Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 SF 191/10 B Verg
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
*Ein stattgebender Beschluss nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB über die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde im gerichtlichen Vergabenachprüfungsverfahren steht nicht zwingend einer späteren Zuschlagsgestattung nach § 121 GWB entgegen.
*§ 129 Abs. 3 S. 3 SGB V erlaubt für den Bereich der parenteralen Zubereitungen zu onkologischen Behandlungen als speziellerer Vorschrift den Abschluss von Einzelverträgen, auch wenn diese zwangsläufig von den rahmenvertraglichen Regelungen auf Grundlage des § 129 Abs. 2 SGB V und den ergänzenden Verträgen auf Landesebene (§ 129 Abs. 5 S. 1 SGB V) abweichen. Der Gesetzgeber hat den Krankenkassen insoweit bewusst die Möglichkeit eingeräumt, das bisherige System vereinbarter Preise verlassen und auf diesem Gebiet die Preise dem freien Markt überlassen zu können.
*§ 11 Abs. 2 ApoG als Ausnahme von § 11 Abs. 1 ApoG ist nicht nur auf Zytostatika im engeren Sinne beschränkt. Zytostatika sind vielmehr alle Arzneimittel mit zellwachstums-, insbesondere zellteilungsverhindernder oder -verzögernder Wirkung.
*§ 129 Abs. 3 S. 3 SGB V erlaubt für den Bereich der parenteralen Zubereitungen zu onkologischen Behandlungen als speziellerer Vorschrift den Abschluss von Einzelverträgen, auch wenn diese zwangsläufig von den rahmenvertraglichen Regelungen auf Grundlage des § 129 Abs. 2 SGB V und den ergänzenden Verträgen auf Landesebene (§ 129 Abs. 5 S. 1 SGB V) abweichen. Der Gesetzgeber hat den Krankenkassen insoweit bewusst die Möglichkeit eingeräumt, das bisherige System vereinbarter Preise verlassen und auf diesem Gebiet die Preise dem freien Markt überlassen zu können.
*§ 11 Abs. 2 ApoG als Ausnahme von § 11 Abs. 1 ApoG ist nicht nur auf Zytostatika im engeren Sinne beschränkt. Zytostatika sind vielmehr alle Arzneimittel mit zellwachstums-, insbesondere zellteilungsverhindernder oder -verzögernder Wirkung.
Der Beschwerdegegnerin wird der Zuschlag gestattet.
Gründe:
I. Die Beschwerdegegnerin hat ihren Sitz in Potsdam. Sie schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 19. Januar 2010 den Abschluss von Verträgen gemäß § 129 Abs. 5 Satz 3 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) (Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer) zur Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten im Offenen Verfahren europaweit aus. Sie hat den AOK-Bundesverband mit der Durchführung der Ausschreibung beauftragt. Der streitige Auftrag betrifft die Versorgung auf dem Gebiet des Landes Berlin und ist in 13 Gebietslose, aufgeteilt nach Postleitzahlen, unterteilt. Die Gebietslose weichen im räumlichen Zuschnitt von der Aufteilung der Verwaltungsbezirke in Berlin ab. Die Bekanntmachung bestimmte zunächst, dass Angebote "nur für ein Los" eingereicht werden sollten. Die Rahmenvereinbarungen sollen grundsätzlich für ein Jahr abgeschlossen werden. Zuschlagskriterium ist nach Ziffer IV.2.1 der niedrigste Preis. Varianten/Alternativangebote waren nicht zugelassen. Als Schlusstermin für den Eingang der Angebote war zunächst der 2. März 2010, 12.00 Uhr, bestimmt. Bestandteil der an die Interessenten versandten Verdingungsunterlagen war als Anlage 1 der Entwurf des Vertrages gemäß § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V über die Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten (Rahmenvertrag). Als Anhang 1 zu diesem Rahmenvertrag übersandte die Beschwerdegegnerin ein Produktblatt, das Angaben zu den Abgabevolumina je Gebietslos —jeweils in mg pro Wirkstoff — abbildet. Je Wirkstoff soll durch die Bieter ein Preis pro Milligramm angeboten werden. In Ziffer 10 der Bedingungen für die Auftragsvergabe wies die Beschwerdegegnerin darauf hin, dass sie Angaben zu dem voraussichtlichen Auftragsvolumen nur auf der Basis von Erfahrungswerten und Analysen aus der Vergangenheit machen könne. Künftige Mengen der für die Versicherten herzustellenden parenteralen Lösungen würden insbesondere vom Gesundheitszustand der AOK-Versicherten, dem Verordnungsverhalten der Ärzte sowie der vom Gesetzgeber vorgegebenen Struktur der ambulanten Versorgung abhängen. Auch die künftige Struktur und Anzahl der onkologischen Praxen bzw. der ambulant behandelnden Ärzte in dem jeweiligen Gebietslos könne Einfluss auf die Mengen haben. Insbesondere der Zu- und/oder Wegzug von Ärzten und/oder Praxen könne solche Schwankungen bewirken. Die im Produktblatt angegebenen Mengen seien auf das erste Halbjahr 2009 bezogen und stellten das gesamte von den Ärzten verordnete Volumen in diesem Zeitraum dar, das für Versicherte der AOK Berlin-Brandenburg in Berlin verordnet wurde.
Mit Schreiben vom 29. Januar 2010, auf das ergänzend verwiesen wird, beanstandete die Beschwerdeführerin gegenüber der Beschwerdegegnerin verschiedene Punkte der Ausschreibung. Insbesondere gebe es keine Rechtsgrundlage für einen exklusiven Selektivvertrag. Ferner lasse sich auf der Grundlage der im Rahmen der Ausschreibung; mitgeteilten Informationen kein Angebot kalkulieren, da eine genaue Ermittlung und Beschreibung des Auftragsvolumens fehle.
Mit Bieterrundschreiben vom 10. Februar 2010 zur Beantwortung von Bieterfragen erläuterte die Beschwerdegegnerin unter anderem (Antworten zu Fragen 105ff), sie habe bei "händischer" Auswertung der 15.772 Verordnungen im Referenzzeitraum keine Trägerlösungen oder primären Packmittel erfasst. Die Applikationsform richte sich nach der verordneten Menge und sei in den Verordnungen ohnehin nicht explizit mit aufgeführt. Die Daten zu den Trägerlösungen und primären Packmitteln könnten auch nicht elektronisch ausgewertet werden. Denn es sei nicht elektronisch selektierbar, was im Einzelnen in den Zubereitungen z.B. an Trägerlösungen und primären Packmitteln enthalten sei. Die Erfassung per Hand wäre neben der Ermittlung der Mengen nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich gewesen. Zu der Frage, wie hoch der Anteil der Verordnungen sei, bei denen aufgrund eines Aut-idem-Ausschlusses die Verwendung gegebenenfalls erheblich teurerer Arzneimittel erforderlich sei, lägen ihr keine Auswertungen vor. Diese seien auf elektronischem Wege auch nicht valide zu erfassen. Es sei aber davon auszugehen, dass speziell im Verordnungsbereich der parenteralen Lösungen Aut-idem-Ausschlüsse zwar theoretisch vorkommen könnten, sich in der Praxis aber auf zu vernachlässigende Ausnahmefälle beschränkten, da grundsätzlich die Pflicht des Vertragsarztes zur wirtschaftlichen Verordnungsweise bestehe. Dies stehe einem großzügigen Einsatz des Aut-idem-Kreuzes entgegen. Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Originalpräparat und Generika im Referenzzeitraum wies die Beschwerdegegnerin auch hier auf die fehlende Möglichkeit der elektronischen Auswertbarkeit hin. Dieses wäre wiederum neben der Erfassung der Mengen nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand festzustellen gewesen. Eine solche Auswertung werde auch zusätzlich durch Wirkstoff-Verordnungen erschwert, die keine Zuordnung in den Kategorien Originalpräparate und Generika erlaubten.
Die Beschwerdeführerin stellte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18. Februar 2010 bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg einen Nachprüfungsantrag. Sie teilte unter anderem mit, sie beabsichtigte, ein Angebot für Gebietslose abzugeben.
Die Beschwerdegegnerin nahm mit Schreiben vom 19. Februar 2010 zum Vorbringen einer fehlenden Rechtsgrundlage Stellung und stellte ihren Rechtsstandpunkt dar.
Am 3. März 2010 machte die Beschwerdegegnerin im Supplement zum Amtsblatt der Euro¬päischen Union eine Änderung der Ausschreibungsbedingungen bekannt. Mit E-Mail vom 5. März 2010 stellte sie den interessierten Unternehmen geänderte Verdingungsunterlagen zur Verfügung. Die Änderungen betrafen im Wesentlichen die Aufhebung der Loslimitierung (Angebote können nunmehr auf alle 13 Lose abgegeben werden, die Zahl der möglichen Zuschläge wurde limitiert auf vier) die Erhöhung der Rahmenvertragspartner auf zwei sowie einzelne Regelungen des Rahmenvertrages. Die Angebotsfrist wurde bis zum 20. April 2010, 12.00 Uhr, verlängert.
Mit Telefax vom 12. März 2010 teilte sie den Interessenten weitere Änderungen mit. Sie versandte die hierzu relevanten Unterlagen am 15. März 2010. Eine weitere Bekanntmachung erfolgte im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am 17. März 2010. Darin reduzierte sie die Anzahl der Rahmenvertragspartner wiederum auf einen. Jetzt hat der Bieter hinsichtlich seiner technischen Leistungsfähigkeit zu erklären, dass er im Auftragsfalle in der Lage sei, bezogen auf die Vertragslaufzeit die Doppelten der in den Ausschreibungsunterlagen näher ausgewiesenen Mengen an parenteralen Zubereitungen zu liefern.
Mit Schriftsatz vom 18. März 2010 teilte die Beschwerdeführerin u. a. mit, ihr Nachprüfungsantrag konzentriere sich nach den Änderungen der Ausschreibungsbedingungen bzw. der Vergabeunterlagen vor allem auf die Vorwürfe, dass keine Rechtsgrundlage für den Abschluss exklusiver Selektivverträge bestünde und keine ausreichende Kalkulationsmöglichkeit gegeben sei. Sie beantragte im Nachprüfungsverfahren unter anderem, die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, den von der Beschwerdeführerin gerügten Vergaberechtsverstößen abzuhelfen und das Ausschreibungsverfahren nur unter der Voraussetzung der Abhilfe hinsichtlich der Verstöße weiter fortzuführen. Hilfsweise beantragte sie ferner, die Ausschreibung aufgrund schwerwiegender Vergaberechtsverstöße aufzuheben.
Mit Schriftsatz vom 30. März 2010 nahm die Beschwerdegegnerin zu den Beanstandungen der Beschwerdeführerin detailliert Stellung. Der Nachprüfungsantrag sei bereits unzulässig. Die Beschwerdeführerin könne in diesem Verfahren nicht die Rechte der Versicherten oder sozialrechtliche Wertentscheidungen geltend machen (Bezugnahme auf LSG Nordrhein-Westfalen, B. v. 30.01.2009 -L 1 KR 1/08-), genauso wenig wie Bestimmungen des Kartellrechts. Die Beschwerdegegnerin dürfe jedenfalls die angestrebten Selektivverträge abschließen. § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V sei eine Spezialvorschrift für die Versorgung von Ärzten mit parenteralen Rezepturen. Aus der Verwendung des Begriffes "Sicherstellung", der Systematik des SGB V, den Vorschriften der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) und den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass die Krankenkassen ihre Leistungspflicht auf diesem Gebiet ausschließlich im Rahmen dieser Verträge erbringen könnten (u. a. Bezugnahme auf ein Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 20. Oktober 2009). Die Ausschreibung verletze auch nicht das Recht des Versicherten auf freie Apothekenwahl, das kein allgemeiner Grundsatz des Sozialversicherungsrechts sei, sondern sich aus einzelnen Bestimmungen ergebe. Diese seien nicht tangiert. So gelte § 31 Abs. 1 S. 5 SGB V nur bei der unmittelbaren Versorgung des Versicherten, nicht jedoch –wie hier- bei Anwendung des § 11 Abs. 2 Apothekengesetz (ApoG). § 11 Abs. 2 ApoG liefe anderenfalls schlicht ins Leere. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin seien weiter die mitgeteilten Daten ausreichend für eine Angebotskalkulation. Rahmenverträgen wohne bereits der Natur der Sache nach eine kalkulatorische Ungewissheit inne. Die Vergabekammer des Bundes habe eine Beschränkung auf die Mitteilung der Packungsmengen der einzelnen Medikamente bezogen auf das Vorjahr für ausreichend erachtet (Bezugnahme auf VK Bund, B. v. 29.09.2009 –VK 2-162/09).
Mit Beschluss vom 1. April 2010 im schriftlichen Verfahren, der der Beschwerdeführerin am 6. April 2010 zugestellt wurde, verwarf die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag. Dieser sei bereits unzulässig. Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt nach § 107 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Sie habe nicht -wie erforderlich- geltend gemacht, dass ihr durch die behaupteten Vergabeverstöße ein Schaden entstanden sei, weil sie kein Angebot abgegeben habe. Das Auftragsvolumen in der vorliegenden Ausschreibung sei durch Angabe der Abgabevolumina je Gebietslos bezogen auf das erste Halbjahr 2009 in ausreichendem Maße mitgeteilt worden. Im Falle einer Rahmenvereinbarung sei nach Abschnitt 2 § 3 a Nr. 4 Abs. 1 Satz 2 der Verdingungsordnung für Leistungen –Teil A Ausgabe 2006 (VOL/A) das in Aussicht genommene Auftragsvolumen so genau wie möglich zu ermitteln und zu beschreiben, brauche aber nicht abschließend festgelegt werden. In der Regelung spiegele sich die Besonderheit des Rahmenvertrages wider, die gerade darauf beruhe, dass das konkrete Beschaffungsvolumen nur prognostiziert werden könne. Dies gelte hier aufgrund der Besonderheiten des Arzneimittelmarktes, da die Beschwerdegegnerin keinen unmittelbaren Einfluss auf das Verordnungsverhalten der Ärzte habe, ebenso wenig wie auf den krankheitsabhängigen Bedarf der Versicherten. Darauf habe sie ausdrücklich hingewiesen. Da weder sie noch die Beschwerdeführerin einen Einfluss auf das Verhalten von Ärzten und Patienten hätten, stelle die Mitteilung der Verordnungszahlen der Vergangenheit die einzige statistisch belastbare Basis zur Prognostizierung des zu erwartenden Auftragsvolumens dar. Es liege in der Natur der Sache, dass eine exaktere Prognose nicht möglich sei. Die Auftraggeberin habe alles getan, um eine optimale Kalkulationsgrundlage zur Verfügung zu stellen. Welche Applikationsformen, Trägerlösungen, primäre Packmittel etc. verwendet würden, stehe im Voraus nicht fest, sondern könne nur mehr oder weniger vage abgeschätzt und im Wege eines nach Erfahrungswerten vorzunehmenden Zuschlages auf die Kalkulation berücksichtigt werden.
