Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Speyer (RPF)
Aktenzeichen
S 1 AL 262/00
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 1 AL 80/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 35/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens bei angeordneter Planüberwachung rechtfertigt nicht allein den Schluss die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers sei beendet und es könne ein neues Insolvenzereignis eintreten.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. März 2002 wird zurückgewiesen. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Der Kläger begehrt Insolvenzgeld (Insg) für den Monat Dezember 1999.
Der Kläger war bis Januar 2000 bei der K. Apparate- und Maschinenbau GmbH beschäftigt. Das Amtsgericht L. hatte mit Beschluss vom 30. April 1999 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers mit Wirkung vom 1. Mai 1999 eröffnet. Durch Beschluss vom 5. Juli 1999 bestätigte das Amtsgericht den von der Schuldnerin vorgelegten Insolvenzplan und hob das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 16. Juli 1999 wieder auf. Zugleich ordnete das Amtsgericht die Überwachung der Erfüllung des Insolvenzplans und die Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte durch den Insolvenzverwalter an. Nachdem der Geschäftsführer der Schuldnerin mit Zustimmung des Sachwalters einen neuen Insolvenzantrag gestellt hatte, eröffnete das Amtsgericht durch Beschluss vom 29. Dezember 1999 erneut das Insolvenzverfahren ab 1. Januar 2000.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Insg für die Arbeitsentgeltansprüche aus Dezember 1999 mit der Begründung ab, die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens sei nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Mai 1999 nicht wieder eingetreten. Erst nach wieder hergestellter Zahlungsfähigkeit könne bei erneuter Zahlungsunfähigkeit ein weiteres Insolvenzereignis bejaht werden (Bescheid vom 2. März 2000; Widerspruchsbescheid vom 11. April 2000).
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger Insg für Dezember 1999 zu gewähren (Urteil vom 13. März 2001). Das SG hat ausgeführt, dass die wenigstens teilweise Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens Voraussetzung für den Sanierungsplan gewesen sei. Insoweit sei davon auszugehen, dass nach Genehmigung des Insolvenzplans und Aufhebung des ersten Insolvenzverfahrens die Zahlungsfähigkeit der GmbH wieder hergestellt worden sei, sodass ein erneuter Versicherungsfall der Insolvenz möglich gewesen sei.
Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 28. März 2002). Der Prüfung des Anspruchs auf Insg sei die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Mai 1999 zu Grunde zu legen. Das weitere Insolvenzereignis sei nicht maßgeblich. Ein erneutes Insolvenzereignis iS von § 183 Abs 1 Nr 1 bis 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei nur dann für die Gewährung des Insg maßgebend, wenn sich nach dem ersten Insolvenzereignis die wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitgebers so weit gebessert hätten, dass die damals vorliegende Insolvenz beseitigt sei und diese erst durch spätere Ereignisse erneut herbeigeführt werde. Werde ein Insolvenzplan über einen längeren Zeitraum erfüllt, könne man das zweite Insolvenzereignis als Grundlage des Anspruchs auf Gewährung von Insg ansehen. Diese Voraussetzungen seien jedoch nicht gegeben. Zwar hätten auf Grund des Insolvenzplans die Löhne und Gehälter zunächst weitergezahlt und erste Sanierungsmaßnahmen auf Grund einer Finanzierung durch die Stadtsparkasse F. durchgeführt werden können. Allerdings hätten die freien Zahlungsmittel nicht ausgereicht, um die offenen Neuverbindlichkeiten zur Erfüllung der Planverbindlichkeiten per 31. Dezember 1999 zu tilgen. Damit sei die Stundungswirkung des Insolvenzplans entfallen und alle zur planmäßigen Befriedigung vorgesehenen Verbindlichkeiten seien uneingeschränkt fällig geworden. In diesem Falle könne an ein zweites Insolvenzereignis nicht angeknüpft werden.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 183 Abs 1 Nr 1 SGB III. Die Auffassung des LSG sei schon allein aus Gründen der Rechtssicherheit nicht haltbar. Nach der Insolvenzordnung (InsO) bestehe neben der Gläubigerbefriedigung durch Liquidation des schuldnerischen Vermögens die Möglichkeit der Befriedigung im Wege der übertragenen Sanierung und der Sanierung durch Insolvenzplan. Für die Sanierung eines angeschlagenen Unternehmens sei der Erhalt der Arbeitsplätze von absoluter Priorität, da das Unternehmen gerade durch und mit der Arbeitskraft des Stammpersonals saniert werden solle. Durch den gerichtlichen Beschluss sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Der insoweit tätige Arbeitnehmer sei schutzwürdig, denn es sei das Ziel des Gesetzgebers, die Arbeitnehmer dem Betrieb zu erhalten, um den Sanierungsplan mit Erfolg umsetzen zu können. Die Rechtsauffassung des LSG habe zur Folge, dass sich insbesondere junge und qualifizierte Arbeiter nach einer anderen Arbeitsstelle umsehen würden. Das Ziel des Gesetzgebers, einen Betrieb zu sanieren, sei hierdurch von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. März 2002 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 13. März 2001 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des LSG beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung.
