Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 1490/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 5759/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 09. November 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht eine Sperrzeit vom 01.01.2009 bis 07.01.2009 verhängt hat.
Der am 1961 geborene Kläger meldete sich am 02.12.2008 mit Wirkung zum 01.01.2009 bei der Agentur für Arbeit F. arbeitssuchend und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (ALG) ab 01.01.2009. Zur Begründung gab er an, sein Arbeitsverhältnis im Uhrengeschäft B sei mit Schreiben vom 19.11.2008 zum 31.12.2008 gekündigt worden. Dagegen habe er Kündigungsschutzklage eingereicht. Bei der ambulanten Untersuchung in der Orthopädischen Klinik in G. sei bei ihm festgestellt worden, dass er eine beidseitige Hüftdysplasie habe, weshalb die Ärzte ihm eine Operation nahegelegt hätten. Hiervon habe er seinem Arbeitgeber berichtet. Dieser habe daraufhin sehr gereizt reagiert und ihm mitgeteilt, dass er ihn nicht weiter beschäftigen könne. Daraufhin habe er die Kündigung aus betrieblichen Gründen und wegen des schlechten Umsatzes erhalten. Mit der Kündigung habe ihm der Arbeitgeber geraten, Anfang/Mitte Dezember auf das Arbeitsamt zu gehen. Da er die Kündigung am 19.11.2008 erhalten habe und noch bis zum 24.11.2008, seinem letzten Arbeitstag, gearbeitet habe, habe er sich entsprechend dem Rat seines Arbeitgebers Anfang Dezember bei der Agentur für Arbeit gemeldet. Von einer 3-tägigen Frist habe er nichts gewusst und sein Arbeitgeber habe ihn auch nicht darauf hingewiesen.
Mit Bescheid vom 06.02.2009 stellte die Agentur für Arbeit F. den Eintritt einer 1-wöchigen Sperrzeit vom 01.01.2009 bis 07.01.2009 fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach § 37b Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei der Kläger verpflichtet gewesen, sich - 3 Monate vor Beendigung des Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisses, - bei späterer Kenntnis: innerhalb von 3 Tagen bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Dieser Pflicht sei der Kläger mit seiner persönlichen Meldung vom 02.12.2008 nicht nachgekommen. Die Sperrzeit dauere 1 Woche und mindere den Anspruch auf Arbeitslosengeld um 7 Tage.
Dagegen erhob der Kläger am 17.07.2009 Widerspruch und trug ergänzend vor, von einer 3-tägigen Meldezeit habe er nichts gewusst und sein Arbeitgeber, Herr B , habe ihn auch nicht darauf hingewiesen. Sein Arbeitgeber habe ihm vielmehr geraten, sich Anfang bis Mitte Dezember arbeitslos zu melden. Im Übrigen sei sein letzter Arbeitstag der 24.11.2008 gewesen, weshalb er keine Möglichkeit gehabt habe, sich während der Arbeitszeit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2009 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die Voraussetzungen für die Verhängung einer Sperrzeit vom 01.01.2009 bis 07.01.2009 seien erfüllt. Personen, deren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis ende, seien nach § 37b SGB III verpflichtet, sich spätestens 3 Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Lägen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und Beendigung des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses weniger als 3 Monate, habe die Meldung innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Zur Wahrung der Frist reiche eine fernmündliche Meldung aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt werde. Die Pflicht zur Meldung bestehe unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt worden sei. Das Arbeitsverhältnis des Klägers habe durch Kündigung vom 19.11.2008 am 31.12.2008 geendet. Der Kläger habe sich arbeitssuchend erst am 02.12.2008 gemeldet. Von der Kündigung habe der Kläger spätestens ab 22.12.2008 Kenntnis gehabt. Zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung lägen weniger als 3 Monate. Der Kläger hätte sich daher spätestens innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden müssen. Die 3-Tages-Frist beginne am Tag nach Kenntnisnahme des Beendigungszeitpunktes. Tage mit fehlender Dienstbereitschaft der Agentur und Tage, an denen der Arbeitnehmer aus objektiven Gründen an der Meldung gehindert sei, würden nicht in die Frist eingerechnet. Am 23.11.2008 sei die Agentur für Arbeit nicht dienstbereit gewesen. Am 24.11.2008 sei der Kläger objektiv gehindert gewesen, sich zu melden, da dies sein letzter Arbeitstag gewesen sei. Die Arbeitssuchendmeldung hätte aber spätestens am 27.11.2008 bei der Agentur für Arbeit erfolgen müssen. Da sich der Kläger aber erst am 02.12.2008 arbeitssuchend gemeldet habe, stehe fest, dass er sich verspätet arbeitssuchend gemeldet habe. Eine wichtiger Grund sei nicht erkennbar. Auf unverschuldete Unkenntnis über die Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung könne sich der Kläger nicht berufen. Er sei durch die Hinweise des Aufhebungsbescheides vom 05.04.2006 vollständig und zutreffend über die Meldepflicht und die Folgen bei Zuwiderhandlung informiert worden.
Dagegen erhob der Kläger am 24.03.2009 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Begehren, die Sperrzeit aufzuheben.
