Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 3 RJ 279/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 289/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Erwerbsminderung
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) streitig.
Die am ... 1949 geborene Klägerin absolvierte nach Abschluss der Hilfsschule mit der achten Klasse keine Berufsausbildung. Sie war von 1966 bis 1968 als Ladenhilfe, von 1969 bis 1975 als Stationshilfe und von 1975 bis Mai 1993 als Raumpflegerin bei der Bahn und in einem Möbelwerk versicherungspflichtig beschäftigt. Bis Ende Mai 1999 war sie arbeitslos gemeldet, bevor sie vom 1. Juni 1999 bis zum 7. September 2000 als Haushaltshilfe und vom 23. Januar bis zum 19. Mai 2003 als Reinigungskraft und Stationshilfe versicherungspflichtig tätig war. Seitdem ist sie arbeitslos. Bereits seit 1994 bezieht sie Witwenrente.
Den dem Streitverfahren zugrunde liegenden Rentenantrag stellte die Klägerin am 4. Dezember 2003 mit der Begründung, wegen eines Bandscheibenvorfalls seit Mai 2003 keine Arbeiten mehr verrichten zu können. Die Beklagte zog zunächst die ärztlichen Unterlagen aus den vorangegangenen Rentenverfahren bei. Im Rahmen des ersten Rentenantrags vom 2. November 1995, der mit Bescheid vom 23. Juli 1996 bestandskräftig abgelehnt worden war, hatte die Beklagte u.a. den Entlassungsbericht des Eisenmoorbades Bad S. vom 29. Mai 1996 über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 25. April bis zum 23. Mai 1996 beigezogen. Dort werden als Diagnosen ein chronisches Dorsalsyndrom bei Haltungsverfall und dezenter Skoliose, eine schmerzhafte Auftreibung der 2. Rippe links ventral (Tietze-Syndrom) und ein depressives Syndrom genannt. Die Klägerin sei in der Tätigkeit als Raumpflegerin nur unterhalbschichtig leistungsfähig. Eine leichte körperliche Tätigkeit ohne Zwangshaltungen des Rumpfes und ohne besondere geistige Beanspruchung sei vollschichtig möglich. Anlässlich des zweiten mit Bescheid vom 18. Februar 2000 bestandskräftig abgelehnten Rentenantrages vom 5. Oktober 1998 hatte die Beklagte ein Gutachten von dem Facharzt für Orthopädie/Neurologie/Psychiatrie Dr. P. vom 11. Dezember 1998 eingeholt. Danach leide die Klägerin an einem chronischen Cervical-, Dorsal- und Lumbalsyndrom. Es seien ausgeprägte Funktionseinschränkungen der Brustwirbelsäule (BWS) bei Vorliegen eines kontrakten Rundrückens mit Insuffizienz der Rückenmuskulatur sowie endgradige Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule (LWS) festgestellt worden. Ein neurologisches Defizit habe nicht vorgelegen. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen bei Meidung von Überkopfarbeiten, schweren Hebe- und Trageleistungen, Hock- und Bückverrichtungen einschließlich Vibrationseinflüssen vollschichtig zu verrichten; als Reinigungskraft sei sie nicht mehr einsetzbar.
Ferner war ein Gutachten von Prof. Dr. K., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, vom 28. Juni 1999 eingeholt worden. Bei der Klägerin bestünden eine intellektuelle Leistungseinschränkung vom Ausmaß einer Debilität (IQ 65), eine reaktive depressive Verstimmung seit dem plötzlichen Herztod des Ehemannes im Jahr 1994 und ein vertebragenes Schmerzsyndrom durch degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule (HWS), BWS und LWS. Es seien deutliche Einbußen hinsichtlich der intellektuellen Leistungsfähigkeit und der kognitiven Leistungsparameter feststellbar gewesen. Die Klägerin verfüge über einfache Lese- und Rechtschreibkenntnisse. Deshalb könne sie nur sehr einfache Arbeiten, ohne geistige Voraussetzungen und ohne Anforderungen an die konzentrative Leistungsfähigkeit verrichten. Die Leistungseinschränkungen seien aber nicht derartig erheblich, dass die Klägerin nur noch unter den Bedingungen einer Behindertenwerkstatt arbeiten könnte.
Zudem hatte die Klägerin vom 20. Oktober bis zum 17. November 1999 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklinik Göhren absolviert. Im Entlassungsbericht vom 2. Dezember 1999 sind ein chronischpseudoradikuläres Thorakalsyndrom bei hypomobilen Funktionsstörungen, ein chronischpseudoradikuläres HWS-Syndrom (linksbetont) bei muskulärer Dysbalance, ein rezidivierendes lokales LWS-Syndrom, ein episodischer Spannungskopfschmerz und eine reaktive depressive Verstimmung genannt. Sowohl als Raumpflegerin als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken oder Hocken, Überkopfarbeit oder Gefährdung durch starke Temperaturschwankungen, Witterungseinflüsse wie Kälte, Nässe oder Zugluft vollschichtig verrichten; derzeitig befinde sich die Klägerin in einer Weiterbildungsmaßnahme zur Hauswirtschafterin.
Nach Stellung des dritten Rentenantrages vom 13. November 2001, der mit Bescheid vom 9. Juli 2002 bestandskräftig abgelehnt worden war, hatte die Beklagte ein Gutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. S. vom 12. Februar 2002 eingeholt; nach deren Einschätzung bestehe eine vollschichtige berufliche Einsatzfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen ohne dauerndes Heben und Tragen.
