Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 5/02
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 124/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) – bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule (LWS) durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung.
Die am ... 1948 geborene Klägerin erlernte vom 13. Mai 1963 bis 30. Juli 1964 den Beruf der Konfektionär-Spinnerin und war vom 3. August 1964 bis 29. Januar 1966 in diesem Beruf tätig. Vom 2. Februar 1966 bis zum 13. Oktober 1969 arbeitete sie als Hilfsschwester im Kreiskrankenhaus W in R und vom 15. Mai 1971 bis zum 31. März 1991 als Gemeindeschwester beim Rat der Gemeinde G. Vom 1. April 1991 bis 30. Juni 1997 war sie als Krankenschwester im mobilen Außendienst tätig, zunächst bis zum 15. Juni 1992 für die Arbeiterwohlfahrt H., anschließend für die Caritas-Sozialstation H ... Das Arbeitsverhältnis endete am 30. Juni 1997 durch Kündigung des Arbeitgebers.
Die Klägerin zeigte der Beklagten am 7. April 1998 eine Berufskrankheit der Wirbelsäule an. Sie gab an, 1982/1983 erstmals Beschwerden in der LWS gehabt zu haben.
Die Klägerin war in der Zeit vom 22. Mai 1996 bis 18. August 1996 und vom 2. September 1996 bis 15. November 1997 mit Beschwerden der LWS arbeitsunfähig erkrankt. Anschließend hat sie Tätigkeiten als Krankenschwester nicht mehr ausgeübt.
Vom Amt für Versorgung und Soziales erhielt die Beklagte diverse Befundberichte: Unter dem 3. November 1996 hatte der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. über seit Jahren rezidivierend auftretende Beschwerden der LWS bei häufiger ischialgiformer Symptomatik, akut im Mai 1996, berichtet. Der Facharzt für Radiologie H vom Kreiskrankenhaus E. hatte am 31. Mai 1996 ein Computertomogramm (CT) der LWS der Klägerin gefertigt und einen rechtslateralen Bandscheibenprolaps bei L4/5, eine Bandscheibenprotrusion bei L3/4 und L5/S1 ohne Spinalkanalstenose sowie eine Spondylose und eine Arthrose im Bereich der Interfacettengelenke diagnostiziert. Die Nervenwurzeln der Segmente L4/5 schienen beidseits noch abgrenzbar. Der Oberarzt des Fachkrankenhauses für Orthopädie B Dr. W. hatte unter dem 29. Mai 1996 rezidivierende Lumboischialgien mit pseudoradikulärer Symptomatik beidseits bei nachgewiesenem Prolaps bei L4/5 diagnostiziert.
Die Beklagte zog weitere Befundberichte bei. Dr. G. diagnostizierte bei der Klägerin unter dem 28. August 1998 eine akute Lumbalgie mit beginnender Wurzelreizsymptomatik. In dem beigefügten Entlassungsbericht der Reha-Klinik A. in B S vom 21. April 1997 hatte Dr. H. ausgeführt, die Röntgenaufnahme der LWS vom 30. April 1996 zeige eine skoliotische Fehlhaltung mit Rechtskonvexität im Übergang der LWS zum Kreuzbein, eine leichte Linksskoliose im Übergang der Brustwirbelsäule (BWS) zur LWS, eine Hyperlordose (übermäßige Krümmung der Wirbelsäule nach vorn), spondylarthrotische Veränderungen der unteren Segmente sowie eine beginnende, leichtgradige Verschmälerung der Zwischenwirbelräume bei L5/S1, welche anlagebedingt sei. Die Röntgenaufnahmen der BWS vom 15. Juli 1997 zeigten eine beginnende Degeneration, die der Halswirbelsäule (HWS) eine leichte Spondylarthrose.
Die Beklagte zog einen weiteren Befundbericht von Dr. G. vom 4. April 1999 bei, der über eine seit dem 29. Februar 1999 bei der Klägerin bestehende akute Schmerzsymptomatik im Sinne einer akuten Lumbalgie mit Wurzelreizerscheinungen berichtete. Sie erhielt einen Befundbericht der Radiologen Dr. S. und Partner vom 22. Juli 1997, die darin ausführten, das Magnetresonanztomogramm (MRT) der LWS vom 22. Juli 1997 zeige einen mäßiggradigen mediolateralen chronischen Prolaps bei L4/5 mit Tangierung der angrenzenden Nervenwurzel L5 beidseits. Es lägen geringe diffuse Protrusionen bei L5/S1 und L3/4 vor. Eine Höhenminderung der Wirbelkörper bestehe nicht.
Die Beratungsärztin der Beklagten, Fachärztin für Orthopädie Dipl.-Med. A., nahm unter dem 15. September 1999 dahingehend Stellung, dass ein chronischrezidivierendes lumbales Lokal- und Pseudoradikulärsyndrom und eine Bandscheibenschädigung L 3 bis S 1 bei einer schweren psychosomatischen Fehlentwicklung mit Rentenbegehren vorlägen. Es bestehe keine Übereinstimmung der Exposition mit dem Schädigungsbild.
Unter dem 11. November 1999 empfahl der Gewerbearzt MR Dr. M., eine Berufskrankheit der Nr. 2108 abzulehnen. Bei dem Hohlrundrücken, der Seitverbiegung der Wirbelsäule, der Fehlstellung der Halswirbelsäule und der Formstörung des Übergangs von der LWS zum Kreuzbein mit 6 Lendenwirbeln handele es sich um ein anlagebedingtes Leiden. Bei solchen Veränderungen komme es häufig zu Bandscheibenvorfällen. Klinisch bestehe ein Cervicobrachialsyndrom (Schmerzen im HWS- und Schulterbereich) sowie ein Lumbalsyndrom (Schmerzen der LWS) mit zeitweiligen pseudoradikulären Beschwerden bei einem alten Bandscheibenvorfall L4/5.
Mit Bescheid vom 21. Juni 2000 lehnte es die Beklagte ab, die Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin als Berufskrankheit der Nr. 2108 anzuerkennen. Hiergegen erhob die Klägerin am 18. Juli 2000 Widerspruch.
Die Beklagte zog weitere ärztliche Unterlagen bei: In dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik D. H vom 15. Juni 2000 führten die Ärzte aus, das Röntgenbild der LWS vom 19. November 1999 zeige eine Linksskoliose mit Ergänzungswinkel nach Cobb von 10 Grad und geringer Torsion (Achsendrehung) bei L 2 und L 3. Die Intervertebralräume bei L3/4 und L4/5 seien niedrig ohne wesentliche Deformität. Bei L5/S1 liege eine spondylarthrotische Störung vor. Die Strukturen seien mäßig rarefiziert (verringerte Dichte). Das MRT der LWS vom 29. Dezember 1999 zeige eine leichte Osteochondrose (Knochen- und Knorpeldegeneration) in den Segmenten L3/4, L4/5 und L5/S1 mit jeweils flachen Bandscheibenprotrusionen, die bei L4/5 leichtgradig gegen den Duralsack drückten. Eine raumfordernde Bandscheibenprotrusion bzw. ein Prolaps seien nicht zu erkennen. Es bestehe keine spinale Enge, jedoch eine mäßige Spondylarthrose.
