Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 5727/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 629/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.12.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 1959 geborene Klägerin erlernte von 1978 bis 1979 den Beruf einer Stenokontoristin. In der Folgezeit war sie als Kontoristin, Näherin, Bestückerin, Löterin und Montagearbeiterin sowie zuletzt bis November 2005 als Qualitätskontrolleurin beschäftigt. Seither ist sie arbeitslos. Sie ist als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 und den Merkzeichen G und B anerkannt.
Am 19.10.2006 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Ihren Antrag begründete sie mit folgenden Gesundheitsstörungen: Diabetes, Augenleiden, Schwerhörigkeit, Folgen einer Wirbelsäulenoperation, Unterfunktion der Schilddrüse. Die Beklagte veranlasste das Gutachten der Internistin Dr. H.-Z. auf Grund Untersuchung vom 08.11.2006, die einen Diabetes mellitus II mit intensivierter Insulintherapie, Retinopathie und Hinweisen auf eine Polyneuropathie, eine Skoliose (Operation 1977 mit zufriedenstellendem Verlauf), eine geräteversorgte Innenohrschwerhörigkeit beidseits, einen Weichteilreiz der rechten Schulter, Fußdeformitäten sowie eine Schilddrüsenentzündung diagnostizierte und eine leichte berufliche Tätigkeit ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne Wechsel- und Nachtschicht und ohne starke Lärmexposition vollschichtig für möglich erachtete. Eine gravierende Sehbeeinträchtigung stellte die Gutachterin nicht fest.
Mit Bescheid vom 20.11.2006 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vor. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, wegen des Diabetes mellitus, durch den sich zwischenzeitlich ein Augenleiden entwickelt habe, ihrer beidseitigen Schwerhörigkeit, den Folgen einer Wirbelsäulenoperation und der Unterfunktion der Schilddrüse lediglich noch über ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen zu verfügen. Im Hinblick auf ihr Augenleiden legte sie den Befundbericht der Universitätsaugenklinik T. vom 12.12.2006 (Diagnose: jeweils beidseits Retinopathia diabetica, Makulopathie) vor. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2007, zur Post gegeben am 21.06.2007, zurückgewiesen. Die Klägerin, die angesichts ihrer beruflichen Laufbahn als ungelernte Arbeiterin anzusehen sei, könne noch leichte Tätigkeiten mit den von Dr. H.-Z. genannten Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Am 24.07.2007 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren verwiesen.
Das SG hat den HNO-Arzt Dr. K. , den Radiologen Dr. H. , den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. F. , den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. H. , den Internisten Dr. W. , die Augenärztin Dr. B.-Sch. und Prof. Dr. B.-Sch. , Ärztlicher Direktor der Universitätsaugenklinik T. , schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. K. hat eine chronische Tubenbelüftungsstörung beidseits, eine chronische Otitis media links, einen Zustand nach Tympanoplastik Typ III, eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts und eine hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit links beschrieben und einen achtstündigen Arbeitstag für möglich erachtet. Dr. H. , bei dem die Klägerin sich zweimal zur Schilddrüsenuntersuchung vorgestellt hat (unter Subsitutionstherapie kompensierte Autoimmunthyreoiditis), hat zur Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht Stellung genommen. Dr. F. hat die Klägerin im Wesentlichen durch den Diabetes mellitus und die starke Sehkraftminderung sowie das sehr niedrige Körpergewicht, was ihre Kraft stark vermindere, eingeschränkt erachtet und ihre berufliche Leistungsfähigkeit auf weniger als drei Stunden eingeschätzt. Dr. H. , bei dem die Klägerin sich im Dezember 2000 und im Januar 2006 vorgestellt hatte, hat als Diagnosen einen Zustand nach ventraler Derotationsspondylodese Th5-L1, eine kombinierte Wirbelsäulenfehlhaltung lumbal links-, thorakal rechtskonvex, eine primär thorakal rechtskonvexe idiopathische Skoliose, Spreizfüße sowie einen Hallux valgus mitgeteilt und sich mangels aktuellem Befund zu einer Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht in der Lage gesehen. Dr. W. hat über eine sehr gut eingestellte diabetische Stoffwechsellage berichtet und von seinem Fachgebiet keine Einschränkung gesehen. Dr. B.