L 9 R 71/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 3346/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 71/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 17. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1980 geborene Kläger war nach einer abgebrochenen Ausbildung (September 1998 bis August 2000) im Zeitraum von September 2000 bis August 2007 - mit Unterbrechungen - versicherungspflichtig beschäftigt. Er erlitt am 20.07.2007 einen Arbeitsunfall, als sein rechter Ellenbogen in eine Verpackungs-/Verschlussmaschine eingeklemmt wurde und er sich dabei eine supracondyläre Schnittwunde ellenseitig am körperfernen Unterarm zuzog, wodurch es zu einer vollständigen Durchtrennung des Nervus ulnaris gekommen ist. Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, Bezirksverwaltung Ludwigsburg, stellte mit Bescheid vom 06.02.2008 als Folgen dieses Unfalles an der rechten Hand folgende Einschränkungen fest: "Vorübergehende Lähmung des Ellennerves, deutliche Minderung der Handbinnenmuskulatur sowie Sensibilitätsstörung in Form von Kribbeln im Ring- und Kleinfinger sowie Pelzigkeitsgefühl über den Fingerbeeren und Ausbildung einer Krallenhand nach operativ mit mikrochirurgischer Naht versorgter traumatischer Durchtrennung des Ellennerves." Sie bewilligte eine Rente als vorläufige Entschädigung beginnend ab 27.12.2007 nach einer MdE von 30 vH der Vollrente.

Am 10.03.2008 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft Berichte über die Behandlung der kompletten Durchtrennung des Nervus ulnaris (insbesondere Berichte des Klinikums Crailsheim über die Revision des Nerven mit Volarverlagerung und primärer mikrochirurgischen, epineuralen Nervennaht) sowie die fachärztliche handchirurgische Stellungnahme des Dr. N., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen vom 11.12.2007, die Berichte des behandelnden Neurologen und Psychiaters B. vom 07.01.2008, 25.02.2008 und 15.04.2008 und das Erste Rentengutachten von Dr. M.-B., Klinikum Crailsheim, vom 23.01.2008 (komplettes Bild einer Ulnarisparese nach traumatischer Durchtrennung des Nervus ulnaris mit deutlicher Atrophie der Interosseou Muskulatur und Ausbildung einer Krallenhand) bei. In dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten des Chirurgen Dr. B. vom 19.05.2008 wird eine Minderbelastbarkeit des rechten Armes nach einer traumatischen Verletzung des Nervus ulnaris angegeben. Die Narbe am rechten Ellenbogen sei reizlos abgeheilt, die Handmuskulatur deutlich hypotroph, die unterarmumspannende Muskulatur annähernd symmetrisch entwickelt. Es bestehe eine leichtgradige Krallenhandstellung rechts, wobei die Streckung des 4. und 5. Fingers nicht vollständig und die Beugung der Finger, der Faustschluss komplett, verlangsamt sei. Der Fingerspitzgriff werde seitengleich demonstriert, bei Opposition erreiche die Daumenkuppe des rechten Daumens die Kleinfingerballen nicht. Die Kraft der rechten Hand sei deutlich herabgesetzt und es liege eine Sensibilitätsstörung im Versorgungsgebiet des Nervus ulnaris am rechten Unterarm ohne Einschränkung der Ellenbogen- und Schulterfunktion vor. Hierdurch würden die Greiffähigkeit und die Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes herabgesetzt. Tätigkeiten, die eine Feingeschicklichkeit und Fingerfertigkeit abverlangten, seien nicht leidensgerecht. Es sollten nur Gegenstände bis maximal 3 kg wiederkehrend mit dem rechten Arm bewegt werden. Die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit als Hilfsarbeiter in einer Aufbereitungsanlage für Obst- und Gemüsebehälter sei 3 bis unter 6 Stunden leidensgerecht, mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien bei Berücksichtigung der Einschränkungen hinsichtlich der Feingeschicklichkeit und Fingerfertigkeit der rechten Hand mindestens 6 Stunden täglich zumutbar. Der Sachverständige wies darauf hin, dass der Kläger über die ARGE eine Qualifizierungsmaßnahme zum Staplerfahrer erfolgreich abgeschlossen und einen Staplerführerschein erworben habe.