Anspruch auf Insg hat nach § 183 Abs 1 Satz 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der bei Eintritt eines Insolvenzereignisses für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat. Zu den Insolvenzereignissen rechnet § 183 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB III die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers. Zwar hat das Amtsgericht zum 1. Januar 2000 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet, jedoch hat das LSG zutreffend entschieden, dass die Sperrwirkung der Insolvenzeröffnung vom 1. Mai 1999 dem Insg-Anspruch des Klägers entgegensteht.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Konkursausfallgeld (Kaug), dass ein neues Insolvenzereignis iS des früheren § 141b Abs 1 und 3 Arbeitsförderungsgesetz nicht eintritt und folglich auch keine Ansprüche auf Kaug ausgelöst werden können, solange die auf einem bestimmten Insolvenzereignis beruhende Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers andauert (BSG SozR 4100 § 141b Nr 6, 37, 43 und 46, SozR 3-4100 § 141e Nr 3). Zahlungsunfähigkeit liegt solange vor, wie der Gemeinschuldner wegen eines nicht nur vorübergehenden Mangels an Zahlungsmitteln nicht in der Lage ist und andauernd aufhört, seine fälligen Geldschulden im Allgemeinen zu erfüllen. Die Zahlungsunfähigkeit endet nicht schon dann, wenn der Schuldner einzelne Zahlungsverpflichtungen wieder erfüllt. Neue Ansprüche auf Kaug, etwa wegen Betriebseinstellung, entstehen nach der Eröffnung eines Konkursverfahrens nicht mehr, unabhängig davon, ob und wie lange der Konkursverwalter das Unternehmen bis zur Betriebseinstellung fortführt, sowie, ob er Arbeitsverhältnisse begründet und diese unter Umständen über mehrere Jahre bestehen (BSG SozR 4100 § 141b Nr 46). Dieser Rechtsprechung folgt die Literatur auch zum Insg (Estelmann in Hennig, SGB III, § 183 RdNr 42; Roeder in Niesel, SGB III 2. Aufl, § 183 RdNr 34; Schmidt in Wissing, SGB III, § 183 RdNr 30; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, § 183 RdNr 50).
Die Übertragung der von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätze auf den vom LSG festgestellten Sachverhalt führt dazu, dass nicht der Beschluss des Amtsgerichts über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 29. Dezember 1999, sondern allein der Eröffnungsbeschluss vom 30. April 1999 das für die Anwendung des § 183 SGB III maßgebende Insolvenzereignis gewesen ist. Das mit dem Beschluss vom 30. April 1999 zunächst eingeleitete Insolvenzverfahren war im Hinblick auf einen rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan aufgehoben worden. Das LSG hat jedoch zu Recht entschieden, dass allein wegen dieser Aufhebung des Insolvenzverfahrens und Durchführung des Insolvenzplanverfahrens nicht von einer Wiedererlangung der Zahlungsfähigkeit des Schuldners auszugehen ist.
Das Insolvenzplanverfahren gehört zu den wesentlichen Neuerungen des Insolvenzrechts, die mit dem Inkrafttreten der InsO vom 5. Oktober 1994 (BGBl I, 2866) zum 1. Januar 1999 wirksam geworden sind. Es beginnt mit der Vorlage eines Insolvenzplans durch den Insolvenzverwalter oder den Schuldner an das Insolvenzgericht (§ 218 InsO). Das Insolvenzgericht prüft den Insolvenzplan zunächst nach Maßgabe des § 231 InsO vor. Wird der Insolvenzplan danach nicht zurückgewiesen, wird in einem vom Insolvenzgericht nach § 235 Abs 1 Satz 1 InsO zu bestimmenden Termin der Insolvenzplan und das Stimmrecht der Gläubiger erörtert werden und anschließend über den Plan abgestimmt. Nach der Annahme des Insolvenzplans durch die Gläubiger und der Zustimmung des Schuldners bestätigt das Insolvenzgericht den Insolvenzplan bzw versagt die Bestätigung (§§ 248 bis 252 InsO). Mit der Rechtskraft der Bestätigung treten die im gestaltenden Teil des Plans festgelegten Wirkungen ein (§ 254 InsO) und das Insolvenzgericht beschließt die Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 258 Abs 1 InsO). Zur Sicherung der Planerfüllung kann die Überwachung des Insolvenzplans beschlossen werden (§ 260 InsO), wie dies hier geschehen ist. Dann ist nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter die Erfüllung der nach dem gestaltenden Teil des Insolvenzplans vorgesehenen Ansprüche zu überwachen.
