die Klägerin nicht nur über Grund- und Sondervermögen, sondern auch über Mehrheitsbeteiligungen bei insgesamt 26 Gesellschaften. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass ausweislich des Haushaltssicherungskonzepts zum Haushaltsplanentwurf 2002 die Klägerin für das Jahr 2004 eine Haushaltskonsolidierung im Plusbereich beschreibe. Im Übrigen ginge das Haushaltsrecht und die Gemeindehaushaltsverordnung davon aus, dass für bestimmte Aufgaben auch bestimmte Personalkörper notwendig seien und deshalb vorgehalten werden müssten. Auch hier fehle es an Darlegungen dazu, welche über den notwendigen Mindeststandard hinausgehenden Arbeitsplätze gerade durch die Erstattungspflicht und nicht durch die unabhängig von der Erstattungspflicht stattfindenden Einsparungsmaßnahmen gefährdet seien. Ein Wegfall der Erstattungspflicht diene nur der allgemein wirtschaftlichen Konsolidierung der Klägerin, die nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht genüge, um die Erstattungspflicht entfallen zu lassen. Der Ansicht der Klägerin, eine Konkretisierung und der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Erstattungsforderung und der Gefährdung weiterer Arbeitsplätze sei von ihr als Kommune nicht zu verlangen, sei nicht zu folgen. Mit dem 2002 in Kraft getretenen Job-AQTIV-Gesetz habe der Gesetzgeber klargestellt, dass der Wegfall der Erstattungspflicht im Falle einer unzumutbaren Belastung gerade nicht mehr für Kommunen gelte. Daraus sei zu folgern, dass eine Privilegierung öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber auch nicht zum Zeitpunkt der Geltung des § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom Gesetzgeber gewollt gewesen sei. Die Klägerin habe auch nicht vorgetragen, dass die ihr im Rahmen der Selbstverwaltungsgarantie zukommenden freiwilligen Aufgaben und Pflichtaufgaben durch die Erstattungsforderung erheblich beeinträchtigt würden. Ein Finanzausstattungsanspruch der Gemeinden gegenüber den Ländern begründe keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit, Befreiungstatbestände von allgemeinen mit Geldforderungen belastenden Gesetzen zu Gunsten von Gemeinden "verfassungskonform" auszulegen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG. Soweit das LSG die Belastung anderer Haushaltstitel zum Ausgleich der Erstattungsforderungen der Beklagten für möglich halte, verkenne es, dass die Klägerin mit dem Verzicht auf freiwillige Einrichtungen (zB Schwimmbäder, Theater oder Musikschule) notwendig Mitarbeitern in diesen freiwilligen Einrichtungen betriebsbedingt kündigen müsse. Derartige Maßnahmen seien sicher nicht iS des Gesetzes. Die Veräußerung von Grundvermögen oder Mehrheitsbeteiligungen führe notwendig zu weiteren Haushaltsbelastungen durch wegfallende Einnahmen. Dabei sei zu bedenken, dass nicht nur auf die Erstattungsforderung im vorliegenden Verfahren abgestellt werden könne. Vielmehr sei die Gesamtsumme der von der BA geltend gemachten Erstattungsforderungen in Höhe von rd 20 Mio DM zu bedenken. Soweit das LSG davon ausgehe, der Gesetzgeber habe die Kommunen nicht privilegieren wollen, sei die Argumentation mehr als fraglich. Viel spreche dafür, dass der Gesetzgeber bei der Erstattungsvorschrift an eine Anwendung im Bereich von Kommunen nicht gedacht habe. Im Ergebnis könnten nicht die gleichen Anforderungen an den Nachweis weiteren Stellenabbaus bei der Klägerin gestellt werden wie bei einem gewerblichen Unternehmen.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. März 2002 und des Sozialgerichts Duisburg vom 11. Januar 2000 sowie die Bescheide der Beklagten vom 23. Oktober 1998 und 11. Februar 1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Härtefallregelung des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG auch auf nicht insolvenzfähige Rechtsträger anwendbar sei. Sie vertritt die Ansicht, bei öffentlichen Arbeitgebern könne regelmäßig keine Rede davon sein, dass eine durch die Erstattungsforderung herbeigeführte wirtschaftliche Gesamtsituation ausschlaggebend für weiteren Personalabbau sei. Die Härteklausel könne regelmäßig nicht zum Tragen kommen. So seien neben der Erstattungsforderung auch keine anderen Ursachen wirtschaftlicher Art für die Gefährdung der verbleibenden Arbeitsplätze als wesentlich nachgewiesen.
II
Die Revision der Klägerin hat im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung Erfolg. Die Entscheidung des LSG verletzt § 128 Abs 2 Nr 2 AFG. Für eine abschließende Entscheidung des Senats reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht aus.