Mit Bescheid vom 27.05.2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Die Erwerbsfähigkeit sei durch eine Minderbelastbarkeit des rechten Armes nach traumatischer Verletzung des Nervus ulnaris bei einem Arbeitsunfall vom 20.07.2007 beeinträchtigt. Nach ärztlicher Feststellung könne der Kläger jedoch mindestens 6 Stunden je Arbeitstag unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein. Bei diesem Leistungsvermögen liege weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vor.

Von den von der Beklagten angebotenen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Schreiben vom 27.05.2008) hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2008 wies die Beklagte den Widerspruch, zu dem der Kläger geltend machte, die Erwerbsminderung sei durch den Arbeitsunfall eingetreten, die Behinderung liege vor und er habe dem Arzt nur gesagt, dass er versuchen werde 6 bis 8 Stunden als Staplerfahrer zu arbeiten, und verstehe nur nicht, was dies mit seiner Minderung der Erwerbsfähigkeit zu tun habe, zurück.

Am 16.10.2008 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben.

Das SG hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Neurologen und Psychiaters B. sowie des Chefarztes der Neurologischen Klinik des Ostalb-Klinikums Aalen, Dr. P., als sachverständige Zeugen. Dr. P. hat am 19.01.2009 ausgeführt, die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand sei stark eingeschränkt, so dass er auf dem Arbeitsmarkt als Hilfsarbeiter nicht mehr einsetzbar sei. Eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne vollschichtig ausgeführt werden, wenn die rechte Hand hierbei nicht wesentlich eingesetzt werden müsse. Das Führen eines Kraftfahrzeuges sei bei konventioneller Zündschlüssel-Starttechnik wegen der eingeschränkten Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand nicht möglich. Hinsichtlich der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und als Fußgänger bestünden keine Einschränkungen. Der Neurologe und Psychiater B. hat am 27.01.2009 ausgeführt, dass die Greiffunktion der rechten Hand deutlich beeinträchtigt, das Heben und Tragen von schweren Lasten nicht möglich und ferner das Arbeiten mit Werkzeugen etc. ebenfalls nur sehr bedingt möglich sei. Eine Tätigkeit als Hilfsarbeiter sei seiner Auffassung nach nicht mehr möglich, auch die Tätigkeit als Taxifahrer könne nur noch 3 bis 4 Stunden an 5 Tagen in der Woche ausgeübt werden. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten mindestens 3 bis 4 Stunden an 5 Tagen in der Woche ausgeübt werden, sofern auch die linke Hand eingesetzt werden könne.

Die Beklagte hat auf Hinweis des SG die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte sowie eine Tätigkeit als Museumswärter als konkrete Verweisungstätigkeit benannt.

