Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 AL 25/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 AL 4/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 149/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.11.2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten auch im Berufungsverfahren einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 08.11.1999 bis zum 02.01.2000, die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 03.01.2000 bis zum 09.02.2000 und die Erstattung von 2.121,02 Euro Arbeitslosengeld und -hilfe zuzüglich 463,30 Euro Kranken- und 46,51 Euro Pflegeversicherungsbeiträge.
Der am ...1959 geborene Kläger meldete sich im Juli 1999 arbeitslos. Bei der Antragsabgabe bestätigte der Kläger unterschriftlich das Merkblatt 1 für Arbeitslose, "Dienste und Leistungen" erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben. Das Merkblatt, Stand April 1999, enthält unter anderem folgende Hinweise:
"Sie müssen für den Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe arbeitslos sein. Arbeitslos ist, wer vorübergehend in keinem Beschäftigungsverhältnis steht und eine Beschäftigung sucht ... Es ist in Ihrem eigenen Interesse sehr wichtig, dass Sie jede angenommene Beschäftigung vor deren Beginn dem Arbeitsamt anzeigen. Bei Nichtanzeige kann die Leistung erst wieder nach erneuter Arbeitslosmeldung gezahlt werden ... Es können Ihnen bei nicht rechtzeitiger Anzeige der Arbeitsaufnahme unter Umständen erhebliche finanzielle Nachteile entstehen. (Seite 18, 19)"
"Insbesondere in den nachstehend aufgeführten Fällen ist es wichtig, dass Sie sofort Ihr Arbeitsamt benachrichtigen: ... 2. Wenn Sie eine Arbeit übernehmen - ... Eine Mitteilung des Arbeitgebers an die Krankenkasse über Ihre Arbeitsaufnahme reicht nicht aus. Verlassen Sie sich auch nicht auf eventuelle Zusagen anderer, z. B. Ihres Arbeitgebers, Ihre Beschäftigungsaufnahme dem Arbeitsamt anzuzeigen. Hierzu sind ausschließlich Sie selbst verpflichtet; ..." (Seite 62)
"Wer zu Unrecht Leistungen erhalten hat, muss sie zurückzahlen, soweit die Bewilligung aufgehoben wird. Nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches ist eine Leistungsbewilligung dann aufzuheben, wenn die bewilligte Leistung dem Betroffenen nicht zustand und er insbesondere vorsätzlich oder grob fahrlässig ... eine Änderung seiner Verhältnisse nicht rechtzeitig mitgeteilt hat ... , gewusst hat oder leicht erkennen konnte, dass er kein oder nur einen niedrigeren Leistungsanspruch hatte, ..." (Seite 63)
Mit Bescheid vom 26.07.1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 07.07.1999 in Höhe von 327,95 DM wöchentlich. Der Kläger bezog Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruches am 02.01.2000. Am 16.11.1999 beantragte der Kläger die Gewährung von Arbeitslosenhilfe. In dem Antragsformular bestätigte der Kläger erneut unterschriftlich, das Merkblatt für Arbeitslose zur Kenntnis genommen zu haben. Die unter 2c gestellte Frage nach den innerhalb der letzten sieben Jahre zurückgelegten Beschäftigungszeiten beantwortete er nicht. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger dieses Antragsformular nicht persönlich im Arbeitsamt abgegeben hat. Mit Bescheid vom 11.01.2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab dem 03.01.2000 in Höhe von 280,72 DM wöchentlich. Am 10.02.2000 meldete sich der Kläger auf Grund einer Einladung persönlich im Arbeitsamt.
Mit Schreiben vom 03.04.2001 teilte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte der Beklagten mit, dass der Kläger am 08.11. und 09.11.1999 Versicherungszeiten bei der S ... GmbH zurückgelegt habe. Ausweislich der daraufhin von der Beklagten eingeholten Arbeitsbescheinigung der S ... GmbH wurde der Kläger am 08.11. und 09.11.1999 als Tischler beschäftigt. Der Kläger selbst hat im Termin zur mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz angegeben, er habe am 08.11. und 09.11.1999 insgesamt 25 Stunden gearbeitet und sei erst gegen 22.30 Uhr zu Hause gewesen. Dieser Arbeitsbelastung sei er nicht gewachsen gewesen und deshalb sofort wieder krank geworden.
Nachdem die Beklagte den Kläger angehört hatte, hob sie mit Bescheid vom 22.08.2001 die Bewilligung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 08.11.1999 bis zum 09.02.2000 auf und forderte die Erstattung von 5.145.45 DM. Für den Zeitraum vom 08.11. bis zum 09.11.1999 sei er versicherungspflichtig beschäftigt und deshalb nicht arbeitslos gewesen. Da er die Aufnahme der Beschäftigung nicht unverzüglich angezeigt habe, sei seine persönliche Arbeitslosmeldung gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) bis zum Tag vor der erneuten persönlichen Arbeitslosmeldung am 10.02.2000 entfallen.
Zur Begründung seines hiergegen am 29.08.2001 eingelegten Widerspruchs räumte der Kläger ein, in der Zeit vom 08.11. bis 09.11.1999 versicherungspflichtig gearbeitet zu haben. Er sei aber davon ausgegangen, dass ihn sein Arbeitgeber ordnungsgemäß bei der Beklagten anmelden würde. Außerdem habe er in dieser Zeit nur zur Probe gearbeitet. Er habe keinen Arbeitsvertrag unterschrieben, da er in Absprache mit seinem Arbeitgeber zunächst ausprobieren wollte, ob er gesundheitlich den Arbeitsanforderungen standhalten könne. Dies sei, wie sich nach zwei Tagen herausgestellt habe, leider nicht der Fall gewesen. Er könne deshalb nicht nachvollziehen, warum man seine Bemühungen um ein Arbeitsverhältnis nun damit bestrafe, dass man einen Betrag in Höhe von 5.145,45 DM zurückverlange. Er halte die Höhe der festgesetzten Nachzahlung für grob unverhältnismäßig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2002 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Für den Zeitraum vom 08.11. bis 09.11.1999 habe der Kläger in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden, so dass er in diesem Zeitraum nicht arbeitslos gewesen sei. Auch Probearbeitsverhältnisse könnten sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse darstellen. Da der Kläger die Aufnahme der Beschäftigung nicht unverzüglich angezeigt habe, sei seine persönliche Arbeitslosmeldung gemäß § 122 Nr. 2 SGB III erloschen, so dass der Leistungsanspruch deshalb auch ab dem 10.11.1999 entfallen sei. Er habe erst am 10.02.2000 erneut persönlich im Arbeitsamt vorgesprochen, so dass die persönliche Meldung bis zum 09.02.2000 erloschen sei. Aus diesem Grunde sei sein Leistungsanspruch für den Zeitraum vom 08.11.1999 bis 09.02.2000 weggefallen.