Hiergegen hat sich die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 19. April 2010 gerichtet. Ihr fehle nicht die Antragsbefugnis. Sie habe immer klar geäußert, sich an der Ausschreibung beteiligen zu wollen. Sie habe nach den Änderungen im Ausschreibungsverfahren erklärt, sich auf die Vorwürfe zu beschränken, es gebe keine exklusiven Selektivverträge aufgrund § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V und eine vernünftige Kalkulation sei nicht möglich. Im Gegensatz zu den Berliner Apothekern, welche die verordnenden Ärzte aufgrund früherer Kooperationen vermutlich persönlich oder jedenfalls namentlich kennen würden, könnten Auswärtige ohne die Marktkenntnisse vor Ort, also ohne Kenntnis der im Referenzzeitraum verordneten Applikationsformen, Trägerlösungen, primären Packmitteln, der Aut-idem-Quote und dem Verhältnis Original- zu Generikaverordnungen, ohne eine erhebliches wirtschaftliches Risiko kein wirtschaftliches Angebot erstellen.
Die Beschwerdegegnerin hat vorgebracht, die Vergabekammer habe den Nachprüfungsantrag zu Recht bereits als unzulässig verworfen. Die Beschwerdeführerin habe im Antragsschriftsatz (dort S. 13f) deutlich ausgeführt, kein Angebot abgeben zu wollen. Allerdings habe sie dies mittlerweile nachgeholt. In der Sache halte sie an ihrer Auffassung fest, dass sie aufgrund § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V zum Abschluss von Selektivverträgen zur Sicherstellung der Versorgung berechtigt sei, wie sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und der des § 129 Abs. 5a SGB V ergeben. Es liege auch kein Verstoß gegen das Apothekenwahlrecht des Versicherten vor. Im Sonderfall des § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V werde nicht der Versicherte versorgt, sondern der Arzt. Der Versicherte erhalte die Behandlung einschließlich der Verabreichung der Infusionen. Dies sei die Folge der Besonderheit parenteraler Zubereitungen, bei der die bloße Abgabe an den Versicherten nicht ausreiche, sondern der Arzt das Arzneimittel verabreichen müsse. Das Wahlrecht nach § 31 Abs. 1 S. 5 SGB V beziehe sich nur auf die Fälle, bei denen der Versicherte selbst mit den Arzneimitteln versorgt werde. Dann sei § 31 Abs. 1 S. 5 SGB V von vornherein nicht anwendbar. Die Vorschrift müsse im Lichte des § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V ausgelegt werden und müsse zurücktreten, wenn ein Selektivvertrag bestehe. Aus § 11 Abs. 2 ApoG folge schließlich keinesfalls ein Wahlrecht des Arztes. Sie habe ferner die Kalkulationsgrundlagen ausreichend genau mitgeteilt und sei ihren Pflichten nach § 3a Nr. 4 Abs. 1 S. 2 VOL/A hinreichend nachgekommen. Ihren Ausführungen vor der Vergabekammer sei die Beschwerdeführerin nicht substantiiert entgegengetreten. Ihr Vortrag zu landestypischer Aut-Idem-Substitution sei nicht nachvollziehbar. Für unterschiedliches Verordnungsverhalten gebe es keine rechtliche Grundlage. Es seien der Beschwerdegegnerin auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte bekannt, dass Berliner Ärzte signifikant anders verordneten als in anderen Bundesländern. Einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Beschwerdeführerin hätten allenfalls diejenigen Berliner Apotheker, die bereits zur Zeit parenterale Zubereitungen zur Krebsbehandlung herstellten, weil sie Erfahrungswissen über das Verordnungsverhalten der Berliner Ärzte hätten. Es sei nicht Aufgabe der Beschwerdegegnerin, diesen Wettbewerbsvorteil durch Berufserfahrung zu nivellieren.
Mit Beschluss vom 07. Mai 2010 hat der Senat den Beschluss der Vergabekammer vom 01. April 2010 in der Fassung vom 12. April 2010 aufgehoben und die Vergabekammer verpflichtet, über die Anträge der Beschwerdeführerin erneut unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Die Vergabekammer hat auf der Grundlage dieses Beschlusses am 26. Mai 2010 einen Aufklärungs- und Auflagen-Beschluss erlassen. Der Beschwerdegegnerin ist aufgegeben worden darzustellen, in welchem Umfang sich im Referenzzeitraum Versicherte unter Berufung auf ihr Apothekenwahlrecht gegenüber dem behandelnden Arzt parenterale Zubereitungen direkt in Apotheken beschafft hätten, ferner Inhalt und Ergebnis einer Abstimmung mit dem Berliner Berufsverband der Onkologen darzulegen, Angaben zur Verschreibungspraxis durch Vertragsärzte, Gemeinschaftspraxen und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) zu liefern, den Ausgleich von Informationsvorsprüngen durch den gewählten Loszuschnitt zu belegen und stichprobenartig die Verordnungen nach Applikationsformen, Trägerlösungen, primären Packmitteln, Aut idem Ausschlüssen und Originalpräparaten/Generika aufzuschlüsseln.
Die Beschwerdegegnerin ist dem mit Schriftsatz vom 01. Juli 2010 nachgekommen: Anhand der konkreten Verordnungen aus dem Referenzzeitraum könne keine Aussage darüber getroffen werden, ob und in wie vielen Fällen die verordnenden Ärzte das Verordnungsvolumen an ihre Patienten ausgehändigt hätten. Daher habe die Beschwerdegegnerin ein Gespräch mit Vertretern des Vereins der Niedergelassenen Internistischen Onkologen (NIO) e. V. geführt. Das Ergebnis der Aufklärung bestätige klar, dass die Annahme einer unmittelbaren Abgabe an die Versicherten mit der Versorgungsrealität nichts zu tun habe. Dies ergäbe sich auch aus den Website-Aussagen von in der Zytostatikaversorgung tätigen Apothekern, so auch des Apothekers N T, dem unmittelbaren Vorgänger der Beschwerdeführerin, der jetzt die C-Apotheke in H betreibe. Auch im Vorfeld der Ausschreibung habe sich die Beschwerdegegnerin mehrmals mit Vertretern des NIO e. V. ausgetauscht. Zu keinem Zeitpunkt habe man darüber gesprochen, ob und in welchem Umfang Versicherte selbst die Apotheke auswählten. Vielmehr sei von den konsultierenden Vertretern der Ärzteschaft stillschweigend und selbstverständlich vorausgesetzt worden, dass die behandelnden Ärzte die Zubereitungen stets unmittelbar in der Apotheke bestellten. Auch im Rahmen der Erläuterung des Bestellvorganges sei nie erwähnt worden, dass überhaupt die Möglichkeit der Aushändigung der Verordnungen an die Versicherten bestehe. Im Referenzzeitraum stammten 55,68 % der Verordnungen von Gemeinschaftspraxen und MVZ. Es werde deutlich, dass für die Zuschlagsempfänger die Belieferung von MVZ und Gemeinschaftspraxen in allen Losen eine zentrale Aufgabe sei. Zu Spezialisierungen und Vorlieben unter Onkologen habe die Beschwerdegegnerin im Vorfeld der Ausschreibung keine Auswertungen vorgenommen. Ihr sei aber bekannt, dass die Ärzteschaft der Gemeinschaftspraxen und MVZ starken Schwankungen unterliege. Diese Kenntnis sei nach Ergehen des Aufklärungs- und Auflagenbeschlusses verifiziert worden. Nach ihrer Auffassung sei insbesondere durch die Fluktuation unter den Ärzten in den einzelnen Betriebsstätten sichergestellt, dass einzelne Apotheker nicht über einen unzulässigen Informationsvorsprung verfügten. Der Wechsel von Ärzten in den erfassten Betriebsstätten habe in jedem Fall Auswirkungen auf den Umfang und die Zusammensetzung der Verordnungsmengen in den jeweils betroffenen Gebietslosen. Nach ihrer Kenntnis spielten bei der Auswahl des Wirkstoffes durch den Arzt mehrere krankheitsbildabhängige Faktoren eine Rolle. Neben der Zulassung der Arzneimittel seien z. B. die Krankheitsprognose des Patienten und dessen allgemeiner Gesundheitszustand zu beachten. Nach den Vorgaben der Vergabekammer habe die Beschwerdegegnerin schließlich 50 Verordnungen pro Gebietslos stichprobenartig ausgewertet. Vorliegend komme ausschließlich die Applikation als Infusion in Betracht. Als Trägerlösungen seien ausschließlich Kochsalzlösungen und Glukoselösungen verordnet worden. Dabei handle es sich um niedrigpreisige Stoffe, unter denen es auch keine nennenswerten Preisunterschiede gebe. Die Frage, welche Lösung verwendet werde, sei für die Kalkulation damit nicht relevant. Primärpackmittel seien in 81,55 % der Fälle nicht ausdrücklich verordnet worden. Sei ein Packmittel nicht gesondert verordnet, werde der jeweils verordnete Wirkstoff direkt in den Infusionsbeutel gespritzt, in dem die Trägerlösung bereits enthalten sei. Die Beutel seien relativ niedrigpreisig und könnten problemlos in den anzubietenden mg Preis einbezogen werden. In den übrigen 18,45 % der Fälle seien verschiedene Pumpen als Primärpackmittel verordnet worden. Solche Primärpackmittel würden gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 der ausgeschriebenen Rahmenverträge gesondert vergütet.
Bei den ausgewerteten Verordnungen habe sich eine Aut-Idem-Ausschlussquote von 8,42 % ergeben. Der Umstand, dass der ausgeschrieben Vertrag keine gesonderten Regeln für Verordnungen treffe, in denen die Aut-Idem-Substitution ausgeschlossen sei, sei daher nicht zu beanstanden. Zudem habe die Auswertung ergeben, dass es bei der Verordnung parenteraler Rezepturen bei den Ärzten weit verbreitet sei, nur den Wirkstoff und nicht ein bestimmten Fertigarzneimittel unter Bezeichnung des Herstellers zu verordnen. Damit obliege es ohnehin in aller Regel dem Apotheker, das entsprechende Fertigarzneimittel auszuwählen.
Die Beschwerdeführerin hat dazu vor der Vergabekammer vorgetragen, es sei lebensfremd anzunehmen, dass sich der Patient sich die Zytostatika selbst beschaffe und selbst an die Arztpraxis liefere. Auch dann werde die Apotheke direkt an den Arzt liefern. Bei langjährigen Lieferverhältnissen zwischen Arztpraxis und Apotheke entstünden Netzwerke, die eine optimale Schnittstellen- und Homecare-Versorgung böten. Die von der Ausschreibung betroffenen Apotheker würden (deshalb) nicht stillschweigend den Verlust eines erheblichen Teil des Marktes hinnehmen, sondern die Patienten auf die Möglichkeit hinweisen, weiterhin von ihr versorgt zu werden. Gerade die langjährigen Netzwerke seien für die Beschwerdeführerin als auswärtige Anbieterin unkalkulierbar. Ferner habe die Beschwerdegegnerin nicht dargelegt, dass die von ihr kontaktierten Ärzte die Onkologen repräsentierten. Auch können aus den ausgeschriebenen Wirkstoffen keine Rückschlüsse auf die Tumorerkrankung gezogen werden: Viele Wirkstoffe seien für mehrere Tumore zugelassen. Es möge zwar in größeren Gemeinschaftspraxen oder MVZ eine höhere Fluktuation der Ärzte geben. Jedoch hätten ein oder mehrere Partner das strategische Übergewicht. Diese bestimmten maßgeblich die Behandlungseinrichtung. Die Behauptung der Beschwerdegegnerin, der Wechsel der Ärzte in den erfassten Betriebsstätten habe Auswirkungen auf den Umfang und die Zusammensetzung der Verordnungsmengen, sei unsubstantiiert. Ferner sei das Verfahren der Stichprobenerhebung nicht repräsentativ. Viele onkologisch tätige Apotheker bevorzugten das Primärpackmittel "E". Dieses Produkt koste pro Beutel knapp über 7,00 EUR, sei also keineswegs niedrigpreisig. Der Aut-Idem-Ausschlussanteil sei mit 8,42 % zu niedrig geschätzt: Einerseits seien die Kreuze bei patentgeschützten Arzneimitteln außer Betracht geblieben, andererseits auch alle handschriftlich gesetzten.
