Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 9/4 RJ 419/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 RJ 177/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Erwrbsunfähigkeit, Summirung, Gehfähigkeit
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob dem Kläger gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) zusteht. Einen Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen Berufsunfähigkeit hat die Beklagte im sozialgerichtlichen Verfahren anerkannt.
Der am ... 1956 geborene Kläger durchlief nach dem 10. Klasse Schulabschluss und einer nicht abgeschlossenen Lehre vom 1. September 1973 bis zum 31. August 1974 zum Elektroinstallateur im Anschluss daran bis zum 15. Juli 1976 erfolgreich eine Schlosserlehre und war in der Folgezeit bis Juni 1990 als Betriebsschlosser beschäftigt. Nach einer kurzzeitigen Tätigkeit als Offsetdrucker in M. arbeitete er zuletzt versicherungspflichtig vom 15. Oktober 1990 bis zum 20. Februar 1991 als Hausmeister in einem Kindergarten der Stadt Z.; dort wurde er nach der Lohngruppe 6 des Rahmenkollektivvertrages entlohnt. Nach der fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses war der Kläger nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 12. Oktober 2000 stellte er bei der Beklagten den Antrag auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Wegen eines 1998 erlittenen Schlaganfalls mit rechtsseitiger Lähmung könne er Arbeiten nur noch verlangsamt verrichten. Beim Arbeitsamt Z. sei er für eine ganztägige Hausmeistertätigkeit arbeitsuchend gemeldet. Die Beklagte zog zunächst den Rehabilitationsentlassungsbericht des Diakonie-Krankenhauses "Neuvandsburg" GmbH in E. vom 28. April 1999 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 27. Januar bis zum 26. April 1999 bei. Dort sind folgende Diagnosen aufgeführt:
Alkoholabhängigkeit vom Gamma-Typ nach Jellinek, chronische Phase. Depressive Persönlichkeitsstruktur, Defizite im sozialen Bereich. Steatosis hepatis. Periphere Polyneuropathie. Arachnoidalzyste.
In der Anamnese ist aufgeführt, dass der Kläger seit 1992 seinen Alkoholkonsum stetig gesteigert habe. Im Juli 1998 sei es dann bei einer Entgiftung zu einem epileptischen Anfall gekommen. Seit der Entgiftung im August 1998 habe er keinen Alkohol mehr konsumiert. Nachdem er in den letzten zwei Jahren acht Kilogramm an Gewicht verloren habe, habe er sich zur Beginn der Maßnahme mit einem Gewicht von 65 Kilogramm bei 176 cm Körpergröße vorgestellt und während des Aufenthaltes drei Kilogramm zunehmen können. Bei der Abschlussuntersuchung habe sich ein noch immer ataktisches, aber wesentlich flüssigeres Gangbild gezeigt; auch der Einbeinstand habe sich beidseits deutlich verbessert. Hinsichtlich der Psyche habe sich eine zufriedenstellende Stabilisierung und eine glaubhafte Abstinenzmotivation erreichen lassen. Es sei eine fragliche Aufrichtigkeit, sowohl im Umgang mit seinen Mitmenschen als auch in der Selbstreflexion, festgestellt worden. Hinsichtlich des sucht- und psychotherapeutischen Verlaufs ist dokumentiert, dass der Kläger keine angemessene Innenarbeit geleistet habe, wobei zunächst offen geblieben sei, ob die Ursache in einer zerebralen Insuffizienz begründet gelegen habe oder auf eine abwehrende Haltung mit Bequemlichkeit zurückzuführen gewesen sei. Der Kläger sei aber sehr wohl in der Lage gewesen, sich immer wieder gezielt eigene Vorteile zu verschaffen und seine Forderungen gewandt und zielorientiert zu verfolgen, sodass sich der Verdacht auf eine querulatorische Haltung verbunden mit der Tendenz, aus der Situation Vorteile für sich zu ziehen, ergebe. Zum Ende der Therapie habe sich eine deutliche positive Veränderung gezeigt, wenn auch das Verhalten nach wie vor teilweise bizarr gewirkt habe; der Kläger habe dies damit erklärt, dass er sich in den letzten Jahren gänzlich zurückgezogen habe und zum Eigenbrödler geworden sei.
In der sozialmedizinischen Epikrise ist aufgeführt, der Kläger sei aus Sicht der geistigen und psychischen Belastbarkeit für eine Tätigkeit, die eine durchschnittliche Intelligenz erfordere, vollschichtig einsetzbar; im verbalen Bereich sei er überdurchschnittlich begabt. Aufgrund der polyneuropathischen Beschwerden liege eine deutliche Limitierung der motorischen Fähigkeiten vor. Die Gehstrecke ohne Gehhilfe liege bei ca. zwei Kilometern, mit Gehhilfe bei ca. fünf Kilometern. Er sei in der Lage, eine normale Einkaufs- oder Aktentasche zu tragen; bereits der Transport eines Koffers sei aus Gleichgewichtsgründen nicht möglich. Auch das Heben und Bewegen von Lasten über zehn Kilogramm sei dauerhaft nicht zumutbar. Unwegsames Gelände oder Leitern bzw. Gerüste seien wegen Sturzgefahr dringend zu meiden. Daraus ergebe sich, dass der Kläger für eine Hausmeistertätigkeit nicht mehr einsetzbar sei. Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit körperlich leichten Anforderungen seien zeitweise im Stehen oder Gehen und/oder ständig im Sitzen in allen Schichten möglich. Er werde arbeitsfähig entlassen.
Ferner holte die Beklagte Behandlungs- und Befundberichte von dem Augenarzt Dr. F. und der Fachärztin für HNO-Heilkunde Dipl.-Med. H. ein. Dr. F. teilte im Mai 2001 mit, den Kläger lediglich einmalig am 24. Februar 2000 behandelt zu haben; Diagnosen gab er nicht an. Dipl.-Med. H. berichtete, der Kläger habe sich erstmals am 2. März 2000 bei ihr vorgestellt und über Gleichgewichtsstörungen sowie eine Gangabweichung nach rechts geklagt. Die durchgeführte Gleichgewichtsprüfung habe eine seitengleiche Erregbarkeit ergeben, sodass eine vestibuläre Ursache habe ausgeschlossen werde können. Die Hörprüfung habe eine geringe Innenohrschwerhörigkeit im Hochtonbereich beidseits gezeigt.
Sodann holte die Beklagte ein neurologisches Gutachten des Facharztes für Neurologie Dr. M. vom 6. August 2001 ein. Der Kläger hat gegenüber dem Gutachter über Einschränkungen der Feinmotorik und der Kraftentfaltung der rechten Hand geklagt. Auch das Laufen sei nur erschwert möglich. Auf dem Hometrainer sei er körperlich ausdauernd belastbar, auf einem Fahrrad falle er jedoch um. Die Beinmuskeln seien symmetrisch an den Waden gering verschmächtigt, wiesen eine normale Muskeleigenspannung, keine sicheren motorischen Ausfälle, keine Pyramidenbahnzeichen auf. Der Kläger habe eine sockenförmige Hypästhesie beidseits angegeben. Es seien seitengleich abgeschwächte Quadrizepsfemoris-Reflexe und beidseits erloschene Trizepssurae-Reflexe feststellbar gewesen. Der Zehen- und Hackengang sei langsam und unsicher erfolgt, das Einbeinhüpfen mühsam und unsicher. In psychischer Hinsicht habe der Kläger einen weit differenzierteren Eindruck gemacht, als er dies im Rahmen der Eingangsanamnese vermittelt habe. Die neurografische Untersuchung habe eine Nervenleitungsminderung im Sinne einer Polyneuropathie ergeben. Die Elektromyographie (EMG) hat der Gutachter dahingehend beurteilt, dass weitgehend unauffällige Muskeln mit nur sehr gering ausgeprägten neurogenen (neuropathischen) Veränderungen bestünden. Ein Korrelat auf organischem Gebiet für den vom Kläger angegebenen Schlaganfall finde sich nicht. Der Kläger habe ihm gegenüber eine Beschränkung der Gehstrecke mit bis zu 2.000 Meter ohne Gehstütze angegeben. Als neurologische Diagnosen seien eine zerebelläre Atrophie mit Ataxie sowie eine Polyneuropathie, beides wahrscheinlich als Alkoholspätfolge, zu berücksichtigen. Leichte körperliche Arbeiten, nicht auf Leitern, Gerüsten, Dächern, mit offenen Wärmequellen oder Elektrizität und nicht unter erhöhtem Zeitdruck seien vollschichtig zumutbar; zu meiden seien Gehstrecken über 500 Meter auf unebenem Gelände.
Mit Bescheid vom 30. August 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2001 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab. Der Kläger könne leichte körperliche Arbeiten mit weiteren qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten. Hinsichtlich seines beruflichen Werdeganges sei er als Angelernter im unteren Bereich zu beurteilen und auf alle Anlerntätigkeiten und ungelernte Tätigkeiten sozial zumutbar verweisbar. Den Beruf des Schlossers habe er aus anderen als aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben und sich beruflich neu orientiert.
Gegen den ihm nach seinen Angaben am 12. Dezember 2001 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am Montag, dem 14. Januar 2002, Klage beim Sozialgericht Dessau erhoben. Da zunächst ausschließlich seine Suchterkrankung behandelt werden sollte, habe man sich nicht in der notwendigen Weise um die Folgen seines im Sommer 1998 erlittenen Schlaganfalls gekümmert. Deshalb sei er heute kaum noch in der Lage, zu schreiben. Die täglichen Arbeiten im Haushalt könne er bis auf das Einkaufen noch bewältigen, aber ein Glas Wasser aus der Küche ins Wohnzimmer zu tragen, gelinge ihm nicht. Zudem sei er berufsunfähig.
Nachdem das Sozialgericht eine Arbeitgeberauskunft der Stadtverwaltung Z. vom 13. Juni 2002 eingeholt hatte, hat sich die Beklagte in einem am 19. Juli 2004 anberaumten Erörterungstermin bereit erklärt, den Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 1. November 2000 anzuerkennen; dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger am 18. August 2004 angenommen. Die Beklagte hat das Teilanerkenntnis mit Bescheid vom 7. September 2004 ausgeführt.
Im Hinblick auf den vom Kläger darüber hinaus geltend gemachten Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hat das Sozialgericht den Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. J. vom 17. Januar 2002, den dieser in dem beim Sozialgericht Dessau anhängigen Schwerbehindertenstreitverfahren S 5 SB 77/01 unter dem 17. Januar 2002 erstattet hat, beigezogen. Sodann hat der Kläger zunächst die ergänzende Stellungnahme des Direktors der Klinik für Neurologie der Otto-von-Guericke-Universität M. Prof. Dr. W. vom 16. Oktober 2003 und dann dessen zugrundeliegendes Sachverständigengutachten vom 24. Februar 2003, das dieser gleichfalls im Schwerbehindertenstreitverfahren erstattet hatte, zu den Akten gereicht. Gegenüber Prof. Dr. W. hatte der Kläger angegeben, unter einer Gangunsicherheit zu leiden; Treppen könne er nur mit Handlauf maximal zwei Stockwerke steigen. Bei Tag und auf ebenem Gelände könne er mit Anstrengung bis zu zwei Kilometer gehen; das Gehen im Dunkeln und auf unebenem Gelände sei ihm nicht möglich. Der Gutachter beschrieb eine diskrete ataktischhypokinetische Dysarthrie, die das Verständnis der Äußerungen nicht beeinträchtigt habe. Ferner habe er eine spastische Hemiparese rechts mit verminderter Feinbeweglichkeit, verminderten Mitbewegungen und geringer Tonuserhöhung sowie eine Atrophie der kleinen Zehenheber festgestellt. Es habe sich ein ataktisches, rechts hemiparetisches Gangbild gezeigt. Für eine Persönlichkeitsstörung von Krankheitswert, Simulation oder Aggravation habe sich kein Anhalt ergeben. Der Kläger sei freundlich und kooperativ gewesen, habe adäquat auf die Gutachtenssituation reagiert. Das Denken habe sich geordnet und folgerichtig ohne Hinweise auf Störungen der Hirnleistungen dargestellt.
Als Diagnosen seien eine Gang- und Extremitätenataxie, eine Hemiparese rechts, eine Lagesinn- und Augenbewegungsstörung, eine Dysarthrie am ehesten nach zentraler pontiner Myelinolyse 1998 sowie eine vermutlich alkoholinduzierte Polyneuropathie und der Verdacht auf eine Tabak-Alkohol-Amblyopie zu berücksichtigen. Der Grad der Behinderung (GdB) für die Ataxie werde auf 50, für die Bewegungsstörung der rechtsseitigen Extremitäten auf 20, für die Sensibilitätsstörungen gleichfalls auf 20 und zusammenfassend auf 60 geschätzt; die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" lägen vor, der Merkzeichen "aG" und "RF" nicht.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein psychiatrisches Sachverständigengutachten von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Prof. Dr. med. habil. Späte vom 28. Mai 2005 eingeholt. Ihm gegenüber habe der Kläger angegeben, von einem Bekannten zum Untersuchungstermin gebracht worden zu sein und zum Laufen eine Gehhilfe benutzt zu haben. Er habe sofort weitschweifig über sein Leben berichtet. Die akuten Gefühlsregungen seien eigentümlich flach und oberflächlich erschienen. Der Antrieb sei im Bereich der Norm gewesen, der Gedankenablauf über lange Strecken weitschweifig. Der Kläger habe geschwafelt und mit gestelztem und geziertem Ausdruck unwesentliche Hohlheiten berichtet, mit denen eine ganz erhebliche Kritikminderung deutlich werde. Dabei habe sich der Zeiger der Schuld immer wieder nach außen gerichtet, u.a. hätten die Ärzte ihn hinsichtlich des Schlaganfalls von Anfang an nicht ernstgenommen und falsch behandelt und ihm stattdessen eine Entwöhnungstherapie verordnet. Die intellektuellen Voraussetzungen im Sinne der primären Intelligenz seien nicht gestört gewesen. Die Untersuchungen zur Aufdeckung von Störungen der Leistungsfähigkeit hätten keine pathologischen Veränderungen ergeben. Es lägen allerdings grobe kognitive Störungen insoweit vor, als dem Kläger die Einordnung seines jetzigen Zustands als Folge seiner Alkoholabhängigkeit nicht gelinge und er voller Vorwürfe und Misstrauen die Ursachen in einer falschen Behandlung seines "Schlaganfalles" sehe. Es seien die wesentlichen Veränderungen der Persönlichkeit, die sein Verhalten bestimmten. Zu den fortbestehenden Beschwerden hat der Kläger gegenüber dem Sachverständigen geäußert, beim Treppensteigen habe er keine Probleme, wenn die Treppe einen Handlauf habe; so gelange er mühelos auch in die zweite Etage. Er könne mühelos 500 Meter laufen, jedoch nach 700 oder 800 Metern bräuchte er zwischendurch einmal eine Pause. Im normalen häuslichen Ablauf störe ihn nichts, da alles fest geordnet sei. Wenn er einmal woanders hinkomme, sei die Stufenhöhe von Treppen entscheidend. Manchmal sei er schon böse hingefallen und habe blaue Flecken "noch und nöcher". Seine Hauptbeschäftigungen zu Hause seien Lesen und Fernsehen. Beim Lesen bevorzuge er jetzt Heinrich Böll und Hermann Hesse, auch autobiografische Sachen. Er höre auch gerne Rockmusik. Nach Auffassung von Prof. Dr. med. habil. Sp. liege beim Kläger eine organische Persönlichkeitsstörung im Sinne einer alkoholtoxischen bedingten Persönlichkeitsveränderung vor. Dies korreliere mit der sowohl in der Computertomographie (CT) als auch in der Magnetresonanztomographie (MRT) nachgewiesenen Atrophie der Hirnrinde. Ferner bestehe eine Alkoholabhängigkeit, gegenwärtig abstinent. Hinweise für eine tiefgreifende depressive Störung hätten sich nicht gefunden. Aus neurologischer Sicht bestünden folgende Störungen:
Rechtsseitige Hemiparese mit Schwäche (Kraftminderung), rascher Ermüdbarkeit der Muskulatur, Funktionseinschränkung infolge einer möglicherweise abgelaufenen akuten zerebralen Durchblutungsstörung mit einem entsprechenden im CT nachgewiesenen Korrelat in der Capsula externa. Restzustand (Defektzustand) nach einer toxischen Polyneuropathie mit beidseitigen unterschiedlich ausgeprägten Sensibilitätsstörungen der Füße (und Beine), einer Fußheberschwäche rechts. Deutliche Ataxie der Extremitäten mit deutlicher Beeinträchtigung des Gehens als Ausdruck einer Schädigung im Rückenmarkbereich – möglicherweise einer zentralen pontinen Myelionlyse (Prof. Dr. W.). Sehstörungen beidseits bei Veränderungen der Sehnerven. Alkoholbedingte Fettleber.