Allein aus der Bestätigung des Insolvenzplans und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch das Insolvenzgericht folgt entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass nunmehr der zunächst eingetretene Insolvenzfall beseitigt und Raum für neue Ansprüche gegen die Insg-Versicherung geschaffen worden wäre. Allerdings treten nach § 254 Abs 1 InsO mit der Rechtskraft des Insolvenzplans die im gestaltenden Teil des Plans festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten des Insolvenzplanverfahrens ein. Damit werden zB Forderungen der Gläubiger erlassen, gekürzt oder gestundet, der Verzicht der Arbeitnehmer auf rückständige Bezüge wirksam und Forderungen in Darlehen umgewandelt (vgl zu den gestaltenden Wirkungen des Insolvenzplans etwa Haarmeyer/Wutzke/ Förster, Handbuch der Insolvenzordnung, 3. Aufl, S 1045 ff). Die materiell-rechtlichen Wirkungen des Insolvenzplanes betreffen jedoch nur die am Insolvenzplanverfahren Beteiligten, dh den Schuldner, die Insolvenzgläubiger und die Absonderungsberechtigten. Zudem sind die Wirkungen des Plans nicht endgültig, sondern halten nicht mehr an, wenn der Schuldner gegenüber einem Gläubiger mit der Erfüllung des Plans erheblich in Rückstand gerät (§ 255 Abs 1 Satz 1 InsO). Von einem erheblichen Rückstand ist danach auszugehen, wenn der Schuldner trotz schriftlicher Mahnung und Setzung einer Nachfrist eine fällige Verbindlichkeit nicht bezahlt (§ 255 Abs 1 Satz 2 InsO). Mit dem Erfüllungsrückstand entfallen die Planwirkungen für denjenigen Gläubiger, gegenüber dem der Schuldner sich im Rückstand befunden hat. Bei einer erneuten Eröffnung des Insolvenzverfahrens lässt § 255 Abs 2 InsO die Stundungen und Erlasse für alle Insolvenzgläubiger des alten Verfahrens entfallen.
Entgegen der Auffassung des Klägers führt die Beteiligung des Insolvenzgerichts am Insolvenzplanverfahren nicht zu der Annahme, es werde für die betroffenen Arbeitnehmer ein Vertrauenstatbestand hinsichtlich der Wiedererlangung der Zahlungsfähigkeit des Arbeitgebers geschaffen. Ein derartiger Vertrauenstatbestand setzt jedenfalls voraus, dass dem Verfahren bis zur Bestätigung des Insolvenzplans eine eingehende Prüfung der Erfolgsaussichten durch das Gericht vorausgeht. Dies ist nicht der Fall. Im Rahmen der Vorprüfung nach § 231 InsO kann das Gericht nur formale Anforderungen überprüfen (§ 231 Abs 1 Nr 1 InsO) oder den Plan zurückweisen, wenn offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Gläubiger oder Bestätigung besteht (§ 231 Abs 1 Nr 2 InsO) oder die den Beteiligten nach dem gestaltenden Teil des Plans zugedachten Ansprüche offensichtlich nicht befriedigt werden können (§ 231 Abs 1 Nr 3 InsO). Die gesetzliche Beschränkung auf eine Evidenzkontrolle erklärt sich vor dem Hintergrund, die "Abstimmungshoheit" der Gläubigerversammlung bestmöglich zu wahren (Jaffé in Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 1999, § 231 RdNr 26). Auch der Bestätigung des Plans nach den §§ 248 ff InsO können angesichts des dem Gericht vom Gesetz auferlegten Prüfungsumfangs nicht die vom Kläger behaupteten Auswirkungen beigemessen werden. Denn das Gericht prüft lediglich, ob die gesetzlichen Vorschriften eingehalten sind und ob sämtliche Einwendungen der Beteiligten beschieden sind. Eine materiell-rechtliche Prüfung, ob der Plan wirtschaftlich zweckmäßig gestaltet ist und ob er voraussichtlich Erfolg haben wird, ist dem Insolvenzgericht verwehrt (Jaffé in Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 1999, § 248 RdNr 10; Flessner in Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl 2001, § 248 RdNr 2). Auch insoweit überlässt der Gesetzgeber die Verantwortung für die positive Prognose den beteiligten Gläubigern.
