L 11 R 3586/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 6844/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3586/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation (Reha) streitig.

Der 1958 geborene Kläger ist bei der Beklagten rentenversichert. Zuletzt war er als Arbeiter in einer Stanzerei bis November 2001 versicherungspflichtig beschäftigt. Er ist seit 1. März 2005 als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 anerkannt und bezieht derzeit Arbeitslosengeld II.

Vom 1. Juni 2002 bis 31. August 2005 gewährte ihm die Beklagte Rente wegen voller Erwerbsminderung. Grundlage hierfür waren die nervenärztlichen Gutachten des Dr. R. (Diagnosen: mittelgradige depressive Episode, Anpassungsstörung und Ellenbogengelenksarthrose rechts nach Luxationsfraktur 1980) und des Dr. W. vom 21. April 2004 (Diagnosen: neurotische Depression mit zusätzlichen dissoziativen Störungen, vermeidende Persönlichkeitsstörung, somatoforme Störung).

Anlässlich des Weitergewährungsantrags erstattete Dr. Sch. das nervenärztliche Gutachten vom 22. März 2005. Er kam zum Ergebnis, bei nicht ausgeschöpften therapeutischen Möglichkeiten seien dem Kläger rehabilitative Maßnahmen zu ermöglichen, allein die gestellten Diagnosen (von vordergründig pseudodementen Verhaltensweisen mit leichten ängstlich-depressiven Zügen, einer Dysthymie und einer abgelaufenen lumboischialgieformen Symptomatik) reichten nicht aus, um von dauerhafter Erwerbsunfähigkeit auszugehen. Die daraufhin am 23. Juni 2005 in der Klinik am S. begonnene Reha brach der Kläger nach fünf Tagen ab. Im Entlassungsbericht führte Prof. Dr. Wü. aus, die Rehabilitationsmotivation des Klägers sei fraglich. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien dem Kläger ohne schweres Heben und Tragen und ohne Haltebelastungen für den linken Arm mindestens sechs Stunden täglich möglich.

Den Weitergewährungsantrag lehnte die Beklagte daraufhin mit Bescheid vom 3. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2005 ab. Die Klage hiergegen wurde mit Urteil des Sozialgerichts Stuttgart (SG, Aktenzeichen S 9 R 8059/05) vom 19. April 2007, gestützt auf das vom SG eingeholte nervenärztliche Gutachten des Dr. H. vom 29. April 2006 (Diagnose: Panikstörung, Leistungseinschätzung: leichte Tätigkeiten vollschichtig), abgewiesen. Dagegen legte der Kläger Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG, Aktenzeichen L 11 R 3224/07) ein (dazu siehe unten).

Zwischenzeitlich bezog der Kläger Krankengeld von seiner Krankenkasse, die eine Sozialmedizinische Beratung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg, Dr. H.-M., veranlasste. Mit Stellungnahme vom 9. Januar 2006 nahm Dr. H.-M. im Hinblick auf das Lebensalter des Klägers und die schlechten Erfolgsaussichten rehabilitativer Maßnahmen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes an. Auf Aufforderung der Krankenkasse beantragte der Kläger am 1. Februar 2006 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Hausarzt Dr. S. (Bericht vom 18. Januar 2006) hielt einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente für sinnvoller. Da Obermedizinalrat F. mit zwei Stellungnahmen vom 28. Februar 2006 die Rehabilitationsmotivation des Klägers aufgrund des Entlassungsberichts des Prof. Dr. Wü., aber auch nach Rücksprache mit dem behandelnden Hausarzt Dr. S. verneinte, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 6. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2006 mit der Begründung ab, eine Krankenbehandlung im Rahmen der Krankenversicherung zur Beseitigung bzw Linderung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei ausreichend.

Nach Aussteuerung durch die Krankenkasse bezog der Kläger ab 22. Mai 2007 Arbeitslosengeld von der Bundesagentur für Arbeit. Da Dr. F., ärztlicher Dienst der Bundesagentur für Arbeit, mit Gutachten nach Aktenlage vom 30. August 2007 nach Auswertung medizinischer Unterlagen, ua des Arztbriefs des Dr. G., Klinik Dr. R., vom 8. August 2006 von einer länger als sechs Monate andauernden Leistungsunfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausging (aufgrund einer im Vordergrund stehenden ausgeprägten chronischen seelischen Erkrankung mit weiterhin fortbestehenden erheblichen behandlungsbedürftigen Krankheitszeichen), forderte die Bundesagentur für Arbeit den Kläger ebenfalls auf, die Gewährung von Leistungen zur Rehabilitation bei der Beklagten zu beantragen. Den am 10. Oktober 2007 bei der Bundesagentur für Arbeit eingegangenen Antrag leitete diese mit Schreiben vom 15. Oktober 2007 an die Beklagte weiter.