1. Grundlage für die Erstattung von Leistungen und Beiträgen zur Sozialversicherung im Bezugszeitraum 1. April bis 31. Dezember 1998 ist § 128 AFG idF des Gesetzes vom 15. Dezember 1995 (BGBl I 1824). Allerdings ist die Vorschrift durch Art 11 Nr 27 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl I 594) mit Wirkung ab 1. April 1997 (Art 83 Abs 3 AFRG) und das AFG insgesamt durch Art 82 Abs 1 AFRG ab 1. Januar 1998 aufgehoben worden, ohne dass Art 82 Abs 2 AFRG insoweit Abweichendes bestimmt hat. Die Anwendbarkeit des § 128 AFG auf den genannten Zeitraum ergibt sich indes aus § 431 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III), der die Anwendung der grundsätzlich aufgehobenen Übergangsvorschrift des § 242x Abs 6 AFG weiterhin anordnet. Aus der Verweisung auf § 242x Abs 3 AFG ergibt sich, dass auch § 128 AFG weiterhin anzuwenden ist, wenn die Erstattung Leistungen für Personen betrifft, die innerhalb der Rahmenfrist mindestens 360 Kalendertage vor dem 1. April 1997 in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden haben. Die Rahmenfrist betrug drei Jahre (§ 104 Abs 3 AFG), sodass T sie zu dem in § 242x Abs 3 AFG genannten Stichtag mit seiner durchgehenden Beschäftigung vom 1. Januar 1975 bis 31. Mai 1997 erfüllt hatte. Die Beitragspflicht für T in der Arbeitslosenversicherung unterliegt keinem Zweifel.
2. Die Erstattungsvoraussetzungen des § 128 Abs 1 Satz 1 AFG hat das LSG ohne Rechtsverstoß bejaht. Der 1939 geborene Versicherte T war vom 1. Januar 1975 bis 31. Mai 1997 - mithin mindestens 720 Kalendertage vor dem 1. Juni 1997 (§ 104 Abs 2 AFG) beitragspflichtig beschäftigt. Als Geburtsjahrgang 1939 hatte T 1998 das 58. Lebensjahr vollendet.
Das LSG ist auf die negativen Erstattungsvoraussetzungen des § 128 Abs 1 Satz 2 AFG nicht ausdrücklich eingegangen. Das Urteil enthält zu den dort genannten sozialrechtlichen Ansprüchen keine Feststellungen. Es hat sich zu diesen möglicherweise deshalb nicht geäußert, weil es sich die Ermittlungsergebnisse des Verwaltungsverfahrens zu diesen Ansprüchen zu Eigen gemacht hat. Auch wenn das LSG insoweit keinen Anlass zu eigenen Ermittlungen nach § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gesehen hat (BSGE 81, 259, 262 ff = SozR 3-4100 § 128 Nr 5 mwN; BSGE 87, 132, 137 ff = SozR 3-4100 § 128 Nr 10), macht dies die eigenständige Feststellung von entscheidungserheblichen Tatsachen nicht entbehrlich.
3. Die Erwägungen, mit denen das LSG die Voraussetzungen des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG verneint hat, halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach dieser Vorschrift entfällt die Erstattungspflicht, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass die Erstattung für ihn eine unzumutbare Belastung bedeute, weil durch die Erstattung der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet wären.
Der hier allein in Betracht kommenden Gefährdung weiterer Arbeitsplätze stehen die Möglichkeiten des Verzichts auf freiwillige Aufgaben oder der Veräußerung von Vermögen nicht entgegen. Solche Forderungen greifen unzulässig in die Haushaltsgestaltung der Klägerin ein. Für die Prognose, ob Erstattungsforderungen der BA im Falle der Klägerin Arbeitsplätze gefährden, reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht aus.
3.1 Das LSG geht zutreffend davon aus, die Klägerin könne sich zum Ausschluss der Erstattungsforderungen auf § 128 Abs 2 Nr 2 AFG berufen. Soweit nach § 147a Abs 2 Nr 2 SGB III idF des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl I 3443) die Erstattungsforderung nur noch bei insolvenzfähigen Arbeitgebern entfallen kann, ist dies nicht geeignet, die Anwendung des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG auf die Klägerin als eine nicht insolvenzfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts auszuschließen. Die zuletzt genannte Vorschrift ist hier noch anzuwenden, denn die erwähnte Fassung des § 147a Abs 2 Nr 2 SGB III ist erst am 1. Januar 2002 in Kraft getreten.
3.2 Das LSG geht weiterhin zutreffend davon aus, die Klägerin brauche nicht vorzutragen und nachzuweisen, welche Arbeitsplätze durch die Erstattung von Leistungen zur Arbeitslosigkeit konkret gefährdet werden. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats, wonach es für die Anwendung der Härteregelung genügt, dass die durch die Erstattungsforderungen herbeigeführte wirtschaftliche Gesamtsituation generell geeignet ist, auch den verbliebenen Bestand an Arbeitsplätzen zu gefährden (BSGE 88, 31, 38 = SozR 3-4100 § 128 Nr 12).
