Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 2561/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1466/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Mai 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf EUR 168,84 festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein vom Kläger geltend gemachter Vergütungsanspruch für physiotherapeutische Behandlungsleistungen in Höhe von EUR 168,84 zuzüglich Zinsen im Streit.
Der Kläger ist als nach § 124 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassener Physiotherapeut in W. tätig. Er ist Mitglied in einem Berufsverband, der u.a. mit der Beklagten am 16. Juli 2002 den am 01. Dezember 2002 in Kraft getretenen und mit Wirkung zum 31. Dezember 2006 wieder gekündigten "Rahmenvertrag nach § 125 SGB V" (im Folgenden RV) geschlossen hat.
Der RV regelt die Einzelheiten der Versorgung der Versicherten mit physiotherapeutischen Leistungen, die Vergütung der Leistungen und deren Abrechnung, die Rechte und Pflichten der Vertragspartner sowie die Folgen von Vertragsverstößen (§ 2 Ziff. 1 RV). Nach § 16 Ziff. 1 RV erfolgt die Vergütung der vertraglich erbrachten Leistungen nach einer sich in Anlage 5 befindlichen Preisvereinbarung. Der Preisvereinbarung ist eine Preisliste beigefügt, aus der sich die Preise für die jeweiligen Leistungen unter Angabe der Behandlungsdauer ergeben. Nach § 3 Ziff. 1 Satz 1 RV bestimmt Art und Umfang der Leistungen der Vertragsarzt. Zur Abgabe dieser Leistungen ist der Leistungserbringer im Rahmen der sich aus Anlage 3 ergebenden Leistungsbeschreibungen berechtigt und verpflichtet (§ 3 Ziff. 1 Satz 2 RV). In Anlage 3 sind die einzelnen Leistungen beschrieben, wobei in den Grundsätzen vereinbart ist, dass die Leistungsbeschreibung die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V (Heilmittel-Richtlinien, im Folgenden HMR) berücksichtigt. Bei Änderungen der HMR sollen Anpassungen erfolgen. Die Leistungsbeschreibungen enthalten auch Ausführungen zur Regelbehandlungszeit, die als Richtwerte gelten sollen. In § 4 RV ist die "Verordnung/Kooperation zwischen Leistungserbringer und Vertragsarzt/Behandlungsdurchführung" geregelt. Nach Ziff. 1 der Regelungen dürfen Vertragsleistungen der Anlage 3 nur ausgeführt werden, wenn sie von einem Vertragsarzt verordnet sind. Diagnose, Art und Anzahl der Leistungen ergeben sich nach Ziff. 3 der Regelung aus der vom Vertragsarzt ausgestellten Verordnung. Weiter heißt es: "Die vertragsärztliche Verordnung kann nur ausgeführt werden, wenn diese für die Behandlung erforderlichen Informationen enthalten sind. Dem Leistungserbringer obliegt insoweit jedoch keine Prüfpflicht." Nach Ziff. 7 des § 4 RV ist der Leistungserbringer nicht berechtigt, vertragsärztliche Verordnungen außer nach Ziff. 8 zu ändern oder zu ergänzen, es sei denn es wurde zuvor telefonische Rücksprache mit dem zuständigen Vertragsarzt genommen und von dort genehmigte Änderungen auf der Verordnung mit Datum und Handzeichen des Leistungserbringers auf dem Verordnungsblatt vermerkt. In Ziff. 8 sind u.a. Fälle geregelt, in denen bei verspätetem Beginn oder überlanger Behandlungsunterbrechung die Verordnung ungültig wird. Nach Ziff. 10 besteht für Leistungen auf der Basis einer ungültigen Verordnung im Sinne der Ziff. 8 kein Vergütungsanspruch. Bei einer Kündigung bzw. Teilkündigung des RV bestehen die Regelungen des RV bzw. der jeweiligen Anlage bis zu einer neuen vertraglichen Regelung unverändert weiter (§ 23 Ziff. 4).
Mit der am 16. Januar 2008 ausgestellten Heilmittelverordnung verordnete Dr. D., Kinderklinik Klinikum Mannheim, für die bei der Beklagten versicherte Johanna Bölke zehn Heilmittel KGG (Krankengymnastik am Großgerät zur Stärkung der Rumpfmuskulatur) mit einer Anzahl von einmal pro Woche wegen CF mit Lungenbeteiligung, Sekretverhalt (Indikationsschlüssel WS2c). Als Therapieziel wurde angegeben: insbes. Thorax, Schulter, Rücken. Die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalles" war nicht angekreuzt. Die Rubrik "Medizinische Begründung bei Verordnungen außerhalb des Regelfalles" enthielt die Angabe: zur Verbesserung der Lungenfunktion. Die Verordnung wurde als Erstverordnung gekennzeichnet. Die Versicherte bestätigte unterschriftlich die verordneten zehn Behandlungen in der Zeit vom 23. Januar 2008 bis zum 10. März 2008 erhalten zu haben. Der Kläger stellte über das Abrechnungszentrum Optica bei der Beklagten am 17. März 2008 u.a. diese Heilmittelverordnung mit einem (auf ihr angegebenem) Brutto-Betrag von EUR 253,00 (netto nach Abzug des Eigenanteils EUR 217,70) in Rechnung. Mit Schreiben vom 21. April 2008 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnung in Höhe von EUR 91,08 mit der Begründung ab, bei einer Erst- bzw. Folgeverordnung (z.B. WS2c) könnten nur maximal sechs Behandlungen verordnet und abgerechnet werden (siehe Heilmittelkatalog).
Am 28. Februar 2008 verordneten Dres. Z.-F. für den bei der Beklagten versicherten B. J. zwölfmal Krankengymnastik zweimal wöchentlich. Als Indikationsschlüssel wurde EX3a und als Diagnose Operation am 21. Februar 2008 Rotatorenmanschettenruptur rechts Bewegungseinschränkung angegeben. Als Therapieziel wurde Anleitung zur Eigenübung genannt. Ferner war Erstverordnung angekreuzt. Die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalls" war nicht angekreuzt. Die Rubrik "Medizinische Begründung bei Verordnung außerhalb des Regelfalles" enthielt keine Angaben. Der Versicherte bestätigte unterschriftlich die verordneten zwölf Behandlungen in der Zeit vom 28. Februar 2008 bis zum 03. April 2008 erhalten zu haben. Der Kläger stellte der Beklagten hierfür über das Abrechnungszentrum Optica mit Rechnung vom 18. April 2008 einen Brutto-Betrag in Höhe von EUR 172,80 (Netto nach Abzug des Eigenanteils EUR 145,52) in Rechnung. Mit Schreiben vom 21. Mai 2008 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnung in Höhe von EUR 77,76 mit der Begründung ab, die Anzahl/Menge der erbrachten Leistungen fehle bzw. sei falsch. Bei einer Erst- bzw. Folgeverordnung (z.B. WS2c, EX2) könnten nur maximal sechs Behandlungen verordnet und abgerechnet werden (siehe Heilmittelkatalog).
Am 30. Juli 2008 erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Mannheim (SG). Er machte geltend, entgegen der Auffassung der Beklagten sei er nicht verpflichtet zu prüfen, ob der Vertragsarzt die formalen Vorgaben der HMR beachtet habe. Der für seine Tätigkeit gültige RV vom 01. Dezember 2002 sehe keine Rezeptprüfpflicht vor. Eine von der Beklagten geforderte formelle Prüfpflicht ergebe sich auch aus keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt. Weder die HMR noch die sogenannten gemeinsamen Rahmenempfehlungen würden unmittelbar für ihn gelten und eine dynamische Verweisung auf diese Rechtsnormen enthalte der maßgebende RV nicht.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG verurteilte mit Urteil vom 18. Februar 2009 die Beklagte, an den Kläger EUR 168,84 nebst acht Prozent Zinsen über dem Basiszins aus einem Teilbetrag von EUR 91,08 seit dem 21. April 2008 und aus einem Teilbetrag von EUR 77,96 seit dem 21. Mai 2008 zu zahlen. Der Vergütungsanspruch des Klägers ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 611 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufgrund eines zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Heilmittel-Behandlungsvertrags. Die vertragsärztliche Verordnung des Arztes, der die Beklagte vertrete, verkörpere das Angebot. Der Umfang der Vertretungsmacht des Vertragsarztes hänge davon ab, inwieweit sich die Krankenkasse die Zustimmung zu der verordneten Heilmittelbehandlung im Einzelfall vorbehalten habe oder nicht. Ein solcher Genehmigungsvorbehalt bestehe nach dem hier maßgebenden RV aber nicht. Aus § 4 Ziff. 3 RV sei abzuleiten, dass der Leistungserbringer lediglich zu prüfen habe, ob die vertragsärztliche Verordnung eine Diagnose, Beschreibung der Art und Benennung der Anzahl der Leistungen enthalte; ob diese Verordnung mit den HMR ansonsten in Übereinstimmung stehe, sei nicht Teil einer Prüfobliegenheit des Leistungserbringers. Ob der Kläger bei Erbringung seiner Leistungen dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Allgemeinen unterliege, könne dahinstehen. Soweit die ärztliche Verordnung "Informationen" im Sinne des § 4 Ziff. 3 RV enthalte, habe er seine Tätigkeit an diesen Informationen auszurichten und es obliege ihm nicht, die dem Versicherten verordnete Anzahl der Leistungen zu ändern. Das SG ließ die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.
