Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 2228/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 5849/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. Oktober 2009 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 29. April 2009 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. April bis 23. Juni 2009 (Sperrzeit von 12 Wochen).
Die 1952 geborene Klägerin war von 1996 bis 31. März 2009 in U. beschäftigt, zuletzt als kollegiale Praxisberaterin. Das Beschäftigungsverhältnis wurde mit Auflösungsvertrag vom 19. März 2009 mit Ablauf des 31. März 2009 aus privaten Gründen im gegenseitigen Einvernehmen beendet. Die Klägerin meldete sich am 30. März 2009 mit Wirkung zum 1. April arbeitslos und gab an, sie habe einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet, nachdem sie nach dreieinhalb Jahren Fernbeziehung zum 1. April 2009 zu ihrem Lebenspartner nach A. gezogen sei.
Mit Bescheid vom 28. April 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg für den Zeitraum 1. April bis 23. Juni 2009 ab, weil eine zwölfwöchige Sperrzeit eingetreten sei. Die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis beim Kirchenkreisamt U. selbst gelöst, sie habe voraussehen müssen, dass sie dadurch arbeitslos werde. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne der Sperrzeitregelung seien nicht erkennbar. Mit Bescheid vom 29. April 2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg vom 24. Juni 2009 bis 8. August 2010, da vom 1. April bis 23. Juni 2009 eine Sperrzeit eingetreten sei (Leistungsbetrag 29,60 EUR täglich). Mit Änderungsbescheid vom 30. Mai 2009 setzte die Beklagte den Leistungsbetrag ab 24. Juni 2009 auf 29,78 EUR fest.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Beziehung zwischen ihr und Joachim Gratwohl (J.G.) bestehe seit dreieinhalb Jahren. Bereits nach kurzer Zeit habe festgestanden, dass die Klägerin und J.G. auf Dauer zusammenziehen wollten. Allerdings habe die verwitwete Klägerin sich noch bis Ende Dezember 2008 intensiv um die Pflege ihrer Schwiegereltern kümmern müssen. Sie habe ihren Wegzug erst planen können, als ihr Schwiegervater im Dezember 2008 in einem Pflegeheim untergebracht werden konnte, die Schwiegermutter sei kurz zuvor verstorben. Seit dem Zusammenzug mit J.G. werde ein gemeinsamer Haushalt geführt, auch bezüglich der finanziellen Angelegenheiten. Der Wechsel nach A. sei dann sehr rasch erfolgt, so dass die Klägerin keine Gelegenheit gehabt habe, sich umfassend zu bewerben. Sie habe im Februar 2009 ein konkretes Bewerbungsgespräch bei der Diakonie in T. geführt, für weitere Gespräche habe Gelegenheit bestanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte u.a. aus, dass ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht erkennbar sei. Eine eheähnliche Gemeinschaft sei erst mit dem Zusammenzug begründet worden. Allein der langjährige Wunsch, eine solche Lebensgemeinschaft zu begründen, sei nicht ausreichend. Auch habe sich die Klägerin nicht intensiv genug um eine Anschlussbeschäftigung am neuen Wohnort bemüht. Zumindest ab Dezember 2008, als der Umzug realisierbar gewesen sei, hätte sie im Hinblick auf die weitere Lebensplanung der Arbeitsagentur einen Vermittlungsauftrag erteilen und sich selbst im Rahmen der Eigenbemühungen intensiv um Arbeit bemühen müssen. Ein Bewerbungsgespräch genüge den Anforderungen nicht.
Hiergegen richtet sich die am 10. Juli 2009 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage.