3.3 Zutreffend ist schließlich der Ausgangspunkt des LSG, dass allein ein Haushaltsdefizit, also ein negativer Verwaltungshaushalt, Erstattungsansprüche gegenüber der Kommune nicht ausschließt. Der Senat hat allerdings auch bei nicht konkursfähigen öffentlichen Unternehmen das negative Betriebsergebnis, also das Haushaltsdefizit einer Kommune, und die Erfüllung der Erstattungsforderungen aus der Substanz des Unternehmens als Indiz für die Gefährdung von Arbeitsplätzen gesehen (BSGE 88, 31, 40 = SozR 3-4100 § 128 Nr 12 mit Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des Senats). Dass öffentliche Unternehmen und insbesondere Kommunen ungeachtet eines Haushaltsdefizits weiterhin jedenfalls Pflicht-, aber faktisch auch freiwillige Aufgaben erfüllen müssen, kann eine Gefährdung von Arbeitsplätzen ausschließen, weil weiteres Personal zum Ausgleich eines wegen der Erstattungsforderung wieder erhöhten Defizits nicht abgebaut werden kann. Dies bedeutet jedoch nur, dass allein die Tatsache eines Haushaltsdefizits nicht ausreicht, um nachzuweisen, eine Erstattungsforderung nach § 128 AFG gefährde weitere Arbeitsplätze bei der Kommune. Das LSG verkennt aber den Befreiungstatbestand der Gefährdung von Arbeitsplätzen iS des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG, wenn es den Nachweis vermisst, die Erstattung führe bei der Klägerin zum Abbau von Personal und nicht nur zum Abbau von freiwilligen Aufgaben, weil die Klägerin zur Verminderung des Haushaltsdefizits auch freiwillige Leistungen einstellen oder Vermögen veräußern könne. Soweit die Klägerin dagegen einwendet, dass die Einschränkung von freiwilligen Aufgaben häufig auch personalrelevant sei, dh Personaleinsparungen zur Folge habe und deshalb ihrerseits verbleibende Arbeitsplätze gefährde, ist dieses Argument allerdings nicht zwingend. Auch der Verzicht auf freiwillige Aufgaben, die nur in der Zuschussgewährung an Dritte bestehen, kann ein Haushaltsdefizit vermindern. Ebenso ist die Veräußerung von Vermögen eine offensichtliche Möglichkeit zur Haushaltssanierung.
Die Forderung, an Stelle von Personalabbau andere, möglicherweise nicht personalrelevante Aufgaben einzuschränken oder Vermögen zu veräußern, ist jedoch unzulässig, denn sie greift in die Haushaltsgestaltung der Kommune ein. Erreicht diese das Einsparziel wegen der Erstattungsforderungen nicht, steht es ihr offen, dieses durch weitere Personaleinsparungen oder aber durch Einschränkungen von anderen Aufgaben zu verwirklichen. Die Entscheidung darüber liegt bei der Kommune. Legt sie dar, dass sie wegen der Erstattungsforderungen mehr Arbeitnehmer als vorgesehen entlassen muss, um ein Einsparziel im Personalbereich zu erreichen, so kann ihr mit dem Hinweis auf Einsparmöglichkeiten in anderen Bereichen der Nachweis der Gefährdung von Arbeitsplätzen nicht verwehrt werden. Diese Gefährdung liegt jedenfalls dann nahe, wenn eine Kommune langdauernde Haushaltsdefizite aufweist und diesen mit Personaleinsparungen begegnet, also bereits in der Vergangenheit zur Reduzierung des Haushaltsdefizits tatsächlich die absolute Zahl der Beschäftigten über die bloße Fluktuation hinaus vermindert hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung, ob durch die Erstattungsforderung Arbeitsplätze gefährdet werden, ist der Zeitpunkt, in dem die Erstattungsforderung zu erheben ist (BSGE 87, 132, 141 = SozR 3-4100 § 128 Nr 10). Ist auch zu diesem Zeitpunkt eine weitere Personalverminderung geplant, liegt eine Gefährdung durch die Erstattungsforderung nahe.
Die Personalverminderung bezieht sich auf die bei der Kommune insgesamt Beschäftigten. Dabei ist auf alle Beschäftigten - einschließlich der Beamten - abzustellen. Da langjährige Angestellte und Arbeiter einen dem Beamtenstatus ähnlichen Kündigungsschutz genießen, ist es angemessen, die Beamten bei der Feststellung einer dem Umfang nach wesentlichen Gefahr für den verbleibenden Personalbestand einzubeziehen. Soweit Beschäftigte im Haushalt nicht mehr als solche ausgewiesen werden, sondern etwa in haushaltstechnisch ausgegliederten Bereichen geführt werden, ist dies keine Personalverminderung. Weiter setzt eine nach § 128 Abs 2 Nr 2 AFG zu berücksichtigende Gefährdung voraus, dass die Erstattungsforderungen der BA im Verhältnis zu den durch die Personalverminderungen eingesparten Kosten nicht unwesentlich sind.
Soweit nach diesen Maßstäben eine Gefährdung von Arbeitsplätzen nicht nachgewiesen ist, steht einer Anwendung der Härteklausel auch nicht ein "Recht auf aufgabengerechte Finanzausstattung" der Gemeinden entgegen, wie es die Klägerin geltend macht. Dazu hat der Senat bereits klargestellt, dass die Frage, ob eine Erstattungsforderung zu Recht besteht, nicht davon abhängen kann, ob das Land sie ausgleicht oder für sie haftet, wenn sie besteht (BSGE 88, 31, 39 = SozR 3-4100 § 128 Nr 12).