Am 30. März 2009 hat die Beklagte gegen das ihr am 03. März 2009 zugestellte Urteil des SG Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, nach den HMR könnten lediglich sechs physiotherapeutische Behandlungen und nicht zehn bzw. zwölf Behandlungen verordnet werden. Der Kläger hätte dies bei Überprüfung der Verordnungen erkennen können und deshalb entweder mit dem verordnenden Vertragsarzt Kontakt aufnehmen müssen oder aber entsprechend den HMR lediglich sechs Behandlungseinheiten erbringen und zur Abrechnung stellen dürfen. Sie - die Beklagte - habe im Jahr 2005 eine Liste erstellt, aus der sich die Prüfungspunkte bei unvollständigen und inhaltlich fehlerhaften Heilmittelverordnungen für Leistungserbringer ergäben. Diese Liste sei an sämtliche Leistungserbringer in Baden-Württemberg kommuniziert worden. Würden Unvollständigkeiten oder Unplausibilitäten auf einer Verordnung bemerkt, werde vom Leistungserbringer eine Kontaktaufnahme mit dem verordnenden Vertragsarzt erwartet. Finde eine solche statt und werde dies auf der Verordnung handschriftlich vermerkt, würden von ihr - der Beklagten - keinerlei Kürzungen gegenüber dem Leistungserbringer vorgenommen. Nur wenn keine Kontaktaufnahme zum Vertragsarzt erfolge bzw. dokumentiert werde, würden unvollständige oder unplausible Verordnungen von ihr dem Leistungserbringer nicht vergütet. Grundlage der Überprüfungspflicht des Leistungserbringers sei die Konformität der Verordnung mit den HMR nach § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V. Die HMR seien für den Leistungserbringer verbindlich. Diese Auslegung durch das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 15. November 2007 (B 3 KR 4/07 R = SozR 4-2500 § 125 Nr. 4) sei noch zur Rechtslage des § 91 Abs. 9 SGB V alte Fassung (a.F.) ergangen. Zwischenzeitlich ergebe sich die Verbindlichkeit für Leistungserbringer unzweifelhaft aus § 91 Abs. 6 SGB V. Aus den vom BSG in diesem Urteil angestellten allgemeinen vertragsrechtlichen Überlegungen ergebe sich, dass bei einer für den Leistungserbringer offensichtlichen Abweichung vom Regelfall und keiner weiteren Begründung des Vertragsarztes auf der Verordnung eine Kontaktaufnahme zum Verordner zwingend wäre. Erfolge diese nicht, könne nach den Informationen an die Leistungserbringer vom 25. Februar 2005, 18. April 2005 und 04. Mai 2005 nicht von einer wirksamen Vertretungsmacht des Vertragsarztes ausgegangen werden. Sei aber von einer "Ungültigkeit" der Verordnung auszugehen, schließe dies auch einen Vergütungsanspruch des Leistungserbringers aus. Sie - die Beklagte - könne insoweit auch nicht auf die Regressmöglichkeiten im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V verwiesen werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss sei berechtigt, verbindliche Vorgaben zu machen. Deshalb sei die Festlegung, dass bei Maßnahmen der physikalischen Therapie die jeweilige Verordnung nicht mehr als sechs Einzelbehandlungen umfassen solle und die Verordnung längerer Behandlungsserien einer besonderen Begründung bedürfe, eine für die wirtschaftliche Leistungserbringung notwendige Voraussetzung. Dies bedeute, dass sie - die Beklagte - sich zur Umsetzung des Wirtschaftlichkeitsprinzips nicht allein auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V verweisen lassen müsse, sondern bereits ein entsprechendes Verhalten der Leistungserbringer zur Umsetzung von HMR-konformen Verordnungen bei den Leistungserbringern einfordern dürfe. Der Kläger könne sich gegen eine ihm obliegende Prüfpflicht auch nicht mit Erfolg auf § 4 Ziff. 3 RV berufen. Zwar sei eine übergangsweise Fortgeltung des bereits zum 31. Dezember 2006 gekündigten RV in § 23 Ziff. 4 RV geregelt. Eine solche Fortsetzungsklausel könne aber nur für einen Übergangszeitraum gelten. Da wegen des Streits über die Prüfpflicht nicht absehbar sei, wann sich die Parteien über einen neuen RV würden einigen können, könne deshalb nur von einer zeitlich begrenzten Nachwirkung ausgegangen werden. Selbst wenn man aber § 4 Ziff. 3 RV als wirksam anerkennen würde, könnte diese Regelung einer formellen Prüfpflicht der Leistungserbringer nicht entgegengehalten werden. Andernfalls liege ein Verstoß gegen das in § 12 SGB V normiert Wirtschaftlichkeitsgebot vor. Dieses begrenze den Leistungsanspruch des Versicherten, der nur Leistungen beanspruchen könne, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich seien. Im Regelfall könne ein Versicherter daher keinen Versorgungsanspruch geltend machen, wenn eine vertragsärztliche Verordnung vorliege, die über den Leistungsinhalt der HMR hinausgehe. Gleiches gelte auch in den Fällen, in denen vertragsärztliche Verordnungen vorlägen, die nicht den Anforderungen der HMR entsprächen. Habe der Versicherte in diesen Fällen keinen Leistungsanspruch, dürfe aber auch der Leistungserbringer eine solche Leistung nicht bewirken. Dies setze zwingend voraus, dass sich der Leistungserbringer darüber im Klaren sei, ob ein Anspruch des Versicherten bestehe und er damit eine Leistung erbringen könne oder nicht erbringen dürfe. In Fällen wie dem vorliegenden erfordere dies eine Rückfrage beim verordnenden Vertragsarzt, um abzuklären, ob es sich um einen Regelfall oder um eine Abweichung mit entsprechender Begründung handle. Auch die HMR selbst enthielten eine entsprechende Kommunikationsforderung zwischen Leistungserbringer und verordnendem Vertragsarzt. Außerdem sei in § 4 Ziff. 3 Satz 2 RV geregelt, dass die vertragsärztliche Verordnung nur dann ausgeführt werden könne, wenn die für die Behandlung erforderlichen Informationen (Diagnose, Art und Anzahl der Leistungen) in der Verordnung enthalten seien. Schon der Wortlaut des RV gehe deshalb eindeutig von einer formellen Überprüfung der vertragsärztlichen Verordnung aus. Nach § 3 Ziff. 1 RV bestimme zwar der Vertragsarzt Art und Umfang der Leistung. Zur Abgabe der Leistung sei der Leistungserbringer aber nur im Rahmen der Leistungsbeschreibung (Anlage 3 des RV) berechtigt und verpflichtet, wenn verordnungsfähige Maßnahmen der Physiotherapie gemäß den HMR vorlägen (Anlage 3 Ziff. 1, Grundsätze). Dies setze eine Prüfpflicht des Leistungserbringers auf Vollständigkeit und Plausibilität im Hinblick auf die HMR voraus. Der Ausschluss einer Prüfpflicht in § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV beziehe sich allein auf den medizinisch-materiellen Bereich der Verordnung, der unstreitig nicht zum Verantwortungsbereich des Leistungserbringers gehöre. Schließlich sei auch im RV an mehreren Stellen eine gesteigerte Kommunikation zwischen Leistungserbringer und Vertragsarzt gefordert (vgl. § 4 Ziff. 6 und Ziff. 8 sowie § 11 Ziff. 2 RV). Auch im Urteil vom 27. Oktober 2009 (B 1 KR 4/09 R) habe das BSG entschieden, dass der Heilmittelerbringer den Inhalt der ärztlichen Verordnung insoweit zu prüfen habe, als er Leistungen zu Lasten der Krankenkassen nur auf Basis einer gültigen Verordnung erbringen dürfe, welche die für eine wirksame und wirtschaftliche Heilmitteltherapie notwendigen ärztlichen Angaben enthalte. Ein Vergütungsanspruch könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag nach den §§ 677 ff. BGB hergeleitet werden. Zum einen stelle die Vergütungsvereinbarung eine erschöpfende Regelung dar, die einen Rückgriff auf die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließe. Zum anderen habe die Leistungserbringung des Klägers nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot in der gesetzlichen Krankenversicherung entsprochen, sodass die Geschäftsführung nicht in ihrem Interesse liege. Aus dem gleichen Grund scheide auch eine Bereicherung ihrerseits im Sinne der §§ 812 ff. BGB aus, sodass der Kläger auch hieraus keine Vergütungsansprüche herleiten könne. Die Gültigkeit der vertragsärztlichen Verordnung betreffe nicht das Innenverhältnis zwischen ihr und dem verordnenden Arzt. Die vertragsärztliche Verordnung sei das Angebot im Sinne der §§ 145 ff. BGB zum Abschluss des Behandlungsvertrags und betreffe damit das Außenverhältnis zwischen dem Kläger und ihr - der Beklagten -. Es treffe auch nicht zu, dass die Rahmenempfehlungen und die HMR für die Frage, ob eine gültige ärztliche Verordnung und damit ein wirksames Vertragsangebot abgegeben worden sei, wegen einer angeblich fehlenden Verweisung im RV nicht maßgeblich seien. Die Rahmenempfehlungen und HMR seien unabhängig von dem jeweiligen Landesrahmenvertrag für die vertragsschließenden Parteien des Behandlungsvertrags verbindlich. Die HMR und deren Anlagen stellten daher den Maßstab für die Gültigkeit ärztlicher Verordnungen dar. Ein wirksames Vertragsangebot könne somit von dem verordnenden Vertragsarzt als Stellvertreter der Krankenkasse nur dann abgegeben werden, wenn eine solche vertragsärztliche Verordnung die in Teil 1 Abschnitt VI Ziff. 22 der Heilmittel-Richtlinien geregelten Voraussetzungen erfülle.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Februar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, ihm obliege keine Prüfpflicht hinsichtlich der ihm vorgelegten Heilmittelverordnungen. Zwischen ihm und der Beklagten bestehe ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis auf der Grundlage eines RV gemäß § 125 SGB V, der trotz der Kündigung wegen in § 23 Ziff. 4 RV ausdrücklich vereinbarten Nachwirkung fortwirke. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergebe sich eine Prüfpflicht nicht aus dem Regelungsgehalt der Generalnormen der §§ 12, 70 SGB V. Insbesondere habe auch das BSG im Urteil vom 15. November 2007 (B 3 KR 4/07 R) negiert, § 12 SGB V als Rechtsgrundlage für eine Prüfpflicht heranziehen zu dürfen/können. Die HMR seien für ihn auch weder in der zum Zeitpunkt der vorliegenden Absetzungen maßgebenden Fassung des § 92 Abs. 9 SGB V, noch in der seit 01. Juli 2008 geltenden Fassung des § 91 Abs. 6 SGB V verbindlich. In § 125 SGB V habe der Gesetzgeber klar geregelt, dass das "Wie" der Leistungserbringer von den Berufsverbänden und den Krankenkasse in Rahmenempfehlungen und schließlich in Form von Rahmenverträgen vereinbart werden solle. Somit gebe es durch die Neufassung des § 91 SGB V überhaupt keine unmittelbare Änderung im Verhältnis Arzt und Therapeut und es gebe durch die Gesetzesänderung auch keine unmittelbare Auswirkung auf das konkrete Vertragsverhältnis zwischen Krankenkassen und Therapeuten, wie es im Rahmenvertrag geregelt sei. Der Umfang der vertraglich vereinbarten Leistungen werde mit der vertragsärztlichen Verordnung festgelegt. In dem darin ausgewiesenen Umfang komme zwischen der Krankenkasse und dem Leistungserbringer ein Vertrag nach § 611 BGB zustande. Er habe die ihm vorgegebene Leistung tatsächlich erbracht, sein Vergütungsanspruch sei damit evident. Daran würden auch die von der Beklagten reklamierten Schreiben vom 25. Februar 2005, 18. April 2005 und 04. Mai 2005 nichts ändern. Abgesehen davon, dass er bestreite, dass ihm diese zugegangen seien, werde eine einseitig von der Beklagten aufgestellte Rezeptprüfpflicht nicht automatisch maßgebend für das öffentlich-rechtliche Vertragsrechtsverhältnis. Auch den gemeinsamen Rahmenempfehlungen nach § 125 Abs. 1 SGB V über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln vom 01. August 2001 lasse sich die von der Beklagten geforderte Prüfpflicht nicht entnehmen. Abgesehen davon, dass sich die Rahmenempfehlungen gerade nicht an die Leistungserbringer und damit nicht an ihn richteten, handle es sich - wie bereits aus dem Wortlaut zu ersehen sei - lediglich um Empfehlungen, die weder erzwungen werden könnten, noch für andere Beteiligte verbindlich seien. Eine Bindung würde erst dann entstehen, wenn die Rahmenempfehlungen in den RV übernommen worden wären, dies sei jedoch ausweislich des Wortlauts von § 4 RV gerade nicht erfolgt. Auch sei durch des BSG vom 27. Oktober 2009 (B 1 KR 4/09 R) geklärt, dass die Regelung innerhalb des § 4 Ziff. 3 RV, wonach eine Prüfpflicht der Leistungserbringer nicht gegeben sei, mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Es gebe auf der Grundlage der §§ 2, 12, 23 und 43 SGB V einerseits und den HMR andererseits eine eigenständige Verantwortung des Heilmittelerbringers, und damit auch für