Die Beklagte befragte hierzu ihren Sozialmedizinischen Dienst. Obermedizinalrat F. folgte mit Stellungnahme vom 3. Dezember 2007 der Beurteilung des Dr. F. nicht, da diesem offenbar wesentliche ärztliche Unterlagen nicht vorgelegen hätten und die Begutachtung nur nach Aktenlage erfolgt sei. Aufgrund des Gutachtens des Dr. H. und des Entlassungsberichts des Prof. Dr. Wü. sei weiterhin die Rehabilitationsmotivation fraglich und ambulante Krankenbehandlung ausreichend. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 4. Dezember 2007 ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens L 11 R 3224/07 wegen Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung schlossen die Beteiligten zunächst im Erörterungstermin vor dem damaligen Berichterstatter am 19. März 2008 einen widerruflichen Vergleich, mit dem sich die Beklagte zur Gewährung einer Reha in einer psychiatrisch oder psychosomatisch ausgerichteten Einrichtung mit Begleitperson verpflichtete und die Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärten. Der Kläger, der am Erörterungstermin nicht persönlich teilgenommen hatte, widerrief diesen Vergleich. Das acht Tage später vom Kläger unterbreitete Vergleichsangebot desselben Inhalts lehnte die Beklagte ab. Das Berufungsverfahren wegen Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung blieb sodann für den Kläger ohne Erfolg (Urteil des LSG vom 6. Mai 2008).

Im Vorverfahren gegen den Bescheid vom 4. Dezember 2007 wegen Gewährung einer Reha wiederholte der Kläger seine Bereitschaft, eine Reha-Maßnahme "zu akzeptieren". Mit Widerspruchsbescheid vom 24. September 2008 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, ambulante Krankenbehandlung sei ausreichend.

Mit der dagegen am 13. Oktober 2008 vor dem SG erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei uneingeschränkt bereit, eine Reha durchzuführen. Aus dem vor dem LSG geschlossenen widerruflichen Vergleich ergebe sich, dass sowohl das Gericht als auch die Beklagte eine Reha-Indikation gesehen habe. Im späteren Verlauf habe die Beklagte ihre ablehnende Haltung nicht mehr begründet.

Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die Akte des LSG, Aktenzeichen L 11 R 3224/07, beigezogen und schriftliche Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt.

Hausarzt Dr. S. hat angegeben (Auskunft vom 23. Januar 2009), der Kläger leide ua an einer Angst- und depressiven Störung gemischt, weshalb er als Schweißer berufsunfähig und die Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet sei. Durch eine Reha könne jedoch weder der Eintritt von Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit noch die erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit abgewendet werden. Beim Kläger bestehe ein sehr großer Leidensdruck im Hinblick auf die baldige Lösung des Problems der Erwerbsunfähigkeitsrente.

Dr. R., Facharzt für Nervenheilkunde, Psychiatrie und Psychotherapie, hat in der Auskunft vom 3. Februar 2009 darauf hingewiesen, dass der Kläger erheblich leistungsgemindert sei. Weder durch eine Krankenbehandlung noch eine Reha sei dieser Zustand zu beheben, da beim Kläger eine erhebliche Fixierung und Einengung des Denkens eingetreten sei.

Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage der Stellungnahmen des Dr. G. vom 12. November 2008 und 2. März 2009 und des Obermedizinalrats F. vom 3. Juni 2009 entgegen getreten.