Entgegen der Auffassung der Beklagten habe er unverschuldet keine Kenntnis über die Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung gehabt. Von der 3-tägigen Meldefrist habe er keinerlei Kenntnis gehabt. Er könne sich auch nicht erinnern, dass er in einem angeblichen Aufhebungsbescheid vom 05.04.2006 entsprechende Hinweise erhalten habe. Ein angeblich vor Jahren ergangener Hinweis auf eine Meldepflicht und die Folgen der Zuwiderhandlung seien im Übrigen auch nicht ausreichend, um von einer verschuldeten Meldepflicht auszugehen. Schließlich habe der Arbeitgeber zu ihm gesagt, er solle sich Anfang Dezember arbeitslos melden. Diesem Hinweis sei er dann auch gefolgt.
Die Beklagte trat der Klage mit dem Antrag auf Klageabweisung entgegen und machte geltend, auch wenn der Kläger fürsorglich den Erhalt des Aufhebungsbescheides vom 05.04.2006 bestreite, könne er sich nicht auf unverschuldete Unkenntnis bezüglich der Meldeobliegenheit des § 37b SGB III berufen. Der Kläger habe am 18.01.2006 (Bl. 128 Rückseite der Verwaltungsakte) durch seine Unterschrift bestätigt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose und das Hinweisblatt aus Anlass der persönlichen Arbeitssuchendmeldung erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Damit sei der Kläger vollständig und zutreffend informiert gewesen.
Mit Urteil vom 09.11.2009 hob das SG den Bescheid vom 06.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2009 auf und ließ die Berufung zu. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe von seiner Meldeobliegenheit innerhalb von 3 Tagen keine Kenntnis gehabt. Auch der frühere Arbeitgeber habe ihn im Kündigungsschreiben vom 19.11.2008 auf eine solche Meldeobliegenheit nicht hingewiesen. Soweit die Beklagte davon ausgehe, dem Kläger sei deshalb verschuldete Unkenntnis hinsichtlich der 3-Tage-Meldepflicht vorzuwerfen, weil sie den Kläger in ihrem Aufhebungsbescheid vom 05.04.2006 bzw. bereits zuvor in ihren Merkblättern für Arbeitslose, die dem Kläger aus Anlass seiner früheren Arbeitslosmeldung (29.12.2003 und 07.12.2005) ausgehändigt worden seien, sei dem nicht zu folgen. Nach Auffassung des SG sei grundsätzlich zu berücksichtigen, dass das Merkblatt für Arbeitslose einem Antragsteller im Zusammenhang mit einem sich gerade unmittelbar anbahnenden konkreten Leistungsfall ausgehändigt werde. Dieses soll den Arbeitslosen - bezogen auf den jetzt konkret anstehenden Leistungsfall - hinsichtlich all seiner Rechte und Pflichten in diesem Zusammenhang aktuell umfassend informieren. Nach Auffassung der Kammer werde und müsse ein Arbeitsloser in diesem Moment die Aushändigung des Merkblattes für Arbeitslose aus seinem Empfängerhorizont auch nur so verstehen. Nicht verbunden sei damit (aus seinem Empfängerhorizont) jedoch die Verpflichtung, Hinweise, die über die Zeit nach der Beendigung des konkreten Leistungsfalles, also für künftig möglicherweise erneut eintretende Leistungsfälle gelten könnten, in der Weise wahrzunehmen und zu verinnerlichen, dass ihm diese auch hierfür präsent blieben. Es sei kaum vorstellbar, dass derartige Hinweise ggf. zeitlich unbegrenzt in die Zukunft wirken könnten; ausgehend davon, dass dies nicht der Fall sein könne, wäre im Rahmen der Verschuldensprüfung dann die kaum lösbare Frage zu beantworten, ab welchem Zeitpunkt nach der letzten Aushändigung eines derartigen Merkblattes Verschulden hinsichtlich der Unkenntnis der Verpflichtung nach § 38 Abs. 1 SGB III nicht mehr angenommen werden könne. Gleiches gelte nach Auffassung der Kammer auch hinsichtlich des Hinweises im Aufhebungsbescheid, den ein Betroffener aus Anlass der Beendigung eines früheren Leistungsfalles erhalten habe. Aus der Sicht des Empfängers stelle sich ein solcher Bescheid als Abschlussdokument des konkret zu Ende gegangenen Leistungsfalles dar. Erfahrungsgemäß werde ein solcher Bescheid, der für den Betroffenen in aller Regel keine besondere Bedeutung entfalte, lediglich einer kurzen Prüfung auf dessen inhaltliche Richtigkeit unterzogen und sodann abgelegt. Im Falle des Klägers komme hinzu, dass sich die Gesetzeslage zwischenzeitlich geändert habe und er in den Jahren 2003 und 2005 Merkblätter zu § 37b a. F. erhalten habe. Das SG folge aus all diesen Gründen nicht den Entscheidungen des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29.01.2008 - L 10 AL 127/07 - und des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23.06.2009 - L 1 AL 56/07 -, in denen nach Auffassung der Kammer der Frage nicht ausreichend nachgegangen worden sei, welche rechtliche Auswirkungen Hinweise in Merkblättern bzw. Aufhebungsbescheiden, die einem Arbeitslosen aus Anlass eines früheren Leistungsfalles ausgehändigt bzw. erteilt worden seien, für einen späteren Leistungsfall, der sich - ggf. - erst nach Jahren und möglicherweise nach Gesetzesänderungen aktualisiert habe, hätten.