-Sch. , die die Klägerin letztmals im Januar 2007 untersucht hat, hat Arztbriefe der Universitätsaugenklinik T. vorgelegt, wo die Klägerin im Jahr 2007 mehrmals operativ (Laserkoagulation, Intravitreale Injektion Avastin) behandelt wurde. Prof. Dr. B.-Sch. hat über Behandlungen unter der Diagnose einer mäßigen nicht-proliferativen diabetischen Retinopathie und einer diabetischen Makulopathie an beiden Augen berichtet und eine zuletzt im September 2007 gemessene Sehschärfe von 20/63 (=0,32) am rechten und 20/100 (=0,2) am linken Auge angegeben. Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes hat er acht Stunden täglich für möglich erachtet, die erfragte Wegefähigkeit (insbesondere Zurücklegen von Wegstrecken und Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel) hat er bejaht. Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG darüber hinaus das augenärztliche Gutachten des PD Dr. S. , Chefarzt der C. für Augenheilkunde in S. , auf Grund Untersuchung vom 20.08.2008 eingeholt. Dieser hat die Diagnosen einer Cataracta conticonuclearis provecta mit beginnender hinterer Schalentrübung, einer fortgeschrittene nicht-proliferative diabetische Retinopathie sowie einer diffuse ischämische diabetische Makulopathie gestellt und Sehschärfen jeweils beidäugig mit Korrektur für die Ferne von 0,1 und die Nähe von 0,2 ermittelt. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes hat er vollschichtig für möglich erachtet, jedoch Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten, Arbeiten an gefährdenden Maschinen sowie Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sowie solche, die ein intaktes räumliches Sehen voraussetzen, ausgeschlossen. Auch er hat die Wegefähigkeit bejaht. Mit Urteil vom 08.12.2008 hat das SG die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin leide in erster Linie unter einer erheblich eingeschränkten Sehfähigkeit. Diese stehe der Ausübung einer leichten beruflichen Tätigkeit im Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich nicht entgegen, soweit keine besonderen Anforderungen an das Sehvermögen gestellt werden. Es hat sich im Wesentlichen der Argumentation der Beklagten im Widerspruchsbescheid angeschlossen.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 13.01.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 09.02.2009 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und das Attest des Dr. F. vom 12.05.2009 vorgelegt und geltend gemacht, dass darin eine zunehmende Verschlechterung des Augenbefundes bestätigt werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.12.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2007 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Der Senat hat die Befunde der Universitätsaugenklinik T. vom 24.03., 03.04., 06.04. und 16.07.2009 zu dem Verfahren beigezogen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Denn sie ist im Sinne der maßgeblichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auf die zutreffende Darstellung der rechtlichen Grundlagen im Widerspruchsbescheid für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) Bezug genommen und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten mit den von Dr. H.-Z. und PD Dr. S. genannten qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Wie das SG zutreffend dargelegt hat ist die Klägerin von orthopädischer Seite durch eine Skoliose, die durch eine Stabilisierungsoperation zufriedenstellend behandelt ist, Schulterbeschwerden und Fußdeformitäten beeinträchtigt, die ihr berufliches Leistungsvermögen jedoch nur geringfügig einschränken. Von internistischer Seite besteht ein Diabetes mellitus mit einer sehr gut eingestellten Stoffwechsellage, so dass dieser Erkrankung entgegen der Einschätzung von Dr. F. keine wesentliche leistungslimitierende Wirkung zukommt (so ausdrücklich Dr. W. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem SG und Dr. H.-Z. in ihrem Gutachten für die Beklagte). Von hno-ärztlicher Seite liegt eine Hörstörung vor, die mit einer Hörgeräteversorgung behandelt ist, und zu keiner quantitativen Einschränkung führt (so Dr. K. gegenüber dem SG), sondern nur hohe Lärmexpositionen ausschließt (so Dr. H.-Z. ). Der Ausübung leichter beruflicher Tätigkeiten in einem Umfang von zumindest sechs Stunden täglich stehen diese Gesundheitsstörungen bei Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen nicht entgegen.