Nach Stellung des dem Berufungsverfahren zugrundeliegenden Rentenantrags vom 4. Dezember 2003 holte die Beklagte zunächst einen Behandlungs- und Befundbericht von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. L. vom 8. Dezember 2003 ein. Danach klage die Klägerin über starke Schmerzen im Bereich der HWS, LWS und des linken Armes. Es bestünden eine rezidivierende Lumboischialgie bei deutlicher Wirbelsäulenfehlstellung und degenerativen Veränderungen, eine Radikulopathie bei cervicalem Bandscheibenscheibenschaden, eine arterielle Hypertonie und eine Struma diffusa. Dipl.-Med. L. fügte den Befund der Magnetresonanztomografie (MRT) der HWS vom 14. August 2003 sowie die Auswertung durch den Facharzt für Nuklearmedizin/diagnostische Radiologie Dr. med. A. vom gleichen Tag bei. Ferner zog sie das sozialmedizinische Gutachten von M.-Sch. vom 8. Mai 2003 des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) des BEV für die Bahn-BKK bei. Danach sei die Klägerin nur für leichte körperliche Arbeiten ohne häufiges Bücken und Zwangshaltungen und nicht mehr als Reinigungskraft einsetzbar. Daraufhin holte die Beklagte ein Gutachten von dem Dr. P. vom 3. Februar 2004 ein. Dieser stellte neben dem rezidivierenden Cervicobrachialsyndrom links, dem chronisch rezidivierenden Dorsalsyndrom und dem rezidivierenden, lumbalen Pseudoradikulärsyndrom links eine beginnende Arthrose des linken oberen Sprunggelenkes fest und hielt noch leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen mit weiteren qualitativen Einschränkungen vollschichtig täglich für zumutbar.
Daraufhin lehnte die Beklagte diesen Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 16. Februar 2004 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin, den diese auf das Gutachten M.-Sch. vom 8. Mai 2003 stützte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2004 als unbegründet zurück. Die vorliegenden Befunde begründeten keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Sinne einer Erwerbsminderung.
Hiergegen hat die Klägerin am 26. Juli 2004 beim Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben mit der Begründung, es sei inzwischen eine weitere Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes eingetreten; insbesondere das Wirbelsäulenleiden habe erheblich zugenommen. Das Sozialgericht hat daraufhin Behandlungs- und Befundberichte von Dr. P. vom 30. März 2006 und von dem Facharzt für Allgemeinmedizin G. vom 1. Mai 2006 eingeholt. Dr. P. hat angegeben, die Klägerin 2005 mit Facettendenervationen behandelt zu haben, die zu einer leichten Besserung geführt hätten. Gleichwohl könne die Klägerin nur noch leichte körperliche Arbeiten in geschlossenen Räumen im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen mit vermehrten Pausen drei bis vier Stunden pro Tag verrichten. Herr G. hat auf einen seit Juli 2005 bestehenden Diabetes mellitus hingewiesen. Nach seiner Einschätzung könne die Klägerin allenfalls leichte Tätigkeiten weniger als acht Stunden ohne Zwangshaltungen und ausschließliches Stehen und Sitzen sowie ohne Akkordarbeit mit Pausen verrichten.
Am 29. Mai 2007 hat sich die Klägerin sodann einer Bandscheibenoperation unterzogen.
Mit Urteil vom 26. Juni 2007 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen. Bei der Klägerin liege keine volle oder teilweise Erwerbsminderung vor, da ihr Leistungsvermögen für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich betrage. Davon sei die Kammer aufgrund des orthopädischen Gutachtens vom 3. Februar 2004 und des Berichts vom 1. Mai 2006 überzeugt. Darin seien die Befunde zu Krankheiten sowie Behinderungen der Klägerin umfassend erhoben und nachvollziehbar sowie übereinstimmend mit dem Ergebnis bewertet, dass die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Die Einschätzung zum Leistungsvermögen von Dr. P. von Anfang 2006 habe die Kammer hingegen weniger überzeugt, zumal sie alleine stehe und nicht eine so umfassende Auseinandersetzung mit den ärztlichen Befunden wie das Gutachten erkennen lasse. Weitere Ermittlungen hätten sich auch im Hinblick auf die am 29. Mai 2007 durchgeführte Operation einer Bandscheibe aufgedrängt (es war wohl "nicht aufgedrängt" gemeint), zumal hierzu noch kein ärztliches Ergebnis vorliege und es der Klägerin unbenommen bleibe, bei einer etwaigen Veränderung ihres Gesundheitszustandes einen neuen Rentenantrag zu stellen.
Gegen das ihr am 9. Juli 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. Juli 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie verfüge nur noch über ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen. Dies sei durch die Befundberichte von Herrn G. und Dr. P. bestätigt worden. Sie hat zudem Arztbriefe des Dr. P. vom 5. Mai 2008 vorgelegt, wonach wegen der seit Jahren geklagten Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in das linke Bein zwar keine Operationsindikation gesehen, ihr aber eine interventionelle Schmerzbehandlung an der Wirbelsäule empfohlen werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Juni 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Dezember 2003 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend.
Der Senat hat zunächst Behandlungs- und Befundberichte von der Fachärztin für Innere Medizin/Kardiologie Dr. H. vom 26. Februar 2009, von dem Facharzt für Orthopädie, Radiologie und Chirotherapie Dr. W. vom 27. Februar 2009, von Herrn G. vom 16. März 2009, von Dr. P. vom 17. März 2009 und von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. S. vom 19. April 2009 eingeholt.