Am 26. August 2008 sind dem Kläger auch die Merkzeichen G und B zuerkannt worden. In der Folge hat der Kläger darauf hingewiesen, sein Reha-Antrag müsse in einen Rentenantrag umgedeutet werden. Denn die behandelnden Ärzte bestätigten die Erwerbsminderung. Zudem verfüge er weder über einen Führerschein noch über ein Fahrzeug und könne eine Arbeitsstelle somit nicht erreichen. Schließlich sei er motiviert zur Teilnahme an einer Reha und Dr. R. bereit, ihn stationär in seiner Klinik zu behandeln. Hierzu hat der Kläger die Ärztliche Bescheinigung des Dr. R. vom 8. Juli 2009 vorgelegt.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. Juli 2009 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, eine Reha sei nicht erforderlich, da dadurch voraussichtlich eine Gefährdung bzw evtl eingetretene Erwerbsminderung nicht behoben werden könne. Dies ergebe sich aus den Auskünften der behandelnden Ärzte und werde durch das Verhalten des Klägers (Abbruch der Reha im Jahr 2005, Widerruf des Vergleichs vor dem LSG) bestätigt. Dem stehe die Bescheinigung des Dr. R. vom 8. Juli 2009 nicht entgegen. Denn darin nehme Dr. R. nur zur allgemeinen Möglichkeit einer Reha in seiner Klinik Stellung, nicht aber, ob eine solche beim Kläger angezeigt sei.

Hiergegen hat der Kläger am 7. August 2009 Berufung beim LSG eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, aus der Bescheinigung des Dr. R. gehe hervor, dass er ausreichend motiviert für eine Reha sei.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Juli 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.

Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhaltes die nochmalige Auskunft des Dr. R. vom 1. Februar 2010 eingeholt. Dr. R. hat den Kläger seit dem 1. Januar 2007 insgesamt sieben Mal gesehen (in ca halbjährlichem Abstand) und ausgeführt, das Leistungsvermögen des Klägers sei durch eine schwere Angst- und Persönlichkeitsstörung beeinträchtigt. Der Kläger sei der festen Überzeugung, nicht mehr arbeitsfähig zu sein und dass ihm nicht geholfen werden könne. Auch unter therapeutischen Hilfen sei es dem Kläger nicht mehr möglich, sein Verhalten zu ändern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Akte des LSG, Aktenzeichen L 11 R 3224/07, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Abs 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Reha, weshalb das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.

Die Beklagte ist für die beantragte Maßnahme zuständig. Rehabilitationsträger kann nur der gemäß § 14 Abs 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) erstangegangene oder der im Wege der Weiterleitung zweitangegangene Rehabilitationsträger sein. Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf gemäß § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX unverzüglich fest. Im Falle der Nichtweiterleitung des Antrags ist deshalb der erstangegangene Rehabilitationsträger zuständig. Wird der Antrag demgegenüber weitergeleitet, gelten gemäß § 14 Abs 2 Satz 3 SGB IX die Sätze 1 und 2 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend. In diesem Fall hat dieser den Rehabilitationsbedarf festzustellen und ist gegenüber dem behinderten Menschen zuständig. Ein Weiterleitungsrecht besteht für ihn in der Regel nicht, selbst wenn er nach den Leistungsgesetzen "eigentlich" nicht zuständig ist. Der zweitangegangene Rehabilitationsträger ist dann im Verhältnis zum behinderten Menschen endgültig zuständig. Die Zuständigkeit nach § 14 Abs 1 und 2 SGB IX ist gegenüber dem behinderten Menschen eine ausschließliche Zuständigkeit. § 14 SGB IX zielt darauf ab, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern die Zuständigkeit schnell und dauerhaft zu klären. Der zuständige Träger hat deshalb den Anspruch des Leistungsberechtigten an Hand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen ist, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind (BSG, Urteile vom 26. Juni 2007, B 1 KR 36/06 R, SozR 4-2500 § 40 Nr 4; und vom 26. Oktober 2004, B 7 AL 16/04 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 1). Dahinstehen kann, ob es sich bei der Beklagten um den erst- oder zweitangegangenen Träger handelt. Denn sie hat den Antrag nicht weitergeleitet und ist somit zuständiger Träger iS des § 14 SGB IX. Die Voraussetzungen, unter denen die Beklagte zur Leistung verpflichtet ist, ergeben sich zunächst aus dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI (vgl § 7 Satz 2 SGB IX). Die Beklagte hat die vom Kläger beantragte Reha danach zu Recht ablehnt. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen durchsetzbaren Anspruch auf Bewilligung einer Reha gemäß §§ 9, 10 und 11 SGB VI iVm § 8 SGB IX, da die persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Die Rentenversicherung erbringt gemäß § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VI Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Die Leistungen zur Teilhabe haben gemäß § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VI Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind. Gemäß § 9 Abs 2 SGB VI können die Leistungen nach Absatz 1 erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe haben gemäß § 10 Abs 1 SGB VI Versicherte erfüllt,