Gegen das dem Beklagten am 16.11.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 08.12.2009 Berufung eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, die Auffassung des SG, wonach der Kläger nicht verpflichtet werden könne, Hinweise zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung in Aufhebungsbescheiden und Merkblättern wahrzunehmen und zu verinnerlichen, wenn diese erst bei Eintritt eines künftigen Leistungsfalles rechtlich bedeutsam werden würden bzw. werden könnten, vertrete die Beklagte nicht. Nach Ihrer Auffassung seien vielmehr die Hinweise im Aufhebungsbescheid vom 05.04.2006 sowie im Merkblatt ausreichend, um ein schuldhaftes Verhalten und somit das Vorliegen der Sperrzeitvoraussetzungen nach § 38 Abs. 1 i. V. m. § 144 Abs. 1 Nr. 7 SGB III bejahen zu können. So habe das LSG Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 23.06.2009 - L 1 AL 56/07 - zu Recht darauf hingewiesen, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 17.10.2007 - B 11 a/7a AL 44/06 R) die Hinweise im Merkblatt zur Meldeobliegenheit als ausreichend zur Begründung des subjektiven Fahrlässigkeitsvorwurfs angesehen werden könnten. Dass der Schuldvorwurf nur dann berechtigt sei, wenn das Merkblatt im Zusammenhang mit dem konkreten Leistungsfall ausgehändigt worden sei, sei aus der BSG-Rechtsprechung zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung nicht zu entnehmen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 09. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten sind im Erörterungstermin vom 03.09.2010 gehört worden. Der Kläger hat bei seiner Anhörung vorgetragen, er sei bei der Kündigung vom November 2008 ganz entlassen worden, worüber er sehr geschockt gewesen sei. Bei der früheren Kündigung vom Dezember 2003 sei diese Kündigung mit einer Einstellungszusage (zum 01.04.2004) verbunden gewesen. Der Arbeitgeber habe darauf hingewiesen, dass er ja noch bis Ende Dezember 2008 seinen Lohn erhalte und er hätte ja noch Zeit und könne sich Anfang Dezember arbeitslos melden. So habe er es dann auch getan. Er habe seinem Arbeitgeber voll vertraut.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten Beklagten, der Akten des SG Freiburg und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig, da die Berufung vom SG zugelassen worden ist.
Die Berufung der Beklagten ist in der Sache auch begründet. Der Bescheid vom 06.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2009, mit dem der Beklagte eine Sperrzeit vom 01.01.2009 bis 07.01.2009 verhängt hat, ist rechtmäßig.
Nach § 37b SGB III sind Personen, deren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis endet, verpflichtet, sich spätestens 3 Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses weniger als 3 Monate, hat die Meldung innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Zur Wahrung der Frist nach Satz 1 und 2 reicht eine fernmündliche Meldung aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis.
§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III bestimmt, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit ruht, wenn der Arbeitslose sich vertragswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Vertragswidriges Verhalten liegt gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III vor, wenn der Arbeitslose seiner Meldepflicht nach § 37b SGB III nicht nachgekommen ist. Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder verspäteter Arbeitssuchendmeldung beträgt 1 Woche (§ 144 Abs. 6 SGB III).
Der Arbeitnehmer verletzt seine Meldungverpflichtung nicht, wenn er sich aufgrund unverschuldeter Rechtsunkenntnis nicht innerhalb der gebotenen Handlungsfrist bei der Agentur für Arbeit meldet. Dem Betroffenen muss also zumindest ein (einfacher) Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden können, wobei ein subjektiver Fahrlässigkeitsmaßstab zugrunde zu legen ist (grundlegend BSG, Urteil vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R = BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr. 1, BSG, Urteil vom 18.8.2005 - B 7a/7 AL 80/04 R). Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis liegt in der Regel vor, wenn der Leistungsberechtigte auf die Meldeobliegenheiten im Kündigungsschreiben oder Aufhebungsvertrag, in einem Bescheid oder in einem Merkblatt der Agentur für Arbeit hingewiesen worden ist (Niesel/Brand, Komm. zum SGB III, 5.Aufl., Rdnr. 117 zu § 144 SGB III). Dies gilt auch für Hinweise, die in früheren Verfahren erteilt wurden (Niesel/Brand, a.a. O., 4. Aufl. § 37 b Rdnr. 11).