Dr. H. hat über eine Behandlung der Klägerin im Januar 2008 wegen gelegentlich erhöhter Blutdruckwerte, die sich nach Behandlung mit Nitrospray normalisiert hätten, berichtet und mitgeteilt, die Klägerin lebe im betreuten Wohnen.
Herr G. hat angegeben, die depressiven Verstimmungen der Klägerin hätten zugenommen, es seien wiederholt suizidale Absichten und entsprechende Handlungen vorgekommen und eine Epilepsie als weitere Gesundheitsstörung zu berücksichtigen. Er hat den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Elbe-Saale GmbH vom 7. Februar 2007 über den Aufenthalt der Klägerin vom 22. Oktober bis zum 17. November 2007 wegen des Zustandes nach Nukleotomie LWK 5/ SWK 1 am 29. Mai 2007 beigefügt. In der sozialmedizinischen Epikrise werden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt körperlich leichte Arbeiten ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 kg, ohne Tätigkeiten in hockender oder kniender Position, ohne Zwangshaltungen im LWS-Bereich und ohne das Ersteigen von Leitern und Gerüsten sechs Stunden und mehr für zumutbar erachtet. Ferner hat Herr G. die Epikrisen des Klinikums M. vom 24. Oktober 2008 und vom 26. November 2008 über die stationären Behandlungen der Klägerin vom 3. bis zum 24. Oktober 2008 sowie vom 10. bis zum 15. November 2008 beigefügt; danach sei die Klägerin wegen eines komplexfokalen Anfalls bei Verdacht auf einen frühkindlichen Hirnschaden und seit Oktober 2008 rezidivierend auftretenden Synkopen jeweils medikamentös behandelt und in stabilisiertem Allgemeinzustand entlassen worden.
Dr. P. hat über eine Facettendenervation am 15. Mai 2008 berichtet; seitdem habe sich die Klägerin nicht mehr vorgestellt. Dr. S. hat über die Stellung der Diagnosen einer chronisch venösen Insuffizienz und einer Varikosis sowie den Ausschluss einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) berichtet.
Ferner hat der Senat von dem Leitenden Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum M. Dr. B. der Bericht vom 19. Juli 2009 eingeholt. Er hat auf den Entlassungsbericht vom 29. September 2008 über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 8. August bis zum 26. September 2008 nach einer Tablettenintoxikation in suizidaler Absicht vor dem Tod ihres Ehemannes, ihres Vaters und der Tumorerkrankung ihres Lebenspartners verwiesen. Durch die Behandlung sei eine erhebliche Besserung eingetreten; bei der ambulanten Nachbehandlung am 10. November 2008 habe lediglich noch ein leichtes depressives Syndrom vorgelegen.
Schließlich hat der Senat ein Gutachten von der Fachärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin, Betriebsmedizin Dr. H. vom 19. Mai 2010 eingeholt. Dr. H. hat die Klägerin am 31. März 2010 ambulant untersucht. Ihr gegenüber hat die Klägerin über ständige Rückenschmerzen, ziehende Schmerzen in den Beinen beim Knien und Schmerzen in der linken Schulter geklagt. Sie traue sich keinerlei Arbeiten mehr zu. Sie lebe mit ihrem Lebenspartner, der kränklich sei und an einer Leberzirrhose leide, im betreuten Wohnen; das habe den Vorteil der Nähe zu den Schwestern des Seniorenheims und des Sozialdienstes. Als sie vor einem Jahr umgefallen sei, hätten die Schwestern die Einweisung ins Krankenhaus veranlasst. Sie habe einen Schwerbehindertenausweis beantragt, aber nicht bekommen; da der Partner einen solchen Ausweis habe, könne sie als Begleitperson frei fahren.
Dr. H. hat folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Chronisches HWS-, BWS- und LWS-Syndrom mit mäßigen muskulären Reizerscheinungen, Rumpfmuskelinsuffizienz, fixiertem Rundrücken, Zustand nach Nukleotomie L5/S1 29. Mai 2007 wegen Bandscheibenvorfall mit Postlaminektomie-Syndrom durch Narben und Rezidiv, ohne sensomotorische Ausfälle mit leichten bis mittelgradigen Bewegungsdefiziten der HWS und mittelgradigen der BWS/LWS. Leichtgradige depressive Episode, Zustand nach schwerer depressiver Episode August 2008 mit Tablettenintoxikation in suizidaler Absicht. Epilepsie mit Anfallsfreiheit seit November 2008 unter antiepileptischer Therapie, Zustand nach komplexfokalen Anfällen November 2008 und möglichem prolongiertem generalisierten Krampfanfall. Arterielle Hypertonie ohne Neigung zu Entgleisungen. Diabetes mellitus Typ II ohne Folgekrankheiten. Chronisch venöse Insuffizienz bei Seitenastvarizen beider Beine.
