Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 31 AS 731/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 1868/10 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 22.09.2010 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Durch Bescheid vom 16.12.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 762,21 EUR mtl. (359,00 EUR Regelleistung + 403,21 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung) für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2010. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er machte geltend, dass gegen die Höhe der Regelleistungen nach dem SGB II verfassungsrechtliche Bedenken bestünden. Des weiteren erhielten nach § 21 Abs. 5 SGB II Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürften, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Ebenso sei die Versicherungspauschale zu gewähren. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2010 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 19.02.2010 hat der Kläger Klage erhoben.
Er hat vorgetragen, dass die Beklagte einen krankheitsbedingten Mehrbedarf wegen der Erkrankungen Diabetes Mellitus Typ II sowie chronischer Gastritis mit Hiatusinsuffizienz nicht anerkannt habe. Die Beklagte könne sich nicht auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge aus Jahr 2008 stützen. Diese Empfehlungen entfalteten keinerlei Bindungswirkung. Sie spiegelten auch nicht den tatsächlichen Bedarf im Krankheitsfall wieder. Bei den Empfehlungen handele es sich um kein antizipiertes Sachverständigengutachten. Im Übrigen mangele es an Aktualität. Weder die Angaben zu den Krankheiten, die mit einer Vollkost zu behandeln seien, noch die Empfehlungen zu den sonstigen Krankheiten basierten auf aktuellem Datenmaterial. Die Einlegung des Widerspruchs hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit der Höhe der Regelsätze sei geboten gewesen. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - dass ein Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden sei, nur mit Wirkung für die Zeit nach Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurückzunehmen sei und eine rückwirkender Aufhebung nur dann möglich sei, wenn vor der gerichtlichen Entscheidung ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X in Gang gesetzt worden sei - wäre der Kläger ohne Widerspruch nicht in den Genuss der Erhöhung gekommen, wenn das Bundesverfassungsgericht die Regelsätze in der Höhe abgeändert hätte. Deshalb habe die Beklagte insoweit die außergerichtlichen Kosten zu tragen.
Durch Beschluss vom 22.09.2010 hat das Sozialgericht Köln den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Er trägt vor, dass er an einem Diabetes Mellitus Typ II, einer chronischen Gastritis und Asthma erkrankt sei. Aufgrund dieser Erkrankungen werde ein Mehrbedarf in Höhe von 114,19 EUR monatlich benötigt, weil der Ernährungsbedarfsberechnung ein höherer Energiebedarf zugrunde zu legen sei. Insoweit verweise er auf die der Beschwerdeschrift beigefügten Expertise über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse hinsichtlich des täglichen Ernährungsbedarfs und der Veränderung des Ernährungsbedarfs bei Krankheit. Ausgehend von der in der Expertise angestellten Berechnung lägen die Kosten für eine gesunde Ernährung bei einem gesunden Menschen bei 6,48 EUR pro Tag. Je nach Schweregrad der Erkrankung erhöhe sich dieser Betrag entsprechend. Bei ihm müsse von einem täglichen Energiemehrbedarf von 20% ausgegangen werden, sodass tägliche Ernährungskosten in Höhe von 7,77 EUR entstünden. Im Regelsatz sei aber nur ein täglicher Bedarf von 3,94 EUR vorgesehen. Mithin bestehe ein Fehlbedarf in Höhe von 3,83 EUR täglich.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die vom Kläger eingeleitete Rechtsverfolgung - Gewährung von höheren Leistungen nach dem SGB II - bietet keine hinreichende Erfolgsaussicht.
Der Beklagte hat dem Kläger für Januar bis Juni 2010 die in § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II vorgesehene Regelleistung für Alleinstehende in voller Höhe gewährt. Die Höhe der für den Kläger anzusetzenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts ergibt sich aus den Bestimmungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II, wonach die Regelleistung für Alleinstehende ab dem 01.07.2009 359,00 EUR mtl. beträgt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, u. a. die des § 20 Abs. 2 Satz. 1 SGB II, mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen zusteht, vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber ist nur verpflichtet, die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 = nach juris Rn 210 ff.; Beschluss vom 18.02.2010 - 1 BvR 1523/08 -, Beschluss vom 24.03.2010 -1 BvR 395/09 - ; BSG Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 17/10 R = nach juris Rn 16). Eine Erhöhung der Regelleistung nach § 20 SGB II im Hinblick auf einen Individualbedarf ist nicht möglich. Wegen ihres pauschalierenden und bedarfsdeckenden Charakters (§§ 20 Abs. 2, 3 Abs. 3 Satz 2 SGB II) ist eine Erhöhung der Regelleistung nach § 20 SGB II - anders als in § 28 Abs. 1 S. 2 Zwölftes Sozialgesetzbuch (SGB XII) - nach dem Regelungskonzept des SGB II ausgeschlossen (BSG Urteil vom 18.06.2008 - B 14 AS 22/07 R = nach juris Rn 22; Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 14/06 R = nach juris Rn 19).