Mit Urteil vom 29. Oktober 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) trete eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben, das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben habe und er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt habe. Die Klägerin habe mit dem Abschluss des Auflösungsvertrags ihr Arbeitsverhältnis beendet und dadurch jedenfalls grob fahrlässig ihre Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Sie könne sich hierbei nicht auf einen wichtigen Grund berufen, ein solcher sei im Zuzug zum Partner nicht gegeben. Die erstmalige Herstellung einer eheähnlichen Gemeinschaft stelle keinen wichtigen Grund dar (unter Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-4100 § 119 Nr. 16). Zudem wäre von der Klägerin zu fordern gewesen, dass sie vor Kündigung des Arbeitsverhältnisses alle zumutbaren Anstrengungen unternehme, Arbeitslosigkeit wegen des Umzugs zu vermeiden. Auch insoweit habe sie keine hinreichenden Bemühungen um eine Anschlussarbeitsstelle getätigt.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 23. November 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. Dezember 2009 eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Die Voraussetzungen für eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Sinne der Rechtsprechung hätten bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses vorgelegen, die eheähnliche Beziehung sei stabil und stetig gewachsen. Den letzten Schritt, den Wohnsitzwechsel, habe die Klägerin mit Rücksicht auf die Betreuung der Schwiegereltern nicht früher vollziehen können. Es sei ihr bewusst, dass nach Auffassung des BSG die erstmalige Herstellung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft in der Regel allein noch keinen wichtigen Grund darstelle. Das Beispiel der Klägerin zeige jedoch, dass von diesem Grundsatz in Ausnahmefällen abgewichen werden müsse. Die Klägerin habe die tatsächlich gelebte eheähnliche Gemeinschaft auf Wochenendbesuche und gemeinsam verbrachte Urlaube beschränken müssen, weil sie sich für nahe Verwandte habe einsetzen müssen. Dieser Fall könne nicht anders beurteilt werden, als wenn während einer bestehenden eheähnlichen Gemeinschaft oder Ehe einer der Partner sich für eine gewisse Zeit um Elternteile kümmern müsse und deshalb nicht mehr in der gemeinsamen Wohnung lebe. Bei einem anderen Ergebnis würde die Klägerin dafür bestraft, dass sie sich für nahe Angehörige eingesetzt habe und damit deren Heimunterbringung vermieden bzw. lange Zeit hinausgeschoben habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. Oktober 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. April 2009 und Abänderung des Bewilligungsbescheids vom 29. April 2009, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Juli 2009 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld bereits ab 1. April 2009 für die Dauer von 630 Kalendertagen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Kriterien, nach denen das BSG einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 SGB III annehme, deckten die vorliegende Fallgestaltung nicht ab. Für eine Ausweitung der Fallgestaltungen im Sinne der BSG-Rechtsprechung spreche vorliegend nichts. Im Übrigen habe sich die Klägerin auch eindeutig nicht mit dem nötigen Nachdruck rechtzeitig um eine Anschlussbeschäftigung nach Änderung der Lebensumstände bemüht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist in der Sache indes nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist zum einen der (Sperrzeit-)Bescheid vom 28. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Juli 2009, mit dem die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. April bis 23. Juni 2009, das Ruhen des Alg-Anspruchs in diesem Zeitraum und die Minderung der Anspruchsdauer um 90 Tage festgestellt hat. Diese Verfügungen korrespondieren mit der Verfügung des Bewilligungsbescheids vom 29. April 2009, Alg (erst) ab dem 24. Juni 2009 und (nur) bis 8. August 2010 zu gewähren. Beide Bescheide bilden eine einheitliche Regelung (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 17, Nr. 19), so dass über diesen Bescheid auf Klage zu entscheiden ist, nachdem das SG ihn nicht berücksichtigt hat. Auch die Klage hat indes keinen Erfolg. Der Änderungsbescheid vom 30. Mai 2009 enthält für den hier streitigen Zeitraum keine Regelung, er ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III (in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008, BGBl. I S. 2917) ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt u.a. vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III). Die Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe beträgt nach § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III zwölf Wochen.
Die Klägerin hat durch den im März 2009 geschlossenen Aufhebungsvertrag ihr Beschäftigungsverhältnis zum 31. März 2009 gelöst. Hierdurch hat sie ihre Arbeitslosigkeit grob fahrlässig herbeigeführt, denn sie hatte keinen sicheren Anschlussarbeitsplatz, nicht einmal konkrete Aussichten hierauf (vgl. hierzu BSG SozR 4100 § 119 Nr. 28).