Die Vergabekammer des Landes Brandenburg hat mit Beschluss vom 29. Juli 2010 den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Beschwerdegegnerin sei aufgrund des § 129 Abs. 5 S. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) befugt, die Leistungen auszuschreiben. Dem stünden weder der seit März 2003 bestehende Arzneimittelversorgungsvertrag Berlin noch der "Vertrag über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen (§§ 4, 5 der Arzneimittelpreisverordnung AMPreisV ) (vom 10. September 2009, gültig ab 1. Oktober 2009) in der Fassung des Ergänzungsvertrages (hinsichtlich der Anlage 3 Teil 1) vom 22. Dezember 2009 (Hilfstaxe) entgegen. Dies folge aus der Gesetzessystematik und auch der Gesetzesbegründung. Insbesondere könne § 129 Abs. 5 Satz 3 SGB V als Grundlage für den Abschluss von Einzelverträgen über parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zwischen einzelnen Krankenkassen und einzelnen Apothekern nicht durch die rangniedrigere Rechtsanwendungsregelung des § 5 AMPreisV verdrängt werden, welche die Grundlage für die Neufassung der Anlage 3 der Hilfstaxenvereinbarung zum 01. Januar 2010 über die Honorierung parenteraler Rezepturen sei. Weiter bedürfe die Auffassung des Senates, aus dem Zusammenspiel des § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V mit § 11 Abs. 2 Apothekengesetz (ApoG) ergäbe sich nicht, dass der normale Versorgungsweg ausgeschlossen sei, keiner weiteren Erörterung. Die Beschaffung der parenteralen Zubereitungen auf dem normalen Versorgungsweg könne zwar nicht völlig ausgeschlossen werden, stelle aber die absolute Ausnahme dar. Bei der gebotenen vergaberechtlichen Betrachtungsweise sei es ohne Bedeutung, an wen die Arzneimittel ausgehändigt würden. Für das Auftragsvolumen komme es nämlich nur auf den Umfang der jeweiligen Liefermenge der Apotheken an, die nicht danach unterschieden, ob der Arzt oder der Versicherte Abnehmer sei. Hierfür sprächen auch das Ergebnis des Gespräches mit Vertretern des NIO e. V. und die Aussage des unmittelbaren Vorgängers der Beschwerdeführerin, der jetzt die C Apotheke in H betreibe. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei das Auftragsvolumen der Ausschreibung durch Angabe der Abgabevolumina je Gebietslos - jeweils in mg pro Wirkstoff - bezogen auf das erste Halbjahr 2009 in ausreichendem Maße im Sinne des § 3 a Nr. 4 Abs. 1 Satz 2 VOL/A ermittelt und beschrieben werden. Die Regelung spiegele die Besonderheit des Rahmenvertrages wider, die gerade darauf beruhe, dass das konkrete Beschaffungsvolumen nur prognostiziert werden könne. Dies gelte aufgrund der Besonderheiten des Arzneimittelmarktes in besonderem Maße. Die Beschwerdeführerin habe keinen unmittelbaren Einfluss auf das Verordnungsverhalten der Ärzte, ebenso wenig wie auf den krankheitsabhängigen Bedarf ihrer Versicherten. Die Mitteilung der Verordnungszahlen der Vergangenheit stelle die einzige statistisch belastbare Basis zur Prognostizierung des zu erwartenden Auftragsvolumens dar. Eine exaktere Prognose sei nicht möglich. Ein Referenzzeitraum von sechs Monaten stehe auch in einem angemessenen Verhältnis zu einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten. Künftige Entwicklungen könnten nur mehr oder weniger vage abgeschätzt und im Wege eines nach Erfahrungswerten vorzunehmenden Zuschlages auf die Kalkulation berücksichtigt werden. Die Leistungsbeschreibung erlaubte auch dann keine bessere Kalkulation und Preismitteilung, wenn die von der Beschwerdegegnerin von der Beschwerdeführerin verlangten Angaben zu Trägerlösungen, Primärverpackungen und Aut-idem-Ausschlussverhalten erfolgt wären. Dies sei das Ergebnis der nach den Vorgaben der Vergabekammer durch die Beschwerdegegnerin stichprobenartig erfolgten Auswertung von 50 Verordnungen pro Gebietslos. Die mit der Kalkulation verbundenen Risiken lägen nicht in der Verantwortungssphäre der Beschwerdegegnerin, sondern werde durch das Verordnungsverhalten der Ärzte und die im Voraus nicht bekannten Erkrankungen ihrer Versicherten hervorgebracht. Aus deren Feststellungen zur Fluktuation der Ärzte in den einzelnen Betriebsstätten könne ferner abgeleitet werden, dass einzelne Apotheker nicht über einen unzulässigen Informationsvorsprung verfügten. Die Regelung des § 5 Abs. 4 des Rahmenvertrages sei vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß Erläuterungen zur Vereinbarung über Vordrucke über die vertragsärztliche Versorgung - Muster 16: Arzneiverordnungsblatt - seien für die zeitgleiche Verordnung von Arznei- und Hilfsmitteln getrennte Verordnungsblätter zu verwenden. § 5 Abs. 4 des Rahmenvertrages setze diese Verpflichtung im Verhältnis Arzt Apotheker im Sinne einer Information des Arztes durch den Apotheker fort. Die Verpflichtung des Apothekers, ausschließlich die Arzneimittel zu liefern und abzurechnen und das Hilfsmittel auf der Verordnung zu streichen, stehe nicht im Widerspruch zu § 17 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Auch die Beanstandung, die Vertragsstrafenregelung sei unverhältnismäßig, sei nicht begründet.
Gegen diesen der Beschwerdeführerin am selben Tag zugegangenen Beschluss richtet sich deren Beschwerde vom 10. August 2010. Sie hat vorgebracht, nach der Intension des Gesetzgebers sollten die Landessozialgerichte im Vergabenachprüfungsverfahren darauf achten, dass die ausgeschriebenen Versorgungsverträge die Erbringung der medizinisch notwendigen Versorgung nicht gefährdeten. Deshalb habe das Sozialgericht Berlin im Rahmen eines Verfahrens über eine einstweilige Anordnung zu der vorliegenden Ausschreibung die Auffassung vertreten, dass die sozialrechtlichen Bedenken im Vergabeverfahren zu prüfen seien (SG Berlin, Beschluss vom 25. April 2010 - S 166 KR 619/10 ER). In einem Verfahren nach § 69 Abs. 2 SGB V müsse anders als in herkömmlichen Vergabeverfahren die rechtliche Zulässigkeit des ausgeschriebenen Vertrages in weiterem Umfang überprüft werden. Dafür spreche auch die besondere Schutzbedürftigkeit der einzelnen Apotheken gegenüber den Krankenkassen. Hier verstoße die ausgeschriebene Vereinbarung gegen die zwingenden Vorgaben des § 129 SGB V i. V. m. den kollektiven Rahmenverträgen. Sie garantiere eine unzulässige Exklusivität des erfolgreichen Bieters. Es werde auch gegen § 129 Abs. 5 c SGB V und damit gegen zwingendes Arzneimittelpreisrecht verstoßen. Es würden unzulässigerweise Rabatte von den Apotheken eingefordert, obwohl nach § 129 Abs. 5 Satz 3 SGB V nur unmittelbare Rabattverträge zwischen Krankenkassen und der Industrie zulässig seien. Zuletzt verstoße der Rahmenvertrag gegen das in § 31 Abs. 1 Satz 6 SGB V normierte Apothekenwahlrecht der Versicherten. Unabhängig davon sei der Apotheker durch § 11 Abs. 2 ApoG daran gehindert, andere Verordnungen als Zytostatika-Zubereitungen direkt an die Apotheke zu geben. Ein erheblicher Teil der ausgeschriebenen Substanzen seien jedoch keine Zytostatika. In allen übrigen Fällen verbiete vielmehr § 11 Abs. 1 ApoG eine entsprechende Absprache zwischen Arzt und Apotheke. Soweit die Vergabekammer ferner von einer Absatzgarantie für die vertragsschließende Apotheke ausgehe, sei dies nicht mit dem Apothekenwahlrecht des Versicherten gemäß § 31 Abs. 1 Satz 5 SGB V vereinbar. Es sei rechtsirrig anzunehmen, dass der Patient mit seiner Entscheidung für den Vertragsarzt gleichzeitig auch die Entscheidung über die von diesen zu verordnenden Zubereitungen und dessen Apothekenauswahl treffe.
Das weiter bestehende Apothekenwahlrecht führe dazu, dass die Versicherten sich nunmehr erstmals für ein "Zwei-Apotheken-Modell" entscheiden müssten, bei dem zum einen die Versorgung mit parenteralen Zubereitungen durch eine unbekannte und ggf. auswärtige Apotheke und zum anderen die Versorgung mit der nicht ausgeschriebenen Begleitmedikation und allen anderen apothekenpflichtigen Arzneimitteln weiterhin durch die "eigene" Apotheke vor Ort vorgenommen werde. Dass alleine mit Blick auf bisherige (Nicht )Ausübung des Apothekenwahlrechts in der Vergangenheit davon auszugehen sei, dass praktisch alle Versicherte auf ihr Apothekenwahlrecht verzichteten und damit eine faktische Exklusivität der bezuschlagten Apotheke entstehe, sei fern liegend. Jedenfalls sei dieser Aspekt im Rahmen der Angebotskalkulation von erheblicher Bedeutung. Die betroffenen Ärzte würden bei allen anderen Patienten der anderen Krankenkassen weiterhin mit ihrer bisherigen Apotheke zusammenarbeiten. Selbst die Beschwerdegegnerin spreche von "gewachsenen Strukturen". Darüber hinaus würden in der onkologischen Therapie regelmäßig Arzneimittel als Begleitmedikation eingesetzt, die nicht zuzubereiten seien, z. B. Antibiotika, Kortison, ACE-Hemmer u. a. Hinsichtlich dieser Präparate müsse der Arzt weiterhin die Rezepte dem Patienten übergeben, damit dieser die Verschreibungen in einer Apotheke seiner Wahl einlöse. Der Patient bleibe also weiterhin in engem Kontakt zu den Apotheken, welche die Praxis bisher mit Arzneimitteln versorgten. Ferner könne die von der Vergabekammer und vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen angenommene "faktische Exklusivität" nur eintreten, wenn nicht vertragsgebundene Apotheken, für welche sich ein Versicherter entscheide, die Belieferung unter Verweis auf die von der Beschwerdegegnerin vertraglich zugesagte Vergütungsverweigerung gemäß § 4 Abs. 3 Rahmenvertrag ablehnten. Die "faktische Exklusivität" sei allenfalls für die Vergangenheit feststellbar. Für die Zukunft sei es eine rechtlich nur schwer einzuordnende und nicht kalkulierbare Prognose.
Falsch sei auch die Annahme der Vergabekammer, ergänzende Informationen über Trägerlösungen, Primärverpackungen, Aut-idem-Ausschlussquoten hätten keine bessere Kalkulation ermöglicht. Die Verwendung des weit verbreiteten E führe zu einer erheblichen kalkulatorisch relevanten Preisspreizung. Die von der Beschwerdegegnerin selbst eingereichte Tabelle zeige gravierende Unterschiede bei der Aut idem-Ausschlussquote in den einzelnen Losen. Sie zeigten erhebliche Unterschiede im Verordnungsverhalten der Ärzte, welche die Beschwerdeführerin als auswärtige Apotheke nicht kennen könne. Sie habe bereits darauf hingewiesen, dass handschriftlich gesetzte Kreuze nicht berücksichtigt worden seien. Es sei weiter davon auszugehen, dass die Ärzte bei ihnen unbekannten auswärtigen Apotheken den Aut-idem-Ausschluss häufiger ankreuzten. Dass handschriftlich gesetzte Kreuze unbeachtlich seien, sei eine lebensfremde Betrachtung. Vielmehr werde ein Apotheker meist aus der langen Versorgungserfahrung sicher sagen können, dass der Arzt auch ein handschriftliches Kreuz beachtet sehen wolle.
Im Einvernehmen der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 25. August 2010 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über diese verlängert.
Er hat mit Beschlüssen vom 17.09.2010 in zwei Parallelverfahren (Az.: L 1 SF 98/10 B Verg und L 1 SF 110/10 B Verg) die Beschwerden zweier anderer Apotheken zurückgewiesen, die ebenfalls bereits vor der Vergabekammer Brandenburg keinen Erfolg gehabt hatten.
Die Beschwerdegegnerin hat darauf hingewiesen, dass in dem Parallelverfahren (L 21 SF 152/10 Verg) vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in der mündlichen Verhandlung am 22. Juli 2010 die dort beteiligten Apotheker sinngemäß erklärt hätten, dass die praktische Bedeutung einer Versorgung durch die Patienten selbst bei parenteralen Zubereitungen "praktisch bei Null" bzw. "zwar nicht bei Null, aber im ganz untergeordneten Prozentbereich" liege. Auf die "gewachsenen Strukturen" bei der gegenwärtigen Versorgung mit parenteralen Rezepturen komme es nicht an, weil die Patienten daran weitestgehend unbeteiligt seien. Eine institutionalisierte Zusammenarbeit könne im Wesentlichen nur auf das Zusammenwirken von Ärzten und Apothekern zurückzuführen sein. Hinzu komme, dass es bei den Patienten, die sich in onkologischer Behandlung befänden, üblicherweise zu einer hohen Fluktuation komme. Die daran beteiligten behandelnden Ärzte unterlägen jedoch uneingeschränkt dem sozialversicherungsrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot und seien verpflichtet, sich umfassend wirtschaftlich zu verhalten. Sie müssten deshalb parenterale Rezepturen ausschließlich bei dem Zuschlagsempfänger beziehen. Dies habe das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt kürzlich für die Ausschreibung mehrerer Krankenkassen für Grippeimpfstoffe als Sprechstundenbedarf bestätigt (Beschluss vom 20. Juni 2010 - L 10 KR 38/10 B ER). Zum Primärpackmittel sei aus ihrer Sicht darauf hinzuweisen, dass der E Infusionsbeutel im Wesentlichen den Vorteil biete, dass das Infusionssystem bereits vom Hersteller an den Infusionsbeutel angeschlossen sei. An die Infusionsbeutel anderer Hersteller müssten hingegen in der Apotheke (oder der Arztpraxis) die Infusionssysteme noch von Hand angeschlossen werden. Der Vorteil des E liege also allenfalls in der Vermeidung eines Arbeitsschrittes, mache jedoch eine erhebliche Preisdifferenz aus.
Selbst wenn man ferner der Auffassung der Beschwerdeführerin folge, dass § 11 Abs. 2 ApoG lediglich Zubereitungen aus Zytostatika im engeren Sinne - und insbesondere nicht die Zubereitungen aus monoklonalen Antikörpern - umfasse, folge daraus nicht, dass das Verbot des § 11 Abs. 1 ApoG einer Umsetzung der ausgeschriebenen Rahmenverträge entgegenstehe. Diese Vorschrift untersage nämlich ausschließlich Absprachen zwischen Apothekern und Ärzten. Hier sollten aber die Absprachen zwischen der Beschwerdegegnerin - einer Krankenkasse - und den den Zuschlag gewinnenden Apothekern erfolgen.
Einem Auftraggeber sei nach § 121 Abs. 1 Satz 1 GWB in der heutigen Fassung der Zuschlag zu gestatten, wenn der Nachprüfungsantrag mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben werde. Dies sei hier der Fall. Soweit sich bei der Stichprobenauswertung im Hinblick auf die Aut-idem-Ausschlussquoten bei den Losen 6 und 8 entsprechende "Ausreißer" ergeben hätten, sei dies auf die Verordnungsweise von jeweils nur einer Betriebsstätte zurückzuführen. Die betreffenden Ärzte seien von ihr angeschrieben worden, um die ungewöhnlichen Aut-idem-Ausschlussquoten zu diskutieren und aufzuklären und um ggf. für die Vertragslaufzeit Möglichkeiten zur Sicherstellung üblicher Quoten auszuloten sowie deren Ausschöpfung sicherzustellen.
Sie beantragt,
ihr vorab den Zuschlag zu gestatten.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Gestattung des Zuschlages ist zulässig. Nach § 142a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 116 GWB entscheidet das Landessozialgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vergabekammer, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen. Maßgeblich ist das GWB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009 (BGBl. I, S. 790), weil das streitgegenständliche Vergabeverfahren erst nach Inkrafttreten dieses Gesetzes am 24.04.2009 begonnen hat, § 131 Abs. 8 GWB. Im Rahmen dieses Verfahrens besteht nach § 121 Abs. 1 Satz 1 GWB die Möglichkeit, den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und die Erteilung des Zuschlages gestatten.
Der Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg betrifft die Ausschreibung selektiver Lieferverträge zwischen einzelnen Apotheken und einer Krankenkasse und damit Rechtsbeziehungen nach § 69 Abs. 1 S. 1 SGB V. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg ergibt sich aus § 29 Abs. 5 S. 1 SGG.