Der Kläger könne noch leichte körperliche Arbeiten mit linksseitigem Tragen von Lasten bis maximal fünf Kilogramm und der Möglichkeit, sich abzustützen, im Übrigen im Sitzen unter drei Stunden täglich verrichten. Die Koordinationsstörungen, die rechtsseitige Lähmung und die durch die Sensibilitätsstörungen eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit beruhten auf organischen Ausfällen der Hirn- und der Nervensubstanz, wobei die Restleistungsfähigkeit rasch erschöpft sei und es längerer Erholungsphasen bedürfe, um wieder eine Belastbarkeit zu erreichen. Der Kläger könne viermal 500 Meter täglich zu Fuß unter Benutzung einer Gehhilfe zurücklegen, wobei Voraussetzungen ein ebener Untergrund und eine ausreichende Beleuchtung seien. Er könne öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Zum Führen eines Pkw als Fahrer sei er ungeeignet.
Die Beklagte hat sich mit dem Gutachten von Prof. Dr. med. habil. Sp. nicht einverstanden erklärt und unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Prüfärztin Dipl.-Med. F. vom 21. Juli 2005 darauf hingewiesen, dass die intellektuellen Voraussetzungen des Klägers im Normbereich gelegen und Hinweise auf Hirnleistungsstörungen nicht bestanden hätten. Ein sekundärer Abbau des intellektuellen Leistungsvermögens im Sinne einer Demenzentwicklung sei vom Sachverständigen ausgeschlossen worden. Prof. Dr. W. habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich kein Anhalt für eine Persönlichkeitsstörung von Krankheitswert ergeben habe. Insoweit sei die vom Gutachter angenommene erhebliche Minderung des quantitativen Leistungsvermögens nicht belegt.
In seiner hierzu eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 22. August 2005 hat Prof. Dr. med. habil. Sp. darauf hingewiesen, dass ihm beim nochmaligen Lesen der biografischen Anamnese die Untersuchungssituation wieder deutlich vor Augen getreten sei und ihm wiederum jene Gefühle der Abwehr hochgekommen seien, die sich bei ihm eingestellt hätten, als der Kläger mit einer fast arroganten Selbstüberhebung darüber gefaselt habe, dass er nur falsch behandelt worden sei und deshalb seine Schädigungen bestünden, nicht aber das Trinken die Ursache sei. Bei objektiver Beurteilung des Sachverhaltes halte er an seiner Einschätzung fest. Die Halbseitensymptomatik werde auch von Prof. Dr. W. als organisch begründet angesehen. Sofern dieser darauf abgestellt habe, dass eine Persönlichkeitsstörung von Krankheitswert nicht vorliege, stimme er dieser Feststellung insoweit zu, als er – Prof. Dr. med. habil. Sp. – von einer alkoholtoxisch bedingten erworbenen Veränderung einer primär anders strukturierten Persönlichkeit ausgehe. Im Hinblick auf das Bestehen einer deutlichen kortikalen Hirnatrophie könne die von ihm zugrunde gelegte Persönlichkeitsveränderung als organisch bedingt angesehen werden. Bezogen auf die von der Prüfärztin angenommene Therapiebarkeit halte er es für nicht nachvollziehbar, wie die Prüfärztin von diesem menschlichen Wrack auch noch erwarten wolle, dass der Kläger einen entsprechenden Leidensdruck entwickeln könne, um sich therapieren zu lassen.
Mit Urteil vom 5. September 2005 hat das Sozialgericht Dessau die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem 1. November 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren. Unter Zugrundelegung sämtlicher medizinischer Unterlagen, insbesondere des Gutachtens von Prof. Dr. med. habil. Sp. vom 28. Mai 2005, sei die Kammer davon überzeugt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers voll gemindert sei. Beim Kläger bestehe ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich. Bei den von Prof. Dr. med. habil. Sp. festgestellten psychischen und neurologischen Veränderungen handele es sich um die Folge von Defekten der Hirnsubstanz, die in den CT- und MRT- Aufnahmen hätten nachgewiesen werden können. Aufgrund der Erkrankung bestünden folgende Auswirkungen auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit: Unfähigkeit, auf unebenem Gelände zu gehen, im Dunkeln zu gehen oder zu stehen, ohne sich festhalten zu können, Verrichtungen mit der rechten Hand auszuführen, die feinmotorisches Geschick erforderten, mit der rechten Hand zu schreiben, Fahrrad zu fahren oder als Fahrer einen Pkw zu benutzen, erschwertes Treppensteigen, erhebliche Verlangsamung der Bewegungsabläufe, rasche Erschöpfbarkeit bei Belastung der Beine, Einschränkung von Aufmerksamkeit und Konzentration über einen Zeitraum von einer Stunde hinaus, lange Reaktionszeiten durch vermehrte Ängstlichkeit und eingeschränkte Anstrengungsbereitschaft. Die durch die Koordinationsstörung, die rechtsseitige Lähmung und die Sensibilitätsstörungen eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten beruhten auf organischen Ausfällen der Hirn- und Nervensubstanz.
Gegen das ihr am 30. September 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Oktober 2005 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dem Kläger stehe kein Anspruch auf die ausgeurteilte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu. Denn der Kläger sei noch in der Lage, vollschichtig leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen, d.h. ohne starken Zeitdruck, Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüsten, erhöhte Unfallgefahr, besondere Anforderungen an die Feinmotorik der rechten Hand sowie ohne ständiges Gehen und Stehen zu verrichten. Der Kläger habe seit 1998 keinen Alkohol mehr getrunken. Sowohl im Rehabilitationsentlassungsbericht einer Fachklinik vom 28. April 1999 als auch im neurologischen Gutachten vom 6. August 2001 sei dementsprechend ein vollschichtiges Leistungsvermögen angenommen worden. Die Einschätzung im psychiatrischen Gutachten von Prof. Dr. med. habil. Sp. vom 8. November 2004, wonach der Kläger wegen alkoholtoxischer Folgeschäden nur noch weniger als drei Stunden täglich arbeiten könne, seien in Abweichung von den Gutachten fachspezifisch nicht ausreichend begründet. Die intellektuellen Voraussetzungen des Klägers lägen mit einem IQ von 107 im oberen Normbereich; relevante Hirnleistungsstörungen seien auch von dem Sachverständigen Späte ausgeschlossen worden. Dieser habe sich zur Begründung seiner Einschätzung hauptsächlich auf krankhafte Persönlichkeitsanteile gestützt. Diese seien zum einen therapierbar. Zum anderen seien arbeitsrelevante Fähigkeitsstörungen nicht angegeben worden. Soweit sich der Gutachter auf eine mittels CT und MRT nachgewiesene Hirnatrophie bezogen habe, fehle es an einem Hirnsubstanzdefekt bei Hirnvolumenminderung, wobei bei Alkoholikern das Ausmaß einer Hirnatrophie keinesfalls mit schweren klinischen Störungen korrelieren müsse. Es werde die Einholung eines Gutachtens von einem Sachverständigen mit suchtmedizinischer Erfahrung für erforderlich gehalten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 5. September 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hat sich zunächst zur Berufung der Beklagten nicht geäußert.
Der Senat hat sodann ein weiteres Sachverständigengutachten von der Ärztlichen Direktorin und Chefärztin im Fachkrankenhaus für Psychiatrie/Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiatrie/Suchtklinik B. Dr. F. vom 16. März 2006 eingeholt. Die Sachverständige hat den Kläger persönlich begutachtet sowie laborchemische und testpsychologische Untersuchungen durchführen lassen. Auch ihr gegenüber hat der Kläger angegeben, seit der Entgiftung im Sommer 1998 keinerlei Alkohol mehr zu sich genommen zu haben. Seit dem Schlaganfall 1998 habe er im Wesentlichen Probleme beim Laufen. Etwa einen Kilometer könne er im Spazierschritt ohne Hilfsmittel laufen, dann werde das Laufen schwieriger. Er habe dann Probleme, das Gleichgewicht zu halten, müsse eine Pause einlegen. Seit dem Schlaganfall 1998 sei die rechte Seite gelähmt. Die Auswirkungen hätten sich im Laufe der Zeit gebessert, nunmehr sei lediglich die Feinmotorik der rechten Hand noch gestört. Mit links könne er nicht so gut schreiben. Einseitiges Tragen würde ihm schwer fallen. Treppen könne er nur steigen, wenn ein Handlauf vorhanden sei. Gedächtnis und Konzentration hätten vielleicht etwas nachgelassen, altersbedingt, unabhängig vom Schlaganfall. Mit den Augen habe er keine Probleme, er benötige auch keine Brille. Er lebe allein in einer Zweiraumwohnung in einem Dorf bei H. zur Miete. Er fahre mit dem Bus von der nicht weit entfernten Haltestelle nach H. zum Einkaufen. Er erledige alle Besorgungen. Um seine Wohnung und die Wäsche kümmere er sich selbst. Er hole die Lebensmittel mit dem Bus und koche auch täglich, mitunter Fertiggerichte wegen der reduzierten finanziellen Möglichkeiten. Zu Hobbys oder Interessen befragt, hat er angegeben, gerne Musik zu hören und viel zu lesen. Ansonsten gehe er häufig spazieren oder sitze bei besserem Wetter im Garten des Vermieters. Früher sei er handwerklich sehr geschickt gewesen, das gehe jetzt nicht mehr so wegen der gestörten Feinmotorik der rechten Hand. Bezüglich beruflicher Vorstellungen befragt, hat er geäußert, sich leichte Hausmeistertätigkeiten schon vorstellen zu können, jedoch könne er nicht mehr so schnell reagieren. Als Pförtner könne er z.B. auch arbeiten. Er sei von einem Bekannten mit dem Pkw gefahren worden.
Bei der Erhebung der Untersuchungsbefunde hat die Gutachterin eine geringe Kraftminderung der rechten Körperseite, eine geringfügige Tonusdifferenz (rechts stärker als links), einen leicht verminderten Faustschluss der rechten Hand bei voller Kraftentfaltung in den einzelnen Fingern festgestellt. Die Sprache sei deutlich gewesen. Das Gangbild sei ohne Gehhilfe vorsichtig, rechts diskret unsicher und mit deutlicheren Einschränkungen mit geschlossenen Augen gewesen. Im affektiven Bereich habe der Kläger gut emotional und situationsangemessen reagiert, im Laufe des Gespräches offen und kritikfähig, sich mit seiner Situation auseinandersetzend gewirkt. Im Antriebsverhalten seien keine Störungen erkennbar gewesen. Die testpsychologischen Untersuchungen durch Dipl.-Psych. Sch. hätten sehr gute intellektuelle Bedingungen ergeben. Hinweise auf ein organisches Psychosyndrom oder auf eine Persönlichkeitsdepravation als Folge des vor Jahren betriebenen erheblichen Alkoholkonsums hätten sich ebenso wenig gezeigt wie Einschränkungen der Gedächtnis- und Wahrnehmungsfunktion, der kognitiven Flexibilität und der Umstellungsfähigkeit. Lediglich leichte Einschränkungen im Konzentrationsverlaufstest als Resultat der überdurchschnittlichen Genauigkeit seien aufgefallen. Folgende Diagnosen seien zu stellen:
Halbseitensymptomatik rechts mit leichter Kraftminderung und deutlicher Ataxie (Koordinationsstörung) des rechten Beines, Störung der Feinmotorik der rechten Hand, geringfügigen Sensibilitätsstörungen rechts betont. Alkoholabhängigkeitssyndrom, seit 1998 abstinent, ohne Hinweise auf eine Leberschädigung. Chronischer Nikotinmissbrauch.
Die Halbseitensymptomatik sei wahrscheinlich als Restsymptom einer erlittenen akuten zerebralen Durchblutungsstörung zu werten, möglicherweise sei von einem Folgezustand nach zentraler pontiner Myelionlyse, alkoholtoxisch bedingt, auszugehen.
Auf psychiatrischem Fachgebiet lägen zurzeit keine Gesundheitsstörungen vor, die das Leistungsvermögen im Erwerbsleben beeinflussten. Alkoholtoxische Folgen der Alkoholabhängigkeit, die die Hirnleistungsfähigkeit tangierten, seien nicht nachweisbar. Eine Beeinflussung des Leistungsvermögens in qualitativer Hinsicht ergebe sich durch die neurologische Symptomatik in Form des Halbseitensyndroms rechts mit leichter Kraftminderung und besonders der Ataxie (Koordinationsstörung) des rechten Beines und der Störung der Feinmotorik der rechten Hand. Als Ursache seien sowohl ein Zustand nach stattgehabter zerebraler Durchblutungsstörung als auch alkoholtoxische Folgeschäden (zentrale pontine Myelinolyse, alkoholtoxische Polyneuropathie) zu diskutieren. Der Kläger könne noch Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit, Arbeiten mit geistig schwierigen Anforderungen entsprechend seiner guten intellektuellen Ausstattung sowie mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen vollschichtig verrichten. Wegen der Unsicherheit der motorischen Abläufe im Dunkeln sollte er nur in Tagesschicht und ohne besonderen Zeitdruck eingesetzt werden. Arbeiten mit Publikumsverkehr und einfache körperliche Verrichtungen wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen seien möglich, wobei die Störung der Feinmotorik der rechten Hand zu beachten und der Einsatz an komplizierten Maschinen nicht zu empfehlen sei. Diskrepanzen bestünden zum neuropsychiatrischen Gutachten vom 30. Mai 2005. Bei der aktuellen Begutachtung seien keinerlei psychische Auffälligkeiten weder in der psychiatrischen Exploration noch in der sehr ausführlichen testpsychologischen Untersuchung sowie der Hirnleistungsuntersuchung nachweisbar gewesen.
Der Kläger hat im Juni 2006 darauf hingewiesen, dass Dr. F. in dem beim Landessozialgericht ebenfalls anhängigen Schwerbehindertenstreitverfahren L 7 SB 17/03 gebeten habe, von ihren Gutachterpflichten entbunden zu werden, und einen "neurologisch erfahrenen Sachverständigen" mit der Bewertung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers zu beauftragen. Insoweit scheide auch im anhängigen Streitverfahren die Verwertbarkeit des Gutachtens von Dr. F. aus. Es werde gebeten, die weitere Begutachtung im Schwerbehindertenstreitverfahren, insbesondere das nunmehr an Privatdozent (PD) Dr. S. in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten, abzuwarten.
Der Senat hat daraufhin das neurologische Gutachten von PD Dr. S. vom 11. August 2006 aus dem Streitverfahren L 7 SB 17/03 beigezogen. Dieser gegenüber hat der Kläger angegeben, 1998 einen Schlaganfall mit einer rechtsseitigen Lähmung und einer Sprachstörung erlitten zu haben. Die Schwäche des rechten Armes und Beines seien unverändert geblieben. Er mache täglich 22 Kniebeugen und 40 Liegestütze, fühle sich jedoch körperlich nicht fit. Durch Gleichgewichtsstörungen komme es häufig zu Stürzen. Auf ebener Erde könne er ohne Belastung ca. einen Kilometer laufen. Mit Einkaufstaschen sei bereits auf dem 200 Meter langen Weg vom Bus zur Wohnung eine Pause notwendig. Sonst bewege er sich nur in der Wohnung und im Garten. Fast täglich erleide er Stürze. Drehschwindel mit Fallneigung trete seit 1998 zunehmend verstärkt auf. Gelegentlich sei er bei den Stürzen bewusstlos gewesen. Er könne mit der rechten Hand nur noch eine Unterschrift leisten; handschriftliche Widersprüche müssten von der Schwester oder einem ehemaligen Bekannten verfasst werden. Bei der klinischen Untersuchung habe sich ein normaler, sicherer Gang gezeigt, Seiltänzergang und Blindgang seien nicht möglich gewesen. Hinsichtlich der Motorik ist ein "AHV und BHV mit rechtsseitig subjektiver Schwäche" angegeben worden. Die Einzelkraftprüfung der Arme und Beine sowie des Faustschlusses habe seitengleich einen Kraftgrad 5 gezeigt. Es seien keine Atrophien und ein regelrechter Tonus feststellbar gewesen. Bei dem Kläger bestünden eine Hemiparese rechts mit einer Extremitätenataxie und einer Polyneuropathie. Die Polyneuropathie an den Beinen sowie die Ataxie setzten seine Gehfähigkeit herab. Pro Woche einmal könne der Kläger eine Gehstrecke von 200 Metern von seiner Wohnung zur Bushaltestelle zurücklegen. Auf ebener Erde sei eine Gehstrecke von ca. einem Kilometer ohne Belastung möglich. Mit Einkaufstaschen sei jedoch bereits auf einer Strecke von 200 Metern eine Pause notwendig. Eine zeitliche Begrenzung könne nicht angegeben werden. Die Beweisfrage, wie das Gangbild des Klägers sei, ist dahingehend beantwortet, dass das Gangbild des Klägers durch seine Polyneuropathie und die auch das Bein betreffende Hemiparese eingeschränkt und dadurch "unsicher und breitbasig" sei. Der Kläger sei in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt und könne ortsübliche Gehstrecken nicht zurücklegen.