Die Klägerin kann sich, wie ihr bewusst ist, auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BSG nicht auf einen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses berufen, denn es greift keine in diesem Zusammenhang vom BSG entwickelte Fallgruppe zum wichtigen Grund ein. Danach ist ein wichtiger Grund u.a. wegen einer geplanten Eheschließung und eines Zuzugs zum Ehegatten anzunehmen, wenn der Arbeitslose seine Arbeitsstelle von der gemeinsamen Wohnung aus nicht zumutbar erreichen kann (vgl. BSGE 43, 269, 273 = SozR 4100 § 119 Nr. 2). Der Zuzug zum Partner bildet auch schon dann einen wichtigen Grund, wenn die Ehe zwar noch nicht geschlossen ist, der Arbeitnehmer bei Ausspruch seiner Kündigung jedoch davon ausgehen kann, dass die Eheschließung bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erfolgt (vgl. BSGE 64, 202, 204 = SozR 4100 § 119 Nr. 34; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 14). Angesichts der Entfernung zwischen U. und A. unterliegt es zwar keinem Zweifel, dass eine zumutbare Erreichbarkeit hier nicht gegeben ist, allerdings stand vorliegend zum Zeitpunkt der Arbeitsaufgabe eine Heirat nicht im Raum, ein Termin für eine Eheschließung stand nicht in Aussicht.
Als weitere Fallgruppe des wichtigen Grundes bei Umzug zum Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft wird anerkannt, wenn bereits bei Lösung des Beschäftigungsverhältnisses eine derartige Gemeinschaft (Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft) bestanden hat (vgl. BSGE 90, 90 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 26). Eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne der Rechtsprechung des BSG liegt nur vor, wenn die Verbindung auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sie sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens begründen, also über die Beziehung einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (vgl. BSGE 90, 90, 100). Zu den zwingenden Voraussetzungen für die Anerkennung einer eheähnlichen Gemeinschaft gehört indes das Vorliegen einer gemeinsamen Wohnung, weil ein auf Dauer angelegtes gemeinsames Wohnen notwendige Voraussetzung für die Feststellung der Ernsthaftigkeit der Beziehung ist (vgl. BSG SozR 4-4300 § 144 Nr. 16). Die Klägerin und J.G. haben indes zu keinem Zeitpunkt vor dem 1. April 2009 eine gemeinsame Wohnung innegehabt, wegen der erst herzustellenden eheähnlichen Gemeinschaft kann sich die Klägerin daher nicht auf einen wichtigen Grund im Sinne des Sperrzeitrechts berufen (vgl. BSGE 90, 90, 94 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 26; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 16; vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 28. April 2009 - L 13 AL 1864/07 - (juris)).
Eine Erweiterung dieser Rechtsprechung hat das BSG nur für Fälle vorgenommen, in denen die erstmalige Herstellung einer ernsthaften und auf Dauer angelegten Erziehungsgemeinschaft durch Zuzug mit dem minderjährigen Kind zum nichtehelichen Partner erfolgt, wenn Gründe des Kindeswohl dies erfordern (vgl. BSG SozR 4-4300 § 144 Nr. 16). Eine derartige Konstellation liegt hier nicht vor. Eine weitere Erweiterung im Sinne der Anerkennung eines wichtigen Grundes, wenn der Zuzug zum Partner zur Herstellung einer ehelichen Gemeinschaft dient und wegen der Pflege naher Angehöriger zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich war, ist nicht geboten.
Ob ein wichtiger Grund für die Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses angenommen werden kann, ist unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden: Die Versichertengemeinschaft soll sich der Risikofälle erwehren, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Eine Sperrzeit tritt deshalb dann ein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des Einzelfalls und Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 36). Vorliegend ist indes nicht ersichtlich, dass, wenn ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zwar grundsätzlich nicht anerkannt wird, wenn ein Zuzug zum Partner zur Herstellung einer eheähnlichen Gemeinschaft erfolgt, dies anders zu beurteilen sein sollte, wenn der Beschäftigte zuvor aus anderen Gründen unabhängig von seiner Beschäftigung einen gemeinsamen Wohnsitz mit dem Partner nicht errichten konnte. Ohne die Verdienste der Klägerin um die Pflege ihrer Schwiegereltern in Abrede zu stellen, ist nicht nachvollziehbar, warum ausgerechnet zum April 2009 die Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses gerechtfertigt sein sollte und nicht ein späterer Zeitpunkt zumutbar gewesen wäre. Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin, nachdem sie seit Ende des Jahres 2008 wusste, dass ihre häusliche Situation einem Wechsel nach Süddeutschland nicht länger entgegenstehen würde, keine hinreichenden Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz getätigt hat. Die Wahrnehmung eines einzigen Bewerbungsgesprächs im Februar 2009 ist keinesfalls ausreichend. Das BSG hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Bundesagentur im Rahmen ihrer Vermittlungspflicht die Aufgabe hat, einem Arbeitsuchenden einen beabsichtigten Arbeitsplatzwechsel zu ermöglichen, ohne dass eine Sperrzeit eintritt (vgl. BSGE 69, 108, 114 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 6; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 15). Die Klägerin hat sich indes vor Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht einmal mit der Bitte um Vermittlung an die Beklagte gewandt.