2. Nach § 121 Abs. 1 S. 1 GWB kann das Gericht den Fortgang des Verfahrens und die Zuschlagsersteilung gestatten, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen.
Gemäß § 121 Abs. 1 Satz 3 GWB sind dabei neben dem Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens auch die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde und die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag zu erhalten, zu berücksichtigen.
2.1 Nach dem Wortlaut ist die Gestattung nach § 121 Abs. 1 GWB nicht davon abhängig, dass zuvor der Auftraggeber vor der Vergabekammer unterlegen ist. Sie hat auch zu erfolgen, wenn dies der Auftraggeber beantragt, weil er –wie hier- durch einen Beschluss nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB an der Zuschlagserteilung gehindert ist. Nach der Gesetzessystematik hebt die Zuschlagsgestattung die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde mit Wirkung für die Zukunft auf. Im konkreten Fall steht einer Gestattung der Zuschlagserteilung nicht die Rechtskraft des Beschlusses des Senats vom 25. August 2010 entgegen.
Es kann dabei dahinstehen, ob ein Beschluss nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB eine Bindungswirkung für die Entscheidung nach § 121 GWB entfalten kann. Dagegen spricht, dass die Antragsverfahren getrennt geregelt sind und das Gericht gerade nicht -anders als bei § 86b Abs. 1 S. 4 SGG- über die Aufhebung bzw. Abänderung des Verlängerungsbeschlusses nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB zu entscheiden hat.
Jedenfalls bei einer Änderung der Sach- und Rechtslage ist eine (konkludente) Aufhebung des Beschlusses nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB möglich. In einem solchen Falle ist eine Änderung einer im vorläufigen Rechtsschutz getroffenen Entscheidung immer zulässig (im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf, B. v. 02.07.2008 -VII-Verg 43/08 unter Bezugnahme Jaeger, in Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Aufl., § 121 GWB, Rdnr. 1214). Hier ist der Beschluss vom 25. August 2010 nicht aufgrund einer eigenen Interessenabwägung des Senats und/oder einer Prognose über den voraussichtlichen Erfolg der Beschwerde in der Sache selbst erfolgt. Den Senat etwaig bindende Feststellungen gibt es insoweit nicht. Die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ist vielmehr erfolgt, weil die Beschwerdegegnerin dagegen keine Einwände erhoben hat und sich das Begehren damit als einvernehmlich dargestellt hat. Dieses Einvernehmen ist nunmehr weggefallen, wie sich im Antrag nach § 121 GWB zeigt. Der Sachverhalt hat sich geändert: Nunmehr hat der Senat –erstmals- die gebotene Interessenabwägung vorzunehmen.
2.2 Nach wohl einhelliger Rechtsauffassung ist auch nach der Neuformulierung des § 121 Abs. 1 Satz 1 GWB der Zuschlag zu gestatten, wenn der Auftraggeber mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird (vgl. Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 03. Juni 2010 - 13 Verg 6/10 - mit Literaturnachweisen).
Hier ist davon auszugehen, dass die Beschwerde der Beschwerdeführerin in der Sache wohl erfolglos bleiben wird.
Zur Rechtslage allgemein und zu den maßgeblichen Einwänden der Beschwerdeführerin gegen die geplante Ausschreibung hat sich der Senat bereits in seinen genannten Beschlüssen vom 17. September 2010 geäußert:
Die Rügen der Beschwerdeführerin sind bereits unzulässig, soweit durch die angestrebte Gebietsmonopolisierung die Rechte der Versicherten bzw. der Sicherstellungsauftrag diesen gegenüber verletzt werde. Im Rahmen der §§ 97 Abs. 7, 107 Abs. 2 GWB können keine sozialrechtlichen Wertentscheidungen angemahnt werden können.
Sie kann sich auch nicht auf die Rechte berufen, welche ihr als Apotheke nach dem SGB V einschließlich der Rahmenverträge zustehen. Sie kann im Vergabeverfahren nicht erfolgreich vorbringen, dass das Vergütungssystem nach der Hilfstaxe rechtswidrig umgangen bzw. verdrängt werden soll. Entsprechendes gilt für Einlassung, das herkömmliche Vergütungssystem, welche dem Apotheker eine Bezahlung seiner Lieferungsleistungen unabhängig von der Preisentwicklung der Medikamente gewährleistet, müsse erhalten bleiben.
Konstitutives Merkmal eines öffentlichen Auftrages ist, dass der öffentliche Auftraggeber eine Auswahlentscheidung trifft. Rügt ein Bieter jedoch, dass der öf¬fentliche Auftraggeber Selektivverträge schließen will und daher eine Auswahlentscheidung zu treffen beabsichtigt, stellt dieses Vorbringen keinen vergaberechtlichen Einwand dar, da der Bieter letztlich keine Auswahlentscheidung durch den öffentlichen Auftraggeber will und es ihm somit nicht darauf ankommt, durch den Nachprüfungsantrag seine Zuschlagschancen zur Erlangung eines öffentlichen Auftrages zu verbessern (so treffend LSG Nordrhein-Westfalen, B. v. 22.07.2010 –L 21 SF 152/10).
Im übrigen teilt der Senat die Auffassung der Vergabekammer des Landes Brandenburg, dass § 129 Abs. 3 S. 3 SGB V als speziellere Vorschrift den Abschluss von Einzelverträgen erlaubt, auch wenn diese zwangsläufig von den rahmenvertraglichen Regelungen auf Grundlage des § 129 Abs. 2 SGB V und den ergänzenden Verträgen auf Landesebene (§ 129 Abs. 5 S. 1 SGB V) abweichen (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.). Die Ausschreibung missachtet auch nicht § 129 Abs. 5c SGB V. Auch insoweit dürfte § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V bereits spezieller sein. Jedenfalls verweist § 129 Abs. 5c SGB V hinsichtlich verbindlicher Preisregelungen in S. 1 lediglich auf die Vereinbarungen aufgrund des Arzneimittelgesetzes und ist nicht selbst Grundlage für Vereinbarungen. Die hier bislang die Preise bestimmende Hilfstaxe ist –wie die Vergabekammer Brandenburg zutreffend ausgeführt hat- lediglich auf der Grundlage einer Rechtsverordnung –konkret §§ 4 und 5 Arzneimittelpreisverordnung erlassen worden, die im Range unter der förmlichen Norm des § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V steht.
Der parlamentarische Gesetzgeber hat also -zusammenfassend auf den Punkt gebracht- den Krankenkassen für den Bereich der parenteralen Zubereitungen zu onkologischen Behandlungen bewusst die Möglichkeit eingeräumt, das bisherige System vereinbarter Preise verlassen und auf diesem Gebiet die Preise dem freien Markt überlassen zu können.
2.3 Die Beschwerde dürfte im Übrigen unbegründet sein. Die Vergabekammer des Landes Brandenburg hat den Nachprüfungsantrag jedenfalls aus jetziger Sicht zu Recht abgewiesen:
Die Beschwerdegegnerin ist als gesetzliche Krankenkasse ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Gesetzliche Krankenkassen werden direkt oder jedenfalls mittelbar durch Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber zur GKV durch den Bund finanziert (vgl. §§ 3, 220 sowie 221, 271 SGB V). Sie unterliegen einer engmaschigen staatlichen Rechtsaufsicht. Dies reicht für die Qualifikation als öffentlicher Auftraggeber aus (ebenso LSG NRW, B. v. 10.09.2009 –L 21 KR 53/09 SFB- juris Rdnr. 47 mit Bezugnahme u. a. auf den Europäischen Gerichtshof, Urteil vom 11.06.2009 - C-300/07). Ein öffentlicher Auftrag ist jedenfalls immer dann anzunehmen, wenn durch vertragliche Abreden Exklusivität vereinbart und ein tatsächlicher Wettbewerbsvorteil für den Auftragnehmer bewirkt werden soll. Dies ist hier der Fall: Der Losgewinner soll exklusiv für sein Gebiet die Vertragsärzte zur Behandlung der Versicherten der Beschwerdegegnerin mit den Zubereitungen versorgen.
Die neue Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung –VgV) in der Fassung der Verordnung zur Anpassung der VgV vom 07.06.2010 (BGBl I S. 724 ff) und die neue VOL/A (Abschnitt 2) ist nicht anzuwenden. Nach § 23 S. 1 der neuen VgV sind bereits begonnene Vergabeverfahren nach dem Recht zu beenden, das zum Zeitpunkt des Beginns des Verfahrens gegolten hat.
Der Schwellenwert des §§ 100 Abs. 1, 127 Nr. 1 GWB, § 2 Nr. VgV in Verbindung mit der Art. 2 VO (EU) v. 30.11.2009 von 193.000 EUR ist überschritten.
2.4 Der Senat hat die maßgeblichen Rügen der Beschwerdeführerin in den genannten Beschlüssen vom 17.09.2010 für unbegründet gehalten:
Nach der über §§ 97 Abs. 6, 98 Nr. 2 GWB, 4 Abs. 1 VgV zwingend anwendbaren Vorschrift des § 3a Nr. 4 Abs. 1 S. 2 VOL/A muss bei Rahmenvereinbarungen das in Aussicht genommene Auftragsvolumen so genau wie möglich ermittelt und beschrieben werden. Die Vorschrift ist eine Vergabeverfahrensvorschrift. Die Beschwerdeführerin hat nach § 97 Abs. 7 GWB ein Recht auf ihre Einhaltung. Die Beschwerdegegnerin hat das Auftragsvolumen jedoch so genau wie möglich angegeben.
Nach Auffassung des Senats bleiben zwar Zweifel bestehen, ob die vertragsärztlichen Onkologen –möglicherweise sogar in kollusivem Zusammenwirken mit Apothekern- die "bisherige vertrauensvolle Zusammenarbeit" mit ihrer jetzigen Apotheke fortsetzen wollen und deshalb von einer Direktbeschaffung absehen. Jedenfalls die meisten Vertragsärzte, die den Apotheker nicht wechseln wollen, werden jedoch vor einer riskanten Konfrontation zurückschrecken.
Zur genauen Darlegung wird –auch für Nachfolgendes- auf die genannten Beschlüsse verwiesen.
Gleichzeitig fehlt damit -obwohl theoretisch das Auftragsvolumen auch Einfluss auf den Preis hat- kein für die Preisermittlung relevanter Umstand im Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A. Schließlich kann gleichzeitig insoweit auch nicht von einem ungewöhnlichen Wagnis nach § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A ausgegangen werden.
Ferner sind die in der Ausschreibung gelieferten Verordnungsdaten im Referenzzeitraum ausreichend. Sie mussten nicht genauer aufgeschlüsselt werden. Insbesondere mussten neben dem Wirkstoff weder die Trägerlösungen aufgeführt sein noch die Angaben zum "Aut-Idem-Ausschluss". Es sind auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Zahlen ersichtlich. Die Beschwerdegegnerin darf schließlich das Risiko, eingekaufte Arzneimittel teilweise vernichten zu müssen, weil bei der Zubereitung Reste übrig bleiben (sogenannter "Verwurf"), auf die Vertragsapotheke abwälzen. Das Fehlen genauerer Angaben stellt insbesondere keinen Verstoß gegen das einfachgesetzlich in § 97 Abs. 2 GWB normierte Diskriminierungsverbot in der indirekten Variante dar (vgl. dazu näher B. des Senats v. 07.05.2010): Die Pflicht des Ausschreibenden, bestehende Wettbewerbsvorteile und -nachteile potentieller Bieter durch die Gestaltung der Vergabeunterlagen auszugleichen, ist eingehalten. Gleichzeitig wird den Bietern auch in dieser Hinsicht kein ungewöhnliches Wagnis im Sinne § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A übergebürdet. Auch insoweit wird auf die Beschlüsse vom 17.09.2010 verwiesen. Ein ungewöhnliches Wagnis im Sinne von § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A begründet sich konkret hier nicht darin, dass die Bieter die Herstellungskosten, Kosten für Packmittel und Transporte im Rahmen einer Mischkalkulation schätzen müssen, Entsprechendes gilt für die Rüge, es seien genauere Angaben zu den Packmitteln erforderlich.
2.5 Zu ergänzen ist für das vorliegende Nachprüfungsverfahren nur noch, dass das Ausschreibungsvolumen auch nicht deshalb zu ungenau ist, weil in der Ausschreibung nicht nur Wirkstoffe enthalten sind, die Zytostatika im engeren Sinne sind. § 11 Abs. 2 ApoG als Ausnahme von § 11 Abs. 1 ApoG ist nämlich nicht nur auf solche Zytostatika im engeren Sinne beschränkt. Zytostatika sind allgemein nämlich (alle) Arzneimittel mit zellwachstums-, insbesondere zellteilungsverhindernder oder -verzögernder Wirkung (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 14. November 2007 - L 12 KA 16/06, juris, Rdnr. 34; VG Minden, Urteil vom 05. Dezember 2005 - 3 K 3627/02, juris, Rdnr. 2; Dettling/Kieser/Ulshöver, PharmR 2009, 421; vgl. auch Wikipedia, Stichwort Zytostatikum, Stand: 04. Oktober 2010: "Zytostatika ( ...) sind natürliche oder synthetische Substanzen, die das Zellwachstum bzw. die Zellteilung hemmen ( ...). Neben den klassischen Zytostatika werden heute in der Behandlung von Tumorerkrankungen noch weitere Substanzen wie z. B. Hormone, therapeutische monoklonale Antikörper, Zytokine und so genannte ‚small molecules’ wie z. B. Signaltransduktions-Inhibitoren, Proteasominhibitoren etc. eingesetzt. Diese Substanzen werden meist nicht als Zytostatika bezeichnet, da sie nicht direkt die Zellteilung bzw. das Zellwachstum hemmen ( ...)"; ähnlich Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort "Zytostatika").
Die den genannten Beschlüssen zugrunde liegende Prognose des Senats, dass die Beschwerdegegnerin auf die Vertragsärzte einwirken wird, um diese zur Beachtung der Regeln über den Aut-idem-Ausschluss anzuhalten, ist durch die Schreiben an die konkreten Gemeinschaftspraxen der "Ausreißer"-Betriebsstätten bereits bestätigt worden. Der Senat geht schließlich mit der Beschwerdegegnerin davon aus, dass die Apotheke ohne weiteres einkalkulieren kann, ob es sich zur Einsparung eines Arbeitsschrittes lohnt, die teure Verpackung Ezu verwenden
3. Jedenfalls unter Einbeziehung der niedrigen Erfolgschancen der Beschwerde (vgl. hierzu zur alten Rechtslage OLG Düsseldorf, B. v. 17.04.2008 - VII-Verg 15/08) überwiegt das Interesse der Allgemeinheit am Abschluss des Vergabeverfahrens. Die Beschwerdegegnerin soll möglichst bald ermöglicht werden, die mit der Ausschreibung mutmaßlich zu erzielenden Kosteneinsparungen zu realisieren.