3.4 Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen nicht aus um zu entscheiden, ob die Klägerin gemessen an den eben dargestellten Anforderungen eine Gefährdung von Arbeitsplätzen nachgewiesen hat. Das LSG hat zwar festgestellt, dass die Klägerin ein Haushaltsdefizit hatte und hat. Für die Beurteilung einer unzumutbaren Belastung wegen der Gefährdung verbliebener Arbeitsplätze kommt es jedoch auch darauf an, dass die Klägerin ihrem Haushaltsdefizit mit Personaleinsparungen begegnet und solche über die Fluktuation und Personalplanung hinaus wegen der Erstattungsforderungen weiterhin in nicht unwesentlich vermehrtem Umfang plant. Die Klägerin wird deshalb ihr Vorbringen im Hinblick auf die zu 3.3 erörterten - von der Rechtsansicht des LSG abweichenden - Merkmale einer unzumutbaren Belastung zu ergänzen und mit der Stellungnahme einer fachkundigen Stelle die Gefährdung verbliebener Arbeitsplätze darzulegen haben. Als fachkundige Stelle kommt auch die Kommunalaufsichtsbehörde in Betracht.
Kommt sie ihrer Darlegungslast nicht nach, hat das LSG gegebenenfalls dahin zu wirken, sich zu den erörterten Merkmalen der Gefährdung von Arbeitsplätzen vollständig zu erklären. Soweit sich das Vorbringen der Klägerin der Beurteilung des LSG entzieht, wird es sich die Zusammenhänge durch die Klägerin oder die fachkundige Stelle erläutern lassen. Der Senat hat bereits zum Ausdruck gebracht, dass der nach § 128 Abs 2 AFG maßgebliche Beibringungsgrundsatz - wie in § 139 Zivilprozessordnung - Raum für Beratung und Hinweise durch Verwaltung und Gerichte lässt (BSGE 87, 132, 140 = SozR 3-4100 § 128 Nr 10). Dies gilt umso mehr, als § 128 Abs 7 AFG für die Verwaltung ausdrücklich Beratung des Arbeitgebers über Voraussetzungen und Umfang der Erstattung vorsieht.
Mit der weiteren Entscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens befinden. Wegen der Kostenentscheidung des SG ist auf §§ 193 Abs 4, 184 Abs 1 und 183 SGG hinzuweisen.
Gründe:
I
Der Rechtsstreit betrifft nur noch die Erstattung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit (einschließlich Versicherungsbeiträgen) in Höhe von 27.301,45 DM, die der frühere Mitarbeiter der Klägerin G. T. (T) vom 1. April bis 31. Dezember 1998 von der beklagten Bundesanstalt für Arbeit (BA) bezogen hat.
Der 1939 geborene T war vom 1. Januar 1975 bis 31. Mai 1997 bei der Klägerin als Gartenfacharbeiter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete im Hinblick auf eine Regelung zum "Vorruhestand" durch Aufhebungsvertrag vom 16. Mai 1997 zum 31. Mai 1997. T erhielt eine Abfindung von 29.422,08 DM. Die klagende Stadt und die Gewerkschaft Verdi hatten im Rahmen eines Bündnisses für Arbeit vereinbart, betriebsbedingte Kündigungen möglichst nicht auszusprechen.
Am 21. Mai 1997 meldete sich T arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Für die Zeit vom 1. Juni bis 5. September 1997 lehnte die BA den Antrag wegen Ruhens des Anspruchs ab. Ab 6. September 1997 bewilligte sie Alg in Höhe von 408 DM, ab 1. Januar 1998 von 411,32 DM, ab 1. Juni 1998 in Höhe von 411,41 DM und ab 1. Januar 1999 in Höhe von 423,29 DM wöchentlich. Seit dem 1. Februar 1999 bezieht T Altersrente.
Auf die "Anhörung anlässlich der Entscheidung über die Erstattungspflicht" durch Formschreiben vertrat die Klägerin die Ansicht, eine Erstattung führe zu einer unzumutbaren Belastung und gefährde verbleibende Arbeitsplätze. Sie verwies auf ihre defizitäre Haushaltslage, die einen sozialverträglichen Abbau von 1.620 Arbeitsplätzen erforderlich mache. Auch T habe von der in diesem Zusammenhang geschaffenen "Vorruhestandsregelung" Gebrauch gemacht. Die angestrebte Minderung der Personalausgaben sei im Falle einer Erstattung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit nur teilweise oder mit zeitlicher Verzögerung zu verwirklichen. Gegebenenfalls müssten über den geplanten Personalabbau hinaus weitere Mitarbeiter entlassen werden, um in Zukunft einen in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.
Die BA stellte eine Erstattungspflicht der Klägerin im Falle T dem Grunde nach für 624 Tage fest und hielt einen Befreiungstatbestand nicht für gegeben (Bescheid vom 12. August 1997; Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1997). Mit der Klage hat die Klägerin eine unzumutbare Belastung und die Gefährdung weiterer Arbeitsplätze durch die Erstattung geltend gemacht und dazu Schreiben der Bezirksregierung Düsseldorf vom 31. Oktober 1995 und 23. März 1998 sowie ihrer Kämmerei vom 11. Februar 1999 vorgelegt.
Die BA hat während des Klageverfahrens nach erneuter Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 23. Oktober 1998 die Erstattung von 12.111,92 DM für die Zeit vom 1. April bis 31. Juli 1998 und nach erneuter Anhörung mit Bescheid vom 11. Februar 1999 für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1998 die Erstattung von weiteren 15.189,53 DM verlangt.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) hat die BA klargestellt, sie habe den sog Grundlagenbescheid vom 12. August 1997 idF des Widerspruchsbescheids vom 21. Oktober 1997 und die den Erstattungszeitraum vom 6. September 1997 bis 31. März 1998 betreffenden beiden Bescheide vom 25. Mai 1998 aufgehoben. Außerdem hob sie die während des Klageverfahrens ergangenen Widerspruchsbescheide zu Erstattungsbescheiden auf.