Auf Veranlassung der Beklagten berichtete der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Unfallkasse Sachsen-Anhalt zu den bandscheibenbelastenden Tätigkeiten als Gemeindeschwester im Zeitraum vom 15. Mai 1971 bis 31. März 1991, die Klägerin habe schwere Hebetätigkeiten am Patienten bei erschwerten Arbeitsverhältnissen wie tief gelegenen Betten zu verrichten gehabt. Hier seien extreme Rumpfbeugehaltungen und das Tragen von Lasten nicht eng am Körper erforderlich gewesen. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit der Nr. 2108 lägen vor.
Der TAD der Unfallkasse T führte zu den Tätigkeiten der Klägerin im Zeitraum vom 2. Februar 1966 bis 13. Oktober 1969 aus, aufgrund des sehr hohen Pflegekraft-Patientenverhältnisses ohne Hilfsmittel sei davon auszugehen, dass die Klägerin die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit Nr. 2108 erfüllt habe.
Die Beklagte beauftragte den Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik M. Prof. Dr. N. mit der Erstattung des Gutachtens vom 18. Juni 2001, der ausführte, das MRT vom 29. Dezember 1999 zeige einen mäßiggradigen Bandscheibenprolaps L4/5 mit Tangierung der angrenzenden Nervenwurzel L5 beidseits und eine geringe Bandscheibenprotrusion bei L5/S1 und L3/4 bei einer beginnenden Spinalkanalstenose L4/5. Die Röntgenaufnahme vom 7. Februar 2001 zeige eine geringgradige Verschmälerung des Zwischenwirbelraumes L5/S1, Knochenanbauten in L3 und eine Lumbalisation von S1 bei leichter Seitausbiegung der LWS und verstärkter Hyperlordose. Er diagnostizierte ein Pseudoradikulärsyndrom der LWS beidseits, links größer als rechts. Es handele sich um eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Berufskrankheit Nr. 2108. Die beruflichen Einwirkungen durch schweres Heben und Tragen über einen Zeitraum von 30 Jahren, teilweise unter Zwangshaltungen, seien wesentliche Ursache für die Entstehung der Erkrankung der LWS.
Die Beklagte beauftragte ferner den Chefarzt der Abteilung Orthopädie des Evangelischen W S Prof. Dr. N. mit der Erstattung des fachorthopädischen Gutachtens vom 25. Oktober 2001. Prof. Dr. N. diagnostizierte bei der Klägerin ein chronisches pseudoradikuläres Lumbalsyndrom bei deutlichen degenerativen Veränderungen der unteren zwei Bewegungssegmente mit Bandscheibenprotrusionen, Spondylarthrose und Osteochondrose, ein latentes Cervicalsyndrom bei altersvorauseilendem Verschleiß der BWS mit flachbogiger Seitverbiegung sowie anlagebedingt einen leichten Beckenschiefstand, eine Lumbalskoliose, eine dysplastische Anlage des Wirbelbogens des 5. Lendenwirbelkörpers bei stark rudimentärer Ausbildung des Dornfortsatzes, ein tief stehendes Sacrum ohne bewiesene Übergangsstörung im Sinne einer Lumbalisation S 1 und Nichtanlage der 12. Rippe. Es handele sich dabei nicht um eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS, sondern gehe auf die anlagebedingten Grundleiden zurück, welche rechtlich wesentliche Ursache seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2001 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück und verwies zur Begründung auf die Ausführungen von Prof. Dr. N ...
Mit der am 7. Januar 2002 vor dem Sozialgericht Halle erhobenen Klage hat die Klägerin die Anerkennung einer Berufskrankheit der Nr. 2108 weiterverfolgt.
Das Sozialgericht hat den Facharzt für Orthopädie Prof. Dr. R. mit der Erstattung des Gutachtens vom 2. Juli 2002 beauftragt und diesen auf Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 12. April 2005 für befangen erklärt. Die Klägerin hat dem Gericht den Befundbericht der Radiologen Dipl.-Med. H. und Mingramm vom 10. Mai 2004 vorgelegt. In Auswertung eines MRT der LWS vom 7. Mai 2004 haben diese ausgeführt, es bestünden leichte Ostechondrosen und Spondylosen L3/4 bis L5/S1 bei Nachweis eines zungenförmigen Diskusprolapses in Höhe L4/5 mit jeweils leicht bedrängenden Effekten auf L5 und den Duralsack sowie eine Bandscheibenprotrusion im Segment L5/S1 mit berührten Nerven S1 und L4.
Das Sozialgericht hat das fachorthopädische Gutachten des Chefarztes der Orthopädischen Abteilung des Klinikums M L Dr. S. vom 11. Dezember 2003 aus der Akte des Sozialgerichts Halle S beigezogen. Dieser hat bezogen auf die Wirbelsäule eine chronisch therapieresistente Lumboischialgie beidseits mit partieller Fibularisparese links bei fortgeschrittener Ostechondrose L5/S1 und Verdacht auf Bandscheibenvorfall L4/5 mit Funktionseinschränkung des Achsorgans sowie ein oberes und unteres Zervikalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der HWS mit Funktionseinschränkung diagnostiziert.
Das Sozialgericht hat denselben Arzt mit der Erstattung des fachorthopädischen Gutachtens nach Aktenlage vom 1. April 2005 beauftragt. Dr. S. hat ausgeführt, es liege eine sekundäre Bandscheibenschädigung als Folge anlagebedingter Veränderungen der Wirbelsäule in Form einer Schiefstellung des 5. Lendenwirbels mit nachfolgender Lumbalskoliose vor, die die Statik der Wirbelsäule erheblich verändert hätten. Es seien einzelne Abschnitte der HWS, BWS und LWS nahezu gleich betroffen. Es fänden sich degenerative Veränderungen in allen Bereichen der Wirbelsäule, wobei lediglich im Segment L4/5 computertomographisch ein Bandscheibenvorfall nachgewiesen sei. Die LWS sei nahezu in allen Segmenten gleich betroffen, lediglich das Segment L5/S1 sei etwas stärker verschmälert. Die Veränderungen seien durch die anlagebedingte Fehlform der unteren LWS begründet. Es sei davon auszugehen, dass ein beruflicher Einsatz in einem körperlich leichten Beruf ohne Hebe- und Trageleistungen zu gleichen Veränderungen hätte führen können. Die medizinischen Voraussetzungen einer Berufskrankheit der Wirbelsäule der Nr. 2108 lägen nicht vor.