Die mit der Einführung von Insolvenzplanverfahren verfolgten Zielsetzungen rechtfertigen es nicht, allein auf Grund der Bestätigung des Plans und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens eine erneute Inanspruchnahme der Insg-Versicherung zu eröffnen. Der Insolvenzplan ist seiner gesetzlichen Konzeption nach ein Instrument zur Verwirklichung der Privatautonomie im Insolvenzfall (Müller, KTS 2002, 209). Das Insolvenzplanverfahren hat das Ziel der gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung des Insolvenzverfahrens unberührt gelassen. Der Insolvenzplan ist neben dem regulären Insolvenzverfahren ein Mittel zur Erreichung des Zwecks der Gläubigerbefriedigung (vgl BT-Drucks 12/2443 S 90; Schmid/Rattunde, Der Insolvenzplan, RdNr 76; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Handbuch zur Insolvenzordnung, 3. Aufl, S 975). Ebenso wie durch das Insolvenzverfahren soll die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger sichergestellt werden. Schon diese Konkurrenz von regulärem Insolvenzverfahren und Insolvenzplanverfahren schließt es aus, allein das Insolvenzplanverfahren dadurch zu begünstigen, dass den Gläubigern durch die wiederholte Zuerkennung von Insg-Ansprüchen ein Sondervorteil verschafft wird. Zwar würde dies die bereits in § 1 Satz 1 InsO erwähnte weitere Zielsetzung des Insolvenzplans, den Erhalt des Unternehmens zu fördern, unterstützen. Die letztgenannte Erwägung führt jedoch nicht zu einer anderen Bewertung, denn der Gesetzgeber verfolgt - wie das BSG bereits zum Kaug entschieden hat (BSG SozR 4100 § 141b Nr 46) - mit den §§ 183 ff SGB III nicht die Ziele der InsO, sondern begründet lediglich eine Sicherung bestimmter Lohnforderungen in der Insolvenz des Arbeitgebers.
Der Auslegung des § 183 Abs 1 SGB III durch den Senat stehen auch nicht die Mindestanforderungen der Richtlinie des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (EWGRL 80/987, Abl L 283, 23) entgegen. Allerdings entspricht es dem in Art 2 Abs 1 EWGRL 80/987 definierten Begriff der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, dass ua an die Eröffnung eines nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates vorgesehenen Verfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers zur gemeinschaftlichen Befriedigung seiner Gläubiger angeknüpft wird. Der Senat entnimmt den Erwägungen zur Richtlinie 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der EWGRL 80/987 (Abl L 270, 10), dass die Vorschriften der Richtlinie der aktuellen Rechtsentwicklung im Insolvenzrecht nicht entgegenstehen sollen. In diesem Zusammenhang wird unter Ziff 5 der Erwägungen in der Richtlinie 2002/74/EG ausgeführt, die Mitgliedstaaten könnten zur Bestimmung der Zahlungspflicht der Garantieeinrichtung vorsehen, "dass für den Fall, dass das Vorliegen einer Insolvenz zu mehreren Insolvenzverfahren führt, die Situation so behandelt wird, als würde es sich um ein einziges Insolvenzverfahren handeln". Diesem Ziel entsprechend beschreibt Art 2 Abs 1 EWGRL 80/987 in seiner aktuellen Fassung das für die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers maßgebende Insolvenzverfahren nunmehr als "Gesamtverfahren", dass die Insolvenz des Arbeitgebers sowie die Bestellung eines Verwalters oder einer Person, die eine ähnliche Funktion ausübt, zur Folge hat. Die durch die Neufassung bewirkte Öffnung des Begriffs Zahlungsunfähigkeit belegt, dass unbeschadet der durch die Richtlinie festgelegten Mindestanforderungen von einem einheitlichen Insolvenzereignis jedenfalls dann ausgegangen werden kann, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Insolvenzplan aufgestellt und genehmigt wird und die Aufhebung des Insolvenzplanes mit der gleichzeitigen Anordnung der Überwachung der Planerfüllung durch den Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 260 ff InsO angeordnet wird. Wenn während des Zeitraums der Planüberwachung ein neuer Insolvenzantrag gestellt wird, wird damit die auch im Zeitpunkt der Einstellung des vorherigen Insolvenzverfahrens noch anzunehmende Zahlungsunfähigkeit nur erneut offenkundig. Ob sich an der Beurteilung des Verfahrens als "Gesamtverfahren" iS der Richtlinie etwas ändert, wenn nach Genehmigung eines Insolvenzplanes und Einstellung des Insolvenzverfahrens keine Planüberwachung angeordnet ist oder diese später wieder aufgehoben wird, ist hier nicht zu entscheiden.
Kann damit nicht schon im Hinblick auf die Aufhebung des Insolvenzverfahrens wegen der Bestätigung des Insolvenzplans davon ausgegangen werden, der Arbeitgeber habe seine Zahlungsfähigkeit wiedererlangt, so ergeben sich auch aus den tatsächlichen Feststellungen des LSG zum Ablauf des Insolvenzplanverfahrens keine Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung. Denn die Schuldnerin war bei fortgeltender Anordnung der Planüberwachung bereits zum ersten Fälligkeitstermin der nach dem Insolvenzplan geschuldeten Forderungen zu deren Begleichung außer Stande. Unter diesen Voraussetzungen besteht keine Veranlassung zu einer Entscheidung darüber, unter welchen Voraussetzungen nach Einleitung eines Insolvenzplanverfahrens bereits vor der Planerfüllung davon auszugehen ist, dass die Sperrwirkung des früheren Insolvenzereignisses entfällt und ein neues Insolvenzereignis iS des § 183 Abs 1 Satz 1 SGB III eintreten kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe:
I
Der Kläger begehrt Insolvenzgeld (Insg) für den Monat Dezember 1999.
