L 1 KR 43/08

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 8 KR 357/06
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 43/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufungen der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. Februar 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung auch die Auflösung einer Ansparrücklage zugrunde zu legen ist.

Der Kläger ist freiwilliges Mitglied der zu 1 beklagten Krankenkasse und bei der zu 2 beklagten Pflegekasse sozial pflegeversichert. Bis Februar 2008 war er als Steuerberater hauptberuflich selbständig tätig. Mit Bescheiden vom 03.08.2005 setzten die Beklagten für die Zeit ab 01.08.2005 den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag auf 249,96 EUR und den monatlichen Pflegeversicherungsbeitrag auf 35,32 EUR fest; ausgehend vom Einkommensteuerbescheid für 2003 legten sie dabei beitragspflichtige Einnahmen in Höhe der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage von 1.811,25 EUR zugrunde. Am 14.06.2006 erhielt die Beklagte zu 1 von der Deutschen Rentenversicherung Bund die Mitteilung, dass der Kläger ab 01.07.2006 eine Regelaltersrente beziehen werde. Am 20.06.2006 legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 30.11.2005 vor, der Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 29.101,00 EUR auswies. Der Kläger wies darauf hin, dass in diesem Betrag die Auflösung einer Ansparabschreibung in Höhe von 21.474,00 EUR enthalten sei, die keinen "normalen Gewinn" darstelle.

Die Beklagten setzten mit Bescheiden vom 27.06.2006 den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag ab 01.01.2006 auf 334,66 EUR sowie ab 01.07.2006 auf 501,86 EUR und den monatlichen Pflegeversicherungsbeitrag ab 01.01.2006 auf 47.28 EUR sowie ab 01.07.2006 auf 69,46 EUR fest. Sie berücksichtigten dabei ab 01.01.2006 beitragspflichtige monatliche Einnahmen in Höhe von 2.425,08 EUR und ab 01.07.2006 in Höhe von 3.562,50 EUR. Die rückwirkende Neufestsetzung zum 01.01.2006 sei wegen verspäteter Einreichung des Einkommensteuerbescheides für 2004 erfolgt (Begleitschreiben vom selben Tage). Mit seinen hiergegen gerichteten Widersprüchen wandte der Kläger ein, die Auflösung der Ansparabschreibung im Jahr 2004 hätte bei der Beitragsbemessung nicht berücksichtigt werden dürfen; ein Krankenversicherungsbeitrag von 501,86 EUR brauche knapp die Hälfte seiner Rente auf und sei völlig unerträglich. Die Beklagten wiesen die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 11.10.2006 zurück. Als beitragspflichtiges Arbeitseinkommen gälten die Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die aus dem Einkommensteuerbescheid hervorgingen, ohne danach zu differenzieren, wie sich die vom Finanzamt festgestellten Einkünfte im Einzelnen zusammensetzten. Die Bescheide vom 03.08.2005 hätten mit Wirkung vom 01.01.2006 aufgehoben werden dürfen, da der Kläger seinen Mitwirkungspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht genügt habe, indem er den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 30.11.2005 erst am 20.06.2006 vorgelegt habe.

Am 10.11.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Leipzig (SG) Klage erhoben. Er hat vorgebracht, der steuerliche Gewinn könne dann nicht Anknüpfungspunkt für die Beitragsbemessung aus selbständiger Erwerbstätigkeit sein, wenn er – wie bei der aufgelösten Ansparabschreibung – Elemente enthalte, die insoweit rein fiktiv seien, als sie Einnahmen repräsentierten, die nicht zum Lebensunterhalt verbraucht werden könnten. Der gewinnerhöhende Aspekt der Auflösung der Ansparabschreibung gleiche in seinem Falle den gewinnsparenden Effekt bei ihrer Inanspruchnahme auch nicht aus. Denn ihm habe die Gewinnminderung während der Inanspruchnahme der Ansparabschreibung keinen Vorteil bei der Beitragsberechnung erbracht, weil sein Gewinn ohnehin unter der Mindestbeitragsbemessungsgrenze gelegen hätte.