Die Klägerin könne noch körperlich leichte Arbeiten im gelegentlichen Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Aufgrund des Wirbelsäulen- und Schultersyndroms seien Arbeiten in Zwangshaltung oder überwiegend einseitiger Körperhaltung einschließlich dauernder Überkopfarbeit, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und Arbeiten unter Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft ausgeschlossen. Aufgrund der leichtgradigen depressiven Episode und der intellektuellen Leistungseinbußen seien Arbeiten im Akkord, am Fließband und mit Wechselschicht zu vermeiden. Wegen des Anfallsleidens seien Arbeiten an laufenden Maschinen, wegen des Bluthochdrucks Arbeiten unter extremen Temperaturschwankungen ausgeschlossen. Arbeiten mit einfachen Anforderungen an geistige und mnestische Fähigkeiten sei die Klägerin gewachsen. Sie verfüge über eine ausreichende lebenspraktische Alltagsintelligenz und bewältige Haushalt und Alltagsstrukturierung ohne Fremdhilfe. Bei der Untersuchung sei die Ausdauerleistung ungestört gewesen; es sei keine vorzeitige Erschöpfbarkeit aufgefallen. Im Umstellungsvermögen sei sie etwas erschwert und psychomotorisch etwas verlangsamt gewesen. Körperliche Arbeiten wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen seien körperlich zumutbar. Eine bedeutsame Gehbehinderung bestehe nicht.
Die Klägerin hat daran festgehalten, keine ausreichenden Wegstrecken zurücklegen und täglich nicht mehr mindestens sechs Stunden arbeiten zu können.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Magdeburg die auf die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gerichtete Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Ihr steht der geltend gemachte Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zu.
Gemäß § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter diesen Bedingungen mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch körperlich leichte Arbeiten im gelegentlichen Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Ausgeschlossen ist das regelmäßige Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg; Lasten von 5 bis unter 10 kg können ständig auch ohne mechanische Hilfsmittel getragen werden. Zu vermeiden sind Zwangshaltungen oder überwiegend einseitige Körperhaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie unter Einfluss von Nässe, Kälte, Zugluft und starken Temperaturschwankungen. Ausgeschlossen sind Arbeiten in Wechselschicht, mit Eigen- und Fremdgefährdung sowie Akkord- und Fließbandarbeit. Die Klägerin verfügt über eine volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände und ein normales Seh- und Hörvermögen. Sie ist einfachen Anforderungen an geistige und mnestische Fähigkeiten gewachsen.
Bei der Klägerin besteht ein chronisches HWS-, BWS- und LWS-Syndrom mit mäßigen muskulären Reizerscheinungen, einer Rumpfmuskelinsuffizienz, einem fixiertem Rundrücken bei einem Zustand nach Nukleotomie L5/S1 im Mai 2007 wegen eines Bandscheibenvorfalls sowie ein Postlaminektomie-Syndrom ohne sensomotorische Ausfälle mit leichten bis mittelgradigen Bewegungsdefiziten der HWS und mittelgradigen Bewegungsdefiziten der BWS/LWS. Die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule sind mäßiggradig, Nervenwurzelreizerscheinungen nicht feststellbar gewesen. Insgesamt ist die Belastbarkeit des Gelenksystems insoweit eingeschränkt, als der Klägerin zur Überzeugung des Senats nur noch körperlich leichte Arbeiten im gelegentlichen Wechsel der Haltungsarten unter Ausschluss von Zwangshaltungen und überwiegend einseitiger Körperhaltung, Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und ohne Einfluss von Nässe, Kälte und Zugluft zugemutet werden können.
Wegen des bestehenden Diabetes mellitus Typ II und der arteriellen Hypertonie sind Wechselschichten ausgeschlossen. Aufgrund der chronischvenösen Insuffizienz sind überwiegend sitzende Tätigkeiten ausgeschlossen. Das Anfallsleiden, das einmalig im Oktober 2008 zu einem generalisierten Krampfanfall geführt hat, ist medikamentös eingestellt; weitere Anfälle sind nicht aufgetreten. Gleichwohl scheiden Arbeiten mit Eigen- und Fremdgefährdung, im Akkord oder am Fließband sowie auf Leitern und Gerüsten aus. Aufgrund der nunmehr noch bestehenden leichtgradigen depressiven Episode bestehen keine weitergehenden Leistungseinschränkungen. Insbesondere resultiert hieraus keine Reduzierung des quantitativen Leistungsvermögens.
Der Senat stützt sich insoweit insbesondere auf das überzeugende Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dr. H., die die Klägerin eingehend untersucht, die Vorbefunde sorgfältig ausgewertet und ihre Leistungseinschätzung nachvollziehbar begründet hat.
Bei der Klägerin liegen auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des vollschichtigen Leistungsvermögens zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (GS BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.). Hierzu ist die Klägerin zur Überzeugung des Senats auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. H. mindestens sechs Stunden täglich in der Lage und verfügt insoweit über noch ausreichende körperliche, geistige und mnestische Fähigkeiten.
Auch liegt im Falle der Klägerin kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. GS BSG, a.a.O., Seite 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einer Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit eine Versicherte täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 Meter mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihr zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße einschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Die Klägerin kann zur Überzeugung des Senats noch Wegstrecken von viermal 500 Meter mehrmals täglich zurücklegen. Insoweit stützt sich der Senat auf die Angaben der Klägerin gegenüber Dr. H. sowie auf deren gutachterliche Einschätzung. Die normale Ausprägung der Muskulatur insbesondere der unteren Extremitäten sowie die vermehrte Schwielenbildung der Fußsohlen sprechen für eine ausreichende körperliche Belastbarkeit zur Überwindung der maßgebenden Wegstrecken. Die Klägerin ist auch in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, was sich bereits aus ihren Angaben gegenüber Dr. H., ihren schwerbehinderten Lebenspartner kostenlos zu begleiten, ergibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
gez. Klamann gez. Fischer gez. Müller-Rivinius
Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) streitig.