Hiergegen hat der Kläger am 27.02.2002 Klage erhoben. Zur Begründung hat er ergänzend darauf hingewiesen, dass ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis nicht beabsichtigt gewesen sei. Seine Erkrankungen hätten eine Arbeitsaufnahme gänzlich unmöglich gemacht. Trotz seiner Tätigkeit vom 08.11. bis 09.11.1999 habe er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Die Tätigkeit sei lediglich zu seiner Erprobung aufgenommen worden, vergleichbar mit einem Vorstellungsgespräch.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 22.08.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2002 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihr bisheriges Vorbringen und darauf verwiesen, dass der Kläger selbst innerhalb der Probezeit zum Ablauf des zweiten Arbeitstages gekündigt habe, so dass von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen werden müsse.
Mit Urteil vom 18.11.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht u.a. ausgeführt, dass die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der S ... GmbH mit einer Arbeitszeit von allein 25 Stunden in den ersten zwei Tagen von dem Kläger nicht in Abrede gestellt werde. Es habe sich um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt. Der Kläger habe gegen die gesetzliche Pflicht zur Mitwirkung verstoßen. Auf diese Verpflichtung werde mehrfach in dem "Merkblatt für Arbeitslose" hingewiesen. Eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung im Sinne vom § 122 SGB III liege erst am 10.02.2000 wieder vor. Insofern könne die Tatsache, dass der Kläger ab dem 10.11.1999 wieder beschäftigungslos im Sinne von § 118 SGB III gewesen sei, keinen neuen Leistungsanspruch begründen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III beständen nicht. Insbesondere verstoße die Vorschrift nicht gegen das aus dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit folgende Gebot der Verhältnismäßigkeit.
Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die Leistungsbewilligung von Arbeitslosengeld für die Vergangenheit zurückzunehmen, weil der Kläger schuldhaft die Änderung in seinen Verhältnissen der Beklagten nicht mitgeteilt habe. Die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe könne die Beklagte auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X stützen. Die Bewilligungsentscheidung sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Denn im Zeitpunkt der Bewilligung habe der Kläger seine gem. § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III erloschene Meldung noch nicht wieder erneuert. Dies sei erst mit seiner persönlichen Vorsprache am 10.02.2000 erfolgt. Da der Kläger die Tätigkeit bei der Firma S ... nicht angegeben habe, beruhe die Bewilligungsentscheidung auf den unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben des Klägers.
Wegen der weiteren Entscheidungsgründe wird auf Blatt 24 ff der Gerichtsakten verwiesen.
Gegen das ihm am 20.12.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.01.2003 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er darauf, dass die Höhe der Rückforderung in einem krassen Missverhältnis zu dem festgestellten Sachverhalt stehe. Er habe nur an zwei Tagen - probeweise - gearbeitet. Er habe sich bemüht, seine Arbeitslosigkeit zu beenden und die Beklagte finanziell nicht weiter zu belasten. Bei verfassungsrechtlicher Würdigung ständen Zweck und Mittel in einem unangemessenen Verhältnis. Darüber hinaus sei auch die konkrete Einzelfallentscheidung der Beklagten grob unverhältnismäßig und daher verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.11.2002 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 22.08.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass der Kläger zur Rückzahlung der gewährten Leistungen bis zu dem Tag seiner erneuten persönlichen Arbeitslosmeldung verpflichtet sei. Der Aufhebungszeitraum umfasse keine drei Monate, so dass die Beklagte selbst nach der alten Rechtslage ihrer Schadensminderungspflicht nachgekommen wäre. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden aus ihrer Sicht nicht.
Der weiteren Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den übrigen Inhalt der Streitakten und der Leistungsakten der Beklagten (Stamm-Nr ...), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs.2 SGG). Mit zutreffenden Gründen, die sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtlage zu Eigen macht ( § 153 Abs. 2 SGG), hat das Sozialgericht angenommen, dass die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 08.11.1999 bis zum 02.01.2000 und die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 03.01.2000 bis zum 09.02.2000 aufheben und die Erstattung von 2.121,02 Euro Arbeitslosengeld und -hilfe zuzüglich 463,30 Euro Kranken- und 46,51 Euro Pflegeversicherungsbeiträge verlangen kann.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III die Wirkung der Arbeitslosmeldung erlischt, wenn der Arbeitslose eine Beschäftigung aufnimmt. Gemeint sind solche Beschäftigungen, die die Arbeitslosigkeit unterbrechen oder beenden (BT-Drs. 13/4941 S. 176 zu § 122 Abs. 2.). Der Kläger beabsichtigte unzweifelhaft, eine Vollzeitarbeit aufzunehmen. Entscheidend ist die voraussichtliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt seiner Begründung (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.1999, B 11 AL 53/99 R, DBlR 4591a, AFG, § 102). Die Merkmale und Umstände, wie sie beim Beginn der Beschäftigung vorgelegen haben, sind auch dann maßgebend, wenn die Beurteilung erst nach Beendigung der Beschäftigung erfolgt (BSG, Urteil vom 30.05.1978, 7 RAr 48/77, SozR 4100 § 102 Nr.3). Ausweislich der Arbeitsbescheinigung sollte die Beschäftigung von Montag bis Freitag ausgeübt werden. Die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit sollte 37 Stunden betragen. Darüber hinaus spricht das Bruttoentgelt für zwei Arbeitstage in Höhe von 566,00 DM dafür, dass der Kläger eine Vollzeitbeschäftigung ausgeübt bzw. angestrebt hat. Ist eine Vollzeittätigkeit aufgenommen worden, kommt es wegen der Maßgeblichkeit der vorausschauenden Beurteilung auf die zeitliche Dauer der Beschäftigung nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 17. 03.1981 - 7 RAr 19/80, DBlR 2676a AFG/ § 104, Das Beitragsrecht/Meuer C 56 A 1a 4). Es ist daher unerheblich, dass der Kläger nur zwei Tage vollzeitig beschäftigt gewesen ist.