Das Landesverwaltungsamt hat sich mit der Einschätzung von PD Dr. S. nicht einverstanden erklärt. Die Gutachterin habe lediglich die Aussagen des Klägers zu seiner Gehfähigkeit übernommen. Medizinische Argumente, die die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" rechtfertigten, seien nicht ersichtlich, zumal der Kläger täglich 22 Kniebeugen und 40 Liegestütze mache. Zudem habe die Gutachterin angegeben, dass das Gangbild des Klägers zwar breitbasig, aber sicher sei, und die Einzelkraftprüfung der Arme und Beine allseits bei einem Kraftgrad von 5 gelegen habe. In ihrer hierzu eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 20. September 2006 hat PD Dr. S. an ihrer Beurteilung festgehalten und darauf hingewiesen, dass der Kläger zwar äußerlich intakte Gliedmaßen habe, diese aber in ihrer Koordination und Sensibilität eingeschränkt seien. Der Kläger habe sich gerade wegen seiner eingeschränkten Gehstrecke eine in der Nähe einer Bushaltestelle gelegene Wohnung gesucht.
Daraufhin hat der Senat ein neurologisches Gutachten nach Aktenlage von PD Dr. S. vom 12. Juni 2007 zur Gehfähigkeit des Klägers eingeholt. PD Dr. S. hat ausgeführt, das Gangbild des Klägers sei aufgrund der Ataxie unsicher. Deshalb könne er nicht viermal täglich eine Gehstrecke von mindestens 500 Metern in einer Zeit von 20 Minuten zurücklegen. Bereits im Gutachten von Dr. M. von August 2001 werde eine Verlangsamung der motorischen Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus peronaeus und der sensiblen Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus suralis beschrieben. Gehhilfen wären nützlich, um das Gangbild sicherer zu gestalten; ob sich dadurch die Schnelligkeit verbessern ließe, sei eher unwahrscheinlich. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 24. September 2007 hat die Gutachterin klargestellt, dass die Gehstrecke nicht schmerzbedingt, sondern aufgrund der Ataxie gemindert sei. In dem Maße, indem die Ataxie bei der Untersuchung klinisch vorgelegen habe, sei der Kläger sicherlich nicht in der Lage, viermal täglich eine Gehstrecke von 500 Metern in einer Zeit von 20 Minuten zurückzulegen. Dem stehe nicht entgegen, dass keine Parese (gleich Kraftminderung) festgestellt worden sei. Zur weiteren Begründung hat sie nochmals darauf verwiesen, dass ihre Einschätzung "auf der in den Anhaltspunkten angegebenen Definition der erheblichen Beeinträchtigungen der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" beruhe.
Schließlich ist ein neurologisches Gutachten von dem Direktor der Klinik für Neurologie II im Universitätsklinikum M. Prof. Dr. H. vom 6. Januar 2008 eingeholt worden. Bei der Untersuchung sei vom Kläger sowohl im Arm- als auch im Beinhalteversuch ein Schweregefühl rechts ohne Absinken angegeben worden. Bei der detaillierten Kraftprüfung habe sich eine leicht rechtsseitige Schwäche in allen untersuchten Bewegungen gezeigt. Im Knie-Hacken-Versuch sei eine grobe Ataxie mit ausgeprägtem grobschlägigem Tremor beidseits aufgefallen. Das Gangbild sei breitbasig gewesen und der rechte Fuß außenrotiert gehalten worden. Im Rombergversuch habe sich ein leichtes Schwanken gefunden, das auf Ablenkung (Erkennen von Zahlenschreiben auf dem Rücken) nachgelassen habe. Beim Hochkommen aus der Hocke sei eine Schwäche gezeigt worden, dabei habe der Kläger auf den Fersen gestanden und sehr stark gewackelt, er sei aber nicht umgefallen. Während der gesamten Untersuchung sei der Kläger bewusstseinsklar und in allen Ebenen normal orientiert und der Antrieb sei unauffällig gewesen. Der Kläger habe seine Beschwerden gut sortiert und detailliert geschildert. Bei einigen Untersuchungen hätten sich Hinweise auf Aggravation ergeben. Der grobschlägige Tremor und die Ataxie beim Knie-Hacken-Versuch beidseits hätten sich bei sonst unauffälligen Befunden linksseitig nicht erklären lassen. Der außenrotierte Fuß sei nicht typisch für eine Spastik, bei der das Bein eher innenrotiert gehalten werde. Beim Rombergversuch habe das Schwanken nachgelassen, wenn sich der Kläger auf das Zahlenschreiben auf dem Rücken habe konzentrieren müssen. Aus der Hocke habe er nur mühsam aufstehen, aber im Hackenstand stehen können (ohne dass er dazu aufgefordert worden sei), was eine erschwerte Untersuchung darstelle, ohne umzufallen. Zwischen den geklagten Beschwerden und den demonstrierten Symptomen einerseits und den objektiven, vom Kläger nicht beeinflussbaren Befunden andererseits bestünden Diskrepanzen. Auch stellten sich die neurologischen Befunde laut Aktenlage seit 1998 nicht konstant dar. Die Symptomatik der Gangstörung mit berichteter Angst und Vermeidungshaltung entspreche daher am ehesten einer phobischen Gangstörung. Diese sei bisher nicht medikamentös behandelt. Die aktuell erhobenen objektiven Befunde sprächen gegen eine relevante Schädigung zentraler und peripherer Nervenstrukturen als Ursache der geklagten Gangstörung.
Der Kläger könne aufgrund der phobischen Gangstörung und der subjektiven Kraftminderung der rechten Hand noch körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen ohne ständige, längere bzw. häufige einseitige körperliche Belastung und ohne erhöhte Ansprüche an die Feinmotorik bzw. rasch wechselnde Bewegungen der rechten Hand vollschichtig verrichten. Die Gehfähigkeit sei aufgrund der Gangunsicherheit eingeschränkt. Fußwege seien auf unter 450 Meter begrenzt. Eine Besserung sei unter konsequenter und adäquater Pharmako- und Psychotherapie zu erwarten. Die Dauer der Störung sei derzeit nicht einschätzbar.
In seinen daraufhin zur eingeschränkten Wegstrecke eingeholten ergänzenden Stellungnahmen vom 3. September und 20. November 2008 hat Prof. Dr. H. die Angaben des Klägers zur Länge der möglichen Gehstrecke nochmals zusammengefasst. Ihm gegenüber habe er angegeben, lediglich die 200 Meter von der Wohnung bis zur Bushaltestelle und vom Bus bis zum Supermarkt gehen zu können und sich dort sofort am Einkaufswagen festhalten zu müssen, diesen also als Gehhilfe zu benutzen. Mit Hilfe eines Gehrades sei bei der Untersuchung eine maximale Gehstrecke von 254 Metern ermittelt worden. Danach habe der Kläger sich hingesetzt, ohne dass objektiv medizinische Gründe für die Wegstreckenbegrenzung vorgelegen hätten. Ob eine Manipulation der Gehstrecke erfolgt sei, könne er nicht behaupten; in anderen Teilen der neurologischen Untersuchung hätten aber deutliche Hinweise auf Aggravation vorgelegen. Die willentlich nicht beeinflussbaren Befunde seien seitengleich erhältlich gewesen. Im Zusammenhang mit den anderen Untersuchungsbefunden sei die Ataxie nicht erklärbar gewesen und das spastische Gangbild für eine Hemispastik untypisch. Zudem stelle das Aufstehen aus der Hocke im Hackenstand selbst für einen neurologisch Gesunden eine erschwerte Übung dar. Auch scheide die Läsion im Bereich der Capsula externa rechts als Schlaganfallfolge für die behauptete Gangstörung aus, da diese zu einer linksseitigen Symptomatik geführt haben müsste. Es sei zu vermuten, dass durch eine Gehhilfe die Gehfähigkeit und sicherheit gebessert werden könnten. Inwiefern durch eine gezielte Rehabilitationsmaßnahme eine weitere Verbesserung der Gehfähigkeit zu erzielen sei, hänge wesentlich von der Motivation des Klägers ab, an der es in der Untersuchungssituation zu fehlen schien.
Die Beklagte hat an ihrer Berufung festgehalten. Es sei nicht erwiesen, dass der Kläger nicht viermal täglich 500 Meter in weniger als 20 Minuten gehen könne. Der Gehtest sei ohne Nennung von Gründen beendet worden. Objektive Gründe für die Gehstreckeneinschränkung hätten nicht vorgelegen. Die Beklagte hat nochmals auf die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte verwiesen, die der Kläger vollschichtig verrichten könne.
In der mündlichen Verhandlung am 14. Mai 2009 hat der Senat den Rechtsstreit vertagt und beschlossen, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Dementsprechend ist Priv.-Doz. (PD) Dr. G., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Neurologie und Psychiatrie, mit der Begutachtung beauftragt worden. PD Dr. G. hat sein Gutachten vom 9. Oktober 2009 nach einer zweimaligen ambulanten Untersuchung des Klägers am 5. und am 17. September 2009 erstattet. Beim zweiten Untersuchungstermin sind ein kraniales MRT erstellt und eine ergänzende zweite insbesondere testpsychologische Untersuchung durchgeführt worden. Nach Auffassung von PD Dr. G. habe bereits 2002 das Bild einer computertomographisch nachweisbaren Atrophie sowie von sowohl supra- als auch infratentoriellen Parenchymstrukturen unter Betonung des Oberwurms vorgelegen, die mit den in der Literatur beschriebenen Befunden einer Alkoholkrankheit vereinbar seien. Der Befund sei im Verlauf bis zur heutigen Untersuchung und dem aktuell erstellten MRT leicht progredient. Es fänden sich in beiden Untersuchungen keine Hinweise auf abgelaufene frische oder ältere ischämische Befunde und eine zentrale pontine Myelinolyse sei nicht nachweisbar.
Bei der zweiten Vorstellung am 17. September 2009 sei klinisch eine frische Abschürfung im Stirnbereich aufgefallen; in glaubhafter Erklärung habe der Kläger geschildert, dass dies nach rascher Drehung zustande gekommen sei, ihm sei schwindelig geworden, er sei zusammengesackt und mit der Stirn aufgeschlagen. Aufgefallen seien bei der klinischen Untersuchung zudem eine leicht reduzierte Kraftentfaltung in der rechten Hand sowie ein ausgesprochen breitbasigataktisches und unsicherstelzendes Gangbild. Der Stand sei bei geöffneten Augen und geschlossenen Füßen unsicherschwankend mit massivem Muskelspiel im Bereich der Waden und der Kläger habe mehrfach vom Gutachter festgehalten werden müssen. Auch beim Unterberger-Tretversuch – dem Treten auf der Stelle mit geschlossenen Augen, Hebung der Beine bis in Kniehöhe und beidseitiger Armvorhalte – wäre er ohne die Unterstützung des Gutachters gestürzt. Ein Fußvor-Fuß-Gang sei ihm ohne Unterstützung gleichfalls nicht möglich gewesen. Koordinationsproben in Form der Finger-Nasen-Versuche hätten eine deutliche Unsicherheit rechts und links mit wiederholtem Vorbeizeigen am Zielobjekt gezeigt, Knie-Hacken-Versuche seien beidseits zielunsicher, dabei rechts stärker als links, gewesen. Die schnelle wechselnde Innervation von Muskelagonisten und Muskelantagonisten sei rechtsseitig stärker als links grob gestört gewesen und es sei eine ausgeprägte rechtsseitige und geringergradige linksseitige Dysdiadochokinese aufgefallen. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei leicht eingeschränkt erschienen. Der Kläger habe in seinen Angaben insgesamt sehr glaubhaft gewirkt. Er habe auch einen verhältnismäßig realistischen Rückblick auf die stattgehabte Alkoholsucht und die schweren, dadurch selbst gesetzten Schäden gezeigt. Insgesamt seien allerdings die Fähigkeiten zur Gewinnung vertiefter intrapsychischer Einsichten und zur Konfliktanalyse relativ begrenzt gewesen. Bei der klinischen Exploration hätten sich markante Hinweise auf ein psychoorganisches Syndrom gezeigt, wiederholt seien Auffassungsschwierigkeiten deutlich gewesen und der Kläger sei auch als umstellungserschwert aufgefallen. Hinweise für eine Aggravation oder gar Simulation hätten sich nicht gefunden.
Zusammenfassend fände sich in der testpsychologischen Untersuchung ein Profil, das auf einen primär aggressionsgehemmten und passivaggressiven Menschen, der kompensierend Alkohol zuführe, passe; es liege ein verhältnismäßig typisches Profil eines Suchtkranken vor. Der Konzentrations-Leistungs-Vermögenstest habe eine massive Beeinträchtigung gezeigt. Folgende Gesundheitsstörungen lägen vor, die das Leistungsvermögen des Klägers im Erwerbsleben beeinflussten:
Alkoholismus vom Gamma-Typ, gegenwärtig abstinent. Degeneration des Nervensystems durch Alkohol, Encephalopathie und zerebelläre Degeneration sowie zerebellär bedingte Ataxie. Chronisches hirnorganisches Syndrom sowie residuale Störung der Persönlichkeit und des Verhaltens. Periphere Nervenschädigung in Form einer Alkohol-Polyneuropathie.
Anamnestisch sei von einem schwersten Suchtverhalten auszugehen, das trotz schwerster Komplikationen fortgesetzt worden sei. Nach der stationären Behandlung im August 1998 habe sich eine schwere neurologische Symptomatik manifestiert, die detailliert im Rehabilitationsentlassungsbericht des Diakonie-Krankenhauses "Neuwanzburg" GmbH in E. vom 28. April 1999 beschrieben worden sei. Organische Hauptfolge der jahrelangen Sucht mit toxischer Alkoholeinwirkung seien eine Enzephalopathie, insbesondere eine zerebelläre Degeneration und eine zerebellär bedingte Ataxie. Das Kleinhirn sei u.a. maßgeblich bei der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts beteiligt und diese Schädigung erkläre schlüssig das vorliegende klinische Bild. Denn anhand der MRT-Aufnahmen ließen sich der Befund einer stattgehabten massiven Schädigung des Großhirns ebenso nachweisen wie eine Schädigung – Hirnschrumpfung als Folge des Zellunterganges – im Kleinhirnbereich, insbesondere des Kleinhirnoberwurmes. Dieses Bild sei relativ typisch für eine alkoholtoxische Schädigung. Der Befund sei im Vergleich der MRT-Aufnahmen fortschreitend; das alkoholtoxische Schädigungsbild werde vom altersbedingten Hirnabbauprozess überlagert.
Fachpsychiatrischerseits habe sich auf dem Boden dieser nachweisbaren organischen Schädigung ein deutlicher Zustand manifestiert. Es bestünden sowohl ein chronisches hirnorganisches Syndrom als auch eine residuale Störung der Persönlichkeit und des Verhaltens. Das leichte hirnorganische Syndrom lasse sich anhand einer Schwerfälligkeit des Gedankenganges und einer deutlichen Auffassungserschwerung, wie sie im Rahmen der Testinstruktionen aufgefallen sei, nachweisen. Denn die durchgeführten Testuntersuchungen hätten in Bezug auf das Konzentrations-Leistungs-Vermögen eine sehr sorgfältige Arbeitsweise, zugleich aber eine ausgeprägte Verlangsamung und Schwerfälligkeit gezeigt. Der Kläger habe sich im leistungsschwächsten Quartil einer Vergleichsgruppe an der Grenze zum Extrembereich befunden. Testpsychologisch hätten sich eine ausgeprägte Zurückhaltung, Hemmung und Introvertiertheit gezeigt, der Kläger sei jetzt weitgehend passiv, abwartend und sozial weitgehend isoliert. Schließlich fänden sich eine diskrete Restsymptomatik als Zeichen einer peripheren Nervenschädigung in Form einer Alkoholpolyneuropathie, jedoch keine Zeichen eines stattgehabten Schlaganfalls; insofern sei der Befund 2002 von den ambulant befundenen Radiologen fehlinterpretiert worden. Der Kläger werde durch die Folgen der Sucht mit den schweren Veränderungen im Bereich des Gehirns in verschiedenen Teilbereichen behindert. Es liege einerseits eine Beeinträchtigung im kognitiven Bereich vor, da sich hier eine Verlangsamung und Umstellungserschwerung sowie eine verzögerte Reaktionszeit auf Außenreize gezeigt hätten. Zugleich sei der Kläger im Bereich der Psychomotorik betroffen. Die Koordination der Psychomotorik, die für den gesunden Menschen selbstverständlich und völlig unbewusst ablaufe, müsse von ihm bewusst kontrolliert werden und zeige gleichwohl erhebliche Mängel in der Koordination auf. Insbesondere bei plötzlichen Abforderungen, wozu auch schnelle Drehbewegungen gehörten, trete Schwindel mit Falltendenzen auf. Die Gesamtkette zwischen Problem- oder Gefahrenwahrnehmung und psychomotorischer Reaktion sei sowohl verzögert als auch unsicher. Die Mischung aus Beeinträchtigung des Lageempfindens in Folge der polyneuropatischen Schädigung und der Gleichgewichtskoordination führe zu dem stelzigen, breitbasigataktischen Gangbild – analog zu einem gesunden Matrosen, der auf einem schwankenden Schiff durch breitbeinigen Stand besser das Gleichgewicht wahren könne –. Ein relativ typisches Kleinhirnzeichen sei auch die erkennbare Beeinträchtigung der Feinmotorik insbesondere im Bereich der rechten Hand, wodurch die Schreibschrift verzittere. Schwere hirnorganische Schädigungen beträfen auch die Ausdauerleistung, da Abforderungen eine mehrfach höhere Belastung für den Kläger bedeuteten. Wegen der deutlichen kognitiven Beeinträchtigungen und der deutlichen Verlangsamung im Bereich der Psychomotorik seien beim Kläger sowohl die Reaktionsfähigkeit als auch Aufmerksamkeit und Übersicht beeinträchtigt.