Anderes ergibt sich nach Überzeugung des Senats auch nicht unter Berücksichtigung der eingeschränkten Sehfähigkeit der Klägerin, durch die zwar qualitative Einschränkungen zu beachten sind, die eine quantitative Leistungsminderung jedoch nicht begründet. Auch hiervon ist das Sozialgericht im angefochtenen Urteil auf Grund der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zutreffend ausgegangen. Auch auf diese Ausführungen nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Zuzugeben ist der Klägerin, dass sich ihre Sehfähigkeit als Folge einer Cataracta conticonuclearis provecta mit beginnender hinterer Schalentrübung, einer fortgeschrittenen nicht-proliferativen diabetischen Retinopathie sowie einer diffusen ischämischen diabetischen Makulopathie seit September 2006 progredient verschlechtert hat. Während die behandelnde Augenärztin Dr. B.-Sch. im September 2006 noch Visuswerte von 0,7 rechtsseitig bzw. 0,4 linksseitig gemessen hat, haben die Visuswerte anlässlich der gutachtlichen Untersuchung durch PD Dr. S. am 20.08.2008 beidseits lediglich noch 0,2 für die Nähe und 0,1 für die Ferne betragen. Gleichwohl hat der Sachverständige hieraus - ebenso wie Prof. Dr. B.-Sch. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem SG - keine quantitative Leistungsminderung, sondern lediglich qualitative Einschränkungen abgeleitet (keine Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Arbeiten, die räumliches Sehen voraussetzen). Eine für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit wesentliche Verschlechterung ist diesbezüglich nicht eingetreten. Zwar hat der Visus beidseits am 06.04.2009 jeweils noch 0,125 betragen, wobei sich der linksseitige Visus ausweislich des Berichts der Universitätsaugenklinik T. vom 16.07.2009 noch weiter auf 0,1 reduziert hat. Doch verfügt die Klägerin nach dem Bericht der Universitätsaugenklinik T. vom 16.07.2009 über eine Vorsteckerlupe zum Aufstecken auf die Fernbrille sowie ferner über ein Monokular zum Lesen. Damit ist ihr - nach ihren eigenen Angaben - das Lesen möglich, so dass ihr im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit auch eine gewisse Leseleistung abverlangt werden kann. Im Übrigen hat bereits Prof. Dr. B.-Sch. in seiner Auskunft gegenüber dem SG angesichts der von ihm gemessene Sehschärft Probleme mit dem Lesen angedeutet. Gleichwohl hat der gerichtliche Sachverständige PD Dr. S. insoweit keine besonderen Einschränkungen gesehen. Insoweit vermag der Senat somit ebenfalls keine wesentliche Änderung der Situation gegenüber dem Zeitpunkt der Untersuchung durch PD Dr. S. zu erkennen. Eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens resultiert aus der eingeschränkten Sehfähigkeit jedenfalls nicht, so dass die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist.
Die Klägerin kann daher zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Sie ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich. Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Allerdings kann nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen. Diese Fähigkeit hat der gerichtliche Sachverständige PD Dr. S. ebenso bejaht wie Prof. Dr. B.-Sch. und auch Dr. H.-Z. sah insoweit keine Einschränkungen.
Der Umstand, dass bei der Klägerin die Schwerbehinderteneigenschaft und darüber hinaus ein Grad der Behinderung von 80 anerkannt ist, ist für das vorliegende Verfahren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ohne entscheidende Bedeutung. Denn die Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht besitzt für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung keine anspruchsbegründende Bedeutung (BSG, Beschluss vom 09.12.1987, 5b BJ 156/87, veröffentlicht in Juris) und die Voraussetzungen für die Beurteilung des Grades der Behinderung unterscheiden sich maßgeblich (vgl. § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch: Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft) von jenen für die Beurteilung einer Erwerbsminderung (vgl. z.B. § 43 Abs. 3 SGB VI: Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten). Gleiches gilt für das Merkzeichen G (Grenze: übliche Wegstrecke von 2 km, vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2008, B 9/9a SB 7/06 R in SozR 4- 3250 § 146 Nr. 1 gegenüber den oben dargestellten geringeren Anforderungen im Rahmen der Wegefähigkeit). Aus dem anerkannten Merkzeichen B folgt nichts anderes. Dieses Merkzeichen setzt zwar voraus, dass der Schwerbehinderte infolge seiner Behinderung bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf ständige Begleitung bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind (BSG, Urteil vom 10.12.2003, B 9 SB 4/02 R). Für eine derartige Einschränkung bestehen nach der von der Beklagten und dem SG durchgeführten Sachaufklärung indessen keine Anhaltspunkte. Hervorzuheben ist insoweit, dass dieses Merkzeichen B bei der Klägerin schon seit September 2000 anerkannt ist. Zum damaligen Zeitpunkt stand die Klägerin aber noch voll im Erwerbsleben, konnte also auch einen Arbeitsplatz aufsuchen. Auch im Rahmen der umfassenden Untersuchung der Klägerin durch Dr. H.-Z. im November 2006 waren insoweit relevante Leistungseinschränkungen nicht erkennbar.