Der Kläger war bis Januar 2000 bei der K. Apparate- und Maschinenbau GmbH beschäftigt. Das Amtsgericht L. hatte mit Beschluss vom 30. April 1999 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers mit Wirkung vom 1. Mai 1999 eröffnet. Durch Beschluss vom 5. Juli 1999 bestätigte das Amtsgericht den von der Schuldnerin vorgelegten Insolvenzplan und hob das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 16. Juli 1999 wieder auf. Zugleich ordnete das Amtsgericht die Überwachung der Erfüllung des Insolvenzplans und die Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte durch den Insolvenzverwalter an. Nachdem der Geschäftsführer der Schuldnerin mit Zustimmung des Sachwalters einen neuen Insolvenzantrag gestellt hatte, eröffnete das Amtsgericht durch Beschluss vom 29. Dezember 1999 erneut das Insolvenzverfahren ab 1. Januar 2000.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Insg für die Arbeitsentgeltansprüche aus Dezember 1999 mit der Begründung ab, die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens sei nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Mai 1999 nicht wieder eingetreten. Erst nach wieder hergestellter Zahlungsfähigkeit könne bei erneuter Zahlungsunfähigkeit ein weiteres Insolvenzereignis bejaht werden (Bescheid vom 2. März 2000; Widerspruchsbescheid vom 11. April 2000).
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger Insg für Dezember 1999 zu gewähren (Urteil vom 13. März 2001). Das SG hat ausgeführt, dass die wenigstens teilweise Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens Voraussetzung für den Sanierungsplan gewesen sei. Insoweit sei davon auszugehen, dass nach Genehmigung des Insolvenzplans und Aufhebung des ersten Insolvenzverfahrens die Zahlungsfähigkeit der GmbH wieder hergestellt worden sei, sodass ein erneuter Versicherungsfall der Insolvenz möglich gewesen sei.
Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 28. März 2002). Der Prüfung des Anspruchs auf Insg sei die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Mai 1999 zu Grunde zu legen. Das weitere Insolvenzereignis sei nicht maßgeblich. Ein erneutes Insolvenzereignis iS von § 183 Abs 1 Nr 1 bis 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei nur dann für die Gewährung des Insg maßgebend, wenn sich nach dem ersten Insolvenzereignis die wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitgebers so weit gebessert hätten, dass die damals vorliegende Insolvenz beseitigt sei und diese erst durch spätere Ereignisse erneut herbeigeführt werde. Werde ein Insolvenzplan über einen längeren Zeitraum erfüllt, könne man das zweite Insolvenzereignis als Grundlage des Anspruchs auf Gewährung von Insg ansehen. Diese Voraussetzungen seien jedoch nicht gegeben. Zwar hätten auf Grund des Insolvenzplans die Löhne und Gehälter zunächst weitergezahlt und erste Sanierungsmaßnahmen auf Grund einer Finanzierung durch die Stadtsparkasse F. durchgeführt werden können. Allerdings hätten die freien Zahlungsmittel nicht ausgereicht, um die offenen Neuverbindlichkeiten zur Erfüllung der Planverbindlichkeiten per 31. Dezember 1999 zu tilgen. Damit sei die Stundungswirkung des Insolvenzplans entfallen und alle zur planmäßigen Befriedigung vorgesehenen Verbindlichkeiten seien uneingeschränkt fällig geworden. In diesem Falle könne an ein zweites Insolvenzereignis nicht angeknüpft werden.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 183 Abs 1 Nr 1 SGB III. Die Auffassung des LSG sei schon allein aus Gründen der Rechtssicherheit nicht haltbar. Nach der Insolvenzordnung (InsO) bestehe neben der Gläubigerbefriedigung durch Liquidation des schuldnerischen Vermögens die Möglichkeit der Befriedigung im Wege der übertragenen Sanierung und der Sanierung durch Insolvenzplan. Für die Sanierung eines angeschlagenen Unternehmens sei der Erhalt der Arbeitsplätze von absoluter Priorität, da das Unternehmen gerade durch und mit der Arbeitskraft des Stammpersonals saniert werden solle. Durch den gerichtlichen Beschluss sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Der insoweit tätige Arbeitnehmer sei schutzwürdig, denn es sei das Ziel des Gesetzgebers, die Arbeitnehmer dem Betrieb zu erhalten, um den Sanierungsplan mit Erfolg umsetzen zu können. Die Rechtsauffassung des LSG habe zur Folge, dass sich insbesondere junge und qualifizierte Arbeiter nach einer anderen Arbeitsstelle umsehen würden. Das Ziel des Gesetzgebers, einen Betrieb zu sanieren, sei hierdurch von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. März 2002 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 13. März 2001 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des LSG beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung.
