L 11 AL 337/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AL 1047/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 337/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23.09.1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Beschäftigungshilfe für die Arbeitnehmerin S. und Eingliederungshilfe für die Arbeitnehmerin K. (jetzt B.).

In einem am 15.01.1996 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben machte die Klägerin geltend, am 21.04.1995 einen Antrag auf Gewährung einer Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose für die Arbeitnehmerin S. gestellt zu haben. Der Arbeitsvertrag sei am 15.03.1995 geschlossen worden, die Arbeitsaufnahme am 15.05.1995 erfolgt und die Arbeitnehmerin zum 30.09.1995 wieder ausgeschieden.

Mit Schreiben vom gleichen Tag trug die Klägerin vor, am 26.05.1995 einen Antrag auf Gewährung einer Eingliederungsbeihilfe für die Arbeitnehmerin K. gestellt zu haben. Der Arbeitsvertrag mit Frau K. sei ebenfalls am 15.03.1995 geschlossen worden und die Arbeitsaufnahme als Verkäuferin zum 01.06.1995 erfolgt. Am 30.06.1996 schied die Arbeitnehmerin wieder aus.

Mit den Bescheiden vom 19.02.1997 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Beschäftigungshilfe für die Arbeitnehmerin S. und einer Eingliederungsbeihilfe für die Arbeitnehmerin K. ab, da die Anträge nicht vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses, dem Abschluss der Arbeitsverträge am 15.03.1995, gestellt worden seien.

Zur Begründung der hiergegen am 24.03.1997 bzw 26.03.1997 eingelegten Widersprüche wurde vorgetragen, dass sich die Arbeitnehmerinnen K. und S. vor der Einstellung beim Arbeitsamt nach den Möglichkeiten der Förderung erkundigt hätten und ihnen die Gewährung einer Beschäftigungshilfe bzw Eingliederungsbeihilfe in Aussicht gestellt worden sei.

Nachdem sich den Beratungsvermerken vom 14.02.1995 und 18.04.1995 keine entsprechenden Anträge bzw Zusagen entnehmen ließen, wies die Beklagte die Widersprüche mit den Widerspruchsbescheiden vom 02.07.1997 als unbegründet zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 17.07.1997 Klagen zum Sozialgericht Duisburg (SG) erhoben, die mit Verweisungsbeschluss vom 08.12.1997 an das Sozialgericht Nürnberg verwiesen wurden.

Mit Beschluss vom 23.06.1998 hat das SG Nürnberg die Streitsachen S 13 AL 1047/97 (in Sachen K.) und S 8 AL 940/97 (in Sachen S.) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az S 13 AL 1047/97 fortgeführt.

Mit Urteil vom 23.09.1998 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach § 8 der Richtlinie zur "Aktion Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose 1995 - 1999" hätte der Antrag auf Gewährung einer Beschäftigungshilfe für die Arbeitnehmerin S. vor Abschluss des Arbeitsvertrages beim zuständigen Arbeitsamt gestellt werden müssen. Da der Arbeitsvertrag mit Frau S. nach den Angaben der Klägerin bereits am 15.03.1995 geschlossen wurde, sei die Antragstellung am 21.04.1995 verspätet erfolgt. Nach § 25 Abs 2 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der Arbeitsaufnahme (AFdA) idF vom 25.11.1994 hätte auch der Antrag auf Eingliederungsbeihilfe für die Arbeitnehmerin K. vor dem Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses gestellt werden müssen, also ebenfalls vor dem 15.03.1995. In beiden Fällen sei jedoch die Antragstellung verspätet erfolgt, so dass die Beklagte eine Gewährung von Beschäftigungsbeihilfe bzw Eingliederungsbeihilfe zu Recht abgelehnt habe.

Gegen das ihr am 07.10.1998 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 30.10.1998 beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegten Berufung. Sie habe sich fernmündlich beim zuständigen Sachbearbeiter des Arbeitsamtes Nordhausen der Beklagten darüber vergewissert, dass die Beschäftigungshilfe bzw Eingliederungshilfe gezahlt würde und zuvor der Arbeitsvertrag mit den Damen geschlossen werden sollte. Als Zeugen wurden dafür die beiden Arbeitnehmerinnen sowie Herr D. S. benannt.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des SG Nürnberg vom 23.09.1998 und des Bescheides der Beklagten vom 19.02.1997 idG des Widerspruchsbescheides vom 30.06.1997 Beschäftigungshilfe nach den Richtlinien zur "Aktion Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose 1995 bis 1999" für die Arbeitnehmerin G. S. und unter Aufhebung des Urteiles des SG Nürnberg vom 23.09.1998 Eingliederungshilfe für die Arbeitnehmerin K. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Förderungsanträge für die Arbeitnehmerinnen S. und K. (jetzt B.) seien erst nach Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses, also nach Abschluss der Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmerinnen am 15.03.1997 gestellt worden. Gemäß § 8 Satz 1 der Richtlinien zur "Aktion Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose 1995 bis 1999" idF vom 25.03.1995 habe der Arbeitgeber den Zuschuss vor Abschluss des Arbeitsvertrages beim zuständigen Arbeitsamt zu beantragen. Der Antrag auf Beschäftigungshilfe für die Langzeitarbeitslose S. sei jedoch erst am 21.04.1995 gestellt worden.