Die Berufung der Klägerin kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 1959 geborene Klägerin erlernte von 1978 bis 1979 den Beruf einer Stenokontoristin. In der Folgezeit war sie als Kontoristin, Näherin, Bestückerin, Löterin und Montagearbeiterin sowie zuletzt bis November 2005 als Qualitätskontrolleurin beschäftigt. Seither ist sie arbeitslos. Sie ist als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 und den Merkzeichen G und B anerkannt.
Am 19.10.2006 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Ihren Antrag begründete sie mit folgenden Gesundheitsstörungen: Diabetes, Augenleiden, Schwerhörigkeit, Folgen einer Wirbelsäulenoperation, Unterfunktion der Schilddrüse. Die Beklagte veranlasste das Gutachten der Internistin Dr. H.-Z. auf Grund Untersuchung vom 08.11.2006, die einen Diabetes mellitus II mit intensivierter Insulintherapie, Retinopathie und Hinweisen auf eine Polyneuropathie, eine Skoliose (Operation 1977 mit zufriedenstellendem Verlauf), eine geräteversorgte Innenohrschwerhörigkeit beidseits, einen Weichteilreiz der rechten Schulter, Fußdeformitäten sowie eine Schilddrüsenentzündung diagnostizierte und eine leichte berufliche Tätigkeit ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne Wechsel- und Nachtschicht und ohne starke Lärmexposition vollschichtig für möglich erachtete. Eine gravierende Sehbeeinträchtigung stellte die Gutachterin nicht fest.
Mit Bescheid vom 20.11.2006 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vor. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, wegen des Diabetes mellitus, durch den sich zwischenzeitlich ein Augenleiden entwickelt habe, ihrer beidseitigen Schwerhörigkeit, den Folgen einer Wirbelsäulenoperation und der Unterfunktion der Schilddrüse lediglich noch über ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen zu verfügen. Im Hinblick auf ihr Augenleiden legte sie den Befundbericht der Universitätsaugenklinik T. vom 12.12.2006 (Diagnose: jeweils beidseits Retinopathia diabetica, Makulopathie) vor. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2007, zur Post gegeben am 21.06.2007, zurückgewiesen. Die Klägerin, die angesichts ihrer beruflichen Laufbahn als ungelernte Arbeiterin anzusehen sei, könne noch leichte Tätigkeiten mit den von Dr. H.-Z. genannten Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Am 24.07.2007 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren verwiesen.
Das SG hat den HNO-Arzt Dr. K. , den Radiologen Dr. H. , den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. F. , den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. H. , den Internisten Dr. W. , die Augenärztin Dr. B.-Sch. und Prof. Dr. B.-Sch. , Ärztlicher Direktor der Universitätsaugenklinik T. , schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. K. hat eine chronische Tubenbelüftungsstörung beidseits, eine chronische Otitis media links, einen Zustand nach Tympanoplastik Typ III, eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts und eine hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit links beschrieben und einen achtstündigen Arbeitstag für möglich erachtet. Dr. H. , bei dem die Klägerin sich zweimal zur Schilddrüsenuntersuchung vorgestellt hat (unter Subsitutionstherapie kompensierte Autoimmunthyreoiditis), hat zur Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht Stellung genommen. Dr. F. hat die Klägerin im Wesentlichen durch den Diabetes mellitus und die starke Sehkraftminderung sowie das sehr niedrige Körpergewicht, was ihre Kraft stark vermindere, eingeschränkt erachtet und ihre berufliche Leistungsfähigkeit auf weniger als drei Stunden eingeschätzt. Dr. H. , bei dem die Klägerin sich im Dezember 2000 und im Januar 2006 vorgestellt hatte, hat als Diagnosen einen Zustand nach ventraler Derotationsspondylodese Th5-L1, eine kombinierte Wirbelsäulenfehlhaltung lumbal links-, thorakal rechtskonvex, eine primär thorakal rechtskonvexe idiopathische Skoliose, Spreizfüße sowie einen Hallux valgus mitgeteilt und sich mangels aktuellem Befund zu einer Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht in der Lage gesehen. Dr. W. hat über eine sehr gut eingestellte diabetische Stoffwechsellage berichtet und von seinem Fachgebiet keine Einschränkung gesehen. Dr. B.