ihn, für die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Heilmittel-Therapie. Der Heilmittelerbringer müsse die ihm vorgelegte Heilmittel-Verordnung aber nur auf aus seiner professionellen Sicht erkennbare Fehler und Vollständigkeit überprüfen. Eine Haftung des Behandlers, dass jede ärztliche Verordnung ordnungsgemäß ausgestellt sei, somit ein Vergütungsanspruch nicht bestehe, wenn eine Verordnung nicht vollumfänglich den Vorgaben der HMR entspreche, finde in diesem Urteil des BSG indessen keine ausreichende Stütze. Die vertragsärztliche Verantwortung für die in der Verordnung zum Ausdruck kommende Therapieentscheidung aus medizinisch-therapeutischer Sicht bleibe - wie das BSG klargestellt habe - unberührt. Eine medizinisch-therapeutische Prüfpflicht der Heilmittelerbringer insgesamt und damit auch für ihn bestehe nicht. Das BSG habe in dem Urteil auch unzweideutig klargestellt, dass einem Zahlungsanspruch des Heilmittelerbringers durch die Krankenkasse nur dann wirksam begegnet werden könne, wenn dem ein Anspruchshindernis entgegenstehe. Dies wiederum ergebe sich aus den HMR und den Rahmenverträgen (Rahmenempfehlungen) und hänge "von der Art des Mangels" ab. Das BSG ziehe jedoch gerade keine Schlussfolgerungen bezüglich der Frage eines eventuellen Verlustes des Vergütungsanspruchs, wenn die Verordnung unvollständig oder fehlerhaft sei. Auch eine fehlerhafte Verordnung vernichte nicht per se den Vergütungsanspruch des Behandlers. Nicht anders könne die Aussage des BSG verstanden werden, wonach bei Fehlen von Angaben des Arztes "die Auswirkungen (des Mangels) auf den Zahlungsanspruch (auch) von der Art des konkreten Mangels abhängt". Entscheidend für die formellen Voraussetzungen einer Verordnung sei danach weiter der jeweilige landesrechtliche RV. Der Behandler könne den ärztlichen Angaben, die § 4 Ziff. 3 RV verlange, vertrauen, zumindest soweit diese nicht offensichtlich fehlerhaft seien. Nach dem Urteil des BSG vom 27. Oktober 2009 sei er - der Kläger - als Leistungserbringer im Übrigen nicht bloßer Weisungsempfänger des Arztes. Deshalb müsse ihm auch zugestanden werden, Verordnungen, die den Vorgaben der HMR nicht vollständig entsprächen, auch ohne vorherige Korrektur durch den Vertragsarzt in einer Art und Weise umzusetzen, die den Vorgaben der HMR entsprächen und damit seinen Vergütungsanspruch begründeten. Sein Vergütungsanspruch sei auch nicht wegen Unwirtschaftlichkeit verlorengegangen. Die Überschreitung der Höchstverordnungsmenge könne ihm nicht entgegengehalten werden. Das BSG habe insoweit im Urteil vom 15. November 2007 (B 3 KR 4/07 R) ausdrücklich eine Absetzungsbefugnis für diejenigen Krankenkassen verneint, die - wie die Beklagte - hinsichtlich der Verordnungen außerhalb des Regelfalls auf das Genehmigungserfordernis verzichtet hätten. Schließlich gehe der Ansatz der Beklagten unter Berufung auf das Urteil des BSG vom 15. November 2007 für die betreffenden abgesetzten vertragsärztlichen Verordnungen den Abschluss eines rechtswirksamen Behandlungsvertrages und so einen Vergütungsanspruch seinerseits zu negieren, fehl. Der Vertragsarzt weise mit seiner überlegenen und umfassenderen Ausbildung den medizinisch nicht so umfassend ausgebildeten Physiotherapeuten an, bestimmte Therapien/Heilmittel auszuführen. Der Physiotherapeut sei infolgedessen bei der Entgegennahme des Behandlungsauftrags (also der vertragsärztlichen Verordnung) "blind" und zu einer Überprüfung der ausgestellten vertragsärztlichen Verordnung nicht in der Lage. Der Vertragsarzt sei insoweit Beauftragter der Beklagten. Im Kern handele es sich bei der Heilmittelverordnung um einen Dienstleistungsvertrag zwischen Krankenkasse und Heilmittelerbringer unter Einschaltung des Vertragsarztes als Vertreter der Krankenkassen zugunsten der Versicherten. Der Vertragsarzt handle in jedem Fall einer ausgestellten Verordnung innerhalb seiner Vertretungsmacht. Sein Angebot sei dann aber auch jedenfalls und zwar unabhängig von seinem Inhalt wirksam. Die Wirksamkeit der Vertretung werde auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Vertreter (hier: Vertragsarzt) seine Pflichten aus dem Innenverhältnis (hier: Vorgaben der HMR) verletze. Etwas anderes gelte nur im Fall der Kollusion oder bei Kenntnis eines Vollmachtsmissbrauchs. Dies scheide hier jeweils aus. Im Übrigen enthalte der RV weder eine dynamische Verweisung noch eine wortgetreue Übernahme der Bundesrahmenempfehlungen. Wenn die Beklagte nunmehr den Praxisinhabern anbiete, Verordnungen, die nicht den Vorgaben der HMR entsprächen, gültig werden zu lassen, wenn der Vertragsarzt ohne Änderung seiner Verordnungsweise auf die Durchführung der Verordnung bestehe, so erschließe sich ein solches Rechtsverständnis nicht. Offenbar solle nach Auffassung der Beklagten dadurch aus der fehlerhaften Verordnung eine gültige Verordnung werden und ein wirksamer Behandlungsvertrag zustandekommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach Zulassung durch das SG gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Sie hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger die geltend gemachten weiteren Vergütungen für physiotherapeutische Leistungen in Höhe von EUR 91,08 und EUR 77,76, mithin insgesamt EUR 168,84 zu zahlen; der Kläger hat hierauf keinen Anspruch. Das SG hätte die Klage daher abweisen müssen.
Der Kläger verfolgt sein Begehren zulässigerweise als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG. Es war weder ein Widerspruchsverfahren durchzuführen noch eine Klagefrist einzuhalten (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. September 2002 - B 3 KR 2/02 R in juris).
Maßgebliche Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Klägers ist § 125 Abs. 2 SGB V i. V. mit § 15 Ziff. 1 des zum 01. Dezember 2002 in Kraft getretenen RV sowie der in Anlage 5 zu diesem RV enthaltenen Preisvereinbarung. Die vom Kläger abgerechneten Leistungen wurden im August und September 2008 erbracht. Zu diesem Zeitpunkt war der RV vom 01. Dezember 2002 zwar gekündigt. Eine neue vertragliche Regelung ist seit der zum 31. Dezember 2006 erfolgten Kündigung jedoch noch nicht erfolgt, sodass der RV auch über den Zeitpunkt der Kündigung hinaus nach der Fortgeltungsklausel des § 23 Ziff. 4 RV weiter gilt und dem Begehren des Klägers zugrundezulegen ist.
Voraussetzung des Vergütungsanspruchs des Klägers ist (neben der Leistungserbringung), dass ein Leistungsanspruch des Versicherten nach § 32 SGB V in der ab 01. April 2004 geltenden Fassung bestanden hat und das Heilmittel vertragsärztlich verordnet worden ist (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr. 5). Das Bestehen des Leistungsanspruchs setzt voraus, dass die vertragsärztliche Verordnung gültig bzw. wirksam ist. Davon gehen auch die Vertragspartner des RV aus, wie sich aus § 4 Ziff. 10 RV ergibt. Dort ist bestimmt, dass ein Vergütungsanspruch nicht besteht, wenn eine (ursprünglich gültige) Verordnung gemäß § 4 Ziff. 8 Buchstabe a) und b) RV ungültig geworden ist. Nichts anderes kann gelten, wenn von vornherein gar keine gültige Verordnung vorlag. Eine vertragsärztliche Verordnung von Heilmitteln ist ungültig bzw. unwirksam, wenn sie gegen geltendes Recht verstößt. Bei der Verordnung von Heilmitteln gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V hat der Vertragsarzt die vom Gemeinsamen Bundesausschuss auf der Grundlage von § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erlassenen HMR zu beachten. Die HMR legen nicht nur den Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich fest, sie sind auch für die Heilmittelerbringer unmittelbar geltendes Recht (BSG a.a.O.).
Heilmittel sind nur nach Maßgabe der HMR nach pflichtgemäßem Ermessen verordnungsfähig (Teil 1 Abschnitt II Nr. 8 Satz 1 HMR). Zwar ist der Therapeut grundsätzlich (vorbehaltlich anderer Bestimmungen in den HMR) an die ärztliche Verordnung gebunden (Teil 1 Abschnitt II Nr. 9 Satz 2 HMR). Dies bedeutet aber nur, dass er weder andere noch weitere Leistungen als die vom Vertragsarzt verordneten erbringen und abrechnen darf, nicht aber, dass er berechtigt oder gar verpflichtet ist, jede Verordnung ohne weitere Prüfung auszuführen. Da die HMR auch gegenüber dem Kläger verbindlich und daher von ihm zu beachten sind, ist ihm die Berufung auf den Inhalt der ärztlichen Verordnung verwehrt, wenn er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass die vertragsärztliche Verordnung nicht mit den HMR übereinstimmt. Denn nach § 2 Abs. 4 SGB V haben auch die Leistungserbringer darauf zu achten, dass Leistungen nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden. Daraus sowie aus dem in § 12 SGB V geregelten Wirtschaftlichkeitsgebot und der sich aus den HMR ergebenden Pflicht zur engen Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt ergibt sich eine Pflicht der Heilmittelerbringer, die Verordnung des Vertragsarztes auf aus ihrer professionellen Sicht erkennbare Fehler und Vollständigkeit zu überprüfen (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr. 5; vgl. hierzu auch Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 26. Oktober 2010 - L 11 KR 1322/09 und L 11 KR 690/10 jeweils in juris sowie Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08, nicht veröffentlicht). Gleiches würde gelten, wenn auf die Leistungserbringung die Vorschriften des Zivilrechts (analog) anzuwenden wären. Denn mit Verordnungen, die mit den HMR nicht übereinstimmen, überschreitet der Vertragsarzt die ihm eingeräumte Befugnis, den Versicherten Sachleistungen auf Kosten der Krankenkasse zu verschaffen. Insoweit ist sein Handeln dem eines Vertreters ohne Vertretungsmacht vergleichbar und nach § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB würde in einem solchen Fall selbst eine Haftung des ohne Vertretungsmacht handelnden Vertreters ausscheiden (Urteile des LSG vom 26. Oktober 2010 a.a.O.).
Im Interesse einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln gehört es daher zur Aufgabe des Leistungserbringers, zusammen mit dem Vertragsarzt eine im Rahmen der HMR erfolgende Heilmittelversorgung zu gewährleisten. Dies setzt auch voraus, dass der Leistungserbringer den Vertragsarzt auf von ihm festgestellte Abweichungen der Verordnung von den Vorgaben der HMR hinweist und dies ebenso wie eventuelle Änderungen der Verordnung dokumentiert. Von einer im Interesse einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln liegenden Zusammenarbeit der Vertragsärzte und Heilmittelerbringer gehen auch die HMR und der RV aus (vgl. LSG, Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08 -, auch zum Folgenden). Die Notwendigkeit einer Kooperation zwischen dem Therapeuten als Leistungserbringer und dem Vertragsarzt sowie Vorgaben für die Art und Weise ihres Zusammenwirkens ergeben sich aus VII Ziff. 26 ff der HMR, §§ 17, 18 der Gemeinsamen Rahmenempfehlungen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene und aus dem RV. Zwar ist in § 3 Ziff. 1 RV bestimmt, dass Art und Umfang der Leistungen der Vertragsarzt bestimmt. Nach § 3 Ziff. 6 RV sind die Leistungen aber auch ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu erbringen. Im Interesse einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung mit Heilmitteln kooperieren nach § 4 Ziff. 6, 7 und 8 RV die Leistungserbringer und ihre Mitarbeiter mit dem verordnenden Vertragsarzt.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Prüfpflicht auch nicht nach § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV, wonach dem Leistungserbringer keine Prüfpflicht obliegt, ausgeschlossen, so dass der Kläger sich nicht auf § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV berufen kann. Denn die aufgrund gesetzlicher Normen bestehende Verpflichtung des Klägers als Leistungserbringer vermag diese vertragliche Regelung nicht aufzuheben. Die Prüfpflicht beruht, wie das BSG in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) ausdrücklich klargestellt hat, auf höherrangigem Recht und zwar den § 2 Abs. 4 und 12 Abs.1 Satz 2 SGB V. Da somit die Regelung des § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV mit höherrangigem Recht nicht im Einklang steht, ist sie unwirksam.
