Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 8 U 111/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 45/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist im Berufungsverfahren noch, welche Gesundheitsstörungen ein Arbeitsunfall bei dem Kläger verursacht hat.
Der 1957 geborene Kläger erlitt am 11. Februar 2003 um 9.30 Uhr bei versicherter Tätigkeit einen Unfall, als bei Reparaturarbeiten an einem Zaun die Ummantelung des Spanndrahtes riss und er mit der Rückseite der linken Schulter gegen einen Baum prallte. Bei seiner Untersuchung am 12. Februar 2003 fand der Chirurg und D-Arzt Dr. H. einen diffusen Druckschmerz im Bereich der linken Schulter ohne neurologische Ausfälle. Die Innenrotation und die Abduktion/Elevation (Abspreizen/Heben) zwischen 90 und 130° waren nur unter starken Schmerzen ausführbar. Die radiologische Untersuchung ergab keine knöchernen Verletzungen im linken Schulterbereich. Sonographisch sei ein geringer Gelenkerguss sowie eine Bursitis subacromialis (Schleimbeutelentzündung unter dem Schulterdach) zu erkennen; die Supraspinatussehne (Sehne des Obergrätenmuskels) erscheine unauffällig. Als Diagnose hielt Dr. H. eine Schulterkontusion links mit beginnendem Impingement-Syndrom (Engpasssyndrom) fest.
Bei seiner Nachschau am 3. März 2003 dokumentierte Dr. H. gleichbleibende Beschwerden, stellte deshalb weiterhin bis zum 12. März 2003 Arbeitsunfähigkeit fest und veranlasste für den 6. März 2003 ein Magnetresonanztomogramm (MRT) der linken Schulter. Bei diesem zeigte sich nach der Auswertung der Fachärztin für Radiologie Dr. G. ein Einriss der Supraspinatussehne im Ansatzbereich des Tuberculum majus (großer Knochenhöcker am Oberarmkopf), ein diskretes bone bruise (Knochenmarködem) in der Hill-Sachs-Region (im Oberarmkopfbereich) und eine diskrete Hämatombildung unterhalb der Subscapularissehne (Sehne des Unterschulterblattmuskels). Diese Sehne sowie die Infraspinatussehne (Sehne des Untergrätenmuskels) und die Bizepssehne seien intakt. Ein Anhalt für eine Bankart-Läsion (knöcherne Absprengung am unteren Schulterpfannenrand) bestehe nicht. Der subacromiale Fettgewebsraum sei allenfalls initial eingeengt und der Humeruskopf (Oberarmknochenkopf) glatt begrenzt ohne subchondrale Erosionen. Nach Anwendung von durch Dr. H. verordneten Ultraschall-, Krankengymnastik- und Reizstrombehandlungen konnte eine Beschwerde- und Beweglichkeitsbesserung erreicht werden, so dass Dr. H. für den 7. Mai 2003 Arbeitsfähigkeit attestierte. Mit auf dem Postweg übersandten Bescheid vom 28. Mai 2003 erkannte die Beklagte den Unfall mit einer folgenlos ausgeheilten Prellung des linken Schultergelenkes und unfallbedingter Behandlungsbedürftigkeit bis zum 6. März 2003 als Arbeitsunfall an. Keine Unfallfolgen seien der Einriss der Supraspinatussehne und das Impingementsyndrom. Das abgelaufene Unfallereignis sei nicht geeignet gewesen, einen Riss der Rotatorenmanschette (Drehmuskelmanschette, zu der u.a. die Sehne des Supraspinatusmuskels gehört) zu verursachen. Allenfalls wenn ein Schultergelenk auch knöchern geschädigt werde, könne es zu ihrer Mitverletzung kommen. Knöcherne Schädigungen im Schulterbereich seien vorliegend jedoch ausgeschlossen worden. Leistungen über den 7. März 2003 hinaus seien daher nicht zu erbringen.
Die Beklagte erreichte der Operationsbericht über die von Dr. K. am 16. Juni 2003 durchgeführte Arthroskopie der linken Schulter sowie der Arztbrief über die vom 12. bis zum 13. und 15. bis zum 20. Juni 2003 in der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der P-G-Stiftung W. erfolgte stationäre Behandlung des Klägers vom 25. August 2003. Danach habe eine vor der Operation gefertigte Röntgenaufnahme der linken Schulter einen kleinen Acromionsporn (Knochenausziehung am Schulterdach) ergeben. Intraoperativ fand Dr. K. neben einem 2,5 cm großen Riss der Supraspinatussehne am humeralen Ansatz einen Abriss des Bizepssehnenankers im Sinne einer SLAP-II-Läsion mit Betroffenheit des ventro-cranialen Labrums (Ablösung der Bizepssehne von der oberen Schulterpfannenrandlippe). Die zur histologischen Untersuchung aus der Supraspinatussehne entnommenen Gewebeteile wiesen nach der Auswertung des Pathologen Dr. K. vom 20. Juni 2003 mehrere Einrisse auf, deren Ränder stellenweise mit Fibrinabscheidungen bedeckt seien. Dr. K. ordnete den Befund als traumatische Rotatorenmanschettenruptur ein.
Den gegen ihren Bescheid am 30. Juni 2003 erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte unter Vertiefung ihrer Ausführungen mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2003 als unbegründet zurück.
Am 10. Oktober 2003 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Dessau Klage erhoben. Auf Anforderung des SG hat der Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie H den Befundbericht vom 17. Dezember 2003 übersandt und hierin u.a. eine ab dem 1. November 2003 wieder erreichte Arbeitsfähigkeit des Klägers angegeben.
Zur Feststellung und Bewertung der Unfallfolgen hat das SG den Chefarzt der Klinik für Unfall- und Handchirurgie des Städtischen Klinikums D. Dr. Z. nach klinischer und radiologischer Untersuchung am 26. Mai 2004 das Gutachten vom 4. Juni 2004 erstellen lassen. Dieser hat einen Schultergeradstand mit geraden Armachsen, regelrechte Muskel- und Gelenkkonturen, einen unauffälligen neurologischen Status sowie eine im Wesentlichen uneingeschränkte Beweglichkeit der oberen Extremitäten festgehalten. Radiologisch seien regelrechte Achsverhältnisse und Artikulationen der Oberarmköpfe in den Schultergelenkpfannen beidseitig und ein jeweils normaler Kalksalzgehalt zu erkennen. Hinweise auf frische oder ältere knöcherne Verletzungen bestünden nicht. Den Supraspinatustunnelaufnahmen beidseitig seien keine Anhaltspunkte für einen Acromionsporn oder wesentliche degenerative Veränderungen der Schultereckgelenke zu entnehmen. Rechts liege ein Acromion Typ II nach Bigliani und links ein gerades Acromion Typ I vor, wobei dieses Folge der (operativ durchgeführten) subacromialen Dekompression sei. Im Ergebnis hat Dr. Z. eingeschätzt, dass der Unfall zu einer Zusammenhangtrennung der Supraspinatussehne und einer Ablösung der Gelenklippe geführt habe. Relevante Vorschäden im Bereich der linken Schulter lägen nicht vor. Insbesondere sei ein Oberarmkopfhochstand, der eine seit längerer Zeit bestehende Sehnenveränderung bzw. Ruptur plausibel machen könne, sonographisch und radiologisch auszuschließen. Den im MRT beschriebenen leichten degenerativen Veränderungen, die eine leichte Einengung des Subacromialraumes bewirkt hätten, komme im Verhältnis zum Unfallereignis jedenfalls nur eine weit untergeordnete Bedeutung zu. Dieses sei auch geeignet gewesen, die betroffenen Sehnenstrukturen zu schädigen. So seien als Beleg einer stärkeren Anprallverletzung der im MRT festgestellte Bluterguss dorsal der Scapula, also unterhalb der Rotatorenmanschette, sowie das bone bruise dorsal des Oberarmkopfes anzuführen. Das bone bruise in der Hill-Sachs-Region und die arthroskopisch gesicherte Schädigung des Labrums wiesen auf eine direkte Betroffenheit der Rückseite des Oberarmkopfes mit einer nach vorn gerichteten Subluxation des Schultergelenkes hin. Auch der histologische Befund bestätige eine frische traumatische Ruptur und schließe degenerative Sehnenveränderungen aus. Für die Wesentlichkeit des Unfallgeschehens sprächen schließlich der sofortige Schmerzbeginn und die umgehende ärztliche Konsultation.