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sind die monatlichen Leistungen nicht um einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II zu erhöhen. Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen zur Konkretisierung der Angemessenheit des Mehrbedarfs die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen (im Folgenden: Mehrbedarfsempfehlungen) herangezogen werden (BT-Drucks. 15/1516 S 57). Dies entspricht der generellen Anknüpfung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II an das Referenzsystem der Sozialhilfe (vgl. BT-Drucks. 15/1516 S 46,56). Bei der Erstellung dieser Mehrbedarfsempfehlungen, die schon im früheren Recht der Sozialhilfe nach § 23 Abs. 4 BSHG Anwendung fanden (vgl. BSG Urteil vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - Rn 25 = SozR 4-4200 § 21 Nr. 2 Rn 25f), haben Wissenschaftler aus medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Fachbereichen zusammengearbeitet, die medizinisch notwendigen Ernährungsformen bei verschiedenen Krankheiten festgestellt und die Kostenunterschiede zur "Normalernährung" ermittelt. Die Pauschalbeträge für die krankheitsbedingten Mehrbedarfe wurden mit Hilfe der Deutschen Gesellschaft für Ernährung auf der Basis eines Schemas der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin entwickelt. Die Mehrbedarfsempfehlungen wurden erstmals 1974 und 1997 in überarbeiteter Form ausgegeben und liegen nunmehr in dritter, völlig neu bearbeiteter Auflage 2008 vor. Unabhängig von der in der Rechtsprechung noch ungeklärten Frage, ob die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 als antizipiertes Sachverständigengutachten anzusehen sind (bejahend: LSG Sachsen Urteile vom 27.08.2009 - L 3 AS 245/08 - und vom 22.06.2009 - L 7 AS 250/08 -; LSG Bayern Urteil vom 23.04.2009 - L 11 AS 124/08 -; LSG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 09.03.2009 - L 8 AS 68/08; offengelassen: LSG NRW Urteile vom 15.03.2010 - L 19 (20) AS 50/09 - und vom 04.10.2010 - L 19 AS 1140/10), können die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 als Orientierungshilfe dienen und sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich sind, sofern Besonderheiten, insbesondere von den Mehrbedarfsempfehlungen abweichende Bedarfe, substantiert geltend gemacht werden (vgl. LSG NRW Urteile vom 15.03.2010 - L 19 (20) AS 50/09 - und vom 04.10.2010 - L 19 AS 1140/10 -, Beschluss vom 03.01.2011 - L 7 AS 1385/10 NZB - Beschluss vom 21.01.2011 - L 7 AS 1677/10 B -; Beschluss vom 21.09.2010 - L 20 AS 1317/10 B ER - ; zu den Mehrbedarfsempfehlungen 1997: BSG Urteil vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 64/06 R = nach juris Rn 28 ).