Tätigkeiten wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen seien zumutbar, soweit die leicht eingeschränkte Belastbarkeit der rechten Hand berücksichtigt werde, er sich nicht häufig bücken, keine ständigen Lageveränderungen des Kopfes durchführen sowie nicht längere Zeit stehen müsse und diese körperlichen Arbeiten mit deutlich verlangsamter Psychomotorik ausführen könne. Die zumutbaren Tätigkeiten könne der Kläger nur noch vier bis fünf Stunden täglich verrichten. Die alkoholtoxische Schädigung bestehe bereits seit November 2000. Nach den klinischen Erfahrungswerten und gemäß dem hirnmorphologischen Befund sei zwischenzeitlich – von 2002 bis 2009 – von einer weiteren leichten Hirnvolumenverminderung auszugehen. Eine Besserung werde nach dem jahrzehntelangen Bestehen nicht möglich sein; vielmehr werde sich der nachweisbare normale Alterungsprozess insbesondere bezogen auf die kognitiven Einbußen weiter verstärken. Der Kläger sei beim Zurücklegen des Weges zu und von einer Arbeitsstätte in der Form behindert, dass er diesen Weg zur Minimierung der Sturzgefahr am Tage zurücklegen sollte und der Weg nicht durch ständige Unebenheiten erschwert sein dürfe, beispielsweise durch eine Baustelle. Da der Kläger dem Gutachter gegenüber angegeben habe, den Weg von der Begutachtung zum Bahnhof zu Fuß zurückgelegt zu haben, sei davon auszugehen, dass er übliche Wegstrecken zum Erreichen eines Arbeitsplatzes zurücklegen könne. Auch öffentliche Verkehrsmittel könne der Kläger benutzen.
Die Beklagte hat daraufhin angeboten, dem Kläger ausgehend vom Eintritt des Leistungsfalls der vollen Erwerbsminderung wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes am 5. September 2009 (Begutachtung durch PD Dr. G.) Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. April 2010 bis zum 31. März 2013 zu bewilligen. Der Kläger hat sich hiermit nicht einverstanden erklärt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne (eine weitere) mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 8. und 9. März 2010).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Dem Kläger steht – wie das Sozialgericht entschieden hat – ein Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 1. November 2000 gegen die Beklagte zu.
Der Kläger macht mit dem Anspruch auf Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente einen Anspruch geltend, der nach seiner Auffassung vor dem 1. Januar 2001 entstanden ist. Gemäß den Übergangsvorschriften der §§ 300 Abs. 2 und 302b Abs. 1 Satz 1 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827, 1835) ist für diesen Anspruch § 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung anzuwenden.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der Kläger ist bei Rentenantragstellung am 12. Oktober 2000 erwerbsunfähig gewesen.
Nach § 44 Abs. 2 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitseinkommen oder Arbeitsentgelt zu erzielen, das monatlich 630 DM übersteigt. Erwerbsunfähig ist nach § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann.
Der Kläger war ab Rentenantragstellung nur noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen in Tagesschicht vier Stunden täglich zu verrichten. Es bestand eine volle Gebrauchsfähigkeit der linken und eine eingeschränkte Einsatzfähigkeit der rechten Hand. An den Kläger konnten normale Anforderungen hinsichtlich des Seh- und Hörvermögens gestellt werden. Ausgeschlossen waren Tätigkeiten mit Kontakt zu Alkohol, mit ständigem Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm, Arbeiten mit längerem Gehen, mit Gehen auf unebenem Gelände, Arbeiten auf Leitern, Gerüsten, Dächern und mit offenen Wärmequellen oder Elektrizität.
Beim Kläger besteht zunächst ein Alkoholabhängigkeitssyndrom. Seit 1998 ist er zwar abstinent. Es sind jedoch durch den langen schweren Alkoholmissbrauch dauerhafte organische Folgeschäden entstanden. Durch die toxische Alkoholeinwirkung ist es zu einer Enzephalopathie, insbesondere zu einer zerebellären Degeneration und einer zerebellär bedingten Ataxie gekommen. Dies lässt sich auf der Grundlage der 2002 und 2009 erstellten MRT-Aufnahmen des Kopfes belegen. Denn anhand der MRT-Aufnahmen lässt sich der Befund einer – für eine alkoholtoxische Schädigung typischen – stattgehabten massiven Schädigung des Großhirns ebenso nachweisen wie eine Schädigung im Kleinhirnbereich, insbesondere des Kleinhirnoberwurms. Da das Kleinhirn u.a. maßgeblich bei der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts beteiligt ist, passt zu diesem Befund das vom Kläger allen tätig gewordenen Gutachtern dargebotene klinische Bild eines Halbseitensyndroms rechts mit Kraftminderung und Koordinationsstörung des rechten Beines sowie einer Störung der Feinmotorik der rechten Hand.
Dieses Syndrom ist von allen den Kläger begutachtenden Ärzten beobachtet worden. Bereits während der Rehabilitationsmaßnahme im Frühjahr 1999 und bei Dr. M. im August 2001 ist ein ataktisches Gangbild beobachtet und eingeschätzt worden, dass das Tragen von schwereren Gegenständen beim Gehen nicht möglich und unwegsames Gelände wegen Sturzgefahr zu meiden sei. Auch Dr. F., Prof. Dr. H., Dr. S. und PD Dr. G. gehen von dem Vorliegen einer Gangstörung mit Verminderung der Gehstrecke und Verringerung der Gehsicherheit aus. Dr. M. hatte an den Waden gering verschmächtigte Beinmuskeln beobachtet und als Diagnosen – ebenso wie nunmehr im Berufungsverfahren PD Dr. G. – eine zerebelläre Atrophie mit Ataxie als Alkoholspätfolge angenommen. Dr. F. hat ebenfalls eine deutliche Ataxie des rechten Beines und eine Störung der Feinmotorik der rechten Hand beschrieben. Auch PD Dr. S. hat eine erhebliche Ataxie als die Gehstrecke limitierende Gesundheitsstörung festgestellt. PD Dr. G. hat schließlich ein ausgesprochen breitbasigataktisches und unsicherstelzendes Gangbild, ein massives Muskelspiel im Bereich der Waden mit erheblichen Gleichgewichtsproblemen und eine auffällige Dysdiadochokinese beschrieben und für den Senat nachvollziehbar erläutert, dass aufgrund der Enzephalopathie und insbesondere der zerebellären Atrophie die Psychomotorik des Klägers erheblich beeinträchtigt sei. Er müsse die Koordination der Psychomotorik, die beim gesunden Menschen unbewusst ablaufe, bewusst und konzentriert steuern, was ihm auch nur unvollständig und nicht anhaltend gelinge. Insoweit erscheint das Vorbringen des Klägers, ständig das Gleichgewicht zu verlieren und häufig zu stürzen, glaubhaft und nachvollziehbar, zumal der Kläger auch zum zweiten Untersuchungstermin bei PD Dr. G. mit einer frischen Schürfwunde an der Stirn erschienen ist. Ferner hat PD Dr. G. die von ihm wie auch von den Vorgutachtern festgestellte Beeinträchtigung der Feinmotorik der rechten Hand als typisches Kleinhirnzeichen genannt. Insoweit nimmt der Senat auf der Grundlage der Beurteilung durch PD Dr. G. und Dr. M. das Bestehen einer durch die toxische Alkoholeinwirkung entstandenen Enzephalopathie mit einer zerebellären Degeneration und einer zerebellär bedingten Ataxie an. Der Senat geht in Übereinstimmung mit PD Dr. G. und Dr. M. nicht davon aus, dass beim Kläger eine zentrale pontine Myelionlyse – wie von Prof. Dr. W. und darauf sich stützend von Prof. Dr. med. habil. Sp. und Dr. F. angenommen – oder ein Schlaganfall – wie von PD Dr. S. genannt – vorgelegen haben und die Ursache für die oben beschriebenen Ausfallerscheinungen sind. Auch die von Prof. Dr. H. angenommene Diagnose einer phobischen Gangstörung überzeugt aufgrund der schlüssigen Erläuterungen des Krankheitsbildes des Klägers durch PD Dr. G. nicht.
Der Kläger kann daher nur überwiegend im Sitzen arbeiten. Er kann keinen Anforderungen an die Feinmotorik der rechten Hand genügen, insbesondere keine Schreibarbeiten verrichten, und nicht auf Leitern, Gerüsten und Dächern arbeiten. Er kann keine Tätigkeiten ausüben, die mit schnellen Bewegungen, Bücken, Hocken oder Knien oder mit Kontakt zu Alkohol verbunden sind.
Ferner leidet der Kläger an einem chronischen hirnorganischen Syndrom sowie an einer residualen Störung der Persönlichkeit und des Verhaltens. Diese Gesundheitsstörung ist ebenfalls auf dem Boden der oben beschriebenen organischen Hirnschädigung aufgrund der toxischen Alkoholeinwirkung entstanden und hat sich durch eine altersbedingte Überlagerung weiter manifestiert. Auswirkungen sind eine ausgeprägte Verlangsamung, eine Schwerfälligkeit des Gedankengangs sowie eine Auffassungserschwerung. Auch insoweit stützt sich der Senat auf die überzeugende Beurteilung von PD Dr. G ... Zuvor hat auch bereits Prof. Dr. med. habil. Sp. eine alkoholbedingte Persönlichkeitsveränderung angenommen. Demgegenüber hat Dr. F. keine Hinweise auf ein organisches Psychosyndrom oder eine leistungsrelevante Persönlichkeitsdepravation feststellen können. Allerdings waren auch bei ihr, ebenso wie bei PD Dr. G., Einschränkungen im Konzentrationsverlaufstest durch eine überdurchschnittliche Genauigkeit aufgefallen. Unter Berücksichtigung der organisch feststellbaren Hirnschädigung legt der Senat die Beurteilung von PD Dr. G. zugrunde und geht deshalb davon aus, dass an den Kläger keinesfalls mehr als geringe Anforderungen an Aufmerksamkeit, Reaktions- und Umstellungsvermögen sowie Übersicht gestellt werden können.
Zudem besteht eine periphere Nervenschädigung in Form einer alkoholinduzierten Polyneuropathie. Bereits die neurographische Untersuchung bei Dr. M. hatte eine deutliche Verminderung der Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus peronaeus und des Nervus suralis und damit eine Polyneuropathie, das durchgeführte EMG weitgehend unauffällige Muskeln mit nur sehr geringen ausgeprägten neurogenen Veränderungen ergeben. Auch im Rehabilitationsentlassungsbericht vom 28. April 1999 war eine periphere Polyneuropathie festgestellt worden. In Übereinstimmung hiermit haben Dr. F. und PD Dr. S. den Verdacht auf eine alkoholtoxische Polyneuropathie geäußert, ohne eigene elektromyographische Befunde zu erheben. Prof. Dr. H., der selbst elektrophysiologische Zusatzuntersuchungen durchgeführt hat, hat eine diskrete distale Polyneuropathie diagnostiziert. Schließlich hat auch PD Dr. G. diese Diagnose gestellt. Deshalb sind auch Arbeiten mit offenen Wärmequellen oder Elektrizität ausgeschlossen.
Unter Beachtung der vorgenannten Einschränkungen konnte der Kläger entsprechend dem oben genannten Leistungsbild ab Rentenantragstellung nur noch vier Stunden täglich tätig sein. Zu dieser Beurteilung gelangt der Senat auf der Grundlage des Gutachtens von PD Dr. G., der diese Reduzierung des täglichen Leistungsvermögens auf der Grundlage der schweren toxisch verursachten Hirnschädigung nachvollziehbar begründet hat. Dadurch, dass beim Kläger die Psychomotorik nur unter bewusster Anstrengung abläuft, ermüdet er früher und benötigt längere Erholungsphasen. Auch leichte körperliche Arbeiten bedeuten deshalb für den Kläger eine ständige bewusste Kontrolle seiner Bewegungen der rechten Körperhälfte. Da die neurologischen Ausfallerscheinungen bereits im Rehabilitationsentlassungsbericht nach Auffassung von PD Dr. G. umfassend beschrieben worden sind und seitdem keine wesentliche Änderung eingetreten ist, geht der Senat von einem gleichbleibend qualitativ und quantitativ eingeschränkten Leistungsvermögen aus. Inwieweit darüber hinaus das hirnorganische Psychosyndrom zu einer weiteren Reduzierung des Leistungsvermögens auf unter drei Stunden – wie von Prof. Dr. med. habil. Sp. angenommen – geführt hat, konnte der Senat offen lassen.
Denn beim Kläger lagen zudem eine schwere spezifische Leistungsbehinderung und eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die über die untervollschichtige Einsetzbarkeit hinaus zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führten. Die Beklagte war daher verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Denn das Restleistungsvermögen des Klägers reichte nur noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.). Dabei waren aber noch weitere Einschränkungen zu beachten, die die Einsetzbarkeit des Klägers noch weitergehend beschränkten. Denn er konnte seit Rentenantragstellung nur noch überwiegend im Sitzen arbeiten, seine rechte Hand war seitdem nicht für feinmotorische Tätigkeiten, insbesondere nicht für Schreibarbeiten, einsetzbar; schnelle Bewegungen durften ebenso wie Bücken nicht abverlangt werden. Das Zurücklegen von Wegstrecken mit gleichzeitigem Tragen von Lasten war ebenfalls nicht möglich. Ferner konnten mehr als geringe Anforderungen an Ausdauer, Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen nicht gestellt werden. Damit scheiden Bürohilfstätigkeiten und insbesondere auch die von der Beklagten benannte Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte aus. Denn an diese letztgenannte Tätigkeit werden zwar keine körperlichen Anforderungen gestellt; der Pförtner an der Nebenpforte muss aber bereits nach dem von der Beklagten im Schriftsatz vom 15. Januar 2009 genannten Anforderungsprofil zumindest durchschnittlichen Anforderungen an geistige und mnestische Fähigkeiten genügen.
Auch war für den Kläger der Arbeitsmarkt verschlossen, weil es ihm an der so genannten Wegefähigkeit fehlte und bis heute fehlt. Denn zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehenden Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße eingeschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind konkrete Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, z. B. mit einem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitsmarkt ebenfalls nicht verschlossen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 -, SozR-2200 § 1247 RVO Nr. 10).
Die Gehfähigkeit des Klägers war nach den Befunderhebungen und Auffassungen aller gehörten Gutachter und Sachverständigen beeinträchtigt. Mit Ausnahme von Prof. Dr. med. habil. Sp., PD Dr. S. und wohl auch Prof. Dr. H. haben zwar alle Gutachter das Zurücklegen von Wegstrecken von täglich viermal knapp mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß für möglich erachtet. Sie haben aber alle daraufhin gewiesen, dass der Kläger nur bei Tageslicht und auf ebener Wegstrecke laufen kann. Damit ist er aber nicht in der Lage, regelmäßig einen Arbeitsplatz aufzusuchen, da er je nach Jahreszeit und Witterung nicht an jedem Tag zur vom Arbeitgeber bestimmten Zeit am Arbeitsort erscheinen und von dort auch wieder nach Hause gelangen kann. Schließlich kann der Kläger nicht auf das Benutzen eines Fahrrades oder eines Pkw verwiesen werden. Beides besitzt er nach seinen Angaben nicht; das Auto hat er 1999 abgemeldet. Zudem kann er wegen des mangelnden Gleichgewichtssinns kein Fahrrad benutzen und sollte wegen der geringen Fähigkeiten in Bezug auf Aufmerksamkeit, Reaktionsvermögen und Motorik nicht mit einem Pkw am Straßenverkehr teilnehmen. Auch insoweit stützt sich der Senat auf das Gutachten von PD Dr. G ...
Schließlich liegen die (besonderen) versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vor. Der Kläger hat ausweislich der Wartezeitaufstellung der Beklagten 271 Monate mit Beitragszeiten und in den letzten fünf Jahren vor Rentenantragstellung alle Monate mit Pflichtbeiträgen belegt.