Die Beklagte hat hierzu die von ihr veranlassten Stellungnahmen der Orthopäden Dres. B. und S (Institut für Medizinische Begutachtung K) vom 24. August 2004 sowie des Radiologen Prof. Dr. T. (Institut für Magnet-Resonanz-Diagnostik B) vom 8. November 2004 vorgelegt und sich deren Ausführungen zu eigen gemacht. Laut den Dres. B. und Schröter spreche gegen die Annahme einer frischen Luxation bzw. Subluxation, dass nach dem D-Arzt-Befund kein droparm-sign (Unfähigkeit, den Arm in der Horizontalen zu halten) bestanden habe. Sowohl den Beschreibungen im Operationsbericht als auch denjenigen des feingeweblichen Befundes sei nicht genau zu entnehmen, ob es sich um unfallbedingte oder degenerative Veränderungen gehandelt habe. Vorbehaltlich des Ergebnisses einer Nachbefundung des MRT könne dem Unfallereignis hinsichtlich des später festgestellten Körperschadens der linken Schulter die Bedeutung einer rechtlich wesentlichen Bedingung zukommen. Nach Prof. Dr. T. sei angesichts der geringen Schichtdicke und unzureichenden Kontraste der MRT-Aufnahmen vom 6. März 2003 die Diagnose der von Dr. G. erwähnten Krankheitszustände nicht möglich. Der kleine Defekt der Supraspinatussehne sei jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit chronisch-degenerativer Natur und könne nicht durch eine Prellung verursacht werden. Der Erguss in der bursa subacromialis sei mit einem Reizzustand vereinbar. Hinweise auf ein Knochenmarködem fänden sich ebenso wenig wie eine Bizepssehnenverletzung am Labrum glenoidale.
Nach nochmaliger Untersuchung des Klägers am 10. Februar 2005 hat Dr. Z. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13. März 2005 seine Einschätzung verteidigt und den vorgebrachten Einwänden u.a. den vollständigen Erfolg der operativen Therapie entgegen gehalten. Auch der nochmalige klinische Untersuchungsbefund sei unauffällig gewesen. Ein solches Ergebnis sei unter der Annahme erheblicher degenerativer Veränderungen des Schultergelenkes, die zu einer spontanen Sehnenzerreißung und Ablösung der Gelenklippe geführt hätten, nicht zu erklären.
Mit Urteil vom 15. Februar 2006 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2003 abgeändert und die Beklagte verurteilt, eine Zusammenhangtrennung der Supraspinatussehne und Ablösung der Gelenklippe der linken Schulter als Folgen des Unfalls vom 11. Februar 2003 anzuerkennen und insoweit Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen. Zur Begründung hat es sich auf die Darlegungen von Dr. Z. bezogen, die überzeugten.
Gegen das ihr am 1. März 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28. März 2006 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und vorgetragen, dass die Argumente der Dres. B., S und Prof. T. nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Überdies werde ihre Ansicht durch weitere im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten gestützt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 15. Februar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er schließt sich dem Urteil des SG an und hat die Klage im Hinblick auf die Erbringung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zurückgenommen.
Auf Anforderung des Senats haben die Krankenkassen des Klägers Vorerkrankungsverzeichnisse übersandt, aus denen außer einem unter dem 9. November 1995 verzeichneten Schulter-Arm-Syndrom vor dem Arbeitsunfall keine Behandlungen wegen Schulterbeschwerden hervorgehen. Die Fachärzte für Allgemeinmedizin Dres. J. haben im Befundbericht vom 9. März 2007 ergänzend zu ihrer Mitteilung vom 13. Februar 2007 angegeben, dass der Kläger seit 1975 ihr Patient sei, eine Behandlung wegen einer Schultererkrankung aber erst nach dem Arbeitsunfall erfolgt sei.
Ferner hat der Senat die Sozialversicherungsausweise des Klägers beigezogen, in denen für die Zeit vom 20. November bis zum 9. Dezember 1974 eine Arbeitsunfähigkeit wegen eines Schlüsselbeinbruchs (ICD 8 Diagnosenummer N 810) vermerkt ist.
Nachfolgend hat der Senat von dem Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. C. (Medizinisches Gutachteninstitut D) das Gutachten vom 13. März 2008 nebst ergänzender Stellungnahme vom 27. Juni 2008 eingeholt. Im Rahmen seiner ambulanten Untersuchung des Klägers am 5. März 2008 hat Dr. C. seitengleich frei bewegliche und altersentsprechend bemuskelte obere Extremitäten gefunden. Sowohl der Rotatorenmanschetten- als auch der Bizepssehnentest seien negativ. Im Ergebnis hat der Sachverständige die Ansicht vertreten, dass der Unfall die Supraspinatussehnenruptur und die SLAP-II-Läsion mit Wahrscheinlichkeit verursacht habe. Für diese Wertung spreche zunächst das am Folgetag festgestellte schmerzhafte Funktionsdefizit. Insbesondere bei kleineren Rotatorenmanschettenschädigungen bedürfe es nicht zwingend eines Fallarmes. Auch die histologisch gesicherten Fibrinablagerungen als Ausdruck der reparativen Vorgänge sowie die völlige Wiederherstellung des Schultergelenkes seien Indizien einer unfallbedingten Verursachung. Unfallunabhängig bestünden beim Kläger eine nicht aktivierte Schultereckgelenkarthrose links sowie ein subacromialer Traktionssporn links, die in Relation zum Unfallereignis völlig in den Hintergrund träten. Prof. Dr. T. sei zu entgegnen, dass radiologisch schon keine Unterscheidung zwischen chronisch-degenerativer und unfallbedingter Supraspinatussehnenruptur möglich sei, bei eigener Durchsicht der MRT-Aufnahmen am Vorliegen eines bone bruise in der Hill-Sachs-Region jedoch kein Zweifel bestehe.