Vorliegend sind weitere Ermittlungen unter Zugrundelegung des Akteninhalts und des Vortrags des Klägers nicht erforderlich. Nach den Mehrbedarfsempfehlungen 2008 erfordern die beim Kläger sich aus dem Akteninhalt ergebenden Krankheiten - Diabetes mellitus II, arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie - in der Regel eine Vollkost, deren Beschaffung keine erhöhten Kosten verursacht. Aus dem Akteninhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger ein Ausnahmefall vorliegt, der eine von der Vollkost entsprechend der Definition des Rationalisierungsschemas 2004 des Bundesverbandes deutscher Ernährungsmediziner und anderer Fachverbände (www.daem.de/docs/rationalisierungsschema2004.pdf), auf das sich die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 stützen, abweichende Ernährung verbunden mit höherem Kostenaufwand erfordert. Soweit der behandelnde Arzt Dr. U in der ärztlichen Bescheinigung vom 11.01.2008 bescheinigt hat, dass beim Kläger als Krankenkost eine Vollkost und eine Diabeteskost erforderlich ist, begründet dies keinen weiteren Ermittlungsbedarf. Nach den Mehrbedarfsempfehlungen 2008 ist bei Erkrankungen, die nach dem allgemeinen Stand der Humanmedizin keiner spezifischen, sondern einer sog. "Vollkost" bedürfen, ein Mehrbedarf regelmäßig zu verneinen (Seite 13). Auch der Diabetes mellitus Typ II ist diätetisch mit einer Vollkost im Sinne der in dem "Rationalisierungsschema 2004" getroffenen Definition zu behandeln, wobei der Mindestaufwand für eine Vollkost durch die Regelleistung gedeckt ist. Ein von der Vollkost abweichender spezieller Ernährungsaufwand bei einem Diabetes mellitus wird auch in den "evidenzbasierten Ernährungsempfehlungen zur Behandlung und Prävention des Diabetes mellitus" der Deutschen Diabetes Gesellschaft (Quelle: http://www.deutsche-diabetes-gessellschaft.de) und "Ernährungsempfehlungen für Diabetiker" des Verbandes für Ernährung und Diätetik (Quelle: http://www.vfed.de) nicht angenommen (vgl. auch die Zusammenfassung der allgemein anerkannten Erkenntnissen zum Ernährungsbedarf bei Diabetes mellitus: LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 09.30.2009 - L 8 AS 68/08 = nach juris. Rn 37). Auch die übrigen beim Kläger vorliegenden Erkrankungen - Asthma bronchiale, chronische Refluxkrankheit mit Hiatushernie, Wirbelsäulensyndrom, Schmerzsyndrom, - bedingen keinen ernährungsbedingter Mehrbedarf. Ein solcher kommt nach den Mehrbedarfsempfehlungen 2008 im Einzelfall bei verzehrenden Erkrankungen mit erheblichen körperlichen Auswirkungen, wie z. B. fortgeschrittenem Krebsleiden, HIV/AIDS, Multipler Sklerose und schweren Verläufen entzündlicher Darmerkrankungen, oder Erkrankungen mit einer gestörten Nährstoffaufnahme oder Nährstoffverwertung in Betracht. Um solche Erkrankungen handelt es sich vorliegend beim Kläger nicht.
Auch aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich keine Besonderheiten. Er bestreitet nicht, dass sein (krankheitsbedingter) Ernährungsbedarf durch Vollkost gedeckt werden kann. Er wendet sich vielmehr nur gegen die Validität der Mehrmehrbedarfsempfehlungen 2008, insbesondere der ihnen zu Grunde liegenden wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. zu den Lebensmittelkosten bei einer vollwertigen Ernährung vom April 2008 (www.dge.de/pdf/ws/lebensmittelkosten-vollwertige-ernaehrung.pdf). Er macht geltend, dass die Kosten einer Vollkost unter Zugrundelegung seines krankheitsbedingt erhöhten Kalorienbedarfs nicht durch in der Regelleistung enthaltenen Anteile für Ernährung gedeckt werden können. Damit hat der Kläger keine Tatsachen für einen vom Regelfall abweichenden atypischen Fall vorgetragen.
Aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich auch keine begründeten Zweifel an der Validität der Mehrbedarfsempfehlungen, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben könnten. Die Erarbeitung dieser Empfehlungen ist geprägt von einem Zusammenwirken von Wissenschaftlern aus den Fachgebieten der Medizin und der Ernährungswissenschaften. So sind nicht nur die medizinisch notwendigen Ernährungsformen bei verschiedenen Krankheiten festgestellt, sondern auch die Kostenunterschiede wissenschaftsmethodisch ermittelt worden, die sich bei den den verschiedenen Krankheitsbildern entsprechenden Ernährungsformen bzw. Diäten im Vergleich zu einer den ernährungswissenschaftlichen Anforderungen entsprechenden "Normalernährung" ergeben. Soweit sich der Kläger gegen die Feststellung in der wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. wendet, dass mit einem Ansatz von 4,52 EUR für Nahrungsmittel und Getränke (einschließlich Tabakwaren) der Mindestaufwand für eine Vollkost gedeckt sind, ist die vom ihm vorgelegte "Expertise" nicht geeignet, Zweifel an diesen Feststellungen seitens einer fachkundigen Stelle zu belegen. Bei der vom Kläger vorgelegten sog. Expertise handelt es sich um keine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle, vielmehr ist der Verfasser nicht erkennbar, so dass dessen Fachkunde nicht beurteilbar ist. Des weiteren nimmt der unbekannte Autor im wesentlichen auf die selbe Literatur Bezug, die auch der wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. zum Thema "Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung" aus April 2008 zugrundegelegen hat, wie z. B. Kerstin/Clausen, Wie teuer ist eine gesunde Ernährung für Kinder und Jugendliche ? in Ernährungsumschau 2007, 508; Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Ernährungsbericht 2004; Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Geselschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungserforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr (in der Expertise DACH Referenzwerte bezeichnet). Es handelt sich also nicht um neue Erkenntnisse, die von den Autoren der wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. nicht berücksichtigt worden sind. Des weiteren setzt sich die sog. Expertise auch nicht damit auseinander, dass die Autoren der wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft e. V. auch die Ergebnisse anderer Studien zu den Lebensmittelkosten in Rahmen einer vollwertigen Ernährung (vgl. dort Seite 9) mitberücksichtigt haben.