Danach hat die Klägerin vor dem SG beantragt,
den Bescheid vom 23. Oktober 1998 und den Bescheid vom 11. Februar 1999 aufzuheben.
Das SG hat die Klage abgewiesen und der BA zwei Fünftel der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt (Urteil vom 11. Januar 2000).
Mit der Berufung hat die Klägerin vorgetragen, ihr Haushalt weise ein strukturelles Defizit von 200 Mio DM im Verwaltungshaushalt aus. In den letzten Jahren seien rd 1.000 Stellen aus Haushaltsgründen eingespart worden. Zum 30. Juni 2000 seien noch 10.212 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Die Summe der Erstattungsforderungen in Höhe von insgesamt 20 Mio DM müsse zum Abbau von weiteren 266 Stellen führen, wobei von Kosten pro Stelle von rd 75.000 DM pro Jahr und der Tatsache auszugehen sei, dass andere Einsparungsmöglichkeiten nicht mehr beständen. Eine Konkretisierung der gefährdeten Stellen sei in einer Kommunalverwaltung wegen der vielfältigen freiwilligen und Pflichtaufgaben kaum möglich. Eine solche Entscheidung könne immer nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten zum Zeitpunkt einer möglichen Entlassung getroffen werden.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 20. März 2002 zurückgewiesen und ausgesprochen, außergerichtliche Kosten seien auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Zur Begründung hat es ausgeführt, die gesetzlichen Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs der BA seien erfüllt. Die Erstattungspflicht sei nicht ausgeschlossen, weil die Klägerin nicht den Nachweis geführt habe, durch die Erstattung seien die verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet. Entgegen der Ansicht der BA komme es dabei nicht darauf an, dass die Klägerin nachweise, welche Arbeitsplätze durch die Erstattungspflicht betroffen seien. Selbst wenn es sich bei den Stellungnahmen der Bezirksregierung Düsseldorf um die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle handele, sei diese als Beteiligtenvorbringen zu würdigen, habe aber nicht die Vermutung der Richtigkeit für sich. Zwar bestehe kein Zweifel an der hohen Verschuldung der Klägerin und ihrer defizitären Haushaltslage. Der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen den Erstattungsforderungen und der Gefährdung weiterer Arbeitsplätze sei jedoch trotz dieser Finanzlage nicht erbracht. Die Angabe der Klägerin für den notwendigen Abbau von rd 266 Stellen sei für den Senat nicht nachvollziehbar. Es sei denkbar, dass die Erstattungsforderung nicht durch den Abbau weiterer Stellen, sondern durch die Belastung anderer Haushaltstitel ausgeglichen werden könne. Auch sei nicht belegt und entziehe sich der Beurteilung des Senats, ob die Klägerin alle diesbezüglichen Möglichkeiten ausgeschöpft habe. Der Klägerbevollmächtigte habe in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass auch noch freiwillige Leistungen der Klägerin abgebaut werden könnten. Außerdem verfüge die Klägerin nicht nur über Grund- und Sondervermögen, sondern auch über Mehrheitsbeteiligungen bei insgesamt 26 Gesellschaften. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass ausweislich des Haushaltssicherungskonzepts zum Haushaltsplanentwurf 2002 die Klägerin für das Jahr 2004 eine Haushaltskonsolidierung im Plusbereich beschreibe. Im Übrigen ginge das Haushaltsrecht und die Gemeindehaushaltsverordnung davon aus, dass für bestimmte Aufgaben auch bestimmte Personalkörper notwendig seien und deshalb vorgehalten werden müssten. Auch hier fehle es an Darlegungen dazu, welche über den notwendigen Mindeststandard hinausgehenden Arbeitsplätze gerade durch die Erstattungspflicht und nicht durch die unabhängig von der Erstattungspflicht stattfindenden Einsparungsmaßnahmen gefährdet seien. Ein Wegfall der Erstattungspflicht diene nur der allgemein wirtschaftlichen Konsolidierung der Klägerin, die nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht genüge, um die Erstattungspflicht entfallen zu lassen. Der Ansicht der Klägerin, eine Konkretisierung und der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Erstattungsforderung und der Gefährdung weiterer Arbeitsplätze sei von ihr als Kommune nicht zu verlangen, sei nicht zu folgen. Mit dem 2002 in Kraft getretenen Job-AQTIV-Gesetz habe der Gesetzgeber klargestellt, dass der Wegfall der Erstattungspflicht im Falle einer unzumutbaren Belastung gerade nicht mehr für Kommunen gelte. Daraus sei zu folgern, dass eine Privilegierung öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber auch nicht zum Zeitpunkt der Geltung des § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom Gesetzgeber gewollt gewesen sei. Die Klägerin habe auch nicht vorgetragen, dass die ihr im Rahmen der Selbstverwaltungsgarantie zukommenden freiwilligen Aufgaben und Pflichtaufgaben durch die Erstattungsforderung erheblich beeinträchtigt würden. Ein Finanzausstattungsanspruch der Gemeinden gegenüber den Ländern begründe keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit, Befreiungstatbestände von allgemeinen mit Geldforderungen belastenden Gesetzen zu Gunsten von Gemeinden "verfassungskonform" auszulegen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG. Soweit das LSG die Belastung anderer Haushaltstitel zum Ausgleich der Erstattungsforderungen der Beklagten für möglich halte, verkenne es, dass die Klägerin mit dem Verzicht auf freiwillige Einrichtungen (zB Schwimmbäder, Theater oder Musikschule) notwendig Mitarbeitern in diesen freiwilligen Einrichtungen betriebsbedingt kündigen müsse. Derartige Maßnahmen seien sicher nicht iS des Gesetzes. Die Veräußerung von Grundvermögen oder Mehrheitsbeteiligungen führe notwendig zu weiteren Haushaltsbelastungen durch wegfallende Einnahmen. Dabei sei zu bedenken, dass nicht nur auf die Erstattungsforderung im vorliegenden Verfahren abgestellt werden könne. Vielmehr sei die Gesamtsumme der von der BA geltend gemachten Erstattungsforderungen in Höhe von rd 20 Mio DM zu bedenken. Soweit das LSG davon ausgehe, der Gesetzgeber habe die Kommunen nicht privilegieren wollen, sei die Argumentation mehr als fraglich. Viel spreche dafür, dass der Gesetzgeber bei der Erstattungsvorschrift an eine Anwendung im Bereich von Kommunen nicht gedacht habe. Im Ergebnis könnten nicht die gleichen Anforderungen an den Nachweis weiteren Stellenabbaus bei der Klägerin gestellt werden wie bei einem gewerblichen Unternehmen.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. März 2002 und des Sozialgerichts Duisburg vom 11. Januar 2000 sowie die Bescheide der Beklagten vom 23. Oktober 1998 und 11. Februar 1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Härtefallregelung des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG auch auf nicht insolvenzfähige Rechtsträger anwendbar sei. Sie vertritt die Ansicht, bei öffentlichen Arbeitgebern könne regelmäßig keine Rede davon sein, dass eine durch die Erstattungsforderung herbeigeführte wirtschaftliche Gesamtsituation ausschlaggebend für weiteren Personalabbau sei. Die Härteklausel könne regelmäßig nicht zum Tragen kommen. So seien neben der Erstattungsforderung auch keine anderen Ursachen wirtschaftlicher Art für die Gefährdung der verbleibenden Arbeitsplätze als wesentlich nachgewiesen.
II
Die Revision der Klägerin hat im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung Erfolg. Die Entscheidung des LSG verletzt § 128 Abs 2 Nr 2 AFG. Für eine abschließende Entscheidung des Senats reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht aus.
1. Grundlage für die Erstattung von Leistungen und Beiträgen zur Sozialversicherung im Bezugszeitraum 1. April bis 31. Dezember 1998 ist § 128 AFG idF des Gesetzes vom 15. Dezember 1995 (BGBl I 1824). Allerdings ist die Vorschrift durch Art 11 Nr 27 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl I 594) mit Wirkung ab 1. April 1997 (Art 83 Abs 3 AFRG) und das AFG insgesamt durch Art 82 Abs 1 AFRG ab 1. Januar 1998 aufgehoben worden, ohne dass Art 82 Abs 2 AFRG insoweit Abweichendes bestimmt hat. Die Anwendbarkeit des § 128 AFG auf den genannten Zeitraum ergibt sich indes aus § 431 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III), der die Anwendung der grundsätzlich aufgehobenen Übergangsvorschrift des § 242x Abs 6 AFG weiterhin anordnet. Aus der Verweisung auf § 242x Abs 3 AFG ergibt sich, dass auch § 128 AFG weiterhin anzuwenden ist, wenn die Erstattung Leistungen für Personen betrifft, die innerhalb der Rahmenfrist mindestens 360 Kalendertage vor dem 1. April 1997 in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden haben. Die Rahmenfrist betrug drei Jahre (§ 104 Abs 3 AFG), sodass T sie zu dem in § 242x Abs 3 AFG genannten Stichtag mit seiner durchgehenden Beschäftigung vom 1. Januar 1975 bis 31. Mai 1997 erfüllt hatte. Die Beitragspflicht für T in der Arbeitslosenversicherung unterliegt keinem Zweifel.
2. Die Erstattungsvoraussetzungen des § 128 Abs 1 Satz 1 AFG hat das LSG ohne Rechtsverstoß bejaht. Der 1939 geborene Versicherte T war vom 1. Januar 1975 bis 31. Mai 1997 - mithin mindestens 720 Kalendertage vor dem 1. Juni 1997 (§ 104 Abs 2 AFG) beitragspflichtig beschäftigt. Als Geburtsjahrgang 1939 hatte T 1998 das 58. Lebensjahr vollendet.