Die am ... 1949 geborene Klägerin absolvierte nach Abschluss der Hilfsschule mit der achten Klasse keine Berufsausbildung. Sie war von 1966 bis 1968 als Ladenhilfe, von 1969 bis 1975 als Stationshilfe und von 1975 bis Mai 1993 als Raumpflegerin bei der Bahn und in einem Möbelwerk versicherungspflichtig beschäftigt. Bis Ende Mai 1999 war sie arbeitslos gemeldet, bevor sie vom 1. Juni 1999 bis zum 7. September 2000 als Haushaltshilfe und vom 23. Januar bis zum 19. Mai 2003 als Reinigungskraft und Stationshilfe versicherungspflichtig tätig war. Seitdem ist sie arbeitslos. Bereits seit 1994 bezieht sie Witwenrente.
Den dem Streitverfahren zugrunde liegenden Rentenantrag stellte die Klägerin am 4. Dezember 2003 mit der Begründung, wegen eines Bandscheibenvorfalls seit Mai 2003 keine Arbeiten mehr verrichten zu können. Die Beklagte zog zunächst die ärztlichen Unterlagen aus den vorangegangenen Rentenverfahren bei. Im Rahmen des ersten Rentenantrags vom 2. November 1995, der mit Bescheid vom 23. Juli 1996 bestandskräftig abgelehnt worden war, hatte die Beklagte u.a. den Entlassungsbericht des Eisenmoorbades Bad S. vom 29. Mai 1996 über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 25. April bis zum 23. Mai 1996 beigezogen. Dort werden als Diagnosen ein chronisches Dorsalsyndrom bei Haltungsverfall und dezenter Skoliose, eine schmerzhafte Auftreibung der 2. Rippe links ventral (Tietze-Syndrom) und ein depressives Syndrom genannt. Die Klägerin sei in der Tätigkeit als Raumpflegerin nur unterhalbschichtig leistungsfähig. Eine leichte körperliche Tätigkeit ohne Zwangshaltungen des Rumpfes und ohne besondere geistige Beanspruchung sei vollschichtig möglich. Anlässlich des zweiten mit Bescheid vom 18. Februar 2000 bestandskräftig abgelehnten Rentenantrages vom 5. Oktober 1998 hatte die Beklagte ein Gutachten von dem Facharzt für Orthopädie/Neurologie/Psychiatrie Dr. P. vom 11. Dezember 1998 eingeholt. Danach leide die Klägerin an einem chronischen Cervical-, Dorsal- und Lumbalsyndrom. Es seien ausgeprägte Funktionseinschränkungen der Brustwirbelsäule (BWS) bei Vorliegen eines kontrakten Rundrückens mit Insuffizienz der Rückenmuskulatur sowie endgradige Funktionseinschränkungen der Lendenwirbelsäule (LWS) festgestellt worden. Ein neurologisches Defizit habe nicht vorgelegen. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen bei Meidung von Überkopfarbeiten, schweren Hebe- und Trageleistungen, Hock- und Bückverrichtungen einschließlich Vibrationseinflüssen vollschichtig zu verrichten; als Reinigungskraft sei sie nicht mehr einsetzbar.
Ferner war ein Gutachten von Prof. Dr. K., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, vom 28. Juni 1999 eingeholt worden. Bei der Klägerin bestünden eine intellektuelle Leistungseinschränkung vom Ausmaß einer Debilität (IQ 65), eine reaktive depressive Verstimmung seit dem plötzlichen Herztod des Ehemannes im Jahr 1994 und ein vertebragenes Schmerzsyndrom durch degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule (HWS), BWS und LWS. Es seien deutliche Einbußen hinsichtlich der intellektuellen Leistungsfähigkeit und der kognitiven Leistungsparameter feststellbar gewesen. Die Klägerin verfüge über einfache Lese- und Rechtschreibkenntnisse. Deshalb könne sie nur sehr einfache Arbeiten, ohne geistige Voraussetzungen und ohne Anforderungen an die konzentrative Leistungsfähigkeit verrichten. Die Leistungseinschränkungen seien aber nicht derartig erheblich, dass die Klägerin nur noch unter den Bedingungen einer Behindertenwerkstatt arbeiten könnte.
Zudem hatte die Klägerin vom 20. Oktober bis zum 17. November 1999 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklinik Göhren absolviert. Im Entlassungsbericht vom 2. Dezember 1999 sind ein chronischpseudoradikuläres Thorakalsyndrom bei hypomobilen Funktionsstörungen, ein chronischpseudoradikuläres HWS-Syndrom (linksbetont) bei muskulärer Dysbalance, ein rezidivierendes lokales LWS-Syndrom, ein episodischer Spannungskopfschmerz und eine reaktive depressive Verstimmung genannt. Sowohl als Raumpflegerin als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken oder Hocken, Überkopfarbeit oder Gefährdung durch starke Temperaturschwankungen, Witterungseinflüsse wie Kälte, Nässe oder Zugluft vollschichtig verrichten; derzeitig befinde sich die Klägerin in einer Weiterbildungsmaßnahme zur Hauswirtschafterin.
Nach Stellung des dritten Rentenantrages vom 13. November 2001, der mit Bescheid vom 9. Juli 2002 bestandskräftig abgelehnt worden war, hatte die Beklagte ein Gutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. S. vom 12. Februar 2002 eingeholt; nach deren Einschätzung bestehe eine vollschichtige berufliche Einsatzfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen ohne dauerndes Heben und Tragen.