Soweit der Kläger geltend macht, dass die Datengrundlage für die wissenschaftliche Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. - wie auch für die Bemessung der Regelsätze - die Einkommens- und Verbraucherstichprobe des Statistischen Bundesamtes 2003 (EVS 2003) ist und somit zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen der Regelleistungen und des Preisniveaus keine Berücksichtigung in der Studie gefunden haben, begründet dies keinen weiteren Ermittlungsbedarf. Die Ausarbeitung erbrachte auf der Basis der EVS 2003 den Nachweis, dass bei einem für den Bereich der Grundsicherung notwendigen "preisbewussten Einkaufsverhalten" (vgl. hierzu LSG NRW Beschluss 21.09.2010 - L 20 AS 1317/10 B ER) einerseits die Vollkost mit ca. 4,00 EUR täglich zu finanzieren ist, andererseits für einen Haushaltsvorstand für Nahrungsmittel und Getränke - incl. Tabakwaren - täglich 4,52 EUR zur Verfügung stehen. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass diese Ansätze bereits für den hier maßgeblichen Zeitraum von Januar bis Juni 2010 als überholt anzusehen sind (vgl. LSG NRW Beschlüsse vom 03.01.2011 - L 7 AS 1385/10 NZB - und vom 21.01.2011 - L 7 AS 1677/10 B), zumal sich mit der Anhebung der Regelleistung auf 359,00 EUR zum 01.07.2009 der Ansatz für Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren, Dienstleistungsunternehmen, Gaststättenbesuch auf 4,72 EUR täglich (133,03 EUR + 8,61 EUR = 141,64: 30 = 4,72 EUR;vgl. Schwabe , Die Zusammensetzung des Regelsatzes im SGB XII bzw. der Regelleistung im SGB II in Höhe von 359 EUR ab dem 01.07.009, ZfF 2009, 145), d. h. um 4,4 %, erhöht hat.
Ebenfalls liegen die Tatbestandsvoraussetzungen eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 1 bis Abs. 4 SGB II, eines Sonderbedarfs nach § 23 Abs. 3 SGB II sowie der vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 - angeordneten Härtefallregelung nach dem Akteninhalt nicht vor und ergeben sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers. Des weiteren hat der Beklagte die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II übernommen.
Soweit der Kläger die teilweise Übernahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens begehrt, findet die Vorschrift des § 63 SGB X keine Anwendung. Die in § 63 SGB X geregelte Kostenerstattungspflicht gilt nur für ein isoliertes Vorverfahren, also für ein solches, dem - jedenfalls in der Hauptsache - kein gerichtliches Verfahren folgt. Denn war ein Beteiligter im Vorverfahren schon mit seinem Widerspruch erfolgreich, erübrigt sich eine Anrufung des Gerichts. Deshalb besteht dann die Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 63 SGB X. Schließt sich hingegen eine Klage an, kommt § 63 SGB nicht mehr zur Anwendung. Denn dann hat das Gericht gemäß § 193 Abs. 1 SGG von Amts wegen im Urteil oder bei anderweitiger Verfahrensbeendigung auf Antrag durch Beschluss darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Zu den Kosten, über deren Erstattung das Gericht zu befinden hat, gehören die gesamten (außergerichtlichen) Kosten des Rechtsstreits und daher nach § 193 Abs. 2 SGG auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen für ein Vorverfahren (vgl. BSG Urteil vom 20.10.2010 - B 13 RJ 15/10 R - mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
I.