4. Der Senat hat von Beiladungen zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen abgesehen. Dabei ist §§ 69 Nr. 3, 75 SGG durch die speziellere Regelung des § 142a Abs. 1 SGG i. V. m. § 119 GWB verdrängt. Nach letztgenannter Vorschrift sind Beteiligte der gerichtlichen Nachprüfungsverfahren (nur) die bei bereits am Vergabekammerverfahren Beteiligten. Allerdings entspricht es wohl einhelliger Auffassung, dass auch das Beschwerdegericht beiladen kann und muss, soweit die Voraussetzungen des § 109 GWB (Beiladung durch die Vergabekammer) gegeben sind. Beizuladen sind danach die Unternehmer, deren Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden. Die Apotheken, welche nach der Zuschlagsankündigung die Ausschreibungsgewinner sein sollen, werden jedenfalls aufgrund der jetzt getroffenen Entscheidung nicht (mehr) schwerwiegend berührt.
5. Eine Kostenentscheidung ist im Verfahren nach § 121 GWB nicht zu treffen. Sie bleibt der Beschwerdeentscheidung vorbehalten.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§§ 142 a, 177 Sozialgerichtsgesetz SGG ).
Gründe:
I. Die Beschwerdegegnerin hat ihren Sitz in Potsdam. Sie schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 19. Januar 2010 den Abschluss von Verträgen gemäß § 129 Abs. 5 Satz 3 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) (Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer) zur Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten im Offenen Verfahren europaweit aus. Sie hat den AOK-Bundesverband mit der Durchführung der Ausschreibung beauftragt. Der streitige Auftrag betrifft die Versorgung auf dem Gebiet des Landes Berlin und ist in 13 Gebietslose, aufgeteilt nach Postleitzahlen, unterteilt. Die Gebietslose weichen im räumlichen Zuschnitt von der Aufteilung der Verwaltungsbezirke in Berlin ab. Die Bekanntmachung bestimmte zunächst, dass Angebote "nur für ein Los" eingereicht werden sollten. Die Rahmenvereinbarungen sollen grundsätzlich für ein Jahr abgeschlossen werden. Zuschlagskriterium ist nach Ziffer IV.2.1 der niedrigste Preis. Varianten/Alternativangebote waren nicht zugelassen. Als Schlusstermin für den Eingang der Angebote war zunächst der 2. März 2010, 12.00 Uhr, bestimmt. Bestandteil der an die Interessenten versandten Verdingungsunterlagen war als Anlage 1 der Entwurf des Vertrages gemäß § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V über die Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten (Rahmenvertrag). Als Anhang 1 zu diesem Rahmenvertrag übersandte die Beschwerdegegnerin ein Produktblatt, das Angaben zu den Abgabevolumina je Gebietslos —jeweils in mg pro Wirkstoff — abbildet. Je Wirkstoff soll durch die Bieter ein Preis pro Milligramm angeboten werden. In Ziffer 10 der Bedingungen für die Auftragsvergabe wies die Beschwerdegegnerin darauf hin, dass sie Angaben zu dem voraussichtlichen Auftragsvolumen nur auf der Basis von Erfahrungswerten und Analysen aus der Vergangenheit machen könne. Künftige Mengen der für die Versicherten herzustellenden parenteralen Lösungen würden insbesondere vom Gesundheitszustand der AOK-Versicherten, dem Verordnungsverhalten der Ärzte sowie der vom Gesetzgeber vorgegebenen Struktur der ambulanten Versorgung abhängen. Auch die künftige Struktur und Anzahl der onkologischen Praxen bzw. der ambulant behandelnden Ärzte in dem jeweiligen Gebietslos könne Einfluss auf die Mengen haben. Insbesondere der Zu- und/oder Wegzug von Ärzten und/oder Praxen könne solche Schwankungen bewirken. Die im Produktblatt angegebenen Mengen seien auf das erste Halbjahr 2009 bezogen und stellten das gesamte von den Ärzten verordnete Volumen in diesem Zeitraum dar, das für Versicherte der AOK Berlin-Brandenburg in Berlin verordnet wurde.
Mit Schreiben vom 29. Januar 2010, auf das ergänzend verwiesen wird, beanstandete die Beschwerdeführerin gegenüber der Beschwerdegegnerin verschiedene Punkte der Ausschreibung. Insbesondere gebe es keine Rechtsgrundlage für einen exklusiven Selektivvertrag. Ferner lasse sich auf der Grundlage der im Rahmen der Ausschreibung; mitgeteilten Informationen kein Angebot kalkulieren, da eine genaue Ermittlung und Beschreibung des Auftragsvolumens fehle.
Mit Bieterrundschreiben vom 10. Februar 2010 zur Beantwortung von Bieterfragen erläuterte die Beschwerdegegnerin unter anderem (Antworten zu Fragen 105ff), sie habe bei "händischer" Auswertung der 15.772 Verordnungen im Referenzzeitraum keine Trägerlösungen oder primären Packmittel erfasst. Die Applikationsform richte sich nach der verordneten Menge und sei in den Verordnungen ohnehin nicht explizit mit aufgeführt. Die Daten zu den Trägerlösungen und primären Packmitteln könnten auch nicht elektronisch ausgewertet werden. Denn es sei nicht elektronisch selektierbar, was im Einzelnen in den Zubereitungen z.B. an Trägerlösungen und primären Packmitteln enthalten sei. Die Erfassung per Hand wäre neben der Ermittlung der Mengen nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich gewesen. Zu der Frage, wie hoch der Anteil der Verordnungen sei, bei denen aufgrund eines Aut-idem-Ausschlusses die Verwendung gegebenenfalls erheblich teurerer Arzneimittel erforderlich sei, lägen ihr keine Auswertungen vor. Diese seien auf elektronischem Wege auch nicht valide zu erfassen. Es sei aber davon auszugehen, dass speziell im Verordnungsbereich der parenteralen Lösungen Aut-idem-Ausschlüsse zwar theoretisch vorkommen könnten, sich in der Praxis aber auf zu vernachlässigende Ausnahmefälle beschränkten, da grundsätzlich die Pflicht des Vertragsarztes zur wirtschaftlichen Verordnungsweise bestehe. Dies stehe einem großzügigen Einsatz des Aut-idem-Kreuzes entgegen. Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Originalpräparat und Generika im Referenzzeitraum wies die Beschwerdegegnerin auch hier auf die fehlende Möglichkeit der elektronischen Auswertbarkeit hin. Dieses wäre wiederum neben der Erfassung der Mengen nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand festzustellen gewesen. Eine solche Auswertung werde auch zusätzlich durch Wirkstoff-Verordnungen erschwert, die keine Zuordnung in den Kategorien Originalpräparate und Generika erlaubten.
Die Beschwerdeführerin stellte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18. Februar 2010 bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg einen Nachprüfungsantrag. Sie teilte unter anderem mit, sie beabsichtigte, ein Angebot für Gebietslose abzugeben.
Die Beschwerdegegnerin nahm mit Schreiben vom 19. Februar 2010 zum Vorbringen einer fehlenden Rechtsgrundlage Stellung und stellte ihren Rechtsstandpunkt dar.
Am 3. März 2010 machte die Beschwerdegegnerin im Supplement zum Amtsblatt der Euro¬päischen Union eine Änderung der Ausschreibungsbedingungen bekannt. Mit E-Mail vom 5. März 2010 stellte sie den interessierten Unternehmen geänderte Verdingungsunterlagen zur Verfügung. Die Änderungen betrafen im Wesentlichen die Aufhebung der Loslimitierung (Angebote können nunmehr auf alle 13 Lose abgegeben werden, die Zahl der möglichen Zuschläge wurde limitiert auf vier) die Erhöhung der Rahmenvertragspartner auf zwei sowie einzelne Regelungen des Rahmenvertrages. Die Angebotsfrist wurde bis zum 20. April 2010, 12.00 Uhr, verlängert.
Mit Telefax vom 12. März 2010 teilte sie den Interessenten weitere Änderungen mit. Sie versandte die hierzu relevanten Unterlagen am 15. März 2010. Eine weitere Bekanntmachung erfolgte im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am 17. März 2010. Darin reduzierte sie die Anzahl der Rahmenvertragspartner wiederum auf einen. Jetzt hat der Bieter hinsichtlich seiner technischen Leistungsfähigkeit zu erklären, dass er im Auftragsfalle in der Lage sei, bezogen auf die Vertragslaufzeit die Doppelten der in den Ausschreibungsunterlagen näher ausgewiesenen Mengen an parenteralen Zubereitungen zu liefern.
Mit Schriftsatz vom 18. März 2010 teilte die Beschwerdeführerin u. a. mit, ihr Nachprüfungsantrag konzentriere sich nach den Änderungen der Ausschreibungsbedingungen bzw. der Vergabeunterlagen vor allem auf die Vorwürfe, dass keine Rechtsgrundlage für den Abschluss exklusiver Selektivverträge bestünde und keine ausreichende Kalkulationsmöglichkeit gegeben sei. Sie beantragte im Nachprüfungsverfahren unter anderem, die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, den von der Beschwerdeführerin gerügten Vergaberechtsverstößen abzuhelfen und das Ausschreibungsverfahren nur unter der Voraussetzung der Abhilfe hinsichtlich der Verstöße weiter fortzuführen. Hilfsweise beantragte sie ferner, die Ausschreibung aufgrund schwerwiegender Vergaberechtsverstöße aufzuheben.
Mit Schriftsatz vom 30. März 2010 nahm die Beschwerdegegnerin zu den Beanstandungen der Beschwerdeführerin detailliert Stellung. Der Nachprüfungsantrag sei bereits unzulässig. Die Beschwerdeführerin könne in diesem Verfahren nicht die Rechte der Versicherten oder sozialrechtliche Wertentscheidungen geltend machen (Bezugnahme auf LSG Nordrhein-Westfalen, B. v. 30.01.2009 -L 1 KR 1/08-), genauso wenig wie Bestimmungen des Kartellrechts. Die Beschwerdegegnerin dürfe jedenfalls die angestrebten Selektivverträge abschließen. § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V sei eine Spezialvorschrift für die Versorgung von Ärzten mit parenteralen Rezepturen. Aus der Verwendung des Begriffes "Sicherstellung", der Systematik des SGB V, den Vorschriften der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) und den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass die Krankenkassen ihre Leistungspflicht auf diesem Gebiet ausschließlich im Rahmen dieser Verträge erbringen könnten (u. a. Bezugnahme auf ein Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 20. Oktober 2009). Die Ausschreibung verletze auch nicht das Recht des Versicherten auf freie Apothekenwahl, das kein allgemeiner Grundsatz des Sozialversicherungsrechts sei, sondern sich aus einzelnen Bestimmungen ergebe. Diese seien nicht tangiert. So gelte § 31 Abs. 1 S. 5 SGB V nur bei der unmittelbaren Versorgung des Versicherten, nicht jedoch –wie hier- bei Anwendung des § 11 Abs. 2 Apothekengesetz (ApoG). § 11 Abs. 2 ApoG liefe anderenfalls schlicht ins Leere. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin seien weiter die mitgeteilten Daten ausreichend für eine Angebotskalkulation. Rahmenverträgen wohne bereits der Natur der Sache nach eine kalkulatorische Ungewissheit inne. Die Vergabekammer des Bundes habe eine Beschränkung auf die Mitteilung der Packungsmengen der einzelnen Medikamente bezogen auf das Vorjahr für ausreichend erachtet (Bezugnahme auf VK Bund, B. v. 29.09.2009 –VK 2-162/09).
Mit Beschluss vom 1. April 2010 im schriftlichen Verfahren, der der Beschwerdeführerin am 6. April 2010 zugestellt wurde, verwarf die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag. Dieser sei bereits unzulässig. Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt nach § 107 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Sie habe nicht -wie erforderlich- geltend gemacht, dass ihr durch die behaupteten Vergabeverstöße ein Schaden entstanden sei, weil sie kein Angebot abgegeben habe. Das Auftragsvolumen in der vorliegenden Ausschreibung sei durch Angabe der Abgabevolumina je Gebietslos bezogen auf das erste Halbjahr 2009 in ausreichendem Maße mitgeteilt worden. Im Falle einer Rahmenvereinbarung sei nach Abschnitt 2 § 3 a Nr. 4 Abs. 1 Satz 2 der Verdingungsordnung für Leistungen –Teil A Ausgabe 2006 (VOL/A) das in Aussicht genommene Auftragsvolumen so genau wie möglich zu ermitteln und zu beschreiben, brauche aber nicht abschließend festgelegt werden. In der Regelung spiegele sich die Besonderheit des Rahmenvertrages wider, die gerade darauf beruhe, dass das konkrete Beschaffungsvolumen nur prognostiziert werden könne. Dies gelte hier aufgrund der Besonderheiten des Arzneimittelmarktes, da die Beschwerdegegnerin keinen unmittelbaren Einfluss auf das Verordnungsverhalten der Ärzte habe, ebenso wenig wie auf den krankheitsabhängigen Bedarf der Versicherten. Darauf habe sie ausdrücklich hingewiesen. Da weder sie noch die Beschwerdeführerin einen Einfluss auf das Verhalten von Ärzten und Patienten hätten, stelle die Mitteilung der Verordnungszahlen der Vergangenheit die einzige statistisch belastbare Basis zur Prognostizierung des zu erwartenden Auftragsvolumens dar. Es liege in der Natur der Sache, dass eine exaktere Prognose nicht möglich sei. Die Auftraggeberin habe alles getan, um eine optimale Kalkulationsgrundlage zur Verfügung zu stellen. Welche Applikationsformen, Trägerlösungen, primäre Packmittel etc. verwendet würden, stehe im Voraus nicht fest, sondern könne nur mehr oder weniger vage abgeschätzt und im Wege eines nach Erfahrungswerten vorzunehmenden Zuschlages auf die Kalkulation berücksichtigt werden.
Hiergegen hat sich die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 19. April 2010 gerichtet. Ihr fehle nicht die Antragsbefugnis. Sie habe immer klar geäußert, sich an der Ausschreibung beteiligen zu wollen. Sie habe nach den Änderungen im Ausschreibungsverfahren erklärt, sich auf die Vorwürfe zu beschränken, es gebe keine exklusiven Selektivverträge aufgrund § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V und eine vernünftige Kalkulation sei nicht möglich. Im Gegensatz zu den Berliner Apothekern, welche die verordnenden Ärzte aufgrund früherer Kooperationen vermutlich persönlich oder jedenfalls namentlich kennen würden, könnten Auswärtige ohne die Marktkenntnisse vor Ort, also ohne Kenntnis der im Referenzzeitraum verordneten Applikationsformen, Trägerlösungen, primären Packmitteln, der Aut-idem-Quote und dem Verhältnis Original- zu Generikaverordnungen, ohne eine erhebliches wirtschaftliches Risiko kein wirtschaftliches Angebot erstellen.