Das SG hat weiter Beweis erhoben durch das Einholen eines handchirurgischen Fachgutachtens bei Prof. Dr. H., Bad Rappenau, vom 09.10.2009. Der Sachverständige hat einen Zustand nach kompletter Durchtrennung des Nervus ulnaris rechts mit mikrochirurgischer epineuraler Naht und Ventralverlagerung beschrieben. Es bestünde eine 9,5 cm lange reizlose Narbe über dem Epicondylus ulnaris humeri rechts, eine ausgedehnte Atrophie der gesamten rechten Handbinnenmuskulatur, eine leichte Sensibilitätsminderung im Bereich des Ring- und Kleinfingers, eine Muskelminderung im Bereich der Flexor carpi ulnaris-Sehne des Handgelenkbeugers und damit eine deutlich schwächere Kraft bei der Handgelenksbeugung im Vergleich zur Gegenseite, ein minimales, funktionell nicht relevantes Streckdefizit in den Mittelgelenken der Langfinger rechts, eine angedeutete Krallenhand rechts, ein ausgeprägtes Hoffmann-Tinel-Zeichen mit elektrisierenden Missempfindungen im Narbenbereich und eine deutliche Kraftgradminderung in allen Kraftarten, im Detail beim Grobgriff von 50%, beim Schlüsselgriff von 65% und beim Spitzgriff von 80%. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass der Kläger prinzipiell in der Lage sei, 8 Stunden täglich eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Die einzige Limitation, die seine berufliche Arbeitsfähigkeit einschränke, sei seine, die rechte Hand betreffende, verminderte Kraft (grobe Kraft, Schlüssel- und Spitzgriff). Aufgrund eines mangelnden Zugreifens auf einen runden Gegenstand, der einen Durchmesser von 8 cm habe, seien Tätigkeiten, bei denen er sicher mit beiden Händen schwere Gegenstände heben müsse, ausgeschlossen. Bei Tätigkeiten, für die die grobe Kraft der rechten Hand nicht benötigt werde, wie beim Zureichen von Gegenständen, die weniger als 3 kg wögen, beim Transportieren von Gegenständen, die weniger als 3 kg wögen, beim Reinigen, Sortieren und Verpacken leichterer Gegenstände sowie beim Einhandbedienen von Maschinen, die prinzipiell auch mit der linken Hand zu bedienen seien, gebe es keine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Der Kläger sei auch in der Lage eine Tätigkeit Pförtner an einer Nebenpforte oder als Museumswärter auszuüben. Er könne sicher mit einem Schlüssel und der rechten Hand ein Schloss bedienen und sei somit auch für den Wach- und Schließdienst fähig. Er sei der deutschen Sprache mächtig und könne zu Auskunftstätigkeiten an einer Informationsstelle sowie zu Kontrollgängen bei Schließ- und Wachdiensten eingesetzt werden. Er könne bei mehrfachen täglichen Rundgängen Türen öffnen und schließen und z.B. auch einen Schrankendienst übernehmen. Weil die berufliche Leistungsfähigkeit lediglich hinsichtlich der groben Kraft eingeschränkt sei, gehe man nicht von einem zeitlich geminderten Leistungsvermögen aus, sondern eher von einem körperlich geminderten Leistungsvermögen bezüglich der Kraft der rechten Hand. Auszuschließen seien Tätigkeiten, in denen der Kläger schwere Teile z B. Kisten oder Rundrohre sicher heben müsse oder Maschinenteile die mehr als 3 kg wögen mit beiden Händen sicher in Maschinen platzieren und entfernen müsse. Auszuschließen seien darüber hinaus Arbeiten z B. mit einem Hammer oder einer Säge, d. h. mit Werkzeugen, die einen runden Durchmesser hätten und sicher mit dem vollen Umgreifen der rechten Hand bedient werden müssten. Der Kläger sei jedoch durchaus in der Lage z. B. im Rahmen einer Tätigkeit bei einem Wach- und Schließdienst eine Taschenlampe zu bedienen, die Schließtätigkeit mit einem herkömmlichen Schlüssel zu verrichten, Schranken, Türen und Rolltüren zu öffnen und zu schließen. Dies gelte insbesondere für die Tätigkeit als Pförtner an einer Nebenpforte oder als Museumswärter. Aufgrund der leicht eingeschränkten Feinmotorik seien keine Tätigkeiten möglich, bei denen ein Arbeiten mit scharfen und spitzen Gegenständen notwendig sei (z. B. das Öffnen von Kartonagen mit einem Cutter oder ähnlichem Werkzeug). Tätigkeiten, die wiederholende schnelle Bewegungen der rechten Hand voraussetzten, könnten verletzungsbedingt nicht durchgeführt werden.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.12.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Das SG hat sich den Gutachten von Dr. B. und Prof. Dr. H. angeschlossen und ausgeführt, dass der Kläger sämtliche leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ausüben könne, die keine Feingeschicklichkeit und Fingerfertigkeit der rechten Hand abverlangten und bei denen keine Gegenstände von mehr als 3 kg gewogen, zugereicht, transportiert, gereinigt, sortiert oder verpackt werden müssten. Es ist von einer schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigung ausgegangen, welche zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit verpflichte. Insoweit komme jedoch die Verweisungstätigkeit eines Pförtners an einer Nebenpforte in Betracht, welche der Kläger ausüben könne.

Gegen den ihm am 24.12.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 5.01.2010 Berufung eingelegt.