Für eine Beschäftigung von weniger als 15 Stunden gibt es ebenso wie für ein beabsichtigtes Probearbeitsverhältnis keine Anhaltspunkte. Selbst wenn es sich um eine versuchsweise Probearbeit für wenige Tage gehandelt hätte, hätte dies die Arbeitslosigkeit entfallen lassen. Denn aus einem Probeverhältnis ergeben sich dieselben Rechte und Pflichten wie aus einem sonstigen Arbeitsverhältnis (Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 10. Auflage, München 2002 § 40 I. 2, Rdn. 6). Zudem ist der Kläger offensichtlich selbst von einem ordentlichen Arbeitsverhältnis ausgegangen, da es andernfalls nicht der von ihm ausgesprochenen Kündigung bedurft hätte.
Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht aus dem Rechtsinstitut des missglückten Arbeitsversuchs herleiten. Die Rechtsfigur des missglückten Arbeitsversuchs ist seit Inkrafttreten des SGB V ( am 1.1.1989) nicht mehr anzuwenden (vgl. BSG, Urteil vom 23. 07. 1996, 7 RAr 14/96, SozR 3-4100 § 105 Nr. 4; Urteil vom 04.12.1997, 12 RK 3/97, SozR 3-2500 § 5 Nr. 37). Bei der Aufnahme einer (mehr als kurzzeitigen) Beschäftigung handelt es sich jedenfalls um eine tatsächliche Gegebenheit, die nicht ungeschehen gemacht werden kann (BSG, Urteil vom 04. 12. 1997, 12 RK 3/97, SozR 3-2500 § 5 Nr. 37).
Der Rückforderung von überzahltem Arbeitslosengeld bzw. überzahlter Arbeitslosenhilfe für den gesamten streitigen Zeitraum steht im vorliegenden Fall auch nicht die Schadensminderungspflicht der Beklagten gegenüber. Aus dem Sozialrechtsverhältnis wird grundsätzlich die Pflicht der Beteiligten abgeleitet, sich gegenseitig vor vermeidbarem, das Versicherungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewahren (BSG, Urteil vom 01.08.1996, 11 RAr 9/96, DBlR 4324a, AFG/§ 105). Eine dahingehende Verpflichtung besteht für die Beklagte grundsätzlich dann, wenn sie trotz Kenntnis einer nicht mitgeteilten Zwischenbeschäftigung verspätet reagiert und die Rückforderung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe den Versicherten im Übermaß belasten würde (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. 01. 2002, L 12 AL 1886/01 - nicht veröffentlicht). Allein der Umstand, dass die Beklagte vorliegend Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe für drei Monate und einen Tag (für die Zeit vom 08.11.1999 bis 09.02.2000) zurückgefordert hat, belastet den Kläger jedoch nicht im Übermaß. Der Wegfall des regelmäßigen (dreimonatigen) Meldeturnus (2. SGB III-ÄndG v. 21.07.1999 - BGBl. I S. 1648) bedeutet nicht, dass die Obliegenheit zur Schadensminderung unabhängig vom Zeitablauf und bei jeder Maßnahme eingreift, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass eine andere Handlung zweckmäßiger gewesen wäre (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg a.a.O.). Vielmehr bleibt zu beachten, dass die Beklagte in der Zeit vom 08.11.1999 bis 09.02.2000 weder Gelegenheit noch Veranlassung hatte, auf eine Arbeitslosmeldung des Klägers hinzuwirken. Die Beklagte hat selbst erst mit Schreiben der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 03.04.2001 Kenntnis von der Aufnahme der Tätigkeit erhalten. Sie ist keinesfalls verpflichtet, alle erdenklichen Maßnahmen, die zur Schadensminderung geeignet sind, einzuleiten. Dies gilt vorliegend insbesondere auch deshalb, weil sie darauf vertrauen durfte, dass der Kläger in seinem am 16.11.1999 gestellten Antrag auf Arbeitslosenhilfe - also im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit - wahrheitsgemäße Angaben gemacht hat. Der Kläger kann sich jedoch nicht auf die Schadensminderungspflicht der Beklagten berufen, wenn er selbst die zumutbare Möglichkeit zur Schadensminderung ausgelassen hat.
Die vom Kläger geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken führen zu keiner anderen Beurteilung. Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld wird grundsätzlich durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Grundgesetz (GG) geschützt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. 02. 1987, 1 BvL 15/83 , SozR 4100 § 120 Nr. 2; Beschluss vom 18. November 1986 - 1 BvL 29/83).
Im Rahmen des § 122 Abs.2 Nr.2 SGB III erfolgt kein unmittelbarer Eingriff in eine geschützte Rechtsposition. Vielmehr wird die (zeitliche) Wirkung einer zuvor erfolgten persönlichen Arbeitslosmeldung für den Fall der Aufnahme einer Beschäftigung konkretisiert. Die begrenzte Wirkung der Arbeitslosmeldung führt erst dann zum Anspruchsverlust, wenn der Versicherte sich nach Ausübung einer - wenngleich kurzfristigen Beschäftigung - nicht erneut persönlich arbeitslos meldet. Ein Eingriff in geschützte Rechtsposition kann mithin allenfalls darin gesehen werden, dass der Versicherte, selbst bei einer kurzfristigen versicherungspflichtigen Beschäftigung, seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen Fehlens einer - in Abweichung zu der nach § 122 Abs.2 Nr.1 SGB III nicht erforderlichen - erneuten Arbeitslosmeldung (für längere Zeit) verliert.
Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Aufgabe des Gesetzgebers ist. Dem Gesetzgeber kommen insoweit grundsätzlich weite Gestaltungsmöglichkeiten zu. Dies gilt insbesondere für Regelungen, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit sozialer Sicherungssysteme sicherzustellen. Gegen die zeitweise Versagung von Arbeitslosengeld ist daher verfassungsrechtlich nichts einzuwenden, soweit das der Abwehr von missbräuchlicher Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes dient und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Februar 1987, 1 BvL 15/83, SozR 4100 § 120 Nr.2). Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss die Einschränkung der Eigentümerbefugnisse zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und notwendig sein; sie darf den Betroffenen nicht übermäßig belasten und muss ihm zumutbar sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 1981, 1 BvL 24/78, BVerfGE 58, 137 (148) m. w. N.).
Die persönliche Arbeitslosmeldung soll - entgegen der Regelung des § 122 Abs.2 Nr.1 SGB III - dann nicht fortwirken, wenn der Arbeitslose seinen Anzeigepflichten nicht nachgekommen ist. Damit soll verhindert werden, dass Schwarzarbeitern, die ihre Beschäftigung verschwiegen haben, aus der Regelung der Nr. 1 ungerechtfertigte Vorteile erwachsen (BT-Drucks. 13/4941 S. 176 zu § 122). Die Regelung verfolgt mithin in erster Linie den Zweck, die Schwarzarbeit und den Leistungsmissbrauch zu bekämpfen. Sie dient damit der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Arbeitslosenversicherung. Die Regelung des § 122 Abs. 2 Nr.2 SGB III ist geeignet, den Leistungsmissbrauch zu verhindern, weil sie den Versicherten zwingt, jede Beschäftigung mitzuteilen, da er andernfalls befürchten muss, dass eine verschwiegene Beschäftigung - über ihre Beendigung hinaus - zu einem längeren Anspruchsverlust mangels erneuter Arbeitslosmeldung führt. Dabei ist es notwendig, dass die Rechtsfolgen unabhängig von der Dauer der Beschäftigung eintreten. Denn einerseits wird Schwarzarbeit erfahrungsgemäß nur über einen relativ kurzen Zeitraum ausgeübt, andererseits sind gerade kurzfristige Beschäftigungen schwer erkennbar bzw. feststellbar und damit das Risiko des Eintritts eines Schadens für die Versichertengemeinschaft besonders hoch. Allein die Notwendigkeit, sich erneut arbeitslos zu melden, um den Anspruch auf das Arbeitslosengeld zu erhalten, wird für den Versicherten zumutbar sein und ihn nicht übermäßig belasten. Dem steht nicht entgegen, dass der Versicherte mit der erneuten Arbeitslosmeldung möglicherweise zugleich offenbaren muss, ohne entsprechende Mitteilung versicherungspflichtig beschäftigt gewesen zu sein und damit angesichts des gleichzeitigen Leistungsbezuges eine strafbare Handlung begangen zu haben. Grundsätzlich findet die Wahrheitspflicht dort ihre Grenzen, wo der Versicherte gezwungen wäre, eine ihm zur Unehre gereichende Tatsache oder eine von ihm begangene strafbare Handlung zu offenbaren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.01.1981, 1 BvR 116/77, BVerfGE 56, 37 ff). Für den Bereich der Gewährung von Sozialleistungen bestimmt § 65 Abs. 3 SGB I, dass der Leistungsberechtigte solche Angaben verweigern darf, die ihn der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung aussetzen. Vorliegend bleibt zu beachten, dass der Kläger, allein um sich arbeitslos zu melden, nicht zwangsläufig eine Beschäftigung hätte angeben und sich damit selbstbezichtigen müssen. Zur erneuten Arbeitslosmeldung hätte es durchaus ausgereicht, wenn der Kläger seinen Antrag auf Arbeitslosenhilfe persönlich beim Arbeitsamt abgegeben hätte. Im Übrigen trägt der gegen den Zwang zur Selbstbezichtigung geschützte Versicherte letztlich das Risiko einer für ihn ungünstigen Tatsachenwürdigung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.01.1981, a.a.O.). Das Erfordernis des Nachweises der Anspruchsberechtigung - hier der Arbeitslosmeldung - entfällt daher nicht durch den Wegfall der Mitwirkungspflicht (vgl. Kasseler Kommentar - Seewald, § 65 SGB I, Rdn. 42).
Selbst die mittelbare Folge der fehlenden Arbeitslosmeldung - vorliegend der Anspruchsverlust über einen Zeitraum von ca. drei Monaten - ist dem Kläger zumutbar, weil gerade dadurch unterstrichen wird, dass die Verletzung der Mitteilungspflichten - hier das Verschweigen einer (versicherungspflichtigen) Beschäftigung - und der damit verbundene Leistungsmissbrauch nachhaltige Folgen hat. Im Übrigen bleibt zu berücksichtigen, dass der Versicherte, durch die unterbliebene Arbeitslosmeldung, den Fortfall einer der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld zu verantworten hat. Der Anspruchsverlust tritt mithin nicht unabhängig von seinem Verschulden ein (anders als im vom BVerfG entschiedenen Rechtsstreit, vgl. Beschluss vom 10.02.1987, 1 BvL 15/83, SozR 4100 § 120 Nr. 2). Darüber hinaus finden - im Rahmen der Prüfung der groben Fahrlässigkeit (§§ 45 Abs. 2 Nr. 2; 48 Abs. 1 Nr. 2 SGB X) - solche in der Person des Versicherten liegende Gründe Berücksichtigung, die ein Absehen von der in diesen Fällen typischen Rückforderung der Leistungen für geboten erscheinen lassen. So lassen - unter Beachtung des Bildungsstands und der individuellen Erfahrenheit des Versicherten - beispielsweise mangelnde Einsichts- und Urteilsfähigkeit, grundsätzlich die grobe Fahrlässigkeit und damit einen Rückforderungsanspruch entfallen (vgl. Schroeder-Printzen/Wiesner, SGB X, § 45 Nr. 22, 24). Auch vor diesem Hintergrund entsprechen die Rechtsfolgen der Regelung des § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die dafür nach § 160 Abs.2 Nr.1 bzw. Nr.2 SGG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 08.11.1999 bis zum 02.01.2000, die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 03.01.2000 bis zum 09.02.2000 und die Erstattung von 2.121,02 Euro Arbeitslosengeld und -hilfe zuzüglich 463,30 Euro Kranken- und 46,51 Euro Pflegeversicherungsbeiträge.