Mit Urteil vom 29.01.2008 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagten unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 27.06.2006 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.10.2006 verurteilt, ab 01.01.2006 die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge unter Ausschluss der Ansparabschreibung neu zu berechnen. Wenn der Gesetzgeber nach § 240 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds abstelle, d.h. auf alle nicht anderweitig zweckgebundenen persönlichen, geldlichen oder geldwerten Zuflüsse, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verwende oder verwenden könnte, und zwar ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung, dann könnten nur tatsächlich erzielte, nicht aber fiktive Einnahmen berücksichtigt werden. Denn die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds werde nur durch die tatsächlichen, nicht aber durch fiktive Einnahmen bestimmt. Nach den unbestrittenen und glaubhaften Darlegungen des Klägers sei ihm die Ansparabschreibung tatsächlich nie zugeflossen. Vielmehr handele es sich um ein reines Steuermodell, das auf fiktiven Einnahmen basiere, die er tatsächlich wirtschaftlich nicht habe verwerten können. Sie seien in keiner Form seinem Konto gutgeschrieben worden, sondern stellten lediglich eine fiktive steuerliche Größe dar. Die Ansparabschreibung sei ein Förderinstrument für Wirtschaftsgüter, die zwar noch nicht vorhanden seien, deren Anschaffung aber geplant sei. Zahlungen würden insoweit nicht getätigt. Bei der Auflösung würden keine Rückzahlungen geleistet, wenngleich diese steuerlich gewinnerhöhend sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gälten im Sozialversicherungsrecht, ebenso wie im Steuerrecht, als Einnahmen alle Güter, die in Geld oder Geldeswert einer Person zuflössen. Zwar habe das BSG darauf abgestellt, dass bei freiwillig versicherten Selbständigen der nach dem Einkommensteuerrecht erzielte Gewinn der einzig praktikable Maßstab für die Einkommensermittlung sei, weil nur dieser eine verwaltungsmäßige Durchführbarkeit sichere. Dies führe hier aber zu keinem anderen Ergebnis, zumal die Einnahmen des Klägers ohne die Ansparabschreibung ohne erheblichen Mehraufwand zu ermitteln seien. Im Übrigen weise der Kläger zu Recht darauf hin, dass ab 01.01.2006 die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von monatlich 381,94 EUR seine tatsächlich erzielten Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit von 428,17 EUR aufbrauchten; ab 01.07.2006 und dem zusätzlichen Bezug von 1.137,42 EUR Rente nähmen die Beiträge von 571,32 EUR mehr als ein Drittel der Einnahmen aus. Dies erscheine nicht sachgerecht.

Hiergegen richten sich die Beklagten mit ihren am 15.05.2008 eingelegten Berufungen. Die Bildung einer Ansparabrücklage habe lediglich eine zeitliche Verschiebung der Erfassung der Einkünfte zur Folge. Diese zeitliche Verzögerung der Einkommenserfassung führe nicht dazu, dass abweichend von den Vorgaben des § 15 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die steuerliche Gewinnermittlung nicht oder nur eingeschränkt heranzuziehen sei. Vielmehr sei auch dann, wenn der Steuerpflichtige – nach eigener freier Entscheidung – von einer Ansparabschreibung Gebrauch mache, der gesetzlich angeordneten Parallelität zwischen Einkommensteuerrecht und Sozialrecht uneingeschränkt Rechnung zu tragen. Sei in den Jahren, in denen die Ansparrücklage gebildet werde, nur das durch die Ansparrücklage geminderte Einkommen zu berücksichtigen, müsse auch im Jahr der Auflösung der Ansparrücklage das dadurch erhöhte Einkommen maßgebend sein. Außerdem seien mit Bescheiden vom 28.11.2006 die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab 01.12.2006 neu festgesetzt worden; dabei sei neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur noch ein Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 1.811,77 EUR berücksichtigt worden.

Die Beklagten beantragen, das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. Februar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.

Es möge sein, dass auch bei Auflösung einer Ansparabschreibung reelles Einkommen in die Beitragsbemessung zeitverschoben einbezogen werde, weil es jenes reelles Einkommen sei, das ein oder zwei Jahre zuvor bei der Bildung der Absparabschreibung nicht im steuerlichen Einkommen widergespiegelt worden sei. Dies ändere aber nichts daran, dass es bei der Auflösung der Ansparabschreibung kein reelles Einkommen sei, das im Jahr der Auflösung geschaffen worden sei. Es möge sein, dass auch in anderen Fällen der steuerrechtlich ermittelte Gewinn nur in einer längerfristigen Gesamtbetrachtung typischerweise mit dem zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Einkommen korrespondiere. Dennoch dürfe diese Inkongruenz nicht vollkommen zu seinen Lasten aufgelöst werden, da er gerade nicht vom tendenziellen Ausgleich dieser Einkommen habe profitieren können.

Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Hierauf und auf die in der Gerichtsakte enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen der Beklagten sind begründet. Zu Unrecht hat das SG der Klage stattgegeben, und die Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, ab 01.01.2006 die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge unter Ausschluss des im Einkommensteuerbescheid für 2004 ausgewiesenen Gewinns aus der Auflösung einer Ansparrücklage neu zu berechnen.

1. Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 27.06.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.10.2006, mit denen für die Zeit ab 01.01.2006 der Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung die im Einkommensteuerbescheid für 2004 ausgewiesenen Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 29.101,00 EUR unter Einschluss eines Gewinns aus der Auflösung einer Ansparrücklage in Höhe von 21.474,00 EUR zugrunde gelegt worden sind. Nach den Angaben der Beklagten, denen der Kläger nicht widersprochen, die er aber auch nicht bestätigt hat, sind mit Bescheiden vom 28.11.2006 die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit ab 01.12.2006 neu festgesetzt worden. Dabei ist neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ein Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von monatlich 1.811,77 EUR (= 21.741,24 EUR jährlich) der Beitragsbemessung zugrunde gelegt worden, was nur von der Vorlage eines neuen Einkommensteuerbescheides herrühren kann. Diese Bescheide müssen zwar die Beitragsbescheide vom 27.06.2006 für die Zeit ab 01.12.2006 ersetzt haben. Da sich der Kläger mit seiner Klage aber allein gegen die Berücksichtigung des steuerlichen Gewinns aus der aufgelösten Ansparrücklage gewandt hat, können diese Bescheide nur insoweit Gegenstand des Verfahrens geworden sein, als sie den zeitlichen Geltungsbereich der Beitragsbescheide vom 27.06.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.10.2006 beschränkt haben.

2. Die Beklagten waren berechtigt, mit den Bescheiden vom 27.06.2006 die Beitragshöhe neu festzusetzen – und zwar nicht nur mit Wirkung für die Zukunft (a), sondern auch mit Wirkung für die Zeit ab 01.01.2006 (b).

a) Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich bedeutet in diesem Zusammenhang rechtserheblich. Vorausgesetzt wird also eine solche Änderung, die zur Folge hat, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt so nicht (mehr) hätte erlassen dürfen (siehe nur Steinwedel in: Kasseler Kommentar, § 48 SGB X Rn. 13, Stand Mai 2006).

Hinsichtlich der Bescheide der Beklagten vom 03.08.2005, mit denen die Beitragshöhe ohne zeitlich Befristung festgesetzt worden war, ist eine wesentliche Änderung in dem vorbenannten Sinne nicht nur durch den Bezug der Regelaltersrente ab 01.07.2006 eingetreten, sondern auch durch die mit dem Einkommensteuerbescheid für 2004 nachgewiesenen Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit. Denn die Beklagten waren berechtigt, die in diesem Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 29.101,00 EUR ohne Abzug der darin enthaltenen Auflösung einer Ansparabschreibung in Höhe von 21.474,00 EUR bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen.

(1) Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen richtet sich nach § 240 SGB V in der hier bis zum 31.07.2006 maßgeblichen Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen aus Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954) und in der ab 01.08.2006 maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706). Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkasse geregelt (Abs. 1 Satz 1), wobei sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt (Abs. 1 Satz 2). Die Satzung muss mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sind (Abs. 2 Satz 1).

Welche Einnahmen zumindest der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind, regelt § 240 Abs. 4 SGB V. Danach gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße (Satz 1). Eine höhere Mindestbeitragsbemessungsgrundlage ist für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, vorgesehen (Satz 2). Bei diesen freiwilligen Mitgliedern gilt nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V seit dem Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Soweit ein solches freiwilliges Mitglied Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründerzuschuss nach § 421l Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) hat, gilt bei ihm seit dem 01.01.2003 nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V in der Fassung des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4621) bei Nachweis niedrigerer Einnahmen mindestens der 60. Teil der monatlichen Bezugsgröße als beitragspflichtige Einnahmen. Veränderungen der Beitragsbemessung können aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden (§ 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V).

§ 15 Abs. 3 der Satzung der zu 1 beklagten Krankenkasse bestimmt in der hier maßgeblichen Fassung: "Als beitragspflichtige Einnahmen sind die monatlichen Einnahmen unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit maßgebend. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehören alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Einmalige Einnahmen gelten mit einem Zwölftel des Jahresbetrages als monatliche beitragspflichtige Einnahmen. Für freiwillig versicherte Sozialhilfeempfänger kann mit den Sozialhilfeträgern aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und unter Beachtung versicherungsrechtlicher Grundsätze eine Pauschalierungsregelung vereinbart werden. Im Übrigen gilt § 240 SGB V."

Die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds, die die Beitragsbelastung gemäß § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V berücksichtigen muss, ergibt sich grundsätzlich aus den Einnahmen und Geldmitteln, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung (vgl. BSG, Urteil vom 23.09.1999 - B 12 KR 12/98 R - SozR 3-2500 § 240 Nr. 31 S. 141 ff. unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Diese Begriffsbestimmung übernimmt § 15 Abs. 3 der Satzung der Beklagten zu 1 in ihrem Satz 2.