-Sch. , die die Klägerin letztmals im Januar 2007 untersucht hat, hat Arztbriefe der Universitätsaugenklinik T. vorgelegt, wo die Klägerin im Jahr 2007 mehrmals operativ (Laserkoagulation, Intravitreale Injektion Avastin) behandelt wurde. Prof. Dr. B.-Sch. hat über Behandlungen unter der Diagnose einer mäßigen nicht-proliferativen diabetischen Retinopathie und einer diabetischen Makulopathie an beiden Augen berichtet und eine zuletzt im September 2007 gemessene Sehschärfe von 20/63 (=0,32) am rechten und 20/100 (=0,2) am linken Auge angegeben. Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes hat er acht Stunden täglich für möglich erachtet, die erfragte Wegefähigkeit (insbesondere Zurücklegen von Wegstrecken und Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel) hat er bejaht. Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG darüber hinaus das augenärztliche Gutachten des PD Dr. S. , Chefarzt der C. für Augenheilkunde in S. , auf Grund Untersuchung vom 20.08.2008 eingeholt. Dieser hat die Diagnosen einer Cataracta conticonuclearis provecta mit beginnender hinterer Schalentrübung, einer fortgeschrittene nicht-proliferative diabetische Retinopathie sowie einer diffuse ischämische diabetische Makulopathie gestellt und Sehschärfen jeweils beidäugig mit Korrektur für die Ferne von 0,1 und die Nähe von 0,2 ermittelt. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes hat er vollschichtig für möglich erachtet, jedoch Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten, Arbeiten an gefährdenden Maschinen sowie Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sowie solche, die ein intaktes räumliches Sehen voraussetzen, ausgeschlossen. Auch er hat die Wegefähigkeit bejaht. Mit Urteil vom 08.12.2008 hat das SG die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin leide in erster Linie unter einer erheblich eingeschränkten Sehfähigkeit. Diese stehe der Ausübung einer leichten beruflichen Tätigkeit im Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich nicht entgegen, soweit keine besonderen Anforderungen an das Sehvermögen gestellt werden. Es hat sich im Wesentlichen der Argumentation der Beklagten im Widerspruchsbescheid angeschlossen.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 13.01.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 09.02.2009 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und das Attest des Dr. F. vom 12.05.2009 vorgelegt und geltend gemacht, dass darin eine zunehmende Verschlechterung des Augenbefundes bestätigt werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.12.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2007 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Der Senat hat die Befunde der Universitätsaugenklinik T. vom 24.03., 03.04., 06.04. und 16.07.2009 zu dem Verfahren beigezogen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Denn sie ist im Sinne der maßgeblichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auf die zutreffende Darstellung der rechtlichen Grundlagen im Widerspruchsbescheid für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) Bezug genommen und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten mit den von Dr. H.-Z. und PD Dr. S. genannten qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Wie das SG zutreffend dargelegt hat ist die Klägerin von orthopädischer Seite durch eine Skoliose, die durch eine Stabilisierungsoperation zufriedenstellend behandelt ist, Schulterbeschwerden und Fußdeformitäten beeinträchtigt, die ihr berufliches Leistungsvermögen jedoch nur geringfügig einschränken. Von internistischer Seite besteht ein Diabetes mellitus mit einer sehr gut eingestellten Stoffwechsellage, so dass dieser Erkrankung entgegen der Einschätzung von Dr. F. keine wesentliche leistungslimitierende Wirkung zukommt (so ausdrücklich Dr. W. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem SG und Dr. H.-Z. in ihrem Gutachten für die Beklagte). Von hno-ärztlicher Seite liegt eine Hörstörung vor, die mit einer Hörgeräteversorgung behandelt ist, und zu keiner quantitativen Einschränkung führt (so Dr. K. gegenüber dem SG), sondern nur hohe Lärmexpositionen ausschließt (so Dr. H.-Z. ). Der Ausübung leichter beruflicher Tätigkeiten in einem Umfang von zumindest sechs Stunden täglich stehen diese Gesundheitsstörungen bei Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen nicht entgegen.