Nach Stellung des dem Berufungsverfahren zugrundeliegenden Rentenantrags vom 4. Dezember 2003 holte die Beklagte zunächst einen Behandlungs- und Befundbericht von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. L. vom 8. Dezember 2003 ein. Danach klage die Klägerin über starke Schmerzen im Bereich der HWS, LWS und des linken Armes. Es bestünden eine rezidivierende Lumboischialgie bei deutlicher Wirbelsäulenfehlstellung und degenerativen Veränderungen, eine Radikulopathie bei cervicalem Bandscheibenscheibenschaden, eine arterielle Hypertonie und eine Struma diffusa. Dipl.-Med. L. fügte den Befund der Magnetresonanztomografie (MRT) der HWS vom 14. August 2003 sowie die Auswertung durch den Facharzt für Nuklearmedizin/diagnostische Radiologie Dr. med. A. vom gleichen Tag bei. Ferner zog sie das sozialmedizinische Gutachten von M.-Sch. vom 8. Mai 2003 des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) des BEV für die Bahn-BKK bei. Danach sei die Klägerin nur für leichte körperliche Arbeiten ohne häufiges Bücken und Zwangshaltungen und nicht mehr als Reinigungskraft einsetzbar. Daraufhin holte die Beklagte ein Gutachten von dem Dr. P. vom 3. Februar 2004 ein. Dieser stellte neben dem rezidivierenden Cervicobrachialsyndrom links, dem chronisch rezidivierenden Dorsalsyndrom und dem rezidivierenden, lumbalen Pseudoradikulärsyndrom links eine beginnende Arthrose des linken oberen Sprunggelenkes fest und hielt noch leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen mit weiteren qualitativen Einschränkungen vollschichtig täglich für zumutbar.
Daraufhin lehnte die Beklagte diesen Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 16. Februar 2004 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin, den diese auf das Gutachten M.-Sch. vom 8. Mai 2003 stützte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2004 als unbegründet zurück. Die vorliegenden Befunde begründeten keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Sinne einer Erwerbsminderung.
Hiergegen hat die Klägerin am 26. Juli 2004 beim Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben mit der Begründung, es sei inzwischen eine weitere Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes eingetreten; insbesondere das Wirbelsäulenleiden habe erheblich zugenommen. Das Sozialgericht hat daraufhin Behandlungs- und Befundberichte von Dr. P. vom 30. März 2006 und von dem Facharzt für Allgemeinmedizin G. vom 1. Mai 2006 eingeholt. Dr. P. hat angegeben, die Klägerin 2005 mit Facettendenervationen behandelt zu haben, die zu einer leichten Besserung geführt hätten. Gleichwohl könne die Klägerin nur noch leichte körperliche Arbeiten in geschlossenen Räumen im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen mit vermehrten Pausen drei bis vier Stunden pro Tag verrichten. Herr G. hat auf einen seit Juli 2005 bestehenden Diabetes mellitus hingewiesen. Nach seiner Einschätzung könne die Klägerin allenfalls leichte Tätigkeiten weniger als acht Stunden ohne Zwangshaltungen und ausschließliches Stehen und Sitzen sowie ohne Akkordarbeit mit Pausen verrichten.
Am 29. Mai 2007 hat sich die Klägerin sodann einer Bandscheibenoperation unterzogen.
Mit Urteil vom 26. Juni 2007 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen. Bei der Klägerin liege keine volle oder teilweise Erwerbsminderung vor, da ihr Leistungsvermögen für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich betrage. Davon sei die Kammer aufgrund des orthopädischen Gutachtens vom 3. Februar 2004 und des Berichts vom 1. Mai 2006 überzeugt. Darin seien die Befunde zu Krankheiten sowie Behinderungen der Klägerin umfassend erhoben und nachvollziehbar sowie übereinstimmend mit dem Ergebnis bewertet, dass die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Die Einschätzung zum Leistungsvermögen von Dr. P. von Anfang 2006 habe die Kammer hingegen weniger überzeugt, zumal sie alleine stehe und nicht eine so umfassende Auseinandersetzung mit den ärztlichen Befunden wie das Gutachten erkennen lasse. Weitere Ermittlungen hätten sich auch im Hinblick auf die am 29. Mai 2007 durchgeführte Operation einer Bandscheibe aufgedrängt (es war wohl "nicht aufgedrängt" gemeint), zumal hierzu noch kein ärztliches Ergebnis vorliege und es der Klägerin unbenommen bleibe, bei einer etwaigen Veränderung ihres Gesundheitszustandes einen neuen Rentenantrag zu stellen.
Gegen das ihr am 9. Juli 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. Juli 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie verfüge nur noch über ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen. Dies sei durch die Befundberichte von Herrn G. und Dr. P. bestätigt worden. Sie hat zudem Arztbriefe des Dr. P. vom 5. Mai 2008 vorgelegt, wonach wegen der seit Jahren geklagten Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in das linke Bein zwar keine Operationsindikation gesehen, ihr aber eine interventionelle Schmerzbehandlung an der Wirbelsäule empfohlen werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Juni 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Dezember 2003 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend.
Der Senat hat zunächst Behandlungs- und Befundberichte von der Fachärztin für Innere Medizin/Kardiologie Dr. H. vom 26. Februar 2009, von dem Facharzt für Orthopädie, Radiologie und Chirotherapie Dr. W. vom 27. Februar 2009, von Herrn G. vom 16. März 2009, von Dr. P. vom 17. März 2009 und von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. S. vom 19. April 2009 eingeholt.