Anspruch auf Insg hat nach § 183 Abs 1 Satz 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der bei Eintritt eines Insolvenzereignisses für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat. Zu den Insolvenzereignissen rechnet § 183 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB III die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers. Zwar hat das Amtsgericht zum 1. Januar 2000 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet, jedoch hat das LSG zutreffend entschieden, dass die Sperrwirkung der Insolvenzeröffnung vom 1. Mai 1999 dem Insg-Anspruch des Klägers entgegensteht.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Konkursausfallgeld (Kaug), dass ein neues Insolvenzereignis iS des früheren § 141b Abs 1 und 3 Arbeitsförderungsgesetz nicht eintritt und folglich auch keine Ansprüche auf Kaug ausgelöst werden können, solange die auf einem bestimmten Insolvenzereignis beruhende Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers andauert (BSG SozR 4100 § 141b Nr 6, 37, 43 und 46, SozR 3-4100 § 141e Nr 3). Zahlungsunfähigkeit liegt solange vor, wie der Gemeinschuldner wegen eines nicht nur vorübergehenden Mangels an Zahlungsmitteln nicht in der Lage ist und andauernd aufhört, seine fälligen Geldschulden im Allgemeinen zu erfüllen. Die Zahlungsunfähigkeit endet nicht schon dann, wenn der Schuldner einzelne Zahlungsverpflichtungen wieder erfüllt. Neue Ansprüche auf Kaug, etwa wegen Betriebseinstellung, entstehen nach der Eröffnung eines Konkursverfahrens nicht mehr, unabhängig davon, ob und wie lange der Konkursverwalter das Unternehmen bis zur Betriebseinstellung fortführt, sowie, ob er Arbeitsverhältnisse begründet und diese unter Umständen über mehrere Jahre bestehen (BSG SozR 4100 § 141b Nr 46). Dieser Rechtsprechung folgt die Literatur auch zum Insg (Estelmann in Hennig, SGB III, § 183 RdNr 42; Roeder in Niesel, SGB III 2. Aufl, § 183 RdNr 34; Schmidt in Wissing, SGB III, § 183 RdNr 30; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, § 183 RdNr 50).
Die Übertragung der von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätze auf den vom LSG festgestellten Sachverhalt führt dazu, dass nicht der Beschluss des Amtsgerichts über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 29. Dezember 1999, sondern allein der Eröffnungsbeschluss vom 30. April 1999 das für die Anwendung des § 183 SGB III maßgebende Insolvenzereignis gewesen ist. Das mit dem Beschluss vom 30. April 1999 zunächst eingeleitete Insolvenzverfahren war im Hinblick auf einen rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan aufgehoben worden. Das LSG hat jedoch zu Recht entschieden, dass allein wegen dieser Aufhebung des Insolvenzverfahrens und Durchführung des Insolvenzplanverfahrens nicht von einer Wiedererlangung der Zahlungsfähigkeit des Schuldners auszugehen ist.
Das Insolvenzplanverfahren gehört zu den wesentlichen Neuerungen des Insolvenzrechts, die mit dem Inkrafttreten der InsO vom 5. Oktober 1994 (BGBl I, 2866) zum 1. Januar 1999 wirksam geworden sind. Es beginnt mit der Vorlage eines Insolvenzplans durch den Insolvenzverwalter oder den Schuldner an das Insolvenzgericht (§ 218 InsO). Das Insolvenzgericht prüft den Insolvenzplan zunächst nach Maßgabe des § 231 InsO vor. Wird der Insolvenzplan danach nicht zurückgewiesen, wird in einem vom Insolvenzgericht nach § 235 Abs 1 Satz 1 InsO zu bestimmenden Termin der Insolvenzplan und das Stimmrecht der Gläubiger erörtert werden und anschließend über den Plan abgestimmt. Nach der Annahme des Insolvenzplans durch die Gläubiger und der Zustimmung des Schuldners bestätigt das Insolvenzgericht den Insolvenzplan bzw versagt die Bestätigung (§§ 248 bis 252 InsO). Mit der Rechtskraft der Bestätigung treten die im gestaltenden Teil des Plans festgelegten Wirkungen ein (§ 254 InsO) und das Insolvenzgericht beschließt die Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 258 Abs 1 InsO). Zur Sicherung der Planerfüllung kann die Überwachung des Insolvenzplans beschlossen werden (§ 260 InsO), wie dies hier geschehen ist. Dann ist nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter die Erfüllung der nach dem gestaltenden Teil des Insolvenzplans vorgesehenen Ansprüche zu überwachen.