Das LSG ist auf die negativen Erstattungsvoraussetzungen des § 128 Abs 1 Satz 2 AFG nicht ausdrücklich eingegangen. Das Urteil enthält zu den dort genannten sozialrechtlichen Ansprüchen keine Feststellungen. Es hat sich zu diesen möglicherweise deshalb nicht geäußert, weil es sich die Ermittlungsergebnisse des Verwaltungsverfahrens zu diesen Ansprüchen zu Eigen gemacht hat. Auch wenn das LSG insoweit keinen Anlass zu eigenen Ermittlungen nach § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gesehen hat (BSGE 81, 259, 262 ff = SozR 3-4100 § 128 Nr 5 mwN; BSGE 87, 132, 137 ff = SozR 3-4100 § 128 Nr 10), macht dies die eigenständige Feststellung von entscheidungserheblichen Tatsachen nicht entbehrlich.
3. Die Erwägungen, mit denen das LSG die Voraussetzungen des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG verneint hat, halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach dieser Vorschrift entfällt die Erstattungspflicht, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass die Erstattung für ihn eine unzumutbare Belastung bedeute, weil durch die Erstattung der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet wären.
Der hier allein in Betracht kommenden Gefährdung weiterer Arbeitsplätze stehen die Möglichkeiten des Verzichts auf freiwillige Aufgaben oder der Veräußerung von Vermögen nicht entgegen. Solche Forderungen greifen unzulässig in die Haushaltsgestaltung der Klägerin ein. Für die Prognose, ob Erstattungsforderungen der BA im Falle der Klägerin Arbeitsplätze gefährden, reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht aus.
3.1 Das LSG geht zutreffend davon aus, die Klägerin könne sich zum Ausschluss der Erstattungsforderungen auf § 128 Abs 2 Nr 2 AFG berufen. Soweit nach § 147a Abs 2 Nr 2 SGB III idF des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl I 3443) die Erstattungsforderung nur noch bei insolvenzfähigen Arbeitgebern entfallen kann, ist dies nicht geeignet, die Anwendung des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG auf die Klägerin als eine nicht insolvenzfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts auszuschließen. Die zuletzt genannte Vorschrift ist hier noch anzuwenden, denn die erwähnte Fassung des § 147a Abs 2 Nr 2 SGB III ist erst am 1. Januar 2002 in Kraft getreten.
3.2 Das LSG geht weiterhin zutreffend davon aus, die Klägerin brauche nicht vorzutragen und nachzuweisen, welche Arbeitsplätze durch die Erstattung von Leistungen zur Arbeitslosigkeit konkret gefährdet werden. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats, wonach es für die Anwendung der Härteregelung genügt, dass die durch die Erstattungsforderungen herbeigeführte wirtschaftliche Gesamtsituation generell geeignet ist, auch den verbliebenen Bestand an Arbeitsplätzen zu gefährden (BSGE 88, 31, 38 = SozR 3-4100 § 128 Nr 12).
3.3 Zutreffend ist schließlich der Ausgangspunkt des LSG, dass allein ein Haushaltsdefizit, also ein negativer Verwaltungshaushalt, Erstattungsansprüche gegenüber der Kommune nicht ausschließt. Der Senat hat allerdings auch bei nicht konkursfähigen öffentlichen Unternehmen das negative Betriebsergebnis, also das Haushaltsdefizit einer Kommune, und die Erfüllung der Erstattungsforderungen aus der Substanz des Unternehmens als Indiz für die Gefährdung von Arbeitsplätzen gesehen (BSGE 88, 31, 40 = SozR 3-4100 § 128 Nr 12 mit Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des Senats). Dass öffentliche Unternehmen und insbesondere Kommunen ungeachtet eines Haushaltsdefizits weiterhin jedenfalls Pflicht-, aber faktisch auch freiwillige Aufgaben erfüllen müssen, kann eine Gefährdung von Arbeitsplätzen ausschließen, weil weiteres Personal zum Ausgleich eines wegen der Erstattungsforderung wieder erhöhten Defizits nicht abgebaut werden kann. Dies bedeutet jedoch nur, dass allein die Tatsache eines Haushaltsdefizits nicht ausreicht, um nachzuweisen, eine Erstattungsforderung nach § 128 AFG gefährde weitere Arbeitsplätze bei der Kommune. Das LSG verkennt aber den Befreiungstatbestand der Gefährdung von Arbeitsplätzen iS des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG, wenn es den Nachweis vermisst, die Erstattung führe bei der Klägerin zum Abbau von Personal und nicht nur zum Abbau von freiwilligen Aufgaben, weil die Klägerin zur Verminderung des Haushaltsdefizits auch freiwillige Leistungen einstellen oder Vermögen veräußern könne. Soweit die Klägerin dagegen einwendet, dass die Einschränkung von freiwilligen Aufgaben häufig auch personalrelevant sei, dh Personaleinsparungen zur Folge habe und deshalb ihrerseits verbleibende Arbeitsplätze gefährde, ist dieses Argument allerdings nicht zwingend. Auch der Verzicht auf freiwillige Aufgaben, die nur in der Zuschussgewährung an Dritte bestehen, kann ein Haushaltsdefizit vermindern. Ebenso ist die Veräußerung von Vermögen eine offensichtliche Möglichkeit zur Haushaltssanierung.