Dr. H. hat über eine Behandlung der Klägerin im Januar 2008 wegen gelegentlich erhöhter Blutdruckwerte, die sich nach Behandlung mit Nitrospray normalisiert hätten, berichtet und mitgeteilt, die Klägerin lebe im betreuten Wohnen.
Herr G. hat angegeben, die depressiven Verstimmungen der Klägerin hätten zugenommen, es seien wiederholt suizidale Absichten und entsprechende Handlungen vorgekommen und eine Epilepsie als weitere Gesundheitsstörung zu berücksichtigen. Er hat den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Elbe-Saale GmbH vom 7. Februar 2007 über den Aufenthalt der Klägerin vom 22. Oktober bis zum 17. November 2007 wegen des Zustandes nach Nukleotomie LWK 5/ SWK 1 am 29. Mai 2007 beigefügt. In der sozialmedizinischen Epikrise werden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt körperlich leichte Arbeiten ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 kg, ohne Tätigkeiten in hockender oder kniender Position, ohne Zwangshaltungen im LWS-Bereich und ohne das Ersteigen von Leitern und Gerüsten sechs Stunden und mehr für zumutbar erachtet. Ferner hat Herr G. die Epikrisen des Klinikums M. vom 24. Oktober 2008 und vom 26. November 2008 über die stationären Behandlungen der Klägerin vom 3. bis zum 24. Oktober 2008 sowie vom 10. bis zum 15. November 2008 beigefügt; danach sei die Klägerin wegen eines komplexfokalen Anfalls bei Verdacht auf einen frühkindlichen Hirnschaden und seit Oktober 2008 rezidivierend auftretenden Synkopen jeweils medikamentös behandelt und in stabilisiertem Allgemeinzustand entlassen worden.
Dr. P. hat über eine Facettendenervation am 15. Mai 2008 berichtet; seitdem habe sich die Klägerin nicht mehr vorgestellt. Dr. S. hat über die Stellung der Diagnosen einer chronisch venösen Insuffizienz und einer Varikosis sowie den Ausschluss einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) berichtet.
Ferner hat der Senat von dem Leitenden Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum M. Dr. B. der Bericht vom 19. Juli 2009 eingeholt. Er hat auf den Entlassungsbericht vom 29. September 2008 über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 8. August bis zum 26. September 2008 nach einer Tablettenintoxikation in suizidaler Absicht vor dem Tod ihres Ehemannes, ihres Vaters und der Tumorerkrankung ihres Lebenspartners verwiesen. Durch die Behandlung sei eine erhebliche Besserung eingetreten; bei der ambulanten Nachbehandlung am 10. November 2008 habe lediglich noch ein leichtes depressives Syndrom vorgelegen.
Schließlich hat der Senat ein Gutachten von der Fachärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin, Betriebsmedizin Dr. H. vom 19. Mai 2010 eingeholt. Dr. H. hat die Klägerin am 31. März 2010 ambulant untersucht. Ihr gegenüber hat die Klägerin über ständige Rückenschmerzen, ziehende Schmerzen in den Beinen beim Knien und Schmerzen in der linken Schulter geklagt. Sie traue sich keinerlei Arbeiten mehr zu. Sie lebe mit ihrem Lebenspartner, der kränklich sei und an einer Leberzirrhose leide, im betreuten Wohnen; das habe den Vorteil der Nähe zu den Schwestern des Seniorenheims und des Sozialdienstes. Als sie vor einem Jahr umgefallen sei, hätten die Schwestern die Einweisung ins Krankenhaus veranlasst. Sie habe einen Schwerbehindertenausweis beantragt, aber nicht bekommen; da der Partner einen solchen Ausweis habe, könne sie als Begleitperson frei fahren.
Dr. H. hat folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Chronisches HWS-, BWS- und LWS-Syndrom mit mäßigen muskulären Reizerscheinungen, Rumpfmuskelinsuffizienz, fixiertem Rundrücken, Zustand nach Nukleotomie L5/S1 29. Mai 2007 wegen Bandscheibenvorfall mit Postlaminektomie-Syndrom durch Narben und Rezidiv, ohne sensomotorische Ausfälle mit leichten bis mittelgradigen Bewegungsdefiziten der HWS und mittelgradigen der BWS/LWS. Leichtgradige depressive Episode, Zustand nach schwerer depressiver Episode August 2008 mit Tablettenintoxikation in suizidaler Absicht. Epilepsie mit Anfallsfreiheit seit November 2008 unter antiepileptischer Therapie, Zustand nach komplexfokalen Anfällen November 2008 und möglichem prolongiertem generalisierten Krampfanfall. Arterielle Hypertonie ohne Neigung zu Entgleisungen. Diabetes mellitus Typ II ohne Folgekrankheiten. Chronisch venöse Insuffizienz bei Seitenastvarizen beider Beine.