Auf eine unverschuldete Unkenntnis von der Obliegenheit zur fristgerechten Meldung (Arbeitssuchendmeldung innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom 19.11.2008) kann sich der Kläger nach Überzeugung des Senats nicht berufen. Im Aufhebungsbescheid zum 05.04.2006, den der Kläger zur Überzeugung des Senats ausweislich des aktenkundigen Beratungsvermerks vom 03.04.2006 über seine Vorsprache bei der Beklagten auch erhalten hat, ist der Kläger vollständig und zutreffend über die Meldepflicht und die Folgen bei Zuwiderhandlung informiert worden. Zwar lag der Aufhebungsbescheid zum 05.04.2006 zum Zeitpunkt des Erhalts der Kündigung vom 19.11.2008 schon 2 ½ Jahre zurück, weshalb nach Auffassung des Senats zwar nicht verlangt werden kann, dass der Kläger noch Kenntnis über die genaue Meldefrist gehabt hat, dem Kläger musste aber bei Erhalt des Aufhebungsbescheides vom 05.04.2006 und dem Lesen dieses Bescheides bewusst gewesen sein, dass bei erneuter Arbeitslosigkeit bestimmte Fristen bezüglich der Meldung bei der Arbeitsagentur einzuhalten sind. Wenn der Kläger dann aber bei Erhalt der Kündigung vom 19.11.2008 keine Kenntnis mehr über die genaue Meldefrist besessen haben sollte, was nach Angaben des Klägers vorliegend der Fall gewesen ist und was auch nach Auffassung des Senats der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, hätte der Kläger sich aber umgehend bei der Agentur für Arbeit erkundigen müssen. Dies wäre mit dem geringen Aufwand eines Telefonats oder einer schriftlichen Anfrage möglich gewesen.
Unabhängig davon, ob der Kläger in dem Aufhebungsbescheid vom 05.04.2006 entsprechende Hinweise zur Meldeobliegenheit erhalten hat, was vom Kläger insoweit bestritten worden ist, ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger bei seinen früheren Arbeitslosmeldungen (z. B. vom 29.12.2003 und vom 07.12.2005) jeweils auch das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten hat, wie er dies in den jeweiligen Anträgen auch mit seiner Unterschrift bestätigt hat. Bei einer Durchsicht dieser Merkblätter hätte der Kläger seinerzeit unschwer entnehmen können, dass es verschiedene Meldeobliegenheiten für Arbeitslose und für Personen gibt, die die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses erhalten. Schon bei dieser Erkenntnis hätte ihm bewusst werden müssen, dass es nicht unerheblich ist, in welchem zeitlichen Abstand ab Erhalt einer Kündigung man sich arbeitssuchend bzw. arbeitslos meldet. Bei Anwendung einer normalen Sorgfalt hätte dem Kläger bewusst sein müssen, dass er sich bei Erhalt der Kündigung vom 19.11.2008 unverzüglich über die Meldeobliegenheit zumindest informieren muss, da er selber keine konkrete Kenntnis über eine rechtzeitige Arbeitslosmeldung gehabt hat. Ob der Kläger bei seiner Arbeitslosmeldung vom 07.12.2005 mit Wirkung zum 01.01.2006 das Merkblatt 1 in der Fassung von 2005 oder 2006 erhalten hat, ist angesichts des Umstandes, dass sich der Kläger weder "unverzüglich" noch "innerhalb von 3 Tagen" arbeitssuchend gemeldet hat, unerheblich.
Dem Kläger ist vorliegend somit ein Schuldvorwurf jedenfalls in der Form zu machen, dass er die Meldeobliegenheit hätte kennen können. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass sie im "Merkblatt 1 für Arbeitslose" deutlich und nicht nur mit lediglich formelhafter Wiederholung des Gesetzestextes auf die Meldeobliegenheit hinweist. Derartige Hinweise im Merkblatt sind vom BSG, dem der Senat sich insoweit ausdrücklich anschließt, als ausreichend zur Begründung des subjektiven Fahrlässigkeitsvorwurfs angesehen worden (BSG, Urteil vom 17.10.2007 - B 11a/7a AL 44/06 R).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger am 19.11.2008 von seinem Arbeitgeber die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2008 erhalten. Damit lagen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes (31.12.2008) und der Kenntnis von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (19.11.2008) weniger als 3 Monate, weshalb der Kläger verpflichtet gewesen ist, sich ab Erhalt der Kündigung vom 19.11.2008 innerhalb von 3 Tagen bei der Beklagten arbeitssuchend zu melden. Dem ist der Kläger nicht rechtzeitig nachgekommen, denn er hat sich erst am 02.12.2008 arbeitssuchend gemeldet.
Ob sein Arbeitgeber ihm tatsächlich geraten hat, erst Anfang/Mitte Dezember 2008 sich arbeitslos zu melden, kann dahinstehen, da zum einen eine Meldeobliegenheit schriftlich nicht im Kündigungsschreiben enthalten ist und zum anderen sich der Kläger bei eigener Unkenntnis nicht auf mündliche Angaben seines Arbeitgebers verlassen durfte. Dass der Arbeitgeber den Kläger schriftlich nicht auf die Meldeobliegenheiten hingewiesen hat, entlastet den Kläger nicht. Denn ein Verschulden kann auch vorliegen, wenn der Arbeitslose seine Meldepflicht aus anderen Quellen hätte erkennen können, was der Senat - wie oben ausgeführt - vorliegend bejaht.
Nach alledem ist festzustellen, dass die von der Beklagten verhängte Sperrzeit rechtmäßig ist. Das dem entgegenstehende Urteil des SG war daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht eine Sperrzeit vom 01.01.2009 bis 07.01.2009 verhängt hat.
