L 12 AL 159/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 28 (23) AL 3/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 159/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 22/01 BH
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.07.2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für die Berufungsinstanz nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 28.02. bis 05.09.1995 und vom 28.09.1995 bis 03.02.1996 zurückgenommen hat und vom Kläger die Erstattung dieser Leistung i. H. v. 11.684,40 DM sowie Krankenversicherungsbeiträge i. H. v. 3.675,98 DM und Pflegeversicherungsbeiträge i. H. v. 31,20 DM erstattet verlangt. Zweifelhaft ist die Verfügbarkeit des Klägers.

In dem Rechtsstreit S 23 Ar 232/95 - SG Köln - hatte der Kläger in der öffentlichen Sitzung vom 14.04.1997 angegeben: Er sei in der ... in K ... angemeldet gewesen. Richtig gewohnt habe er da nicht. Er habe bei Freunden mal hier und mal da gewohnt. Frau L ... sei praktisch seine Postadresse gewesen. Er habe die Post immer bei ihr abgeholt. Entweder sei es so gewesen, dass sie sich abends im Cafe getroffen hätten und sie ihm dann die Post gegeben habe oder sie habe Freunden Bescheid gesagt, wenn Post angekommen sei. - Nachdem die Beklagte den Kläger bezüglich zuviel gezahlter Leistungen vom 28.02. - 05.09.1995 und vom 28.09.1995 - 03.02.1996 angehört hatte, teilte er mit, er habe zu dieser Zeit keinen festen Wohnsitz gehabt und habe für unbestimmte Zeit bei Bekannten gewohnt. - In der ... sei er nur gemeldet gewesen und habe dort nicht gewohnt. Die Beklagte nahm daraufhin mit Bescheid vom 04.08.1997 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe in der Zeit vom 28.02. - 05.09.1995 und vom 28.09.1995 - 03.02.1996 zurück und forderte vom Kläger die Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Leistungen i. H. v. 11.684,40 DM mit der Begründung, der Kläger habe der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden, weil er fälschlicher Weise angegeben habe, unter der Adresse ... wohnhaft gewesen zu sein. Mit einem weiteren Bescheid vom 04.08.1997 forderte die Beklagte die in den vorgenannten Zeiträumen gezahlten Beiträge für die Krankenversicherung i. H. v. 3.675,98 DM und die Pflegeversicherung i. H. v. 31,20 DM, zusammen 3.707,18 DM zurück.

Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor: Er habe der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Hierfür müsse man nicht unbedingt dort wohnen, wo man angemeldet sei, wenn man sich dort, wo man wohne, nicht anmelden dürfe. Er habe alle Termine wahrgenommen und keine falschen Angaben gemacht. Der Arbeitsvermittler Herr L ... habe hierüber Bescheid gewusst. Herr L ... habe sogar bei Frau L ... angerufen, um zu bestätigen, dass er Urlaubsmeldungen erhalten habe.

Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.1997 mit der Begründung zurück: Der Kläger habe nicht unter der von ihn angegebenen Adresse ... Str ... in K ... gewohnt, sondern unterschiedlich bei verschiedenen Freunden. Bei der Adresse ... Str ... in K ... handele es sich nur um eine Postadresse. Der Postbote sei vormittags c ... zwischen 10 und 12 Uhr gekommen. Frau L ... habe den Kläger bei Posteingängen benachrichtigt oder er selbst habe nachmittags oder abends die Post bei ihr abgeholt. Da der Kläger dem Arbeitsamt nicht jeweils vorher angegeben habe, unter welcher Adresse er jeweils wohne und die Post ihn nur mit Verzögerung erreicht habe, erfülle er die Voraussetzungen der Verfügbarkeit nicht. Das Arbeitsamt habe ihn während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost unter der von ihm benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgeblichen Anschrift nicht erreichen können. Die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe sei daher von Anfang an rechtswidrig gewesen. Der Kläger habe die eindeutigen Fragen in den Antragsformularen nach ... und Hausnummer, Postleitzahl und Wohnort beantwortet, indem er eine Adresse angegeben habe, unter der er tatsächlich nicht gewohnt habe. Es sei offensichtlich, dass hier nicht nach der Adresse einer Bekannten, sondern danach gefragt worden sei, wo er gewohnt habe. Wenn er jedoch die Anschrift seiner Bekannten angegeben habe, sei diese offensichtlich falsch. Zwar sei es von Bedeutung, eine Postanschrift zu benennen, wenn diese von der Wohnanschrift abweiche, jedoch hätten dann die Wohnanschrift und die Postadresse angegeben werden müssen. Auch aus den Merkblatt für Arbeitslose sei zu entnehmen, dass das Arbeitsamt darüber informiert sein müsse, wo der Kläger ohne Umwege persönlich und schriftlich erreichbar sei und dass bei Änderungen das Arbeitsamt unverzüglich darüber zu unterrichten sei. Dennoch habe der Kläger nur die Adresse seiner Bekannten angegeben. Soweit er auf das Schreiben vom 13.11.1995 verwiesen habe, sei daraus lediglich zu entnehmen, dass er bei Frau ... gemeldet gewesen sei, aber nicht mit ihr in ehelicher Gemeinschaft gelebt habe. Da die Meldung bei dem Einwohnermeldeamt die Angabe des Tages des Einzugs, nicht aber die Nutzung eines Briefkasten voraussetze, sei aus diesem Schreiben keineswegs zu entnehmen gewesen, dass es sich bei der ... um eine Anschrift gehandelt habe, unter er nicht gewohnt habe. Daher habe keine Veranlassung für die Annahme bestanden, das Arbeitsamt sei über die tatsächlichen Verhälnisse informiert gewesen. Die zu Unrecht gezahlten Leistungen seien zu erstatten.

