Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 23 RJ 569/97
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 RJ 57/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 1999 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind dem Kläger von der Beklagten auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Der 1949 geborene Kläger hat von 1965 bis 1968 eine Lehre als Einzelhandelskaufmann absolviert und die Kaufmannsgehilfenprüfung erfolgreich abgelegt. Anschließend arbeitete er bei verschiedenen Firmen und Behörden u.a. als kaufmännischer Mitarbeiter, Sachbearbeiter, Registrator und Wachmann, später auch als Lager- und Transportarbeiter.
Seit Oktober 1981 war er bei den BVe (BVG) beschäftigt, die ihn nach innerbetrieblicher Ausbildung und Prüfung ab 1. Januar 1982 als Omnibusfahrer im Einmannturnus mit Inkassotätigkeit einsetzte. Nachdem es seit 1991 wiederholt zu längeren Fehlzeiten wegen orthopädischer Leiden gekommen war, war der Kläger seit 9. Oktober 1995 durchgehend arbeitsunfähig krank, weshalb das Arbeitsverhältnis schließlich mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 beendet wurde. Der Kläger bezog bis zur Aussteuerung am 7. April 1997 Krankengeld und bestreitet seinen Lebensunterhalt seitdem von Arbeitslosengeld bzw. -hilfe.
Am 25. März 1996 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und machte geltend, wegen eines degenerativen Wirbelsäulenleidens mit pseudoradikulärer Symptomatik zu keinerlei Arbeiten mehr in der Lage zu sein. Die Beklagte stellte in seinem Versicherungskonto 342 Beitragsmonate fest, davon 57 in der Zeit vom 25. März 1991 bis 24. März 1996, und ließ den Kläger nach Beiziehung diverser medizinischer Unterlagen von der Internistin Dr. W untersuchen. Diese stellte in ihrem Gutachten vom 16. September 1996 fest, dass der Kläger an einem Wirbelsäulensyndrom, Bluthochdruck, geringer Nierenfunktionsstörung, diabetischer Stoffwechsellage, Fettstoffwechselstörung, Harnsäureerhöhung sowie Übergewicht leide und gelangte zu der Einschätzung, dass er als Busfahrer nicht mehr leistungsfähig sei, jedoch noch vollschichtig leichte Arbeiten in wechselnder Haltung mit gewissen qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 8. Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. April 1997 mit der Begründung ab, der Kläger könne mit dem ärztlich festgestellten Leistungsvermögen zwar nicht mehr seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit verrichten, aber noch vollschichtig mit gewissen Einschränkungen ungelernte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten, die ihm nach seinem beruflichen Werdegang und der Lösung von seinem erlernten Beruf zumutbar seien. Damit sei er weder berufs- noch erwerbsunfähig im Sinne der §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch -SGB- VI.
Mit der am 30. April 1997 erhobenen Klage hat der Kläger sein Rentenbegehren hinsichtlich der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weiterverfolgt und geltend gemacht, seine zahlreichen Gesundheitsbeeinträchtigungen ließen eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht mehr zu. Die Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass er auch an Bindegewebsrheuma leide. Sein Arbeitgeber habe ihn von seinem regulären Arbeitsplatz als Busfahrer zunächst an eine Tankstelle und danach auf eine Stelle als Pförtner umgesetzt, aber auch diese Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung habe er nicht dauerhaft ausüben können. Hierzu hat der Kläger u.a. auf ein betriebsärztliches Gutachten vom 28. Mai 1997 verwiesen.
Das Sozialgericht hat den Entlassungsbericht der S-Klinik vom 5. Januar 1997 angefordert, wo der Kläger vom 27. November bis 20. Dezember 1996 u.a. wegen des Verdachts auf Kollagenose behandelt worden ist, und die Schwerbehindertenakte des Klägers (Grad der Behinderung von 50 gemäß Bescheid vom 25. April 1997) sowie ein arbeitsamtsärztliches Gutachten vom 24. Februar 1998 (vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten in wechselnder Haltung) beigezogen und Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers Dr. B (Neurochirurg), Dr. L (Urologe) und Dr. S (Internist) erhalten. Sodann hat das Gericht ein schriftliches Sachverständigengutachten von dem Arzt für Orthopädie und Rheumatologie Prof. Dr. S eingeholt. In seinem Gutachten vom 13. Juli 1998, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: gering- bis mittelgradige Nervenwurzelreizerscheinungen bei leichter Verschleißerkrankung des Achsorganes, Irritation des Ellennervens links mit Funktionsminderung der Beihand, Fußfehlform, Übergewicht mit kompensierter Gicht.