Die Erwerbsunfähigkeitsrente war auf Dauer zu bewilligen, da eine Besserung nicht mehr zu erwarten und seit dem Beginn der Rente mehr als sechs Jahre verstrichen sind (§ 102 Abs. 2 SGB VI a.F.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob dem Kläger gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) zusteht. Einen Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen Berufsunfähigkeit hat die Beklagte im sozialgerichtlichen Verfahren anerkannt.
Der am ... 1956 geborene Kläger durchlief nach dem 10. Klasse Schulabschluss und einer nicht abgeschlossenen Lehre vom 1. September 1973 bis zum 31. August 1974 zum Elektroinstallateur im Anschluss daran bis zum 15. Juli 1976 erfolgreich eine Schlosserlehre und war in der Folgezeit bis Juni 1990 als Betriebsschlosser beschäftigt. Nach einer kurzzeitigen Tätigkeit als Offsetdrucker in M. arbeitete er zuletzt versicherungspflichtig vom 15. Oktober 1990 bis zum 20. Februar 1991 als Hausmeister in einem Kindergarten der Stadt Z.; dort wurde er nach der Lohngruppe 6 des Rahmenkollektivvertrages entlohnt. Nach der fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses war der Kläger nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 12. Oktober 2000 stellte er bei der Beklagten den Antrag auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Wegen eines 1998 erlittenen Schlaganfalls mit rechtsseitiger Lähmung könne er Arbeiten nur noch verlangsamt verrichten. Beim Arbeitsamt Z. sei er für eine ganztägige Hausmeistertätigkeit arbeitsuchend gemeldet. Die Beklagte zog zunächst den Rehabilitationsentlassungsbericht des Diakonie-Krankenhauses "Neuvandsburg" GmbH in E. vom 28. April 1999 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 27. Januar bis zum 26. April 1999 bei. Dort sind folgende Diagnosen aufgeführt:
Alkoholabhängigkeit vom Gamma-Typ nach Jellinek, chronische Phase. Depressive Persönlichkeitsstruktur, Defizite im sozialen Bereich. Steatosis hepatis. Periphere Polyneuropathie. Arachnoidalzyste.
In der Anamnese ist aufgeführt, dass der Kläger seit 1992 seinen Alkoholkonsum stetig gesteigert habe. Im Juli 1998 sei es dann bei einer Entgiftung zu einem epileptischen Anfall gekommen. Seit der Entgiftung im August 1998 habe er keinen Alkohol mehr konsumiert. Nachdem er in den letzten zwei Jahren acht Kilogramm an Gewicht verloren habe, habe er sich zur Beginn der Maßnahme mit einem Gewicht von 65 Kilogramm bei 176 cm Körpergröße vorgestellt und während des Aufenthaltes drei Kilogramm zunehmen können. Bei der Abschlussuntersuchung habe sich ein noch immer ataktisches, aber wesentlich flüssigeres Gangbild gezeigt; auch der Einbeinstand habe sich beidseits deutlich verbessert. Hinsichtlich der Psyche habe sich eine zufriedenstellende Stabilisierung und eine glaubhafte Abstinenzmotivation erreichen lassen. Es sei eine fragliche Aufrichtigkeit, sowohl im Umgang mit seinen Mitmenschen als auch in der Selbstreflexion, festgestellt worden. Hinsichtlich des sucht- und psychotherapeutischen Verlaufs ist dokumentiert, dass der Kläger keine angemessene Innenarbeit geleistet habe, wobei zunächst offen geblieben sei, ob die Ursache in einer zerebralen Insuffizienz begründet gelegen habe oder auf eine abwehrende Haltung mit Bequemlichkeit zurückzuführen gewesen sei. Der Kläger sei aber sehr wohl in der Lage gewesen, sich immer wieder gezielt eigene Vorteile zu verschaffen und seine Forderungen gewandt und zielorientiert zu verfolgen, sodass sich der Verdacht auf eine querulatorische Haltung verbunden mit der Tendenz, aus der Situation Vorteile für sich zu ziehen, ergebe. Zum Ende der Therapie habe sich eine deutliche positive Veränderung gezeigt, wenn auch das Verhalten nach wie vor teilweise bizarr gewirkt habe; der Kläger habe dies damit erklärt, dass er sich in den letzten Jahren gänzlich zurückgezogen habe und zum Eigenbrödler geworden sei.
In der sozialmedizinischen Epikrise ist aufgeführt, der Kläger sei aus Sicht der geistigen und psychischen Belastbarkeit für eine Tätigkeit, die eine durchschnittliche Intelligenz erfordere, vollschichtig einsetzbar; im verbalen Bereich sei er überdurchschnittlich begabt. Aufgrund der polyneuropathischen Beschwerden liege eine deutliche Limitierung der motorischen Fähigkeiten vor. Die Gehstrecke ohne Gehhilfe liege bei ca. zwei Kilometern, mit Gehhilfe bei ca. fünf Kilometern. Er sei in der Lage, eine normale Einkaufs- oder Aktentasche zu tragen; bereits der Transport eines Koffers sei aus Gleichgewichtsgründen nicht möglich. Auch das Heben und Bewegen von Lasten über zehn Kilogramm sei dauerhaft nicht zumutbar. Unwegsames Gelände oder Leitern bzw. Gerüste seien wegen Sturzgefahr dringend zu meiden. Daraus ergebe sich, dass der Kläger für eine Hausmeistertätigkeit nicht mehr einsetzbar sei. Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit körperlich leichten Anforderungen seien zeitweise im Stehen oder Gehen und/oder ständig im Sitzen in allen Schichten möglich. Er werde arbeitsfähig entlassen.
Ferner holte die Beklagte Behandlungs- und Befundberichte von dem Augenarzt Dr. F. und der Fachärztin für HNO-Heilkunde Dipl.-Med. H. ein. Dr. F. teilte im Mai 2001 mit, den Kläger lediglich einmalig am 24. Februar 2000 behandelt zu haben; Diagnosen gab er nicht an. Dipl.-Med. H. berichtete, der Kläger habe sich erstmals am 2. März 2000 bei ihr vorgestellt und über Gleichgewichtsstörungen sowie eine Gangabweichung nach rechts geklagt. Die durchgeführte Gleichgewichtsprüfung habe eine seitengleiche Erregbarkeit ergeben, sodass eine vestibuläre Ursache habe ausgeschlossen werde können. Die Hörprüfung habe eine geringe Innenohrschwerhörigkeit im Hochtonbereich beidseits gezeigt.
Sodann holte die Beklagte ein neurologisches Gutachten des Facharztes für Neurologie Dr. M. vom 6. August 2001 ein. Der Kläger hat gegenüber dem Gutachter über Einschränkungen der Feinmotorik und der Kraftentfaltung der rechten Hand geklagt. Auch das Laufen sei nur erschwert möglich. Auf dem Hometrainer sei er körperlich ausdauernd belastbar, auf einem Fahrrad falle er jedoch um. Die Beinmuskeln seien symmetrisch an den Waden gering verschmächtigt, wiesen eine normale Muskeleigenspannung, keine sicheren motorischen Ausfälle, keine Pyramidenbahnzeichen auf. Der Kläger habe eine sockenförmige Hypästhesie beidseits angegeben. Es seien seitengleich abgeschwächte Quadrizepsfemoris-Reflexe und beidseits erloschene Trizepssurae-Reflexe feststellbar gewesen. Der Zehen- und Hackengang sei langsam und unsicher erfolgt, das Einbeinhüpfen mühsam und unsicher. In psychischer Hinsicht habe der Kläger einen weit differenzierteren Eindruck gemacht, als er dies im Rahmen der Eingangsanamnese vermittelt habe. Die neurografische Untersuchung habe eine Nervenleitungsminderung im Sinne einer Polyneuropathie ergeben. Die Elektromyographie (EMG) hat der Gutachter dahingehend beurteilt, dass weitgehend unauffällige Muskeln mit nur sehr gering ausgeprägten neurogenen (neuropathischen) Veränderungen bestünden. Ein Korrelat auf organischem Gebiet für den vom Kläger angegebenen Schlaganfall finde sich nicht. Der Kläger habe ihm gegenüber eine Beschränkung der Gehstrecke mit bis zu 2.000 Meter ohne Gehstütze angegeben. Als neurologische Diagnosen seien eine zerebelläre Atrophie mit Ataxie sowie eine Polyneuropathie, beides wahrscheinlich als Alkoholspätfolge, zu berücksichtigen. Leichte körperliche Arbeiten, nicht auf Leitern, Gerüsten, Dächern, mit offenen Wärmequellen oder Elektrizität und nicht unter erhöhtem Zeitdruck seien vollschichtig zumutbar; zu meiden seien Gehstrecken über 500 Meter auf unebenem Gelände.
Mit Bescheid vom 30. August 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2001 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab. Der Kläger könne leichte körperliche Arbeiten mit weiteren qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten. Hinsichtlich seines beruflichen Werdeganges sei er als Angelernter im unteren Bereich zu beurteilen und auf alle Anlerntätigkeiten und ungelernte Tätigkeiten sozial zumutbar verweisbar. Den Beruf des Schlossers habe er aus anderen als aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben und sich beruflich neu orientiert.
Gegen den ihm nach seinen Angaben am 12. Dezember 2001 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am Montag, dem 14. Januar 2002, Klage beim Sozialgericht Dessau erhoben. Da zunächst ausschließlich seine Suchterkrankung behandelt werden sollte, habe man sich nicht in der notwendigen Weise um die Folgen seines im Sommer 1998 erlittenen Schlaganfalls gekümmert. Deshalb sei er heute kaum noch in der Lage, zu schreiben. Die täglichen Arbeiten im Haushalt könne er bis auf das Einkaufen noch bewältigen, aber ein Glas Wasser aus der Küche ins Wohnzimmer zu tragen, gelinge ihm nicht. Zudem sei er berufsunfähig.
Nachdem das Sozialgericht eine Arbeitgeberauskunft der Stadtverwaltung Z. vom 13. Juni 2002 eingeholt hatte, hat sich die Beklagte in einem am 19. Juli 2004 anberaumten Erörterungstermin bereit erklärt, den Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 1. November 2000 anzuerkennen; dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger am 18. August 2004 angenommen. Die Beklagte hat das Teilanerkenntnis mit Bescheid vom 7. September 2004 ausgeführt.
Im Hinblick auf den vom Kläger darüber hinaus geltend gemachten Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hat das Sozialgericht den Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. J. vom 17. Januar 2002, den dieser in dem beim Sozialgericht Dessau anhängigen Schwerbehindertenstreitverfahren S 5 SB 77/01 unter dem 17. Januar 2002 erstattet hat, beigezogen. Sodann hat der Kläger zunächst die ergänzende Stellungnahme des Direktors der Klinik für Neurologie der Otto-von-Guericke-Universität M. Prof. Dr. W. vom 16. Oktober 2003 und dann dessen zugrundeliegendes Sachverständigengutachten vom 24. Februar 2003, das dieser gleichfalls im Schwerbehindertenstreitverfahren erstattet hatte, zu den Akten gereicht. Gegenüber Prof. Dr. W. hatte der Kläger angegeben, unter einer Gangunsicherheit zu leiden; Treppen könne er nur mit Handlauf maximal zwei Stockwerke steigen. Bei Tag und auf ebenem Gelände könne er mit Anstrengung bis zu zwei Kilometer gehen; das Gehen im Dunkeln und auf unebenem Gelände sei ihm nicht möglich. Der Gutachter beschrieb eine diskrete ataktischhypokinetische Dysarthrie, die das Verständnis der Äußerungen nicht beeinträchtigt habe. Ferner habe er eine spastische Hemiparese rechts mit verminderter Feinbeweglichkeit, verminderten Mitbewegungen und geringer Tonuserhöhung sowie eine Atrophie der kleinen Zehenheber festgestellt. Es habe sich ein ataktisches, rechts hemiparetisches Gangbild gezeigt. Für eine Persönlichkeitsstörung von Krankheitswert, Simulation oder Aggravation habe sich kein Anhalt ergeben. Der Kläger sei freundlich und kooperativ gewesen, habe adäquat auf die Gutachtenssituation reagiert. Das Denken habe sich geordnet und folgerichtig ohne Hinweise auf Störungen der Hirnleistungen dargestellt.
Als Diagnosen seien eine Gang- und Extremitätenataxie, eine Hemiparese rechts, eine Lagesinn- und Augenbewegungsstörung, eine Dysarthrie am ehesten nach zentraler pontiner Myelinolyse 1998 sowie eine vermutlich alkoholinduzierte Polyneuropathie und der Verdacht auf eine Tabak-Alkohol-Amblyopie zu berücksichtigen. Der Grad der Behinderung (GdB) für die Ataxie werde auf 50, für die Bewegungsstörung der rechtsseitigen Extremitäten auf 20, für die Sensibilitätsstörungen gleichfalls auf 20 und zusammenfassend auf 60 geschätzt; die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" lägen vor, der Merkzeichen "aG" und "RF" nicht.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein psychiatrisches Sachverständigengutachten von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Prof. Dr. med. habil. Späte vom 28. Mai 2005 eingeholt. Ihm gegenüber habe der Kläger angegeben, von einem Bekannten zum Untersuchungstermin gebracht worden zu sein und zum Laufen eine Gehhilfe benutzt zu haben. Er habe sofort weitschweifig über sein Leben berichtet. Die akuten Gefühlsregungen seien eigentümlich flach und oberflächlich erschienen. Der Antrieb sei im Bereich der Norm gewesen, der Gedankenablauf über lange Strecken weitschweifig. Der Kläger habe geschwafelt und mit gestelztem und geziertem Ausdruck unwesentliche Hohlheiten berichtet, mit denen eine ganz erhebliche Kritikminderung deutlich werde. Dabei habe sich der Zeiger der Schuld immer wieder nach außen gerichtet, u.a. hätten die Ärzte ihn hinsichtlich des Schlaganfalls von Anfang an nicht ernstgenommen und falsch behandelt und ihm stattdessen eine Entwöhnungstherapie verordnet. Die intellektuellen Voraussetzungen im Sinne der primären Intelligenz seien nicht gestört gewesen. Die Untersuchungen zur Aufdeckung von Störungen der Leistungsfähigkeit hätten keine pathologischen Veränderungen ergeben. Es lägen allerdings grobe kognitive Störungen insoweit vor, als dem Kläger die Einordnung seines jetzigen Zustands als Folge seiner Alkoholabhängigkeit nicht gelinge und er voller Vorwürfe und Misstrauen die Ursachen in einer falschen Behandlung seines "Schlaganfalles" sehe. Es seien die wesentlichen Veränderungen der Persönlichkeit, die sein Verhalten bestimmten. Zu den fortbestehenden Beschwerden hat der Kläger gegenüber dem Sachverständigen geäußert, beim Treppensteigen habe er keine Probleme, wenn die Treppe einen Handlauf habe; so gelange er mühelos auch in die zweite Etage. Er könne mühelos 500 Meter laufen, jedoch nach 700 oder 800 Metern bräuchte er zwischendurch einmal eine Pause. Im normalen häuslichen Ablauf störe ihn nichts, da alles fest geordnet sei. Wenn er einmal woanders hinkomme, sei die Stufenhöhe von Treppen entscheidend. Manchmal sei er schon böse hingefallen und habe blaue Flecken "noch und nöcher". Seine Hauptbeschäftigungen zu Hause seien Lesen und Fernsehen. Beim Lesen bevorzuge er jetzt Heinrich Böll und Hermann Hesse, auch autobiografische Sachen. Er höre auch gerne Rockmusik. Nach Auffassung von Prof. Dr. med. habil. Sp. liege beim Kläger eine organische Persönlichkeitsstörung im Sinne einer alkoholtoxischen bedingten Persönlichkeitsveränderung vor. Dies korreliere mit der sowohl in der Computertomographie (CT) als auch in der Magnetresonanztomographie (MRT) nachgewiesenen Atrophie der Hirnrinde. Ferner bestehe eine Alkoholabhängigkeit, gegenwärtig abstinent. Hinweise für eine tiefgreifende depressive Störung hätten sich nicht gefunden. Aus neurologischer Sicht bestünden folgende Störungen:
Rechtsseitige Hemiparese mit Schwäche (Kraftminderung), rascher Ermüdbarkeit der Muskulatur, Funktionseinschränkung infolge einer möglicherweise abgelaufenen akuten zerebralen Durchblutungsstörung mit einem entsprechenden im CT nachgewiesenen Korrelat in der Capsula externa. Restzustand (Defektzustand) nach einer toxischen Polyneuropathie mit beidseitigen unterschiedlich ausgeprägten Sensibilitätsstörungen der Füße (und Beine), einer Fußheberschwäche rechts. Deutliche Ataxie der Extremitäten mit deutlicher Beeinträchtigung des Gehens als Ausdruck einer Schädigung im Rückenmarkbereich – möglicherweise einer zentralen pontinen Myelionlyse (Prof. Dr. W.). Sehstörungen beidseits bei Veränderungen der Sehnerven. Alkoholbedingte Fettleber.