Der Kläger hat am 07.01.1998 vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben und unter anderem vorgebracht: Er habe zur Zeit seiner Arbeitslosigkeit keinen festen Wohnsitz gehabt und habe für unbestimmte Zeit bei Bekannten gewohnt, deren Hauseigentümer aber mit einer Anmeldung nicht einverstanden gewesen seien. Der Hauseigentümer von Frau L ... habe gegen seine Anmeldung nichts gehabt. Nach der Anmeldung sei die ... seine Postanschrift gewesen. Dies habe er dem Arbeitsvermittler Herrn L ... auch mündlich gesagt. Es sei nicht erheblich, ob er unter dieser Anschrift gewohnt habe. Die Hauptsache sei gewesen, dass die Verfügbarkeit bei ihm vollends vorgelegen habe. Termine habe er immer pünktlich eingehalten.

Der Kläger hat beantragt,

die Bescheide vom 04.08.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.1997 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Arbeitsvermittlers ... L ... als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27.07.2000 Bezug genommen.

Das Sozialgericht hat sodann die Klage mit Urteil vom 27.07.2000 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen, die es für zutreffend gehalten hat. Es fehle an der Verfügbarkeit des Klägers, weil seine Bekannte ihm die Post erst abends übergeben oder sogar noch weiteren Freunden habe Bescheid sagen müssen. Aus der Zeugenaussage des Herrn L ... ergebe sich, ihm sei nicht bekannt gemacht worden, dass der Kläger nicht in der ... gewohnt habe.

Gegen dieses ihm am 23.08.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.08.2000 Berufung eingelegt und vorgetragen: Zu dem Zeitpunkt, als er den Antrag gestellt habe, habe er in der ... gewohnt. Er habe aber gleichzeitig erwähnt, er werde in naher Zukunft zu einem Bekannten ziehen, dessen Hauseigentümer aber nicht mit einer Anmeldung einverstanden sei. Er bleibe weiterhin in der ... gemeldet und sei dort durch Frau L. immer erreichbar. Ein richtiges Namensschild sei am Briefkasten vorhanden gewesen. Herr L. habe dies so hingenommen. Dass Herr L. diese Aussage nun abstreite, sei zwar unerklärlich, diene aber möglicherweise im nachhinein zu seinem eigenen Schutz. Durch Frau L. sei die tausendprozentige Gewährleistung gegeben gewesen, dass er seine Post pünktlich erhalten habe. Es sei nicht so gewesen, dass er nie in der ... gewohnt habe. Er habe zeitweise mal hier, mal dort bei Freunden gewohnt und zwischendurch immer wieder in der ... Bereits mit Schreiben vom 13.11.1995 habe er das Arbeitsamt nochmals davon in Kenntnis gesetzt, er sei in der ... nur angemeldet gewesen. Aus diesem Schreiben sei eindeutig hervorgegangen, dass er hier nicht gewohnt habe. Für die Verfügbarkeit sei es unerheblich, wo sich der Betreffende aufhalte. Die Beklagte habe Nachweise bezüglich der Nichtverfügbarkeit des Klägers zu erbringen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.07.2000 zu ändern und nach den erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und ihre angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten (Stamm-Nr. 890078) Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 28.02. - 05.09.1995 und vom 28.09.1995 - 03.02.1996 rechtmäßig ist und dass die Beklagte vom Kläger die Erstattung überzahlter Leistungen und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 15.391,58 DM verlangen kann.

Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 - 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gem. § 45 Abs. 2 S. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist das Vertrauen in der Regelschutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Satz 3 dieser Vorschrift bestimmt, dass sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen kann, soweit Nr. 2 der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder Nr. 3 er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Nach § 152 Abs. 2 AFG ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn die in § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme vorliegen. Aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X ergibt sich, dass erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.

Die Voraussetzungen der vorgenannten Vorschriften liegen vor. Die Beklagte war berechtigt zur Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die angegebenen Zeiträume, denn die Bewilligung war rechtswidrig. Dieses folgt daraus, dass der Kläger eine Voraussetzung für die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nicht erfüllte. Er stand nämlich der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung (§ 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 103 Abs. 1 S. 1, Nr. 3 AFG). Danach steht der Arbeitsvermittlung nur zu Verfügung, wer das Arbeitsamt täglich aufsuchen kann und für das Arbeitsamt erreichbar ist. Der Begriff der Erreichbarkeit ist aufgrund der Ermächtigung des § 103 Abs. 5 i. V. m. § 191 Abs. 3 AFG in § 1 S. 1 AufenthaltsAO vom 03.10.1979, geändert durch 3ÄndAO vom 24.03.1993 (ANBA 1993, 769) konkretisiert worden. Danach muss das Arbeitsamt den Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost unter der von ihn benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgebenden Anschrift erreichen können. Das Bundessozialgericht (BSG) hat diese Anforderung dahingehend präzisiert, der Arbeitslose müsse täglich mindestens während der üblichen Posteingangszeit dort tatsächlich angetroffen werden können (ständige Rechtsprechung, u ... BSG SozR 4100 § 103 Nr. 47; BSG-Urteil vom 09.11.1995 - 11 RAr 45/95 -). Zweck der durch § 1 AufenthaltsAO begründeten sogenannten Residenzpflicht ist es, im Interesse der Versichertengemeinschaft die sofortige Vermittelbarkeit des Arbeitslosen jederzeit sicherzustellen, um auf diese Weise dem Vorrang der Vermittlung in Arbeit vor der Gewährung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit (§ 5 AFG) Geltung zu verschaffen. Der Arbeitslose soll nur dann Leistungen erhalten, wenn er ohne Verzug jede zumutbare Beschäftigung aufnehmen kann. Dazu muss er sich der Arbeitsvermittlungstätigkeit der Beklagten aktuell, dass heißt für den Tag, für den er Leistungen bei Arbeitslosigkeit beansprucht, zur Verfügung halten. Dafür genügt es nicht, dass der Arbeitslose irgendwie erreichbar ist. Deshalb hat das BSG auch nicht für ausreichend erachtet, wenn ein Arbeitsloser über einen Familienangehörigen telefonisch von eingegangenen Schreiben des Arbeitsamtes Kenntnis erlangen kann oder die postalische Erreichbarkeit von der Bereitschaft Dritter abhängt, Post an den Arbeitslosen weiterzuleiten (vgl. BSG-Urteil vom 09.11.1995 - 11 RAr 45/95; BSG SozR 3 - 4450 § 4 Nr. 1 S. 3 f.). Dass an die Erreichbarkeit nach Inkrafttreten des SGB III zum 01.01.1998 andere Anforderungen gestellt werden, ändert hieran nichts (nach § 119 Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 Nr. 3 SGB III steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer unter anderem "Vorschlägen des Arbeitsamtes für berufliche Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf"). Das SGB III findet auf Ansprüche, die für Zeiträume vor seinem Inkrafttreten geltend gemacht werden, keine Anwendung (BSG-Urteil vom 24.07.1997 - 11 RAr 97/96 -; auch BSG Urteile vom 25.03.1999 - BA AL 14/98 R; vom 02.03.2000 - B 7 AL 46/99 R - und 02.03.2000 - B 7 AL 8/99 R -; Senatsbeschlüsse vom 11.08.1999 - L 12 (13) AL 173/99 - und vom 02.01.2001 - L 12 AL 35/00 -).