Allein aus der Bestätigung des Insolvenzplans und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch das Insolvenzgericht folgt entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass nunmehr der zunächst eingetretene Insolvenzfall beseitigt und Raum für neue Ansprüche gegen die Insg-Versicherung geschaffen worden wäre. Allerdings treten nach § 254 Abs 1 InsO mit der Rechtskraft des Insolvenzplans die im gestaltenden Teil des Plans festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten des Insolvenzplanverfahrens ein. Damit werden zB Forderungen der Gläubiger erlassen, gekürzt oder gestundet, der Verzicht der Arbeitnehmer auf rückständige Bezüge wirksam und Forderungen in Darlehen umgewandelt (vgl zu den gestaltenden Wirkungen des Insolvenzplans etwa Haarmeyer/Wutzke/ Förster, Handbuch der Insolvenzordnung, 3. Aufl, S 1045 ff). Die materiell-rechtlichen Wirkungen des Insolvenzplanes betreffen jedoch nur die am Insolvenzplanverfahren Beteiligten, dh den Schuldner, die Insolvenzgläubiger und die Absonderungsberechtigten. Zudem sind die Wirkungen des Plans nicht endgültig, sondern halten nicht mehr an, wenn der Schuldner gegenüber einem Gläubiger mit der Erfüllung des Plans erheblich in Rückstand gerät (§ 255 Abs 1 Satz 1 InsO). Von einem erheblichen Rückstand ist danach auszugehen, wenn der Schuldner trotz schriftlicher Mahnung und Setzung einer Nachfrist eine fällige Verbindlichkeit nicht bezahlt (§ 255 Abs 1 Satz 2 InsO). Mit dem Erfüllungsrückstand entfallen die Planwirkungen für denjenigen Gläubiger, gegenüber dem der Schuldner sich im Rückstand befunden hat. Bei einer erneuten Eröffnung des Insolvenzverfahrens lässt § 255 Abs 2 InsO die Stundungen und Erlasse für alle Insolvenzgläubiger des alten Verfahrens entfallen.
Entgegen der Auffassung des Klägers führt die Beteiligung des Insolvenzgerichts am Insolvenzplanverfahren nicht zu der Annahme, es werde für die betroffenen Arbeitnehmer ein Vertrauenstatbestand hinsichtlich der Wiedererlangung der Zahlungsfähigkeit des Arbeitgebers geschaffen. Ein derartiger Vertrauenstatbestand setzt jedenfalls voraus, dass dem Verfahren bis zur Bestätigung des Insolvenzplans eine eingehende Prüfung der Erfolgsaussichten durch das Gericht vorausgeht. Dies ist nicht der Fall. Im Rahmen der Vorprüfung nach § 231 InsO kann das Gericht nur formale Anforderungen überprüfen (§ 231 Abs 1 Nr 1 InsO) oder den Plan zurückweisen, wenn offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Gläubiger oder Bestätigung besteht (§ 231 Abs 1 Nr 2 InsO) oder die den Beteiligten nach dem gestaltenden Teil des Plans zugedachten Ansprüche offensichtlich nicht befriedigt werden können (§ 231 Abs 1 Nr 3 InsO). Die gesetzliche Beschränkung auf eine Evidenzkontrolle erklärt sich vor dem Hintergrund, die "Abstimmungshoheit" der Gläubigerversammlung bestmöglich zu wahren (Jaffé in Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 1999, § 231 RdNr 26). Auch der Bestätigung des Plans nach den §§ 248 ff InsO können angesichts des dem Gericht vom Gesetz auferlegten Prüfungsumfangs nicht die vom Kläger behaupteten Auswirkungen beigemessen werden. Denn das Gericht prüft lediglich, ob die gesetzlichen Vorschriften eingehalten sind und ob sämtliche Einwendungen der Beteiligten beschieden sind. Eine materiell-rechtliche Prüfung, ob der Plan wirtschaftlich zweckmäßig gestaltet ist und ob er voraussichtlich Erfolg haben wird, ist dem Insolvenzgericht verwehrt (Jaffé in Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 1999, § 248 RdNr 10; Flessner in Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl 2001, § 248 RdNr 2). Auch insoweit überlässt der Gesetzgeber die Verantwortung für die positive Prognose den beteiligten Gläubigern.