Die Dauer der Sperrzeit ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III beträgt die Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe zwölf Wochen. Sie verkürzt sich gemäß § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b SGB III auf sechs Wochen, wenn eine Sperrzeit von zwölf Wochen für den Arbeitslosen nach dem für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. Die Annahme einer besonderen Härte ist gerechtfertigt, wenn nach dem Gesamtumständen des Einzelfalls der Eintritt einer Sperrzeit mit der Regeldauer im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 1998 - 7 RAr 41/86 -; Urteil vom 26. März 1998 - B 11 AL 49/97 R - (juris)). Entscheidend sind die für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen. Außerhalb des Sperrzeittatbestandes liegende sowie nach Eintritt des sperrzeitbegründenden Ereignisses eintretende Umstände können keine Berücksichtigung finden. Tatsachen, die geeignet wären, die Regelsperrzeit von zwölf Wochen zu reduzieren, liegen nicht vor. Auch im Hinblick darauf, dass die Klägerin ihren Partner schon dreieinhalb Jahre kannte und bis Ende 2008 wegen der Pflege ihrer Schwiegereltern nicht zu ihm ziehen konnte, durfte die Versichertengemeinschaft von der Klägerin erwarten, unter Beibehaltung der bisherigen Stelle ihre Bemühungen, eine neue Stelle im Landkreis T. zu finden, zunächst fortzusetzen und zu intensivieren. Mithin hat die Beklagte zutreffend den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen festgestellt.
Die Sperrzeit beginnt gemäß § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, vorliegend mit dem 1. April 2009 als dem Tag nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin in U ... Sie endet am 23. Juni 2009 und ist damit von der Beklagten zutreffend festgesetzt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. April bis 23. Juni 2009 (Sperrzeit von 12 Wochen).
Die 1952 geborene Klägerin war von 1996 bis 31. März 2009 in U. beschäftigt, zuletzt als kollegiale Praxisberaterin. Das Beschäftigungsverhältnis wurde mit Auflösungsvertrag vom 19. März 2009 mit Ablauf des 31. März 2009 aus privaten Gründen im gegenseitigen Einvernehmen beendet. Die Klägerin meldete sich am 30. März 2009 mit Wirkung zum 1. April arbeitslos und gab an, sie habe einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet, nachdem sie nach dreieinhalb Jahren Fernbeziehung zum 1. April 2009 zu ihrem Lebenspartner nach A. gezogen sei.
Mit Bescheid vom 28. April 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg für den Zeitraum 1. April bis 23. Juni 2009 ab, weil eine zwölfwöchige Sperrzeit eingetreten sei. Die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis beim Kirchenkreisamt U. selbst gelöst, sie habe voraussehen müssen, dass sie dadurch arbeitslos werde. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne der Sperrzeitregelung seien nicht erkennbar. Mit Bescheid vom 29. April 2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg vom 24. Juni 2009 bis 8. August 2010, da vom 1. April bis 23. Juni 2009 eine Sperrzeit eingetreten sei (Leistungsbetrag 29,60 EUR täglich). Mit Änderungsbescheid vom 30. Mai 2009 setzte die Beklagte den Leistungsbetrag ab 24. Juni 2009 auf 29,78 EUR fest.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Beziehung zwischen ihr und Joachim Gratwohl (J.G.) bestehe seit dreieinhalb Jahren. Bereits nach kurzer Zeit habe festgestanden, dass die Klägerin und J.G. auf Dauer zusammenziehen wollten. Allerdings habe die verwitwete Klägerin sich noch bis Ende Dezember 2008 intensiv um die Pflege ihrer Schwiegereltern kümmern müssen. Sie habe ihren Wegzug erst planen können, als ihr Schwiegervater im Dezember 2008 in einem Pflegeheim untergebracht werden konnte, die Schwiegermutter sei kurz zuvor verstorben. Seit dem Zusammenzug mit J.G. werde ein gemeinsamer Haushalt geführt, auch bezüglich der finanziellen Angelegenheiten. Der Wechsel nach A. sei dann sehr rasch erfolgt, so dass die Klägerin keine Gelegenheit gehabt habe, sich umfassend zu bewerben. Sie habe im Februar 2009 ein konkretes Bewerbungsgespräch bei der Diakonie in T. geführt, für weitere Gespräche habe Gelegenheit bestanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte u.a. aus, dass ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht erkennbar sei. Eine eheähnliche Gemeinschaft sei erst mit dem Zusammenzug begründet worden. Allein der langjährige Wunsch, eine solche Lebensgemeinschaft zu begründen, sei nicht ausreichend. Auch habe sich die Klägerin nicht intensiv genug um eine Anschlussbeschäftigung am neuen Wohnort bemüht. Zumindest ab Dezember 2008, als der Umzug realisierbar gewesen sei, hätte sie im Hinblick auf die weitere Lebensplanung der Arbeitsagentur einen Vermittlungsauftrag erteilen und sich selbst im Rahmen der Eigenbemühungen intensiv um Arbeit bemühen müssen. Ein Bewerbungsgespräch genüge den Anforderungen nicht.