Durch Bescheid vom 16.12.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 762,21 EUR mtl. (359,00 EUR Regelleistung + 403,21 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung) für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2010. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er machte geltend, dass gegen die Höhe der Regelleistungen nach dem SGB II verfassungsrechtliche Bedenken bestünden. Des weiteren erhielten nach § 21 Abs. 5 SGB II Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürften, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Ebenso sei die Versicherungspauschale zu gewähren. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2010 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 19.02.2010 hat der Kläger Klage erhoben.
Er hat vorgetragen, dass die Beklagte einen krankheitsbedingten Mehrbedarf wegen der Erkrankungen Diabetes Mellitus Typ II sowie chronischer Gastritis mit Hiatusinsuffizienz nicht anerkannt habe. Die Beklagte könne sich nicht auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge aus Jahr 2008 stützen. Diese Empfehlungen entfalteten keinerlei Bindungswirkung. Sie spiegelten auch nicht den tatsächlichen Bedarf im Krankheitsfall wieder. Bei den Empfehlungen handele es sich um kein antizipiertes Sachverständigengutachten. Im Übrigen mangele es an Aktualität. Weder die Angaben zu den Krankheiten, die mit einer Vollkost zu behandeln seien, noch die Empfehlungen zu den sonstigen Krankheiten basierten auf aktuellem Datenmaterial. Die Einlegung des Widerspruchs hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit der Höhe der Regelsätze sei geboten gewesen. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - dass ein Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden sei, nur mit Wirkung für die Zeit nach Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurückzunehmen sei und eine rückwirkender Aufhebung nur dann möglich sei, wenn vor der gerichtlichen Entscheidung ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X in Gang gesetzt worden sei - wäre der Kläger ohne Widerspruch nicht in den Genuss der Erhöhung gekommen, wenn das Bundesverfassungsgericht die Regelsätze in der Höhe abgeändert hätte. Deshalb habe die Beklagte insoweit die außergerichtlichen Kosten zu tragen.
Durch Beschluss vom 22.09.2010 hat das Sozialgericht Köln den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Er trägt vor, dass er an einem Diabetes Mellitus Typ II, einer chronischen Gastritis und Asthma erkrankt sei. Aufgrund dieser Erkrankungen werde ein Mehrbedarf in Höhe von 114,19 EUR monatlich benötigt, weil der Ernährungsbedarfsberechnung ein höherer Energiebedarf zugrunde zu legen sei. Insoweit verweise er auf die der Beschwerdeschrift beigefügten Expertise über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse hinsichtlich des täglichen Ernährungsbedarfs und der Veränderung des Ernährungsbedarfs bei Krankheit. Ausgehend von der in der Expertise angestellten Berechnung lägen die Kosten für eine gesunde Ernährung bei einem gesunden Menschen bei 6,48 EUR pro Tag. Je nach Schweregrad der Erkrankung erhöhe sich dieser Betrag entsprechend. Bei ihm müsse von einem täglichen Energiemehrbedarf von 20% ausgegangen werden, sodass tägliche Ernährungskosten in Höhe von 7,77 EUR entstünden. Im Regelsatz sei aber nur ein täglicher Bedarf von 3,94 EUR vorgesehen. Mithin bestehe ein Fehlbedarf in Höhe von 3,83 EUR täglich.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die vom Kläger eingeleitete Rechtsverfolgung - Gewährung von höheren Leistungen nach dem SGB II - bietet keine hinreichende Erfolgsaussicht.
Der Beklagte hat dem Kläger für Januar bis Juni 2010 die in § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II vorgesehene Regelleistung für Alleinstehende in voller Höhe gewährt. Die Höhe der für den Kläger anzusetzenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts ergibt sich aus den Bestimmungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II, wonach die Regelleistung für Alleinstehende ab dem 01.07.2009 359,00 EUR mtl. beträgt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, u. a. die des § 20 Abs. 2 Satz. 1 SGB II, mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen zusteht, vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber ist nur verpflichtet, die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 = nach juris Rn 210 ff.; Beschluss vom 18.02.2010 - 1 BvR 1523/08 -, Beschluss vom 24.03.2010 -1 BvR 395/09 - ; BSG Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 17/10 R = nach juris Rn 16). Eine Erhöhung der Regelleistung nach § 20 SGB II im Hinblick auf einen Individualbedarf ist nicht möglich. Wegen ihres pauschalierenden und bedarfsdeckenden Charakters (§§ 20 Abs. 2, 3 Abs. 3 Satz 2 SGB II) ist eine Erhöhung der Regelleistung nach § 20 SGB II - anders als in § 28 Abs. 1 S. 2 Zwölftes Sozialgesetzbuch (SGB XII) - nach dem Regelungskonzept des SGB II ausgeschlossen (BSG Urteil vom 18.06.2008 - B 14 AS 22/07 R = nach juris Rn 22; Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 14/06 R = nach juris Rn 19).