Die Klägerin hat dem Gericht den Befundbericht von Dipl.-Med. H. und Mingramm vom 22. Juni 2005 über die Auswertung eines MRT vom 21. Juni 2005 überlassen.
Mit Urteil vom 25. August 2005 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, selbst wenn man davon ausginge, dass bei der Klägerin eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vorläge, könne die rechtlich wesentliche Ursachenbeziehung zu der beruflichen Tätigkeit nicht hergestellt werden. Das Schadensbild an der LWS der Klägerin entspreche nicht dem, welches nach den medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen zu erwarten sei, wenn langwierige schwere Trage- und Hebelasten wesentlichen Einfluss auf den natürlichen Verschleißprozess der Wirbelsäule nähmen. Bei der Tragebelastung sei die untere LWS höherem Druck ausgesetzt, welcher auch auf die Bandscheiben wirke und zu einem erhöhten Verschleiß durch vermehrte Sklerosierung der Deck- und Abschlussplatten der Wirbelkörper und Verschmälerung des Zwischenwirbelraumes ab dem dritten Segment der LWS führe. Zugleich sei belastungstypisch, dass der obere Bereich der LWS auf die dort stärker einwirkenden Schub- und Scherkräfte mit spondylotischen Randzacken reagiere. Ein solches Schadensbild liege nicht vor. Die Erkrankung der Klägerin lasse sich durch anlagebedingte Leiden wie einen leichten Beckenschiefstand, eine leichte linkskonvexe Lumbalskoliose, eine dysplastische Anlage des Wirbelbogens L5 bei stark rudimentärer Ausbildung des Dornfortsatzes und ein tiefstehendes Sacrum, ferner einer Nichtanlage der 12. Rippe erklären. Diese anlagebedingten Anomalien, welche die Statik der Wirbelsäule erheblich verändert hätten, hätten auch ohne äußere Einflüsse die schicksalhaften Veränderungen der Bandscheiben zur selben Zeit hervorgerufen.
Gegen das am 22. September 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. September 2005 bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Sie verweist auf die Ausführungen von Prof. Dr. N. und meint, ihre Wirbelsäulenveränderungen seien Folge der jahrelangen beruflich bedingten Belastungen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 25. August 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Juni 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2001 aufzuheben und festzustellen, dass ihre Lendenwirbelsäulenerkrankung mit Wirkung vom 2. September 1996 eine Berufskrankheit der Nr. 2108 der Berufskrankheiten-Verordnung ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Zur Begründung beruft sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Auf Antrag der Klägerin hat das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt den Facharzt für Orthopädie PD Dr. P. nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Erstattung des Gutachtens vom 22.07.2008 nach Untersuchung der Klägerin am 6. Mai 2008 beauftragt, der bei der Klägerin ein chronisches Lumbalsyndrom bei lumbo-sakraler Übergangsstörung L5/S1 mit Schiefstellung des 5. Lendenwirbelkörpers und resultierenden degenerativen Veränderungen der kaudalen Bewegungssegmente diagnostiziert hat. Die Röntgenbilder der LWS vom 30. April 1996 zeigten normal weite Wirbelkörperzwischenräume ohne Anhalt für eine Spondylolisthesis. Der Wirbelbogen des kaudalen Lendenwirbelkörpers scheine dysplastisch. Die Facettengelenke zum kranial gelegenen Wirbelkörper zeigten eine Gelenkspaltverschmälerung und subchondrale Sklerosierungen als Zeichen einer Facettenarthrose. Der Wirbelkörper als Ganzes weise eine nach links abkippende Schiefstellung auf. Der Gesamteindruck spreche für eine Übergangsstörung des kaudalen lumbalen Wirbelkörpers zum Sakrum. Die Röntgenaufnahmen der LWS vom 19. November 1999 zeigten keine Veränderungen zu den Aufnahmen aus 1996. Die lumbosakrale Übergangsstörung betreffe den Lendenwirbelkörper 5. Die Halswirbelsäule werde im Röntgenbild mit normalen weiteren Wirbelkörperzwischenräumen mit diskreten Randkantenausziehungen im Segment C5/6 und C6/7 mit Zunahme der Sklerosierung als Zeichen mäßiggradiger Degeneration abgebildet. Die Röntgenbilder der LWS vom 7. Februar 2002 ließen im Vergleich zu den Voraufnahmen des Jahres 1999 keine relevante Zunahme der Degeneration erkennen. Die Röntgenaufnahmen der LWS vom 21. Juni 2005 bildeten eine Schiefstellung des Lendenwirbelkörpers 5 infolge lumbosakraler Übergangsstörung L5/S1 sowie eine Facettenarthrose L4/5 ab. Dies spreche ebenso wie die Wirbelbogendysplasie und die Schiefstellung für eine Fehlanlage des 5. Lendenwirbelkörpers. In dem MRT der LWS vom 22. Juli 1997 sei in den Segmenten L3/4, L4/5 eine diskrete und in dem Segment L5/S1 eine ausgeprägte Vorwölbung ohne relevante Kompression der Nervenwurzeln oder Verdrängung des Duralsackes zu erkennen. Das MRT der LWS vom 29. Dezember 1999 zeige die bereits bekannten Protrusionen. Im Segment L5/S1 werde eine deutliche Facettenhypertrophie mit teilweise nicht einsehbarem Facettenspalt bei hierdurch bedingtem engen Spinalkanal abgebildet. Die Klägerin leide unter einer anlagebedingten Übergangsstörung des letzten Lendenwirbelkörpers zum ersten Kreuzbeinwirbel. Ein klinisch bedeutender Bandscheibenvorfall liege hingegen nicht vor. Dieser setzte neben dem Nachweis des Vorfalls noch eine Wurzelreizsymptomatik voraus. Dies sei aber nicht der Fall. Folge der anlagebedingten lumbosakralen Übergangsstörung L5/S1 mit Schiefstellung des 5. Lendenwirbelkörpers und resultierenden degenerativen Veränderungen der kaudalen Bewegungssegmente sei eine kompensatorisch skoliotische Wirbelsäulenfehlstellung und eine sekundäre Degeneration der Bandscheibe des Segmentes L5/S1, geringer ausgeprägt auch der Segmente L3/4 und L4/5. Es handle sich daher nicht um eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS. Die festgestellten Gesundheitsstörungen gingen auch nicht über das altersentsprechende Maß hinaus.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten mit dem Aktenzeichen vorgelegen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senates waren.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Die als kombiniertes Anfechtungs- und Feststellungsbegehren erhobene Klage ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2001 ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Veränderungen der LWS der Klägerin als Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO anzuerkennen.