Der am 1961 geborene Kläger meldete sich am 02.12.2008 mit Wirkung zum 01.01.2009 bei der Agentur für Arbeit F. arbeitssuchend und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (ALG) ab 01.01.2009. Zur Begründung gab er an, sein Arbeitsverhältnis im Uhrengeschäft B sei mit Schreiben vom 19.11.2008 zum 31.12.2008 gekündigt worden. Dagegen habe er Kündigungsschutzklage eingereicht. Bei der ambulanten Untersuchung in der Orthopädischen Klinik in G. sei bei ihm festgestellt worden, dass er eine beidseitige Hüftdysplasie habe, weshalb die Ärzte ihm eine Operation nahegelegt hätten. Hiervon habe er seinem Arbeitgeber berichtet. Dieser habe daraufhin sehr gereizt reagiert und ihm mitgeteilt, dass er ihn nicht weiter beschäftigen könne. Daraufhin habe er die Kündigung aus betrieblichen Gründen und wegen des schlechten Umsatzes erhalten. Mit der Kündigung habe ihm der Arbeitgeber geraten, Anfang/Mitte Dezember auf das Arbeitsamt zu gehen. Da er die Kündigung am 19.11.2008 erhalten habe und noch bis zum 24.11.2008, seinem letzten Arbeitstag, gearbeitet habe, habe er sich entsprechend dem Rat seines Arbeitgebers Anfang Dezember bei der Agentur für Arbeit gemeldet. Von einer 3-tägigen Frist habe er nichts gewusst und sein Arbeitgeber habe ihn auch nicht darauf hingewiesen.
Mit Bescheid vom 06.02.2009 stellte die Agentur für Arbeit F. den Eintritt einer 1-wöchigen Sperrzeit vom 01.01.2009 bis 07.01.2009 fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach § 37b Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei der Kläger verpflichtet gewesen, sich - 3 Monate vor Beendigung des Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisses, - bei späterer Kenntnis: innerhalb von 3 Tagen bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Dieser Pflicht sei der Kläger mit seiner persönlichen Meldung vom 02.12.2008 nicht nachgekommen. Die Sperrzeit dauere 1 Woche und mindere den Anspruch auf Arbeitslosengeld um 7 Tage.
Dagegen erhob der Kläger am 17.07.2009 Widerspruch und trug ergänzend vor, von einer 3-tägigen Meldezeit habe er nichts gewusst und sein Arbeitgeber, Herr B , habe ihn auch nicht darauf hingewiesen. Sein Arbeitgeber habe ihm vielmehr geraten, sich Anfang bis Mitte Dezember arbeitslos zu melden. Im Übrigen sei sein letzter Arbeitstag der 24.11.2008 gewesen, weshalb er keine Möglichkeit gehabt habe, sich während der Arbeitszeit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2009 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die Voraussetzungen für die Verhängung einer Sperrzeit vom 01.01.2009 bis 07.01.2009 seien erfüllt. Personen, deren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis ende, seien nach § 37b SGB III verpflichtet, sich spätestens 3 Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Lägen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und Beendigung des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses weniger als 3 Monate, habe die Meldung innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Zur Wahrung der Frist reiche eine fernmündliche Meldung aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt werde. Die Pflicht zur Meldung bestehe unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt worden sei. Das Arbeitsverhältnis des Klägers habe durch Kündigung vom 19.11.2008 am 31.12.2008 geendet. Der Kläger habe sich arbeitssuchend erst am 02.12.2008 gemeldet. Von der Kündigung habe der Kläger spätestens ab 22.12.2008 Kenntnis gehabt. Zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung lägen weniger als 3 Monate. Der Kläger hätte sich daher spätestens innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden müssen. Die 3-Tages-Frist beginne am Tag nach Kenntnisnahme des Beendigungszeitpunktes. Tage mit fehlender Dienstbereitschaft der Agentur und Tage, an denen der Arbeitnehmer aus objektiven Gründen an der Meldung gehindert sei, würden nicht in die Frist eingerechnet. Am 23.11.2008 sei die Agentur für Arbeit nicht dienstbereit gewesen. Am 24.11.2008 sei der Kläger objektiv gehindert gewesen, sich zu melden, da dies sein letzter Arbeitstag gewesen sei. Die Arbeitssuchendmeldung hätte aber spätestens am 27.11.2008 bei der Agentur für Arbeit erfolgen müssen. Da sich der Kläger aber erst am 02.12.2008 arbeitssuchend gemeldet habe, stehe fest, dass er sich verspätet arbeitssuchend gemeldet habe. Eine wichtiger Grund sei nicht erkennbar. Auf unverschuldete Unkenntnis über die Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung könne sich der Kläger nicht berufen. Er sei durch die Hinweise des Aufhebungsbescheides vom 05.04.2006 vollständig und zutreffend über die Meldepflicht und die Folgen bei Zuwiderhandlung informiert worden.
Dagegen erhob der Kläger am 24.03.2009 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Begehren, die Sperrzeit aufzuheben.