Der Kläger könne noch leichte körperliche Arbeiten mit linksseitigem Tragen von Lasten bis maximal fünf Kilogramm und der Möglichkeit, sich abzustützen, im Übrigen im Sitzen unter drei Stunden täglich verrichten. Die Koordinationsstörungen, die rechtsseitige Lähmung und die durch die Sensibilitätsstörungen eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit beruhten auf organischen Ausfällen der Hirn- und der Nervensubstanz, wobei die Restleistungsfähigkeit rasch erschöpft sei und es längerer Erholungsphasen bedürfe, um wieder eine Belastbarkeit zu erreichen. Der Kläger könne viermal 500 Meter täglich zu Fuß unter Benutzung einer Gehhilfe zurücklegen, wobei Voraussetzungen ein ebener Untergrund und eine ausreichende Beleuchtung seien. Er könne öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Zum Führen eines Pkw als Fahrer sei er ungeeignet.
Die Beklagte hat sich mit dem Gutachten von Prof. Dr. med. habil. Sp. nicht einverstanden erklärt und unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Prüfärztin Dipl.-Med. F. vom 21. Juli 2005 darauf hingewiesen, dass die intellektuellen Voraussetzungen des Klägers im Normbereich gelegen und Hinweise auf Hirnleistungsstörungen nicht bestanden hätten. Ein sekundärer Abbau des intellektuellen Leistungsvermögens im Sinne einer Demenzentwicklung sei vom Sachverständigen ausgeschlossen worden. Prof. Dr. W. habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich kein Anhalt für eine Persönlichkeitsstörung von Krankheitswert ergeben habe. Insoweit sei die vom Gutachter angenommene erhebliche Minderung des quantitativen Leistungsvermögens nicht belegt.
In seiner hierzu eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 22. August 2005 hat Prof. Dr. med. habil. Sp. darauf hingewiesen, dass ihm beim nochmaligen Lesen der biografischen Anamnese die Untersuchungssituation wieder deutlich vor Augen getreten sei und ihm wiederum jene Gefühle der Abwehr hochgekommen seien, die sich bei ihm eingestellt hätten, als der Kläger mit einer fast arroganten Selbstüberhebung darüber gefaselt habe, dass er nur falsch behandelt worden sei und deshalb seine Schädigungen bestünden, nicht aber das Trinken die Ursache sei. Bei objektiver Beurteilung des Sachverhaltes halte er an seiner Einschätzung fest. Die Halbseitensymptomatik werde auch von Prof. Dr. W. als organisch begründet angesehen. Sofern dieser darauf abgestellt habe, dass eine Persönlichkeitsstörung von Krankheitswert nicht vorliege, stimme er dieser Feststellung insoweit zu, als er – Prof. Dr. med. habil. Sp. – von einer alkoholtoxisch bedingten erworbenen Veränderung einer primär anders strukturierten Persönlichkeit ausgehe. Im Hinblick auf das Bestehen einer deutlichen kortikalen Hirnatrophie könne die von ihm zugrunde gelegte Persönlichkeitsveränderung als organisch bedingt angesehen werden. Bezogen auf die von der Prüfärztin angenommene Therapiebarkeit halte er es für nicht nachvollziehbar, wie die Prüfärztin von diesem menschlichen Wrack auch noch erwarten wolle, dass der Kläger einen entsprechenden Leidensdruck entwickeln könne, um sich therapieren zu lassen.
Mit Urteil vom 5. September 2005 hat das Sozialgericht Dessau die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem 1. November 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren. Unter Zugrundelegung sämtlicher medizinischer Unterlagen, insbesondere des Gutachtens von Prof. Dr. med. habil. Sp. vom 28. Mai 2005, sei die Kammer davon überzeugt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers voll gemindert sei. Beim Kläger bestehe ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich. Bei den von Prof. Dr. med. habil. Sp. festgestellten psychischen und neurologischen Veränderungen handele es sich um die Folge von Defekten der Hirnsubstanz, die in den CT- und MRT- Aufnahmen hätten nachgewiesen werden können. Aufgrund der Erkrankung bestünden folgende Auswirkungen auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit: Unfähigkeit, auf unebenem Gelände zu gehen, im Dunkeln zu gehen oder zu stehen, ohne sich festhalten zu können, Verrichtungen mit der rechten Hand auszuführen, die feinmotorisches Geschick erforderten, mit der rechten Hand zu schreiben, Fahrrad zu fahren oder als Fahrer einen Pkw zu benutzen, erschwertes Treppensteigen, erhebliche Verlangsamung der Bewegungsabläufe, rasche Erschöpfbarkeit bei Belastung der Beine, Einschränkung von Aufmerksamkeit und Konzentration über einen Zeitraum von einer Stunde hinaus, lange Reaktionszeiten durch vermehrte Ängstlichkeit und eingeschränkte Anstrengungsbereitschaft. Die durch die Koordinationsstörung, die rechtsseitige Lähmung und die Sensibilitätsstörungen eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten beruhten auf organischen Ausfällen der Hirn- und Nervensubstanz.
Gegen das ihr am 30. September 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Oktober 2005 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dem Kläger stehe kein Anspruch auf die ausgeurteilte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu. Denn der Kläger sei noch in der Lage, vollschichtig leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen, d.h. ohne starken Zeitdruck, Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüsten, erhöhte Unfallgefahr, besondere Anforderungen an die Feinmotorik der rechten Hand sowie ohne ständiges Gehen und Stehen zu verrichten. Der Kläger habe seit 1998 keinen Alkohol mehr getrunken. Sowohl im Rehabilitationsentlassungsbericht einer Fachklinik vom 28. April 1999 als auch im neurologischen Gutachten vom 6. August 2001 sei dementsprechend ein vollschichtiges Leistungsvermögen angenommen worden. Die Einschätzung im psychiatrischen Gutachten von Prof. Dr. med. habil. Sp. vom 8. November 2004, wonach der Kläger wegen alkoholtoxischer Folgeschäden nur noch weniger als drei Stunden täglich arbeiten könne, seien in Abweichung von den Gutachten fachspezifisch nicht ausreichend begründet. Die intellektuellen Voraussetzungen des Klägers lägen mit einem IQ von 107 im oberen Normbereich; relevante Hirnleistungsstörungen seien auch von dem Sachverständigen Späte ausgeschlossen worden. Dieser habe sich zur Begründung seiner Einschätzung hauptsächlich auf krankhafte Persönlichkeitsanteile gestützt. Diese seien zum einen therapierbar. Zum anderen seien arbeitsrelevante Fähigkeitsstörungen nicht angegeben worden. Soweit sich der Gutachter auf eine mittels CT und MRT nachgewiesene Hirnatrophie bezogen habe, fehle es an einem Hirnsubstanzdefekt bei Hirnvolumenminderung, wobei bei Alkoholikern das Ausmaß einer Hirnatrophie keinesfalls mit schweren klinischen Störungen korrelieren müsse. Es werde die Einholung eines Gutachtens von einem Sachverständigen mit suchtmedizinischer Erfahrung für erforderlich gehalten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 5. September 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hat sich zunächst zur Berufung der Beklagten nicht geäußert.
Der Senat hat sodann ein weiteres Sachverständigengutachten von der Ärztlichen Direktorin und Chefärztin im Fachkrankenhaus für Psychiatrie/Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiatrie/Suchtklinik B. Dr. F. vom 16. März 2006 eingeholt. Die Sachverständige hat den Kläger persönlich begutachtet sowie laborchemische und testpsychologische Untersuchungen durchführen lassen. Auch ihr gegenüber hat der Kläger angegeben, seit der Entgiftung im Sommer 1998 keinerlei Alkohol mehr zu sich genommen zu haben. Seit dem Schlaganfall 1998 habe er im Wesentlichen Probleme beim Laufen. Etwa einen Kilometer könne er im Spazierschritt ohne Hilfsmittel laufen, dann werde das Laufen schwieriger. Er habe dann Probleme, das Gleichgewicht zu halten, müsse eine Pause einlegen. Seit dem Schlaganfall 1998 sei die rechte Seite gelähmt. Die Auswirkungen hätten sich im Laufe der Zeit gebessert, nunmehr sei lediglich die Feinmotorik der rechten Hand noch gestört. Mit links könne er nicht so gut schreiben. Einseitiges Tragen würde ihm schwer fallen. Treppen könne er nur steigen, wenn ein Handlauf vorhanden sei. Gedächtnis und Konzentration hätten vielleicht etwas nachgelassen, altersbedingt, unabhängig vom Schlaganfall. Mit den Augen habe er keine Probleme, er benötige auch keine Brille. Er lebe allein in einer Zweiraumwohnung in einem Dorf bei H. zur Miete. Er fahre mit dem Bus von der nicht weit entfernten Haltestelle nach H. zum Einkaufen. Er erledige alle Besorgungen. Um seine Wohnung und die Wäsche kümmere er sich selbst. Er hole die Lebensmittel mit dem Bus und koche auch täglich, mitunter Fertiggerichte wegen der reduzierten finanziellen Möglichkeiten. Zu Hobbys oder Interessen befragt, hat er angegeben, gerne Musik zu hören und viel zu lesen. Ansonsten gehe er häufig spazieren oder sitze bei besserem Wetter im Garten des Vermieters. Früher sei er handwerklich sehr geschickt gewesen, das gehe jetzt nicht mehr so wegen der gestörten Feinmotorik der rechten Hand. Bezüglich beruflicher Vorstellungen befragt, hat er geäußert, sich leichte Hausmeistertätigkeiten schon vorstellen zu können, jedoch könne er nicht mehr so schnell reagieren. Als Pförtner könne er z.B. auch arbeiten. Er sei von einem Bekannten mit dem Pkw gefahren worden.
Bei der Erhebung der Untersuchungsbefunde hat die Gutachterin eine geringe Kraftminderung der rechten Körperseite, eine geringfügige Tonusdifferenz (rechts stärker als links), einen leicht verminderten Faustschluss der rechten Hand bei voller Kraftentfaltung in den einzelnen Fingern festgestellt. Die Sprache sei deutlich gewesen. Das Gangbild sei ohne Gehhilfe vorsichtig, rechts diskret unsicher und mit deutlicheren Einschränkungen mit geschlossenen Augen gewesen. Im affektiven Bereich habe der Kläger gut emotional und situationsangemessen reagiert, im Laufe des Gespräches offen und kritikfähig, sich mit seiner Situation auseinandersetzend gewirkt. Im Antriebsverhalten seien keine Störungen erkennbar gewesen. Die testpsychologischen Untersuchungen durch Dipl.-Psych. Sch. hätten sehr gute intellektuelle Bedingungen ergeben. Hinweise auf ein organisches Psychosyndrom oder auf eine Persönlichkeitsdepravation als Folge des vor Jahren betriebenen erheblichen Alkoholkonsums hätten sich ebenso wenig gezeigt wie Einschränkungen der Gedächtnis- und Wahrnehmungsfunktion, der kognitiven Flexibilität und der Umstellungsfähigkeit. Lediglich leichte Einschränkungen im Konzentrationsverlaufstest als Resultat der überdurchschnittlichen Genauigkeit seien aufgefallen. Folgende Diagnosen seien zu stellen:
Halbseitensymptomatik rechts mit leichter Kraftminderung und deutlicher Ataxie (Koordinationsstörung) des rechten Beines, Störung der Feinmotorik der rechten Hand, geringfügigen Sensibilitätsstörungen rechts betont. Alkoholabhängigkeitssyndrom, seit 1998 abstinent, ohne Hinweise auf eine Leberschädigung. Chronischer Nikotinmissbrauch.
Die Halbseitensymptomatik sei wahrscheinlich als Restsymptom einer erlittenen akuten zerebralen Durchblutungsstörung zu werten, möglicherweise sei von einem Folgezustand nach zentraler pontiner Myelionlyse, alkoholtoxisch bedingt, auszugehen.
Auf psychiatrischem Fachgebiet lägen zurzeit keine Gesundheitsstörungen vor, die das Leistungsvermögen im Erwerbsleben beeinflussten. Alkoholtoxische Folgen der Alkoholabhängigkeit, die die Hirnleistungsfähigkeit tangierten, seien nicht nachweisbar. Eine Beeinflussung des Leistungsvermögens in qualitativer Hinsicht ergebe sich durch die neurologische Symptomatik in Form des Halbseitensyndroms rechts mit leichter Kraftminderung und besonders der Ataxie (Koordinationsstörung) des rechten Beines und der Störung der Feinmotorik der rechten Hand. Als Ursache seien sowohl ein Zustand nach stattgehabter zerebraler Durchblutungsstörung als auch alkoholtoxische Folgeschäden (zentrale pontine Myelinolyse, alkoholtoxische Polyneuropathie) zu diskutieren. Der Kläger könne noch Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit, Arbeiten mit geistig schwierigen Anforderungen entsprechend seiner guten intellektuellen Ausstattung sowie mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen vollschichtig verrichten. Wegen der Unsicherheit der motorischen Abläufe im Dunkeln sollte er nur in Tagesschicht und ohne besonderen Zeitdruck eingesetzt werden. Arbeiten mit Publikumsverkehr und einfache körperliche Verrichtungen wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen seien möglich, wobei die Störung der Feinmotorik der rechten Hand zu beachten und der Einsatz an komplizierten Maschinen nicht zu empfehlen sei. Diskrepanzen bestünden zum neuropsychiatrischen Gutachten vom 30. Mai 2005. Bei der aktuellen Begutachtung seien keinerlei psychische Auffälligkeiten weder in der psychiatrischen Exploration noch in der sehr ausführlichen testpsychologischen Untersuchung sowie der Hirnleistungsuntersuchung nachweisbar gewesen.
Der Kläger hat im Juni 2006 darauf hingewiesen, dass Dr. F. in dem beim Landessozialgericht ebenfalls anhängigen Schwerbehindertenstreitverfahren L 7 SB 17/03 gebeten habe, von ihren Gutachterpflichten entbunden zu werden, und einen "neurologisch erfahrenen Sachverständigen" mit der Bewertung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers zu beauftragen. Insoweit scheide auch im anhängigen Streitverfahren die Verwertbarkeit des Gutachtens von Dr. F. aus. Es werde gebeten, die weitere Begutachtung im Schwerbehindertenstreitverfahren, insbesondere das nunmehr an Privatdozent (PD) Dr. S. in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten, abzuwarten.
Der Senat hat daraufhin das neurologische Gutachten von PD Dr. S. vom 11. August 2006 aus dem Streitverfahren L 7 SB 17/03 beigezogen. Dieser gegenüber hat der Kläger angegeben, 1998 einen Schlaganfall mit einer rechtsseitigen Lähmung und einer Sprachstörung erlitten zu haben. Die Schwäche des rechten Armes und Beines seien unverändert geblieben. Er mache täglich 22 Kniebeugen und 40 Liegestütze, fühle sich jedoch körperlich nicht fit. Durch Gleichgewichtsstörungen komme es häufig zu Stürzen. Auf ebener Erde könne er ohne Belastung ca. einen Kilometer laufen. Mit Einkaufstaschen sei bereits auf dem 200 Meter langen Weg vom Bus zur Wohnung eine Pause notwendig. Sonst bewege er sich nur in der Wohnung und im Garten. Fast täglich erleide er Stürze. Drehschwindel mit Fallneigung trete seit 1998 zunehmend verstärkt auf. Gelegentlich sei er bei den Stürzen bewusstlos gewesen. Er könne mit der rechten Hand nur noch eine Unterschrift leisten; handschriftliche Widersprüche müssten von der Schwester oder einem ehemaligen Bekannten verfasst werden. Bei der klinischen Untersuchung habe sich ein normaler, sicherer Gang gezeigt, Seiltänzergang und Blindgang seien nicht möglich gewesen. Hinsichtlich der Motorik ist ein "AHV und BHV mit rechtsseitig subjektiver Schwäche" angegeben worden. Die Einzelkraftprüfung der Arme und Beine sowie des Faustschlusses habe seitengleich einen Kraftgrad 5 gezeigt. Es seien keine Atrophien und ein regelrechter Tonus feststellbar gewesen. Bei dem Kläger bestünden eine Hemiparese rechts mit einer Extremitätenataxie und einer Polyneuropathie. Die Polyneuropathie an den Beinen sowie die Ataxie setzten seine Gehfähigkeit herab. Pro Woche einmal könne der Kläger eine Gehstrecke von 200 Metern von seiner Wohnung zur Bushaltestelle zurücklegen. Auf ebener Erde sei eine Gehstrecke von ca. einem Kilometer ohne Belastung möglich. Mit Einkaufstaschen sei jedoch bereits auf einer Strecke von 200 Metern eine Pause notwendig. Eine zeitliche Begrenzung könne nicht angegeben werden. Die Beweisfrage, wie das Gangbild des Klägers sei, ist dahingehend beantwortet, dass das Gangbild des Klägers durch seine Polyneuropathie und die auch das Bein betreffende Hemiparese eingeschränkt und dadurch "unsicher und breitbasig" sei. Der Kläger sei in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt und könne ortsübliche Gehstrecken nicht zurücklegen.