Weiterhin hat der Senat den Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. S. (Institut für Medizinische Begutachtung M.) nach Aktenlage mit der Erstattung des Gutachtens vom 12. März 2009 beauftragt. Dieser ist zu der Einschätzung gelangt, im Wesentlichen sei von einer anlagebedingten Ursache der Gesundheitsschäden am linken Schultergelenk des Klägers auszugehen und hat im Ergebnis eine nochmalige histologische sowie bildgebende Nachbegutachtung angeregt. Ein MRT-Befund sei grundsätzlich ursachenunspezifisch. Allerdings seien in ihm keine Zeichen einer Lockerung, Dehnung oder Verletzung der Schultergelenkkapsel wiedergegeben, wie sie bei einer Luxation oder Subluxation aufzutreten pflegten. Bei eigener Durchsicht der MRT-Bilder könne er ein bone bruise im Bereich des Oberarmkopfes allenfalls schwach, aber nicht sicher nachvollziehen. Ein bone bruise am Oberarmkopf beweise auch keine Nahezuverrenkung der Schulter, da es auch mit einer Schulterprellung vereinbar sei. Einen Einriss der Supraspinatussehne und eine Hämatombildung an der Rückseite des Schulterblattes könne er nicht erkennen. Der von Dr. H. beschriebene so genannte schmerzhafte Bogen sei als Zeichen des Engpasssyndroms zu deuten. Bei den im Operationsbericht mitgeteilten Rissen des Bizepssehnenankers und der Supraspinatussehne müsse es sich nicht zwingend um verletzungsbedingte Schadensbilder handeln, zumal angesichts der beim Kläger beschriebenen bandartigen Formvariante der Gelenklippe im Sinne eines Bufort-Komplexes. Auch der feingewebliche Befund sei wenig aussagekräftig. Der mitgeteilte Unfallhergang gehe auch nicht zwangsläufig mit einer Beteiligung des Oberarmkopfes einher. Er führe vielmehr zu einer Relativbewegung des Schulterblattes und damit des gesamten am Brustkorb elastisch aufgehängten Schultergürtels nach vorne, nicht aber zu einer Zugwirkung des Armes in axiale Richtung. Die von Dr. Z. als Hinweis auf eine Subluxation angeführte Kombination des bone bruise in der Hill-Sachs-Region mit der Schädigung am Labrum sei jedoch nicht von der Hand zu weisen.
Daraufhin hat der Senat den Direktor der Universitäts- und Poliklinik für Diagnostische Radiologie H.-W. Prof. Dr. S. nochmals die MRT-Aufnahmen vom 6. März 2003 auswerten lassen. In seinem hierzu verfassten Gutachten vom 20. November 2009 hat dieser als Befund eine regelrechte Artikulation im Schultergelenk ohne Zeichen knöcherner Verletzungen, eine regelrechte Darstellung der Gelenkpfanne einschließlich der Pfannenrandlippe ohne Anhalt für einen Einriss beschrieben. Ein Erguss sei im Schultergelenk nicht zu erkennen. Etwa 1 cm vor dem Ansatz am Tuberculum majus sei eine zentrale Struktur zu sehen, bei der es sich wahrscheinlich um eine Verkalkung handele. Daneben sei am Ansatzbereich der Supraspinatussehne ein Defekt im Sinne einer partiellen Ruptur sichtbar. Ein frischer Hämarthros oder ein posttraumatisches Ödem seien nicht nachweisbar. Nur diskret finde sich Flüssigkeit in der Bursa subacromialis. Insgesamt spreche die genannte Verkalkung in Verbindung mit dem angedeutet zu erkennenden knöchernen Sporn am Vorderrand des Acromions sowie der fehlende sichere Anhalt einer akuten Verletzung dafür, dass der Riss der Supraspinatussehne die Folge degenerativer Veränderungen sei. Die Belastung beim Spannen des Drahtes könne möglicherweise als ihr Auslöser angesehen werden. Als wahrscheinlichste Ursache der seit dem Unfall bestehenden schmerzhaften Funktionseinschränkung sei die Ruptur im Sinne einer unfallbedingten Verschlimmerung der degenerativen Veränderungen anzusehen.
Schließlich hat der Senat nach Beiziehung des intraoperativ aus der linken Schulter entnommenen Gewebematerials den Direktor des Instituts für Pathologie des Universitätsklinikums M. Prof. Dr. R. mit dessen Nachbefundung beauftragt. Dieser hat in seinem dazu gefertigten Gutachten vom 19. März 2010 dargelegt, dass keine stärkeren degenerativen Veränderungen nachweisbar seien und sich auch kein Hinweis auf einen infektiösen bzw. tumorösen Prozess finde. Für ein relativ kurz zurückliegendes Trauma sprächen die Fibrinauflagerungen sowie die akut-rezidivierende entzündliche Reaktion. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2003 beschwert den Kläger deshalb im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil er Anspruch auf die Feststellung der streitigen Gesundheitsstörungen als Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. Februar 2003 hat. Über die während der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeitzeiträume vom 11. Februar bis zum 6. Mai 2003 sowie vom 12. Juni bis zum 31. Oktober 2003 zu erbringenden Leistungen hat die Beklagte unter Berücksichtigung bereits erbrachter Leistungen nach § 19 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch von Amts wegen zu entscheiden.
Nachgewiesene Gesundheitsstörungen sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn zwischen dem Unfallereignis und ihnen entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden ein Ursachenzusammenhang im Sinne von § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) besteht. Dabei gilt der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditiosine-quanon) kausal ist, voraus, dass das versicherte Geschehen nicht nur irgendeine Bedingung in der Kette der Faktoren für die Entstehung des Gesundheitsschadens, sondern die wesentliche Ursache war (vgl. KassKomm-Ricke, Stand Januar 2010, § 8 SGB VII Rn. 4 und 15, m.w.N.). "Wesentlich" ist hierbei nicht gleichbedeutend mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keinen überwiegenden Einfluss hat (haben). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden/Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind insbesondere die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden Ursachen, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, der zeitliche Verlauf, die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm (siehe Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Ausgehend hiervon liegt eine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass zwischen dem vorliegenden Arbeitsunfall und dem jeweils arthroskopisch gesicherten Einriss der Supraspinatussehne bzw. der Ablösung der Bizepssehne von der oberen Schulterpfannenrandlippe ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang besteht. Denn es sprechen mehr Tatsachen für als gegen diese Beziehung.
Unterstützt wird sie zunächst dadurch, dass eine Ungeeignetheit des Unfallhergangs zur Verursachung einer Verletzung der genannten Sehnenstrukturen entgegen der Einschätzung von Dr. S. gerade nicht feststeht. Zwar wird für eine isolierte Supraspinatussehnenverletzung ein bestimmter Ablauf gefordert (siehe Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Abschn. 8.2.5.2, S. 412 f.). Wegen der Mitschädigung des Bizepssehnenankers geht es hier jedoch schon nicht um eine isolierte Verletzung der Supraspinatussehne. Überdies ist bei der Bewertung, ob ein bestimmter Hergang geeignet ist, die Rotatorenmanschette zu schädigen, maßgeblich darauf abzustellen, welcher konkrete Teil von ihr in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Entscheidend ist, ob die jeweils betroffene Sehne der Rotatorenmanschette aktiv und/oder passiv am angeschuldigten Unfallmechanismus beteiligt war, wobei als gefährdend Belastungen gelten, die überfallartig eine Dehnungsbelastung der angespannten Sehne bewirken (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.; Ludolph in: ders./Schürmann/Gaidzik, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, Stand Oktober 2009, VI-1.2.3, S. 12). Bezogen auf die vorliegend lädierte Supraspinatussehne, die die Gelenksicherung bei der – im Wesentlichen durch den Deltamuskel – bewirkten Seitwärtshebung des Armes gewährleistet (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5, S. 409; Ludolph, a.a.O., 13), kann z.B. eine abrupte, gewaltsame passive Bewegung des Armes körperwärts ein entsprechendes Gefährdungspotential bergen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.2, S. 412). Bei der langen körpernahen Bizepssehne, die ebenfalls an der Seitwärtshebung des Armes beteiligt ist, wird etwa einer reflektorischen Kontraktur des muskulär fixierten Gelenkes infolge überfallartiger passiver Bewegung ein erhöhtes Rupturrisiko zugemessen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., 8.2.4.3.3, S. 403 ff.). Übertragen auf den vorliegenden Unfallhergang erscheint hinsichtlich des Anpralls mit der rückseitigen Schulter an den Baum bei zuvor erfolgter Spannung des Drahtes für den Augenblick seiner Zerreißung eine überfallartige passive Krafteinwirkung auf das muskulär fixierte Gelenk durchaus plausibel. Eine entsprechende körperwärts gerichtete Zugbewegung lässt sich jedenfalls nicht als völlig fernliegend ausschließen, so dass ein von vornherein ungeeigneter Geschehensablauf nicht angenommen werden kann. Auch der Umstand, dass mit den verletzten Sehnen gerade Strukturen betroffen sind, die eine im Wesentlichen gleiche biomechanische Funktion erfüllen, spricht gegen eine solche Annahme (vgl. zu diesem Argument Ludolph, a.a.O., 16). Der Senat folgt deshalb den Bewertungen der Dres. Z. und Cyffka, die den Unfallhergang im Verhältnis zu einer etwaigen Schadensanlage ausdrücklich als völlig überwiegend angesehen und seine Geeignetheit ausdrücklich bestätigt haben. Entsprechendes haben letztlich auch die Dres. B. und S eingeräumt.