Das Leistungsvermögen des Klägers hat er dahin eingeschätzt, dass er noch vollschichtig mittelschwere Arbeiten im Freien oder in geschlossenen Räumen, auch unter Einfluss von geringer Zugluft, Feuchtigkeit und zumutbarer Kälte verrichten könne. Der Kläger könne im Gehen, Stehen oder Sitzen arbeiten, einseitige körperliche Belastungen, Zeitdruck, festgelegter Arbeitsrhythmus sowie der Einsatz an laufenden Maschinen seien möglich. Beim Einsatz im Schichtdienst sei zu berücksichtigen, dass eine geringgradige Zuckerkrankheit bestehe, die sich durch Wechsel- und Nachtschichten verstärken würde. Der Kläger solle wegen seines erheblichen Übergewichts nicht auf Leitern und Gerüsten arbeiten. Die Fingergeschicklichkeit der linken Hand sei herabgesetzt, die der rechten Hand nicht gemindert. Die geistigen Fähigkeiten des Klägers seien nicht eingeschränkt. Die üblichen Pausen reichten aus, Besonderheiten für den Weg zur Arbeit bestünden nicht. Ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten sei dringend erforderlich, da eine schwerwiegende Diskrepanz zwischen den objektivierbaren Befunden und den mitgeteilten Schmerzen bestehe. Nach Einwendungen des Klägers und Vorlage diverser Laborergebnisse und eines Attestes des Dr. S, der nunmehr ein Fibromyalgiesyndrom für denkbar hielt, hat der Sachverständige Prof. Dr. S in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 2. März 1999 dargelegt, dass die Diagnosen Kollagenose und Fibromyalgie sich gegenseitig ausschlössen und die mitgeteilten Laborwerte keinen Anlass zu einer von seiner bisherigen Einschätzung abweichenden Beurteilung ergäben.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 30. Juni 1999 die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, im Wesentlichen sinngemäß ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 SGB VI, da die medizinischen Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Der Kläger verfüge noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen. Die Kammer stütze sich bei ihrer Entscheidung in erster Linie auf das sorgfältige und nachvollziehbar begründete Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S, das im Ergebnis mit der Einschätzung der Gutachter für das Arbeitsamt und im Rentenverfahren übereinstimme. Die mit einer erheblichen Schmerzsymptomatik begründete abweichende Beurteilung des behandelnden Neurochirurgen und Internisten habe von dem unabhängigen gerichtlichen Sachverständigen nicht anhand objektiver Befunde nachvollzogen werden können. Für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit komme es auch nicht auf die - unterschiedlichen - Diagnosen an, sondern nur auf die aus vorhandenen Erkrankungen resultierenden Funktionseinschränkungen, die Prof. Dr. S in seinem Gutachten im Einzelnen beschrieben habe. Der von ihm angeregten Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens habe es nicht bedurft, weil der Kläger seinen Rentenantrag nicht auf ein psychisches Leiden gestützt habe und auch seine behandelnden Ärzte keinerlei Hinweise hierauf gegeben hätten. Mit dem beim Kläger festgestellten Restleistungsvermögen sei eine Vielzahl von Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes denkbar. Einer konkreten Benennung bedürfe es nicht, da weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliege.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 3. August 1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 1. September 1999 eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass das Sozialgericht seiner Aufklärungspflicht nicht in gehörigem Umfang nachgekommen sei, weil es das dringend empfohlene nervenärztliche Gutachten nicht eingeholt habe. Es sei einer neurotischen Fehlentwicklung geradezu wesenseigen, dass sie vom Betroffenen nicht erkannt werde. Auch hätten nochmalige aktuelle Befundberichte von den behandelnden Ärzten eingeholt werden müssen. Hierzu hat der Kläger Laborbefunde und ein Attest des Dr. S vom 2. Juni 1999 vorgelegt, der klinisch eindeutige Hinweise auf das Vorliegen eines Fibromyalgiesyndroms bescheinigt.