Die Beschwerdegegnerin hat vorgebracht, die Vergabekammer habe den Nachprüfungsantrag zu Recht bereits als unzulässig verworfen. Die Beschwerdeführerin habe im Antragsschriftsatz (dort S. 13f) deutlich ausgeführt, kein Angebot abgeben zu wollen. Allerdings habe sie dies mittlerweile nachgeholt. In der Sache halte sie an ihrer Auffassung fest, dass sie aufgrund § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V zum Abschluss von Selektivverträgen zur Sicherstellung der Versorgung berechtigt sei, wie sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und der des § 129 Abs. 5a SGB V ergeben. Es liege auch kein Verstoß gegen das Apothekenwahlrecht des Versicherten vor. Im Sonderfall des § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V werde nicht der Versicherte versorgt, sondern der Arzt. Der Versicherte erhalte die Behandlung einschließlich der Verabreichung der Infusionen. Dies sei die Folge der Besonderheit parenteraler Zubereitungen, bei der die bloße Abgabe an den Versicherten nicht ausreiche, sondern der Arzt das Arzneimittel verabreichen müsse. Das Wahlrecht nach § 31 Abs. 1 S. 5 SGB V beziehe sich nur auf die Fälle, bei denen der Versicherte selbst mit den Arzneimitteln versorgt werde. Dann sei § 31 Abs. 1 S. 5 SGB V von vornherein nicht anwendbar. Die Vorschrift müsse im Lichte des § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V ausgelegt werden und müsse zurücktreten, wenn ein Selektivvertrag bestehe. Aus § 11 Abs. 2 ApoG folge schließlich keinesfalls ein Wahlrecht des Arztes. Sie habe ferner die Kalkulationsgrundlagen ausreichend genau mitgeteilt und sei ihren Pflichten nach § 3a Nr. 4 Abs. 1 S. 2 VOL/A hinreichend nachgekommen. Ihren Ausführungen vor der Vergabekammer sei die Beschwerdeführerin nicht substantiiert entgegengetreten. Ihr Vortrag zu landestypischer Aut-Idem-Substitution sei nicht nachvollziehbar. Für unterschiedliches Verordnungsverhalten gebe es keine rechtliche Grundlage. Es seien der Beschwerdegegnerin auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte bekannt, dass Berliner Ärzte signifikant anders verordneten als in anderen Bundesländern. Einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Beschwerdeführerin hätten allenfalls diejenigen Berliner Apotheker, die bereits zur Zeit parenterale Zubereitungen zur Krebsbehandlung herstellten, weil sie Erfahrungswissen über das Verordnungsverhalten der Berliner Ärzte hätten. Es sei nicht Aufgabe der Beschwerdegegnerin, diesen Wettbewerbsvorteil durch Berufserfahrung zu nivellieren.
Mit Beschluss vom 07. Mai 2010 hat der Senat den Beschluss der Vergabekammer vom 01. April 2010 in der Fassung vom 12. April 2010 aufgehoben und die Vergabekammer verpflichtet, über die Anträge der Beschwerdeführerin erneut unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Die Vergabekammer hat auf der Grundlage dieses Beschlusses am 26. Mai 2010 einen Aufklärungs- und Auflagen-Beschluss erlassen. Der Beschwerdegegnerin ist aufgegeben worden darzustellen, in welchem Umfang sich im Referenzzeitraum Versicherte unter Berufung auf ihr Apothekenwahlrecht gegenüber dem behandelnden Arzt parenterale Zubereitungen direkt in Apotheken beschafft hätten, ferner Inhalt und Ergebnis einer Abstimmung mit dem Berliner Berufsverband der Onkologen darzulegen, Angaben zur Verschreibungspraxis durch Vertragsärzte, Gemeinschaftspraxen und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) zu liefern, den Ausgleich von Informationsvorsprüngen durch den gewählten Loszuschnitt zu belegen und stichprobenartig die Verordnungen nach Applikationsformen, Trägerlösungen, primären Packmitteln, Aut idem Ausschlüssen und Originalpräparaten/Generika aufzuschlüsseln.
Die Beschwerdegegnerin ist dem mit Schriftsatz vom 01. Juli 2010 nachgekommen: Anhand der konkreten Verordnungen aus dem Referenzzeitraum könne keine Aussage darüber getroffen werden, ob und in wie vielen Fällen die verordnenden Ärzte das Verordnungsvolumen an ihre Patienten ausgehändigt hätten. Daher habe die Beschwerdegegnerin ein Gespräch mit Vertretern des Vereins der Niedergelassenen Internistischen Onkologen (NIO) e. V. geführt. Das Ergebnis der Aufklärung bestätige klar, dass die Annahme einer unmittelbaren Abgabe an die Versicherten mit der Versorgungsrealität nichts zu tun habe. Dies ergäbe sich auch aus den Website-Aussagen von in der Zytostatikaversorgung tätigen Apothekern, so auch des Apothekers N T, dem unmittelbaren Vorgänger der Beschwerdeführerin, der jetzt die C-Apotheke in H betreibe. Auch im Vorfeld der Ausschreibung habe sich die Beschwerdegegnerin mehrmals mit Vertretern des NIO e. V. ausgetauscht. Zu keinem Zeitpunkt habe man darüber gesprochen, ob und in welchem Umfang Versicherte selbst die Apotheke auswählten. Vielmehr sei von den konsultierenden Vertretern der Ärzteschaft stillschweigend und selbstverständlich vorausgesetzt worden, dass die behandelnden Ärzte die Zubereitungen stets unmittelbar in der Apotheke bestellten. Auch im Rahmen der Erläuterung des Bestellvorganges sei nie erwähnt worden, dass überhaupt die Möglichkeit der Aushändigung der Verordnungen an die Versicherten bestehe. Im Referenzzeitraum stammten 55,68 % der Verordnungen von Gemeinschaftspraxen und MVZ. Es werde deutlich, dass für die Zuschlagsempfänger die Belieferung von MVZ und Gemeinschaftspraxen in allen Losen eine zentrale Aufgabe sei. Zu Spezialisierungen und Vorlieben unter Onkologen habe die Beschwerdegegnerin im Vorfeld der Ausschreibung keine Auswertungen vorgenommen. Ihr sei aber bekannt, dass die Ärzteschaft der Gemeinschaftspraxen und MVZ starken Schwankungen unterliege. Diese Kenntnis sei nach Ergehen des Aufklärungs- und Auflagenbeschlusses verifiziert worden. Nach ihrer Auffassung sei insbesondere durch die Fluktuation unter den Ärzten in den einzelnen Betriebsstätten sichergestellt, dass einzelne Apotheker nicht über einen unzulässigen Informationsvorsprung verfügten. Der Wechsel von Ärzten in den erfassten Betriebsstätten habe in jedem Fall Auswirkungen auf den Umfang und die Zusammensetzung der Verordnungsmengen in den jeweils betroffenen Gebietslosen. Nach ihrer Kenntnis spielten bei der Auswahl des Wirkstoffes durch den Arzt mehrere krankheitsbildabhängige Faktoren eine Rolle. Neben der Zulassung der Arzneimittel seien z. B. die Krankheitsprognose des Patienten und dessen allgemeiner Gesundheitszustand zu beachten. Nach den Vorgaben der Vergabekammer habe die Beschwerdegegnerin schließlich 50 Verordnungen pro Gebietslos stichprobenartig ausgewertet. Vorliegend komme ausschließlich die Applikation als Infusion in Betracht. Als Trägerlösungen seien ausschließlich Kochsalzlösungen und Glukoselösungen verordnet worden. Dabei handle es sich um niedrigpreisige Stoffe, unter denen es auch keine nennenswerten Preisunterschiede gebe. Die Frage, welche Lösung verwendet werde, sei für die Kalkulation damit nicht relevant. Primärpackmittel seien in 81,55 % der Fälle nicht ausdrücklich verordnet worden. Sei ein Packmittel nicht gesondert verordnet, werde der jeweils verordnete Wirkstoff direkt in den Infusionsbeutel gespritzt, in dem die Trägerlösung bereits enthalten sei. Die Beutel seien relativ niedrigpreisig und könnten problemlos in den anzubietenden mg Preis einbezogen werden. In den übrigen 18,45 % der Fälle seien verschiedene Pumpen als Primärpackmittel verordnet worden. Solche Primärpackmittel würden gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 der ausgeschriebenen Rahmenverträge gesondert vergütet.
Bei den ausgewerteten Verordnungen habe sich eine Aut-Idem-Ausschlussquote von 8,42 % ergeben. Der Umstand, dass der ausgeschrieben Vertrag keine gesonderten Regeln für Verordnungen treffe, in denen die Aut-Idem-Substitution ausgeschlossen sei, sei daher nicht zu beanstanden. Zudem habe die Auswertung ergeben, dass es bei der Verordnung parenteraler Rezepturen bei den Ärzten weit verbreitet sei, nur den Wirkstoff und nicht ein bestimmten Fertigarzneimittel unter Bezeichnung des Herstellers zu verordnen. Damit obliege es ohnehin in aller Regel dem Apotheker, das entsprechende Fertigarzneimittel auszuwählen.
Die Beschwerdeführerin hat dazu vor der Vergabekammer vorgetragen, es sei lebensfremd anzunehmen, dass sich der Patient sich die Zytostatika selbst beschaffe und selbst an die Arztpraxis liefere. Auch dann werde die Apotheke direkt an den Arzt liefern. Bei langjährigen Lieferverhältnissen zwischen Arztpraxis und Apotheke entstünden Netzwerke, die eine optimale Schnittstellen- und Homecare-Versorgung böten. Die von der Ausschreibung betroffenen Apotheker würden (deshalb) nicht stillschweigend den Verlust eines erheblichen Teil des Marktes hinnehmen, sondern die Patienten auf die Möglichkeit hinweisen, weiterhin von ihr versorgt zu werden. Gerade die langjährigen Netzwerke seien für die Beschwerdeführerin als auswärtige Anbieterin unkalkulierbar. Ferner habe die Beschwerdegegnerin nicht dargelegt, dass die von ihr kontaktierten Ärzte die Onkologen repräsentierten. Auch können aus den ausgeschriebenen Wirkstoffen keine Rückschlüsse auf die Tumorerkrankung gezogen werden: Viele Wirkstoffe seien für mehrere Tumore zugelassen. Es möge zwar in größeren Gemeinschaftspraxen oder MVZ eine höhere Fluktuation der Ärzte geben. Jedoch hätten ein oder mehrere Partner das strategische Übergewicht. Diese bestimmten maßgeblich die Behandlungseinrichtung. Die Behauptung der Beschwerdegegnerin, der Wechsel der Ärzte in den erfassten Betriebsstätten habe Auswirkungen auf den Umfang und die Zusammensetzung der Verordnungsmengen, sei unsubstantiiert. Ferner sei das Verfahren der Stichprobenerhebung nicht repräsentativ. Viele onkologisch tätige Apotheker bevorzugten das Primärpackmittel "E". Dieses Produkt koste pro Beutel knapp über 7,00 EUR, sei also keineswegs niedrigpreisig. Der Aut-Idem-Ausschlussanteil sei mit 8,42 % zu niedrig geschätzt: Einerseits seien die Kreuze bei patentgeschützten Arzneimitteln außer Betracht geblieben, andererseits auch alle handschriftlich gesetzten.
Die Vergabekammer des Landes Brandenburg hat mit Beschluss vom 29. Juli 2010 den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Beschwerdegegnerin sei aufgrund des § 129 Abs. 5 S. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) befugt, die Leistungen auszuschreiben. Dem stünden weder der seit März 2003 bestehende Arzneimittelversorgungsvertrag Berlin noch der "Vertrag über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen (§§ 4, 5 der Arzneimittelpreisverordnung AMPreisV ) (vom 10. September 2009, gültig ab 1. Oktober 2009) in der Fassung des Ergänzungsvertrages (hinsichtlich der Anlage 3 Teil 1) vom 22. Dezember 2009 (Hilfstaxe) entgegen. Dies folge aus der Gesetzessystematik und auch der Gesetzesbegründung. Insbesondere könne § 129 Abs. 5 Satz 3 SGB V als Grundlage für den Abschluss von Einzelverträgen über parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zwischen einzelnen Krankenkassen und einzelnen Apothekern nicht durch die rangniedrigere Rechtsanwendungsregelung des § 5 AMPreisV verdrängt werden, welche die Grundlage für die Neufassung der Anlage 3 der Hilfstaxenvereinbarung zum 01. Januar 2010 über die Honorierung parenteraler Rezepturen sei. Weiter bedürfe die Auffassung des Senates, aus dem Zusammenspiel des § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V mit § 11 Abs. 2 Apothekengesetz (ApoG) ergäbe sich nicht, dass der normale Versorgungsweg ausgeschlossen sei, keiner weiteren Erörterung. Die Beschaffung der parenteralen Zubereitungen auf dem normalen Versorgungsweg könne zwar nicht völlig ausgeschlossen werden, stelle aber die absolute Ausnahme dar. Bei der gebotenen vergaberechtlichen Betrachtungsweise sei es ohne Bedeutung, an wen die Arzneimittel ausgehändigt würden. Für das Auftragsvolumen komme es nämlich nur auf den Umfang der jeweiligen Liefermenge der Apotheken an, die nicht danach unterschieden, ob der Arzt oder der Versicherte Abnehmer sei. Hierfür sprächen auch das Ergebnis des Gespräches mit Vertretern des NIO e. V. und die Aussage des unmittelbaren Vorgängers der Beschwerdeführerin, der jetzt die C Apotheke in H betreibe. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei das Auftragsvolumen der Ausschreibung durch Angabe der Abgabevolumina je Gebietslos - jeweils in mg pro Wirkstoff - bezogen auf das erste Halbjahr 2009 in ausreichendem Maße im Sinne des § 3 a Nr. 4 Abs. 1 Satz 2 VOL/A ermittelt und beschrieben werden. Die Regelung spiegele die Besonderheit des Rahmenvertrages wider, die gerade darauf beruhe, dass das konkrete Beschaffungsvolumen nur prognostiziert werden könne. Dies gelte aufgrund der Besonderheiten des Arzneimittelmarktes in besonderem Maße. Die Beschwerdeführerin habe keinen unmittelbaren Einfluss auf das Verordnungsverhalten der Ärzte, ebenso wenig wie auf den krankheitsabhängigen Bedarf ihrer Versicherten. Die Mitteilung der Verordnungszahlen der Vergangenheit stelle die einzige statistisch belastbare Basis zur Prognostizierung des zu erwartenden Auftragsvolumens dar. Eine exaktere Prognose sei nicht möglich. Ein Referenzzeitraum von sechs Monaten stehe auch in einem angemessenen Verhältnis zu einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten. Künftige Entwicklungen könnten nur mehr oder weniger vage abgeschätzt und im Wege eines nach Erfahrungswerten vorzunehmenden Zuschlages auf die Kalkulation berücksichtigt werden. Die Leistungsbeschreibung erlaubte auch dann keine bessere Kalkulation und Preismitteilung, wenn die von der Beschwerdegegnerin von der Beschwerdeführerin verlangten Angaben zu Trägerlösungen, Primärverpackungen und Aut-idem-Ausschlussverhalten erfolgt wären. Dies sei das Ergebnis der nach den Vorgaben der Vergabekammer durch die Beschwerdegegnerin stichprobenartig erfolgten Auswertung von 50 Verordnungen pro Gebietslos. Die mit der Kalkulation verbundenen Risiken lägen nicht in der Verantwortungssphäre der Beschwerdegegnerin, sondern werde durch das Verordnungsverhalten der Ärzte und die im Voraus nicht bekannten Erkrankungen ihrer Versicherten hervorgebracht. Aus deren Feststellungen zur Fluktuation der Ärzte in den einzelnen Betriebsstätten könne ferner abgeleitet werden, dass einzelne Apotheker nicht über einen unzulässigen Informationsvorsprung verfügten. Die Regelung des § 5 Abs. 4 des Rahmenvertrages sei vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß Erläuterungen zur Vereinbarung über Vordrucke über die vertragsärztliche Versorgung - Muster 16: Arzneiverordnungsblatt - seien für die zeitgleiche Verordnung von Arznei- und Hilfsmitteln getrennte Verordnungsblätter zu verwenden. § 5 Abs. 4 des Rahmenvertrages setze diese Verpflichtung im Verhältnis Arzt Apotheker im Sinne einer Information des Arztes durch den Apotheker fort. Die Verpflichtung des Apothekers, ausschließlich die Arzneimittel zu liefern und abzurechnen und das Hilfsmittel auf der Verordnung zu streichen, stehe nicht im Widerspruch zu § 17 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Auch die Beanstandung, die Vertragsstrafenregelung sei unverhältnismäßig, sei nicht begründet.
