Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 162/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer operativen Brustkorrektur und Bauchdeckenstraffung.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin wog nach eigenen Angaben Ende 2001 ca. 130 kg bei einer Körpergröße von 1,70 m, das entsprach einem Body-Mass-Index (BMI) von 45,0. Am 27.08.2002 untersuchte Prof. Dr. O., Chefarzt der Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des St.-N.-O. S., die Klägerin. Er stellte ein Gewicht von 98 kg und eine Größe von 1,70 m (BMI: 33,9) fest; es bestehe eine ausgeprägte Bauchdeckenfalte und ausgeprägte hängende asymmetrische Brüste, rechts größer als links; die Klägerin fühle sich wegen ihrer Körperkontur in ihrem psychosozialen Umfeld sehr verunsichert. Dr. O. schlug eine Straffung der Brüste, ggf. eine Implantation einer Prothese, und eine Bauchdeckenstraffung mit einer Liposuktion vor. Von Februar bis August 2003 und erneut ab April 2005 befand sich die Klägerin in psychiatrischer Behandlung bei Frau Dr. I. wegen Essstörung und Anpassungsstörung. In einem Attest vom 25.04.2005 bescheinigte Dr. I., die Klägerin leide seit ihrer Gewichtsabnahme massiv unter der Erschlaffung ihrer Haut sowie der unterschiedlichen Größe ihrer Mammae; um weiteren seelischen Belastungen vorzubeugen, empfahl Dr. I. von ihrem Fachgebiet her eine operative Veränderung (Mammae-Korrektur). Am 18.11.2008 untersuchte Dr. O. die Klägerin erneut; er diagnostizierte einen Zustand nach erheblicher Gewichtsreduktion von 130 kg auf 95 kg; er empfahl, nach weiterer Gewichtsreduktion auf 85 - 90 kg eine Bauchdeckenstraffung und einen Ausgleich der Brustasymmetrie operativ durchzuführen.
Am 05.12.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die empfohlenen Operationen bei Dr. O. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dr. P. stellte im Gutachten vom 15.01.2009 nach Untersuchung der Klägerin ein Gewicht von 103,5 kg und eine Größe von 1,70 m (BMI: 35,8) fest. Er kam zum Ergebnis, die Brustasymmetrie sei nur unbekleidet erkennbar. Die Operationen seien nicht indiziert.
Am 15.01.2009 führte Dr. O. auf Kosten der Klägerin eine operative Straffung der Oberarme sowie der Achsel und eine leichte Unterpolsterung der seitlichen Brustdrüse durch; diese chirurgischen Maßnahmen sind nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Gestützt auf das MDK-Gutachten lehnte die Beklagte die beantragte Bauchdeckenstraffung und Brustkorrektur durch Bescheid vom 03.02.2009 ab mit der Begründung, es handele sich hierbei nicht um eine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Dagegen legte die Klägerin am 09.03.2009 Widerspruch ein. Sie trug vor, sie sei durch die Brustasymmetrie und die erhebliche Gewichtsreduktion erheblich beeinträchtigt; sie leide unter Ess- und Anpassungsstörungen; die Operationen seien ihr zur Vorbeugung seelischer Belastungen ärztlich empfohlen worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch nach Einholung einer ergänzenden MDK-Stellungnahme durch Widerspruchsbescheid vom 09.09.2009 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 08.10.2009 Klage erhoben. Sie weist darauf hin, 140 kg gewogen und ihr Gewicht um 40 kg reduziert zu haben; die schlaffe Bauchhaut und die ungleich großen Brüste verursachten erhebliche psychische Beschwerden. Hinzu komme, dass im Bereich der Bauchfalten sehr oft Pilzerkrankungen aufträten. Deshalb seien nach Ansicht der Klägerin die empfohlenen Operationen notwendig.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.02.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2009 zu verurteilen, ihr eine operative Korrektur der linken Brust und eine Bauchdeckenstraffung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Gericht von Dr. O. ärztliche Unterlagen beigezogen und einen Befundbericht vom 23.03.2010 eingeholt. Auf Anforderung des Gerichts hat die Klägerin Lichtbilder vorgelegt, die ihre unbekleidete Brust- und Bauchpartie in Front- und Seitenansicht zeigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat zu Recht die beantragten Operationen abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine operative Brustkorrektur und eine Bauchdeckenstraffung zu Lasten der GKV.
Gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung setzt also eine "Krankheit" voraus. Damit wird in der Rechtsprechung ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand umschrieben, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (BSG, Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R = BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 3 m.w.N.). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (BSG, Urteil vom 28.02.2008 - B 1 KR 19/07 R = SozR 4-2500 § 27 Nr. 14 m.w.N.).
Die - von der Klägerin als störend empfundene - Asymmetrie ihrer Brüste ist für sich genommen kein Befund von Krankheitswert, der eine operative Behandlung erforderlich macht. Anhand der von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder konnte sich die Kammer einen Eindruck vom Zustand der Brüste der Klägerin machen. Diese lassen eine allenfalls diskrete Asymmetrie von relativ geringem Ausmaß erkennen. Eine derartige Brustasymmetrie bewegt sich noch im Rahmen des Normalen und stellt keine Missbildung bzw. Entstellung dar, die operativ behandelt werden müsste.
Die bei der Klägerin infolge der Reduzierung des Körpergewichts von 130 bis 140 kg auf 90 - 100 kg entstandenen Hautlappenüberschüsse im Bauchbereich im Sinne einer sogenannten "Fettschürze" können schon deshalb nicht als behandlungsbedürftige Krankheit bewertet werden, weil damit keine körperliche Fehlfunktion verbunden ist (vgl. hierzu Urteil der Kammer vom 08.09.2009 - S 13 KR 85/09 -, LSG NRW Urteil vom 08.05.2008 - L 5 KR 91/07 -; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.11.2006 - L 4 KR 60/04 -; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.01.2006 - L 5 KR 65/05 -; Sächsisches LSG, Urteil vom 23.03.2005 - L 1 KR 24/04 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2004 - L 11 KR 896/94 -).
Eine Regelwidrigkeit und damit eine Krankheit ließe sich allenfalls in Bezug auf Hautveränderungen (Ekzem/Rötung/Pilzbildung) begründen, sofern diese durch die hängenden Brüste und die überhängende Bauchdecke hervorgerufen würden, wie die Klägerin dies in der Klageschrift angesprochen hat. Solche Hautveränderungen führen jedoch nicht dazu, dass die beantragten operativen Eingriffe vorgenommen werden müssten; denn sie sind dermatologisch behandelbar. Die Klägerin hat weder dargelegt noch ist dies ersichtlich, dass bei ihr eine therapieresistente Hauterkrankung durch die Falten unter den Brüsten und der Bauchdecke vorliegt.
Soweit die Klägerin und ihre behandelnden Ärzte eine psychische Belastung ("sehr verunsichert", "seelische Belastungen", "erhebliche psychische Beschwerden", "Vorbeugung seelischer Belastungen") durch die Brustasymmetrie und die erschlaffte Haut geltend machen, mag dies einen operativen Eingriff ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Denn nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteile vom 19.10.2004 und 28.02.2008, a.a.O.) ist derartigen Belastungen nicht mit chirurgischen Eingriffen in eine an sich gesunde Körpersubstanz, sondern mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu begegnen (ebenso in Bezug auf eine Bauchdeckenplastik: LSG NRW, Urteil vom 08.05.2008 - L 5 KR 91/07; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.01.2006 - L 5 KR 65/05; Sächsisches LSG, Urteil vom 23.03.2005 - L 1 KR 24/04 und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2004 - L 11 KR 896/04; speziell in Bezug auf eine Bodylift-(Hautstraffungs-)Operation: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.11.2006 - L 4 KR 60/04).