Gemäß § 25 Abs 1 der Anordnung des Verwaltungsrates der BA zur Förderung der Arbeitsaufnahme (AFdA) vom 19.05.1989 idF der vierten Änderung vom 25.11.1994 seien Leistungen nur auf Antrag zu gewähren. Der Antrag sei vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses zu stellen (§ 25 Abs 2 AFdA). Für die Arbeitnehmerin K. sei jedoch erst am 26.05.1995 ein Förderungsantrag gestellt worden, so dass dieser nicht bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrages am 15.03.1995 bei der Beklagten eingegangen sei. Die von der Beklagten angeführten Arbeitsvermittlerinnen P. und K. sowie der Arbeitsberater N. konnten keine konkreten Angaben zur Person und Antragstellung durch die Klägerin mehr machen.

Die vom Senat in der mündlichen Verhandlung vom 06.08.2002 vernommene Zeugin B. (früher K.) hat erklärt, dass man sie während eines mit den Geschäftsführern der Klägerin im März oder April geführten Personalgesprächs gefragt habe, ob sie an einer Tätigkeit im Verkauf interessiert sei. Mit der für sie zuständigen Arbeitsberaterin habe sie weder vorher über Fragen eines EZ gesprochen noch sei dieser Gegenstand des Personalgespräches gewesen. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag habe sie von der Firma E. Jeans nicht erhalten. Der Geschäftsführer S. habe jedoch nach Aufnahme ihrer Beschäftigung ihr gegenüber erwähnt, dass er beim Arbeitsamt nach Förderungsleistungen für sie nachfragen werde.

Die ebenfalls als Zeugin vernommene Frau S. hat ausgeführt, dass sie nach Ende ihrer Umschulung zur Einzelhandelskauffrau (Februar 1995) im März 1995 ein Personalgespräch mit Herrn S. und Herrn J. von der Firma E. Jeans geführt habe, nachdem sie dort zuvor schon ihre Bewerbungsunterlagen abgegeben hatte. Über Förderungsmöglichkeiten hätte sie mit dem Arbeitsamt zuvor nicht gesprochen. Dass der Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem 15.03.1995 angegeben worden sei, könne sie sich nur so erklären, dass Herr S. das Gespräch als Abschluss eines Arbeitsvertrages gewertet habe. Sie selbst hatte das Gespräch zwar als positiv bewertet und sich gewisse Hoffnungen gemacht, jedoch keine definitive Zusage erhalten.

Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz = SGG) ist auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).

In der Sache erweist sich die Berufung jedoch als unbegründet, denn das SG hat im angefochtenen Urteil vom 23.09.1998 zu Recht die Klage gegen die Bescheide vom 19.02.1997 idF der Widerspruchsbescheide vom 02.07.1997 abgewiesen, da die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Beschäftigungshilfe bzw Eingliederungsbeihilfe für die Arbeitnehmerin S. bzw K. (jetzt B.) hat.

Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Beschäftigungshilfe für die Arbeitnehmerin S. bilden die Richtlinien und Durchführungsanweisungen zur "Aktion zur Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose 1995 - 1999" idF vom 25.03.1995.

Gemäß § 2 der Richtlinien kann einem Arbeitgeber ein Lohnkostenzuschuss gewährt werden, wenn er mit dem Arbeitnehmer, der unmittelbar vor der Einstellung ein Jahr oder länger beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet war, ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 18 Stunden begründet und den Lohnkostenzuschuss für die berufliche Eingliederung der Langzeitarbeitslosen erforderlich ist.

Die Arbeitnehmerin S. erfüllte diese persönlichen Anspruchsvoraussetzungen der Langzeitarbeitslosigkeit, da sie unmittelbar vor der Einstellung zum 15.05.1995 länger als ein Jahr beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet war und vom 19.01.1994 bis 13.05.1995 Alg bezogen hatte.