Anzuwenden sind hier noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), denn der dem Anspruch der Klägerin zu Grunde liegende Versicherungsfall, zu dem auch das Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit gehört, ist vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten (siehe Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I 1996, 1254 ff., § 212 SGB VII). Die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit setzt nicht die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses voraus, sondern kann dann gegeben sein, wenn die Versicherte durch eine auf unbestimmte Zeit eingetretene Arbeitsunfähigkeit dauerhaft an der Ausübung der gefährdenden Tätigkeit gehindert wird. Dies war vorliegend am 2. September 1996 der Fall, als die Klägerin auf unbestimmte Zeit wegen Beschwerden der LWS arbeitsunfähig erkrankt war und ihre Tätigkeit als Krankenschwester nicht wieder aufgenommen hat.
Gemäß § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO sind Berufskrankheiten die Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (§§ 559, 540 bis 545 RVO) erleidet. Die näheren Einzelheiten zum Erlass der BKVO regelt § 551 Abs. 1 Satz 3 RVO. Voraussetzung der Anerkennung der hier strittigen Berufskrankheit Nr. 2108 ist das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Es fehlt hier an der Voraussetzung von Berufskrankheiten nach § 551 Abs. 1 S. 2 RVO, wonach ein Versicherter die Krankheit bei einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleiden muss. Dabei geht es nicht um die Frage, ob die von der Klägerin geschilderten und von der Beklagten ermittelten Belastungen während der versicherten Tätigkeit als Krankenschwester zur Verursachung eines Bandscheibenschadens geeignet waren; dies kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden und offen bleiben. Die bei der Klägerin vorliegenden Krankheitsbilder im Bereich der LWS können aber in ihrem Fall nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf diese beruflichen Belastungen zurückgeführt werden, weil eine höhere Wahrscheinlichkeit für ihre Verursachung durch anlagebedingte Umstände spricht. Maßgeblich ist für den Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen und dem Gesundheitsschaden eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, bei der mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Dabei ist nur die Bedingung rechtlich erheblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Eintritt des geltend gemachten Gesundheitsschadens "wesentlich" beigetragen hat (Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr. 4, 15 m.w.N.). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - a.a.O.).
Das Gericht folgt im Ergebnis den Sachverständigen Prof. Dr. N., Dr. S. und PD Dr. P., bei der Klägerin liege ein Schadensbild vor, welches nicht durch berufliche Einwirkungen, sondern durch ein anlagebedingtes Leiden wesentlich verursacht ist. Maßgeblich für die Einschätzung sind dabei nach herrschender medizinischer Auffassung die Konsensempfehlungen einer interdisziplinären Arbeitsgruppe aus dem Jahre 2005 (siehe BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 13/05 R - zitiert nach juris), die zur Beurteilung derartiger Erkrankungen Kriterien herausgearbeitet hat (hier zitiert nach Trauma und Berufskrankheit 2005, S. 211 ff.). Ob vorliegend eine bandscheibenbedingte Erkrankung als Grundvoraussetzung für einen Ursachenzusammenhang im Sinne der Nr. 2108 nachgewiesen ist (vgl. Konsensempfehlungen, S. 216), kann der Senat offen lassen und zugunsten der Klägerin unterstellen. Denn auch beim Vorliegen einer solchen Erkrankung wäre ein Ursachenzusammenhang zur beruflichen Tätigkeit nach den Fallkonstellationen der Konsensempfehlungen nicht wahrscheinlich.
Bei der Klägerin sind mindestens die unteren Segmente der LWS von L4/5 sowie der Übergang von L5 zum Sakralwirbel S1 von Veränderungen betroffen. Dies haben die Gutachter Prof. Dr. N., Prof. Dr. N., Dr. S. und PD Dr. P. übereinstimmend festgestellt. In diesem Falle kämen die Fallkonstellationen der Sammelgruppe "B", "D" und "E" der Konsensempfehlungen zur Beurteilung des Ursachenzusammenhangs in Betracht (Konsensempfehlungen, S. 217 f.). Ein Ursachenzusammenhang zur beruflichen Tätigkeit ist nach allen Varianten (B 1 bis B 10, D1, D2, E 1 und E 2) nur dann wahrscheinlich, wenn keine wesentlichen konkurrierenden Ursachenfaktoren vorliegen (vgl. Konsensempfehlungen, S. 217 f.). Bei der Klägerin liegt aber eine wesentliche konkurrierende Ursache vor. Der Sachverständige Dr. S. hat bei der Klägerin eine anlagebedingte Schiefstellung des 5. Lendenwirbels mit einer Lumbalskoliose erkannt. PD Dr. P. hat diesen Befund als dysplastischen Wirbelbogen L5 mit einer nach links abkippenden Schiefstellung beschrieben. Dabei handelt es sich nach den überzeugenden Ausführungen von PD Dr. P. um eine anlagebedingte Übergangsstörung von L5 zu S1, die nicht auf die beruflichen Tätigkeiten der Klägerin ursächlich zurück zu führen ist. Folge dieser Übergangsstörung sind die degenerativen Veränderungen der angrenzenden Bandscheibe L4/L5. So muss bei Segmentationsstörungen zwischen L5 und S1 die übergelagerte Bandscheibe Bewegungsstörungen im fehlangelegten Segment kompensieren. Die benachbarte freie Bandscheibe ist degenerativen Veränderungen ausgesetzt, die auf die Fehlanlage ursächlich zurückgehen. Bei einer wie im vorliegenden Fall bestehenden asymmetrischen Übergangsstörung L5/S1 - eine Schiefstellung L5 nach links - ist ein Bandscheibenschaden im ersten freien Segment in der Regel hierauf ursächlich zurückzuführen und eine berufliche Einwirkung als Ursache nicht wahrscheinlich (siehe Konsensempfehlungen, S. 232).
Auch die oberhalb des ersten freien Segments nach der Übergangsstörung festgestellte Protrusion bei L3/4 erfüllt nicht die Voraussetzungen der Sammelgruppe "C" der Fallkonstellationen (siehe Konsensempfehlungen, S. 218). Voraussetzung dieser Sammelgruppe ist ein Bandscheibenvorfall oder eine Chondrose II. Grades. Beides liegt aber hier bei der Klägerin nicht vor. PD Dr. P. hat die Wirbelkörperzwischenräume anhand der Röntgenbilder vom 30. April 1996 und 19. November 1999 als "normal weit" beurteilt. Ein Bandscheibenvorfall bei L3/L4 ist von keinem Radiologen oder Gutachter beschrieben.
Nach alledem ist es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Veränderungen der LWS der Klägerin ursächlich auf die beruflichen Tätigkeiten der Klägerin zurückzuführen sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) – bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule (LWS) durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung.