Das Landesverwaltungsamt hat sich mit der Einschätzung von PD Dr. S. nicht einverstanden erklärt. Die Gutachterin habe lediglich die Aussagen des Klägers zu seiner Gehfähigkeit übernommen. Medizinische Argumente, die die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" rechtfertigten, seien nicht ersichtlich, zumal der Kläger täglich 22 Kniebeugen und 40 Liegestütze mache. Zudem habe die Gutachterin angegeben, dass das Gangbild des Klägers zwar breitbasig, aber sicher sei, und die Einzelkraftprüfung der Arme und Beine allseits bei einem Kraftgrad von 5 gelegen habe. In ihrer hierzu eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 20. September 2006 hat PD Dr. S. an ihrer Beurteilung festgehalten und darauf hingewiesen, dass der Kläger zwar äußerlich intakte Gliedmaßen habe, diese aber in ihrer Koordination und Sensibilität eingeschränkt seien. Der Kläger habe sich gerade wegen seiner eingeschränkten Gehstrecke eine in der Nähe einer Bushaltestelle gelegene Wohnung gesucht.
Daraufhin hat der Senat ein neurologisches Gutachten nach Aktenlage von PD Dr. S. vom 12. Juni 2007 zur Gehfähigkeit des Klägers eingeholt. PD Dr. S. hat ausgeführt, das Gangbild des Klägers sei aufgrund der Ataxie unsicher. Deshalb könne er nicht viermal täglich eine Gehstrecke von mindestens 500 Metern in einer Zeit von 20 Minuten zurücklegen. Bereits im Gutachten von Dr. M. von August 2001 werde eine Verlangsamung der motorischen Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus peronaeus und der sensiblen Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus suralis beschrieben. Gehhilfen wären nützlich, um das Gangbild sicherer zu gestalten; ob sich dadurch die Schnelligkeit verbessern ließe, sei eher unwahrscheinlich. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 24. September 2007 hat die Gutachterin klargestellt, dass die Gehstrecke nicht schmerzbedingt, sondern aufgrund der Ataxie gemindert sei. In dem Maße, indem die Ataxie bei der Untersuchung klinisch vorgelegen habe, sei der Kläger sicherlich nicht in der Lage, viermal täglich eine Gehstrecke von 500 Metern in einer Zeit von 20 Minuten zurückzulegen. Dem stehe nicht entgegen, dass keine Parese (gleich Kraftminderung) festgestellt worden sei. Zur weiteren Begründung hat sie nochmals darauf verwiesen, dass ihre Einschätzung "auf der in den Anhaltspunkten angegebenen Definition der erheblichen Beeinträchtigungen der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" beruhe.
Schließlich ist ein neurologisches Gutachten von dem Direktor der Klinik für Neurologie II im Universitätsklinikum M. Prof. Dr. H. vom 6. Januar 2008 eingeholt worden. Bei der Untersuchung sei vom Kläger sowohl im Arm- als auch im Beinhalteversuch ein Schweregefühl rechts ohne Absinken angegeben worden. Bei der detaillierten Kraftprüfung habe sich eine leicht rechtsseitige Schwäche in allen untersuchten Bewegungen gezeigt. Im Knie-Hacken-Versuch sei eine grobe Ataxie mit ausgeprägtem grobschlägigem Tremor beidseits aufgefallen. Das Gangbild sei breitbasig gewesen und der rechte Fuß außenrotiert gehalten worden. Im Rombergversuch habe sich ein leichtes Schwanken gefunden, das auf Ablenkung (Erkennen von Zahlenschreiben auf dem Rücken) nachgelassen habe. Beim Hochkommen aus der Hocke sei eine Schwäche gezeigt worden, dabei habe der Kläger auf den Fersen gestanden und sehr stark gewackelt, er sei aber nicht umgefallen. Während der gesamten Untersuchung sei der Kläger bewusstseinsklar und in allen Ebenen normal orientiert und der Antrieb sei unauffällig gewesen. Der Kläger habe seine Beschwerden gut sortiert und detailliert geschildert. Bei einigen Untersuchungen hätten sich Hinweise auf Aggravation ergeben. Der grobschlägige Tremor und die Ataxie beim Knie-Hacken-Versuch beidseits hätten sich bei sonst unauffälligen Befunden linksseitig nicht erklären lassen. Der außenrotierte Fuß sei nicht typisch für eine Spastik, bei der das Bein eher innenrotiert gehalten werde. Beim Rombergversuch habe das Schwanken nachgelassen, wenn sich der Kläger auf das Zahlenschreiben auf dem Rücken habe konzentrieren müssen. Aus der Hocke habe er nur mühsam aufstehen, aber im Hackenstand stehen können (ohne dass er dazu aufgefordert worden sei), was eine erschwerte Untersuchung darstelle, ohne umzufallen. Zwischen den geklagten Beschwerden und den demonstrierten Symptomen einerseits und den objektiven, vom Kläger nicht beeinflussbaren Befunden andererseits bestünden Diskrepanzen. Auch stellten sich die neurologischen Befunde laut Aktenlage seit 1998 nicht konstant dar. Die Symptomatik der Gangstörung mit berichteter Angst und Vermeidungshaltung entspreche daher am ehesten einer phobischen Gangstörung. Diese sei bisher nicht medikamentös behandelt. Die aktuell erhobenen objektiven Befunde sprächen gegen eine relevante Schädigung zentraler und peripherer Nervenstrukturen als Ursache der geklagten Gangstörung.
Der Kläger könne aufgrund der phobischen Gangstörung und der subjektiven Kraftminderung der rechten Hand noch körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen ohne ständige, längere bzw. häufige einseitige körperliche Belastung und ohne erhöhte Ansprüche an die Feinmotorik bzw. rasch wechselnde Bewegungen der rechten Hand vollschichtig verrichten. Die Gehfähigkeit sei aufgrund der Gangunsicherheit eingeschränkt. Fußwege seien auf unter 450 Meter begrenzt. Eine Besserung sei unter konsequenter und adäquater Pharmako- und Psychotherapie zu erwarten. Die Dauer der Störung sei derzeit nicht einschätzbar.
In seinen daraufhin zur eingeschränkten Wegstrecke eingeholten ergänzenden Stellungnahmen vom 3. September und 20. November 2008 hat Prof. Dr. H. die Angaben des Klägers zur Länge der möglichen Gehstrecke nochmals zusammengefasst. Ihm gegenüber habe er angegeben, lediglich die 200 Meter von der Wohnung bis zur Bushaltestelle und vom Bus bis zum Supermarkt gehen zu können und sich dort sofort am Einkaufswagen festhalten zu müssen, diesen also als Gehhilfe zu benutzen. Mit Hilfe eines Gehrades sei bei der Untersuchung eine maximale Gehstrecke von 254 Metern ermittelt worden. Danach habe der Kläger sich hingesetzt, ohne dass objektiv medizinische Gründe für die Wegstreckenbegrenzung vorgelegen hätten. Ob eine Manipulation der Gehstrecke erfolgt sei, könne er nicht behaupten; in anderen Teilen der neurologischen Untersuchung hätten aber deutliche Hinweise auf Aggravation vorgelegen. Die willentlich nicht beeinflussbaren Befunde seien seitengleich erhältlich gewesen. Im Zusammenhang mit den anderen Untersuchungsbefunden sei die Ataxie nicht erklärbar gewesen und das spastische Gangbild für eine Hemispastik untypisch. Zudem stelle das Aufstehen aus der Hocke im Hackenstand selbst für einen neurologisch Gesunden eine erschwerte Übung dar. Auch scheide die Läsion im Bereich der Capsula externa rechts als Schlaganfallfolge für die behauptete Gangstörung aus, da diese zu einer linksseitigen Symptomatik geführt haben müsste. Es sei zu vermuten, dass durch eine Gehhilfe die Gehfähigkeit und sicherheit gebessert werden könnten. Inwiefern durch eine gezielte Rehabilitationsmaßnahme eine weitere Verbesserung der Gehfähigkeit zu erzielen sei, hänge wesentlich von der Motivation des Klägers ab, an der es in der Untersuchungssituation zu fehlen schien.
Die Beklagte hat an ihrer Berufung festgehalten. Es sei nicht erwiesen, dass der Kläger nicht viermal täglich 500 Meter in weniger als 20 Minuten gehen könne. Der Gehtest sei ohne Nennung von Gründen beendet worden. Objektive Gründe für die Gehstreckeneinschränkung hätten nicht vorgelegen. Die Beklagte hat nochmals auf die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte verwiesen, die der Kläger vollschichtig verrichten könne.
In der mündlichen Verhandlung am 14. Mai 2009 hat der Senat den Rechtsstreit vertagt und beschlossen, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Dementsprechend ist Priv.-Doz. (PD) Dr. G., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Neurologie und Psychiatrie, mit der Begutachtung beauftragt worden. PD Dr. G. hat sein Gutachten vom 9. Oktober 2009 nach einer zweimaligen ambulanten Untersuchung des Klägers am 5. und am 17. September 2009 erstattet. Beim zweiten Untersuchungstermin sind ein kraniales MRT erstellt und eine ergänzende zweite insbesondere testpsychologische Untersuchung durchgeführt worden. Nach Auffassung von PD Dr. G. habe bereits 2002 das Bild einer computertomographisch nachweisbaren Atrophie sowie von sowohl supra- als auch infratentoriellen Parenchymstrukturen unter Betonung des Oberwurms vorgelegen, die mit den in der Literatur beschriebenen Befunden einer Alkoholkrankheit vereinbar seien. Der Befund sei im Verlauf bis zur heutigen Untersuchung und dem aktuell erstellten MRT leicht progredient. Es fänden sich in beiden Untersuchungen keine Hinweise auf abgelaufene frische oder ältere ischämische Befunde und eine zentrale pontine Myelinolyse sei nicht nachweisbar.
Bei der zweiten Vorstellung am 17. September 2009 sei klinisch eine frische Abschürfung im Stirnbereich aufgefallen; in glaubhafter Erklärung habe der Kläger geschildert, dass dies nach rascher Drehung zustande gekommen sei, ihm sei schwindelig geworden, er sei zusammengesackt und mit der Stirn aufgeschlagen. Aufgefallen seien bei der klinischen Untersuchung zudem eine leicht reduzierte Kraftentfaltung in der rechten Hand sowie ein ausgesprochen breitbasigataktisches und unsicherstelzendes Gangbild. Der Stand sei bei geöffneten Augen und geschlossenen Füßen unsicherschwankend mit massivem Muskelspiel im Bereich der Waden und der Kläger habe mehrfach vom Gutachter festgehalten werden müssen. Auch beim Unterberger-Tretversuch – dem Treten auf der Stelle mit geschlossenen Augen, Hebung der Beine bis in Kniehöhe und beidseitiger Armvorhalte – wäre er ohne die Unterstützung des Gutachters gestürzt. Ein Fußvor-Fuß-Gang sei ihm ohne Unterstützung gleichfalls nicht möglich gewesen. Koordinationsproben in Form der Finger-Nasen-Versuche hätten eine deutliche Unsicherheit rechts und links mit wiederholtem Vorbeizeigen am Zielobjekt gezeigt, Knie-Hacken-Versuche seien beidseits zielunsicher, dabei rechts stärker als links, gewesen. Die schnelle wechselnde Innervation von Muskelagonisten und Muskelantagonisten sei rechtsseitig stärker als links grob gestört gewesen und es sei eine ausgeprägte rechtsseitige und geringergradige linksseitige Dysdiadochokinese aufgefallen. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei leicht eingeschränkt erschienen. Der Kläger habe in seinen Angaben insgesamt sehr glaubhaft gewirkt. Er habe auch einen verhältnismäßig realistischen Rückblick auf die stattgehabte Alkoholsucht und die schweren, dadurch selbst gesetzten Schäden gezeigt. Insgesamt seien allerdings die Fähigkeiten zur Gewinnung vertiefter intrapsychischer Einsichten und zur Konfliktanalyse relativ begrenzt gewesen. Bei der klinischen Exploration hätten sich markante Hinweise auf ein psychoorganisches Syndrom gezeigt, wiederholt seien Auffassungsschwierigkeiten deutlich gewesen und der Kläger sei auch als umstellungserschwert aufgefallen. Hinweise für eine Aggravation oder gar Simulation hätten sich nicht gefunden.
Zusammenfassend fände sich in der testpsychologischen Untersuchung ein Profil, das auf einen primär aggressionsgehemmten und passivaggressiven Menschen, der kompensierend Alkohol zuführe, passe; es liege ein verhältnismäßig typisches Profil eines Suchtkranken vor. Der Konzentrations-Leistungs-Vermögenstest habe eine massive Beeinträchtigung gezeigt. Folgende Gesundheitsstörungen lägen vor, die das Leistungsvermögen des Klägers im Erwerbsleben beeinflussten:
Alkoholismus vom Gamma-Typ, gegenwärtig abstinent. Degeneration des Nervensystems durch Alkohol, Encephalopathie und zerebelläre Degeneration sowie zerebellär bedingte Ataxie. Chronisches hirnorganisches Syndrom sowie residuale Störung der Persönlichkeit und des Verhaltens. Periphere Nervenschädigung in Form einer Alkohol-Polyneuropathie.
Anamnestisch sei von einem schwersten Suchtverhalten auszugehen, das trotz schwerster Komplikationen fortgesetzt worden sei. Nach der stationären Behandlung im August 1998 habe sich eine schwere neurologische Symptomatik manifestiert, die detailliert im Rehabilitationsentlassungsbericht des Diakonie-Krankenhauses "Neuwanzburg" GmbH in E. vom 28. April 1999 beschrieben worden sei. Organische Hauptfolge der jahrelangen Sucht mit toxischer Alkoholeinwirkung seien eine Enzephalopathie, insbesondere eine zerebelläre Degeneration und eine zerebellär bedingte Ataxie. Das Kleinhirn sei u.a. maßgeblich bei der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts beteiligt und diese Schädigung erkläre schlüssig das vorliegende klinische Bild. Denn anhand der MRT-Aufnahmen ließen sich der Befund einer stattgehabten massiven Schädigung des Großhirns ebenso nachweisen wie eine Schädigung – Hirnschrumpfung als Folge des Zellunterganges – im Kleinhirnbereich, insbesondere des Kleinhirnoberwurmes. Dieses Bild sei relativ typisch für eine alkoholtoxische Schädigung. Der Befund sei im Vergleich der MRT-Aufnahmen fortschreitend; das alkoholtoxische Schädigungsbild werde vom altersbedingten Hirnabbauprozess überlagert.
Fachpsychiatrischerseits habe sich auf dem Boden dieser nachweisbaren organischen Schädigung ein deutlicher Zustand manifestiert. Es bestünden sowohl ein chronisches hirnorganisches Syndrom als auch eine residuale Störung der Persönlichkeit und des Verhaltens. Das leichte hirnorganische Syndrom lasse sich anhand einer Schwerfälligkeit des Gedankenganges und einer deutlichen Auffassungserschwerung, wie sie im Rahmen der Testinstruktionen aufgefallen sei, nachweisen. Denn die durchgeführten Testuntersuchungen hätten in Bezug auf das Konzentrations-Leistungs-Vermögen eine sehr sorgfältige Arbeitsweise, zugleich aber eine ausgeprägte Verlangsamung und Schwerfälligkeit gezeigt. Der Kläger habe sich im leistungsschwächsten Quartil einer Vergleichsgruppe an der Grenze zum Extrembereich befunden. Testpsychologisch hätten sich eine ausgeprägte Zurückhaltung, Hemmung und Introvertiertheit gezeigt, der Kläger sei jetzt weitgehend passiv, abwartend und sozial weitgehend isoliert. Schließlich fänden sich eine diskrete Restsymptomatik als Zeichen einer peripheren Nervenschädigung in Form einer Alkoholpolyneuropathie, jedoch keine Zeichen eines stattgehabten Schlaganfalls; insofern sei der Befund 2002 von den ambulant befundenen Radiologen fehlinterpretiert worden. Der Kläger werde durch die Folgen der Sucht mit den schweren Veränderungen im Bereich des Gehirns in verschiedenen Teilbereichen behindert. Es liege einerseits eine Beeinträchtigung im kognitiven Bereich vor, da sich hier eine Verlangsamung und Umstellungserschwerung sowie eine verzögerte Reaktionszeit auf Außenreize gezeigt hätten. Zugleich sei der Kläger im Bereich der Psychomotorik betroffen. Die Koordination der Psychomotorik, die für den gesunden Menschen selbstverständlich und völlig unbewusst ablaufe, müsse von ihm bewusst kontrolliert werden und zeige gleichwohl erhebliche Mängel in der Koordination auf. Insbesondere bei plötzlichen Abforderungen, wozu auch schnelle Drehbewegungen gehörten, trete Schwindel mit Falltendenzen auf. Die Gesamtkette zwischen Problem- oder Gefahrenwahrnehmung und psychomotorischer Reaktion sei sowohl verzögert als auch unsicher. Die Mischung aus Beeinträchtigung des Lageempfindens in Folge der polyneuropatischen Schädigung und der Gleichgewichtskoordination führe zu dem stelzigen, breitbasigataktischen Gangbild – analog zu einem gesunden Matrosen, der auf einem schwankenden Schiff durch breitbeinigen Stand besser das Gleichgewicht wahren könne –. Ein relativ typisches Kleinhirnzeichen sei auch die erkennbare Beeinträchtigung der Feinmotorik insbesondere im Bereich der rechten Hand, wodurch die Schreibschrift verzittere. Schwere hirnorganische Schädigungen beträfen auch die Ausdauerleistung, da Abforderungen eine mehrfach höhere Belastung für den Kläger bedeuteten. Wegen der deutlichen kognitiven Beeinträchtigungen und der deutlichen Verlangsamung im Bereich der Psychomotorik seien beim Kläger sowohl die Reaktionsfähigkeit als auch Aufmerksamkeit und Übersicht beeinträchtigt.