1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann. Dem Rentenversicherungsträger ist bezüglich der Gewährung von Leistungen zur Teilhabe kein Entschließungs-, sondern lediglich ein Auswahlermessen eingeräumt. Denn die Eingangsprüfung steht nicht im Ermessen der Beklagten, sondern ist davon abhängig, ob die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind und kein Leistungsausschluss gegeben ist (BSG, Urteil vom 23. Februar 2000, B 5 RJ 8/99 R, SozR 3-2600 § 10 Nr 2). Auch wenn sich die Ermessensausübung damit auf die Frage des Auswahlermessens (bezüglich Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung sowie Ort der Leistung) beschränkt, ist richtige Klageart die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Denn der Erlass eines Grundurteils gemäß § 130 Abs 1 Satz 1 SGG scheitert daran, dass keine Leistung in Geld begehrt wird (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl, § 130 RdNr 2a; Behrend in Hennig, Kommentar zum SGG, Stand April 2010, § 130 RdNr 35).

Leistungen zur Teilhabe können nur bewilligt werden, wenn durch diese bei einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit abgewendet oder bei einer bereits geminderten Erwerbsfähigkeit diese wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder bei teilweiser Erwerbsminderung der Arbeitsplatz durch berufsfördernde Leistungen erhalten werden kann. Deshalb muss die Leistung zur Teilhabe unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles im Hinblick auf die beabsichtigte Erhaltung bzw Besserung der Erwerbsfähigkeit erfolgversprechend sein. Da es sich bei dem Tatbestandsmerkmal "voraussichtlich" um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, ist dieser durch die Gerichte voll überprüfbar. Für die erforderliche Rehabilitationsprognose reicht die entfernt liegende Möglichkeit nicht; Voraussetzung ist vielmehr, dass der Erfolg der Leistung wahrscheinlich ist (Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 65. Ergänzungslieferung 2010, § 10 SGB VI RdNr 13 f). Die Rehabilitationsprognose kann ua dann negativ ausfallen, wenn der Versicherte nicht rehabilitationsfähig ist, was unter Berücksichtigung seiner körperlichen sowie geistigen Leistungsfähigkeit, seiner Motivation und seines Alters zu beurteilen ist (vgl BSG, Urteile vom 20. Oktober 2009, B 5 R 44/08 R, aaO; und vom 17. Oktober 2006, B 5 RJ 15/05 R, SozR 4-2600 § 10 Nr 2).

Dahinstehen kann, ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers überhaupt gefährdet oder schon eine Minderung der Erwerbsfähigkeit eingetreten ist. Denn der Senat ist – wie schon das SG – davon überzeugt, dass der Kläger nicht rehabilitationsfähig ist. Dies hat das SG ausführlich begründet dargelegt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen in vollem Umfang an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.

Zu ergänzen ist lediglich, dass auch nach der neuerlichen Auskunft des Dr. R. vom 1. Februar 2010 ein Erfolg der Reha nicht erwartet werden kann. Denn der Kläger ist davon überzeugt, dass ihm nicht geholfen werden kann. Auch wenn dies im Zusammenhang mit seiner Erkrankung zu sehen sein sollte, ändert dies nichts an der Beurteilung des Dr. R., dass der Kläger sein Verhalten auch unter Therapie nicht mehr ändern kann. Dem entsprechen die Ausführungen des Hausarztes Dr. S. in der Auskunft vor dem SG. Schon im Reha-Verfahren im Jahr 2006 hat Dr. S. (Bericht vom 18. Januar 2006) einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente für sinnvoller gehalten und im jetzigen Reha-Verfahren vor dem SG auf den "großen Leidensdruck im Hinblick auf (die) baldige Lösung des Problems seiner Erwerbsunfähigkeitsrente" hingewiesen. Damit besteht zusätzlich zur möglicherweise fehlenden Krankheits- und Behandlungseinsicht ein deutlicher Rentenwunsch des Klägers, der die negative Rehabilitationsprognose unterstreicht.