Die Forderung, an Stelle von Personalabbau andere, möglicherweise nicht personalrelevante Aufgaben einzuschränken oder Vermögen zu veräußern, ist jedoch unzulässig, denn sie greift in die Haushaltsgestaltung der Kommune ein. Erreicht diese das Einsparziel wegen der Erstattungsforderungen nicht, steht es ihr offen, dieses durch weitere Personaleinsparungen oder aber durch Einschränkungen von anderen Aufgaben zu verwirklichen. Die Entscheidung darüber liegt bei der Kommune. Legt sie dar, dass sie wegen der Erstattungsforderungen mehr Arbeitnehmer als vorgesehen entlassen muss, um ein Einsparziel im Personalbereich zu erreichen, so kann ihr mit dem Hinweis auf Einsparmöglichkeiten in anderen Bereichen der Nachweis der Gefährdung von Arbeitsplätzen nicht verwehrt werden. Diese Gefährdung liegt jedenfalls dann nahe, wenn eine Kommune langdauernde Haushaltsdefizite aufweist und diesen mit Personaleinsparungen begegnet, also bereits in der Vergangenheit zur Reduzierung des Haushaltsdefizits tatsächlich die absolute Zahl der Beschäftigten über die bloße Fluktuation hinaus vermindert hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung, ob durch die Erstattungsforderung Arbeitsplätze gefährdet werden, ist der Zeitpunkt, in dem die Erstattungsforderung zu erheben ist (BSGE 87, 132, 141 = SozR 3-4100 § 128 Nr 10). Ist auch zu diesem Zeitpunkt eine weitere Personalverminderung geplant, liegt eine Gefährdung durch die Erstattungsforderung nahe.
Die Personalverminderung bezieht sich auf die bei der Kommune insgesamt Beschäftigten. Dabei ist auf alle Beschäftigten - einschließlich der Beamten - abzustellen. Da langjährige Angestellte und Arbeiter einen dem Beamtenstatus ähnlichen Kündigungsschutz genießen, ist es angemessen, die Beamten bei der Feststellung einer dem Umfang nach wesentlichen Gefahr für den verbleibenden Personalbestand einzubeziehen. Soweit Beschäftigte im Haushalt nicht mehr als solche ausgewiesen werden, sondern etwa in haushaltstechnisch ausgegliederten Bereichen geführt werden, ist dies keine Personalverminderung. Weiter setzt eine nach § 128 Abs 2 Nr 2 AFG zu berücksichtigende Gefährdung voraus, dass die Erstattungsforderungen der BA im Verhältnis zu den durch die Personalverminderungen eingesparten Kosten nicht unwesentlich sind.
Soweit nach diesen Maßstäben eine Gefährdung von Arbeitsplätzen nicht nachgewiesen ist, steht einer Anwendung der Härteklausel auch nicht ein "Recht auf aufgabengerechte Finanzausstattung" der Gemeinden entgegen, wie es die Klägerin geltend macht. Dazu hat der Senat bereits klargestellt, dass die Frage, ob eine Erstattungsforderung zu Recht besteht, nicht davon abhängen kann, ob das Land sie ausgleicht oder für sie haftet, wenn sie besteht (BSGE 88, 31, 39 = SozR 3-4100 § 128 Nr 12).
3.4 Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen nicht aus um zu entscheiden, ob die Klägerin gemessen an den eben dargestellten Anforderungen eine Gefährdung von Arbeitsplätzen nachgewiesen hat. Das LSG hat zwar festgestellt, dass die Klägerin ein Haushaltsdefizit hatte und hat. Für die Beurteilung einer unzumutbaren Belastung wegen der Gefährdung verbliebener Arbeitsplätze kommt es jedoch auch darauf an, dass die Klägerin ihrem Haushaltsdefizit mit Personaleinsparungen begegnet und solche über die Fluktuation und Personalplanung hinaus wegen der Erstattungsforderungen weiterhin in nicht unwesentlich vermehrtem Umfang plant. Die Klägerin wird deshalb ihr Vorbringen im Hinblick auf die zu 3.3 erörterten - von der Rechtsansicht des LSG abweichenden - Merkmale einer unzumutbaren Belastung zu ergänzen und mit der Stellungnahme einer fachkundigen Stelle die Gefährdung verbliebener Arbeitsplätze darzulegen haben. Als fachkundige Stelle kommt auch die Kommunalaufsichtsbehörde in Betracht.
Kommt sie ihrer Darlegungslast nicht nach, hat das LSG gegebenenfalls dahin zu wirken, sich zu den erörterten Merkmalen der Gefährdung von Arbeitsplätzen vollständig zu erklären. Soweit sich das Vorbringen der Klägerin der Beurteilung des LSG entzieht, wird es sich die Zusammenhänge durch die Klägerin oder die fachkundige Stelle erläutern lassen. Der Senat hat bereits zum Ausdruck gebracht, dass der nach § 128 Abs 2 AFG maßgebliche Beibringungsgrundsatz - wie in § 139 Zivilprozessordnung - Raum für Beratung und Hinweise durch Verwaltung und Gerichte lässt (BSGE 87, 132, 140 = SozR 3-4100 § 128 Nr 10). Dies gilt umso mehr, als § 128 Abs 7 AFG für die Verwaltung ausdrücklich Beratung des Arbeitgebers über Voraussetzungen und Umfang der Erstattung vorsieht.
Mit der weiteren Entscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens befinden. Wegen der Kostenentscheidung des SG ist auf §§ 193 Abs 4, 184 Abs 1 und 183 SGG hinzuweisen.
Rechtskraft
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