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sind die monatlichen Leistungen nicht um einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II zu erhöhen. Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen zur Konkretisierung der Angemessenheit des Mehrbedarfs die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen (im Folgenden: Mehrbedarfsempfehlungen) herangezogen werden (BT-Drucks. 15/1516 S 57). Dies entspricht der generellen Anknüpfung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II an das Referenzsystem der Sozialhilfe (vgl. BT-Drucks. 15/1516 S 46,56). Bei der Erstellung dieser Mehrbedarfsempfehlungen, die schon im früheren Recht der Sozialhilfe nach § 23 Abs. 4 BSHG Anwendung fanden (vgl. BSG Urteil vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 64/06 R - Rn 25 = SozR 4-4200 § 21 Nr. 2 Rn 25f), haben Wissenschaftler aus medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Fachbereichen zusammengearbeitet, die medizinisch notwendigen Ernährungsformen bei verschiedenen Krankheiten festgestellt und die Kostenunterschiede zur "Normalernährung" ermittelt. Die Pauschalbeträge für die krankheitsbedingten Mehrbedarfe wurden mit Hilfe der Deutschen Gesellschaft für Ernährung auf der Basis eines Schemas der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin entwickelt. Die Mehrbedarfsempfehlungen wurden erstmals 1974 und 1997 in überarbeiteter Form ausgegeben und liegen nunmehr in dritter, völlig neu bearbeiteter Auflage 2008 vor. Unabhängig von der in der Rechtsprechung noch ungeklärten Frage, ob die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 als antizipiertes Sachverständigengutachten anzusehen sind (bejahend: LSG Sachsen Urteile vom 27.08.2009 - L 3 AS 245/08 - und vom 22.06.2009 - L 7 AS 250/08 -; LSG Bayern Urteil vom 23.04.2009 - L 11 AS 124/08 -; LSG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 09.03.2009 - L 8 AS 68/08; offengelassen: LSG NRW Urteile vom 15.03.2010 - L 19 (20) AS 50/09 - und vom 04.10.2010 - L 19 AS 1140/10), können die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 als Orientierungshilfe dienen und sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich sind, sofern Besonderheiten, insbesondere von den Mehrbedarfsempfehlungen abweichende Bedarfe, substantiert geltend gemacht werden (vgl. LSG NRW Urteile vom 15.03.2010 - L 19 (20) AS 50/09 - und vom 04.10.2010 - L 19 AS 1140/10 -, Beschluss vom 03.01.2011 - L 7 AS 1385/10 NZB - Beschluss vom 21.01.2011 - L 7 AS 1677/10 B -; Beschluss vom 21.09.2010 - L 20 AS 1317/10 B ER - ; zu den Mehrbedarfsempfehlungen 1997: BSG Urteil vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 64/06 R = nach juris Rn 28 ).