Gegen diesen der Beschwerdeführerin am selben Tag zugegangenen Beschluss richtet sich deren Beschwerde vom 10. August 2010. Sie hat vorgebracht, nach der Intension des Gesetzgebers sollten die Landessozialgerichte im Vergabenachprüfungsverfahren darauf achten, dass die ausgeschriebenen Versorgungsverträge die Erbringung der medizinisch notwendigen Versorgung nicht gefährdeten. Deshalb habe das Sozialgericht Berlin im Rahmen eines Verfahrens über eine einstweilige Anordnung zu der vorliegenden Ausschreibung die Auffassung vertreten, dass die sozialrechtlichen Bedenken im Vergabeverfahren zu prüfen seien (SG Berlin, Beschluss vom 25. April 2010 - S 166 KR 619/10 ER). In einem Verfahren nach § 69 Abs. 2 SGB V müsse anders als in herkömmlichen Vergabeverfahren die rechtliche Zulässigkeit des ausgeschriebenen Vertrages in weiterem Umfang überprüft werden. Dafür spreche auch die besondere Schutzbedürftigkeit der einzelnen Apotheken gegenüber den Krankenkassen. Hier verstoße die ausgeschriebene Vereinbarung gegen die zwingenden Vorgaben des § 129 SGB V i. V. m. den kollektiven Rahmenverträgen. Sie garantiere eine unzulässige Exklusivität des erfolgreichen Bieters. Es werde auch gegen § 129 Abs. 5 c SGB V und damit gegen zwingendes Arzneimittelpreisrecht verstoßen. Es würden unzulässigerweise Rabatte von den Apotheken eingefordert, obwohl nach § 129 Abs. 5 Satz 3 SGB V nur unmittelbare Rabattverträge zwischen Krankenkassen und der Industrie zulässig seien. Zuletzt verstoße der Rahmenvertrag gegen das in § 31 Abs. 1 Satz 6 SGB V normierte Apothekenwahlrecht der Versicherten. Unabhängig davon sei der Apotheker durch § 11 Abs. 2 ApoG daran gehindert, andere Verordnungen als Zytostatika-Zubereitungen direkt an die Apotheke zu geben. Ein erheblicher Teil der ausgeschriebenen Substanzen seien jedoch keine Zytostatika. In allen übrigen Fällen verbiete vielmehr § 11 Abs. 1 ApoG eine entsprechende Absprache zwischen Arzt und Apotheke. Soweit die Vergabekammer ferner von einer Absatzgarantie für die vertragsschließende Apotheke ausgehe, sei dies nicht mit dem Apothekenwahlrecht des Versicherten gemäß § 31 Abs. 1 Satz 5 SGB V vereinbar. Es sei rechtsirrig anzunehmen, dass der Patient mit seiner Entscheidung für den Vertragsarzt gleichzeitig auch die Entscheidung über die von diesen zu verordnenden Zubereitungen und dessen Apothekenauswahl treffe.
Das weiter bestehende Apothekenwahlrecht führe dazu, dass die Versicherten sich nunmehr erstmals für ein "Zwei-Apotheken-Modell" entscheiden müssten, bei dem zum einen die Versorgung mit parenteralen Zubereitungen durch eine unbekannte und ggf. auswärtige Apotheke und zum anderen die Versorgung mit der nicht ausgeschriebenen Begleitmedikation und allen anderen apothekenpflichtigen Arzneimitteln weiterhin durch die "eigene" Apotheke vor Ort vorgenommen werde. Dass alleine mit Blick auf bisherige (Nicht )Ausübung des Apothekenwahlrechts in der Vergangenheit davon auszugehen sei, dass praktisch alle Versicherte auf ihr Apothekenwahlrecht verzichteten und damit eine faktische Exklusivität der bezuschlagten Apotheke entstehe, sei fern liegend. Jedenfalls sei dieser Aspekt im Rahmen der Angebotskalkulation von erheblicher Bedeutung. Die betroffenen Ärzte würden bei allen anderen Patienten der anderen Krankenkassen weiterhin mit ihrer bisherigen Apotheke zusammenarbeiten. Selbst die Beschwerdegegnerin spreche von "gewachsenen Strukturen". Darüber hinaus würden in der onkologischen Therapie regelmäßig Arzneimittel als Begleitmedikation eingesetzt, die nicht zuzubereiten seien, z. B. Antibiotika, Kortison, ACE-Hemmer u. a. Hinsichtlich dieser Präparate müsse der Arzt weiterhin die Rezepte dem Patienten übergeben, damit dieser die Verschreibungen in einer Apotheke seiner Wahl einlöse. Der Patient bleibe also weiterhin in engem Kontakt zu den Apotheken, welche die Praxis bisher mit Arzneimitteln versorgten. Ferner könne die von der Vergabekammer und vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen angenommene "faktische Exklusivität" nur eintreten, wenn nicht vertragsgebundene Apotheken, für welche sich ein Versicherter entscheide, die Belieferung unter Verweis auf die von der Beschwerdegegnerin vertraglich zugesagte Vergütungsverweigerung gemäß § 4 Abs. 3 Rahmenvertrag ablehnten. Die "faktische Exklusivität" sei allenfalls für die Vergangenheit feststellbar. Für die Zukunft sei es eine rechtlich nur schwer einzuordnende und nicht kalkulierbare Prognose.
Falsch sei auch die Annahme der Vergabekammer, ergänzende Informationen über Trägerlösungen, Primärverpackungen, Aut-idem-Ausschlussquoten hätten keine bessere Kalkulation ermöglicht. Die Verwendung des weit verbreiteten E führe zu einer erheblichen kalkulatorisch relevanten Preisspreizung. Die von der Beschwerdegegnerin selbst eingereichte Tabelle zeige gravierende Unterschiede bei der Aut idem-Ausschlussquote in den einzelnen Losen. Sie zeigten erhebliche Unterschiede im Verordnungsverhalten der Ärzte, welche die Beschwerdeführerin als auswärtige Apotheke nicht kennen könne. Sie habe bereits darauf hingewiesen, dass handschriftlich gesetzte Kreuze nicht berücksichtigt worden seien. Es sei weiter davon auszugehen, dass die Ärzte bei ihnen unbekannten auswärtigen Apotheken den Aut-idem-Ausschluss häufiger ankreuzten. Dass handschriftlich gesetzte Kreuze unbeachtlich seien, sei eine lebensfremde Betrachtung. Vielmehr werde ein Apotheker meist aus der langen Versorgungserfahrung sicher sagen können, dass der Arzt auch ein handschriftliches Kreuz beachtet sehen wolle.
Im Einvernehmen der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 25. August 2010 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über diese verlängert.
Er hat mit Beschlüssen vom 17.09.2010 in zwei Parallelverfahren (Az.: L 1 SF 98/10 B Verg und L 1 SF 110/10 B Verg) die Beschwerden zweier anderer Apotheken zurückgewiesen, die ebenfalls bereits vor der Vergabekammer Brandenburg keinen Erfolg gehabt hatten.
Die Beschwerdegegnerin hat darauf hingewiesen, dass in dem Parallelverfahren (L 21 SF 152/10 Verg) vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in der mündlichen Verhandlung am 22. Juli 2010 die dort beteiligten Apotheker sinngemäß erklärt hätten, dass die praktische Bedeutung einer Versorgung durch die Patienten selbst bei parenteralen Zubereitungen "praktisch bei Null" bzw. "zwar nicht bei Null, aber im ganz untergeordneten Prozentbereich" liege. Auf die "gewachsenen Strukturen" bei der gegenwärtigen Versorgung mit parenteralen Rezepturen komme es nicht an, weil die Patienten daran weitestgehend unbeteiligt seien. Eine institutionalisierte Zusammenarbeit könne im Wesentlichen nur auf das Zusammenwirken von Ärzten und Apothekern zurückzuführen sein. Hinzu komme, dass es bei den Patienten, die sich in onkologischer Behandlung befänden, üblicherweise zu einer hohen Fluktuation komme. Die daran beteiligten behandelnden Ärzte unterlägen jedoch uneingeschränkt dem sozialversicherungsrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot und seien verpflichtet, sich umfassend wirtschaftlich zu verhalten. Sie müssten deshalb parenterale Rezepturen ausschließlich bei dem Zuschlagsempfänger beziehen. Dies habe das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt kürzlich für die Ausschreibung mehrerer Krankenkassen für Grippeimpfstoffe als Sprechstundenbedarf bestätigt (Beschluss vom 20. Juni 2010 - L 10 KR 38/10 B ER). Zum Primärpackmittel sei aus ihrer Sicht darauf hinzuweisen, dass der E Infusionsbeutel im Wesentlichen den Vorteil biete, dass das Infusionssystem bereits vom Hersteller an den Infusionsbeutel angeschlossen sei. An die Infusionsbeutel anderer Hersteller müssten hingegen in der Apotheke (oder der Arztpraxis) die Infusionssysteme noch von Hand angeschlossen werden. Der Vorteil des E liege also allenfalls in der Vermeidung eines Arbeitsschrittes, mache jedoch eine erhebliche Preisdifferenz aus.
Selbst wenn man ferner der Auffassung der Beschwerdeführerin folge, dass § 11 Abs. 2 ApoG lediglich Zubereitungen aus Zytostatika im engeren Sinne - und insbesondere nicht die Zubereitungen aus monoklonalen Antikörpern - umfasse, folge daraus nicht, dass das Verbot des § 11 Abs. 1 ApoG einer Umsetzung der ausgeschriebenen Rahmenverträge entgegenstehe. Diese Vorschrift untersage nämlich ausschließlich Absprachen zwischen Apothekern und Ärzten. Hier sollten aber die Absprachen zwischen der Beschwerdegegnerin - einer Krankenkasse - und den den Zuschlag gewinnenden Apothekern erfolgen.
Einem Auftraggeber sei nach § 121 Abs. 1 Satz 1 GWB in der heutigen Fassung der Zuschlag zu gestatten, wenn der Nachprüfungsantrag mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben werde. Dies sei hier der Fall. Soweit sich bei der Stichprobenauswertung im Hinblick auf die Aut-idem-Ausschlussquoten bei den Losen 6 und 8 entsprechende "Ausreißer" ergeben hätten, sei dies auf die Verordnungsweise von jeweils nur einer Betriebsstätte zurückzuführen. Die betreffenden Ärzte seien von ihr angeschrieben worden, um die ungewöhnlichen Aut-idem-Ausschlussquoten zu diskutieren und aufzuklären und um ggf. für die Vertragslaufzeit Möglichkeiten zur Sicherstellung üblicher Quoten auszuloten sowie deren Ausschöpfung sicherzustellen.
Sie beantragt,
ihr vorab den Zuschlag zu gestatten.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Gestattung des Zuschlages ist zulässig. Nach § 142a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 116 GWB entscheidet das Landessozialgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vergabekammer, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen. Maßgeblich ist das GWB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009 (BGBl. I, S. 790), weil das streitgegenständliche Vergabeverfahren erst nach Inkrafttreten dieses Gesetzes am 24.04.2009 begonnen hat, § 131 Abs. 8 GWB. Im Rahmen dieses Verfahrens besteht nach § 121 Abs. 1 Satz 1 GWB die Möglichkeit, den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und die Erteilung des Zuschlages gestatten.
Der Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg betrifft die Ausschreibung selektiver Lieferverträge zwischen einzelnen Apotheken und einer Krankenkasse und damit Rechtsbeziehungen nach § 69 Abs. 1 S. 1 SGB V. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg ergibt sich aus § 29 Abs. 5 S. 1 SGG.
2. Nach § 121 Abs. 1 S. 1 GWB kann das Gericht den Fortgang des Verfahrens und die Zuschlagsersteilung gestatten, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen.
Gemäß § 121 Abs. 1 Satz 3 GWB sind dabei neben dem Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens auch die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde und die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag zu erhalten, zu berücksichtigen.
2.1 Nach dem Wortlaut ist die Gestattung nach § 121 Abs. 1 GWB nicht davon abhängig, dass zuvor der Auftraggeber vor der Vergabekammer unterlegen ist. Sie hat auch zu erfolgen, wenn dies der Auftraggeber beantragt, weil er –wie hier- durch einen Beschluss nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB an der Zuschlagserteilung gehindert ist. Nach der Gesetzessystematik hebt die Zuschlagsgestattung die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde mit Wirkung für die Zukunft auf. Im konkreten Fall steht einer Gestattung der Zuschlagserteilung nicht die Rechtskraft des Beschlusses des Senats vom 25. August 2010 entgegen.
Es kann dabei dahinstehen, ob ein Beschluss nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB eine Bindungswirkung für die Entscheidung nach § 121 GWB entfalten kann. Dagegen spricht, dass die Antragsverfahren getrennt geregelt sind und das Gericht gerade nicht -anders als bei § 86b Abs. 1 S. 4 SGG- über die Aufhebung bzw. Abänderung des Verlängerungsbeschlusses nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB zu entscheiden hat.