Hiergegen richtet sich die am 10. Juli 2009 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage.
Mit Urteil vom 29. Oktober 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) trete eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben, das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben habe und er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt habe. Die Klägerin habe mit dem Abschluss des Auflösungsvertrags ihr Arbeitsverhältnis beendet und dadurch jedenfalls grob fahrlässig ihre Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Sie könne sich hierbei nicht auf einen wichtigen Grund berufen, ein solcher sei im Zuzug zum Partner nicht gegeben. Die erstmalige Herstellung einer eheähnlichen Gemeinschaft stelle keinen wichtigen Grund dar (unter Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-4100 § 119 Nr. 16). Zudem wäre von der Klägerin zu fordern gewesen, dass sie vor Kündigung des Arbeitsverhältnisses alle zumutbaren Anstrengungen unternehme, Arbeitslosigkeit wegen des Umzugs zu vermeiden. Auch insoweit habe sie keine hinreichenden Bemühungen um eine Anschlussarbeitsstelle getätigt.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 23. November 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. Dezember 2009 eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Die Voraussetzungen für eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Sinne der Rechtsprechung hätten bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses vorgelegen, die eheähnliche Beziehung sei stabil und stetig gewachsen. Den letzten Schritt, den Wohnsitzwechsel, habe die Klägerin mit Rücksicht auf die Betreuung der Schwiegereltern nicht früher vollziehen können. Es sei ihr bewusst, dass nach Auffassung des BSG die erstmalige Herstellung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft in der Regel allein noch keinen wichtigen Grund darstelle. Das Beispiel der Klägerin zeige jedoch, dass von diesem Grundsatz in Ausnahmefällen abgewichen werden müsse. Die Klägerin habe die tatsächlich gelebte eheähnliche Gemeinschaft auf Wochenendbesuche und gemeinsam verbrachte Urlaube beschränken müssen, weil sie sich für nahe Verwandte habe einsetzen müssen. Dieser Fall könne nicht anders beurteilt werden, als wenn während einer bestehenden eheähnlichen Gemeinschaft oder Ehe einer der Partner sich für eine gewisse Zeit um Elternteile kümmern müsse und deshalb nicht mehr in der gemeinsamen Wohnung lebe. Bei einem anderen Ergebnis würde die Klägerin dafür bestraft, dass sie sich für nahe Angehörige eingesetzt habe und damit deren Heimunterbringung vermieden bzw. lange Zeit hinausgeschoben habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. Oktober 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. April 2009 und Abänderung des Bewilligungsbescheids vom 29. April 2009, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Juli 2009 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld bereits ab 1. April 2009 für die Dauer von 630 Kalendertagen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Kriterien, nach denen das BSG einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 SGB III annehme, deckten die vorliegende Fallgestaltung nicht ab. Für eine Ausweitung der Fallgestaltungen im Sinne der BSG-Rechtsprechung spreche vorliegend nichts. Im Übrigen habe sich die Klägerin auch eindeutig nicht mit dem nötigen Nachdruck rechtzeitig um eine Anschlussbeschäftigung nach Änderung der Lebensumstände bemüht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist in der Sache indes nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist zum einen der (Sperrzeit-)Bescheid vom 28. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Juli 2009, mit dem die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. April bis 23. Juni 2009, das Ruhen des Alg-Anspruchs in diesem Zeitraum und die Minderung der Anspruchsdauer um 90 Tage festgestellt hat. Diese Verfügungen korrespondieren mit der Verfügung des Bewilligungsbescheids vom 29. April 2009, Alg (erst) ab dem 24. Juni 2009 und (nur) bis 8. August 2010 zu gewähren. Beide Bescheide bilden eine einheitliche Regelung (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 17, Nr. 19), so dass über diesen Bescheid auf Klage zu entscheiden ist, nachdem das SG ihn nicht berücksichtigt hat. Auch die Klage hat indes keinen Erfolg. Der Änderungsbescheid vom 30. Mai 2009 enthält für den hier streitigen Zeitraum keine Regelung, er ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III (in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008, BGBl. I S. 2917) ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt u.a. vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III). Die Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe beträgt nach § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III zwölf Wochen.