Der Senat hat Befundberichte von Dr. S, Dr. L und der Leiterin des Funktionsbereichs Rheumatologie der S-Klinik Dr. A eingeholt und die Schwerbehindertenakte des Klägers, die Akten des Verfahrens wegen Erhöhung des GdB - S 46 Vs 2121/95 -, seine Leistungsakte beim Arbeitsamt Berlin West sowie zwei Bände Personalakten der BVG beigezogen. Anschließend hat der Arzt für Innere Medizin, Gastroenterologie und Rheumatologie Prof. Dr. P unter dem 27. April 2001 ein fachinternistisch-rheumatologisches Sachverständigengutachten erstattet, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Auf seinem Fachgebiet hat der Gutachter folgende Diagnosen genannt:
1. Chronisches multilokuläres (an verschiedenen Stellen sich äußerndes) Schmerzsyndrom im Bereich des Bewegungsapparates und Kopfes mit einer organischen Ursache nicht eindeutig zuzuordnenden Sensibilitätsstörung (Störung des Empfindungsvermögens) und Kraftminderungen auf dem Boden degenerativer (verschleißbedingter) Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen sowie einer ganz im Vordergrund stehenden, das psychiatrische bzw. psychosomatische Fachgebiet betreffenden Störung.
2. Metabolisches Syndrom (Stoffwechselsyndrom) mit Adipositas (Übergewicht), Diabetes mellitus Typ 2 (Zuckerkrankheit) mit Verdacht auf beginnende diabetische Polyneuropathie (durch Zuckererkrankung bedingte Nervenschädigung), arterieller Hypertonie (Bluthochdruck), kombinierter Fettstoffwechselstörung (Erhöhung von Cholesterin und Neutralfetten im Blut) und Hyperurikämie (Erhöhung der Harnsäure im Blut).
3. Chronische Niereninsuffizienz (Nierenleistungsverminderung) im Stadium der kompensierten Retention (ohne relevante Auswirkungen auf die „Entgiftung“ des Körpers).
4. Chronische Bronchitis (Entzündung der Atemwege in der Lunge) bei chronischem Nikotinkonsum.
5. Anamnestisch angegebene peranale (aus dem Darmausgang erfolgende) Blutabgänge unklarer Genese (Ursache).
6. Prostataadenom Stadium II und chronische Prostatitis (Vorsteherdrüsenvergrößerung und -entzündung).
7.Verdacht auf Onychomykose (Nagelpilzerkrankung) beider Großzehennägel.
Die von den behandelnden Ärzten genannten Verdachtsdiagnosen Kollagenose bzw. Fibromyalgiesyndrom hat der Sachverständige gleichermaßen ausgeschlossen, weil die dafür typischen Krankheitssymptome beim Kläger im Wesentlichen nicht objektiviert werden könnten (vgl. im Einzelnen die ausführliche Befundwürdigung und Begründung Blatt 235 bis 240 der Gerichtsakte). Zwischen den vom Kläger vorgetragenen Beschwerden und den körperlichen Befunden und der Beobachtung bei spontanen Bewegungen bestehe eine erhebliche Diskrepanz (vgl. die Schilderung der Untersuchungssituation u.a. Blatt 243 Gerichtsakte), die auf eine psychiatrische bzw. psychosomatische Störung hindeuten könne. Das Leistungsvermögen hat der Sachverständige dahin eingeschätzt, dass der Kläger noch täglich regelmäßig leichte und mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen unter Vermeidung von Kälte, Feuchtigkeit, Zugluft, Hitze und Staub verrichten könne. Die Arbeiten sollten überwiegend im Sitzen mit gelegentlichem Haltungswechsel ohne besonderen Zeitdruck sowie Wechsel- und Nachtschicht ausgeübt werden. Einseitige körperliche Belastungen und Arbeiten im festgelegten Arbeitsrhythmus sowie an laufenden Maschinen seien prinzipiell zumutbar, Lasten könnten bis zu einem Gewicht von 10 kg bewältigt werden. Die Fingergeschicklichkeit sei allenfalls geringfügig reduziert. Besonderheiten für den Weg zur Arbeit seien nicht zu berücksichtigen, die üblichen Pausen reichten aus.