Daneben wird eine wesentliche kausale Verknüpfung zwischen dem Unfall und den Defekten der Supraspinatus- und Bizepssehne auch durch das Verhalten des Klägers nach dem Unfall, dem weiteren zeitlichen Verlauf sowie die erhobenen klinischen Befunde wahrscheinlich gemacht. Als Indizien einer traumatischen Ruptur gelten etwa eine umgehende Arbeitsniederlegung, der Arztbesuch im nahen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall sowie das Fehlen von Vorerkrankungen (Schönberger/Mehrtens/ Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.3, S. 414 f.). So liegt es hier. Der Kläger, bei dem keine Behandlungen wegen Vorerkrankungen gerade der linken Schulter belegt sind, konnte seine Arbeit nach dem Unfall nicht weiter verrichten und suchte sogleich die Dres. J. auf, welche ihn umgehend zu Dr. H. überwiesen. Dieser stellte beim Erstbefund einen diffusen Druckschmerz im Bereich der linken Schulter fest, deren Hebung zwischen 90 und 130° nur unter starken Schmerzen möglich war. Dass Dr. H. kein droparm-Zeichen im Sinne einer Pseudolähmung fand, spricht nicht gegen eine unfallbedingte Schädigung (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.6, S. 417 f.; Ludolph, a.a.O., VI-1.2.3, S. 15). Denn dieses Phänomen ist in der Regel nur bei großen durchgängigen Sehnenrissen zu erwarten. Bei nur einzeln rupturierten Sehnenfasern muss die biomechanische Belastbarkeit demgegenüber nicht wesentlich beeinträchtigt sein und kann die weitere Gebrauchsfähigkeit durchaus fortbestehen, worauf Dr. C. im Einklang mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen hingewiesen hat (vgl. Hepp/Lambert, MED SACH 2009, 181 ff. [182 und 186]). Ein zweiphasiger Verlauf mit zunehmender Verschlechterung der Befundlage nach dem Unfallereignis, der auf eine degenerative Schadensentwicklung und damit ein unfallunabhängiges Geschehen hindeuten mag (siehe Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.3, S. 414), liegt ebenfalls nicht vor, zumal unfallabhängige Schmerzen nicht zwangsläufig nach wenigen Wochen abklingen müssen, sondern auch monate- oder jahrelang andauern können (Hepp/Lambert, a.a.O., 182). Denn die zunächst gefundenen Bewegungsschmerzen und Funktionsdefizite ließen stetig nach, so dass in Verbindung mit der von Dr. H. eingeleiteten konservativen Therapie bis zum 7. Mai 2003 – wenngleich eingeschränkt – wieder Arbeitsfähigkeit eintrat.
Eine im Wesentlichen durch den Unfall mit verursachte Verletzung der Supraspinatus- und Bizepssehne wird weiterhin dadurch gestützt, dass weder bildgebend, intraoperativ noch feingeweblich stumpfe, abgerundete und mit der Umgebung verwachsene Sehnenränder gefunden wurden, die gegebenenfalls einen Rückschluss auf einen unfallunabhängigen degenerativen bzw. – nach Dr. S. – anlagebedingten Sehnenschaden erlauben würden (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.4, S. 415; Hepp/Lambert, a.a.O., 186). Entsprechende Hinweise haben nicht nur keine bei der Auswertung des MRT eingeschalteten Mediziner und ebenso wenig Dr. K. im Rahmen der am 16. Juni 2003 durchgeführten Gelenkspiegelung beschrieben. Vielmehr haben auch Dr. K. und Prof. Dr. R. bei ihren histologischen Aufarbeitungen des intraoperativ entnommenen Gewebematerials keine Befunde in diese Richtung erwähnt. Im Gegenteil haben beide unabhängig voneinander und übereinstimmend stärkere degenerative oder sonstige unfallunabhängige Veränderungen ausdrücklich ausgeschlossen und die an den Rissrändern gefundenen Fibrinauflagerungen nachvollziehbar auf einen traumatischen Prozess zurückgeführt.
Schließlich mögen die im linken Schulterbereich des Klägers bestehenden Besonderheiten für sich betrachtet zwar gegen die Ursachenbeziehung sprechen, was insbesondere im Hinblick auf die von Prof. Dr. S. als Verkalkung gedeutete Struktur am Ansatzbereich des Oberarmknochenkopfes gilt. Ihnen kommt in Relation zum Unfallgeschehen unter Einbeziehung der zuvor genannten Gesichtspunkte aber kein derartiges Gewicht zu, dass ernste Zweifel an der wesentlichen Teilursächlichkeit der Unfalleinwirkung für die Supraspinatus- und Bizepssehnenruptur verbleiben würden. Denn so haben Dr. G., Dr. Z. und Prof. Dr. S. einen Oberarmkopfhochstand, der auf eine unfallunabhängige Schadensentstehung hinweist, übereinstimmend ausgeschlossen und ausdrücklich eine regelrechte Artikulation des Oberarmkopfes mit der linken Schultergelenkpfanne beschrieben. Anhaltspunkte für den im Arztbrief vom 25. August 2003 angedeuteten kleinen Acromionsporn, den Prof. Dr. S. – entgegen Dr. G. und Prof. Dr. T. – auch im MRT vom 6. März 2003 erkannt haben will, hat Dr. Z. den von ihm am 26. Mai 2004 speziell gefertigten Supraspinatustunnelaufnahmen nicht entnehmen können. Jedenfalls hat er die insoweit beim Kläger bestehende Normvariante unwidersprochen als Typ I – zumal Folge der subacromialen Dekompression – eingeordnet, wohingegen erst einem Acromion Typ III maßgebliche Bedeutung als konkurrierendem Schadensfaktor beigemessen wird (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.6, S. 417). Auch die völlige Wiederherstellung der Funktion des Schultergelenkes, wie sie die Dres. Z. und C bei ihren jeweiligen Untersuchungen des Klägers am 26. Mai 2004 und 10. Februar 2005 bzw. 5. März 2008 nachgewiesen haben, untermauert die weit untergeordnete Bedeutung einer so verstandenen Schadensanlage gewichtig. Denn ein derartig anhaltender postoperativer Befund ist mit einem relevanten Vorschaden, der zu einer spontanen Sehnenzerreißung und Ablösung der Gelenklippe geführt haben soll, regelmäßig nicht zu vereinbaren, wie die Dres. u. Berufung auf ihre eigene klinische Erfahrung dargelegt haben, die mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen konform geht (vgl. Hepp/Lambert, a.a.O., S. 188).