(2) Der Beitragspflicht des freiwillig versicherten Selbstständigen unterliegt sein Arbeitseinkommen. Denn nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V muss die Satzung vorsehen, dass alle Einnahmen, die bei einem versicherungspflichtig Beschäftigten gemäß § 226 Abs. 1 und 2 SGB V zu berücksichtigen sind, auch der Beitragsbemessung freiwillig Versicherter zugrunde gelegt werden. Dazu gehört auch das Arbeitseinkommen (BSG, Urteil vom 15.09.1992 - 12 RK 51/91 - BSGE 71, 137, 142 f. = SozR 3-2500 § 240 Nr. 9; Urteil vom 30.03.1995 - 12 RK 11/94 - SozR 3-2500 § 240 Nr. 20 S. 73; Urteil vom 19.12.2000 - B 12 KR 1/00 R - BSGE 87, 228, 232 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 34).

Beitragspflichtig ist das Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 Abs. 1 SGB IV (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 12 KR 8/05 R - SozR 4-2500 § 240 Nr. 6 Rn. 19). Die Ermittlung des Arbeitseinkommens erfolgt nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts. Dies hat der Gesetzgeber insbesondere durch die Streichung des früheren Satzes 2 in § 15 SGB IV durch das Agrarsozialreformgesetz 1995 vom 29.07.1994 (BGBl. I S. 1890) deutlich gemacht, nach dem bei der Ermittlung des Gewinns steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt zu lassen und Veräußerungsgewinne abzuziehen waren. Seit dem 01.01.1995 bestimmt zwar § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV (neue Fassung – n.F.) wie § 15 Satz 1 SGB IV in der zuvor geltenden alten Fassung (a.F.), dass Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit ist. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV n.F. ist aber anders als nach § 15 Satz 2 SGB IV a.F. Einkommen nunmehr als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist. Grund für diese Änderung waren die erheblichen praktischen Schwierigkeiten, zu denen die Regelung in § 15 Satz 2 SGB IV a.F. geführt hat, weil der Begriff der steuerlichen Vergünstigung im Steuerrecht nicht eindeutig bestimmt und der Umfang solcher Vergünstigungen dem Steuerbescheid nicht zu entnehmen war. Im Interesse der Verfahrensvereinfachung sollte die Regelung des § 15 Satz 2 SGB IV a.F. entfallen und das Arbeitseinkommen damit dem steuerrechtlichen Gewinn entsprechen, der unverändert aus dem Steuerbescheid des Selbstständigen übernommen wird (BT-Drucks. 12/5700, S. 92). Mit dieser Änderung des § 15 SGB IV sind die Unterschiede zwischen Arbeitseinkommen und steuerlichem Gewinn beseitigt worden.

Für die Beitragsbemessung Selbständiger steht außer dem am Einkommensteuerrecht ausgerichteten Arbeitseinkommen derzeit kein gesetzlich oder anderweit geregeltes System der Einkommensermittlung zur Verfügung, das verwaltungsmäßig durchführbar wäre und ohne unzumutbare Benachteiligung dieses Personenkreises verwirklicht werden könnte (BSG, Urteil vom 26.09.1996 - 12 RK 46/95 - BSGE 79, 133, 139 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 27). Dem stehen die Gesetzesmaterialien zu § 240 Abs. 1 SGB V (BT-Drucks. 11/2237, S. 225) und zu § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V (BT-Drucks 12/3937, S. 17) nicht entgegen. Zwar sollte danach anscheinend bei der Beitragsbemessung für Selbständige über den steuerlichen Gewinn hinausgegangen werden. Die hierfür erforderlichen materiell-rechtlichen Vorgaben zur anderweitigen Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit fehlen jedoch nahezu vollständig. Die Krankenkassen können außerdem aus den Einkommensteuerbescheiden die Besteuerungsgrundlagen häufig nicht entnehmen. Auch ist den Krankenkassen in ihren Satzungen die ausreichende Bestimmung einer über den Gewinn hinausgehenden Bemessungsgrundlage nicht gelungen; vielmehr haben sie sich vielfach – wie die Beklagte zu 1 – auf eine Wiedergabe des Gesetzestextes und der Gesetzesbegründung beschränkt (BSG, Urteil vom 26.09.1996 - 12 RK 46/95 - BSGE 79, 133, 140 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 27).