Sodann hat der Senat noch ein psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. Z erbeten, das dieser unter dem 29. September 2001 erstattet hat. In seinem Gutachten, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Sachverständige zusammenfassend festgestellt, dass beim Kläger eine deutliche Neigung zur Aggravation festzustellen und eine Tendenz zur Simulation nicht auszuschließen sei. Die körperliche Untersuchung sei geprägt gewesen von einer demonstrativen Beschwerdedarstellung, wobei der Kläger viele Manöver gar nicht oder unvollständig ausgeführt habe. In Situationen außerhalb der Untersuchung hätten sich diverse ungestörte Funktionen beobachten lassen, die vorher ausgefallen sein sollten. So sei eine massive generalisierte Muskelschwäche demonstriert worden, die bei Spontanbewegungen nicht zu beobachten gewesen sei, wie z.B. extrem schwacher Händedruck in der Untersuchung gegenüber kräftigem bei der Verabschiedung, massiv eingeschränkte Bewegungsexkursionen der LWS und Hüftgelenke in der Untersuchung, die beim Aufstehen und Aufrichten von der Liege nicht mehr erkennbar gewesen seien. Auch die angegebenen ausgedehnten und ausgeprägten Sensibilitätsstörungen folgten keinen bekannten neurologischen Erkrankungen oder Syndromen. Nur eine geringe sensible Polyneuropathie der unteren Extremitäten könne als wahrscheinlich und im Zusammenhang mit der Zuckerkrankheit angenommen werden. Auf nervenärztlichem Gebiet sei eine Somatisierungsstörung bei anankastisch-schizoider Persönlichkeitsstruktur (als Normvariante) sowie leichte Störungen des Denkens und der Stimmung und leichte Zwangssymptome festzustellen. Die psychischen Erkrankungen erforderten eine intensive psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung und könnten dadurch erheblich verbessert werden. Hierfür sei die Vorenthaltung der Rente eine wesentliche Voraussetzung. Im Übrigen sei der Kläger in der Lage, leichte Arbeiten unter Ausschluss von besonderer Hitze, Kälte, Staub oder Feuchtigkeit, im Wechsel der Haltungen ohne einseitige Körperhaltung, ohne Zeitdruck, laufende Maschinen, Wechsel- oder Nachtschicht, Lasten über 10 kg und nicht auf Leitern und Gerüsten vollschichtig zu verrichten. Er sei zu mittelschweren geistigen Tätigkeiten in der Lage, wobei leichte Einschränkungen bezüglich der Kontakt-, der Anpassungs- und der Umstellungsfähigkeit bestünden. Die üblichen Pausen reichten aus, Besonderheiten für den Weg zur Arbeit bestünden nicht.
Der Kläger hat Bedenken gegen die Neutralität des Gerichtsgutachters geäußert und unter Hinweis auf Atteste des Dr. S vom 17. September 2002 und des Dr. B vom 20. September 2002 geltend gemacht, dass sich seine Beschwerden laufend ständig verschlechtert hätten und kein Restleistungsvermögen für irgendeine Tätigkeit mehr bestehe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 1999 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 8. Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. April 1997 zu verurteilen, ihm ab April 1996 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Die den Kläger betreffenden Akten der Beklagten und des Arbeitsamtes Berlin West sowie seine bei der BVG geführten Personalakten haben vorgelegen und sind - soweit entscheidungserheblich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ist § 44 SGB VI, der zwar grundsätzlich mit Wirkung ab 1. Januar 2001 aufgehoben worden ist, gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI hier aber noch Anwendung findet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsunfähigkeitsrente hat das Sozialgericht zutreffend aufgeführt, hierauf wird Bezug genommen.
Der Kläger erfüllt zwar, wie die Beklagte zutreffend anhand seines Versicherungskontos ermittelt hat, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, sein Leistungsvermögen ist jedoch nicht in dem von § 44 Abs. 2 SGB VI geforderten Maße gemindert.
Die weitere Beweisaufnahme im Berufungsverfahren hat die Einschätzung der Beklagten und des Sozialgerichts bestätigt, dass der Kläger noch zumindest leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten kann.
Das vom Senat zunächst in Auftrag gegebene internistisch-rheumatologische Gutachten des Prof. Dr. P hat trotz überaus sorgfältiger Untersuchung und Prüfung keine prinzipiell neuen, für den Rentenanspruch relevanten Befunde ergeben. Nach der ausführlich begründeten Einschätzung des Sachverständigen ergeben sich die im Tatbestand aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen im Wesentlichen nur aus dem beim Kläger festzustellenden chronischen Schmerzsyndrom auf dem Boden verschleißbedingter Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen, die bereits Prof. Dr. S im Klageverfahren gewürdigt hatte, sowie dem Diabetes mellitus mit beginnender Polyneuropathie. Die von den behandelnden Ärzten genannten, sich widersprechenden Verdachtsdiagnosen Kollagenose bzw. Fibromyalgiesyndrom, aus denen sich möglicherweise weitergehende qualitative oder auch quantitative Leistungseinschränkungen hätten ableiten lassen können, hat der Sachverständige eingehend gewürdigt und überzeugend dargelegt, dass beide Krankheitsbilder beim Kläger nicht vorliegen. Die übrigen von ihm aufgeführten Gesundheitsstörungen sind für die Erwerbsfähigkeit des Klägers entweder nicht relevant oder durch medizinische Maßnahmen bzw. durch gesundheitsfördernde Lebensweise des Klägers wie z.B. Gewichtsreduktion, dosiertes Ausdauertraining und Nikotinkarenz, beeinflussbar.