Gemäß § 8 Satz 1 der Richtlinien hat der Arbeitgeber den Zuschuss vor Abschluss des Arbeitsvertrages beim zuständigen Arbeitsamt zu beantragen. Nach den Angaben im Antrag vom 21.04.1995 wurde der Arbeitsvertrag jedoch bereits am 15.03.1995 und somit vor Antragstellung geschlossen. Dies hat die Zeugin S. bestätigt. Zwar hat sie bei dem Personalgespräch im März 1995 keinen schriftlichen Arbeitsvertrag erhalten. Für den Abschluss des Arbeitsvertrages bedurfte es jedoch keines schriftlichen Vertrages, denn es galt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Grundsatz der Formfreiheit, dh der Arbeitsvertrag zwischen der E. Jeans GmbH und der Zeugin S. konnte grundsätzlich wirksam auch mündlich und durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden, da das Gesetz zur Anpassung arbeitsrechtlicher Bestimmungen an das EG-Recht vom 20.07.1995 (Bundesgesetzblatt I, S 946) zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht in Kraft war. Im Verlaufe des im März 1995 geführten Personalgespräches haben sich die Parteien jedoch über die zu leistende Arbeit und die entgeltliche Verwendung der Arbeitnehmerin S. geeinigt. Die Höhe der Vergütung brauchte nicht ausdrücklich bestimmt zu werden, ausreichend war vielmehr, dass sich die Parteien darüber einig waren, dass die Arbeitsleistung überhaupt vergütet werden sollte (vgl Schaub, Handbuch des Arbeitsrechtes, § 32 RdNr 16).

Gemäß § 54 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) konnte die Beklagte der Klägerin zur beruflichen Eingliederung von Arbeitslosen und von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohten Arbeitssuchenden (wie der Arbeitnehmerin K. ), deren Unterbringung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarkts erschwert war, Darlehen oder Zuschüsse gewähren, und Näheres über Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung durch Anordnung bestimmen (§ 54 Abs 2 Satz 1 AFG).

Gemäß § 25 Abs 1 der dazu erlassenen Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der Arbeitsaufnahme (AFdA) vom 19.05.1989 idF der vierten Änderung vom 25.11.1994 wurden Leistungen auf Antrag gewährt. Der Antrag war vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses zu stellen (§ 25 Abs 2 AFdA-Anordnung). Für die Eingliederungsbeihilfe ist maßgebliches leistungsbegründendes Ereignis der Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages, denn aufgrund des Arbeitsvertrages wurden Leistungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis erbracht, das von der Beklagten gefördert werden sollte. Der Antrag auf Eingliederungsbeihilfe für die Arbeitnehmerin B. wurde erst am 26.05.1995 gestellt, der Arbeitsvertrag war jedoch bereits am 15.03.1995 und somit vor der Antragstellung abgeschlossen worden. Die Zeugin hat bestätigt, dass es im März oder April zu einem Gespräch zwischen ihr und den Geschäftsführern der Klägerin gekommen war. Dabei hatten diese ihr erklärt, dass sie dort eine Stelle als Verkäuferin bekommen könne. Zur Frage des wirksamen Abschlusses eines Arbeitsvertrages gilt hier das bereits oben gesagte entsprechend. Ein Kontakt zwischen dem Arbeitsamt und dem Arbeitgeber fand nachweislich erst frühestens am 20.04.1995 statt. Am 26.05.1995 wurde erneut ein Telefongespräch zwischen dem Mitarbeiter S. der Klägerin und einer Mitarbeiterin der Beklagten geführt. Dabei wurde seitens der Klägerin mitgeteilt, dass Förderungsanträge gestellt werden sollten. Im Vorfeld dieser Telefonate gab es nachweislich zwischen der Klägerin und der Beklagten zur Frage von Förderungsmöglichkeiten für die Arbeitnehmerin B. keinerlei Gespräche. Von einer Antragstellung vor Abschluss des Arbeitsvertrages am 15.03.1995 kann deshalb auch hier nicht ausgegangen werden. Dies wird durch die Zeugenaussage von Frau B. bestätigt, die angegeben hat, dass Herr S. ihr gegenüber erst nach Aufnahme ihrer Beschäftigung bei der Klägerin erwähnt habe, dass er einen Antrag beim Arbeitsamt stellen wolle.

Das SG hat deshalb im angefochtenen Urteil vom 23.09.1998 zutreffend festgestellt, dass mangels rechtzeitiger Antragstellung Leistungen nach § 54 AFG bzw den Richtlinien "Aktion Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose 1995 - 1999" an die Klägerin nicht gewährt werden können.

Nach § 34 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bedarf eine von der Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen, zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Eine entsprechende schriftliche Zusage ist der Klägerin nicht gegeben worden.

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 27 SGB X wurden von der Klägerin weder vorgetragen noch sind sie für den Senat aus den gesamten vorliegenden Akteninhalt ersichtlich.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SSG).
Rechtskraft
Aus
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