(3) Die Beklagte zu 1 war nicht verpflichtet, von den im Einkommensteuerbescheid für 2004 ausgewiesenen Einkünften aus selbständiger Arbeit den darin enthaltenen Gewinn aus der Auflösung einer Ansparrücklage abzuziehen. Wie bereits ausgeführt wurde, erfolgt die Ermittlung des Arbeitseinkommens nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts. Daher ist die Ansparrücklage nicht nur als eine das Arbeitseinkommen mindernde Größe zu berücksichtigen (so für die Berechnung des Krankengeldes: BSG, Urteil vom 06.11.2008 - B 1 KR 28/07 R - juris Rn. 23), sondern umgekehrt auch ihre Auflösung als eine das Arbeitseinkommen mehrende Größe.

Nach § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG in der hier maßgeblichen, bis zum 17.08.2007 geltenden Fassung konnten Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts im Sinne des § 7g Abs. 1 EStG eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung). Wurde die Investition durchgeführt, so musste die Ansparrücklage gemäß § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG gewinnerhöhend aufgelöst werden. War die Investition spätestens am Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres noch nicht abgeschlossen, so musste sie ebenfalls gewinnerhöhend aufgelöst werden (§ 7g Abs. 4 Satz 2 EStG). Wegen des nicht erfüllten Investitionsversprechens sollte dann ein Gewinnzuschlag nach § 7 Abs. 5 EStG die in Anspruch genommenen Steuervorteile wieder ausgleichen. Die Rücklagenbildung hatte zur Folge, dass sie im Jahr der Bildung zu einem buchmäßigen Aufwand führte, unabhängig davon, ob dabei ein Verlust entstand oder ein bestehender Verlust sich erhöhte (vgl. § 7g Abs. 3 Satz 4 EStG). Ansparrücklagen stellten demnach eine Rücklage für künftige Investitionen dar. Ihre Bildung verhinderte, dass in bestimmter Höhe erzielte Gewinne besteuert wurden, und führte zu einem Steuervorteil unter der Bedingung, dass spätestens zwei Jahre nach der (eigenkapitalschonenden) Rücklagenbildung investiert wurde. Das Absehen von einer Besteuerung der erzielten Gewinne in Höhe der Ansparrücklage hatte somit eine erhöhte Liquidität des Steuerpflichtigen im Jahr der Bildung der Ansparrücklage zur Folge. Mit dem Ersparten konnte und sollte der Steuerpflichtige investieren (vgl. BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr. 2 Rn. 17).