Vorliegend ist es so, dass sich der Kläger in den streitigen Zeiträumen zur üblichen Zeit des Posteingangs (nach eigenen Angaben zwischen 10 und 12 Uhr bzw. gegen 13:30 Uhr - so seine Bevollmächtigte -) nicht in der von ihm angegebenen Wohnanschrift ... aufhielt. Dies ergibt sich aus der eigenen Erklärung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Köln am 14.04.1997 - S 23 Ar 232/75 -. Dort hat er unzweideutig angegeben, er habe in der ... nicht gewohnt. Dieselbe Angabe machte seine Bevollmächtigte, bei der er nach seinem Antrag auf Arbeitslosenhilfe gewohnt haben soll, unter dem 04.07.1997 in der Antwort auf die Anhörung zur Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe. Auch im Widerspruchsverfahren trug der Kläger durch seine Bevollmächtigte vor, er habe sich anderweitig bei Bekannten aufgehalten. Er habe in der ... nicht gewohnt. Auch in der Klageschrift legte der Kläger dar, er habe in der ... nicht gewohnt. Er habe sich dort nur angemeldet. Einen festen Wohnsitz habe er aber nicht gehabt und für unbestimmte Zeit bei Bekannten gewohnt. Der nunmehr mit der Berufung erstmalig geänderte Vortrag, er habe bei der Antragstellung und später zeitweise in der ... gewohnt, es sei also nicht so gewesen, als habe er dort nie gewohnt, ist für den Senat nicht überzeugend. Er hält diesen Vortrag für nicht glaubhaft und sieht darin eine Schutzbehauptung. Den größeren Beweiswert misst der Senat vielmehr dem früheren, zeitnäheren, inhaltlich übereinstimmenden und mehrfach wiederholten Vortrag in Bezug auf seine Wohnung in dem streitigen Zeitraum zu.

Nach alledem stellt der Senat fest, dass der Kläger in den streitigen Zeiträumen nicht in der ... wohnte und somit Verfügbarkeit nicht vorlag, so dass die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe rechtswidrig war.

Die Beklagte war berechtigt, die Bewilligung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der Kläger kann sich auf Vertrauen nicht berufen, weil die Bewilligung auf seinen Angaben in den Anträgen vom 28.02.1995, 11.03.1995 und 28.09.1995 beruhte. Die Angabe der Anschrift ... war unrichtig. Der Kläger versicherte jedoch durch seine Unterschrift die Richtigkeit seiner Angaben. Er handelte auch grob fahrlässig, denn er konnte die Unrichtigkeit seiner diesbezüglichen Angaben bei Anstellen ganz naheliegender, vernünftiger Überlegungen leicht erkennen. Darüber hinaus konnte er auch leicht erkennen, dass der Bewilligungsbescheid rechtswidrig war, denn über die Wichtigkeit der Anschrift in Bezug auf die Verfügbarkeit war er durch das Merkblatt für Arbeitslose unzweideutig informiert.

Der Senat hat nicht feststellen können, dass der Kläger dem Arbeitsvermittler - dem Zeugen L. - gesagt hat, er habe keinen festen Wohnsitz und wohne für unbestimmte Zeit bei Bekannten. Die Anschrift ... sei nur seine Postanschrift. Der vom Sozialgericht gehörte Zeuge hat ausgesagt, ihm sei nicht bekannt gemacht worden, dass der Kläger woanders gewohnt habe. Er habe auch in dem streitigen Zeitraum von diesen Umständen nichts erfahren. Für den Senat ist überzeugend, dass der (erfahrene) Arbeitsvermittler ansonsten der Leistungsabteilung sofort eine Mitteilung gemacht hätte. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Aussage des Zeugen nicht den Tatsachen entspricht. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich eine entsprechende Mitteilung auch nicht aus den Schreiben seiner Bevollmächtigen vom 13.11.1995 herleiten. In diesem Schreiben ging es um eine Verdienstbescheinigung für Partner der eheänlichen Gemeinschaft. Darin teilte die Bevollmächtigte mit, es habe kein eheähnliches Verhältnis bestanden. Eine Mitteilung, der Kläger wohne unter der von ihm angegebenen Anschrift - entgegen seinen Angaben in den Anträgen - nicht, enthält dieses Schreiben nicht.

Die Beklagte kann von dem Kläger zu Recht die Erstattung eines Betrages i. H. v. 15.391,58 DM verlangen. Die Erstattungspflicht des Klägers bezüglich der zu Unrecht erhaltenen Arbeitslosenhilfe in den streitigen Zeiträumen i. H. v. 11.684,40 DM ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Darüber hinaus kann die Beklagte die Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung i. H. v. 3.675,98 DM sowie zur Pflegeversicherung i. H. v. 31,20 DM, zusammen 3.707,18 DM verlangen. Dies folgt aus den §§ 157 Abs. 3 a S. 1 und 166 c AFG. Die geltend gemachten Beträge sind richtig berechnet. Einwendungen hinsichtlich der Höhe hat der Kläger auch selbst nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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