L 4 P 4295/10 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 P 2441/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 4295/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 13. August 2010 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Versorgung mit einem Ersatz-Pflegeoverall im Wert von bis zu EUR 120,00 sowie die Erstattung der für einen selbst beschafften Pflegeoverall aufgewandten Kosten in Höhe von ca. EUR 80,00.

Die am 1921 geborene Antragstellerin ist Mitglied der Antragsgegnerin. Allgemeinmediziner H. verordnete am 21. Juni 2010 als Hilfsmittel "ein Pflegeoverall Artikelnummer 4687059" unter Nennung folgender Diagnosen: Schwere Demenz, Hilflosigkeit. Am 23. Juni 2010 gingen bei der Antragsgegnerin die genannte Verordnung sowie ein Kostenvoranschlag des Sanitätshauses H. GmbH in T. vom 22. Juni 2010 über einen Pflegeoverall zum Preis von EUR 75,90 brutto ein. Mit Bescheid vom 27. Juli 2010, für den ein Zugangsnachweis nicht vorliegt, lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme ab. Bei dem Overall handele es sich um keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung und auch über die Pflegeversicherung sei keine Bewilligung möglich. Der Overall ersetze die normale Kleidung und sei somit ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Eine Kostenübernahme sei auch aufgrund des § 10 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht möglich. Widerspruch gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin nicht.

Am 27. Juli 2010 wandte sich die Antragstellerin durch ihren Sohn an das Sozialgericht Reutlingen (SG) im Wege eines trotz gerichtlicher Aufforderung nicht näher konkretisierten "Eilantrages" wegen der Untätigkeit der Antragsgegnerin betreffend des Hilfsmittels. Zur Begründung schilderte sie ihren Gesundheitszustand, der den Pflegeoverall dringend erfordere.

Die Antragsgegnerin trat dem Antrag entgegen und verwies darauf, Widerspruch sei gegen ihren ablehnenden Bescheid vom 27. Juli 2010 nicht erhoben worden. Außerdem sei angesichts der Kosten für den Overall ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache durchaus zumutbar.

Mit Beschluss vom 13. August 2010 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Für eine vorläufige Regelung und die Verpflichtung der Antragsgegnerin sei schon kein Raum mehr, nachdem diese in Bezug auf den strittigen Leistungsanspruch mit dem nach Aktenlage bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 27. Juli 2010 bereits eine für die Beteiligten gemäß § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verbindliche Regelung getroffen habe. Nach Aktenlage sei davon auszugehen, dass der Bescheid vom 27. Juli 2010, der gemäß § 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgerichtsbuch (SGB X) am 30. Juli 2010 als zugegangen gelte, nach Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist, über die die Antragstellerin ordnungsgemäß belehrt worden sei, gemäß § 77 SGG in der Sache bindend geworden sei.

Am 06. September 2010 hat sich die Antragstellerin mit "Antrag auf Wiedereinsetzung, Erinnerung, Gegenvorstellung, Gehörsrüge, hilfsweise Beschwerde" an das SG gewandt. Am 10. September 2010 hat das SG die Beschwerde dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung beruft sich die Antragstellerin auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie die Behindertenrechtskonvention. Der Sohn der Antragstellerin hat auch angegeben, ein Pflegeoverall sei zu einem Betrag von ca. EUR 80,00 beschafft worden. Es werde ein weiterer Pflegeoverall als Ersatz benötigt, der bis zuEUR 120,00 koste.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 13. August 2010 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Kosten für die Beschaffung eines Pflegeoveralls in Höhe von ca. EUR 80,00 zu erstatten sowie sie mit einem Ersatz-Pflegeoverall im Wert von bis zu EUR 120,00 zu versorgen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das SG habe seine Entscheidung schlüssig und überzeugend begründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten im einstweiligen Rechtsschutz beider Rechtszüge sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin Bezug genommen. II.

Die gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist nicht statthaft. Sie ist nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in der seit 01. April 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 29 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 - SGGArbGÄndG - (BGBl. I, S. 444) ausgeschlossen. Denn der Beschwerdewert von EUR 750,00 (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der Fassung des Art. 1 Nr. 24 Buchst. a SGGArbGÄndG) wird nicht erreicht, da die Antragstellerin Kostenerstattung (Kosten für die Beschaffung eines Pflegeoveralls in Höhe von ca. EUR 80,00) und die Versorgung als Sachleistung mit einem Ersatz-Pflegeoverall im Wert von bis zu EUR 120,00, mithin insgesamt jedenfalls nicht mehr als EUR 200,00 begehrt.

Die Beschwerde war damit bereits als unzulässig zu verwerfen und in der Sache nicht zu prüfen.

Soweit die Antragstellerin sich gegen die Entscheidung des SG mit "Antrag auf Wiedereinsetzung, Erinnerung, Gegenvorstellung, Gehörsrüge" wendet, ist eine gesetzliche Grundlage für eine Zuständigkeit des LSG nicht ersichtlich. Die genannten Rechtsbehelfe haben keinen Devolutiveffekt und führen mithin nicht zu einer Überprüfung der angefochtenen Entscheidung durch eine höhere Instanz. Sie sind vielmehr vom SG in eigener Zuständigkeit zu bearbeiten. Dies gilt insbesondere auch für die gemäß § 178a SGG mit Wirkung vom 01. Januar 2005 ausdrücklich geregelte Anhörungsrüge.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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