Anderes ergibt sich nach Überzeugung des Senats auch nicht unter Berücksichtigung der eingeschränkten Sehfähigkeit der Klägerin, durch die zwar qualitative Einschränkungen zu beachten sind, die eine quantitative Leistungsminderung jedoch nicht begründet. Auch hiervon ist das Sozialgericht im angefochtenen Urteil auf Grund der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zutreffend ausgegangen. Auch auf diese Ausführungen nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Zuzugeben ist der Klägerin, dass sich ihre Sehfähigkeit als Folge einer Cataracta conticonuclearis provecta mit beginnender hinterer Schalentrübung, einer fortgeschrittenen nicht-proliferativen diabetischen Retinopathie sowie einer diffusen ischämischen diabetischen Makulopathie seit September 2006 progredient verschlechtert hat. Während die behandelnde Augenärztin Dr. B.-Sch. im September 2006 noch Visuswerte von 0,7 rechtsseitig bzw. 0,4 linksseitig gemessen hat, haben die Visuswerte anlässlich der gutachtlichen Untersuchung durch PD Dr. S. am 20.08.2008 beidseits lediglich noch 0,2 für die Nähe und 0,1 für die Ferne betragen. Gleichwohl hat der Sachverständige hieraus - ebenso wie Prof. Dr. B.-Sch. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem SG - keine quantitative Leistungsminderung, sondern lediglich qualitative Einschränkungen abgeleitet (keine Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Arbeiten, die räumliches Sehen voraussetzen). Eine für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit wesentliche Verschlechterung ist diesbezüglich nicht eingetreten. Zwar hat der Visus beidseits am 06.04.2009 jeweils noch 0,125 betragen, wobei sich der linksseitige Visus ausweislich des Berichts der Universitätsaugenklinik T. vom 16.07.2009 noch weiter auf 0,1 reduziert hat. Doch verfügt die Klägerin nach dem Bericht der Universitätsaugenklinik T. vom 16.07.2009 über eine Vorsteckerlupe zum Aufstecken auf die Fernbrille sowie ferner über ein Monokular zum Lesen. Damit ist ihr - nach ihren eigenen Angaben - das Lesen möglich, so dass ihr im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit auch eine gewisse Leseleistung abverlangt werden kann. Im Übrigen hat bereits Prof. Dr. B.-Sch. in seiner Auskunft gegenüber dem SG angesichts der von ihm gemessene Sehschärft Probleme mit dem Lesen angedeutet. Gleichwohl hat der gerichtliche Sachverständige PD Dr. S. insoweit keine besonderen Einschränkungen gesehen. Insoweit vermag der Senat somit ebenfalls keine wesentliche Änderung der Situation gegenüber dem Zeitpunkt der Untersuchung durch PD Dr. S. zu erkennen. Eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens resultiert aus der eingeschränkten Sehfähigkeit jedenfalls nicht, so dass die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist.
Die Klägerin kann daher zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Sie ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich. Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Allerdings kann nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen. Diese Fähigkeit hat der gerichtliche Sachverständige PD Dr. S. ebenso bejaht wie Prof. Dr. B.-Sch. und auch Dr. H.-Z. sah insoweit keine Einschränkungen.
Der Umstand, dass bei der Klägerin die Schwerbehinderteneigenschaft und darüber hinaus ein Grad der Behinderung von 80 anerkannt ist, ist für das vorliegende Verfahren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ohne entscheidende Bedeutung. Denn die Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht besitzt für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung keine anspruchsbegründende Bedeutung (BSG, Beschluss vom 09.12.1987, 5b BJ 156/87, veröffentlicht in Juris) und die Voraussetzungen für die Beurteilung des Grades der Behinderung unterscheiden sich maßgeblich (vgl. § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch: Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft) von jenen für die Beurteilung einer Erwerbsminderung (vgl. z.B. § 43 Abs. 3 SGB VI: Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten). Gleiches gilt für das Merkzeichen G (Grenze: übliche Wegstrecke von 2 km, vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2008, B 9/9a SB 7/06 R in SozR 4- 3250 § 146 Nr. 1 gegenüber den oben dargestellten geringeren Anforderungen im Rahmen der Wegefähigkeit). Aus dem anerkannten Merkzeichen B folgt nichts anderes. Dieses Merkzeichen setzt zwar voraus, dass der Schwerbehinderte infolge seiner Behinderung bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf ständige Begleitung bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind (BSG, Urteil vom 10.12.2003, B 9 SB 4/02 R). Für eine derartige Einschränkung bestehen nach der von der Beklagten und dem SG durchgeführten Sachaufklärung indessen keine Anhaltspunkte. Hervorzuheben ist insoweit, dass dieses Merkzeichen B bei der Klägerin schon seit September 2000 anerkannt ist. Zum damaligen Zeitpunkt stand die Klägerin aber noch voll im Erwerbsleben, konnte also auch einen Arbeitsplatz aufsuchen. Auch im Rahmen der umfassenden Untersuchung der Klägerin durch Dr. H.-Z. im November 2006 waren insoweit relevante Leistungseinschränkungen nicht erkennbar.
Die Berufung der Klägerin kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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