Der Kläger muss nicht zugestanden werden, dass er Verordnungen, die nicht den HMR entsprechen, auch ohne vorherige Korrektur durch den Vertragsarzt in einer den HMR entsprechenden Weise umsetzen dürfe und damit seinen Vergütungsanspruch begründe, da er nicht bloßer Weisungsempfänger des Vertragsarztes sei. Abgesehen davon, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Vertragsarzt und dem Heilmittelerbringer wie ausgeführt in den HMR, den Gemeinsamen Rahmenempfehlung und den Rahmenverträgen ausdrücklich geregelt ist, und ein "eigenmächtiges" Vorgehen, des Leistungserbringers dem nicht entspricht, ist dem entgegenzuhalten, dass durch die Erbringung von zehn bzw. zwölf und damit die Erstverordnungsmenge von sechs um vier bzw. sechs übersteigenden Einheiten durch den Kläger die Umsetzung der Verordnung eben gerade nicht den HMR entspricht. Es handelt sich um keine der HMR entsprechende Behandlung.
Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Verweis des Klägers darauf, dass Vertragsärzte in der Regel nicht geneigt seien, Belehrungen durch nachgeordnete Berufsgruppen anzunehmen und die Beklagte die Möglichkeit hätte, die von ihr beanstandeten Verordnungen im Regressverfahren mit den Vertragsärzten zu diskutieren. Dies mag, zumindest in einzelnen Fällen, nicht von der Hand zu weisen sein, doch führt dies nicht dazu, dass der Kläger deshalb entsprechend der Verordnung mehr physiotherapeutische Einheiten erbringen kann, als es die HMR vorsehen. Hierdurch wird weder die Verordnung rechtmäßig noch ist deshalb eine Abweichung von der HMR gerechtfertigt.
Der indikationsbezogene Katalog verordnungsfähiger Heilmittel nach § 92 Abs. 6 SGB V (Heilmittelkatalog), der Bestandteil der HMR ist, regelt nach Teil 1 Abschnitt II Ziff. 8 Satz 2 HMR &61485; die Indikationen, bei denen Heilmittel verordnungsfähig sind, &61485; die Art der verordnungsfähigen Heilmittel bei diesen Indikationen &61485; die Menge der verordnungsfähigen Heilmittel je Diagnosegruppe und &61485; die Besonderheiten bei Wiederholungsverordnungen (Folgeverordnungen). Den Heilmittelverordnungen liegt in den jeweiligen Abschnitten des Heilmittelkatalogs ein definierter Regelfall zugrunde. Dieser Regelfall geht von der Vorstellung aus, dass mit dem der Indikation zugeordneten Heilmittel im Rahmen der Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls das angestrebte Behandlungsziel erreicht werden kann. Die Gesamtverordnungsmenge und die Anzahl der Behandlungen (Einheiten) je Verordnung im Regelfall ergeben sich aus dem Heilmittelkatalog (Teil 1 Abschnitt II Ziff. 11 HMR).
Im Heilmittelkatalog unter WS2 und EX3 sind jeweils diagnosebezogene vorrangige Heilmittel sowie standardisierte Heilmittelkombinationen aufgeführt. Hierfür sind in VI Ziff. 24 HMR Auswahlkriterien aufgestellt, etwa die vorrangige Verordnung von im Heilmittelkatalog als vorrangiges Heilmittel genannten Maßnahmen, die Voraussetzungen für standardisierte Heilmittelkombinationen oder die Unzulässigkeit der gleichzeitigen Verordnung einer standardisierten Heilmittelkombination mit einem weiteren Einzelheilmittel.
Auf der Grundlage dieser Vorschriften und Grundsätze ist der vom Kläger geltend gemachte weitere Vergütungsanspruch zu verneinen.
Der Kläger hat die physiotherapeutischen Leistungen, deren Vergütung die Beklagte abgelehnt hat, auf der Grundlage der vertragsärztlichen Verordnungen des Dr. D. vom 16. Januar 2008 und der Dres. Z.-F. vom 28. Februar 2008 ausgeführt. Die Verordnung des Dr. D. vom 16. Januar 2008 wurde als Erstverordnung für eine Indikation der im Heilmittelkatalog aufgeführten Diagnosegruppe WS2c ausgestellt. Die Diagnosegruppe WS2 umfasst Wirbelsäulenerkrankungen mit prognostisch länger dauerndem Behandlungsbedarf (insbesondere Einschränkungen von relevanten Aktivitäten des täglichen Lebens, multistrukturelle oder funktionelle Schädigung). Nach Buchst. c) ist Leitsymptomatik (Schädigung, Funktionsstörung) Muskeldysbalance, -insuffizienz, -verkürzung. Die Verordnungsmenge belief sich auf zehn Einheiten. Die Verordnung der Dres. Z.-F. vom 28. Februar 2008 wurde ebenfalls als Erstverordnung für eine Indikation der im Heilmittelkatalog aufgeführten Diagnosegruppe EX3a ausgestellt. Die Diagnosegruppe EX3 umfasst Verletzungen/Operationen und Erkrankungen der Extremitäten und des Beckens mit prognostisch längerem Behandlungsbedarf (insbesondere Einschränkungen von relevanten Aktivitäten des täglichen Lebens, multistrukturelle funktionelle Schädigungen). Nach Buchst. a) ist Leitsymptomatik (Schädigung, Funktionsstörung) Gelenkfunktionsstörungen, Bewegungsstörungen und Kontrakturen. Die Verordnungsmenge belief sich auf zwölf Einheiten. Sowohl für die Diagnosegruppe WS2 als auch für die Diagnosegruppe EX3 ist für die Erstverordnung im Heilmittelkatalog die Verordnungsmenge mit kleiner gleich sechs Einheiten angegeben. Auch nach den allgemeinen Bestimmungen in den HMR (Teil 1 Abschnitt II Ziff. 11.2.3) beträgt die maximale Verordnungsmenge bei Erstverordnungen jedes Regelfalls in der Physikalischen Therapie bis zu sechs Einheiten. Ausnahmen müssen im Heilmittelkatalog aufgeführt werden, was aber hier nicht der Fall ist. Daher besteht ein Vergütungsanspruch jeweils nur für sechs Einheiten, nicht aber für zehn bzw. zwölf. Da die Beklagte den jeweils für sechs Einheiten bestehenden Vergütungsanspruch erfüllt hat, besteht kein weiterer Vergütungsanspruch des Klägers mehr.
Etwas anderes ergibt sich hier im Hinblick auf die von Dr. D. ausgestellte Verordnung auch nicht deshalb, weil Dr. D. auf der Verordnung in der Rubrik "Medizinische Begründung bei Verordnungen außerhalb des Regelfalls" angab: zur Verbesserung der Lungenfunktion. Denn hierdurch wird die Verordnung noch nicht zu einer Verordnung außerhalb des Regelfalls. Eine Verordnung außerhalb des Regelfalles kann nur dann angenommen werden, wenn auch die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalles" angekreuzt wurde. Dies war hier nicht der Fall.
Die Abweichung vom Heilmittelkatalog war für den Kläger auch jeweils erkennbar. Die HMR und der Heilmittel-Katalog sind ihm aufgrund seiner in der Ausbildung erworbenen Fachkompetenz vertraut und als Grundlage seiner beruflichen Tätigkeit im Einzelnen bekannt.
Soweit der Kläger geltend macht, eine fehlerhafte Verordnung könne als solche nicht den Vergütungsanspruch vernichten, und sich darauf beruft, dass die Beklagte ihm nach der Rechtsprechung des BSG nur dann ein Anspruchshindernis entgegenhalten könne, wenn sich dies aus der "Art des Mangels" ergebe, so folgt daraus nichts anderes. Das BSG hat in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) das Argument, dass die Auswirkung auf den Zahlungsanspruch von der Art des konkreten Mangels abhinge, im Zusammenhang mit der Frage herangezogen, ob für die dortige Klägerin, eine Leistungserbringerin, ein Feststellungsbegehren ausnahmsweise gegenüber einer Leistungsklage zulässig sein könnte. Das BSG geht an dieser Stelle davon aus, dass Mängel der Verordnung grundsätzlich Auswirkungen auf den Zahlungsanspruch haben, wobei die genaue Höhe des unter Berücksichtigung entsprechender Mängel zu berechnenden Vergütungsanspruchs zweifelsohne von der Art des Mangels abhängt, also etwa von der Frage, ob die vorgegebene Verordnungsmenge überschritten wurde oder ein nicht verordnungsfähiges Heilmittel verordnet wurde. Im Falle des Klägers ist mit der Absetzung des streitgegenständlichen Betrags die Auswirkung der mängelbehafteten Verordnung von der Beklagten unter Berücksichtigung des konkreten Mangels umgesetzt worden (vgl. LSG, Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08 -).
Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil nach seiner Behauptung in der mündlichen Verhandlung des Senats die Beklagte die von ihm zuvor in gleicher Weise abgerechneten Leistungen nicht beanstandet habe. Es mag zutreffen, dass Beklagte auch über die in den HMR genannten Höchstmengen hinausgehende Leistungen vergütet hat. Allein aus der unbeanstandeten Abrechnung bestimmter Leistungen über einen längeren Zeitraum erwächst jedoch kein Recht, auch in Zukunft entsprechend abrechnen zu dürfen. Ein Vertrauensschutz käme nur in Betracht, wenn die Beklagte die beanstandete Abrechnung, zum Beispiel auf Nachfrage des Leistungserbringers oder in von ihr den Leistungserbringern zur Abrechnung gegebenen Hinweisen, gebilligt hätte (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 zum Vertragsarztrecht). Hierfür gibt es weder aus dem Vorbringen der Beteiligten noch aus den vorliegenden Akten Anhaltspunkte.
Sofern der Kläger schließlich im vorliegenden Berufungsverfahren behauptet, die Beklagte gewähre für den Fall, dass der Vertragsarzt auf die Ausführung einer nicht mit den HMR in Einklang stehenden Verordnung bestehen sollte, bei Anbringung eines entsprechenden Vermerks auf der Verordnung durch den Leistungserbringer diesem die Vergütung ungekürzt, kann er daraus den geltend gemachten Vergütungsanspruch nicht herleiten. Denn der Kläger hat seine Obliegenheit zur Prüfung der Verordnungen und zur Mitteilung von Abweichungen von den HMR an die verordnenden Vertragsärzte nicht genügt, sodass es sich als hypothetisch darstellt, ob die Vertragsärzte im Falle eines Hinweises durch den Kläger auf der Durchführung ihrer Verordnungen bestanden hätten. Einen derartigen im Ungewissen liegenden Sachverhalt hat der Senat aber nicht zu entscheiden. Aus den gleichen Gründen kann auch die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob es rechtlich vertretbar sei, allein durch die Dokumentation der Nachfrage des Leistungserbringers beim Vertragsarzt dessen bis dahin ungültige Verordnung als gültig zu behandeln und eine ungekürzte Vergütung zu gewähren, dahingestellt bleiben, zumal der Kläger durch eine solche Praxis der Beklagten ohnehin nicht beschwert wäre. Auf die von der Beklagten an die Leistungserbringer erfolgten Anschreiben vom 25. Februar 2005, 18. April 2005 und 04. Mai 2005 kommt es demnach nicht an, sodass auch dahingestellt bleiben kann, ob diese Informationen dem Kläger zugegangen sind.
Die Beklagte hat von den Vergütungsansprüchen des Klägers auch in nicht zu beanstandender Weise Beträge in Höhe von EUR 91,08 und EUR 77,76 in Abzug gebracht. Der Nettobetrag der Verordnung vom 16. Januar 2008 für zehn Einheiten belief sich auf EUR 217,70. Hierzu ist die Zuzahlung der Versicherten in Höhe von EUR 10,00 zu addieren (§ 61 Satz 3 SGB V). Unter Zugrundelegung eines Betrags in Höhe von EUR 227,70 dividiert durch zehn Einheiten ergibt sich für eine Einheit ein Betrag in Höhe von EUR 22,77 und für vier Einheiten in Höhe von EUR 91,08. Der Nettobetrag der Verordnung vom 28. Februar 2008 für zwölf Einheiten belief sich zuzüglich der Zuzahlung des Versicherten auf EUR 155,52. Diesen Betrag dividiert durch zwölf und multipliziert mit sechs ergibt EUR 77,76.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a SGG, §§ 52 Abs. 1 und 3, 47, 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Nachdem über den feststehenden Betrag von EUR 168,84 zu befinden war, ist dieser Betrag maßgeblich.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf EUR 168,84 festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein vom Kläger geltend gemachter Vergütungsanspruch für physiotherapeutische Behandlungsleistungen in Höhe von EUR 168,84 zuzüglich Zinsen im Streit.