Die Klägerin könne noch körperlich leichte Arbeiten im gelegentlichen Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Aufgrund des Wirbelsäulen- und Schultersyndroms seien Arbeiten in Zwangshaltung oder überwiegend einseitiger Körperhaltung einschließlich dauernder Überkopfarbeit, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und Arbeiten unter Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft ausgeschlossen. Aufgrund der leichtgradigen depressiven Episode und der intellektuellen Leistungseinbußen seien Arbeiten im Akkord, am Fließband und mit Wechselschicht zu vermeiden. Wegen des Anfallsleidens seien Arbeiten an laufenden Maschinen, wegen des Bluthochdrucks Arbeiten unter extremen Temperaturschwankungen ausgeschlossen. Arbeiten mit einfachen Anforderungen an geistige und mnestische Fähigkeiten sei die Klägerin gewachsen. Sie verfüge über eine ausreichende lebenspraktische Alltagsintelligenz und bewältige Haushalt und Alltagsstrukturierung ohne Fremdhilfe. Bei der Untersuchung sei die Ausdauerleistung ungestört gewesen; es sei keine vorzeitige Erschöpfbarkeit aufgefallen. Im Umstellungsvermögen sei sie etwas erschwert und psychomotorisch etwas verlangsamt gewesen. Körperliche Arbeiten wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen seien körperlich zumutbar. Eine bedeutsame Gehbehinderung bestehe nicht.
Die Klägerin hat daran festgehalten, keine ausreichenden Wegstrecken zurücklegen und täglich nicht mehr mindestens sechs Stunden arbeiten zu können.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Magdeburg die auf die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gerichtete Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Ihr steht der geltend gemachte Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zu.
Gemäß § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter diesen Bedingungen mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch körperlich leichte Arbeiten im gelegentlichen Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Ausgeschlossen ist das regelmäßige Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg; Lasten von 5 bis unter 10 kg können ständig auch ohne mechanische Hilfsmittel getragen werden. Zu vermeiden sind Zwangshaltungen oder überwiegend einseitige Körperhaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie unter Einfluss von Nässe, Kälte, Zugluft und starken Temperaturschwankungen. Ausgeschlossen sind Arbeiten in Wechselschicht, mit Eigen- und Fremdgefährdung sowie Akkord- und Fließbandarbeit. Die Klägerin verfügt über eine volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände und ein normales Seh- und Hörvermögen. Sie ist einfachen Anforderungen an geistige und mnestische Fähigkeiten gewachsen.
Bei der Klägerin besteht ein chronisches HWS-, BWS- und LWS-Syndrom mit mäßigen muskulären Reizerscheinungen, einer Rumpfmuskelinsuffizienz, einem fixiertem Rundrücken bei einem Zustand nach Nukleotomie L5/S1 im Mai 2007 wegen eines Bandscheibenvorfalls sowie ein Postlaminektomie-Syndrom ohne sensomotorische Ausfälle mit leichten bis mittelgradigen Bewegungsdefiziten der HWS und mittelgradigen Bewegungsdefiziten der BWS/LWS. Die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule sind mäßiggradig, Nervenwurzelreizerscheinungen nicht feststellbar gewesen. Insgesamt ist die Belastbarkeit des Gelenksystems insoweit eingeschränkt, als der Klägerin zur Überzeugung des Senats nur noch körperlich leichte Arbeiten im gelegentlichen Wechsel der Haltungsarten unter Ausschluss von Zwangshaltungen und überwiegend einseitiger Körperhaltung, Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und ohne Einfluss von Nässe, Kälte und Zugluft zugemutet werden können.
Wegen des bestehenden Diabetes mellitus Typ II und der arteriellen Hypertonie sind Wechselschichten ausgeschlossen. Aufgrund der chronischvenösen Insuffizienz sind überwiegend sitzende Tätigkeiten ausgeschlossen. Das Anfallsleiden, das einmalig im Oktober 2008 zu einem generalisierten Krampfanfall geführt hat, ist medikamentös eingestellt; weitere Anfälle sind nicht aufgetreten. Gleichwohl scheiden Arbeiten mit Eigen- und Fremdgefährdung, im Akkord oder am Fließband sowie auf Leitern und Gerüsten aus. Aufgrund der nunmehr noch bestehenden leichtgradigen depressiven Episode bestehen keine weitergehenden Leistungseinschränkungen. Insbesondere resultiert hieraus keine Reduzierung des quantitativen Leistungsvermögens.
Der Senat stützt sich insoweit insbesondere auf das überzeugende Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dr. H., die die Klägerin eingehend untersucht, die Vorbefunde sorgfältig ausgewertet und ihre Leistungseinschätzung nachvollziehbar begründet hat.
Bei der Klägerin liegen auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des vollschichtigen Leistungsvermögens zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (GS BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.). Hierzu ist die Klägerin zur Überzeugung des Senats auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. H. mindestens sechs Stunden täglich in der Lage und verfügt insoweit über noch ausreichende körperliche, geistige und mnestische Fähigkeiten.
Auch liegt im Falle der Klägerin kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. GS BSG, a.a.O., Seite 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einer Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit eine Versicherte täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 Meter mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihr zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße einschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Die Klägerin kann zur Überzeugung des Senats noch Wegstrecken von viermal 500 Meter mehrmals täglich zurücklegen. Insoweit stützt sich der Senat auf die Angaben der Klägerin gegenüber Dr. H. sowie auf deren gutachterliche Einschätzung. Die normale Ausprägung der Muskulatur insbesondere der unteren Extremitäten sowie die vermehrte Schwielenbildung der Fußsohlen sprechen für eine ausreichende körperliche Belastbarkeit zur Überwindung der maßgebenden Wegstrecken. Die Klägerin ist auch in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, was sich bereits aus ihren Angaben gegenüber Dr. H., ihren schwerbehinderten Lebenspartner kostenlos zu begleiten, ergibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
gez. Klamann gez. Fischer gez. Müller-Rivinius
Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
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