Jedenfalls bei einer Änderung der Sach- und Rechtslage ist eine (konkludente) Aufhebung des Beschlusses nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB möglich. In einem solchen Falle ist eine Änderung einer im vorläufigen Rechtsschutz getroffenen Entscheidung immer zulässig (im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf, B. v. 02.07.2008 -VII-Verg 43/08 unter Bezugnahme Jaeger, in Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Aufl., § 121 GWB, Rdnr. 1214). Hier ist der Beschluss vom 25. August 2010 nicht aufgrund einer eigenen Interessenabwägung des Senats und/oder einer Prognose über den voraussichtlichen Erfolg der Beschwerde in der Sache selbst erfolgt. Den Senat etwaig bindende Feststellungen gibt es insoweit nicht. Die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ist vielmehr erfolgt, weil die Beschwerdegegnerin dagegen keine Einwände erhoben hat und sich das Begehren damit als einvernehmlich dargestellt hat. Dieses Einvernehmen ist nunmehr weggefallen, wie sich im Antrag nach § 121 GWB zeigt. Der Sachverhalt hat sich geändert: Nunmehr hat der Senat –erstmals- die gebotene Interessenabwägung vorzunehmen.
2.2 Nach wohl einhelliger Rechtsauffassung ist auch nach der Neuformulierung des § 121 Abs. 1 Satz 1 GWB der Zuschlag zu gestatten, wenn der Auftraggeber mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird (vgl. Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 03. Juni 2010 - 13 Verg 6/10 - mit Literaturnachweisen).
Hier ist davon auszugehen, dass die Beschwerde der Beschwerdeführerin in der Sache wohl erfolglos bleiben wird.
Zur Rechtslage allgemein und zu den maßgeblichen Einwänden der Beschwerdeführerin gegen die geplante Ausschreibung hat sich der Senat bereits in seinen genannten Beschlüssen vom 17. September 2010 geäußert:
Die Rügen der Beschwerdeführerin sind bereits unzulässig, soweit durch die angestrebte Gebietsmonopolisierung die Rechte der Versicherten bzw. der Sicherstellungsauftrag diesen gegenüber verletzt werde. Im Rahmen der §§ 97 Abs. 7, 107 Abs. 2 GWB können keine sozialrechtlichen Wertentscheidungen angemahnt werden können.
Sie kann sich auch nicht auf die Rechte berufen, welche ihr als Apotheke nach dem SGB V einschließlich der Rahmenverträge zustehen. Sie kann im Vergabeverfahren nicht erfolgreich vorbringen, dass das Vergütungssystem nach der Hilfstaxe rechtswidrig umgangen bzw. verdrängt werden soll. Entsprechendes gilt für Einlassung, das herkömmliche Vergütungssystem, welche dem Apotheker eine Bezahlung seiner Lieferungsleistungen unabhängig von der Preisentwicklung der Medikamente gewährleistet, müsse erhalten bleiben.
Konstitutives Merkmal eines öffentlichen Auftrages ist, dass der öffentliche Auftraggeber eine Auswahlentscheidung trifft. Rügt ein Bieter jedoch, dass der öf¬fentliche Auftraggeber Selektivverträge schließen will und daher eine Auswahlentscheidung zu treffen beabsichtigt, stellt dieses Vorbringen keinen vergaberechtlichen Einwand dar, da der Bieter letztlich keine Auswahlentscheidung durch den öffentlichen Auftraggeber will und es ihm somit nicht darauf ankommt, durch den Nachprüfungsantrag seine Zuschlagschancen zur Erlangung eines öffentlichen Auftrages zu verbessern (so treffend LSG Nordrhein-Westfalen, B. v. 22.07.2010 –L 21 SF 152/10).
Im übrigen teilt der Senat die Auffassung der Vergabekammer des Landes Brandenburg, dass § 129 Abs. 3 S. 3 SGB V als speziellere Vorschrift den Abschluss von Einzelverträgen erlaubt, auch wenn diese zwangsläufig von den rahmenvertraglichen Regelungen auf Grundlage des § 129 Abs. 2 SGB V und den ergänzenden Verträgen auf Landesebene (§ 129 Abs. 5 S. 1 SGB V) abweichen (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.). Die Ausschreibung missachtet auch nicht § 129 Abs. 5c SGB V. Auch insoweit dürfte § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V bereits spezieller sein. Jedenfalls verweist § 129 Abs. 5c SGB V hinsichtlich verbindlicher Preisregelungen in S. 1 lediglich auf die Vereinbarungen aufgrund des Arzneimittelgesetzes und ist nicht selbst Grundlage für Vereinbarungen. Die hier bislang die Preise bestimmende Hilfstaxe ist –wie die Vergabekammer Brandenburg zutreffend ausgeführt hat- lediglich auf der Grundlage einer Rechtsverordnung –konkret §§ 4 und 5 Arzneimittelpreisverordnung erlassen worden, die im Range unter der förmlichen Norm des § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V steht.
Der parlamentarische Gesetzgeber hat also -zusammenfassend auf den Punkt gebracht- den Krankenkassen für den Bereich der parenteralen Zubereitungen zu onkologischen Behandlungen bewusst die Möglichkeit eingeräumt, das bisherige System vereinbarter Preise verlassen und auf diesem Gebiet die Preise dem freien Markt überlassen zu können.
2.3 Die Beschwerde dürfte im Übrigen unbegründet sein. Die Vergabekammer des Landes Brandenburg hat den Nachprüfungsantrag jedenfalls aus jetziger Sicht zu Recht abgewiesen:
Die Beschwerdegegnerin ist als gesetzliche Krankenkasse ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Gesetzliche Krankenkassen werden direkt oder jedenfalls mittelbar durch Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber zur GKV durch den Bund finanziert (vgl. §§ 3, 220 sowie 221, 271 SGB V). Sie unterliegen einer engmaschigen staatlichen Rechtsaufsicht. Dies reicht für die Qualifikation als öffentlicher Auftraggeber aus (ebenso LSG NRW, B. v. 10.09.2009 –L 21 KR 53/09 SFB- juris Rdnr. 47 mit Bezugnahme u. a. auf den Europäischen Gerichtshof, Urteil vom 11.06.2009 - C-300/07). Ein öffentlicher Auftrag ist jedenfalls immer dann anzunehmen, wenn durch vertragliche Abreden Exklusivität vereinbart und ein tatsächlicher Wettbewerbsvorteil für den Auftragnehmer bewirkt werden soll. Dies ist hier der Fall: Der Losgewinner soll exklusiv für sein Gebiet die Vertragsärzte zur Behandlung der Versicherten der Beschwerdegegnerin mit den Zubereitungen versorgen.
Die neue Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung –VgV) in der Fassung der Verordnung zur Anpassung der VgV vom 07.06.2010 (BGBl I S. 724 ff) und die neue VOL/A (Abschnitt 2) ist nicht anzuwenden. Nach § 23 S. 1 der neuen VgV sind bereits begonnene Vergabeverfahren nach dem Recht zu beenden, das zum Zeitpunkt des Beginns des Verfahrens gegolten hat.
Der Schwellenwert des §§ 100 Abs. 1, 127 Nr. 1 GWB, § 2 Nr. VgV in Verbindung mit der Art. 2 VO (EU) v. 30.11.2009 von 193.000 EUR ist überschritten.
2.4 Der Senat hat die maßgeblichen Rügen der Beschwerdeführerin in den genannten Beschlüssen vom 17.09.2010 für unbegründet gehalten:
Nach der über §§ 97 Abs. 6, 98 Nr. 2 GWB, 4 Abs. 1 VgV zwingend anwendbaren Vorschrift des § 3a Nr. 4 Abs. 1 S. 2 VOL/A muss bei Rahmenvereinbarungen das in Aussicht genommene Auftragsvolumen so genau wie möglich ermittelt und beschrieben werden. Die Vorschrift ist eine Vergabeverfahrensvorschrift. Die Beschwerdeführerin hat nach § 97 Abs. 7 GWB ein Recht auf ihre Einhaltung. Die Beschwerdegegnerin hat das Auftragsvolumen jedoch so genau wie möglich angegeben.
Nach Auffassung des Senats bleiben zwar Zweifel bestehen, ob die vertragsärztlichen Onkologen –möglicherweise sogar in kollusivem Zusammenwirken mit Apothekern- die "bisherige vertrauensvolle Zusammenarbeit" mit ihrer jetzigen Apotheke fortsetzen wollen und deshalb von einer Direktbeschaffung absehen. Jedenfalls die meisten Vertragsärzte, die den Apotheker nicht wechseln wollen, werden jedoch vor einer riskanten Konfrontation zurückschrecken.
Zur genauen Darlegung wird –auch für Nachfolgendes- auf die genannten Beschlüsse verwiesen.
Gleichzeitig fehlt damit -obwohl theoretisch das Auftragsvolumen auch Einfluss auf den Preis hat- kein für die Preisermittlung relevanter Umstand im Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A. Schließlich kann gleichzeitig insoweit auch nicht von einem ungewöhnlichen Wagnis nach § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A ausgegangen werden.
Ferner sind die in der Ausschreibung gelieferten Verordnungsdaten im Referenzzeitraum ausreichend. Sie mussten nicht genauer aufgeschlüsselt werden. Insbesondere mussten neben dem Wirkstoff weder die Trägerlösungen aufgeführt sein noch die Angaben zum "Aut-Idem-Ausschluss". Es sind auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Zahlen ersichtlich. Die Beschwerdegegnerin darf schließlich das Risiko, eingekaufte Arzneimittel teilweise vernichten zu müssen, weil bei der Zubereitung Reste übrig bleiben (sogenannter "Verwurf"), auf die Vertragsapotheke abwälzen. Das Fehlen genauerer Angaben stellt insbesondere keinen Verstoß gegen das einfachgesetzlich in § 97 Abs. 2 GWB normierte Diskriminierungsverbot in der indirekten Variante dar (vgl. dazu näher B. des Senats v. 07.05.2010): Die Pflicht des Ausschreibenden, bestehende Wettbewerbsvorteile und -nachteile potentieller Bieter durch die Gestaltung der Vergabeunterlagen auszugleichen, ist eingehalten. Gleichzeitig wird den Bietern auch in dieser Hinsicht kein ungewöhnliches Wagnis im Sinne § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A übergebürdet. Auch insoweit wird auf die Beschlüsse vom 17.09.2010 verwiesen. Ein ungewöhnliches Wagnis im Sinne von § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A begründet sich konkret hier nicht darin, dass die Bieter die Herstellungskosten, Kosten für Packmittel und Transporte im Rahmen einer Mischkalkulation schätzen müssen, Entsprechendes gilt für die Rüge, es seien genauere Angaben zu den Packmitteln erforderlich.
2.5 Zu ergänzen ist für das vorliegende Nachprüfungsverfahren nur noch, dass das Ausschreibungsvolumen auch nicht deshalb zu ungenau ist, weil in der Ausschreibung nicht nur Wirkstoffe enthalten sind, die Zytostatika im engeren Sinne sind. § 11 Abs. 2 ApoG als Ausnahme von § 11 Abs. 1 ApoG ist nämlich nicht nur auf solche Zytostatika im engeren Sinne beschränkt. Zytostatika sind allgemein nämlich (alle) Arzneimittel mit zellwachstums-, insbesondere zellteilungsverhindernder oder -verzögernder Wirkung (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 14. November 2007 - L 12 KA 16/06, juris, Rdnr. 34; VG Minden, Urteil vom 05. Dezember 2005 - 3 K 3627/02, juris, Rdnr. 2; Dettling/Kieser/Ulshöver, PharmR 2009, 421; vgl. auch Wikipedia, Stichwort Zytostatikum, Stand: 04. Oktober 2010: "Zytostatika ( ...) sind natürliche oder synthetische Substanzen, die das Zellwachstum bzw. die Zellteilung hemmen ( ...). Neben den klassischen Zytostatika werden heute in der Behandlung von Tumorerkrankungen noch weitere Substanzen wie z. B. Hormone, therapeutische monoklonale Antikörper, Zytokine und so genannte ‚small molecules’ wie z. B. Signaltransduktions-Inhibitoren, Proteasominhibitoren etc. eingesetzt. Diese Substanzen werden meist nicht als Zytostatika bezeichnet, da sie nicht direkt die Zellteilung bzw. das Zellwachstum hemmen ( ...)"; ähnlich Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort "Zytostatika").
Die den genannten Beschlüssen zugrunde liegende Prognose des Senats, dass die Beschwerdegegnerin auf die Vertragsärzte einwirken wird, um diese zur Beachtung der Regeln über den Aut-idem-Ausschluss anzuhalten, ist durch die Schreiben an die konkreten Gemeinschaftspraxen der "Ausreißer"-Betriebsstätten bereits bestätigt worden. Der Senat geht schließlich mit der Beschwerdegegnerin davon aus, dass die Apotheke ohne weiteres einkalkulieren kann, ob es sich zur Einsparung eines Arbeitsschrittes lohnt, die teure Verpackung Ezu verwenden
3. Jedenfalls unter Einbeziehung der niedrigen Erfolgschancen der Beschwerde (vgl. hierzu zur alten Rechtslage OLG Düsseldorf, B. v. 17.04.2008 - VII-Verg 15/08) überwiegt das Interesse der Allgemeinheit am Abschluss des Vergabeverfahrens. Die Beschwerdegegnerin soll möglichst bald ermöglicht werden, die mit der Ausschreibung mutmaßlich zu erzielenden Kosteneinsparungen zu realisieren.
4. Der Senat hat von Beiladungen zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen abgesehen. Dabei ist §§ 69 Nr. 3, 75 SGG durch die speziellere Regelung des § 142a Abs. 1 SGG i. V. m. § 119 GWB verdrängt. Nach letztgenannter Vorschrift sind Beteiligte der gerichtlichen Nachprüfungsverfahren (nur) die bei bereits am Vergabekammerverfahren Beteiligten. Allerdings entspricht es wohl einhelliger Auffassung, dass auch das Beschwerdegericht beiladen kann und muss, soweit die Voraussetzungen des § 109 GWB (Beiladung durch die Vergabekammer) gegeben sind. Beizuladen sind danach die Unternehmer, deren Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden. Die Apotheken, welche nach der Zuschlagsankündigung die Ausschreibungsgewinner sein sollen, werden jedenfalls aufgrund der jetzt getroffenen Entscheidung nicht (mehr) schwerwiegend berührt.
5. Eine Kostenentscheidung ist im Verfahren nach § 121 GWB nicht zu treffen. Sie bleibt der Beschwerdeentscheidung vorbehalten.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§§ 142 a, 177 Sozialgerichtsgesetz SGG ).
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