Nachdem Prof. Dr. P - wie auch zuvor Prof. Dr. S - beim Kläger eine erhebliche Diskrepanz zwischen den angegebenen Beschwerden und Funktionsminderungen und den objektivierbaren Befunden festgestellt hat, hat sich der Senat zu einer psychiatrischen Begutachtung des Klägers veranlasst gesehen. Der hiermit beauftragte Sachverständige Prof. Dr. Z hat beim Kläger zwar eine psychische Erkrankung im Sinne einer Somatisierungsstörung bei anankastisch-schizoider Persönlichkeitsstruktur (Anankasmus von griechisch: ananke = Zwang, bedeutet ängstliches, äußerst gewissenhaftes Verhalten) mit leichten Zwangs-symptomen und Störungen des Denkens und der Stimmung diagnostiziert, nicht jedoch eine die Erwerbsfähigkeit quantitativ begrenzende schwerwiegende Persönlichkeitsstörung. Auch bei seiner Untersuchung klafften das Beschwerdevorbringen des Klägers und die objektiven Befunde zum Teil erheblich auseinander. Wenn Prof. Dr. Z in diesem Zusammenhang von einer deutlichen Neigung des Klägers zur Aggravation spricht und auch Tendenzen zur Simulation nicht ausschließen will, lässt dies entgegen der Auffassung des Klägers keine Zweifel an der Neutralität des Gutachters aufkommen, denn dessen Einschätzung beruht auf anschaulich beschriebenen Verhaltensweisen des Klägers, der starke Schmerzen und Funktionseinschränkungen bei der Untersuchung angegeben hat, die sich jedoch bei Ablenkung nicht beobachten ließen. Inwieweit dieses Verhalten psychiatrisch Krankheitswert hat, hat der Sachverständige eingehend geprüft und gewürdigt.
Nach der im Wesentlichen übereinstimmenden Einschätzung aller drei Gerichtsgutachter kann der Kläger unter Berücksichtigung seiner objektiven Leiden und Funktionseinschränkungen vollschichtig zumindest noch leichte Arbeiten in wechselnder, überwiegend sitzender Haltung in geschlossenen Räumen unter Ausschluss von besonderer Hitze, Kälte, Staub und Feuchtigkeit sowie Zeitdruck, Schichtdienst (Wechsel- und Nachtschicht), das Besteigen von Leitern und Gerüsten und das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg verrichten.
Der Senat hält diese Leistungseinschätzung für überzeugend. Die vom Kläger zuletzt noch eingereichten Atteste seiner behandelnden Ärzte führen nicht zu einer anderen Beurteilung.
Dr. B bescheinigt unter dem 20. September 2002 ein degeneratives Wirbelsäulenleiden mit pseudoradikulärer Symptomatik beiderseits, das zu einem chronischen Schmerzsyndrom und medikamentöser Dauerbehandlung geführt habe, ohne dass sich in den letzten Jahren eine Änderung ergeben hätte. Dieses Leiden ist bekannt und wurde gutachterlich ausführlich gewürdigt. Die ärztliche Bescheinigung von Dr. S vom 17. September 2002 entspricht im Wesentlichen seinem Befundbericht vom 31. Mai 2000, der bei den Begutachtungen vorlag. Die nun angegebene „sukzessive Verschlechterung ... mit Morphinbehandlung“ bietet keinen Anlass für weitergehende medizinische Ermittlungen des Senats, weil Dr. S bei allen vorgelegten Bescheinigungen offenbar die von sämtlichen Gerichtsgutachtern hervorgehobenen Aggravationstendenzen des Klägers nicht berücksichtigt hat und auch immer noch u.a. ein Fibromyalgiesyndrom attestiert, das beim Kläger nach den überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. P aber nicht vorliegt. Es wird dem Kläger dringend angeraten, die vom Senat eingeholten medizinischen Gutachten seinem behandelnden Arzt zur Kenntnis zu geben, weil sich daraus möglicherweise Ansätze für eine erfolgreiche Therapie und Beschwerdelinderung ergeben.