Entgegen der Auffassung der Beklagten habe er unverschuldet keine Kenntnis über die Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung gehabt. Von der 3-tägigen Meldefrist habe er keinerlei Kenntnis gehabt. Er könne sich auch nicht erinnern, dass er in einem angeblichen Aufhebungsbescheid vom 05.04.2006 entsprechende Hinweise erhalten habe. Ein angeblich vor Jahren ergangener Hinweis auf eine Meldepflicht und die Folgen der Zuwiderhandlung seien im Übrigen auch nicht ausreichend, um von einer verschuldeten Meldepflicht auszugehen. Schließlich habe der Arbeitgeber zu ihm gesagt, er solle sich Anfang Dezember arbeitslos melden. Diesem Hinweis sei er dann auch gefolgt.
Die Beklagte trat der Klage mit dem Antrag auf Klageabweisung entgegen und machte geltend, auch wenn der Kläger fürsorglich den Erhalt des Aufhebungsbescheides vom 05.04.2006 bestreite, könne er sich nicht auf unverschuldete Unkenntnis bezüglich der Meldeobliegenheit des § 37b SGB III berufen. Der Kläger habe am 18.01.2006 (Bl. 128 Rückseite der Verwaltungsakte) durch seine Unterschrift bestätigt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose und das Hinweisblatt aus Anlass der persönlichen Arbeitssuchendmeldung erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Damit sei der Kläger vollständig und zutreffend informiert gewesen.
Mit Urteil vom 09.11.2009 hob das SG den Bescheid vom 06.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2009 auf und ließ die Berufung zu. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe von seiner Meldeobliegenheit innerhalb von 3 Tagen keine Kenntnis gehabt. Auch der frühere Arbeitgeber habe ihn im Kündigungsschreiben vom 19.11.2008 auf eine solche Meldeobliegenheit nicht hingewiesen. Soweit die Beklagte davon ausgehe, dem Kläger sei deshalb verschuldete Unkenntnis hinsichtlich der 3-Tage-Meldepflicht vorzuwerfen, weil sie den Kläger in ihrem Aufhebungsbescheid vom 05.04.2006 bzw. bereits zuvor in ihren Merkblättern für Arbeitslose, die dem Kläger aus Anlass seiner früheren Arbeitslosmeldung (29.12.2003 und 07.12.2005) ausgehändigt worden seien, sei dem nicht zu folgen. Nach Auffassung des SG sei grundsätzlich zu berücksichtigen, dass das Merkblatt für Arbeitslose einem Antragsteller im Zusammenhang mit einem sich gerade unmittelbar anbahnenden konkreten Leistungsfall ausgehändigt werde. Dieses soll den Arbeitslosen - bezogen auf den jetzt konkret anstehenden Leistungsfall - hinsichtlich all seiner Rechte und Pflichten in diesem Zusammenhang aktuell umfassend informieren. Nach Auffassung der Kammer werde und müsse ein Arbeitsloser in diesem Moment die Aushändigung des Merkblattes für Arbeitslose aus seinem Empfängerhorizont auch nur so verstehen. Nicht verbunden sei damit (aus seinem Empfängerhorizont) jedoch die Verpflichtung, Hinweise, die über die Zeit nach der Beendigung des konkreten Leistungsfalles, also für künftig möglicherweise erneut eintretende Leistungsfälle gelten könnten, in der Weise wahrzunehmen und zu verinnerlichen, dass ihm diese auch hierfür präsent blieben. Es sei kaum vorstellbar, dass derartige Hinweise ggf. zeitlich unbegrenzt in die Zukunft wirken könnten; ausgehend davon, dass dies nicht der Fall sein könne, wäre im Rahmen der Verschuldensprüfung dann die kaum lösbare Frage zu beantworten, ab welchem Zeitpunkt nach der letzten Aushändigung eines derartigen Merkblattes Verschulden hinsichtlich der Unkenntnis der Verpflichtung nach § 38 Abs. 1 SGB III nicht mehr angenommen werden könne. Gleiches gelte nach Auffassung der Kammer auch hinsichtlich des Hinweises im Aufhebungsbescheid, den ein Betroffener aus Anlass der Beendigung eines früheren Leistungsfalles erhalten habe. Aus der Sicht des Empfängers stelle sich ein solcher Bescheid als Abschlussdokument des konkret zu Ende gegangenen Leistungsfalles dar. Erfahrungsgemäß werde ein solcher Bescheid, der für den Betroffenen in aller Regel keine besondere Bedeutung entfalte, lediglich einer kurzen Prüfung auf dessen inhaltliche Richtigkeit unterzogen und sodann abgelegt. Im Falle des Klägers komme hinzu, dass sich die Gesetzeslage zwischenzeitlich geändert habe und er in den Jahren 2003 und 2005 Merkblätter zu § 37b a. F. erhalten habe. Das SG folge aus all diesen Gründen nicht den Entscheidungen des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29.01.2008 - L 10 AL 127/07 - und des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23.06.2009 - L 1 AL 56/07 -, in denen nach Auffassung der Kammer der Frage nicht ausreichend nachgegangen worden sei, welche rechtliche Auswirkungen Hinweise in Merkblättern bzw. Aufhebungsbescheiden, die einem Arbeitslosen aus Anlass eines früheren Leistungsfalles ausgehändigt bzw. erteilt worden seien, für einen späteren Leistungsfall, der sich - ggf. - erst nach Jahren und möglicherweise nach Gesetzesänderungen aktualisiert habe, hätten.