Vorliegend sind weitere Ermittlungen unter Zugrundelegung des Akteninhalts und des Vortrags des Klägers nicht erforderlich. Nach den Mehrbedarfsempfehlungen 2008 erfordern die beim Kläger sich aus dem Akteninhalt ergebenden Krankheiten - Diabetes mellitus II, arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie - in der Regel eine Vollkost, deren Beschaffung keine erhöhten Kosten verursacht. Aus dem Akteninhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger ein Ausnahmefall vorliegt, der eine von der Vollkost entsprechend der Definition des Rationalisierungsschemas 2004 des Bundesverbandes deutscher Ernährungsmediziner und anderer Fachverbände (www.daem.de/docs/rationalisierungsschema2004.pdf), auf das sich die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 stützen, abweichende Ernährung verbunden mit höherem Kostenaufwand erfordert. Soweit der behandelnde Arzt Dr. U in der ärztlichen Bescheinigung vom 11.01.2008 bescheinigt hat, dass beim Kläger als Krankenkost eine Vollkost und eine Diabeteskost erforderlich ist, begründet dies keinen weiteren Ermittlungsbedarf. Nach den Mehrbedarfsempfehlungen 2008 ist bei Erkrankungen, die nach dem allgemeinen Stand der Humanmedizin keiner spezifischen, sondern einer sog. "Vollkost" bedürfen, ein Mehrbedarf regelmäßig zu verneinen (Seite 13). Auch der Diabetes mellitus Typ II ist diätetisch mit einer Vollkost im Sinne der in dem "Rationalisierungsschema 2004" getroffenen Definition zu behandeln, wobei der Mindestaufwand für eine Vollkost durch die Regelleistung gedeckt ist. Ein von der Vollkost abweichender spezieller Ernährungsaufwand bei einem Diabetes mellitus wird auch in den "evidenzbasierten Ernährungsempfehlungen zur Behandlung und Prävention des Diabetes mellitus" der Deutschen Diabetes Gesellschaft (Quelle: http://www.deutsche-diabetes-gessellschaft.de) und "Ernährungsempfehlungen für Diabetiker" des Verbandes für Ernährung und Diätetik (Quelle: http://www.vfed.de) nicht angenommen (vgl. auch die Zusammenfassung der allgemein anerkannten Erkenntnissen zum Ernährungsbedarf bei Diabetes mellitus: LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 09.30.2009 - L 8 AS 68/08 = nach juris. Rn 37). Auch die übrigen beim Kläger vorliegenden Erkrankungen - Asthma bronchiale, chronische Refluxkrankheit mit Hiatushernie, Wirbelsäulensyndrom, Schmerzsyndrom, - bedingen keinen ernährungsbedingter Mehrbedarf. Ein solcher kommt nach den Mehrbedarfsempfehlungen 2008 im Einzelfall bei verzehrenden Erkrankungen mit erheblichen körperlichen Auswirkungen, wie z. B. fortgeschrittenem Krebsleiden, HIV/AIDS, Multipler Sklerose und schweren Verläufen entzündlicher Darmerkrankungen, oder Erkrankungen mit einer gestörten Nährstoffaufnahme oder Nährstoffverwertung in Betracht. Um solche Erkrankungen handelt es sich vorliegend beim Kläger nicht.
Auch aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich keine Besonderheiten. Er bestreitet nicht, dass sein (krankheitsbedingter) Ernährungsbedarf durch Vollkost gedeckt werden kann. Er wendet sich vielmehr nur gegen die Validität der Mehrmehrbedarfsempfehlungen 2008, insbesondere der ihnen zu Grunde liegenden wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. zu den Lebensmittelkosten bei einer vollwertigen Ernährung vom April 2008 (www.dge.de/pdf/ws/lebensmittelkosten-vollwertige-ernaehrung.pdf). Er macht geltend, dass die Kosten einer Vollkost unter Zugrundelegung seines krankheitsbedingt erhöhten Kalorienbedarfs nicht durch in der Regelleistung enthaltenen Anteile für Ernährung gedeckt werden können. Damit hat der Kläger keine Tatsachen für einen vom Regelfall abweichenden atypischen Fall vorgetragen.
Aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich auch keine begründeten Zweifel an der Validität der Mehrbedarfsempfehlungen, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben könnten. Die Erarbeitung dieser Empfehlungen ist geprägt von einem Zusammenwirken von Wissenschaftlern aus den Fachgebieten der Medizin und der Ernährungswissenschaften. So sind nicht nur die medizinisch notwendigen Ernährungsformen bei verschiedenen Krankheiten festgestellt, sondern auch die Kostenunterschiede wissenschaftsmethodisch ermittelt worden, die sich bei den den verschiedenen Krankheitsbildern entsprechenden Ernährungsformen bzw. Diäten im Vergleich zu einer den ernährungswissenschaftlichen Anforderungen entsprechenden "Normalernährung" ergeben. Soweit sich der Kläger gegen die Feststellung in der wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. wendet, dass mit einem Ansatz von 4,52 EUR für Nahrungsmittel und Getränke (einschließlich Tabakwaren) der Mindestaufwand für eine Vollkost gedeckt sind, ist die vom ihm vorgelegte "Expertise" nicht geeignet, Zweifel an diesen Feststellungen seitens einer fachkundigen Stelle zu belegen. Bei der vom Kläger vorgelegten sog. Expertise handelt es sich um keine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle, vielmehr ist der Verfasser nicht erkennbar, so dass dessen Fachkunde nicht beurteilbar ist. Des weiteren nimmt der unbekannte Autor im wesentlichen auf die selbe Literatur Bezug, die auch der wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. zum Thema "Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung" aus April 2008 zugrundegelegen hat, wie z. B. Kerstin/Clausen, Wie teuer ist eine gesunde Ernährung für Kinder und Jugendliche ? in Ernährungsumschau 2007, 508; Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Ernährungsbericht 2004; Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Geselschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungserforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr (in der Expertise DACH Referenzwerte bezeichnet). Es handelt sich also nicht um neue Erkenntnisse, die von den Autoren der wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. nicht berücksichtigt worden sind. Des weiteren setzt sich die sog. Expertise auch nicht damit auseinander, dass die Autoren der wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft e. V. auch die Ergebnisse anderer Studien zu den Lebensmittelkosten in Rahmen einer vollwertigen Ernährung (vgl. dort Seite 9) mitberücksichtigt haben.