Die Berücksichtigung der Auflösung der Ansparrücklage als eine das Arbeitseinkommen mindernde Größe verstößt nicht gegen Gesetzes- oder Satzungsrecht. Sie entspricht der mit der Neufassung des § 15 SGB IV zum 01.01.1995 angestrebten vollen Parallelität des Sozialversicherungsrechts mit dem Steuerrecht. § 7g EStG zählt zu den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts, nach denen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV das Arbeitseinkommen zu ermitteln ist. Der Berücksichtigung der Auflösung der Ansparrücklage steht auch nicht entgegen, dass nach den gesetzlichen Vorgaben in § 240 SGB V grundsätzlich nur Einnahmen beitragspflichtig sind, die tatsächlich anfallen. Die Abweichungen von diesem Grundsatz hat das Gesetz in § 240 Abs. 4 SGB V ausdrücklich festgelegt. Die in der Satzung zu regelnde Beitragsbemessung nach der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitglieds (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V) gestattet dagegen keine Fiktion tatsächlich nicht erzielter Einnahmen (BSG, Urteil vom 19.12.2000 - B 12 KR 20/00 R - SozR 3-2500 § 240 Nr. 35 S. 171; Urteil vom 15.09.1992 - 12 RK 51/91 - BSGE 71, 137, 140 und 142 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 9). Bei der Gewinnerhöhung, die steuerrechtlich die Auflösung einer Ansparrücklage bewirkt (§ 7g Abs. 4 und 5 EStG), handelt es sich nicht um fiktive Einnahmen, sondern um reale Einnahmen, die nur nicht in dem Jahr, in dem sie erwirtschaftet werden, der Besteuerung unterliegen. Eine zeitversetzte Berücksichtigung der tatsächlichen Einnahmen ist dem Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht fremd. Vielmehr entspricht die Heranziehung von Einnahmen eines bereits vergangenen Zeitraums gerade bei der Bemessung der Beiträge hauptberuflich Selbständiger dem Gesetz. Denn deren Arbeitseinkommen steht, da es gemäß § 15 Abs. 1 SGB IV dem nach den Vorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit entspricht, nicht vor Schluss des Kalenderjahres fest. Deshalb können hauptberuflich Selbständige nur die Einnahmen eines bereits vergangenen Zeitraums im Sinne von § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V nachweisen, die dann als laufende Einnahmen solange bei der Beitragsfestsetzung berücksichtigt werden, bis ein neuer Einkommensnachweis vorliegt (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 12 KR 14/05 R - BSGE 96, 119 = SozR 4-2500 § 240 Nr. 5, jeweils Rn. 16). Bei Ansparrücklagen handelt es sich im Idealfall lediglich um vorgezogene Abschreibungen, da dann der steuerliche Gewinn bei ihrer Auflösung durch gleich hohe Absetzungen für Abnutzung für die angeschafften Wirtschaftsgüter ausgeglichen werden kann (Kulosa in: Schmidt, EStG, 26. Aufl. § 7g Rn. 45). Zu einer zeitlichen Verschiebung des Gewinns führt die Auflösung einer Ansparrücklage nur dann, wenn sie überhöht war oder die Investition unterblieben ist. Einer zeitversetzten Berücksichtigung dieses steuerlichen Gewinns als Arbeitseinkommen bei der Bemessung der Beiträge freiwillig Versicherter steht weder § 240 SGB V noch die Satzung der Beklagten entgegen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass bei der Bemessung von Beiträgen hauptberuflich Selbständiger mit der zeitversetzten Berücksichtigung der tatsächlich erzielten Einnahmen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit deswegen zutreffend berücksichtigt wird, weil sich auf längere Sicht die Vor- und Nachteile ausgleichen (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 12 KR 14/05 R - BSGE 96, 119 = SozR 4-2500 § 240 Nr. 5, jeweils Rn. 16; s.a. BSG, Urteil vom 06.11.2008 - B 1 KR 28/07 R - juris Rn. 25). Zwar kann es aufgrund der Höchst- und Mindestbeiträge, die sich aus § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V ergeben, sein, dass ein freiwillig versicherter hauptberuflich Selbständiger für das Jahr der Bildung einer Ansparrücklage keinen beitragsrechtlichen Vorteil von deren gewinnmindernder Wirkung bei der Besteuerung hat. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, deswegen die Auflösung der Ansparrücklage bei Ermittlung seines Arbeitseinkommens außer Betracht zu lassen. Dass bei der zeitversetzten Berücksichtigung auf längere Sicht ein Ausgleich der wechselnden Einnahmen erfolgt, bedeutet nicht, dass der Versicherte einen Anspruch auf die ihm jeweils günstigste Beitragsbemessung hätte. Dies gilt umso mehr, als es auch genauso gut denkbar ist, dass ein hauptberuflich Selbständiger von der Bildung einer Ansparrücklage einen beitragsrechtlichen Vorteil hat, von ihrer Auflösung aber keinen beitragsrechtlichen Nachteil, weil er für den Beitragszeitraum, in dem die Auflösung der Ansparrücklage beitragsrechtlich wirksam wird, ohnehin den Höchstbeitrag zahlt, er hingegen für den Beitragszeitraum, in dem die Bildung der Ansparrücklage beitragsrechtlich wirksam wurde, einen niedrigeren Beitrag erreichen konnte.

Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Regelung in § 15 Abs. 3 Satz 2 der Satzung der Beklagten zu 1, wonach bei den beitragspflichtigen Einnahmen keine Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zu nehmen ist. Hiermit hat die Beklagte zu 1 lediglich eine Formulierung aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 11/2237, S. 225) übernommen, nicht jedoch – wie § 15 Satz 2 SGB IV in der bis zum 31.12.1994 geltenden Fassung – die Berücksichtigung steuerlicher Vergünstigungen ausgeschlossen. Wie bereits ausgeführt wurde, stehen weder die Gesetzesmaterialien noch die diese übernehmenden Satzungsbestimmungen einer am Einkommensteuerrecht ausgerichteten Bestimmung des Arbeitseinkommens entgegen (BSG, Urteil vom 26.09.1996 - 12 RK 46/95 - BSGE 79, 133, 140 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 27). Nach der Neufassung des § 15 SGB IV zum 01.01.1995 kann es daher nicht mehr darauf ankommen, ob es sich bei Abschreibungen, die vom Gewinn absetzbar sind, um steuerliche Vergünstigungen handelte, was jedenfalls bei solchen Abschreibungen nicht angenommen wurde, die in pauschalierender Weise den Wertverlust berücksichtigen, den längerlebige Wirtschaftsgüter während der Dauer ihres Einsatzes zur Gewinnerzielung erleiden (vgl. BSG, Urteil vom 26.09.1996 - 12 RK 46/95 - BSGE 79, 133, 142 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 27). Zwar können die Krankenkassen in ihren Satzungen Bestimmungen darüber treffen, wie steuerliche Vergünstigungen bei der Beitragsbemessung der freiwilligen Mitglieder zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 15.09.1992 - 12 RK 51/91 - BSGE 71, 137, 140 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 9; Urteil vom 22.05.2003 - B 12 KR 12/02 R - SozR 4-2500 § 240 Nr. 1 Rn. 16; Urteil vom 09.08.2006 - B 12 KR 8/06 R - BSGE 97, 41 = SozR 4-2500 § 240 Nr. 8, jeweils Rn. 19-20). Eine derartige Bestimmung enthält die Satzung der Beklagten zu 1 jedoch weder in § 15 Abs. 3 Satz 2 noch andernorts.