Er macht geltend, die Arbeit eines Pförtners oder Museumswärters könne er wegen eines schlechten Führungszeugnisses nicht ausüben. Im Übrigen sei er wegen seiner kranken und schwachen Hand nicht mehr in der Lage, 6 Stunden am Tag erwerbstätig zu sein. Er sei deswegen auch von der türkischen Armee ausgemustert worden. Bei einer Schlägerei am 28.4.2010 sei er mit seiner verletzten Hand auf Glasscherben gefallen. Die Wunde habe genäht werden müssen. Er legt den handschriftlichen Bericht über die Notfallbehandlung am Klinikum Crailsheim, in dem multiple Prellungen und Abschürfungen am ganzen oberen Körperabschnitt, eine Knieprellung rechts, eine Ellenbogenprellung rechts und eine Wundversorgung an der linken Hand beschrieben wurden, sowie über die Vorstellung vom 01.05.2010 vor. Außerdem legt er einen Bericht von Prof. Dr. Sch., Universitätsklinikum Tübingen, vom 07.06.2010 vor, wo er sich am 31.05.2010 vorgestellt hat. Dort wird berichtet, dass es aus neurochirurgischer Sicht nicht zu einem Durchwachsen des Nervus ulnaris im Bereich der Readaptationsstelle am ventral verlagerten Nervus ulnaris gekommen sei. Der Kläger zeige wenig Bereitschaft, mit den vorhandenen Defiziten auf dem Arbeitsmarkt tätig zu werden. Ferner legt er das Zweite Rentengutachten der Dr. M.-B. vom 14.01.2010 für die Verwaltungsberufsgenossenschaft vor. Sie beschreibt weiterhin ein komplettes Bild einer Ulnarisläsion nach traumatischer Durchtrennung des Nervus ulnaris mit deutlicher Atrophie und Krallenhandbildung, welche auch weiterhin eine Verletztenrente um 30 v.H. der Vollrente rechtfertige.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Heilbronn vom 17. Dezember 2009 sowie den Bescheid vom 27. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung ab Antragsstellung in gesetzlicher Höhe zu gewähren,

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrem bisher vertretenen Standpunkt fest und verweist auf den Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässig.

Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, weil der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung deshalb nicht besteht, weil der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.

Ergänzend bleibt lediglich anzumerken, dass der Senat schon erhebliche Zweifel daran hat, ob angesichts der Feststellungen im Gutachten von Prof. Dr. H. von einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung ausgegangen werden muss. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liegt eine volle Erwerbsminderung ausnahmsweise selbst bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit dann vor, wenn der Arbeitsmarkt wegen besonderer spezifischer Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist. Dem liegt zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nr.110). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie den Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. Eine Verweisungstätigkeit braucht erst dann benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen daher entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12; BSG, Urteil vom 9. September 1998, B 13 RJ 35/97 R [in Juris)]). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt nach der Rechtsprechung des BSG (BSG 27.04.1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr. 90) jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich ist. Unter Berücksichtigung dessen wird den Einschränkungen des Klägers infolge seines Arbeitsunfalles nach Überzeugung des Senats bereits im Wesentlichen durch die Berücksichtigung nur leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Rechnung getragen. Nach dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. H. besteht als wesentliche Einschränkung eine im Bereich der rechten Hand vorliegende verminderte Kraft sowohl im Hinblick auf die grobe Kraftentfaltungen als auch beim Ausführen des Schlüssel- und Spitzgriffes und daneben noch eine leicht beeinträchtigte Feinmotorik. Dadurch werden weder vollschichtige Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen noch ist der Kläger hierdurch – gerade im Vergleich mit einem von der Rechtsprechung im Bereich der spezifischen Leistungseinschränkungen anerkannten Einarmigen - so eingeschränkt, dass der Arbeitsmarkt als verschlossen angesehen werden müsste. Schließlich ist der Kläger in der Lage, Gegenstände, die nicht mehr als 3 kg wiegen, zuzureichen, zu transportieren, zu reinigen, zu sortieren oder zu verpacken. Weitere qualitative Einschränkungen wie Anforderungen an die Geh- und Stehfähigkeit, besondere Anforderungen an das Umfeld des Arbeitsplatzes etc. sind insoweit nicht zu berücksichtigen. So belegen die Untersuchungen bei Prof. Dr. H., dass von einer funktionellen Einarmigkeit nicht ausgegangen werden kann. Dagegen spricht auch, dass sowohl die Schulter- als auch Ellenbogengelenksbeweglichkeit uneingeschränkt und der Kläger noch in der Lage gewesen ist, ein Rohr mit einem Durchmesser von 3 cm auch gegen Widerstand zu halten, einen Schlüssel zu halten und damit ein Schloss zu öffnen und auch eine Büroklammer von einer glatten Tischplatte aufzuheben. Darüber hinaus ist der Kläger, wie seine handschriftlich verfassten Widerspruchs-, Klage- und Berufungsbegründungen zeigen, in der Lage, mit der rechten Hand zu schreiben. Nur Tätigkeiten, die mit dem Hantieren schwerer Gegenstände verbunden sind und die mit beiden Händen sicher in Maschinen platziert oder entfernt werden müssen, sowie Arbeiten mit Werkzeugen, die einen runden Durchmesser haben und sicher mit dem vollen Umgreifen der rechten Hand bedient werden müssen (ohne dass hierdurch beispielsweise aber im Rahmen einer Tätigkeit bei einem Wach- und Schließdienst das Bedienen einer Taschenlampe ausgeschlossen wäre), sind ihm nicht mehr möglich. Ausgeschlossen sind darüber hinaus, wegen der vom Sachverständigen beschriebenen leicht eingeschränkten Feinmotorik, Tätigkeiten, die mit dem Hantieren von scharfen und spitzen Gegenständen verbunden sind und solche, die wiederholende, schnelle Bewegungen der rechten Hand voraussetzen. Damit ist die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nach Überzeugung des Senats aber noch nicht in so vielfältiger Weise und/oder in so erheblichem Umfange eingeschränkt, dass von der Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgegangen werden müsste. Dies belegt schon der Umstand, dass Prof. Dr. H. in seinem Gutachten neben den Tätigkeiten als Pförtner an einer Nebenpforte oder Museumswärter auch die Beschäftigung bei einem Wach- und Schließdienst für zumutbar gehalten hat.