Die am ... 1948 geborene Klägerin erlernte vom 13. Mai 1963 bis 30. Juli 1964 den Beruf der Konfektionär-Spinnerin und war vom 3. August 1964 bis 29. Januar 1966 in diesem Beruf tätig. Vom 2. Februar 1966 bis zum 13. Oktober 1969 arbeitete sie als Hilfsschwester im Kreiskrankenhaus W in R und vom 15. Mai 1971 bis zum 31. März 1991 als Gemeindeschwester beim Rat der Gemeinde G. Vom 1. April 1991 bis 30. Juni 1997 war sie als Krankenschwester im mobilen Außendienst tätig, zunächst bis zum 15. Juni 1992 für die Arbeiterwohlfahrt H., anschließend für die Caritas-Sozialstation H ... Das Arbeitsverhältnis endete am 30. Juni 1997 durch Kündigung des Arbeitgebers.
Die Klägerin zeigte der Beklagten am 7. April 1998 eine Berufskrankheit der Wirbelsäule an. Sie gab an, 1982/1983 erstmals Beschwerden in der LWS gehabt zu haben.
Die Klägerin war in der Zeit vom 22. Mai 1996 bis 18. August 1996 und vom 2. September 1996 bis 15. November 1997 mit Beschwerden der LWS arbeitsunfähig erkrankt. Anschließend hat sie Tätigkeiten als Krankenschwester nicht mehr ausgeübt.
Vom Amt für Versorgung und Soziales erhielt die Beklagte diverse Befundberichte: Unter dem 3. November 1996 hatte der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. über seit Jahren rezidivierend auftretende Beschwerden der LWS bei häufiger ischialgiformer Symptomatik, akut im Mai 1996, berichtet. Der Facharzt für Radiologie H vom Kreiskrankenhaus E. hatte am 31. Mai 1996 ein Computertomogramm (CT) der LWS der Klägerin gefertigt und einen rechtslateralen Bandscheibenprolaps bei L4/5, eine Bandscheibenprotrusion bei L3/4 und L5/S1 ohne Spinalkanalstenose sowie eine Spondylose und eine Arthrose im Bereich der Interfacettengelenke diagnostiziert. Die Nervenwurzeln der Segmente L4/5 schienen beidseits noch abgrenzbar. Der Oberarzt des Fachkrankenhauses für Orthopädie B Dr. W. hatte unter dem 29. Mai 1996 rezidivierende Lumboischialgien mit pseudoradikulärer Symptomatik beidseits bei nachgewiesenem Prolaps bei L4/5 diagnostiziert.
Die Beklagte zog weitere Befundberichte bei. Dr. G. diagnostizierte bei der Klägerin unter dem 28. August 1998 eine akute Lumbalgie mit beginnender Wurzelreizsymptomatik. In dem beigefügten Entlassungsbericht der Reha-Klinik A. in B S vom 21. April 1997 hatte Dr. H. ausgeführt, die Röntgenaufnahme der LWS vom 30. April 1996 zeige eine skoliotische Fehlhaltung mit Rechtskonvexität im Übergang der LWS zum Kreuzbein, eine leichte Linksskoliose im Übergang der Brustwirbelsäule (BWS) zur LWS, eine Hyperlordose (übermäßige Krümmung der Wirbelsäule nach vorn), spondylarthrotische Veränderungen der unteren Segmente sowie eine beginnende, leichtgradige Verschmälerung der Zwischenwirbelräume bei L5/S1, welche anlagebedingt sei. Die Röntgenaufnahmen der BWS vom 15. Juli 1997 zeigten eine beginnende Degeneration, die der Halswirbelsäule (HWS) eine leichte Spondylarthrose.
Die Beklagte zog einen weiteren Befundbericht von Dr. G. vom 4. April 1999 bei, der über eine seit dem 29. Februar 1999 bei der Klägerin bestehende akute Schmerzsymptomatik im Sinne einer akuten Lumbalgie mit Wurzelreizerscheinungen berichtete. Sie erhielt einen Befundbericht der Radiologen Dr. S. und Partner vom 22. Juli 1997, die darin ausführten, das Magnetresonanztomogramm (MRT) der LWS vom 22. Juli 1997 zeige einen mäßiggradigen mediolateralen chronischen Prolaps bei L4/5 mit Tangierung der angrenzenden Nervenwurzel L5 beidseits. Es lägen geringe diffuse Protrusionen bei L5/S1 und L3/4 vor. Eine Höhenminderung der Wirbelkörper bestehe nicht.
Die Beratungsärztin der Beklagten, Fachärztin für Orthopädie Dipl.-Med. A., nahm unter dem 15. September 1999 dahingehend Stellung, dass ein chronischrezidivierendes lumbales Lokal- und Pseudoradikulärsyndrom und eine Bandscheibenschädigung L 3 bis S 1 bei einer schweren psychosomatischen Fehlentwicklung mit Rentenbegehren vorlägen. Es bestehe keine Übereinstimmung der Exposition mit dem Schädigungsbild.
Unter dem 11. November 1999 empfahl der Gewerbearzt MR Dr. M., eine Berufskrankheit der Nr. 2108 abzulehnen. Bei dem Hohlrundrücken, der Seitverbiegung der Wirbelsäule, der Fehlstellung der Halswirbelsäule und der Formstörung des Übergangs von der LWS zum Kreuzbein mit 6 Lendenwirbeln handele es sich um ein anlagebedingtes Leiden. Bei solchen Veränderungen komme es häufig zu Bandscheibenvorfällen. Klinisch bestehe ein Cervicobrachialsyndrom (Schmerzen im HWS- und Schulterbereich) sowie ein Lumbalsyndrom (Schmerzen der LWS) mit zeitweiligen pseudoradikulären Beschwerden bei einem alten Bandscheibenvorfall L4/5.
Mit Bescheid vom 21. Juni 2000 lehnte es die Beklagte ab, die Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin als Berufskrankheit der Nr. 2108 anzuerkennen. Hiergegen erhob die Klägerin am 18. Juli 2000 Widerspruch.
Die Beklagte zog weitere ärztliche Unterlagen bei: In dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik D. H vom 15. Juni 2000 führten die Ärzte aus, das Röntgenbild der LWS vom 19. November 1999 zeige eine Linksskoliose mit Ergänzungswinkel nach Cobb von 10 Grad und geringer Torsion (Achsendrehung) bei L 2 und L 3. Die Intervertebralräume bei L3/4 und L4/5 seien niedrig ohne wesentliche Deformität. Bei L5/S1 liege eine spondylarthrotische Störung vor. Die Strukturen seien mäßig rarefiziert (verringerte Dichte). Das MRT der LWS vom 29. Dezember 1999 zeige eine leichte Osteochondrose (Knochen- und Knorpeldegeneration) in den Segmenten L3/4, L4/5 und L5/S1 mit jeweils flachen Bandscheibenprotrusionen, die bei L4/5 leichtgradig gegen den Duralsack drückten. Eine raumfordernde Bandscheibenprotrusion bzw. ein Prolaps seien nicht zu erkennen. Es bestehe keine spinale Enge, jedoch eine mäßige Spondylarthrose.
Auf Veranlassung der Beklagten berichtete der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Unfallkasse Sachsen-Anhalt zu den bandscheibenbelastenden Tätigkeiten als Gemeindeschwester im Zeitraum vom 15. Mai 1971 bis 31. März 1991, die Klägerin habe schwere Hebetätigkeiten am Patienten bei erschwerten Arbeitsverhältnissen wie tief gelegenen Betten zu verrichten gehabt. Hier seien extreme Rumpfbeugehaltungen und das Tragen von Lasten nicht eng am Körper erforderlich gewesen. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit der Nr. 2108 lägen vor.
Der TAD der Unfallkasse T führte zu den Tätigkeiten der Klägerin im Zeitraum vom 2. Februar 1966 bis 13. Oktober 1969 aus, aufgrund des sehr hohen Pflegekraft-Patientenverhältnisses ohne Hilfsmittel sei davon auszugehen, dass die Klägerin die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit Nr. 2108 erfüllt habe.
Die Beklagte beauftragte den Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik M. Prof. Dr. N. mit der Erstattung des Gutachtens vom 18. Juni 2001, der ausführte, das MRT vom 29. Dezember 1999 zeige einen mäßiggradigen Bandscheibenprolaps L4/5 mit Tangierung der angrenzenden Nervenwurzel L5 beidseits und eine geringe Bandscheibenprotrusion bei L5/S1 und L3/4 bei einer beginnenden Spinalkanalstenose L4/5. Die Röntgenaufnahme vom 7. Februar 2001 zeige eine geringgradige Verschmälerung des Zwischenwirbelraumes L5/S1, Knochenanbauten in L3 und eine Lumbalisation von S1 bei leichter Seitausbiegung der LWS und verstärkter Hyperlordose. Er diagnostizierte ein Pseudoradikulärsyndrom der LWS beidseits, links größer als rechts. Es handele sich um eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Berufskrankheit Nr. 2108. Die beruflichen Einwirkungen durch schweres Heben und Tragen über einen Zeitraum von 30 Jahren, teilweise unter Zwangshaltungen, seien wesentliche Ursache für die Entstehung der Erkrankung der LWS.
Die Beklagte beauftragte ferner den Chefarzt der Abteilung Orthopädie des Evangelischen W S Prof. Dr. N. mit der Erstattung des fachorthopädischen Gutachtens vom 25. Oktober 2001. Prof. Dr. N. diagnostizierte bei der Klägerin ein chronisches pseudoradikuläres Lumbalsyndrom bei deutlichen degenerativen Veränderungen der unteren zwei Bewegungssegmente mit Bandscheibenprotrusionen, Spondylarthrose und Osteochondrose, ein latentes Cervicalsyndrom bei altersvorauseilendem Verschleiß der BWS mit flachbogiger Seitverbiegung sowie anlagebedingt einen leichten Beckenschiefstand, eine Lumbalskoliose, eine dysplastische Anlage des Wirbelbogens des 5. Lendenwirbelkörpers bei stark rudimentärer Ausbildung des Dornfortsatzes, ein tief stehendes Sacrum ohne bewiesene Übergangsstörung im Sinne einer Lumbalisation S 1 und Nichtanlage der 12. Rippe. Es handele sich dabei nicht um eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS, sondern gehe auf die anlagebedingten Grundleiden zurück, welche rechtlich wesentliche Ursache seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2001 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück und verwies zur Begründung auf die Ausführungen von Prof. Dr. N ...
Mit der am 7. Januar 2002 vor dem Sozialgericht Halle erhobenen Klage hat die Klägerin die Anerkennung einer Berufskrankheit der Nr. 2108 weiterverfolgt.
Das Sozialgericht hat den Facharzt für Orthopädie Prof. Dr. R. mit der Erstattung des Gutachtens vom 2. Juli 2002 beauftragt und diesen auf Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 12. April 2005 für befangen erklärt. Die Klägerin hat dem Gericht den Befundbericht der Radiologen Dipl.-Med. H. und Mingramm vom 10. Mai 2004 vorgelegt. In Auswertung eines MRT der LWS vom 7. Mai 2004 haben diese ausgeführt, es bestünden leichte Ostechondrosen und Spondylosen L3/4 bis L5/S1 bei Nachweis eines zungenförmigen Diskusprolapses in Höhe L4/5 mit jeweils leicht bedrängenden Effekten auf L5 und den Duralsack sowie eine Bandscheibenprotrusion im Segment L5/S1 mit berührten Nerven S1 und L4.
Das Sozialgericht hat das fachorthopädische Gutachten des Chefarztes der Orthopädischen Abteilung des Klinikums M L Dr. S. vom 11. Dezember 2003 aus der Akte des Sozialgerichts Halle S beigezogen. Dieser hat bezogen auf die Wirbelsäule eine chronisch therapieresistente Lumboischialgie beidseits mit partieller Fibularisparese links bei fortgeschrittener Ostechondrose L5/S1 und Verdacht auf Bandscheibenvorfall L4/5 mit Funktionseinschränkung des Achsorgans sowie ein oberes und unteres Zervikalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der HWS mit Funktionseinschränkung diagnostiziert.
Das Sozialgericht hat denselben Arzt mit der Erstattung des fachorthopädischen Gutachtens nach Aktenlage vom 1. April 2005 beauftragt. Dr. S. hat ausgeführt, es liege eine sekundäre Bandscheibenschädigung als Folge anlagebedingter Veränderungen der Wirbelsäule in Form einer Schiefstellung des 5. Lendenwirbels mit nachfolgender Lumbalskoliose vor, die die Statik der Wirbelsäule erheblich verändert hätten. Es seien einzelne Abschnitte der HWS, BWS und LWS nahezu gleich betroffen. Es fänden sich degenerative Veränderungen in allen Bereichen der Wirbelsäule, wobei lediglich im Segment L4/5 computertomographisch ein Bandscheibenvorfall nachgewiesen sei. Die LWS sei nahezu in allen Segmenten gleich betroffen, lediglich das Segment L5/S1 sei etwas stärker verschmälert. Die Veränderungen seien durch die anlagebedingte Fehlform der unteren LWS begründet. Es sei davon auszugehen, dass ein beruflicher Einsatz in einem körperlich leichten Beruf ohne Hebe- und Trageleistungen zu gleichen Veränderungen hätte führen können. Die medizinischen Voraussetzungen einer Berufskrankheit der Wirbelsäule der Nr. 2108 lägen nicht vor.
Die Klägerin hat dem Gericht den Befundbericht von Dipl.-Med. H. und Mingramm vom 22. Juni 2005 über die Auswertung eines MRT vom 21. Juni 2005 überlassen.
Mit Urteil vom 25. August 2005 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, selbst wenn man davon ausginge, dass bei der Klägerin eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vorläge, könne die rechtlich wesentliche Ursachenbeziehung zu der beruflichen Tätigkeit nicht hergestellt werden. Das Schadensbild an der LWS der Klägerin entspreche nicht dem, welches nach den medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen zu erwarten sei, wenn langwierige schwere Trage- und Hebelasten wesentlichen Einfluss auf den natürlichen Verschleißprozess der Wirbelsäule nähmen. Bei der Tragebelastung sei die untere LWS höherem Druck ausgesetzt, welcher auch auf die Bandscheiben wirke und zu einem erhöhten Verschleiß durch vermehrte Sklerosierung der Deck- und Abschlussplatten der Wirbelkörper und Verschmälerung des Zwischenwirbelraumes ab dem dritten Segment der LWS führe. Zugleich sei belastungstypisch, dass der obere Bereich der LWS auf die dort stärker einwirkenden Schub- und Scherkräfte mit spondylotischen Randzacken reagiere. Ein solches Schadensbild liege nicht vor. Die Erkrankung der Klägerin lasse sich durch anlagebedingte Leiden wie einen leichten Beckenschiefstand, eine leichte linkskonvexe Lumbalskoliose, eine dysplastische Anlage des Wirbelbogens L5 bei stark rudimentärer Ausbildung des Dornfortsatzes und ein tiefstehendes Sacrum, ferner einer Nichtanlage der 12. Rippe erklären. Diese anlagebedingten Anomalien, welche die Statik der Wirbelsäule erheblich verändert hätten, hätten auch ohne äußere Einflüsse die schicksalhaften Veränderungen der Bandscheiben zur selben Zeit hervorgerufen.
Gegen das am 22. September 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. September 2005 bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Sie verweist auf die Ausführungen von Prof. Dr. N. und meint, ihre Wirbelsäulenveränderungen seien Folge der jahrelangen beruflich bedingten Belastungen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 25. August 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Juni 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2001 aufzuheben und festzustellen, dass ihre Lendenwirbelsäulenerkrankung mit Wirkung vom 2. September 1996 eine Berufskrankheit der Nr. 2108 der Berufskrankheiten-Verordnung ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Zur Begründung beruft sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Auf Antrag der Klägerin hat das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt den Facharzt für Orthopädie PD Dr. P. nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Erstattung des Gutachtens vom 22.07.2008 nach Untersuchung der Klägerin am 6. Mai 2008 beauftragt, der bei der Klägerin ein chronisches Lumbalsyndrom bei lumbo-sakraler Übergangsstörung L5/S1 mit Schiefstellung des 5. Lendenwirbelkörpers und resultierenden degenerativen Veränderungen der kaudalen Bewegungssegmente diagnostiziert hat. Die Röntgenbilder der LWS vom 30. April 1996 zeigten normal weite Wirbelkörperzwischenräume ohne Anhalt für eine Spondylolisthesis. Der Wirbelbogen des kaudalen Lendenwirbelkörpers scheine dysplastisch. Die Facettengelenke zum kranial gelegenen Wirbelkörper zeigten eine Gelenkspaltverschmälerung und subchondrale Sklerosierungen als Zeichen einer Facettenarthrose. Der Wirbelkörper als Ganzes weise eine nach links abkippende Schiefstellung auf. Der Gesamteindruck spreche für eine Übergangsstörung des kaudalen lumbalen Wirbelkörpers zum Sakrum. Die Röntgenaufnahmen der LWS vom 19. November 1999 zeigten keine Veränderungen zu den Aufnahmen aus 1996. Die lumbosakrale Übergangsstörung betreffe den Lendenwirbelkörper 5. Die Halswirbelsäule werde im Röntgenbild mit normalen weiteren Wirbelkörperzwischenräumen mit diskreten Randkantenausziehungen im Segment C5/6 und C6/7 mit Zunahme der Sklerosierung als Zeichen mäßiggradiger Degeneration abgebildet. Die Röntgenbilder der LWS vom 7. Februar 2002 ließen im Vergleich zu den Voraufnahmen des Jahres 1999 keine relevante Zunahme der Degeneration erkennen. Die Röntgenaufnahmen der LWS vom 21. Juni 2005 bildeten eine Schiefstellung des Lendenwirbelkörpers 5 infolge lumbosakraler Übergangsstörung L5/S1 sowie eine Facettenarthrose L4/5 ab. Dies spreche ebenso wie die Wirbelbogendysplasie und die Schiefstellung für eine Fehlanlage des 5. Lendenwirbelkörpers. In dem MRT der LWS vom 22. Juli 1997 sei in den Segmenten L3/4, L4/5 eine diskrete und in dem Segment L5/S1 eine ausgeprägte Vorwölbung ohne relevante Kompression der Nervenwurzeln oder Verdrängung des Duralsackes zu erkennen. Das MRT der LWS vom 29. Dezember 1999 zeige die bereits bekannten Protrusionen. Im Segment L5/S1 werde eine deutliche Facettenhypertrophie mit teilweise nicht einsehbarem Facettenspalt bei hierdurch bedingtem engen Spinalkanal abgebildet. Die Klägerin leide unter einer anlagebedingten Übergangsstörung des letzten Lendenwirbelkörpers zum ersten Kreuzbeinwirbel. Ein klinisch bedeutender Bandscheibenvorfall liege hingegen nicht vor. Dieser setzte neben dem Nachweis des Vorfalls noch eine Wurzelreizsymptomatik voraus. Dies sei aber nicht der Fall. Folge der anlagebedingten lumbosakralen Übergangsstörung L5/S1 mit Schiefstellung des 5. Lendenwirbelkörpers und resultierenden degenerativen Veränderungen der kaudalen Bewegungssegmente sei eine kompensatorisch skoliotische Wirbelsäulenfehlstellung und eine sekundäre Degeneration der Bandscheibe des Segmentes L5/S1, geringer ausgeprägt auch der Segmente L3/4 und L4/5. Es handle sich daher nicht um eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS. Die festgestellten Gesundheitsstörungen gingen auch nicht über das altersentsprechende Maß hinaus.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten mit dem Aktenzeichen vorgelegen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senates waren.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Die als kombiniertes Anfechtungs- und Feststellungsbegehren erhobene Klage ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2001 ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Veränderungen der LWS der Klägerin als Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO anzuerkennen.
Anzuwenden sind hier noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), denn der dem Anspruch der Klägerin zu Grunde liegende Versicherungsfall, zu dem auch das Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit gehört, ist vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten (siehe Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I 1996, 1254 ff., § 212 SGB VII). Die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit setzt nicht die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses voraus, sondern kann dann gegeben sein, wenn die Versicherte durch eine auf unbestimmte Zeit eingetretene Arbeitsunfähigkeit dauerhaft an der Ausübung der gefährdenden Tätigkeit gehindert wird. Dies war vorliegend am 2. September 1996 der Fall, als die Klägerin auf unbestimmte Zeit wegen Beschwerden der LWS arbeitsunfähig erkrankt war und ihre Tätigkeit als Krankenschwester nicht wieder aufgenommen hat.
Gemäß § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO sind Berufskrankheiten die Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (§§ 559, 540 bis 545 RVO) erleidet. Die näheren Einzelheiten zum Erlass der BKVO regelt § 551 Abs. 1 Satz 3 RVO. Voraussetzung der Anerkennung der hier strittigen Berufskrankheit Nr. 2108 ist das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Es fehlt hier an der Voraussetzung von Berufskrankheiten nach § 551 Abs. 1 S. 2 RVO, wonach ein Versicherter die Krankheit bei einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleiden muss. Dabei geht es nicht um die Frage, ob die von der Klägerin geschilderten und von der Beklagten ermittelten Belastungen während der versicherten Tätigkeit als Krankenschwester zur Verursachung eines Bandscheibenschadens geeignet waren; dies kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden und offen bleiben. Die bei der Klägerin vorliegenden Krankheitsbilder im Bereich der LWS können aber in ihrem Fall nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf diese beruflichen Belastungen zurückgeführt werden, weil eine höhere Wahrscheinlichkeit für ihre Verursachung durch anlagebedingte Umstände spricht. Maßgeblich ist für den Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen und dem Gesundheitsschaden eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, bei der mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Dabei ist nur die Bedingung rechtlich erheblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Eintritt des geltend gemachten Gesundheitsschadens "wesentlich" beigetragen hat (Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr. 4, 15 m.w.N.). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - a.a.O.).
Das Gericht folgt im Ergebnis den Sachverständigen Prof. Dr. N., Dr. S. und PD Dr. P., bei der Klägerin liege ein Schadensbild vor, welches nicht durch berufliche Einwirkungen, sondern durch ein anlagebedingtes Leiden wesentlich verursacht ist. Maßgeblich für die Einschätzung sind dabei nach herrschender medizinischer Auffassung die Konsensempfehlungen einer interdisziplinären Arbeitsgruppe aus dem Jahre 2005 (siehe BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 13/05 R - zitiert nach juris), die zur Beurteilung derartiger Erkrankungen Kriterien herausgearbeitet hat (hier zitiert nach Trauma und Berufskrankheit 2005, S. 211 ff.). Ob vorliegend eine bandscheibenbedingte Erkrankung als Grundvoraussetzung für einen Ursachenzusammenhang im Sinne der Nr. 2108 nachgewiesen ist (vgl. Konsensempfehlungen, S. 216), kann der Senat offen lassen und zugunsten der Klägerin unterstellen. Denn auch beim Vorliegen einer solchen Erkrankung wäre ein Ursachenzusammenhang zur beruflichen Tätigkeit nach den Fallkonstellationen der Konsensempfehlungen nicht wahrscheinlich.
Bei der Klägerin sind mindestens die unteren Segmente der LWS von L4/5 sowie der Übergang von L5 zum Sakralwirbel S1 von Veränderungen betroffen. Dies haben die Gutachter Prof. Dr. N., Prof. Dr. N., Dr. S. und PD Dr. P. übereinstimmend festgestellt. In diesem Falle kämen die Fallkonstellationen der Sammelgruppe "B", "D" und "E" der Konsensempfehlungen zur Beurteilung des Ursachenzusammenhangs in Betracht (Konsensempfehlungen, S. 217 f.). Ein Ursachenzusammenhang zur beruflichen Tätigkeit ist nach allen Varianten (B 1 bis B 10, D1, D2, E 1 und E 2) nur dann wahrscheinlich, wenn keine wesentlichen konkurrierenden Ursachenfaktoren vorliegen (vgl. Konsensempfehlungen, S. 217 f.). Bei der Klägerin liegt aber eine wesentliche konkurrierende Ursache vor. Der Sachverständige Dr. S. hat bei der Klägerin eine anlagebedingte Schiefstellung des 5. Lendenwirbels mit einer Lumbalskoliose erkannt. PD Dr. P. hat diesen Befund als dysplastischen Wirbelbogen L5 mit einer nach links abkippenden Schiefstellung beschrieben. Dabei handelt es sich nach den überzeugenden Ausführungen von PD Dr. P. um eine anlagebedingte Übergangsstörung von L5 zu S1, die nicht auf die beruflichen Tätigkeiten der Klägerin ursächlich zurück zu führen ist. Folge dieser Übergangsstörung sind die degenerativen Veränderungen der angrenzenden Bandscheibe L4/L5. So muss bei Segmentationsstörungen zwischen L5 und S1 die übergelagerte Bandscheibe Bewegungsstörungen im fehlangelegten Segment kompensieren. Die benachbarte freie Bandscheibe ist degenerativen Veränderungen ausgesetzt, die auf die Fehlanlage ursächlich zurückgehen. Bei einer wie im vorliegenden Fall bestehenden asymmetrischen Übergangsstörung L5/S1 - eine Schiefstellung L5 nach links - ist ein Bandscheibenschaden im ersten freien Segment in der Regel hierauf ursächlich zurückzuführen und eine berufliche Einwirkung als Ursache nicht wahrscheinlich (siehe Konsensempfehlungen, S. 232).
Auch die oberhalb des ersten freien Segments nach der Übergangsstörung festgestellte Protrusion bei L3/4 erfüllt nicht die Voraussetzungen der Sammelgruppe "C" der Fallkonstellationen (siehe Konsensempfehlungen, S. 218). Voraussetzung dieser Sammelgruppe ist ein Bandscheibenvorfall oder eine Chondrose II. Grades. Beides liegt aber hier bei der Klägerin nicht vor. PD Dr. P. hat die Wirbelkörperzwischenräume anhand der Röntgenbilder vom 30. April 1996 und 19. November 1999 als "normal weit" beurteilt. Ein Bandscheibenvorfall bei L3/L4 ist von keinem Radiologen oder Gutachter beschrieben.
Nach alledem ist es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Veränderungen der LWS der Klägerin ursächlich auf die beruflichen Tätigkeiten der Klägerin zurückzuführen sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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