Mit dem oben dargelegten vollschichtigen Leistungsvermögen kann der Kläger zwar - unstreitig - nicht mehr als Busfahrer eingesetzt werden, aber z.B. noch als kaufmännischer Sachbearbeiter oder Registrator - wie in früheren Jahren seines Berufslebens - tätig sein oder eine Vielzahl von Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben, die nicht konkret benannt werden müssen, weil weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung bei ihm vorliegt (vgl. Beschluss des BSG - Großer Senat - vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).
Ob der Kläger einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz finden kann, ist rentenrechtlich ohne Belang, weil es sich insoweit um ein Risiko handelt, das nicht der Rentenversicherung, sondern der Arbeitslosenversicherung zugewiesen ist, von der der Kläger auch seit Jahren Leistungen bezieht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Der 1949 geborene Kläger hat von 1965 bis 1968 eine Lehre als Einzelhandelskaufmann absolviert und die Kaufmannsgehilfenprüfung erfolgreich abgelegt. Anschließend arbeitete er bei verschiedenen Firmen und Behörden u.a. als kaufmännischer Mitarbeiter, Sachbearbeiter, Registrator und Wachmann, später auch als Lager- und Transportarbeiter.
Seit Oktober 1981 war er bei den BVe (BVG) beschäftigt, die ihn nach innerbetrieblicher Ausbildung und Prüfung ab 1. Januar 1982 als Omnibusfahrer im Einmannturnus mit Inkassotätigkeit einsetzte. Nachdem es seit 1991 wiederholt zu längeren Fehlzeiten wegen orthopädischer Leiden gekommen war, war der Kläger seit 9. Oktober 1995 durchgehend arbeitsunfähig krank, weshalb das Arbeitsverhältnis schließlich mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 beendet wurde. Der Kläger bezog bis zur Aussteuerung am 7. April 1997 Krankengeld und bestreitet seinen Lebensunterhalt seitdem von Arbeitslosengeld bzw. -hilfe.
Am 25. März 1996 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und machte geltend, wegen eines degenerativen Wirbelsäulenleidens mit pseudoradikulärer Symptomatik zu keinerlei Arbeiten mehr in der Lage zu sein. Die Beklagte stellte in seinem Versicherungskonto 342 Beitragsmonate fest, davon 57 in der Zeit vom 25. März 1991 bis 24. März 1996, und ließ den Kläger nach Beiziehung diverser medizinischer Unterlagen von der Internistin Dr. W untersuchen. Diese stellte in ihrem Gutachten vom 16. September 1996 fest, dass der Kläger an einem Wirbelsäulensyndrom, Bluthochdruck, geringer Nierenfunktionsstörung, diabetischer Stoffwechsellage, Fettstoffwechselstörung, Harnsäureerhöhung sowie Übergewicht leide und gelangte zu der Einschätzung, dass er als Busfahrer nicht mehr leistungsfähig sei, jedoch noch vollschichtig leichte Arbeiten in wechselnder Haltung mit gewissen qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 8. Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. April 1997 mit der Begründung ab, der Kläger könne mit dem ärztlich festgestellten Leistungsvermögen zwar nicht mehr seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit verrichten, aber noch vollschichtig mit gewissen Einschränkungen ungelernte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten, die ihm nach seinem beruflichen Werdegang und der Lösung von seinem erlernten Beruf zumutbar seien. Damit sei er weder berufs- noch erwerbsunfähig im Sinne der §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch -SGB- VI.
Mit der am 30. April 1997 erhobenen Klage hat der Kläger sein Rentenbegehren hinsichtlich der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weiterverfolgt und geltend gemacht, seine zahlreichen Gesundheitsbeeinträchtigungen ließen eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht mehr zu. Die Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass er auch an Bindegewebsrheuma leide. Sein Arbeitgeber habe ihn von seinem regulären Arbeitsplatz als Busfahrer zunächst an eine Tankstelle und danach auf eine Stelle als Pförtner umgesetzt, aber auch diese Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung habe er nicht dauerhaft ausüben können. Hierzu hat der Kläger u.a. auf ein betriebsärztliches Gutachten vom 28. Mai 1997 verwiesen.