Soweit der Kläger geltend macht, dass die Datengrundlage für die wissenschaftliche Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. - wie auch für die Bemessung der Regelsätze - die Einkommens- und Verbraucherstichprobe des Statistischen Bundesamtes 2003 (EVS 2003) ist und somit zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen der Regelleistungen und des Preisniveaus keine Berücksichtigung in der Studie gefunden haben, begründet dies keinen weiteren Ermittlungsbedarf. Die Ausarbeitung erbrachte auf der Basis der EVS 2003 den Nachweis, dass bei einem für den Bereich der Grundsicherung notwendigen "preisbewussten Einkaufsverhalten" (vgl. hierzu LSG NRW Beschluss 21.09.2010 - L 20 AS 1317/10 B ER) einerseits die Vollkost mit ca. 4,00 EUR täglich zu finanzieren ist, andererseits für einen Haushaltsvorstand für Nahrungsmittel und Getränke - incl. Tabakwaren - täglich 4,52 EUR zur Verfügung stehen. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass diese Ansätze bereits für den hier maßgeblichen Zeitraum von Januar bis Juni 2010 als überholt anzusehen sind (vgl. LSG NRW Beschlüsse vom 03.01.2011 - L 7 AS 1385/10 NZB - und vom 21.01.2011 - L 7 AS 1677/10 B), zumal sich mit der Anhebung der Regelleistung auf 359,00 EUR zum 01.07.2009 der Ansatz für Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren, Dienstleistungsunternehmen, Gaststättenbesuch auf 4,72 EUR täglich (133,03 EUR + 8,61 EUR = 141,64: 30 = 4,72 EUR;vgl. Schwabe , Die Zusammensetzung des Regelsatzes im SGB XII bzw. der Regelleistung im SGB II in Höhe von 359 EUR ab dem 01.07.009, ZfF 2009, 145), d. h. um 4,4 %, erhöht hat.
Ebenfalls liegen die Tatbestandsvoraussetzungen eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 1 bis Abs. 4 SGB II, eines Sonderbedarfs nach § 23 Abs. 3 SGB II sowie der vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 - angeordneten Härtefallregelung nach dem Akteninhalt nicht vor und ergeben sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers. Des weiteren hat der Beklagte die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II übernommen.
Soweit der Kläger die teilweise Übernahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens begehrt, findet die Vorschrift des § 63 SGB X keine Anwendung. Die in § 63 SGB X geregelte Kostenerstattungspflicht gilt nur für ein isoliertes Vorverfahren, also für ein solches, dem - jedenfalls in der Hauptsache - kein gerichtliches Verfahren folgt. Denn war ein Beteiligter im Vorverfahren schon mit seinem Widerspruch erfolgreich, erübrigt sich eine Anrufung des Gerichts. Deshalb besteht dann die Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 63 SGB X. Schließt sich hingegen eine Klage an, kommt § 63 SGB nicht mehr zur Anwendung. Denn dann hat das Gericht gemäß § 193 Abs. 1 SGG von Amts wegen im Urteil oder bei anderweitiger Verfahrensbeendigung auf Antrag durch Beschluss darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Zu den Kosten, über deren Erstattung das Gericht zu befinden hat, gehören die gesamten (außergerichtlichen) Kosten des Rechtsstreits und daher nach § 193 Abs. 2 SGG auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen für ein Vorverfahren (vgl. BSG Urteil vom 20.10.2010 - B 13 RJ 15/10 R - mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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