Gegen das dem Beklagten am 16.11.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 08.12.2009 Berufung eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, die Auffassung des SG, wonach der Kläger nicht verpflichtet werden könne, Hinweise zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung in Aufhebungsbescheiden und Merkblättern wahrzunehmen und zu verinnerlichen, wenn diese erst bei Eintritt eines künftigen Leistungsfalles rechtlich bedeutsam werden würden bzw. werden könnten, vertrete die Beklagte nicht. Nach Ihrer Auffassung seien vielmehr die Hinweise im Aufhebungsbescheid vom 05.04.2006 sowie im Merkblatt ausreichend, um ein schuldhaftes Verhalten und somit das Vorliegen der Sperrzeitvoraussetzungen nach § 38 Abs. 1 i. V. m. § 144 Abs. 1 Nr. 7 SGB III bejahen zu können. So habe das LSG Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 23.06.2009 - L 1 AL 56/07 - zu Recht darauf hingewiesen, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 17.10.2007 - B 11 a/7a AL 44/06 R) die Hinweise im Merkblatt zur Meldeobliegenheit als ausreichend zur Begründung des subjektiven Fahrlässigkeitsvorwurfs angesehen werden könnten. Dass der Schuldvorwurf nur dann berechtigt sei, wenn das Merkblatt im Zusammenhang mit dem konkreten Leistungsfall ausgehändigt worden sei, sei aus der BSG-Rechtsprechung zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung nicht zu entnehmen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 09. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten sind im Erörterungstermin vom 03.09.2010 gehört worden. Der Kläger hat bei seiner Anhörung vorgetragen, er sei bei der Kündigung vom November 2008 ganz entlassen worden, worüber er sehr geschockt gewesen sei. Bei der früheren Kündigung vom Dezember 2003 sei diese Kündigung mit einer Einstellungszusage (zum 01.04.2004) verbunden gewesen. Der Arbeitgeber habe darauf hingewiesen, dass er ja noch bis Ende Dezember 2008 seinen Lohn erhalte und er hätte ja noch Zeit und könne sich Anfang Dezember arbeitslos melden. So habe er es dann auch getan. Er habe seinem Arbeitgeber voll vertraut.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten Beklagten, der Akten des SG Freiburg und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig, da die Berufung vom SG zugelassen worden ist.
Die Berufung der Beklagten ist in der Sache auch begründet. Der Bescheid vom 06.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2009, mit dem der Beklagte eine Sperrzeit vom 01.01.2009 bis 07.01.2009 verhängt hat, ist rechtmäßig.
Nach § 37b SGB III sind Personen, deren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis endet, verpflichtet, sich spätestens 3 Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses weniger als 3 Monate, hat die Meldung innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Zur Wahrung der Frist nach Satz 1 und 2 reicht eine fernmündliche Meldung aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis.
§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III bestimmt, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit ruht, wenn der Arbeitslose sich vertragswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Vertragswidriges Verhalten liegt gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III vor, wenn der Arbeitslose seiner Meldepflicht nach § 37b SGB III nicht nachgekommen ist. Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder verspäteter Arbeitssuchendmeldung beträgt 1 Woche (§ 144 Abs. 6 SGB III).
Der Arbeitnehmer verletzt seine Meldungverpflichtung nicht, wenn er sich aufgrund unverschuldeter Rechtsunkenntnis nicht innerhalb der gebotenen Handlungsfrist bei der Agentur für Arbeit meldet. Dem Betroffenen muss also zumindest ein (einfacher) Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden können, wobei ein subjektiver Fahrlässigkeitsmaßstab zugrunde zu legen ist (grundlegend BSG, Urteil vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R = BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr. 1, BSG, Urteil vom 18.8.2005 - B 7a/7 AL 80/04 R). Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis liegt in der Regel vor, wenn der Leistungsberechtigte auf die Meldeobliegenheiten im Kündigungsschreiben oder Aufhebungsvertrag, in einem Bescheid oder in einem Merkblatt der Agentur für Arbeit hingewiesen worden ist (Niesel/Brand, Komm. zum SGB III, 5.Aufl., Rdnr. 117 zu § 144 SGB III). Dies gilt auch für Hinweise, die in früheren Verfahren erteilt wurden (Niesel/Brand, a.a. O., 4. Aufl. § 37 b Rdnr. 11).