Die Berücksichtigung der Ansparrücklage bei der Beitragsbemessung widerspricht auch nicht ihrer Behandlung im Rahmen des § 141 SGB III. Hierzu ist zwar entschieden worden, dass es für die Anrechnung von Nebeneinkommen auf das Arbeitslosengeld nicht maßgeblich ist, wann die Ansparrücklage steuerlich gewinnerhöhend berücksichtigt wird, sondern nur, wann das dieser Rücklage zugrunde liegende Einkommen erarbeitet wurde (BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr. 2). Diese Durchbrechung der Anbindung des Arbeitseinkommens im Sinne des § 15 SGB IV an das Steuerrecht beruht aber auf den Besonderheiten, die bei der Anwendung des § 141 SGB III zu beachten sind: Bei der Anrechnung von Nebeneinkommen nach § 141 SGB III ist unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck dieser Norm zwingend vorausgesetzt, dass das Arbeitseinkommen während des Leistungsbezugs erarbeitet wird (BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 38/05 R - SozR 4-4300 § 141 Nr. 2 Rn. 15 ff.). Dies kann auf die Ermittlung des Arbeitseinkommens als Bemessungsgrundlage für die Krankenversicherungsbeitrage nicht übertragen werden (so auch für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage des Krankengeldes: BSG, Urteil vom 06.11.2008 - B 1 KR 28/07 R - juris Rn. 26).

Schließlich folgt die Berücksichtigung der Ansparrücklage im Unterhaltsrecht Grundsätzen, die bei der Beitragsbemessung nicht angewandt werden können. Denn die Sicherung der familienrechtlichen Unterhaltspflicht zwingt stets zu einem kritischen Blick auf Abschreibungen, mit denen die Unterhaltspflicht auch unterlaufen werden kann (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.06.2004 - XII ZR 217/01 - FamRZ 2004, 1177 ff.). Das sagt aber nichts darüber aus, in welchem Umfang und nach welchen Grundsätzen das Arbeitseinkommen der Beitragsbemessung zugrunde zu legen ist.

Nach alledem kann die Berücksichtigung des Gewinns aus der Auflösung einer Ansparrücklage bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens nicht beanstandet werden. Wer – wie der Kläger – insoweit steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten in Anspruch nimmt, muss auch deren beitragsrechtliche Konsequenzen tragen.

(4) Auch die Beklagte zu 2 war berechtigt, die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung unter Abänderung ihres Bescheides vom 03.08.2005 für die Zukunft neu festzusetzen. Bei freiwilligen Mitgliedern der gesetzlicher Krankenkassen, die sozial pflegeversichert sind, erfolgt die Bemessung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung nach den gleichen Grundsätzen wie die Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (§ 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI). Da nach diesen Grundsätzen die in einem Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte aus selbständiger Arbeit samt des darin enthaltenen Gewinns aus der Auflösung einer Ansparrücklage bei Beitragsbemessung zu berücksichtigen sind, ist durch den Einkommensteuerbescheid für 2004 eine wesentliche Änderung eingetreten, die die Beklagte zu 2 nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X zur Neufestsetzung der Beiträge mit Wirkung für die Zukunft nicht nur berechtigte, sondern verpflichtete.

b) Ebenso wenig zu beanstanden ist, dass die Beklagten die Beiträge rückwirkend zum 01.01.2006 neu festgesetzt haben. Ist – wie hier – eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten, soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Dies war hier der Fall.

Gemäß § 206 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V, § 50 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XI war der Kläger verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Beitragspflicht erheblich sind und nicht durch Dritte gemeldet werden, unverzüglich mitzuteilen. Eine Meldepflicht Dritter bestand zwar bezüglich der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 201 Abs. 4 Nr. 1 SGB V), nicht aber hinsichtlich des Arbeitseinkommens. Insoweit war der Kläger selbst verpflichtet, den Beklagten Änderungen unverzüglich mitzuteilen.