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist im Berufungsverfahren noch, welche Gesundheitsstörungen ein Arbeitsunfall bei dem Kläger verursacht hat.
Der 1957 geborene Kläger erlitt am 11. Februar 2003 um 9.30 Uhr bei versicherter Tätigkeit einen Unfall, als bei Reparaturarbeiten an einem Zaun die Ummantelung des Spanndrahtes riss und er mit der Rückseite der linken Schulter gegen einen Baum prallte. Bei seiner Untersuchung am 12. Februar 2003 fand der Chirurg und D-Arzt Dr. H. einen diffusen Druckschmerz im Bereich der linken Schulter ohne neurologische Ausfälle. Die Innenrotation und die Abduktion/Elevation (Abspreizen/Heben) zwischen 90 und 130° waren nur unter starken Schmerzen ausführbar. Die radiologische Untersuchung ergab keine knöchernen Verletzungen im linken Schulterbereich. Sonographisch sei ein geringer Gelenkerguss sowie eine Bursitis subacromialis (Schleimbeutelentzündung unter dem Schulterdach) zu erkennen; die Supraspinatussehne (Sehne des Obergrätenmuskels) erscheine unauffällig. Als Diagnose hielt Dr. H. eine Schulterkontusion links mit beginnendem Impingement-Syndrom (Engpasssyndrom) fest.
Bei seiner Nachschau am 3. März 2003 dokumentierte Dr. H. gleichbleibende Beschwerden, stellte deshalb weiterhin bis zum 12. März 2003 Arbeitsunfähigkeit fest und veranlasste für den 6. März 2003 ein Magnetresonanztomogramm (MRT) der linken Schulter. Bei diesem zeigte sich nach der Auswertung der Fachärztin für Radiologie Dr. G. ein Einriss der Supraspinatussehne im Ansatzbereich des Tuberculum majus (großer Knochenhöcker am Oberarmkopf), ein diskretes bone bruise (Knochenmarködem) in der Hill-Sachs-Region (im Oberarmkopfbereich) und eine diskrete Hämatombildung unterhalb der Subscapularissehne (Sehne des Unterschulterblattmuskels). Diese Sehne sowie die Infraspinatussehne (Sehne des Untergrätenmuskels) und die Bizepssehne seien intakt. Ein Anhalt für eine Bankart-Läsion (knöcherne Absprengung am unteren Schulterpfannenrand) bestehe nicht. Der subacromiale Fettgewebsraum sei allenfalls initial eingeengt und der Humeruskopf (Oberarmknochenkopf) glatt begrenzt ohne subchondrale Erosionen. Nach Anwendung von durch Dr. H. verordneten Ultraschall-, Krankengymnastik- und Reizstrombehandlungen konnte eine Beschwerde- und Beweglichkeitsbesserung erreicht werden, so dass Dr. H. für den 7. Mai 2003 Arbeitsfähigkeit attestierte. Mit auf dem Postweg übersandten Bescheid vom 28. Mai 2003 erkannte die Beklagte den Unfall mit einer folgenlos ausgeheilten Prellung des linken Schultergelenkes und unfallbedingter Behandlungsbedürftigkeit bis zum 6. März 2003 als Arbeitsunfall an. Keine Unfallfolgen seien der Einriss der Supraspinatussehne und das Impingementsyndrom. Das abgelaufene Unfallereignis sei nicht geeignet gewesen, einen Riss der Rotatorenmanschette (Drehmuskelmanschette, zu der u.a. die Sehne des Supraspinatusmuskels gehört) zu verursachen. Allenfalls wenn ein Schultergelenk auch knöchern geschädigt werde, könne es zu ihrer Mitverletzung kommen. Knöcherne Schädigungen im Schulterbereich seien vorliegend jedoch ausgeschlossen worden. Leistungen über den 7. März 2003 hinaus seien daher nicht zu erbringen.
Die Beklagte erreichte der Operationsbericht über die von Dr. K. am 16. Juni 2003 durchgeführte Arthroskopie der linken Schulter sowie der Arztbrief über die vom 12. bis zum 13. und 15. bis zum 20. Juni 2003 in der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der P-G-Stiftung W. erfolgte stationäre Behandlung des Klägers vom 25. August 2003. Danach habe eine vor der Operation gefertigte Röntgenaufnahme der linken Schulter einen kleinen Acromionsporn (Knochenausziehung am Schulterdach) ergeben. Intraoperativ fand Dr. K. neben einem 2,5 cm großen Riss der Supraspinatussehne am humeralen Ansatz einen Abriss des Bizepssehnenankers im Sinne einer SLAP-II-Läsion mit Betroffenheit des ventro-cranialen Labrums (Ablösung der Bizepssehne von der oberen Schulterpfannenrandlippe). Die zur histologischen Untersuchung aus der Supraspinatussehne entnommenen Gewebeteile wiesen nach der Auswertung des Pathologen Dr. K. vom 20. Juni 2003 mehrere Einrisse auf, deren Ränder stellenweise mit Fibrinabscheidungen bedeckt seien. Dr. K. ordnete den Befund als traumatische Rotatorenmanschettenruptur ein.
Den gegen ihren Bescheid am 30. Juni 2003 erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte unter Vertiefung ihrer Ausführungen mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2003 als unbegründet zurück.
Am 10. Oktober 2003 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Dessau Klage erhoben. Auf Anforderung des SG hat der Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie H den Befundbericht vom 17. Dezember 2003 übersandt und hierin u.a. eine ab dem 1. November 2003 wieder erreichte Arbeitsfähigkeit des Klägers angegeben.
Zur Feststellung und Bewertung der Unfallfolgen hat das SG den Chefarzt der Klinik für Unfall- und Handchirurgie des Städtischen Klinikums D. Dr. Z. nach klinischer und radiologischer Untersuchung am 26. Mai 2004 das Gutachten vom 4. Juni 2004 erstellen lassen. Dieser hat einen Schultergeradstand mit geraden Armachsen, regelrechte Muskel- und Gelenkkonturen, einen unauffälligen neurologischen Status sowie eine im Wesentlichen uneingeschränkte Beweglichkeit der oberen Extremitäten festgehalten. Radiologisch seien regelrechte Achsverhältnisse und Artikulationen der Oberarmköpfe in den Schultergelenkpfannen beidseitig und ein jeweils normaler Kalksalzgehalt zu erkennen. Hinweise auf frische oder ältere knöcherne Verletzungen bestünden nicht. Den Supraspinatustunnelaufnahmen beidseitig seien keine Anhaltspunkte für einen Acromionsporn oder wesentliche degenerative Veränderungen der Schultereckgelenke zu entnehmen. Rechts liege ein Acromion Typ II nach Bigliani und links ein gerades Acromion Typ I vor, wobei dieses Folge der (operativ durchgeführten) subacromialen Dekompression sei. Im Ergebnis hat Dr. Z. eingeschätzt, dass der Unfall zu einer Zusammenhangtrennung der Supraspinatussehne und einer Ablösung der Gelenklippe geführt habe. Relevante Vorschäden im Bereich der linken Schulter lägen nicht vor. Insbesondere sei ein Oberarmkopfhochstand, der eine seit längerer Zeit bestehende Sehnenveränderung bzw. Ruptur plausibel machen könne, sonographisch und radiologisch auszuschließen. Den im MRT beschriebenen leichten degenerativen Veränderungen, die eine leichte Einengung des Subacromialraumes bewirkt hätten, komme im Verhältnis zum Unfallereignis jedenfalls nur eine weit untergeordnete Bedeutung zu. Dieses sei auch geeignet gewesen, die betroffenen Sehnenstrukturen zu schädigen. So seien als Beleg einer stärkeren Anprallverletzung der im MRT festgestellte Bluterguss dorsal der Scapula, also unterhalb der Rotatorenmanschette, sowie das bone bruise dorsal des Oberarmkopfes anzuführen. Das bone bruise in der Hill-Sachs-Region und die arthroskopisch gesicherte Schädigung des Labrums wiesen auf eine direkte Betroffenheit der Rückseite des Oberarmkopfes mit einer nach vorn gerichteten Subluxation des Schultergelenkes hin. Auch der histologische Befund bestätige eine frische traumatische Ruptur und schließe degenerative Sehnenveränderungen aus. Für die Wesentlichkeit des Unfallgeschehens sprächen schließlich der sofortige Schmerzbeginn und die umgehende ärztliche Konsultation.
Die Beklagte hat hierzu die von ihr veranlassten Stellungnahmen der Orthopäden Dres. B. und S (Institut für Medizinische Begutachtung K) vom 24. August 2004 sowie des Radiologen Prof. Dr. T. (Institut für Magnet-Resonanz-Diagnostik B) vom 8. November 2004 vorgelegt und sich deren Ausführungen zu eigen gemacht. Laut den Dres. B. und Schröter spreche gegen die Annahme einer frischen Luxation bzw. Subluxation, dass nach dem D-Arzt-Befund kein droparm-sign (Unfähigkeit, den Arm in der Horizontalen zu halten) bestanden habe. Sowohl den Beschreibungen im Operationsbericht als auch denjenigen des feingeweblichen Befundes sei nicht genau zu entnehmen, ob es sich um unfallbedingte oder degenerative Veränderungen gehandelt habe. Vorbehaltlich des Ergebnisses einer Nachbefundung des MRT könne dem Unfallereignis hinsichtlich des später festgestellten Körperschadens der linken Schulter die Bedeutung einer rechtlich wesentlichen Bedingung zukommen. Nach Prof. Dr. T. sei angesichts der geringen Schichtdicke und unzureichenden Kontraste der MRT-Aufnahmen vom 6. März 2003 die Diagnose der von Dr. G. erwähnten Krankheitszustände nicht möglich. Der kleine Defekt der Supraspinatussehne sei jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit chronisch-degenerativer Natur und könne nicht durch eine Prellung verursacht werden. Der Erguss in der bursa subacromialis sei mit einem Reizzustand vereinbar. Hinweise auf ein Knochenmarködem fänden sich ebenso wenig wie eine Bizepssehnenverletzung am Labrum glenoidale.
Nach nochmaliger Untersuchung des Klägers am 10. Februar 2005 hat Dr. Z. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13. März 2005 seine Einschätzung verteidigt und den vorgebrachten Einwänden u.a. den vollständigen Erfolg der operativen Therapie entgegen gehalten. Auch der nochmalige klinische Untersuchungsbefund sei unauffällig gewesen. Ein solches Ergebnis sei unter der Annahme erheblicher degenerativer Veränderungen des Schultergelenkes, die zu einer spontanen Sehnenzerreißung und Ablösung der Gelenklippe geführt hätten, nicht zu erklären.
Mit Urteil vom 15. Februar 2006 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2003 abgeändert und die Beklagte verurteilt, eine Zusammenhangtrennung der Supraspinatussehne und Ablösung der Gelenklippe der linken Schulter als Folgen des Unfalls vom 11. Februar 2003 anzuerkennen und insoweit Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen. Zur Begründung hat es sich auf die Darlegungen von Dr. Z. bezogen, die überzeugten.
Gegen das ihr am 1. März 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28. März 2006 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und vorgetragen, dass die Argumente der Dres. B., S und Prof. T. nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Überdies werde ihre Ansicht durch weitere im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten gestützt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 15. Februar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er schließt sich dem Urteil des SG an und hat die Klage im Hinblick auf die Erbringung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zurückgenommen.
Auf Anforderung des Senats haben die Krankenkassen des Klägers Vorerkrankungsverzeichnisse übersandt, aus denen außer einem unter dem 9. November 1995 verzeichneten Schulter-Arm-Syndrom vor dem Arbeitsunfall keine Behandlungen wegen Schulterbeschwerden hervorgehen. Die Fachärzte für Allgemeinmedizin Dres. J. haben im Befundbericht vom 9. März 2007 ergänzend zu ihrer Mitteilung vom 13. Februar 2007 angegeben, dass der Kläger seit 1975 ihr Patient sei, eine Behandlung wegen einer Schultererkrankung aber erst nach dem Arbeitsunfall erfolgt sei.
Ferner hat der Senat die Sozialversicherungsausweise des Klägers beigezogen, in denen für die Zeit vom 20. November bis zum 9. Dezember 1974 eine Arbeitsunfähigkeit wegen eines Schlüsselbeinbruchs (ICD 8 Diagnosenummer N 810) vermerkt ist.
Nachfolgend hat der Senat von dem Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. C. (Medizinisches Gutachteninstitut D) das Gutachten vom 13. März 2008 nebst ergänzender Stellungnahme vom 27. Juni 2008 eingeholt. Im Rahmen seiner ambulanten Untersuchung des Klägers am 5. März 2008 hat Dr. C. seitengleich frei bewegliche und altersentsprechend bemuskelte obere Extremitäten gefunden. Sowohl der Rotatorenmanschetten- als auch der Bizepssehnentest seien negativ. Im Ergebnis hat der Sachverständige die Ansicht vertreten, dass der Unfall die Supraspinatussehnenruptur und die SLAP-II-Läsion mit Wahrscheinlichkeit verursacht habe. Für diese Wertung spreche zunächst das am Folgetag festgestellte schmerzhafte Funktionsdefizit. Insbesondere bei kleineren Rotatorenmanschettenschädigungen bedürfe es nicht zwingend eines Fallarmes. Auch die histologisch gesicherten Fibrinablagerungen als Ausdruck der reparativen Vorgänge sowie die völlige Wiederherstellung des Schultergelenkes seien Indizien einer unfallbedingten Verursachung. Unfallunabhängig bestünden beim Kläger eine nicht aktivierte Schultereckgelenkarthrose links sowie ein subacromialer Traktionssporn links, die in Relation zum Unfallereignis völlig in den Hintergrund träten. Prof. Dr. T. sei zu entgegnen, dass radiologisch schon keine Unterscheidung zwischen chronisch-degenerativer und unfallbedingter Supraspinatussehnenruptur möglich sei, bei eigener Durchsicht der MRT-Aufnahmen am Vorliegen eines bone bruise in der Hill-Sachs-Region jedoch kein Zweifel bestehe.