Die mit der Einführung von Insolvenzplanverfahren verfolgten Zielsetzungen rechtfertigen es nicht, allein auf Grund der Bestätigung des Plans und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens eine erneute Inanspruchnahme der Insg-Versicherung zu eröffnen. Der Insolvenzplan ist seiner gesetzlichen Konzeption nach ein Instrument zur Verwirklichung der Privatautonomie im Insolvenzfall (Müller, KTS 2002, 209). Das Insolvenzplanverfahren hat das Ziel der gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung des Insolvenzverfahrens unberührt gelassen. Der Insolvenzplan ist neben dem regulären Insolvenzverfahren ein Mittel zur Erreichung des Zwecks der Gläubigerbefriedigung (vgl BT-Drucks 12/2443 S 90; Schmid/Rattunde, Der Insolvenzplan, RdNr 76; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Handbuch zur Insolvenzordnung, 3. Aufl, S 975). Ebenso wie durch das Insolvenzverfahren soll die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger sichergestellt werden. Schon diese Konkurrenz von regulärem Insolvenzverfahren und Insolvenzplanverfahren schließt es aus, allein das Insolvenzplanverfahren dadurch zu begünstigen, dass den Gläubigern durch die wiederholte Zuerkennung von Insg-Ansprüchen ein Sondervorteil verschafft wird. Zwar würde dies die bereits in § 1 Satz 1 InsO erwähnte weitere Zielsetzung des Insolvenzplans, den Erhalt des Unternehmens zu fördern, unterstützen. Die letztgenannte Erwägung führt jedoch nicht zu einer anderen Bewertung, denn der Gesetzgeber verfolgt - wie das BSG bereits zum Kaug entschieden hat (BSG SozR 4100 § 141b Nr 46) - mit den §§ 183 ff SGB III nicht die Ziele der InsO, sondern begründet lediglich eine Sicherung bestimmter Lohnforderungen in der Insolvenz des Arbeitgebers.
Der Auslegung des § 183 Abs 1 SGB III durch den Senat stehen auch nicht die Mindestanforderungen der Richtlinie des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (EWGRL 80/987, Abl L 283, 23) entgegen. Allerdings entspricht es dem in Art 2 Abs 1 EWGRL 80/987 definierten Begriff der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, dass ua an die Eröffnung eines nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates vorgesehenen Verfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers zur gemeinschaftlichen Befriedigung seiner Gläubiger angeknüpft wird. Der Senat entnimmt den Erwägungen zur Richtlinie 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der EWGRL 80/987 (Abl L 270, 10), dass die Vorschriften der Richtlinie der aktuellen Rechtsentwicklung im Insolvenzrecht nicht entgegenstehen sollen. In diesem Zusammenhang wird unter Ziff 5 der Erwägungen in der Richtlinie 2002/74/EG ausgeführt, die Mitgliedstaaten könnten zur Bestimmung der Zahlungspflicht der Garantieeinrichtung vorsehen, "dass für den Fall, dass das Vorliegen einer Insolvenz zu mehreren Insolvenzverfahren führt, die Situation so behandelt wird, als würde es sich um ein einziges Insolvenzverfahren handeln". Diesem Ziel entsprechend beschreibt Art 2 Abs 1 EWGRL 80/987 in seiner aktuellen Fassung das für die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers maßgebende Insolvenzverfahren nunmehr als "Gesamtverfahren", dass die Insolvenz des Arbeitgebers sowie die Bestellung eines Verwalters oder einer Person, die eine ähnliche Funktion ausübt, zur Folge hat. Die durch die Neufassung bewirkte Öffnung des Begriffs Zahlungsunfähigkeit belegt, dass unbeschadet der durch die Richtlinie festgelegten Mindestanforderungen von einem einheitlichen Insolvenzereignis jedenfalls dann ausgegangen werden kann, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Insolvenzplan aufgestellt und genehmigt wird und die Aufhebung des Insolvenzplanes mit der gleichzeitigen Anordnung der Überwachung der Planerfüllung durch den Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 260 ff InsO angeordnet wird. Wenn während des Zeitraums der Planüberwachung ein neuer Insolvenzantrag gestellt wird, wird damit die auch im Zeitpunkt der Einstellung des vorherigen Insolvenzverfahrens noch anzunehmende Zahlungsunfähigkeit nur erneut offenkundig. Ob sich an der Beurteilung des Verfahrens als "Gesamtverfahren" iS der Richtlinie etwas ändert, wenn nach Genehmigung eines Insolvenzplanes und Einstellung des Insolvenzverfahrens keine Planüberwachung angeordnet ist oder diese später wieder aufgehoben wird, ist hier nicht zu entscheiden.
Kann damit nicht schon im Hinblick auf die Aufhebung des Insolvenzverfahrens wegen der Bestätigung des Insolvenzplans davon ausgegangen werden, der Arbeitgeber habe seine Zahlungsfähigkeit wiedererlangt, so ergeben sich auch aus den tatsächlichen Feststellungen des LSG zum Ablauf des Insolvenzplanverfahrens keine Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung. Denn die Schuldnerin war bei fortgeltender Anordnung der Planüberwachung bereits zum ersten Fälligkeitstermin der nach dem Insolvenzplan geschuldeten Forderungen zu deren Begleichung außer Stande. Unter diesen Voraussetzungen besteht keine Veranlassung zu einer Entscheidung darüber, unter welchen Voraussetzungen nach Einleitung eines Insolvenzplanverfahrens bereits vor der Planerfüllung davon auszugehen ist, dass die Sperrwirkung des früheren Insolvenzereignisses entfällt und ein neues Insolvenzereignis iS des § 183 Abs 1 Satz 1 SGB III eintreten kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
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