Schließlich bestätigt der bisherige Verfahrensablauf dieses Ergebnis. Denn Reha-Anträge hat der Kläger nur auf Veranlassung anderer Sozialleistungsträger gestellt, eine eigene Motivation hierzu hat der Kläger nicht erkennen lassen. Den Vergleich im Verfahren wegen der Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung (Az. L 11 R 3224/08), mit dem die Beklagte dem Kläger eine Reha angeboten hat, hat der Kläger widerrufen. Die bloßen Behauptungen, mittlerweile eine Reha zu "akzeptieren" (Äußerung im Vorverfahren) bzw uneingeschränkt bereit zu sein, eine Reha durchzuführen (Äußerung vor dem SG), sind durch die ärztlichen Auskünfte des Dr. S. und des Dr. R. widerlegt.

Den ärztlichen Stellungnahmen des Dr. H.-M. und des Dr. F. kann nichts anderes entnommen werden. Dr. F. hat sich nicht mit der Rehabilitationsprognose und insbesondere der Rehabilitationsfähigkeit des Klägers auseinandergesetzt, obwohl hierzu Anlass bestanden hätte. Denn schon Dr. G. hat in seinem Arztbrief vom 8. August 2006 mitgeteilt, dass ein therapeutischer Ansatz bei der im Vordergrund stehenden chronifizierten Angststörung mit ausgeprägtem Vermeidungsverhalten nicht zu erkennen ist und einem nochmaligen Versuch einer Reha- oder Akutbehandlung deshalb kein anderes Schicksal beschieden sein dürfte als dem letzten Versuch. Dr. H.-M. hat ebenfalls auf die schlechten Erfolgsaussichten rehabilitativer Maßnahmen hingewiesen.

Deshalb kann bei vorausschauender Betrachtung die Möglichkeit eines Erfolgs der Leistung nicht erwartet werden.

Ein Anspruch nach Leistungsgesetzen anderer Rehabilitationsträger kommt ebenfalls nicht in Betracht. Für eine (medizinische) Reha können gemäß § 6 SGB IX neben der Beklagten noch die gesetzlichen Krankenkassen (Nr 1), die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (Nr 3), die Träger der Kriegsopferversorgung (Nr 5), die Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Nr 6) und die Träger der Sozialhilfe (Nr 7) sein. Anhaltspunkte für einen Anspruch gegenüber den Trägern gemäß § 6 Nrn 3, 6 und 7 SGB IX bestehen nicht.

Gegenüber der Krankenkasse scheitert der Anspruch ebenfalls an der erforderlichen Rehabilitationsfähigkeit. Der Anspruch auf stationäre Rehabilitation gemäß §§ 11, 40 SGB V setzt insoweit neben der Behandlungsbedürftigkeit auch die Rehabilitationsfähigkeit voraus. Dies wird durch die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Rehabilitations-Richtlinien (Reha-RL)) vom 16. März 2004 (BAnz Nr. 63, S. 6769) idF des Beschlusses vom 20. Dezember 2007 (BAnz Nr. 66, S. 1000) konkretisiert. Gemäß § 9 Reha-RL ist ein Versicherter rehabilitationsfähig, wenn er aufgrund seiner somatischen und psychischen Verfassung die für die Durchführung und Mitwirkung bei der Leistung zur medizinischen Rehabilitation notwendige Belastbarkeit und Motivation oder Motivierbarkeit besitzt. Nach den obigen Feststellungen ist hiervon beim Kläger nicht auszugehen.

Die Beiladung anderer möglicher Träger der Rehabilitation war nicht erforderlich. Eine solche ist nur dann notwendig vorzunehmen, wenn der Versicherte auch andere Rehabilitationsträger angegangen hat oder der Antrag weitergeleitet wurde. Denn die Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers schließt im Außenverhältnis diejenige aller anderen vom behinderten Menschen angegangenen Rehabilitationsträger aus, so dass der Rechtsstreit ihnen gegenüber nur einheitlich entschieden werden kann (vgl BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009, B 5 R 5/07 R, juris; BSG, Urteil vom 21. August 2008, B 13 R 33/07 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 7). Die Beiladung der Bundesagentur für Arbeit, die den streitgegenständlichen Antrag auf Gewährung einer Reha veranlasst hat, war nicht erforderlich, da diese gemäß § 5 Nr 1 iVm § 6 Abs 1 Nr 2 SGB IX kein Träger einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation sein kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved