L 1 (9) AL 250/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 5 AL 46/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 (9) AL 250/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 265/02 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09.11.2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, bestandskräftige Bescheide zu Gunsten des Klägers zu ändern.

Der am ...1956 geborene Kläger bezieht seit April 1993 mit Unterbrechungen Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Im Jahre 1997 bestanden folgende Forderungen der Beklagten gegen den Kläger (insgesamt 13.033,29 DM) auf Grund bestandskräftig gewordener Rücknahme- bzw. Aufhebungsbescheide: Forderung in Höhe von 663,04 DM wegen Anrechnung von Nebeneinkommen für die Zeit vom 15.10. bis 31.10.1993 sowie vom 01.01. bis 14.02.1994 (Bescheid vom 24.11.1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.08.1995);

Forderung in Höhe von 11.967,70 DM wegen verschiedener, mehr als kurzzeitiger Tätigkeit in der Zeit vom 15.02. bis 31.08.1994 (Bescheide vom 14.12.94 und 02.05.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.08.1995);

Forderung in Höhe von 332,15 DM wegen Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 15.08. bis 31.08.1994 (Bescheid vom 02.05.1995);

Forderung in Höhe von 70,40 DM wegen fehlender Arbeitslosigkeit am 01.11.1995 (Bescheid vom 05.07.1995).

Soweit der Kläger gegen die oben genannten Bescheide Klage erhoben hatte, erfolgte im Hinblick auf die Versäumung der Klagefrist die Klagerücknahme.

Am 09.03.1999 stellte er bei der Beklagten einen Antrag auf Überprüfung sämtlicher, mit einer Rückforderung verbundener Bescheide.

Zu diesem Zeitpunkt waren beim Sozialgericht Dortmund unter den Aktenzeichen S 5 AL 234/97 und S 5 AL 104/98 bereits zwei Klageverfahren anhängig, die die teilweise Aufhebung bzw. Rücknahme der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 15.10. bis 31.10.1993 sowie vom 01.01. bis 31.08.1994 im Wege des Überprüfungsverfahrens zum Gegenstand hatten, sowie eine Untätigkeitsklage, mit der der Kläger geltend machte, sein Antrag auf Erlass aller Forderungen vom 02.10.1998 sei nicht bearbeitet worden (Az.: S 5 AL 85/99).

Am 29.10.1999 erhob der Kläger erneut Untätigkeitsklage, mit der er eine Entscheidung über seinen Überprüfungsantrag vom 09.03.1999 begehrte. Diese Klage wurde unter dem Aktenzeichen S 5 AL 398/99 geführt.

Mit Urteilen vom 05.11.1999 wies das Sozialgericht die Klagen in den Verfahren S 5 AL 234/97 und S 5 AL 104/98 ab. Gegen das Urteil in dem letztgenannten Verfahren legte der Kläger Berufung ein (Az.: L 9 AL 203/99).

Nachdem ihr die Verwaltungsvorgänge wieder vorlagen, teilte die Beklagte dem Kläger mit streitgegenständlichem Bescheid vom 09.12.1999 mit, eine nochmalige Überprüfung der bisher ergangenen Bescheide habe ergeben, dass diese nicht zu beanstanden seien.

Dagegen legte der Kläger am 10.01.2000 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2000 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Mit Urteil vom 28.01.2000 wies das Sozialgericht die unter dem Az. S 5 AL 85/99 geführte Untätigkeitsklage mit der Begründung ab, ein entsprechender Antrag sei bei der Beklagten nicht eingegangen. Auch gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein (Az.: L 1 AL 22/00).

Am 11.02.2000 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Dortmund (Az.: S 5 AL 28/00) erhoben, mit der er die Feststellung der Nichtigkeit des Bescheides vom 09.12.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2000 begehrt hat.

Mit der am 28.02.2000 erhobenen weiteren Klage (Az.: S 5 AL 46/00) hat der Kläger im Wege des Überprüfungsverfahrens geltend gemacht, die Bescheide vom 14.12.1994 und 02.05.1995 sowie alle Bescheide, die mit einer Rückforderung verbunden seien, müssten zurückgenommen werden.

Am 25.05.2000 schlossen der Kläger und die Beklagte in dem unter dem Aktenzeichen L 9 AL 203/99 geführten Berufungsverfahren (erstinstanzliches Az.: S 5 AL 104/98) folgenden Vergleich:

1. Die gegenüber dem Kläger bestehenden Forderungen von insgesamt über 13.000,00 DM werden auf 6.550,40 DM reduziert (Schriftsatz der Beklagten vom 08.03.1999).

2. Der Kläger wird den Betrag von 6.550,40 DM der Beklagten erstatten. Er stellt jedoch bereits hiermit ein Stundungs- und Ratenzahlungsgesuch, wobei er sich verpflichtet, die von der Beklagten ihm zuzusendenden Vordrucke alsbald auszufüllen.

3. Die Beklagte verpflichtet sich, die Forderung von 6.550,40 DM so lange nicht beizutreiben, bis über das Stundungs- und Ratenzahlungsgesuchbestandskräftig entschieden ist.