Der am ...1959 geborene Kläger meldete sich im Juli 1999 arbeitslos. Bei der Antragsabgabe bestätigte der Kläger unterschriftlich das Merkblatt 1 für Arbeitslose, "Dienste und Leistungen" erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben. Das Merkblatt, Stand April 1999, enthält unter anderem folgende Hinweise:
"Sie müssen für den Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe arbeitslos sein. Arbeitslos ist, wer vorübergehend in keinem Beschäftigungsverhältnis steht und eine Beschäftigung sucht ... Es ist in Ihrem eigenen Interesse sehr wichtig, dass Sie jede angenommene Beschäftigung vor deren Beginn dem Arbeitsamt anzeigen. Bei Nichtanzeige kann die Leistung erst wieder nach erneuter Arbeitslosmeldung gezahlt werden ... Es können Ihnen bei nicht rechtzeitiger Anzeige der Arbeitsaufnahme unter Umständen erhebliche finanzielle Nachteile entstehen. (Seite 18, 19)"
"Insbesondere in den nachstehend aufgeführten Fällen ist es wichtig, dass Sie sofort Ihr Arbeitsamt benachrichtigen: ... 2. Wenn Sie eine Arbeit übernehmen - ... Eine Mitteilung des Arbeitgebers an die Krankenkasse über Ihre Arbeitsaufnahme reicht nicht aus. Verlassen Sie sich auch nicht auf eventuelle Zusagen anderer, z. B. Ihres Arbeitgebers, Ihre Beschäftigungsaufnahme dem Arbeitsamt anzuzeigen. Hierzu sind ausschließlich Sie selbst verpflichtet; ..." (Seite 62)
"Wer zu Unrecht Leistungen erhalten hat, muss sie zurückzahlen, soweit die Bewilligung aufgehoben wird. Nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches ist eine Leistungsbewilligung dann aufzuheben, wenn die bewilligte Leistung dem Betroffenen nicht zustand und er insbesondere vorsätzlich oder grob fahrlässig ... eine Änderung seiner Verhältnisse nicht rechtzeitig mitgeteilt hat ... , gewusst hat oder leicht erkennen konnte, dass er kein oder nur einen niedrigeren Leistungsanspruch hatte, ..." (Seite 63)
Mit Bescheid vom 26.07.1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 07.07.1999 in Höhe von 327,95 DM wöchentlich. Der Kläger bezog Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruches am 02.01.2000. Am 16.11.1999 beantragte der Kläger die Gewährung von Arbeitslosenhilfe. In dem Antragsformular bestätigte der Kläger erneut unterschriftlich, das Merkblatt für Arbeitslose zur Kenntnis genommen zu haben. Die unter 2c gestellte Frage nach den innerhalb der letzten sieben Jahre zurückgelegten Beschäftigungszeiten beantwortete er nicht. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger dieses Antragsformular nicht persönlich im Arbeitsamt abgegeben hat. Mit Bescheid vom 11.01.2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab dem 03.01.2000 in Höhe von 280,72 DM wöchentlich. Am 10.02.2000 meldete sich der Kläger auf Grund einer Einladung persönlich im Arbeitsamt.
Mit Schreiben vom 03.04.2001 teilte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte der Beklagten mit, dass der Kläger am 08.11. und 09.11.1999 Versicherungszeiten bei der S ... GmbH zurückgelegt habe. Ausweislich der daraufhin von der Beklagten eingeholten Arbeitsbescheinigung der S ... GmbH wurde der Kläger am 08.11. und 09.11.1999 als Tischler beschäftigt. Der Kläger selbst hat im Termin zur mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz angegeben, er habe am 08.11. und 09.11.1999 insgesamt 25 Stunden gearbeitet und sei erst gegen 22.30 Uhr zu Hause gewesen. Dieser Arbeitsbelastung sei er nicht gewachsen gewesen und deshalb sofort wieder krank geworden.
Nachdem die Beklagte den Kläger angehört hatte, hob sie mit Bescheid vom 22.08.2001 die Bewilligung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 08.11.1999 bis zum 09.02.2000 auf und forderte die Erstattung von 5.145.45 DM. Für den Zeitraum vom 08.11. bis zum 09.11.1999 sei er versicherungspflichtig beschäftigt und deshalb nicht arbeitslos gewesen. Da er die Aufnahme der Beschäftigung nicht unverzüglich angezeigt habe, sei seine persönliche Arbeitslosmeldung gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) bis zum Tag vor der erneuten persönlichen Arbeitslosmeldung am 10.02.2000 entfallen.
Zur Begründung seines hiergegen am 29.08.2001 eingelegten Widerspruchs räumte der Kläger ein, in der Zeit vom 08.11. bis 09.11.1999 versicherungspflichtig gearbeitet zu haben. Er sei aber davon ausgegangen, dass ihn sein Arbeitgeber ordnungsgemäß bei der Beklagten anmelden würde. Außerdem habe er in dieser Zeit nur zur Probe gearbeitet. Er habe keinen Arbeitsvertrag unterschrieben, da er in Absprache mit seinem Arbeitgeber zunächst ausprobieren wollte, ob er gesundheitlich den Arbeitsanforderungen standhalten könne. Dies sei, wie sich nach zwei Tagen herausgestellt habe, leider nicht der Fall gewesen. Er könne deshalb nicht nachvollziehen, warum man seine Bemühungen um ein Arbeitsverhältnis nun damit bestrafe, dass man einen Betrag in Höhe von 5.145,45 DM zurückverlange. Er halte die Höhe der festgesetzten Nachzahlung für grob unverhältnismäßig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2002 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Für den Zeitraum vom 08.11. bis 09.11.1999 habe der Kläger in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden, so dass er in diesem Zeitraum nicht arbeitslos gewesen sei. Auch Probearbeitsverhältnisse könnten sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse darstellen. Da der Kläger die Aufnahme der Beschäftigung nicht unverzüglich angezeigt habe, sei seine persönliche Arbeitslosmeldung gemäß § 122 Nr. 2 SGB III erloschen, so dass der Leistungsanspruch deshalb auch ab dem 10.11.1999 entfallen sei. Er habe erst am 10.02.2000 erneut persönlich im Arbeitsamt vorgesprochen, so dass die persönliche Meldung bis zum 09.02.2000 erloschen sei. Aus diesem Grunde sei sein Leistungsanspruch für den Zeitraum vom 08.11.1999 bis 09.02.2000 weggefallen.