Doch selbst wenn man entgegen dieser Ausführungen vom Vorliegen einer spezifischen Leistungseinschränkung ausgehen müsste, ist der Kläger zumutbar - wie das SG ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - auf eine Tätigkeit als Pförtner an einer Nebenpforte verweisbar.

Der Pförtner an der Nebenpforte hat insbesondere bekannte Fahrzeuge der Firma bzw. Mitarbeiter passieren zu lassen (vgl. hierzu BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 35/95). Die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte kann im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden und ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden. Tätigkeiten eines Pförtners an der Nebenpforte erfordern auch keine besonderen sprachlichen Anforderungen an das Kommunikationsvermögen. Pförtnertätigkeiten kommen darüber hinaus in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor. Pförtnertätigkeiten eignen sich auch für - wie hier - Personen, deren obere Extremitäten Funktionsbeeinträchtigungen aufweisen oder deren Hebe- und Tragefähigkeit eingeschränkt ist, weil derartige Einschränkungen sich - je nach konkretem Arbeitsplatz - berücksichtigen lassen. Es gibt nach Feststellungen des Berufsverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. sogar Tätigkeiten im Pfortenbereich, die lediglich im Sitzen ausgeführt werden können und bei denen der Pförtner nur auf ein Klingelzeichen hin die Tür öffnen muss. Arbeitsplätze als Pförtner sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in genügender Anzahl vorhanden und sind nicht nur leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten, sondern werden auch mit Bewerbern vom freien Arbeitsmarkt besetzt (vgl. zu vorstehendem die Nachweise im Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 20.06.2007, L 10 R 3353/07). Darüber hinaus ist die Funktionsfähigkeit der rechten Hand nicht soweit eingeschränkt, dass ihm nicht auch gelegentliche kurze Schreibarbeiten (Ausfüllen eines Passierscheines etc.) zugemutet werden könnten, wie der Senat den dem Sozialgericht und ihm selbst vom Kläger handschriftlich verfassten Schreiben sowie dem Gutachten von Prof. Dr. H. entnimmt. Ob entsprechende Arbeitsplätze frei oder besetzt sind, ist nicht zu ermitteln, denn das Risiko, dass der Kläger möglicherweise keinen geeigneten Arbeitsplatz finden könnte, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 19; BSG NZS 1993, 403, 404 und vom 21.7.1992 - 3 RA 13/91). Gleiches gilt für den vom Kläger behaupteten Umstand, sein Führungszeugnis stünde einer Vermittlung auf die genannten Stellen entgegen. Im Übrigen ist von einem Bewerber für eine entsprechende Stelle in der Regel kein polizeiliches Führungszeugnis vorzulegen.

Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus den im Berufungsverfahren vorgelegten weiteren Befundberichten und (Renten-)Gutachten. Die unveränderte Bewertung im Zweiten Rentengutachten von Dr. M.-B. vom 14.01.2010 bestätigt vielmehr gerade, dass eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist. Es bestand daher auch kein Anlass, die Untersuchung und den Befund der Untersuchung beim Neurologen Dr. P., Ostalb Klinikum Aalen, abzuwarten. Eine Verschlimmerung ist vom Kläger nicht substantiiert behauptet worden und ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem ebenfalls vorgelegten Bericht des Neurologen Prof. Dr. Sch., Klinik für Neurochirurgie im Universitätsklinikum Tübingen vom 07.06.2010 nach einer Untersuchung am 31.05.2010.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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