4. Die Beteiligten sehen übereinstimmend dieses Berufungsverfahren sowie den Rechtsstreit S 5 AL 234/97 (Sozialgericht Dortmund) und das Berufungsverfahren L 1 AL 22/00 LSG NRW (erstinstanzliches Az.: S 5 AL 85/99) als erledigt an.

Mit Beschluss vom 21.09.2001 hat das Sozialgericht die unter den Aktenzeichen S 5 AL 398/99, S 5 AL 28/00 und S 5 AL 46/00 geführten Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 5 AL 46/00 verbunden. Auf Nachfrage des Sozialgerichts, ob sich der Rechtsstreit im Hinblick auf den oben genannten Vergleich erledigt habe, hat der Kläger mitgeteilt, den Vergleich mit der Beklagten betrachte er nicht als eine Regelung über den zwischen ihm und der Bundesanstalt für Arbeit bestehenden Streit. Die Zustimmung zu dem angebotenen Vergleich sei eher eine Notreaktion aus Unzumutbarkeitsgründen gewesen. Er habe ausführlich über die Befangenheit des erstinstanzlichen Richters reden wollen, sei aber durch die Zwischenberatung des Senats unterbrochen worden. Danach sei ohne weitere Aussprachemöglichkeit der Vergleich angeboten worden.

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag vom 09.03.1999 zu entscheiden,

2. festzustellen, dass der Bescheid vom 09.12.1999 nichtig ist, und

3. den Bescheid vom 09.12.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Bescheide vom 14.12.1994 und 02.05.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.08.1995 zurückzunehmen sowie alle Bescheide, die mit einer Rückforderung des Arbeitsamtes Dortmund verbunden sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Sie hat diese als unbegründet erachtet.

Mit Urteil vom 09.11.2001 hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen.

Der Klageantrag zu 1. sei zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, auf den abzustellen sei, unbegründet. Die Beklagte habe mit Bescheid vom 09.12.1999 den Antrag des Klägers beschieden, so dass eine Untätigkeit nicht mehr vorliege.

Der Klageantrag zu 2. beinhalte eine Feststellungsklage im Sinne des § 55 Abs. 1 Ziffer 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese sei zwar zulässig, jedoch unbegründet, denn der Bescheid vom 09.12.1999 in der Fasssung des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2000 sei nicht rechtswidrig. Daher könne von einer Nichtigkeit dieses Verwaltungsaktes erst Recht nicht ausgegangen werden.

Schließlich sei die Klage auch hinsichtlich des Klageantrages zu 3. unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 09.12.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2000 sei rechtmäßig. Es bestehe kein Anspruch des Klägers auf Rücknahme der von ihm näher bezeichneten Bescheide.

Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) lägen nicht vor, denn bei Erlass der angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide sei weder das Recht unrichtig angewandt noch ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt worden. Die Überprüfung dieser Bescheide sei bereits Gegenstand zweier - für den Kläger erfolgloser - Klageverfahren gewesen. Neue Gesichtspunkte habe dieser im vorliegenden Verfahren nicht vorgetragen und seien auch nicht ersichtlich. Eine weitere Sachprüfung sei daher entbehrlich.

Gegen das ihm am 29.11.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.12.2001 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er lediglich vor, er lehne den vorinstanzlichen Richter für alle Zeiten als befangen ab und verlange die Wiederholung des Verfahrens vor dem Sozialgericht unter anderem Vorsitz. Dass das LSG NRW mit Beschlüssen vom 19.09.2000 (L 10 AR 13/00, 14/00, 27/00 AB) sämtliche Befangenheitsanträge zurückgewiesen habe, interessiere ihn nicht. Auch habe der 10. Senat nicht mit weiterem Beschluss vom 26.01.2001 die gegen ihn gerichteten Ablehnungsgesuche verwerfen dürfen (Az: siehe oben).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09.11.2001 zu ändern und nach dem Klageantrag erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Über eine mögliche Befangenheit des erstinstanzlichen Richters habe das LSG abschließend entschieden.

Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung und bezüglich des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozessakte, der beigezogenen Akten des Sozialgerichts Dortmund (S 5 AL 234/97, 104/98, 85/99 und 46/00) sowie der Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche bestehen nicht; die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Zur Begründung bezieht sich der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidungsgründe, die er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Abschluss des vor dem 9. Senat geschlossenen Prozessvergleichs einer erneuten Überprüfung von Bescheiden im Rahmen des § 44 SGB X nicht entgegensteht (vgl. BSG, Urt. vom 15.10.1985, SozR 2200, § 1251 Nr. 115, Urteil vom 23.06.1983, VersorgB 1983, 143).

Auch das Vorbringen des Klägers in der Berufungsinstanz führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Die Ablehnung des erstinstanzlichen Richters ist nach Beendigung der Instanz unzulässig, da der abgelehnte Richter seine Tätigkeit im konkreten Fall beendet hat (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 60 RdNr. 11 m.w.N.). Im übrigen hat der 10. Senat des LSG NRW bereits unanfechtbar entschieden, dass der vorgebrachte Ablehnungsgrund keine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die dafür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 SGG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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