Der Kläger ist als nach § 124 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassener Physiotherapeut in W. tätig. Er ist Mitglied in einem Berufsverband, der u.a. mit der Beklagten am 16. Juli 2002 den am 01. Dezember 2002 in Kraft getretenen und mit Wirkung zum 31. Dezember 2006 wieder gekündigten "Rahmenvertrag nach § 125 SGB V" (im Folgenden RV) geschlossen hat.
Der RV regelt die Einzelheiten der Versorgung der Versicherten mit physiotherapeutischen Leistungen, die Vergütung der Leistungen und deren Abrechnung, die Rechte und Pflichten der Vertragspartner sowie die Folgen von Vertragsverstößen (§ 2 Ziff. 1 RV). Nach § 16 Ziff. 1 RV erfolgt die Vergütung der vertraglich erbrachten Leistungen nach einer sich in Anlage 5 befindlichen Preisvereinbarung. Der Preisvereinbarung ist eine Preisliste beigefügt, aus der sich die Preise für die jeweiligen Leistungen unter Angabe der Behandlungsdauer ergeben. Nach § 3 Ziff. 1 Satz 1 RV bestimmt Art und Umfang der Leistungen der Vertragsarzt. Zur Abgabe dieser Leistungen ist der Leistungserbringer im Rahmen der sich aus Anlage 3 ergebenden Leistungsbeschreibungen berechtigt und verpflichtet (§ 3 Ziff. 1 Satz 2 RV). In Anlage 3 sind die einzelnen Leistungen beschrieben, wobei in den Grundsätzen vereinbart ist, dass die Leistungsbeschreibung die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V (Heilmittel-Richtlinien, im Folgenden HMR) berücksichtigt. Bei Änderungen der HMR sollen Anpassungen erfolgen. Die Leistungsbeschreibungen enthalten auch Ausführungen zur Regelbehandlungszeit, die als Richtwerte gelten sollen. In § 4 RV ist die "Verordnung/Kooperation zwischen Leistungserbringer und Vertragsarzt/Behandlungsdurchführung" geregelt. Nach Ziff. 1 der Regelungen dürfen Vertragsleistungen der Anlage 3 nur ausgeführt werden, wenn sie von einem Vertragsarzt verordnet sind. Diagnose, Art und Anzahl der Leistungen ergeben sich nach Ziff. 3 der Regelung aus der vom Vertragsarzt ausgestellten Verordnung. Weiter heißt es: "Die vertragsärztliche Verordnung kann nur ausgeführt werden, wenn diese für die Behandlung erforderlichen Informationen enthalten sind. Dem Leistungserbringer obliegt insoweit jedoch keine Prüfpflicht." Nach Ziff. 7 des § 4 RV ist der Leistungserbringer nicht berechtigt, vertragsärztliche Verordnungen außer nach Ziff. 8 zu ändern oder zu ergänzen, es sei denn es wurde zuvor telefonische Rücksprache mit dem zuständigen Vertragsarzt genommen und von dort genehmigte Änderungen auf der Verordnung mit Datum und Handzeichen des Leistungserbringers auf dem Verordnungsblatt vermerkt. In Ziff. 8 sind u.a. Fälle geregelt, in denen bei verspätetem Beginn oder überlanger Behandlungsunterbrechung die Verordnung ungültig wird. Nach Ziff. 10 besteht für Leistungen auf der Basis einer ungültigen Verordnung im Sinne der Ziff. 8 kein Vergütungsanspruch. Bei einer Kündigung bzw. Teilkündigung des RV bestehen die Regelungen des RV bzw. der jeweiligen Anlage bis zu einer neuen vertraglichen Regelung unverändert weiter (§ 23 Ziff. 4).
Mit der am 16. Januar 2008 ausgestellten Heilmittelverordnung verordnete Dr. D., Kinderklinik Klinikum Mannheim, für die bei der Beklagten versicherte Johanna Bölke zehn Heilmittel KGG (Krankengymnastik am Großgerät zur Stärkung der Rumpfmuskulatur) mit einer Anzahl von einmal pro Woche wegen CF mit Lungenbeteiligung, Sekretverhalt (Indikationsschlüssel WS2c). Als Therapieziel wurde angegeben: insbes. Thorax, Schulter, Rücken. Die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalles" war nicht angekreuzt. Die Rubrik "Medizinische Begründung bei Verordnungen außerhalb des Regelfalles" enthielt die Angabe: zur Verbesserung der Lungenfunktion. Die Verordnung wurde als Erstverordnung gekennzeichnet. Die Versicherte bestätigte unterschriftlich die verordneten zehn Behandlungen in der Zeit vom 23. Januar 2008 bis zum 10. März 2008 erhalten zu haben. Der Kläger stellte über das Abrechnungszentrum Optica bei der Beklagten am 17. März 2008 u.a. diese Heilmittelverordnung mit einem (auf ihr angegebenem) Brutto-Betrag von EUR 253,00 (netto nach Abzug des Eigenanteils EUR 217,70) in Rechnung. Mit Schreiben vom 21. April 2008 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnung in Höhe von EUR 91,08 mit der Begründung ab, bei einer Erst- bzw. Folgeverordnung (z.B. WS2c) könnten nur maximal sechs Behandlungen verordnet und abgerechnet werden (siehe Heilmittelkatalog).
Am 28. Februar 2008 verordneten Dres. Z.-F. für den bei der Beklagten versicherten B. J. zwölfmal Krankengymnastik zweimal wöchentlich. Als Indikationsschlüssel wurde EX3a und als Diagnose Operation am 21. Februar 2008 Rotatorenmanschettenruptur rechts Bewegungseinschränkung angegeben. Als Therapieziel wurde Anleitung zur Eigenübung genannt. Ferner war Erstverordnung angekreuzt. Die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalls" war nicht angekreuzt. Die Rubrik "Medizinische Begründung bei Verordnung außerhalb des Regelfalles" enthielt keine Angaben. Der Versicherte bestätigte unterschriftlich die verordneten zwölf Behandlungen in der Zeit vom 28. Februar 2008 bis zum 03. April 2008 erhalten zu haben. Der Kläger stellte der Beklagten hierfür über das Abrechnungszentrum Optica mit Rechnung vom 18. April 2008 einen Brutto-Betrag in Höhe von EUR 172,80 (Netto nach Abzug des Eigenanteils EUR 145,52) in Rechnung. Mit Schreiben vom 21. Mai 2008 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnung in Höhe von EUR 77,76 mit der Begründung ab, die Anzahl/Menge der erbrachten Leistungen fehle bzw. sei falsch. Bei einer Erst- bzw. Folgeverordnung (z.B. WS2c, EX2) könnten nur maximal sechs Behandlungen verordnet und abgerechnet werden (siehe Heilmittelkatalog).
Am 30. Juli 2008 erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Mannheim (SG). Er machte geltend, entgegen der Auffassung der Beklagten sei er nicht verpflichtet zu prüfen, ob der Vertragsarzt die formalen Vorgaben der HMR beachtet habe. Der für seine Tätigkeit gültige RV vom 01. Dezember 2002 sehe keine Rezeptprüfpflicht vor. Eine von der Beklagten geforderte formelle Prüfpflicht ergebe sich auch aus keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt. Weder die HMR noch die sogenannten gemeinsamen Rahmenempfehlungen würden unmittelbar für ihn gelten und eine dynamische Verweisung auf diese Rechtsnormen enthalte der maßgebende RV nicht.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG verurteilte mit Urteil vom 18. Februar 2009 die Beklagte, an den Kläger EUR 168,84 nebst acht Prozent Zinsen über dem Basiszins aus einem Teilbetrag von EUR 91,08 seit dem 21. April 2008 und aus einem Teilbetrag von EUR 77,96 seit dem 21. Mai 2008 zu zahlen. Der Vergütungsanspruch des Klägers ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 611 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufgrund eines zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Heilmittel-Behandlungsvertrags. Die vertragsärztliche Verordnung des Arztes, der die Beklagte vertrete, verkörpere das Angebot. Der Umfang der Vertretungsmacht des Vertragsarztes hänge davon ab, inwieweit sich die Krankenkasse die Zustimmung zu der verordneten Heilmittelbehandlung im Einzelfall vorbehalten habe oder nicht. Ein solcher Genehmigungsvorbehalt bestehe nach dem hier maßgebenden RV aber nicht. Aus § 4 Ziff. 3 RV sei abzuleiten, dass der Leistungserbringer lediglich zu prüfen habe, ob die vertragsärztliche Verordnung eine Diagnose, Beschreibung der Art und Benennung der Anzahl der Leistungen enthalte; ob diese Verordnung mit den HMR ansonsten in Übereinstimmung stehe, sei nicht Teil einer Prüfobliegenheit des Leistungserbringers. Ob der Kläger bei Erbringung seiner Leistungen dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Allgemeinen unterliege, könne dahinstehen. Soweit die ärztliche Verordnung "Informationen" im Sinne des § 4 Ziff. 3 RV enthalte, habe er seine Tätigkeit an diesen Informationen auszurichten und es obliege ihm nicht, die dem Versicherten verordnete Anzahl der Leistungen zu ändern. Das SG ließ die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.