Die Klägerin hat durch den im März 2009 geschlossenen Aufhebungsvertrag ihr Beschäftigungsverhältnis zum 31. März 2009 gelöst. Hierdurch hat sie ihre Arbeitslosigkeit grob fahrlässig herbeigeführt, denn sie hatte keinen sicheren Anschlussarbeitsplatz, nicht einmal konkrete Aussichten hierauf (vgl. hierzu BSG SozR 4100 § 119 Nr. 28).
Die Klägerin kann sich, wie ihr bewusst ist, auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BSG nicht auf einen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses berufen, denn es greift keine in diesem Zusammenhang vom BSG entwickelte Fallgruppe zum wichtigen Grund ein. Danach ist ein wichtiger Grund u.a. wegen einer geplanten Eheschließung und eines Zuzugs zum Ehegatten anzunehmen, wenn der Arbeitslose seine Arbeitsstelle von der gemeinsamen Wohnung aus nicht zumutbar erreichen kann (vgl. BSGE 43, 269, 273 = SozR 4100 § 119 Nr. 2). Der Zuzug zum Partner bildet auch schon dann einen wichtigen Grund, wenn die Ehe zwar noch nicht geschlossen ist, der Arbeitnehmer bei Ausspruch seiner Kündigung jedoch davon ausgehen kann, dass die Eheschließung bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erfolgt (vgl. BSGE 64, 202, 204 = SozR 4100 § 119 Nr. 34; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 14). Angesichts der Entfernung zwischen U. und A. unterliegt es zwar keinem Zweifel, dass eine zumutbare Erreichbarkeit hier nicht gegeben ist, allerdings stand vorliegend zum Zeitpunkt der Arbeitsaufgabe eine Heirat nicht im Raum, ein Termin für eine Eheschließung stand nicht in Aussicht.
Als weitere Fallgruppe des wichtigen Grundes bei Umzug zum Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft wird anerkannt, wenn bereits bei Lösung des Beschäftigungsverhältnisses eine derartige Gemeinschaft (Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft) bestanden hat (vgl. BSGE 90, 90 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 26). Eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne der Rechtsprechung des BSG liegt nur vor, wenn die Verbindung auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sie sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens begründen, also über die Beziehung einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (vgl. BSGE 90, 90, 100). Zu den zwingenden Voraussetzungen für die Anerkennung einer eheähnlichen Gemeinschaft gehört indes das Vorliegen einer gemeinsamen Wohnung, weil ein auf Dauer angelegtes gemeinsames Wohnen notwendige Voraussetzung für die Feststellung der Ernsthaftigkeit der Beziehung ist (vgl. BSG SozR 4-4300 § 144 Nr. 16). Die Klägerin und J.G. haben indes zu keinem Zeitpunkt vor dem 1. April 2009 eine gemeinsame Wohnung innegehabt, wegen der erst herzustellenden eheähnlichen Gemeinschaft kann sich die Klägerin daher nicht auf einen wichtigen Grund im Sinne des Sperrzeitrechts berufen (vgl. BSGE 90, 90, 94 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 26; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 16; vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 28. April 2009 - L 13 AL 1864/07 - (juris)).