Tätigkeiten wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen seien zumutbar, soweit die leicht eingeschränkte Belastbarkeit der rechten Hand berücksichtigt werde, er sich nicht häufig bücken, keine ständigen Lageveränderungen des Kopfes durchführen sowie nicht längere Zeit stehen müsse und diese körperlichen Arbeiten mit deutlich verlangsamter Psychomotorik ausführen könne. Die zumutbaren Tätigkeiten könne der Kläger nur noch vier bis fünf Stunden täglich verrichten. Die alkoholtoxische Schädigung bestehe bereits seit November 2000. Nach den klinischen Erfahrungswerten und gemäß dem hirnmorphologischen Befund sei zwischenzeitlich – von 2002 bis 2009 – von einer weiteren leichten Hirnvolumenverminderung auszugehen. Eine Besserung werde nach dem jahrzehntelangen Bestehen nicht möglich sein; vielmehr werde sich der nachweisbare normale Alterungsprozess insbesondere bezogen auf die kognitiven Einbußen weiter verstärken. Der Kläger sei beim Zurücklegen des Weges zu und von einer Arbeitsstätte in der Form behindert, dass er diesen Weg zur Minimierung der Sturzgefahr am Tage zurücklegen sollte und der Weg nicht durch ständige Unebenheiten erschwert sein dürfe, beispielsweise durch eine Baustelle. Da der Kläger dem Gutachter gegenüber angegeben habe, den Weg von der Begutachtung zum Bahnhof zu Fuß zurückgelegt zu haben, sei davon auszugehen, dass er übliche Wegstrecken zum Erreichen eines Arbeitsplatzes zurücklegen könne. Auch öffentliche Verkehrsmittel könne der Kläger benutzen.
Die Beklagte hat daraufhin angeboten, dem Kläger ausgehend vom Eintritt des Leistungsfalls der vollen Erwerbsminderung wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes am 5. September 2009 (Begutachtung durch PD Dr. G.) Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. April 2010 bis zum 31. März 2013 zu bewilligen. Der Kläger hat sich hiermit nicht einverstanden erklärt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne (eine weitere) mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 8. und 9. März 2010).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Dem Kläger steht – wie das Sozialgericht entschieden hat – ein Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 1. November 2000 gegen die Beklagte zu.
Der Kläger macht mit dem Anspruch auf Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente einen Anspruch geltend, der nach seiner Auffassung vor dem 1. Januar 2001 entstanden ist. Gemäß den Übergangsvorschriften der §§ 300 Abs. 2 und 302b Abs. 1 Satz 1 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827, 1835) ist für diesen Anspruch § 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung anzuwenden.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der Kläger ist bei Rentenantragstellung am 12. Oktober 2000 erwerbsunfähig gewesen.
Nach § 44 Abs. 2 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitseinkommen oder Arbeitsentgelt zu erzielen, das monatlich 630 DM übersteigt. Erwerbsunfähig ist nach § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann.
Der Kläger war ab Rentenantragstellung nur noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen in Tagesschicht vier Stunden täglich zu verrichten. Es bestand eine volle Gebrauchsfähigkeit der linken und eine eingeschränkte Einsatzfähigkeit der rechten Hand. An den Kläger konnten normale Anforderungen hinsichtlich des Seh- und Hörvermögens gestellt werden. Ausgeschlossen waren Tätigkeiten mit Kontakt zu Alkohol, mit ständigem Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm, Arbeiten mit längerem Gehen, mit Gehen auf unebenem Gelände, Arbeiten auf Leitern, Gerüsten, Dächern und mit offenen Wärmequellen oder Elektrizität.
Beim Kläger besteht zunächst ein Alkoholabhängigkeitssyndrom. Seit 1998 ist er zwar abstinent. Es sind jedoch durch den langen schweren Alkoholmissbrauch dauerhafte organische Folgeschäden entstanden. Durch die toxische Alkoholeinwirkung ist es zu einer Enzephalopathie, insbesondere zu einer zerebellären Degeneration und einer zerebellär bedingten Ataxie gekommen. Dies lässt sich auf der Grundlage der 2002 und 2009 erstellten MRT-Aufnahmen des Kopfes belegen. Denn anhand der MRT-Aufnahmen lässt sich der Befund einer – für eine alkoholtoxische Schädigung typischen – stattgehabten massiven Schädigung des Großhirns ebenso nachweisen wie eine Schädigung im Kleinhirnbereich, insbesondere des Kleinhirnoberwurms. Da das Kleinhirn u.a. maßgeblich bei der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts beteiligt ist, passt zu diesem Befund das vom Kläger allen tätig gewordenen Gutachtern dargebotene klinische Bild eines Halbseitensyndroms rechts mit Kraftminderung und Koordinationsstörung des rechten Beines sowie einer Störung der Feinmotorik der rechten Hand.
Dieses Syndrom ist von allen den Kläger begutachtenden Ärzten beobachtet worden. Bereits während der Rehabilitationsmaßnahme im Frühjahr 1999 und bei Dr. M. im August 2001 ist ein ataktisches Gangbild beobachtet und eingeschätzt worden, dass das Tragen von schwereren Gegenständen beim Gehen nicht möglich und unwegsames Gelände wegen Sturzgefahr zu meiden sei. Auch Dr. F., Prof. Dr. H., Dr. S. und PD Dr. G. gehen von dem Vorliegen einer Gangstörung mit Verminderung der Gehstrecke und Verringerung der Gehsicherheit aus. Dr. M. hatte an den Waden gering verschmächtigte Beinmuskeln beobachtet und als Diagnosen – ebenso wie nunmehr im Berufungsverfahren PD Dr. G. – eine zerebelläre Atrophie mit Ataxie als Alkoholspätfolge angenommen. Dr. F. hat ebenfalls eine deutliche Ataxie des rechten Beines und eine Störung der Feinmotorik der rechten Hand beschrieben. Auch PD Dr. S. hat eine erhebliche Ataxie als die Gehstrecke limitierende Gesundheitsstörung festgestellt. PD Dr. G. hat schließlich ein ausgesprochen breitbasigataktisches und unsicherstelzendes Gangbild, ein massives Muskelspiel im Bereich der Waden mit erheblichen Gleichgewichtsproblemen und eine auffällige Dysdiadochokinese beschrieben und für den Senat nachvollziehbar erläutert, dass aufgrund der Enzephalopathie und insbesondere der zerebellären Atrophie die Psychomotorik des Klägers erheblich beeinträchtigt sei. Er müsse die Koordination der Psychomotorik, die beim gesunden Menschen unbewusst ablaufe, bewusst und konzentriert steuern, was ihm auch nur unvollständig und nicht anhaltend gelinge. Insoweit erscheint das Vorbringen des Klägers, ständig das Gleichgewicht zu verlieren und häufig zu stürzen, glaubhaft und nachvollziehbar, zumal der Kläger auch zum zweiten Untersuchungstermin bei PD Dr. G. mit einer frischen Schürfwunde an der Stirn erschienen ist. Ferner hat PD Dr. G. die von ihm wie auch von den Vorgutachtern festgestellte Beeinträchtigung der Feinmotorik der rechten Hand als typisches Kleinhirnzeichen genannt. Insoweit nimmt der Senat auf der Grundlage der Beurteilung durch PD Dr. G. und Dr. M. das Bestehen einer durch die toxische Alkoholeinwirkung entstandenen Enzephalopathie mit einer zerebellären Degeneration und einer zerebellär bedingten Ataxie an. Der Senat geht in Übereinstimmung mit PD Dr. G. und Dr. M. nicht davon aus, dass beim Kläger eine zentrale pontine Myelionlyse – wie von Prof. Dr. W. und darauf sich stützend von Prof. Dr. med. habil. Sp. und Dr. F. angenommen – oder ein Schlaganfall – wie von PD Dr. S. genannt – vorgelegen haben und die Ursache für die oben beschriebenen Ausfallerscheinungen sind. Auch die von Prof. Dr. H. angenommene Diagnose einer phobischen Gangstörung überzeugt aufgrund der schlüssigen Erläuterungen des Krankheitsbildes des Klägers durch PD Dr. G. nicht.
Der Kläger kann daher nur überwiegend im Sitzen arbeiten. Er kann keinen Anforderungen an die Feinmotorik der rechten Hand genügen, insbesondere keine Schreibarbeiten verrichten, und nicht auf Leitern, Gerüsten und Dächern arbeiten. Er kann keine Tätigkeiten ausüben, die mit schnellen Bewegungen, Bücken, Hocken oder Knien oder mit Kontakt zu Alkohol verbunden sind.
Ferner leidet der Kläger an einem chronischen hirnorganischen Syndrom sowie an einer residualen Störung der Persönlichkeit und des Verhaltens. Diese Gesundheitsstörung ist ebenfalls auf dem Boden der oben beschriebenen organischen Hirnschädigung aufgrund der toxischen Alkoholeinwirkung entstanden und hat sich durch eine altersbedingte Überlagerung weiter manifestiert. Auswirkungen sind eine ausgeprägte Verlangsamung, eine Schwerfälligkeit des Gedankengangs sowie eine Auffassungserschwerung. Auch insoweit stützt sich der Senat auf die überzeugende Beurteilung von PD Dr. G ... Zuvor hat auch bereits Prof. Dr. med. habil. Sp. eine alkoholbedingte Persönlichkeitsveränderung angenommen. Demgegenüber hat Dr. F. keine Hinweise auf ein organisches Psychosyndrom oder eine leistungsrelevante Persönlichkeitsdepravation feststellen können. Allerdings waren auch bei ihr, ebenso wie bei PD Dr. G., Einschränkungen im Konzentrationsverlaufstest durch eine überdurchschnittliche Genauigkeit aufgefallen. Unter Berücksichtigung der organisch feststellbaren Hirnschädigung legt der Senat die Beurteilung von PD Dr. G. zugrunde und geht deshalb davon aus, dass an den Kläger keinesfalls mehr als geringe Anforderungen an Aufmerksamkeit, Reaktions- und Umstellungsvermögen sowie Übersicht gestellt werden können.
Zudem besteht eine periphere Nervenschädigung in Form einer alkoholinduzierten Polyneuropathie. Bereits die neurographische Untersuchung bei Dr. M. hatte eine deutliche Verminderung der Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus peronaeus und des Nervus suralis und damit eine Polyneuropathie, das durchgeführte EMG weitgehend unauffällige Muskeln mit nur sehr geringen ausgeprägten neurogenen Veränderungen ergeben. Auch im Rehabilitationsentlassungsbericht vom 28. April 1999 war eine periphere Polyneuropathie festgestellt worden. In Übereinstimmung hiermit haben Dr. F. und PD Dr. S. den Verdacht auf eine alkoholtoxische Polyneuropathie geäußert, ohne eigene elektromyographische Befunde zu erheben. Prof. Dr. H., der selbst elektrophysiologische Zusatzuntersuchungen durchgeführt hat, hat eine diskrete distale Polyneuropathie diagnostiziert. Schließlich hat auch PD Dr. G. diese Diagnose gestellt. Deshalb sind auch Arbeiten mit offenen Wärmequellen oder Elektrizität ausgeschlossen.
Unter Beachtung der vorgenannten Einschränkungen konnte der Kläger entsprechend dem oben genannten Leistungsbild ab Rentenantragstellung nur noch vier Stunden täglich tätig sein. Zu dieser Beurteilung gelangt der Senat auf der Grundlage des Gutachtens von PD Dr. G., der diese Reduzierung des täglichen Leistungsvermögens auf der Grundlage der schweren toxisch verursachten Hirnschädigung nachvollziehbar begründet hat. Dadurch, dass beim Kläger die Psychomotorik nur unter bewusster Anstrengung abläuft, ermüdet er früher und benötigt längere Erholungsphasen. Auch leichte körperliche Arbeiten bedeuten deshalb für den Kläger eine ständige bewusste Kontrolle seiner Bewegungen der rechten Körperhälfte. Da die neurologischen Ausfallerscheinungen bereits im Rehabilitationsentlassungsbericht nach Auffassung von PD Dr. G. umfassend beschrieben worden sind und seitdem keine wesentliche Änderung eingetreten ist, geht der Senat von einem gleichbleibend qualitativ und quantitativ eingeschränkten Leistungsvermögen aus. Inwieweit darüber hinaus das hirnorganische Psychosyndrom zu einer weiteren Reduzierung des Leistungsvermögens auf unter drei Stunden – wie von Prof. Dr. med. habil. Sp. angenommen – geführt hat, konnte der Senat offen lassen.
Denn beim Kläger lagen zudem eine schwere spezifische Leistungsbehinderung und eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die über die untervollschichtige Einsetzbarkeit hinaus zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führten. Die Beklagte war daher verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Denn das Restleistungsvermögen des Klägers reichte nur noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.). Dabei waren aber noch weitere Einschränkungen zu beachten, die die Einsetzbarkeit des Klägers noch weitergehend beschränkten. Denn er konnte seit Rentenantragstellung nur noch überwiegend im Sitzen arbeiten, seine rechte Hand war seitdem nicht für feinmotorische Tätigkeiten, insbesondere nicht für Schreibarbeiten, einsetzbar; schnelle Bewegungen durften ebenso wie Bücken nicht abverlangt werden. Das Zurücklegen von Wegstrecken mit gleichzeitigem Tragen von Lasten war ebenfalls nicht möglich. Ferner konnten mehr als geringe Anforderungen an Ausdauer, Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen nicht gestellt werden. Damit scheiden Bürohilfstätigkeiten und insbesondere auch die von der Beklagten benannte Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte aus. Denn an diese letztgenannte Tätigkeit werden zwar keine körperlichen Anforderungen gestellt; der Pförtner an der Nebenpforte muss aber bereits nach dem von der Beklagten im Schriftsatz vom 15. Januar 2009 genannten Anforderungsprofil zumindest durchschnittlichen Anforderungen an geistige und mnestische Fähigkeiten genügen.
Auch war für den Kläger der Arbeitsmarkt verschlossen, weil es ihm an der so genannten Wegefähigkeit fehlte und bis heute fehlt. Denn zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehenden Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße eingeschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind konkrete Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, z. B. mit einem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitsmarkt ebenfalls nicht verschlossen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 -, SozR-2200 § 1247 RVO Nr. 10).
Die Gehfähigkeit des Klägers war nach den Befunderhebungen und Auffassungen aller gehörten Gutachter und Sachverständigen beeinträchtigt. Mit Ausnahme von Prof. Dr. med. habil. Sp., PD Dr. S. und wohl auch Prof. Dr. H. haben zwar alle Gutachter das Zurücklegen von Wegstrecken von täglich viermal knapp mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß für möglich erachtet. Sie haben aber alle daraufhin gewiesen, dass der Kläger nur bei Tageslicht und auf ebener Wegstrecke laufen kann. Damit ist er aber nicht in der Lage, regelmäßig einen Arbeitsplatz aufzusuchen, da er je nach Jahreszeit und Witterung nicht an jedem Tag zur vom Arbeitgeber bestimmten Zeit am Arbeitsort erscheinen und von dort auch wieder nach Hause gelangen kann. Schließlich kann der Kläger nicht auf das Benutzen eines Fahrrades oder eines Pkw verwiesen werden. Beides besitzt er nach seinen Angaben nicht; das Auto hat er 1999 abgemeldet. Zudem kann er wegen des mangelnden Gleichgewichtssinns kein Fahrrad benutzen und sollte wegen der geringen Fähigkeiten in Bezug auf Aufmerksamkeit, Reaktionsvermögen und Motorik nicht mit einem Pkw am Straßenverkehr teilnehmen. Auch insoweit stützt sich der Senat auf das Gutachten von PD Dr. G ...
Schließlich liegen die (besonderen) versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vor. Der Kläger hat ausweislich der Wartezeitaufstellung der Beklagten 271 Monate mit Beitragszeiten und in den letzten fünf Jahren vor Rentenantragstellung alle Monate mit Pflichtbeiträgen belegt.
Die Erwerbsunfähigkeitsrente war auf Dauer zu bewilligen, da eine Besserung nicht mehr zu erwarten und seit dem Beginn der Rente mehr als sechs Jahre verstrichen sind (§ 102 Abs. 2 SGB VI a.F.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
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