Hiergegen hat der Kläger am 27.02.2002 Klage erhoben. Zur Begründung hat er ergänzend darauf hingewiesen, dass ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis nicht beabsichtigt gewesen sei. Seine Erkrankungen hätten eine Arbeitsaufnahme gänzlich unmöglich gemacht. Trotz seiner Tätigkeit vom 08.11. bis 09.11.1999 habe er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Die Tätigkeit sei lediglich zu seiner Erprobung aufgenommen worden, vergleichbar mit einem Vorstellungsgespräch.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 22.08.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2002 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihr bisheriges Vorbringen und darauf verwiesen, dass der Kläger selbst innerhalb der Probezeit zum Ablauf des zweiten Arbeitstages gekündigt habe, so dass von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen werden müsse.
Mit Urteil vom 18.11.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht u.a. ausgeführt, dass die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der S ... GmbH mit einer Arbeitszeit von allein 25 Stunden in den ersten zwei Tagen von dem Kläger nicht in Abrede gestellt werde. Es habe sich um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt. Der Kläger habe gegen die gesetzliche Pflicht zur Mitwirkung verstoßen. Auf diese Verpflichtung werde mehrfach in dem "Merkblatt für Arbeitslose" hingewiesen. Eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung im Sinne vom § 122 SGB III liege erst am 10.02.2000 wieder vor. Insofern könne die Tatsache, dass der Kläger ab dem 10.11.1999 wieder beschäftigungslos im Sinne von § 118 SGB III gewesen sei, keinen neuen Leistungsanspruch begründen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III beständen nicht. Insbesondere verstoße die Vorschrift nicht gegen das aus dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit folgende Gebot der Verhältnismäßigkeit.
Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die Leistungsbewilligung von Arbeitslosengeld für die Vergangenheit zurückzunehmen, weil der Kläger schuldhaft die Änderung in seinen Verhältnissen der Beklagten nicht mitgeteilt habe. Die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe könne die Beklagte auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X stützen. Die Bewilligungsentscheidung sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Denn im Zeitpunkt der Bewilligung habe der Kläger seine gem. § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III erloschene Meldung noch nicht wieder erneuert. Dies sei erst mit seiner persönlichen Vorsprache am 10.02.2000 erfolgt. Da der Kläger die Tätigkeit bei der Firma S ... nicht angegeben habe, beruhe die Bewilligungsentscheidung auf den unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben des Klägers.
Wegen der weiteren Entscheidungsgründe wird auf Blatt 24 ff der Gerichtsakten verwiesen.
Gegen das ihm am 20.12.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.01.2003 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er darauf, dass die Höhe der Rückforderung in einem krassen Missverhältnis zu dem festgestellten Sachverhalt stehe. Er habe nur an zwei Tagen - probeweise - gearbeitet. Er habe sich bemüht, seine Arbeitslosigkeit zu beenden und die Beklagte finanziell nicht weiter zu belasten. Bei verfassungsrechtlicher Würdigung ständen Zweck und Mittel in einem unangemessenen Verhältnis. Darüber hinaus sei auch die konkrete Einzelfallentscheidung der Beklagten grob unverhältnismäßig und daher verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.11.2002 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 22.08.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass der Kläger zur Rückzahlung der gewährten Leistungen bis zu dem Tag seiner erneuten persönlichen Arbeitslosmeldung verpflichtet sei. Der Aufhebungszeitraum umfasse keine drei Monate, so dass die Beklagte selbst nach der alten Rechtslage ihrer Schadensminderungspflicht nachgekommen wäre. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden aus ihrer Sicht nicht.
Der weiteren Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den übrigen Inhalt der Streitakten und der Leistungsakten der Beklagten (Stamm-Nr ...), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs.2 SGG). Mit zutreffenden Gründen, die sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtlage zu Eigen macht ( § 153 Abs. 2 SGG), hat das Sozialgericht angenommen, dass die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 08.11.1999 bis zum 02.01.2000 und die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 03.01.2000 bis zum 09.02.2000 aufheben und die Erstattung von 2.121,02 Euro Arbeitslosengeld und -hilfe zuzüglich 463,30 Euro Kranken- und 46,51 Euro Pflegeversicherungsbeiträge verlangen kann.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III die Wirkung der Arbeitslosmeldung erlischt, wenn der Arbeitslose eine Beschäftigung aufnimmt. Gemeint sind solche Beschäftigungen, die die Arbeitslosigkeit unterbrechen oder beenden (BT-Drs. 13/4941 S. 176 zu § 122 Abs. 2.). Der Kläger beabsichtigte unzweifelhaft, eine Vollzeitarbeit aufzunehmen. Entscheidend ist die voraussichtliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt seiner Begründung (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.1999, B 11 AL 53/99 R, DBlR 4591a, AFG, § 102). Die Merkmale und Umstände, wie sie beim Beginn der Beschäftigung vorgelegen haben, sind auch dann maßgebend, wenn die Beurteilung erst nach Beendigung der Beschäftigung erfolgt (BSG, Urteil vom 30.05.1978, 7 RAr 48/77, SozR 4100 § 102 Nr.3). Ausweislich der Arbeitsbescheinigung sollte die Beschäftigung von Montag bis Freitag ausgeübt werden. Die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit sollte 37 Stunden betragen. Darüber hinaus spricht das Bruttoentgelt für zwei Arbeitstage in Höhe von 566,00 DM dafür, dass der Kläger eine Vollzeitbeschäftigung ausgeübt bzw. angestrebt hat. Ist eine Vollzeittätigkeit aufgenommen worden, kommt es wegen der Maßgeblichkeit der vorausschauenden Beurteilung auf die zeitliche Dauer der Beschäftigung nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 17. 03.1981 - 7 RAr 19/80, DBlR 2676a AFG/ § 104, Das Beitragsrecht/Meuer C 56 A 1a 4). Es ist daher unerheblich, dass der Kläger nur zwei Tage vollzeitig beschäftigt gewesen ist.