Eine Erweiterung dieser Rechtsprechung hat das BSG nur für Fälle vorgenommen, in denen die erstmalige Herstellung einer ernsthaften und auf Dauer angelegten Erziehungsgemeinschaft durch Zuzug mit dem minderjährigen Kind zum nichtehelichen Partner erfolgt, wenn Gründe des Kindeswohl dies erfordern (vgl. BSG SozR 4-4300 § 144 Nr. 16). Eine derartige Konstellation liegt hier nicht vor. Eine weitere Erweiterung im Sinne der Anerkennung eines wichtigen Grundes, wenn der Zuzug zum Partner zur Herstellung einer ehelichen Gemeinschaft dient und wegen der Pflege naher Angehöriger zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich war, ist nicht geboten.
Ob ein wichtiger Grund für die Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses angenommen werden kann, ist unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden: Die Versichertengemeinschaft soll sich der Risikofälle erwehren, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Eine Sperrzeit tritt deshalb dann ein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des Einzelfalls und Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 36). Vorliegend ist indes nicht ersichtlich, dass, wenn ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zwar grundsätzlich nicht anerkannt wird, wenn ein Zuzug zum Partner zur Herstellung einer eheähnlichen Gemeinschaft erfolgt, dies anders zu beurteilen sein sollte, wenn der Beschäftigte zuvor aus anderen Gründen unabhängig von seiner Beschäftigung einen gemeinsamen Wohnsitz mit dem Partner nicht errichten konnte. Ohne die Verdienste der Klägerin um die Pflege ihrer Schwiegereltern in Abrede zu stellen, ist nicht nachvollziehbar, warum ausgerechnet zum April 2009 die Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses gerechtfertigt sein sollte und nicht ein späterer Zeitpunkt zumutbar gewesen wäre. Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin, nachdem sie seit Ende des Jahres 2008 wusste, dass ihre häusliche Situation einem Wechsel nach Süddeutschland nicht länger entgegenstehen würde, keine hinreichenden Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz getätigt hat. Die Wahrnehmung eines einzigen Bewerbungsgesprächs im Februar 2009 ist keinesfalls ausreichend. Das BSG hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Bundesagentur im Rahmen ihrer Vermittlungspflicht die Aufgabe hat, einem Arbeitsuchenden einen beabsichtigten Arbeitsplatzwechsel zu ermöglichen, ohne dass eine Sperrzeit eintritt (vgl. BSGE 69, 108, 114 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 6; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 15). Die Klägerin hat sich indes vor Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht einmal mit der Bitte um Vermittlung an die Beklagte gewandt.
Die Dauer der Sperrzeit ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III beträgt die Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe zwölf Wochen. Sie verkürzt sich gemäß § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b SGB III auf sechs Wochen, wenn eine Sperrzeit von zwölf Wochen für den Arbeitslosen nach dem für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. Die Annahme einer besonderen Härte ist gerechtfertigt, wenn nach dem Gesamtumständen des Einzelfalls der Eintritt einer Sperrzeit mit der Regeldauer im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 1998 - 7 RAr 41/86 -; Urteil vom 26. März 1998 - B 11 AL 49/97 R - (juris)). Entscheidend sind die für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen. Außerhalb des Sperrzeittatbestandes liegende sowie nach Eintritt des sperrzeitbegründenden Ereignisses eintretende Umstände können keine Berücksichtigung finden. Tatsachen, die geeignet wären, die Regelsperrzeit von zwölf Wochen zu reduzieren, liegen nicht vor. Auch im Hinblick darauf, dass die Klägerin ihren Partner schon dreieinhalb Jahre kannte und bis Ende 2008 wegen der Pflege ihrer Schwiegereltern nicht zu ihm ziehen konnte, durfte die Versichertengemeinschaft von der Klägerin erwarten, unter Beibehaltung der bisherigen Stelle ihre Bemühungen, eine neue Stelle im Landkreis T. zu finden, zunächst fortzusetzen und zu intensivieren. Mithin hat die Beklagte zutreffend den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen festgestellt.
Die Sperrzeit beginnt gemäß § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, vorliegend mit dem 1. April 2009 als dem Tag nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin in U ... Sie endet am 23. Juni 2009 und ist damit von der Beklagten zutreffend festgesetzt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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