Am 30. März 2009 hat die Beklagte gegen das ihr am 03. März 2009 zugestellte Urteil des SG Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, nach den HMR könnten lediglich sechs physiotherapeutische Behandlungen und nicht zehn bzw. zwölf Behandlungen verordnet werden. Der Kläger hätte dies bei Überprüfung der Verordnungen erkennen können und deshalb entweder mit dem verordnenden Vertragsarzt Kontakt aufnehmen müssen oder aber entsprechend den HMR lediglich sechs Behandlungseinheiten erbringen und zur Abrechnung stellen dürfen. Sie - die Beklagte - habe im Jahr 2005 eine Liste erstellt, aus der sich die Prüfungspunkte bei unvollständigen und inhaltlich fehlerhaften Heilmittelverordnungen für Leistungserbringer ergäben. Diese Liste sei an sämtliche Leistungserbringer in Baden-Württemberg kommuniziert worden. Würden Unvollständigkeiten oder Unplausibilitäten auf einer Verordnung bemerkt, werde vom Leistungserbringer eine Kontaktaufnahme mit dem verordnenden Vertragsarzt erwartet. Finde eine solche statt und werde dies auf der Verordnung handschriftlich vermerkt, würden von ihr - der Beklagten - keinerlei Kürzungen gegenüber dem Leistungserbringer vorgenommen. Nur wenn keine Kontaktaufnahme zum Vertragsarzt erfolge bzw. dokumentiert werde, würden unvollständige oder unplausible Verordnungen von ihr dem Leistungserbringer nicht vergütet. Grundlage der Überprüfungspflicht des Leistungserbringers sei die Konformität der Verordnung mit den HMR nach § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V. Die HMR seien für den Leistungserbringer verbindlich. Diese Auslegung durch das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 15. November 2007 (B 3 KR 4/07 R = SozR 4-2500 § 125 Nr. 4) sei noch zur Rechtslage des § 91 Abs. 9 SGB V alte Fassung (a.F.) ergangen. Zwischenzeitlich ergebe sich die Verbindlichkeit für Leistungserbringer unzweifelhaft aus § 91 Abs. 6 SGB V. Aus den vom BSG in diesem Urteil angestellten allgemeinen vertragsrechtlichen Überlegungen ergebe sich, dass bei einer für den Leistungserbringer offensichtlichen Abweichung vom Regelfall und keiner weiteren Begründung des Vertragsarztes auf der Verordnung eine Kontaktaufnahme zum Verordner zwingend wäre. Erfolge diese nicht, könne nach den Informationen an die Leistungserbringer vom 25. Februar 2005, 18. April 2005 und 04. Mai 2005 nicht von einer wirksamen Vertretungsmacht des Vertragsarztes ausgegangen werden. Sei aber von einer "Ungültigkeit" der Verordnung auszugehen, schließe dies auch einen Vergütungsanspruch des Leistungserbringers aus. Sie - die Beklagte - könne insoweit auch nicht auf die Regressmöglichkeiten im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V verwiesen werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss sei berechtigt, verbindliche Vorgaben zu machen. Deshalb sei die Festlegung, dass bei Maßnahmen der physikalischen Therapie die jeweilige Verordnung nicht mehr als sechs Einzelbehandlungen umfassen solle und die Verordnung längerer Behandlungsserien einer besonderen Begründung bedürfe, eine für die wirtschaftliche Leistungserbringung notwendige Voraussetzung. Dies bedeute, dass sie - die Beklagte - sich zur Umsetzung des Wirtschaftlichkeitsprinzips nicht allein auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V verweisen lassen müsse, sondern bereits ein entsprechendes Verhalten der Leistungserbringer zur Umsetzung von HMR-konformen Verordnungen bei den Leistungserbringern einfordern dürfe. Der Kläger könne sich gegen eine ihm obliegende Prüfpflicht auch nicht mit Erfolg auf § 4 Ziff. 3 RV berufen. Zwar sei eine übergangsweise Fortgeltung des bereits zum 31. Dezember 2006 gekündigten RV in § 23 Ziff. 4 RV geregelt. Eine solche Fortsetzungsklausel könne aber nur für einen Übergangszeitraum gelten. Da wegen des Streits über die Prüfpflicht nicht absehbar sei, wann sich die Parteien über einen neuen RV würden einigen können, könne deshalb nur von einer zeitlich begrenzten Nachwirkung ausgegangen werden. Selbst wenn man aber § 4 Ziff. 3 RV als wirksam anerkennen würde, könnte diese Regelung einer formellen Prüfpflicht der Leistungserbringer nicht entgegengehalten werden. Andernfalls liege ein Verstoß gegen das in § 12 SGB V normiert Wirtschaftlichkeitsgebot vor. Dieses begrenze den Leistungsanspruch des Versicherten, der nur Leistungen beanspruchen könne, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich seien. Im Regelfall könne ein Versicherter daher keinen Versorgungsanspruch geltend machen, wenn eine vertragsärztliche Verordnung vorliege, die über den Leistungsinhalt der HMR hinausgehe. Gleiches gelte auch in den Fällen, in denen vertragsärztliche Verordnungen vorlägen, die nicht den Anforderungen der HMR entsprächen. Habe der Versicherte in diesen Fällen keinen Leistungsanspruch, dürfe aber auch der Leistungserbringer eine solche Leistung nicht bewirken. Dies setze zwingend voraus, dass sich der Leistungserbringer darüber im Klaren sei, ob ein Anspruch des Versicherten bestehe und er damit eine Leistung erbringen könne oder nicht erbringen dürfe. In Fällen wie dem vorliegenden erfordere dies eine Rückfrage beim verordnenden Vertragsarzt, um abzuklären, ob es sich um einen Regelfall oder um eine Abweichung mit entsprechender Begründung handle. Auch die HMR selbst enthielten eine entsprechende Kommunikationsforderung zwischen Leistungserbringer und verordnendem Vertragsarzt. Außerdem sei in § 4 Ziff. 3 Satz 2 RV geregelt, dass die vertragsärztliche Verordnung nur dann ausgeführt werden könne, wenn die für die Behandlung erforderlichen Informationen (Diagnose, Art und Anzahl der Leistungen) in der Verordnung enthalten seien. Schon der Wortlaut des RV gehe deshalb eindeutig von einer formellen Überprüfung der vertragsärztlichen Verordnung aus. Nach § 3 Ziff. 1 RV bestimme zwar der Vertragsarzt Art und Umfang der Leistung. Zur Abgabe der Leistung sei der Leistungserbringer aber nur im Rahmen der Leistungsbeschreibung (Anlage 3 des RV) berechtigt und verpflichtet, wenn verordnungsfähige Maßnahmen der Physiotherapie gemäß den HMR vorlägen (Anlage 3 Ziff. 1, Grundsätze). Dies setze eine Prüfpflicht des Leistungserbringers auf Vollständigkeit und Plausibilität im Hinblick auf die HMR voraus. Der Ausschluss einer Prüfpflicht in § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV beziehe sich allein auf den medizinisch-materiellen Bereich der Verordnung, der unstreitig nicht zum Verantwortungsbereich des Leistungserbringers gehöre. Schließlich sei auch im RV an mehreren Stellen eine gesteigerte Kommunikation zwischen Leistungserbringer und Vertragsarzt gefordert (vgl. § 4 Ziff. 6 und Ziff. 8 sowie § 11 Ziff. 2 RV). Auch im Urteil vom 27. Oktober 2009 (B 1 KR 4/09 R) habe das BSG entschieden, dass der Heilmittelerbringer den Inhalt der ärztlichen Verordnung insoweit zu prüfen habe, als er Leistungen zu Lasten der Krankenkassen nur auf Basis einer gültigen Verordnung erbringen dürfe, welche die für eine wirksame und wirtschaftliche Heilmitteltherapie notwendigen ärztlichen Angaben enthalte. Ein Vergütungsanspruch könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag nach den §§ 677 ff. BGB hergeleitet werden. Zum einen stelle die Vergütungsvereinbarung eine erschöpfende Regelung dar, die einen Rückgriff auf die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließe. Zum anderen habe die Leistungserbringung des Klägers nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot in der gesetzlichen Krankenversicherung entsprochen, sodass die Geschäftsführung nicht in ihrem Interesse liege. Aus dem gleichen Grund scheide auch eine Bereicherung ihrerseits im Sinne der §§ 812 ff. BGB aus, sodass der Kläger auch hieraus keine Vergütungsansprüche herleiten könne. Die Gültigkeit der vertragsärztlichen Verordnung betreffe nicht das Innenverhältnis zwischen ihr und dem verordnenden Arzt. Die vertragsärztliche Verordnung sei das Angebot im Sinne der §§ 145 ff. BGB zum Abschluss des Behandlungsvertrags und betreffe damit das Außenverhältnis zwischen dem Kläger und ihr - der Beklagten -. Es treffe auch nicht zu, dass die Rahmenempfehlungen und die HMR für die Frage, ob eine gültige ärztliche Verordnung und damit ein wirksames Vertragsangebot abgegeben worden sei, wegen einer angeblich fehlenden Verweisung im RV nicht maßgeblich seien. Die Rahmenempfehlungen und HMR seien unabhängig von dem jeweiligen Landesrahmenvertrag für die vertragsschließenden Parteien des Behandlungsvertrags verbindlich. Die HMR und deren Anlagen stellten daher den Maßstab für die Gültigkeit ärztlicher Verordnungen dar. Ein wirksames Vertragsangebot könne somit von dem verordnenden Vertragsarzt als Stellvertreter der Krankenkasse nur dann abgegeben werden, wenn eine solche vertragsärztliche Verordnung die in Teil 1 Abschnitt VI Ziff. 22 der Heilmittel-Richtlinien geregelten Voraussetzungen erfülle.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Februar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, ihm obliege keine Prüfpflicht hinsichtlich der ihm vorgelegten Heilmittelverordnungen. Zwischen ihm und der Beklagten bestehe ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis auf der Grundlage eines RV gemäß § 125 SGB V, der trotz der Kündigung wegen in § 23 Ziff. 4 RV ausdrücklich vereinbarten Nachwirkung fortwirke. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergebe sich eine Prüfpflicht nicht aus dem Regelungsgehalt der Generalnormen der §§ 12, 70 SGB V. Insbesondere habe auch das BSG im Urteil vom 15. November 2007 (B 3 KR 4/07 R) negiert, § 12 SGB V als Rechtsgrundlage für eine Prüfpflicht heranziehen zu dürfen/können. Die HMR seien für ihn auch weder in der zum Zeitpunkt der vorliegenden Absetzungen maßgebenden Fassung des § 92 Abs. 9 SGB V, noch in der seit 01. Juli 2008 geltenden Fassung des § 91 Abs. 6 SGB V verbindlich. In § 125 SGB V habe der Gesetzgeber klar geregelt, dass das "Wie" der Leistungserbringer von den Berufsverbänden und den Krankenkasse in Rahmenempfehlungen und schließlich in Form von Rahmenverträgen vereinbart werden solle. Somit gebe es durch die Neufassung des § 91 SGB V überhaupt keine unmittelbare Änderung im Verhältnis Arzt und Therapeut und es gebe durch die Gesetzesänderung auch keine unmittelbare Auswirkung auf das konkrete Vertragsverhältnis zwischen Krankenkassen und Therapeuten, wie es im Rahmenvertrag geregelt sei. Der Umfang der vertraglich vereinbarten Leistungen werde mit der vertragsärztlichen Verordnung festgelegt. In dem darin ausgewiesenen Umfang komme zwischen der Krankenkasse und dem Leistungserbringer ein Vertrag nach § 611 BGB zustande. Er habe die ihm vorgegebene Leistung tatsächlich erbracht, sein Vergütungsanspruch sei damit evident. Daran würden auch die von der Beklagten reklamierten Schreiben vom 25. Februar 2005, 18. April 2005 und 04. Mai 2005 nichts ändern. Abgesehen davon, dass er bestreite, dass ihm diese zugegangen seien, werde eine einseitig von der Beklagten aufgestellte Rezeptprüfpflicht nicht automatisch maßgebend für das öffentlich-rechtliche Vertragsrechtsverhältnis. Auch den gemeinsamen Rahmenempfehlungen nach § 125 Abs. 1 SGB V über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln vom 01. August 2001 lasse sich die von der Beklagten geforderte Prüfpflicht nicht entnehmen. Abgesehen davon, dass sich die Rahmenempfehlungen gerade nicht an die Leistungserbringer und damit nicht an ihn richteten, handle es sich - wie bereits aus dem Wortlaut zu ersehen sei - lediglich um Empfehlungen, die weder erzwungen werden könnten, noch für andere Beteiligte verbindlich seien. Eine Bindung würde erst dann entstehen, wenn die Rahmenempfehlungen in den RV übernommen worden wären, dies sei jedoch ausweislich des Wortlauts von § 4 RV gerade nicht erfolgt. Auch sei durch des BSG vom 27. Oktober 2009 (B 1 KR 4/09 R) geklärt, dass die Regelung innerhalb des § 4 Ziff. 3 RV, wonach eine Prüfpflicht der Leistungserbringer nicht gegeben sei, mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Es gebe auf der Grundlage der §§ 2, 12, 23 und 43 SGB V einerseits und den HMR andererseits eine eigenständige Verantwortung des Heilmittelerbringers, und damit auch für ihn, für die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Heilmittel-Therapie. Der Heilmittelerbringer müsse die ihm vorgelegte Heilmittel-Verordnung aber nur auf aus seiner professionellen Sicht erkennbare Fehler und Vollständigkeit überprüfen. Eine Haftung des Behandlers, dass jede ärztliche Verordnung ordnungsgemäß ausgestellt sei, somit ein Vergütungsanspruch nicht bestehe, wenn eine Verordnung nicht vollumfänglich den Vorgaben der HMR