Für eine Beschäftigung von weniger als 15 Stunden gibt es ebenso wie für ein beabsichtigtes Probearbeitsverhältnis keine Anhaltspunkte. Selbst wenn es sich um eine versuchsweise Probearbeit für wenige Tage gehandelt hätte, hätte dies die Arbeitslosigkeit entfallen lassen. Denn aus einem Probeverhältnis ergeben sich dieselben Rechte und Pflichten wie aus einem sonstigen Arbeitsverhältnis (Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 10. Auflage, München 2002 § 40 I. 2, Rdn. 6). Zudem ist der Kläger offensichtlich selbst von einem ordentlichen Arbeitsverhältnis ausgegangen, da es andernfalls nicht der von ihm ausgesprochenen Kündigung bedurft hätte.
Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht aus dem Rechtsinstitut des missglückten Arbeitsversuchs herleiten. Die Rechtsfigur des missglückten Arbeitsversuchs ist seit Inkrafttreten des SGB V ( am 1.1.1989) nicht mehr anzuwenden (vgl. BSG, Urteil vom 23. 07. 1996, 7 RAr 14/96, SozR 3-4100 § 105 Nr. 4; Urteil vom 04.12.1997, 12 RK 3/97, SozR 3-2500 § 5 Nr. 37). Bei der Aufnahme einer (mehr als kurzzeitigen) Beschäftigung handelt es sich jedenfalls um eine tatsächliche Gegebenheit, die nicht ungeschehen gemacht werden kann (BSG, Urteil vom 04. 12. 1997, 12 RK 3/97, SozR 3-2500 § 5 Nr. 37).
Der Rückforderung von überzahltem Arbeitslosengeld bzw. überzahlter Arbeitslosenhilfe für den gesamten streitigen Zeitraum steht im vorliegenden Fall auch nicht die Schadensminderungspflicht der Beklagten gegenüber. Aus dem Sozialrechtsverhältnis wird grundsätzlich die Pflicht der Beteiligten abgeleitet, sich gegenseitig vor vermeidbarem, das Versicherungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewahren (BSG, Urteil vom 01.08.1996, 11 RAr 9/96, DBlR 4324a, AFG/§ 105). Eine dahingehende Verpflichtung besteht für die Beklagte grundsätzlich dann, wenn sie trotz Kenntnis einer nicht mitgeteilten Zwischenbeschäftigung verspätet reagiert und die Rückforderung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe den Versicherten im Übermaß belasten würde (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. 01. 2002, L 12 AL 1886/01 - nicht veröffentlicht). Allein der Umstand, dass die Beklagte vorliegend Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe für drei Monate und einen Tag (für die Zeit vom 08.11.1999 bis 09.02.2000) zurückgefordert hat, belastet den Kläger jedoch nicht im Übermaß. Der Wegfall des regelmäßigen (dreimonatigen) Meldeturnus (2. SGB III-ÄndG v. 21.07.1999 - BGBl. I S. 1648) bedeutet nicht, dass die Obliegenheit zur Schadensminderung unabhängig vom Zeitablauf und bei jeder Maßnahme eingreift, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass eine andere Handlung zweckmäßiger gewesen wäre (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg a.a.O.). Vielmehr bleibt zu beachten, dass die Beklagte in der Zeit vom 08.11.1999 bis 09.02.2000 weder Gelegenheit noch Veranlassung hatte, auf eine Arbeitslosmeldung des Klägers hinzuwirken. Die Beklagte hat selbst erst mit Schreiben der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 03.04.2001 Kenntnis von der Aufnahme der Tätigkeit erhalten. Sie ist keinesfalls verpflichtet, alle erdenklichen Maßnahmen, die zur Schadensminderung geeignet sind, einzuleiten. Dies gilt vorliegend insbesondere auch deshalb, weil sie darauf vertrauen durfte, dass der Kläger in seinem am 16.11.1999 gestellten Antrag auf Arbeitslosenhilfe - also im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit - wahrheitsgemäße Angaben gemacht hat. Der Kläger kann sich jedoch nicht auf die Schadensminderungspflicht der Beklagten berufen, wenn er selbst die zumutbare Möglichkeit zur Schadensminderung ausgelassen hat.
Die vom Kläger geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken führen zu keiner anderen Beurteilung. Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld wird grundsätzlich durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Grundgesetz (GG) geschützt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. 02. 1987, 1 BvL 15/83 , SozR 4100 § 120 Nr. 2; Beschluss vom 18. November 1986 - 1 BvL 29/83).
Im Rahmen des § 122 Abs.2 Nr.2 SGB III erfolgt kein unmittelbarer Eingriff in eine geschützte Rechtsposition. Vielmehr wird die (zeitliche) Wirkung einer zuvor erfolgten persönlichen Arbeitslosmeldung für den Fall der Aufnahme einer Beschäftigung konkretisiert. Die begrenzte Wirkung der Arbeitslosmeldung führt erst dann zum Anspruchsverlust, wenn der Versicherte sich nach Ausübung einer - wenngleich kurzfristigen Beschäftigung - nicht erneut persönlich arbeitslos meldet. Ein Eingriff in geschützte Rechtsposition kann mithin allenfalls darin gesehen werden, dass der Versicherte, selbst bei einer kurzfristigen versicherungspflichtigen Beschäftigung, seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen Fehlens einer - in Abweichung zu der nach § 122 Abs.2 Nr.1 SGB III nicht erforderlichen - erneuten Arbeitslosmeldung (für längere Zeit) verliert.
Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Aufgabe des Gesetzgebers ist. Dem Gesetzgeber kommen insoweit grundsätzlich weite Gestaltungsmöglichkeiten zu. Dies gilt insbesondere für Regelungen, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit sozialer Sicherungssysteme sicherzustellen. Gegen die zeitweise Versagung von Arbeitslosengeld ist daher verfassungsrechtlich nichts einzuwenden, soweit das der Abwehr von missbräuchlicher Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes dient und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Februar 1987, 1 BvL 15/83, SozR 4100 § 120 Nr.2). Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss die Einschränkung der Eigentümerbefugnisse zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und notwendig sein; sie darf den Betroffenen nicht übermäßig belasten und muss ihm zumutbar sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 1981, 1 BvL 24/78, BVerfGE 58, 137 (148) m. w. N.).
Die persönliche Arbeitslosmeldung soll - entgegen der Regelung des § 122 Abs.2 Nr.1 SGB III - dann nicht fortwirken, wenn der Arbeitslose seinen Anzeigepflichten nicht nachgekommen ist. Damit soll verhindert werden, dass Schwarzarbeitern, die ihre Beschäftigung verschwiegen haben, aus der Regelung der Nr. 1 ungerechtfertigte Vorteile erwachsen (BT-Drucks. 13/4941 S. 176 zu § 122). Die Regelung verfolgt mithin in erster Linie den Zweck, die Schwarzarbeit und den Leistungsmissbrauch zu bekämpfen. Sie dient damit der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Arbeitslosenversicherung. Die Regelung des § 122 Abs. 2 Nr.2 SGB III ist geeignet, den Leistungsmissbrauch zu verhindern, weil sie den Versicherten zwingt, jede Beschäftigung mitzuteilen, da er andernfalls befürchten muss, dass eine verschwiegene Beschäftigung - über ihre Beendigung hinaus - zu einem längeren Anspruchsverlust mangels erneuter Arbeitslosmeldung führt. Dabei ist es notwendig, dass die Rechtsfolgen unabhängig von der Dauer der Beschäftigung eintreten. Denn einerseits wird Schwarzarbeit erfahrungsgemäß nur über einen relativ kurzen Zeitraum ausgeübt, andererseits sind gerade kurzfristige Beschäftigungen schwer erkennbar bzw. feststellbar und damit das Risiko des Eintritts eines Schadens für die Versichertengemeinschaft besonders hoch. Allein die Notwendigkeit, sich erneut arbeitslos zu melden, um den Anspruch auf das Arbeitslosengeld zu erhalten, wird für den Versicherten zumutbar sein und ihn nicht übermäßig belasten. Dem steht nicht entgegen, dass der Versicherte mit der erneuten Arbeitslosmeldung möglicherweise zugleich offenbaren muss, ohne entsprechende Mitteilung versicherungspflichtig beschäftigt gewesen zu sein und damit angesichts des gleichzeitigen Leistungsbezuges eine strafbare Handlung begangen zu haben. Grundsätzlich findet die Wahrheitspflicht dort ihre Grenzen, wo der Versicherte gezwungen wäre, eine ihm zur Unehre gereichende Tatsache oder eine von ihm begangene strafbare Handlung zu offenbaren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.01.1981, 1 BvR 116/77, BVerfGE 56, 37 ff). Für den Bereich der Gewährung von Sozialleistungen bestimmt § 65 Abs. 3 SGB I, dass der Leistungsberechtigte solche Angaben verweigern darf, die ihn der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung aussetzen. Vorliegend bleibt zu beachten, dass der Kläger, allein um sich arbeitslos zu melden, nicht zwangsläufig eine Beschäftigung hätte angeben und sich damit selbstbezichtigen müssen. Zur erneuten Arbeitslosmeldung hätte es durchaus ausgereicht, wenn der Kläger seinen Antrag auf Arbeitslosenhilfe persönlich beim Arbeitsamt abgegeben hätte. Im Übrigen trägt der gegen den Zwang zur Selbstbezichtigung geschützte Versicherte letztlich das Risiko einer für ihn ungünstigen Tatsachenwürdigung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.01.1981, a.a.O.). Das Erfordernis des Nachweises der Anspruchsberechtigung - hier der Arbeitslosmeldung - entfällt daher nicht durch den Wegfall der Mitwirkungspflicht (vgl. Kasseler Kommentar - Seewald, § 65 SGB I, Rdn. 42).
Selbst die mittelbare Folge der fehlenden Arbeitslosmeldung - vorliegend der Anspruchsverlust über einen Zeitraum von ca. drei Monaten - ist dem Kläger zumutbar, weil gerade dadurch unterstrichen wird, dass die Verletzung der Mitteilungspflichten - hier das Verschweigen einer (versicherungspflichtigen) Beschäftigung - und der damit verbundene Leistungsmissbrauch nachhaltige Folgen hat. Im Übrigen bleibt zu berücksichtigen, dass der Versicherte, durch die unterbliebene Arbeitslosmeldung, den Fortfall einer der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld zu verantworten hat. Der Anspruchsverlust tritt mithin nicht unabhängig von seinem Verschulden ein (anders als im vom BVerfG entschiedenen Rechtsstreit, vgl. Beschluss vom 10.02.1987, 1 BvL 15/83, SozR 4100 § 120 Nr. 2). Darüber hinaus finden - im Rahmen der Prüfung der groben Fahrlässigkeit (§§ 45 Abs. 2 Nr. 2; 48 Abs. 1 Nr. 2 SGB X) - solche in der Person des Versicherten liegende Gründe Berücksichtigung, die ein Absehen von der in diesen Fällen typischen Rückforderung der Leistungen für geboten erscheinen lassen. So lassen - unter Beachtung des Bildungsstands und der individuellen Erfahrenheit des Versicherten - beispielsweise mangelnde Einsichts- und Urteilsfähigkeit, grundsätzlich die grobe Fahrlässigkeit und damit einen Rückforderungsanspruch entfallen (vgl. Schroeder-Printzen/Wiesner, SGB X, § 45 Nr. 22, 24). Auch vor diesem Hintergrund entsprechen die Rechtsfolgen der Regelung des § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die dafür nach § 160 Abs.2 Nr.1 bzw. Nr.2 SGG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Rechtskraft
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NRW
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