Wie bereits für die Brustasymmetrie dargelegt, lässt sich die Leistungspflicht der Beklagten auch im Hinblick auf die Hautlappenüberschüsse im Bauchbereich (Fettschürze) nicht damit begründen, dass die Klägerin wegen einer äußerlichen Entstellung als behandlungsbedürftig anzusehen und die begehrte Bauchdeckenstraffungsoperation durchzuführen wäre. Die Kammer konnte sich aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Fotografien davon überzeugen, dass die überschüssige Haut weder im Bereich der Brust noch im Bereich des Bauches entstellend ist. Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Annormalität. Vielmehr - so das BSG (Urteil vom 28.02.2008, a.a.O.) - "muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist ... Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein: Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines sechsten Fingers an einer Hand. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt". Nach diesen Maßstäben sind nach Überzeugung der Kammer die Hautlappenüberschüsse im Bereich der Brust und des Bauches der Klägerin nicht entstellend. Die Bauchhautfalte bildet zwar eine Schürze, kann jedoch durch weite Kleidung bedeckt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer operativen Brustkorrektur und Bauchdeckenstraffung.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin wog nach eigenen Angaben Ende 2001 ca. 130 kg bei einer Körpergröße von 1,70 m, das entsprach einem Body-Mass-Index (BMI) von 45,0. Am 27.08.2002 untersuchte Prof. Dr. O., Chefarzt der Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des St.-N.-O. S., die Klägerin. Er stellte ein Gewicht von 98 kg und eine Größe von 1,70 m (BMI: 33,9) fest; es bestehe eine ausgeprägte Bauchdeckenfalte und ausgeprägte hängende asymmetrische Brüste, rechts größer als links; die Klägerin fühle sich wegen ihrer Körperkontur in ihrem psychosozialen Umfeld sehr verunsichert. Dr. O. schlug eine Straffung der Brüste, ggf. eine Implantation einer Prothese, und eine Bauchdeckenstraffung mit einer Liposuktion vor. Von Februar bis August 2003 und erneut ab April 2005 befand sich die Klägerin in psychiatrischer Behandlung bei Frau Dr. I. wegen Essstörung und Anpassungsstörung. In einem Attest vom 25.04.2005 bescheinigte Dr. I., die Klägerin leide seit ihrer Gewichtsabnahme massiv unter der Erschlaffung ihrer Haut sowie der unterschiedlichen Größe ihrer Mammae; um weiteren seelischen Belastungen vorzubeugen, empfahl Dr. I. von ihrem Fachgebiet her eine operative Veränderung (Mammae-Korrektur). Am 18.11.2008 untersuchte Dr. O. die Klägerin erneut; er diagnostizierte einen Zustand nach erheblicher Gewichtsreduktion von 130 kg auf 95 kg; er empfahl, nach weiterer Gewichtsreduktion auf 85 - 90 kg eine Bauchdeckenstraffung und einen Ausgleich der Brustasymmetrie operativ durchzuführen.
Am 05.12.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die empfohlenen Operationen bei Dr. O. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dr. P. stellte im Gutachten vom 15.01.2009 nach Untersuchung der Klägerin ein Gewicht von 103,5 kg und eine Größe von 1,70 m (BMI: 35,8) fest. Er kam zum Ergebnis, die Brustasymmetrie sei nur unbekleidet erkennbar. Die Operationen seien nicht indiziert.
Am 15.01.2009 führte Dr. O. auf Kosten der Klägerin eine operative Straffung der Oberarme sowie der Achsel und eine leichte Unterpolsterung der seitlichen Brustdrüse durch; diese chirurgischen Maßnahmen sind nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Gestützt auf das MDK-Gutachten lehnte die Beklagte die beantragte Bauchdeckenstraffung und Brustkorrektur durch Bescheid vom 03.02.2009 ab mit der Begründung, es handele sich hierbei nicht um eine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Dagegen legte die Klägerin am 09.03.2009 Widerspruch ein. Sie trug vor, sie sei durch die Brustasymmetrie und die erhebliche Gewichtsreduktion erheblich beeinträchtigt; sie leide unter Ess- und Anpassungsstörungen; die Operationen seien ihr zur Vorbeugung seelischer Belastungen ärztlich empfohlen worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch nach Einholung einer ergänzenden MDK-Stellungnahme durch Widerspruchsbescheid vom 09.09.2009 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 08.10.2009 Klage erhoben. Sie weist darauf hin, 140 kg gewogen und ihr Gewicht um 40 kg reduziert zu haben; die schlaffe Bauchhaut und die ungleich großen Brüste verursachten erhebliche psychische Beschwerden. Hinzu komme, dass im Bereich der Bauchfalten sehr oft Pilzerkrankungen aufträten. Deshalb seien nach Ansicht der Klägerin die empfohlenen Operationen notwendig.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.02.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2009 zu verurteilen, ihr eine operative Korrektur der linken Brust und eine Bauchdeckenstraffung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Gericht von Dr. O. ärztliche Unterlagen beigezogen und einen Befundbericht vom 23.03.2010 eingeholt. Auf Anforderung des Gerichts hat die Klägerin Lichtbilder vorgelegt, die ihre unbekleidete Brust- und Bauchpartie in Front- und Seitenansicht zeigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat zu Recht die beantragten Operationen abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine operative Brustkorrektur und eine Bauchdeckenstraffung zu Lasten der GKV.
Gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung setzt also eine "Krankheit" voraus. Damit wird in der Rechtsprechung ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand umschrieben, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (BSG, Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R = BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 3 m.w.N.). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (BSG, Urteil vom 28.02.2008 - B 1 KR 19/07 R = SozR 4-2500 § 27 Nr. 14 m.w.N.).
Die - von der Klägerin als störend empfundene - Asymmetrie ihrer Brüste ist für sich genommen kein Befund von Krankheitswert, der eine operative Behandlung erforderlich macht. Anhand der von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder konnte sich die Kammer einen Eindruck vom Zustand der Brüste der Klägerin machen. Diese lassen eine allenfalls diskrete Asymmetrie von relativ geringem Ausmaß erkennen. Eine derartige Brustasymmetrie bewegt sich noch im Rahmen des Normalen und stellt keine Missbildung bzw. Entstellung dar, die operativ behandelt werden müsste.
Die bei der Klägerin infolge der Reduzierung des Körpergewichts von 130 bis 140 kg auf 90 - 100 kg entstandenen Hautlappenüberschüsse im Bauchbereich im Sinne einer sogenannten "Fettschürze" können schon deshalb nicht als behandlungsbedürftige Krankheit bewertet werden, weil damit keine körperliche Fehlfunktion verbunden ist (vgl. hierzu Urteil der Kammer vom 08.09.2009 - S 13 KR 85/09 -, LSG NRW Urteil vom 08.05.2008 - L 5 KR 91/07 -; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.11.2006 - L 4 KR 60/04 -; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.01.2006 - L 5 KR 65/05 -; Sächsisches LSG, Urteil vom 23.03.2005 - L 1 KR 24/04 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2004 - L 11 KR 896/94 -).
Eine Regelwidrigkeit und damit eine Krankheit ließe sich allenfalls in Bezug auf Hautveränderungen (Ekzem/Rötung/Pilzbildung) begründen, sofern diese durch die hängenden Brüste und die überhängende Bauchdecke hervorgerufen würden, wie die Klägerin dies in der Klageschrift angesprochen hat. Solche Hautveränderungen führen jedoch nicht dazu, dass die beantragten operativen Eingriffe vorgenommen werden müssten; denn sie sind dermatologisch behandelbar. Die Klägerin hat weder dargelegt noch ist dies ersichtlich, dass bei ihr eine therapieresistente Hauterkrankung durch die Falten unter den Brüsten und der Bauchdecke vorliegt.
Soweit die Klägerin und ihre behandelnden Ärzte eine psychische Belastung ("sehr verunsichert", "seelische Belastungen", "erhebliche psychische Beschwerden", "Vorbeugung seelischer Belastungen") durch die Brustasymmetrie und die erschlaffte Haut geltend machen, mag dies einen operativen Eingriff ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Denn nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteile vom 19.10.2004 und 28.02.2008, a.a.O.) ist derartigen Belastungen nicht mit chirurgischen Eingriffen in eine an sich gesunde Körpersubstanz, sondern mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu begegnen (ebenso in Bezug auf eine Bauchdeckenplastik: LSG NRW, Urteil vom 08.05.2008 - L 5 KR 91/07; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.01.2006 - L 5 KR 65/05; Sächsisches LSG, Urteil vom 23.03.2005 - L 1 KR 24/04 und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2004 - L 11 KR 896/04; speziell in Bezug auf eine Bodylift-(Hautstraffungs-)Operation: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.11.2006 - L 4 KR 60/04).
Wie bereits für die Brustasymmetrie dargelegt, lässt sich die Leistungspflicht der Beklagten auch im Hinblick auf die Hautlappenüberschüsse im Bauchbereich (Fettschürze) nicht damit begründen, dass die Klägerin wegen einer äußerlichen Entstellung als behandlungsbedürftig anzusehen und die begehrte Bauchdeckenstraffungsoperation durchzuführen wäre. Die Kammer konnte sich aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Fotografien davon überzeugen, dass die überschüssige Haut weder im Bereich der Brust noch im Bereich des Bauches entstellend ist. Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Annormalität. Vielmehr - so das BSG (Urteil vom 28.02.2008, a.a.O.) - "muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist ... Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein: Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines sechsten Fingers an einer Hand. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt". Nach diesen Maßstäben sind nach Überzeugung der Kammer die Hautlappenüberschüsse im Bereich der Brust und des Bauches der Klägerin nicht entstellend. Die Bauchhautfalte bildet zwar eine Schürze, kann jedoch durch weite Kleidung bedeckt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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