Auf eine unverschuldete Unkenntnis von der Obliegenheit zur fristgerechten Meldung (Arbeitssuchendmeldung innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom 19.11.2008) kann sich der Kläger nach Überzeugung des Senats nicht berufen. Im Aufhebungsbescheid zum 05.04.2006, den der Kläger zur Überzeugung des Senats ausweislich des aktenkundigen Beratungsvermerks vom 03.04.2006 über seine Vorsprache bei der Beklagten auch erhalten hat, ist der Kläger vollständig und zutreffend über die Meldepflicht und die Folgen bei Zuwiderhandlung informiert worden. Zwar lag der Aufhebungsbescheid zum 05.04.2006 zum Zeitpunkt des Erhalts der Kündigung vom 19.11.2008 schon 2 ½ Jahre zurück, weshalb nach Auffassung des Senats zwar nicht verlangt werden kann, dass der Kläger noch Kenntnis über die genaue Meldefrist gehabt hat, dem Kläger musste aber bei Erhalt des Aufhebungsbescheides vom 05.04.2006 und dem Lesen dieses Bescheides bewusst gewesen sein, dass bei erneuter Arbeitslosigkeit bestimmte Fristen bezüglich der Meldung bei der Arbeitsagentur einzuhalten sind. Wenn der Kläger dann aber bei Erhalt der Kündigung vom 19.11.2008 keine Kenntnis mehr über die genaue Meldefrist besessen haben sollte, was nach Angaben des Klägers vorliegend der Fall gewesen ist und was auch nach Auffassung des Senats der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, hätte der Kläger sich aber umgehend bei der Agentur für Arbeit erkundigen müssen. Dies wäre mit dem geringen Aufwand eines Telefonats oder einer schriftlichen Anfrage möglich gewesen.
Unabhängig davon, ob der Kläger in dem Aufhebungsbescheid vom 05.04.2006 entsprechende Hinweise zur Meldeobliegenheit erhalten hat, was vom Kläger insoweit bestritten worden ist, ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger bei seinen früheren Arbeitslosmeldungen (z. B. vom 29.12.2003 und vom 07.12.2005) jeweils auch das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten hat, wie er dies in den jeweiligen Anträgen auch mit seiner Unterschrift bestätigt hat. Bei einer Durchsicht dieser Merkblätter hätte der Kläger seinerzeit unschwer entnehmen können, dass es verschiedene Meldeobliegenheiten für Arbeitslose und für Personen gibt, die die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses erhalten. Schon bei dieser Erkenntnis hätte ihm bewusst werden müssen, dass es nicht unerheblich ist, in welchem zeitlichen Abstand ab Erhalt einer Kündigung man sich arbeitssuchend bzw. arbeitslos meldet. Bei Anwendung einer normalen Sorgfalt hätte dem Kläger bewusst sein müssen, dass er sich bei Erhalt der Kündigung vom 19.11.2008 unverzüglich über die Meldeobliegenheit zumindest informieren muss, da er selber keine konkrete Kenntnis über eine rechtzeitige Arbeitslosmeldung gehabt hat. Ob der Kläger bei seiner Arbeitslosmeldung vom 07.12.2005 mit Wirkung zum 01.01.2006 das Merkblatt 1 in der Fassung von 2005 oder 2006 erhalten hat, ist angesichts des Umstandes, dass sich der Kläger weder "unverzüglich" noch "innerhalb von 3 Tagen" arbeitssuchend gemeldet hat, unerheblich.
Dem Kläger ist vorliegend somit ein Schuldvorwurf jedenfalls in der Form zu machen, dass er die Meldeobliegenheit hätte kennen können. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass sie im "Merkblatt 1 für Arbeitslose" deutlich und nicht nur mit lediglich formelhafter Wiederholung des Gesetzestextes auf die Meldeobliegenheit hinweist. Derartige Hinweise im Merkblatt sind vom BSG, dem der Senat sich insoweit ausdrücklich anschließt, als ausreichend zur Begründung des subjektiven Fahrlässigkeitsvorwurfs angesehen worden (BSG, Urteil vom 17.10.2007 - B 11a/7a AL 44/06 R).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger am 19.11.2008 von seinem Arbeitgeber die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2008 erhalten. Damit lagen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes (31.12.2008) und der Kenntnis von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (19.11.2008) weniger als 3 Monate, weshalb der Kläger verpflichtet gewesen ist, sich ab Erhalt der Kündigung vom 19.11.2008 innerhalb von 3 Tagen bei der Beklagten arbeitssuchend zu melden. Dem ist der Kläger nicht rechtzeitig nachgekommen, denn er hat sich erst am 02.12.2008 arbeitssuchend gemeldet.
Ob sein Arbeitgeber ihm tatsächlich geraten hat, erst Anfang/Mitte Dezember 2008 sich arbeitslos zu melden, kann dahinstehen, da zum einen eine Meldeobliegenheit schriftlich nicht im Kündigungsschreiben enthalten ist und zum anderen sich der Kläger bei eigener Unkenntnis nicht auf mündliche Angaben seines Arbeitgebers verlassen durfte. Dass der Arbeitgeber den Kläger schriftlich nicht auf die Meldeobliegenheiten hingewiesen hat, entlastet den Kläger nicht. Denn ein Verschulden kann auch vorliegen, wenn der Arbeitslose seine Meldepflicht aus anderen Quellen hätte erkennen können, was der Senat - wie oben ausgeführt - vorliegend bejaht.
Nach alledem ist festzustellen, dass die von der Beklagten verhängte Sperrzeit rechtmäßig ist. Das dem entgegenstehende Urteil des SG war daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
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