entspreche, finde in diesem Urteil des BSG indessen keine ausreichende Stütze. Die vertragsärztliche Verantwortung für die in der Verordnung zum Ausdruck kommende Therapieentscheidung aus medizinisch-therapeutischer Sicht bleibe - wie das BSG klargestellt habe - unberührt. Eine medizinisch-therapeutische Prüfpflicht der Heilmittelerbringer insgesamt und damit auch für ihn bestehe nicht. Das BSG habe in dem Urteil auch unzweideutig klargestellt, dass einem Zahlungsanspruch des Heilmittelerbringers durch die Krankenkasse nur dann wirksam begegnet werden könne, wenn dem ein Anspruchshindernis entgegenstehe. Dies wiederum ergebe sich aus den HMR und den Rahmenverträgen (Rahmenempfehlungen) und hänge "von der Art des Mangels" ab. Das BSG ziehe jedoch gerade keine Schlussfolgerungen bezüglich der Frage eines eventuellen Verlustes des Vergütungsanspruchs, wenn die Verordnung unvollständig oder fehlerhaft sei. Auch eine fehlerhafte Verordnung vernichte nicht per se den Vergütungsanspruch des Behandlers. Nicht anders könne die Aussage des BSG verstanden werden, wonach bei Fehlen von Angaben des Arztes "die Auswirkungen (des Mangels) auf den Zahlungsanspruch (auch) von der Art des konkreten Mangels abhängt". Entscheidend für die formellen Voraussetzungen einer Verordnung sei danach weiter der jeweilige landesrechtliche RV. Der Behandler könne den ärztlichen Angaben, die § 4 Ziff. 3 RV verlange, vertrauen, zumindest soweit diese nicht offensichtlich fehlerhaft seien. Nach dem Urteil des BSG vom 27. Oktober 2009 sei er - der Kläger - als Leistungserbringer im Übrigen nicht bloßer Weisungsempfänger des Arztes. Deshalb müsse ihm auch zugestanden werden, Verordnungen, die den Vorgaben der HMR nicht vollständig entsprächen, auch ohne vorherige Korrektur durch den Vertragsarzt in einer Art und Weise umzusetzen, die den Vorgaben der HMR entsprächen und damit seinen Vergütungsanspruch begründeten. Sein Vergütungsanspruch sei auch nicht wegen Unwirtschaftlichkeit verlorengegangen. Die Überschreitung der Höchstverordnungsmenge könne ihm nicht entgegengehalten werden. Das BSG habe insoweit im Urteil vom 15. November 2007 (B 3 KR 4/07 R) ausdrücklich eine Absetzungsbefugnis für diejenigen Krankenkassen verneint, die - wie die Beklagte - hinsichtlich der Verordnungen außerhalb des Regelfalls auf das Genehmigungserfordernis verzichtet hätten. Schließlich gehe der Ansatz der Beklagten unter Berufung auf das Urteil des BSG vom 15. November 2007 für die betreffenden abgesetzten vertragsärztlichen Verordnungen den Abschluss eines rechtswirksamen Behandlungsvertrages und so einen Vergütungsanspruch seinerseits zu negieren, fehl. Der Vertragsarzt weise mit seiner überlegenen und umfassenderen Ausbildung den medizinisch nicht so umfassend ausgebildeten Physiotherapeuten an, bestimmte Therapien/Heilmittel auszuführen. Der Physiotherapeut sei infolgedessen bei der Entgegennahme des Behandlungsauftrags (also der vertragsärztlichen Verordnung) "blind" und zu einer Überprüfung der ausgestellten vertragsärztlichen Verordnung nicht in der Lage. Der Vertragsarzt sei insoweit Beauftragter der Beklagten. Im Kern handele es sich bei der Heilmittelverordnung um einen Dienstleistungsvertrag zwischen Krankenkasse und Heilmittelerbringer unter Einschaltung des Vertragsarztes als Vertreter der Krankenkassen zugunsten der Versicherten. Der Vertragsarzt handle in jedem Fall einer ausgestellten Verordnung innerhalb seiner Vertretungsmacht. Sein Angebot sei dann aber auch jedenfalls und zwar unabhängig von seinem Inhalt wirksam. Die Wirksamkeit der Vertretung werde auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Vertreter (hier: Vertragsarzt) seine Pflichten aus dem Innenverhältnis (hier: Vorgaben der HMR) verletze. Etwas anderes gelte nur im Fall der Kollusion oder bei Kenntnis eines Vollmachtsmissbrauchs. Dies scheide hier jeweils aus. Im Übrigen enthalte der RV weder eine dynamische Verweisung noch eine wortgetreue Übernahme der Bundesrahmenempfehlungen. Wenn die Beklagte nunmehr den Praxisinhabern anbiete, Verordnungen, die nicht den Vorgaben der HMR entsprächen, gültig werden zu lassen, wenn der Vertragsarzt ohne Änderung seiner Verordnungsweise auf die Durchführung der Verordnung bestehe, so erschließe sich ein solches Rechtsverständnis nicht. Offenbar solle nach Auffassung der Beklagten dadurch aus der fehlerhaften Verordnung eine gültige Verordnung werden und ein wirksamer Behandlungsvertrag zustandekommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach Zulassung durch das SG gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Sie hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger die geltend gemachten weiteren Vergütungen für physiotherapeutische Leistungen in Höhe von EUR 91,08 und EUR 77,76, mithin insgesamt EUR 168,84 zu zahlen; der Kläger hat hierauf keinen Anspruch. Das SG hätte die Klage daher abweisen müssen.
Der Kläger verfolgt sein Begehren zulässigerweise als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG. Es war weder ein Widerspruchsverfahren durchzuführen noch eine Klagefrist einzuhalten (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. September 2002 - B 3 KR 2/02 R in juris).
Maßgebliche Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Klägers ist § 125 Abs. 2 SGB V i. V. mit § 15 Ziff. 1 des zum 01. Dezember 2002 in Kraft getretenen RV sowie der in Anlage 5 zu diesem RV enthaltenen Preisvereinbarung. Die vom Kläger abgerechneten Leistungen wurden im August und September 2008 erbracht. Zu diesem Zeitpunkt war der RV vom 01. Dezember 2002 zwar gekündigt. Eine neue vertragliche Regelung ist seit der zum 31. Dezember 2006 erfolgten Kündigung jedoch noch nicht erfolgt, sodass der RV auch über den Zeitpunkt der Kündigung hinaus nach der Fortgeltungsklausel des § 23 Ziff. 4 RV weiter gilt und dem Begehren des Klägers zugrundezulegen ist.
Voraussetzung des Vergütungsanspruchs des Klägers ist (neben der Leistungserbringung), dass ein Leistungsanspruch des Versicherten nach § 32 SGB V in der ab 01. April 2004 geltenden Fassung bestanden hat und das Heilmittel vertragsärztlich verordnet worden ist (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr. 5). Das Bestehen des Leistungsanspruchs setzt voraus, dass die vertragsärztliche Verordnung gültig bzw. wirksam ist. Davon gehen auch die Vertragspartner des RV aus, wie sich aus § 4 Ziff. 10 RV ergibt. Dort ist bestimmt, dass ein Vergütungsanspruch nicht besteht, wenn eine (ursprünglich gültige) Verordnung gemäß § 4 Ziff. 8 Buchstabe a) und b) RV ungültig geworden ist. Nichts anderes kann gelten, wenn von vornherein gar keine gültige Verordnung vorlag. Eine vertragsärztliche Verordnung von Heilmitteln ist ungültig bzw. unwirksam, wenn sie gegen geltendes Recht verstößt. Bei der Verordnung von Heilmitteln gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V hat der Vertragsarzt die vom Gemeinsamen Bundesausschuss auf der Grundlage von § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erlassenen HMR zu beachten. Die HMR legen nicht nur den Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich fest, sie sind auch für die Heilmittelerbringer unmittelbar geltendes Recht (BSG a.a.O.).
Heilmittel sind nur nach Maßgabe der HMR nach pflichtgemäßem Ermessen verordnungsfähig (Teil 1 Abschnitt II Nr. 8 Satz 1 HMR). Zwar ist der Therapeut grundsätzlich (vorbehaltlich anderer Bestimmungen in den HMR) an die ärztliche Verordnung gebunden (Teil 1 Abschnitt II Nr. 9 Satz 2 HMR). Dies bedeutet aber nur, dass er weder andere noch weitere Leistungen als die vom Vertragsarzt verordneten erbringen und abrechnen darf, nicht aber, dass er berechtigt oder gar verpflichtet ist, jede Verordnung ohne weitere Prüfung auszuführen. Da die HMR auch gegenüber dem Kläger verbindlich und daher von ihm zu beachten sind, ist ihm die Berufung auf den Inhalt der ärztlichen Verordnung verwehrt, wenn er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass die vertragsärztliche Verordnung nicht mit den HMR übereinstimmt. Denn nach § 2 Abs. 4 SGB V haben auch die Leistungserbringer darauf zu achten, dass Leistungen nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden. Daraus sowie aus dem in § 12 SGB V geregelten Wirtschaftlichkeitsgebot und der sich aus den HMR ergebenden Pflicht zur engen Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt ergibt sich eine Pflicht der Heilmittelerbringer, die Verordnung des Vertragsarztes auf aus ihrer professionellen Sicht erkennbare Fehler und Vollständigkeit zu überprüfen (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr. 5; vgl. hierzu auch Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 26. Oktober 2010 - L 11 KR 1322/09 und L 11 KR 690/10 jeweils in juris sowie Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08, nicht veröffentlicht). Gleiches würde gelten, wenn auf die Leistungserbringung die Vorschriften des Zivilrechts (analog) anzuwenden wären. Denn mit Verordnungen, die mit den HMR nicht übereinstimmen, überschreitet der Vertragsarzt die ihm eingeräumte Befugnis, den Versicherten Sachleistungen auf Kosten der Krankenkasse zu verschaffen. Insoweit ist sein Handeln dem eines Vertreters ohne Vertretungsmacht vergleichbar und nach § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB würde in einem solchen Fall selbst eine Haftung des ohne Vertretungsmacht handelnden Vertreters ausscheiden (Urteile des LSG vom 26. Oktober 2010 a.a.O.).
Im Interesse einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln gehört es daher zur Aufgabe des Leistungserbringers, zusammen mit dem Vertragsarzt eine im Rahmen der HMR erfolgende Heilmittelversorgung zu gewährleisten. Dies setzt auch voraus, dass der Leistungserbringer den Vertragsarzt auf von ihm festgestellte Abweichungen der Verordnung von den Vorgaben der HMR hinweist und dies ebenso wie eventuelle Änderungen der Verordnung dokumentiert. Von einer im Interesse einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln liegenden Zusammenarbeit der Vertragsärzte und Heilmittelerbringer gehen auch die HMR und der RV aus (vgl. LSG, Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08 -, auch zum Folgenden). Die Notwendigkeit einer Kooperation zwischen dem Therapeuten als Leistungserbringer und dem Vertragsarzt sowie Vorgaben für die Art und Weise ihres Zusammenwirkens ergeben sich aus VII Ziff. 26 ff der HMR, §§ 17, 18 der Gemeinsamen Rahmenempfehlungen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene und aus dem RV. Zwar ist in § 3 Ziff. 1 RV bestimmt, dass Art und Umfang der Leistungen der Vertragsarzt bestimmt. Nach § 3 Ziff. 6 RV sind die Leistungen aber auch ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu erbringen. Im Interesse einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung mit Heilmitteln kooperieren nach § 4 Ziff. 6, 7 und 8 RV die Leistungserbringer und ihre Mitarbeiter mit dem verordnenden Vertragsarzt.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Prüfpflicht auch nicht nach § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV, wonach dem Leistungserbringer keine Prüfpflicht obliegt, ausgeschlossen, so dass der Kläger sich nicht auf § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV berufen kann. Denn die aufgrund gesetzlicher Normen bestehende Verpflichtung des Klägers als Leistungserbringer vermag diese vertragliche Regelung nicht aufzuheben. Die Prüfpflicht beruht, wie das BSG in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) ausdrücklich klargestellt hat, auf höherrangigem Recht und zwar den § 2 Abs. 4 und 12 Abs.1 Satz 2 SGB V. Da somit die Regelung des § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV mit höherrangigem Recht nicht im Einklang steht, ist sie unwirksam.
Der Kläger muss nicht zugestanden werden, dass er Verordnungen, die nicht den HMR entsprechen, auch ohne vorherige Korrektur durch den Vertragsarzt in einer den HMR entsprechenden Weise umsetzen dürfe und damit seinen Vergütungsanspruch begründe, da er nicht bloßer Weisungsempfänger des Vertragsarztes sei. Abgesehen davon, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Vertragsarzt und dem Heilmittelerbringer wie ausgeführt in den HMR, den Gemeinsamen Rahmenempfehlung und den Rahmenverträgen ausdrücklich geregelt ist, und ein "eigenmächtiges" Vorgehen, des Leistungserbringers dem nicht entspricht, ist dem entgegenzuhalten, dass durch die Erbringung von zehn bzw. zwölf und damit die Erstverordnungsmenge von sechs um vier bzw. sechs übersteigenden Einheiten durch den Kläger die Umsetzung der Verordnung eben gerade nicht den HMR entspricht. Es handelt sich um keine der HMR entsprechende Behandlung.
Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Verweis des Klägers darauf, dass Vertragsärzte in der Regel nicht geneigt seien, Belehrungen durch nachgeordnete Berufsgruppen anzunehmen und die Beklagte die Möglichkeit hätte, die von ihr beanstandeten Verordnungen im Regressverfahren mit den Vertragsärzten zu diskutieren. Dies mag, zumindest in einzelnen Fällen, nicht von der Hand zu weisen sein, doch führt dies nicht dazu, dass der Kläger deshalb entsprechend der Verordnung mehr physiotherapeutische Einheiten erbringen kann, als es die HMR vorsehen. Hierdurch wird weder die Verordnung rechtmäßig noch ist deshalb eine Abweichung von der HMR gerechtfertigt.
Der indikationsbezogene Katalog verordnungsfähiger Heilmittel nach § 92 Abs. 6 SGB V (Heilmittelkatalog), der Bestandteil der HMR ist, regelt nach Teil 1 Abschnitt II Ziff. 8 Satz 2 HMR &61485; die Indikationen, bei denen Heilmittel verordnungsfähig sind, &61485; die Art der verordnungsfähigen Heilmittel bei diesen Indikationen &61485; die Menge der verordnungsfähigen Heilmittel je Diagnosegruppe und &61485; die Besonderheiten bei Wiederholungsverordnungen (Folgeverordnungen). Den Heilmittelverordnungen liegt in den jeweiligen Abschnitten des Heilmittelkatalogs ein definierter Regelfall zugrunde. Dieser Regelfall geht von der Vorstellung aus, dass mit dem der Indikation zugeordneten Heilmittel im Rahmen der Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls das angestrebte Behandlungsziel erreicht werden kann. Die Gesamtverordnungsmenge und die Anzahl der Behandlungen (Einheiten) je Verordnung im Regelfall ergeben sich aus dem Heilmittelkatalog (Teil 1 Abschnitt II Ziff. 11 HMR).
Im Heilmittelkatalog unter WS2 und EX3 sind jeweils diagnosebezogene vorrangige Heilmittel sowie standardisierte Heilmittelkombinationen aufgeführt. Hierfür sind in VI Ziff. 24 HMR Auswahlkriterien aufgestellt, etwa die vorrangige Verordnung von im Heilmittelkatalog als vorrangiges Heilmittel genannten Maßnahmen, die Voraussetzungen für standardisierte Heilmittelkombinationen oder die Unzulässigkeit der gleichzeitigen Verordnung einer standardisierten Heilmittelkombination mit einem weiteren Einzelheilmittel.
Auf der Grundlage dieser Vorschriften und Grundsätze ist der vom Kläger geltend gemachte weitere Vergütungsanspruch zu verneinen.
Der Kläger hat die physiotherapeutischen Leistungen, deren Vergütung die Beklagte abgelehnt hat, auf der Grundlage der vertragsärztlichen Verordnungen des Dr. D. vom 16. Januar 2008 und der Dres. Z.-F. vom 28. Februar 2008 ausgeführt. Die Verordnung des Dr. D. vom 16. Januar 2008 wurde als Erstverordnung für eine Indikation der im Heilmittelkatalog aufgeführten Diagnosegruppe WS2c ausgestellt. Die Diagnosegruppe WS2 umfasst Wirbelsäulenerkrankungen mit prognostisch länger dauerndem Behandlungsbedarf (insbesondere Einschränkungen von relevanten Aktivitäten des täglichen Lebens, multistrukturelle oder funktionelle Schädigung). Nach Buchst. c) ist Leitsymptomatik (Schädigung, Funktionsstörung) Muskeldysbalance, -insuffizienz, -verkürzung. Die Verordnungsmenge belief sich auf zehn Einheiten. Die Verordnung der Dres. Z.-F. vom 28. Februar 2008 wurde ebenfalls als Erstverordnung für eine Indikation der im Heilmittelkatalog aufgeführten Diagnosegruppe EX3a ausgestellt. Die Diagnosegruppe EX3 umfasst Verletzungen/Operationen und Erkrankungen der Extremitäten und des Beckens mit prognostisch längerem Behandlungsbedarf (insbesondere Einschränkungen von relevanten Aktivitäten des täglichen Lebens, multistrukturelle funktionelle Schädigungen). Nach Buchst. a) ist Leitsymptomatik (Schädigung, Funktionsstörung) Gelenkfunktionsstörungen, Bewegungsstörungen und Kontrakturen. Die Verordnungsmenge belief sich auf zwölf Einheiten. Sowohl für die Diagnosegruppe WS2 als auch für die Diagnosegruppe EX3 ist für die Erstverordnung im Heilmittelkatalog die Verordnungsmenge mit kleiner gleich sechs Einheiten angegeben. Auch nach den allgemeinen Bestimmungen in den HMR (Teil 1 Abschnitt II Ziff. 11.2.3) beträgt die maximale Verordnungsmenge bei Erstverordnungen jedes Regelfalls in der Physikalischen Therapie bis zu sechs Einheiten. Ausnahmen müssen im Heilmittelkatalog aufgeführt werden, was aber hier nicht der Fall ist. Daher besteht ein Vergütungsanspruch jeweils nur für sechs Einheiten, nicht aber für zehn bzw. zwölf. Da die Beklagte den jeweils für sechs Einheiten bestehenden Vergütungsanspruch erfüllt hat, besteht kein weiterer Vergütungsanspruch des Klägers mehr.
Etwas anderes ergibt sich hier im Hinblick auf die von Dr. D. ausgestellte Verordnung auch nicht deshalb, weil Dr. D. auf der Verordnung in der Rubrik "Medizinische Begründung bei Verordnungen außerhalb des Regelfalls" angab: zur Verbesserung der Lungenfunktion. Denn hierdurch wird die Verordnung noch nicht zu einer Verordnung außerhalb des Regelfalls. Eine Verordnung außerhalb des Regelfalles kann nur dann angenommen werden, wenn auch die Rubrik "Verordnung außerhalb des Regelfalles" angekreuzt wurde. Dies war hier nicht der Fall.
Die Abweichung vom Heilmittelkatalog war für den Kläger auch jeweils erkennbar. Die HMR und der Heilmittel-Katalog sind ihm aufgrund seiner in der Ausbildung erworbenen Fachkompetenz vertraut und als Grundlage seiner beruflichen Tätigkeit im Einzelnen bekannt.
Soweit der Kläger geltend macht, eine fehlerhafte Verordnung könne als solche nicht den Vergütungsanspruch vernichten, und sich darauf beruft, dass die Beklagte ihm nach der Rechtsprechung des BSG nur dann ein Anspruchshindernis entgegenhalten könne, wenn sich dies aus der "Art des Mangels" ergebe, so folgt daraus nichts anderes. Das BSG hat in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) das Argument, dass die Auswirkung auf den Zahlungsanspruch von der Art des konkreten Mangels abhinge, im Zusammenhang mit der Frage herangezogen, ob für die dortige Klägerin, eine Leistungserbringerin, ein Feststellungsbegehren ausnahmsweise gegenüber einer Leistungsklage zulässig sein könnte. Das BSG geht an dieser Stelle davon aus, dass Mängel der Verordnung grundsätzlich Auswirkungen auf den Zahlungsanspruch haben, wobei die genaue Höhe des unter Berücksichtigung entsprechender Mängel zu berechnenden Vergütungsanspruchs zweifelsohne von der Art des Mangels abhängt, also etwa von der Frage, ob die vorgegebene Verordnungsmenge überschritten wurde oder ein nicht verordnungsfähiges Heilmittel verordnet wurde. Im Falle des Klägers ist mit der Absetzung des streitgegenständlichen Betrags die Auswirkung der mängelbehafteten Verordnung von der Beklagten unter Berücksichtigung des konkreten Mangels umgesetzt worden (vgl. LSG, Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08 -).
Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil nach seiner Behauptung in der mündlichen Verhandlung des Senats die Beklagte die von ihm zuvor in gleicher Weise abgerechneten Leistungen nicht beanstandet habe. Es mag zutreffen, dass Beklagte auch über die in den HMR genannten Höchstmengen hinausgehende Leistungen vergütet hat. Allein aus der unbeanstandeten Abrechnung bestimmter Leistungen über einen längeren Zeitraum erwächst jedoch kein Recht, auch in Zukunft entsprechend abrechnen zu dürfen. Ein Vertrauensschutz käme nur in Betracht, wenn die Beklagte die beanstandete Abrechnung, zum Beispiel auf Nachfrage des Leistungserbringers oder in von ihr den Leistungserbringern zur Abrechnung gegebenen Hinweisen, gebilligt hätte (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 zum Vertragsarztrecht). Hierfür gibt es weder aus dem Vorbringen der Beteiligten noch aus den vorliegenden Akten Anhaltspunkte.
Sofern der Kläger schließlich im vorliegenden Berufungsverfahren behauptet, die Beklagte gewähre für den Fall, dass der Vertragsarzt auf die Ausführung einer nicht mit den HMR in Einklang stehenden Verordnung bestehen sollte, bei Anbringung eines entsprechenden Vermerks auf der Verordnung durch den Leistungserbringer diesem die Vergütung ungekürzt, kann er daraus den geltend gemachten Vergütungsanspruch nicht herleiten. Denn der Kläger hat seine Obliegenheit zur Prüfung der Verordnungen und zur Mitteilung von Abweichungen von den HMR an die verordnenden Vertragsärzte nicht genügt, sodass es sich als hypothetisch darstellt, ob die Vertragsärzte im Falle eines Hinweises durch den Kläger auf der Durchführung ihrer Verordnungen bestanden hätten. Einen derartigen im Ungewissen liegenden Sachverhalt hat der Senat aber nicht zu entscheiden. Aus den gleichen Gründen kann auch die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob es rechtlich vertretbar sei, allein durch die Dokumentation der Nachfrage des Leistungserbringers beim Vertragsarzt dessen bis dahin ungültige Verordnung als gültig zu behandeln und eine ungekürzte Vergütung zu gewähren, dahingestellt bleiben, zumal der Kläger durch eine solche Praxis der Beklagten ohnehin nicht beschwert wäre. Auf die von der Beklagten an die Leistungserbringer erfolgten Anschreiben vom 25. Februar 2005, 18. April 2005 und 04. Mai 2005 kommt es demnach nicht an, sodass auch dahingestellt bleiben kann, ob diese Informationen dem Kläger zugegangen sind.
Die Beklagte hat von den Vergütungsansprüchen des Klägers auch in nicht zu beanstandender Weise Beträge in Höhe von EUR 91,08 und EUR 77,76 in Abzug gebracht. Der Nettobetrag der Verordnung vom 16. Januar 2008 für zehn Einheiten belief sich auf EUR 217,70. Hierzu ist die Zuzahlung der Versicherten in Höhe von EUR 10,00 zu addieren (§ 61 Satz 3 SGB V). Unter Zugrundelegung eines Betrags in Höhe von EUR 227,70 dividiert durch zehn Einheiten ergibt sich für eine Einheit ein Betrag in Höhe von EUR 22,77 und für vier Einheiten in Höhe von EUR 91,08. Der Nettobetrag der Verordnung vom 28. Februar 2008 für zwölf Einheiten belief sich zuzüglich der Zuzahlung des Versicherten auf EUR 155,52. Diesen Betrag dividiert durch zwölf und multipliziert mit sechs ergibt EUR 77,76.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a SGG, §§ 52 Abs. 1 und 3, 47, 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Nachdem über den feststehenden Betrag von EUR 168,84 zu befinden war, ist dieser Betrag maßgeblich.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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