Weiterhin hat der Senat den Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. S. (Institut für Medizinische Begutachtung M.) nach Aktenlage mit der Erstattung des Gutachtens vom 12. März 2009 beauftragt. Dieser ist zu der Einschätzung gelangt, im Wesentlichen sei von einer anlagebedingten Ursache der Gesundheitsschäden am linken Schultergelenk des Klägers auszugehen und hat im Ergebnis eine nochmalige histologische sowie bildgebende Nachbegutachtung angeregt. Ein MRT-Befund sei grundsätzlich ursachenunspezifisch. Allerdings seien in ihm keine Zeichen einer Lockerung, Dehnung oder Verletzung der Schultergelenkkapsel wiedergegeben, wie sie bei einer Luxation oder Subluxation aufzutreten pflegten. Bei eigener Durchsicht der MRT-Bilder könne er ein bone bruise im Bereich des Oberarmkopfes allenfalls schwach, aber nicht sicher nachvollziehen. Ein bone bruise am Oberarmkopf beweise auch keine Nahezuverrenkung der Schulter, da es auch mit einer Schulterprellung vereinbar sei. Einen Einriss der Supraspinatussehne und eine Hämatombildung an der Rückseite des Schulterblattes könne er nicht erkennen. Der von Dr. H. beschriebene so genannte schmerzhafte Bogen sei als Zeichen des Engpasssyndroms zu deuten. Bei den im Operationsbericht mitgeteilten Rissen des Bizepssehnenankers und der Supraspinatussehne müsse es sich nicht zwingend um verletzungsbedingte Schadensbilder handeln, zumal angesichts der beim Kläger beschriebenen bandartigen Formvariante der Gelenklippe im Sinne eines Bufort-Komplexes. Auch der feingewebliche Befund sei wenig aussagekräftig. Der mitgeteilte Unfallhergang gehe auch nicht zwangsläufig mit einer Beteiligung des Oberarmkopfes einher. Er führe vielmehr zu einer Relativbewegung des Schulterblattes und damit des gesamten am Brustkorb elastisch aufgehängten Schultergürtels nach vorne, nicht aber zu einer Zugwirkung des Armes in axiale Richtung. Die von Dr. Z. als Hinweis auf eine Subluxation angeführte Kombination des bone bruise in der Hill-Sachs-Region mit der Schädigung am Labrum sei jedoch nicht von der Hand zu weisen.
Daraufhin hat der Senat den Direktor der Universitäts- und Poliklinik für Diagnostische Radiologie H.-W. Prof. Dr. S. nochmals die MRT-Aufnahmen vom 6. März 2003 auswerten lassen. In seinem hierzu verfassten Gutachten vom 20. November 2009 hat dieser als Befund eine regelrechte Artikulation im Schultergelenk ohne Zeichen knöcherner Verletzungen, eine regelrechte Darstellung der Gelenkpfanne einschließlich der Pfannenrandlippe ohne Anhalt für einen Einriss beschrieben. Ein Erguss sei im Schultergelenk nicht zu erkennen. Etwa 1 cm vor dem Ansatz am Tuberculum majus sei eine zentrale Struktur zu sehen, bei der es sich wahrscheinlich um eine Verkalkung handele. Daneben sei am Ansatzbereich der Supraspinatussehne ein Defekt im Sinne einer partiellen Ruptur sichtbar. Ein frischer Hämarthros oder ein posttraumatisches Ödem seien nicht nachweisbar. Nur diskret finde sich Flüssigkeit in der Bursa subacromialis. Insgesamt spreche die genannte Verkalkung in Verbindung mit dem angedeutet zu erkennenden knöchernen Sporn am Vorderrand des Acromions sowie der fehlende sichere Anhalt einer akuten Verletzung dafür, dass der Riss der Supraspinatussehne die Folge degenerativer Veränderungen sei. Die Belastung beim Spannen des Drahtes könne möglicherweise als ihr Auslöser angesehen werden. Als wahrscheinlichste Ursache der seit dem Unfall bestehenden schmerzhaften Funktionseinschränkung sei die Ruptur im Sinne einer unfallbedingten Verschlimmerung der degenerativen Veränderungen anzusehen.
Schließlich hat der Senat nach Beiziehung des intraoperativ aus der linken Schulter entnommenen Gewebematerials den Direktor des Instituts für Pathologie des Universitätsklinikums M. Prof. Dr. R. mit dessen Nachbefundung beauftragt. Dieser hat in seinem dazu gefertigten Gutachten vom 19. März 2010 dargelegt, dass keine stärkeren degenerativen Veränderungen nachweisbar seien und sich auch kein Hinweis auf einen infektiösen bzw. tumorösen Prozess finde. Für ein relativ kurz zurückliegendes Trauma sprächen die Fibrinauflagerungen sowie die akut-rezidivierende entzündliche Reaktion. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2003 beschwert den Kläger deshalb im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil er Anspruch auf die Feststellung der streitigen Gesundheitsstörungen als Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. Februar 2003 hat. Über die während der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeitzeiträume vom 11. Februar bis zum 6. Mai 2003 sowie vom 12. Juni bis zum 31. Oktober 2003 zu erbringenden Leistungen hat die Beklagte unter Berücksichtigung bereits erbrachter Leistungen nach § 19 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch von Amts wegen zu entscheiden.
Nachgewiesene Gesundheitsstörungen sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn zwischen dem Unfallereignis und ihnen entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden ein Ursachenzusammenhang im Sinne von § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) besteht. Dabei gilt der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditiosine-quanon) kausal ist, voraus, dass das versicherte Geschehen nicht nur irgendeine Bedingung in der Kette der Faktoren für die Entstehung des Gesundheitsschadens, sondern die wesentliche Ursache war (vgl. KassKomm-Ricke, Stand Januar 2010, § 8 SGB VII Rn. 4 und 15, m.w.N.). "Wesentlich" ist hierbei nicht gleichbedeutend mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keinen überwiegenden Einfluss hat (haben). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden/Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind insbesondere die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden Ursachen, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, der zeitliche Verlauf, die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm (siehe Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Ausgehend hiervon liegt eine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass zwischen dem vorliegenden Arbeitsunfall und dem jeweils arthroskopisch gesicherten Einriss der Supraspinatussehne bzw. der Ablösung der Bizepssehne von der oberen Schulterpfannenrandlippe ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang besteht. Denn es sprechen mehr Tatsachen für als gegen diese Beziehung.
Unterstützt wird sie zunächst dadurch, dass eine Ungeeignetheit des Unfallhergangs zur Verursachung einer Verletzung der genannten Sehnenstrukturen entgegen der Einschätzung von Dr. S. gerade nicht feststeht. Zwar wird für eine isolierte Supraspinatussehnenverletzung ein bestimmter Ablauf gefordert (siehe Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Abschn. 8.2.5.2, S. 412 f.). Wegen der Mitschädigung des Bizepssehnenankers geht es hier jedoch schon nicht um eine isolierte Verletzung der Supraspinatussehne. Überdies ist bei der Bewertung, ob ein bestimmter Hergang geeignet ist, die Rotatorenmanschette zu schädigen, maßgeblich darauf abzustellen, welcher konkrete Teil von ihr in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Entscheidend ist, ob die jeweils betroffene Sehne der Rotatorenmanschette aktiv und/oder passiv am angeschuldigten Unfallmechanismus beteiligt war, wobei als gefährdend Belastungen gelten, die überfallartig eine Dehnungsbelastung der angespannten Sehne bewirken (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.; Ludolph in: ders./Schürmann/Gaidzik, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, Stand Oktober 2009, VI-1.2.3, S. 12). Bezogen auf die vorliegend lädierte Supraspinatussehne, die die Gelenksicherung bei der – im Wesentlichen durch den Deltamuskel – bewirkten Seitwärtshebung des Armes gewährleistet (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5, S. 409; Ludolph, a.a.O., 13), kann z.B. eine abrupte, gewaltsame passive Bewegung des Armes körperwärts ein entsprechendes Gefährdungspotential bergen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.2, S. 412). Bei der langen körpernahen Bizepssehne, die ebenfalls an der Seitwärtshebung des Armes beteiligt ist, wird etwa einer reflektorischen Kontraktur des muskulär fixierten Gelenkes infolge überfallartiger passiver Bewegung ein erhöhtes Rupturrisiko zugemessen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., 8.2.4.3.3, S. 403 ff.). Übertragen auf den vorliegenden Unfallhergang erscheint hinsichtlich des Anpralls mit der rückseitigen Schulter an den Baum bei zuvor erfolgter Spannung des Drahtes für den Augenblick seiner Zerreißung eine überfallartige passive Krafteinwirkung auf das muskulär fixierte Gelenk durchaus plausibel. Eine entsprechende körperwärts gerichtete Zugbewegung lässt sich jedenfalls nicht als völlig fernliegend ausschließen, so dass ein von vornherein ungeeigneter Geschehensablauf nicht angenommen werden kann. Auch der Umstand, dass mit den verletzten Sehnen gerade Strukturen betroffen sind, die eine im Wesentlichen gleiche biomechanische Funktion erfüllen, spricht gegen eine solche Annahme (vgl. zu diesem Argument Ludolph, a.a.O., 16). Der Senat folgt deshalb den Bewertungen der Dres. Z. und Cyffka, die den Unfallhergang im Verhältnis zu einer etwaigen Schadensanlage ausdrücklich als völlig überwiegend angesehen und seine Geeignetheit ausdrücklich bestätigt haben. Entsprechendes haben letztlich auch die Dres. B. und S eingeräumt.
Daneben wird eine wesentliche kausale Verknüpfung zwischen dem Unfall und den Defekten der Supraspinatus- und Bizepssehne auch durch das Verhalten des Klägers nach dem Unfall, dem weiteren zeitlichen Verlauf sowie die erhobenen klinischen Befunde wahrscheinlich gemacht. Als Indizien einer traumatischen Ruptur gelten etwa eine umgehende Arbeitsniederlegung, der Arztbesuch im nahen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall sowie das Fehlen von Vorerkrankungen (Schönberger/Mehrtens/ Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.3, S. 414 f.). So liegt es hier. Der Kläger, bei dem keine Behandlungen wegen Vorerkrankungen gerade der linken Schulter belegt sind, konnte seine Arbeit nach dem Unfall nicht weiter verrichten und suchte sogleich die Dres. J. auf, welche ihn umgehend zu Dr. H. überwiesen. Dieser stellte beim Erstbefund einen diffusen Druckschmerz im Bereich der linken Schulter fest, deren Hebung zwischen 90 und 130° nur unter starken Schmerzen möglich war. Dass Dr. H. kein droparm-Zeichen im Sinne einer Pseudolähmung fand, spricht nicht gegen eine unfallbedingte Schädigung (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.6, S. 417 f.; Ludolph, a.a.O., VI-1.2.3, S. 15). Denn dieses Phänomen ist in der Regel nur bei großen durchgängigen Sehnenrissen zu erwarten. Bei nur einzeln rupturierten Sehnenfasern muss die biomechanische Belastbarkeit demgegenüber nicht wesentlich beeinträchtigt sein und kann die weitere Gebrauchsfähigkeit durchaus fortbestehen, worauf Dr. C. im Einklang mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen hingewiesen hat (vgl. Hepp/Lambert, MED SACH 2009, 181 ff. [182 und 186]). Ein zweiphasiger Verlauf mit zunehmender Verschlechterung der Befundlage nach dem Unfallereignis, der auf eine degenerative Schadensentwicklung und damit ein unfallunabhängiges Geschehen hindeuten mag (siehe Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.3, S. 414), liegt ebenfalls nicht vor, zumal unfallabhängige Schmerzen nicht zwangsläufig nach wenigen Wochen abklingen müssen, sondern auch monate- oder jahrelang andauern können (Hepp/Lambert, a.a.O., 182). Denn die zunächst gefundenen Bewegungsschmerzen und Funktionsdefizite ließen stetig nach, so dass in Verbindung mit der von Dr. H. eingeleiteten konservativen Therapie bis zum 7. Mai 2003 – wenngleich eingeschränkt – wieder Arbeitsfähigkeit eintrat.
Eine im Wesentlichen durch den Unfall mit verursachte Verletzung der Supraspinatus- und Bizepssehne wird weiterhin dadurch gestützt, dass weder bildgebend, intraoperativ noch feingeweblich stumpfe, abgerundete und mit der Umgebung verwachsene Sehnenränder gefunden wurden, die gegebenenfalls einen Rückschluss auf einen unfallunabhängigen degenerativen bzw. – nach Dr. S. – anlagebedingten Sehnenschaden erlauben würden (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.4, S. 415; Hepp/Lambert, a.a.O., 186). Entsprechende Hinweise haben nicht nur keine bei der Auswertung des MRT eingeschalteten Mediziner und ebenso wenig Dr. K. im Rahmen der am 16. Juni 2003 durchgeführten Gelenkspiegelung beschrieben. Vielmehr haben auch Dr. K. und Prof. Dr. R. bei ihren histologischen Aufarbeitungen des intraoperativ entnommenen Gewebematerials keine Befunde in diese Richtung erwähnt. Im Gegenteil haben beide unabhängig voneinander und übereinstimmend stärkere degenerative oder sonstige unfallunabhängige Veränderungen ausdrücklich ausgeschlossen und die an den Rissrändern gefundenen Fibrinauflagerungen nachvollziehbar auf einen traumatischen Prozess zurückgeführt.
Schließlich mögen die im linken Schulterbereich des Klägers bestehenden Besonderheiten für sich betrachtet zwar gegen die Ursachenbeziehung sprechen, was insbesondere im Hinblick auf die von Prof. Dr. S. als Verkalkung gedeutete Struktur am Ansatzbereich des Oberarmknochenkopfes gilt. Ihnen kommt in Relation zum Unfallgeschehen unter Einbeziehung der zuvor genannten Gesichtspunkte aber kein derartiges Gewicht zu, dass ernste Zweifel an der wesentlichen Teilursächlichkeit der Unfalleinwirkung für die Supraspinatus- und Bizepssehnenruptur verbleiben würden. Denn so haben Dr. G., Dr. Z. und Prof. Dr. S. einen Oberarmkopfhochstand, der auf eine unfallunabhängige Schadensentstehung hinweist, übereinstimmend ausgeschlossen und ausdrücklich eine regelrechte Artikulation des Oberarmkopfes mit der linken Schultergelenkpfanne beschrieben. Anhaltspunkte für den im Arztbrief vom 25. August 2003 angedeuteten kleinen Acromionsporn, den Prof. Dr. S. – entgegen Dr. G. und Prof. Dr. T. – auch im MRT vom 6. März 2003 erkannt haben will, hat Dr. Z. den von ihm am 26. Mai 2004 speziell gefertigten Supraspinatustunnelaufnahmen nicht entnehmen können. Jedenfalls hat er die insoweit beim Kläger bestehende Normvariante unwidersprochen als Typ I – zumal Folge der subacromialen Dekompression – eingeordnet, wohingegen erst einem Acromion Typ III maßgebliche Bedeutung als konkurrierendem Schadensfaktor beigemessen wird (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.2.5.6, S. 417). Auch die völlige Wiederherstellung der Funktion des Schultergelenkes, wie sie die Dres. Z. und C bei ihren jeweiligen Untersuchungen des Klägers am 26. Mai 2004 und 10. Februar 2005 bzw. 5. März 2008 nachgewiesen haben, untermauert die weit untergeordnete Bedeutung einer so verstandenen Schadensanlage gewichtig. Denn ein derartig anhaltender postoperativer Befund ist mit einem relevanten Vorschaden, der zu einer spontanen Sehnenzerreißung und Ablösung der Gelenklippe geführt haben soll, regelmäßig nicht zu vereinbaren, wie die Dres. u. Berufung auf ihre eigene klinische Erfahrung dargelegt haben, die mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen konform geht (vgl. Hepp/Lambert, a.a.O., S. 188).
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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