Dieser Mitteilungspflicht ist der Kläger jedenfalls grob fahrlässig nicht nachgekommen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Betroffene die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbs. 2 SGB X). Vorausgesetzt wird damit, dass der Betroffene aufgrund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen das Bestehen einer Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung hätte erkennen können. Das Außerachtlassen von Pflichten, auf die der Betroffene durch die Behörde besonders hingewiesen wurde, ist im Allgemeinen grob fahrlässig, es sei denn, dass der Betroffene nach seiner Persönlichkeitsstruktur und seinem Bildungsstand den Hinweis nicht verstanden hat (vgl. Steinwedel in: Kasseler Kommentar, § 45 SGB X Rn. 39 f., Stand Mai 2006). Im vorliegenden Fall ist der Kläger auf seine Mitteilungspflicht mit dem Bescheid der Beklagten zu 1 vom 03.08.2005 hingewiesen worden. Darin heißt es: "Nachweis der beitragspflichtigen Einnahmen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit sind mittels des letzten Einkommensteuerbescheides nachzuweisen. Sobald Ihnen ein neuer Einkommensteuerbescheid vorliegt, bitten wir um Übersendung einer Kopie zur Prüfung Ihrer Beitragseinstufung. Nicht einkommensrelevante Daten können geschwärzt werden."

Damit ist der Kläger nicht nur darauf hingewiesen worden, dass überhaupt eine Pflicht zur Mitteilung einkommensrelevanter Tatsachen durch Vorlage des jeweils "letzten", mithin aktuellen Einkommensteuerbescheides besteht. Vielmehr geht aus dem Hinweis auch hervor, dass diese Pflicht unverzüglich zu erfüllen ist. Denn es heißt darin, dass ein neuer Einkommensteuerbescheid zu übersenden ist, "sobald" er vorliegt. Hieran ändert der Umstand nichts, dass der Hinweis insoweit als Bitte formuliert war; denn aus dem vorhergehenden Satz ergibt sich klar und unmissverständlich, dass eine Mitteilungspflicht besteht. Aufgrund des vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks hat der Senat keinen Zweifel daran, dass der Kläger diesen Hinweis verstehen konnte. Vielmehr ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger angesichts dieses Hinweises seine Pflicht zur unverzüglichen Vorlage des jeweils neuesten Einkommensteuerbescheides ohne Weiteres hätte erkennen können. Zu keiner anderen Beurteilung führt das Vorbringen des Klägers, er habe den Einkommensteuerbescheid für 2004 nicht bewusst zurückgehalten, sondern dies möglicherweise einfach vergessen sofort zu tun, weil er aus seiner steuerberatenden Tätigkeit gewusst habe, dass im Bereich der Finanzverwaltung eine Fristverlängerung von bis zu einem halben Jahr üblich sei. Es mag sein, dass der Kläger deshalb dem Hinweis in dem Beitragsbescheid keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat. Dies ändert aber nichts daran, dass er aufgrund des Hinweises leicht erkennen konnte, dass er seiner Mitteilungspflicht unverzüglich und nicht erst innerhalb eines längeren Zeitraum nachzukommen hat – zumal ihm ohnehin bekannt gewesen sein musste, dass die Beitragserhebung in der Sozialversicherung anderen Regeln folgt als die Besteuerung durch die Finanzverwaltung.

Ein atypischer Fall, der die Beklagten verpflichtet hätte, Ermessen auszuüben, ob nicht von der dem Kläger ungünstigen rückwirkenden Neufestsetzung der Beiträge abgesehen werden kann, lag nicht vor.

Schließlich ist der Kläger auch zu der rückwirkenden Aufhebung angehört worden. Bei Erlass der Bescheide vom 27.06.2006 wurde ihm von den Beklagten mitgeteilt, dass eine Beitragsnachberechnung infolge verspäteter Einreichung des Einkommensteuerbescheides für 2004 erforderlich geworden sei. Dieser Einkommensteuerbescheid sei dem Kläger Anfang Dezember 2005 zugegangen, von ihm aber erst im Juni 2006 eingereicht worden. Es wurde darum gebeten, zukünftig zu beachten, dass der Zeitpunkt des Zugangs des Einkommensteuerbescheides für die Beitragseinstufung von großer Bedeutung sei. Eine verspätete Vorlage des Einkommensteuerbescheides habe eine rückwirkende Beitragsneuberechnung zur Folge, soweit der neue Einkommensteuerbescheid höhere beitragspflichtige Einnahmen als bisher ausweise. Damit ist dem Kläger noch während des Verwaltungsverfahrens ausreichend Gelegenheit gegeben worden, sich zu den für die Entscheidung über die rückwirkende Beitragsneufestsetzung erheblichen Tatsachen zu äußern.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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