Das Sozialgericht hat den Entlassungsbericht der S-Klinik vom 5. Januar 1997 angefordert, wo der Kläger vom 27. November bis 20. Dezember 1996 u.a. wegen des Verdachts auf Kollagenose behandelt worden ist, und die Schwerbehindertenakte des Klägers (Grad der Behinderung von 50 gemäß Bescheid vom 25. April 1997) sowie ein arbeitsamtsärztliches Gutachten vom 24. Februar 1998 (vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten in wechselnder Haltung) beigezogen und Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers Dr. B (Neurochirurg), Dr. L (Urologe) und Dr. S (Internist) erhalten. Sodann hat das Gericht ein schriftliches Sachverständigengutachten von dem Arzt für Orthopädie und Rheumatologie Prof. Dr. S eingeholt. In seinem Gutachten vom 13. Juli 1998, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: gering- bis mittelgradige Nervenwurzelreizerscheinungen bei leichter Verschleißerkrankung des Achsorganes, Irritation des Ellennervens links mit Funktionsminderung der Beihand, Fußfehlform, Übergewicht mit kompensierter Gicht.
Das Leistungsvermögen des Klägers hat er dahin eingeschätzt, dass er noch vollschichtig mittelschwere Arbeiten im Freien oder in geschlossenen Räumen, auch unter Einfluss von geringer Zugluft, Feuchtigkeit und zumutbarer Kälte verrichten könne. Der Kläger könne im Gehen, Stehen oder Sitzen arbeiten, einseitige körperliche Belastungen, Zeitdruck, festgelegter Arbeitsrhythmus sowie der Einsatz an laufenden Maschinen seien möglich. Beim Einsatz im Schichtdienst sei zu berücksichtigen, dass eine geringgradige Zuckerkrankheit bestehe, die sich durch Wechsel- und Nachtschichten verstärken würde. Der Kläger solle wegen seines erheblichen Übergewichts nicht auf Leitern und Gerüsten arbeiten. Die Fingergeschicklichkeit der linken Hand sei herabgesetzt, die der rechten Hand nicht gemindert. Die geistigen Fähigkeiten des Klägers seien nicht eingeschränkt. Die üblichen Pausen reichten aus, Besonderheiten für den Weg zur Arbeit bestünden nicht. Ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten sei dringend erforderlich, da eine schwerwiegende Diskrepanz zwischen den objektivierbaren Befunden und den mitgeteilten Schmerzen bestehe. Nach Einwendungen des Klägers und Vorlage diverser Laborergebnisse und eines Attestes des Dr. S, der nunmehr ein Fibromyalgiesyndrom für denkbar hielt, hat der Sachverständige Prof. Dr. S in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 2. März 1999 dargelegt, dass die Diagnosen Kollagenose und Fibromyalgie sich gegenseitig ausschlössen und die mitgeteilten Laborwerte keinen Anlass zu einer von seiner bisherigen Einschätzung abweichenden Beurteilung ergäben.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 30. Juni 1999 die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, im Wesentlichen sinngemäß ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 SGB VI, da die medizinischen Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Der Kläger verfüge noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen. Die Kammer stütze sich bei ihrer Entscheidung in erster Linie auf das sorgfältige und nachvollziehbar begründete Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S, das im Ergebnis mit der Einschätzung der Gutachter für das Arbeitsamt und im Rentenverfahren übereinstimme. Die mit einer erheblichen Schmerzsymptomatik begründete abweichende Beurteilung des behandelnden Neurochirurgen und Internisten habe von dem unabhängigen gerichtlichen Sachverständigen nicht anhand objektiver Befunde nachvollzogen werden können. Für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit komme es auch nicht auf die - unterschiedlichen - Diagnosen an, sondern nur auf die aus vorhandenen Erkrankungen resultierenden Funktionseinschränkungen, die Prof. Dr. S in seinem Gutachten im Einzelnen beschrieben habe. Der von ihm angeregten Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens habe es nicht bedurft, weil der Kläger seinen Rentenantrag nicht auf ein psychisches Leiden gestützt habe und auch seine behandelnden Ärzte keinerlei Hinweise hierauf gegeben hätten. Mit dem beim Kläger festgestellten Restleistungsvermögen sei eine Vielzahl von Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes denkbar. Einer konkreten Benennung bedürfe es nicht, da weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliege.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 3. August 1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 1. September 1999 eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass das Sozialgericht seiner Aufklärungspflicht nicht in gehörigem Umfang nachgekommen sei, weil es das dringend empfohlene nervenärztliche Gutachten nicht eingeholt habe. Es sei einer neurotischen Fehlentwicklung geradezu wesenseigen, dass sie vom Betroffenen nicht erkannt werde. Auch hätten nochmalige aktuelle Befundberichte von den behandelnden Ärzten eingeholt werden müssen. Hierzu hat der Kläger Laborbefunde und ein Attest des Dr. S vom 2. Juni 1999 vorgelegt, der klinisch eindeutige Hinweise auf das Vorliegen eines Fibromyalgiesyndroms bescheinigt.
Der Senat hat Befundberichte von Dr. S, Dr. L und der Leiterin des Funktionsbereichs Rheumatologie der S-Klinik Dr. A eingeholt und die Schwerbehindertenakte des Klägers, die Akten des Verfahrens wegen Erhöhung des GdB - S 46 Vs 2121/95 -, seine Leistungsakte beim Arbeitsamt Berlin West sowie zwei Bände Personalakten der BVG beigezogen. Anschließend hat der Arzt für Innere Medizin, Gastroenterologie und Rheumatologie Prof. Dr. P unter dem 27. April 2001 ein fachinternistisch-rheumatologisches Sachverständigengutachten erstattet, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Auf seinem Fachgebiet hat der Gutachter folgende Diagnosen genannt:
1. Chronisches multilokuläres (an verschiedenen Stellen sich äußerndes) Schmerzsyndrom im Bereich des Bewegungsapparates und Kopfes mit einer organischen Ursache nicht eindeutig zuzuordnenden Sensibilitätsstörung (Störung des Empfindungsvermögens) und Kraftminderungen auf dem Boden degenerativer (verschleißbedingter) Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen sowie einer ganz im Vordergrund stehenden, das psychiatrische bzw. psychosomatische Fachgebiet betreffenden Störung.
2. Metabolisches Syndrom (Stoffwechselsyndrom) mit Adipositas (Übergewicht), Diabetes mellitus Typ 2 (Zuckerkrankheit) mit Verdacht auf beginnende diabetische Polyneuropathie (durch Zuckererkrankung bedingte Nervenschädigung), arterieller Hypertonie (Bluthochdruck), kombinierter Fettstoffwechselstörung (Erhöhung von Cholesterin und Neutralfetten im Blut) und Hyperurikämie (Erhöhung der Harnsäure im Blut).
3. Chronische Niereninsuffizienz (Nierenleistungsverminderung) im Stadium der kompensierten Retention (ohne relevante Auswirkungen auf die „Entgiftung“ des Körpers).
4. Chronische Bronchitis (Entzündung der Atemwege in der Lunge) bei chronischem Nikotinkonsum.
5. Anamnestisch angegebene peranale (aus dem Darmausgang erfolgende) Blutabgänge unklarer Genese (Ursache).
6. Prostataadenom Stadium II und chronische Prostatitis (Vorsteherdrüsenvergrößerung und -entzündung).
7.Verdacht auf Onychomykose (Nagelpilzerkrankung) beider Großzehennägel.
Die von den behandelnden Ärzten genannten Verdachtsdiagnosen Kollagenose bzw. Fibromyalgiesyndrom hat der Sachverständige gleichermaßen ausgeschlossen, weil die dafür typischen Krankheitssymptome beim Kläger im Wesentlichen nicht objektiviert werden könnten (vgl. im Einzelnen die ausführliche Befundwürdigung und Begründung Blatt 235 bis 240 der Gerichtsakte). Zwischen den vom Kläger vorgetragenen Beschwerden und den körperlichen Befunden und der Beobachtung bei spontanen Bewegungen bestehe eine erhebliche Diskrepanz (vgl. die Schilderung der Untersuchungssituation u.a. Blatt 243 Gerichtsakte), die auf eine psychiatrische bzw. psychosomatische Störung hindeuten könne. Das Leistungsvermögen hat der Sachverständige dahin eingeschätzt, dass der Kläger noch täglich regelmäßig leichte und mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen unter Vermeidung von Kälte, Feuchtigkeit, Zugluft, Hitze und Staub verrichten könne. Die Arbeiten sollten überwiegend im Sitzen mit gelegentlichem Haltungswechsel ohne besonderen Zeitdruck sowie Wechsel- und Nachtschicht ausgeübt werden. Einseitige körperliche Belastungen und Arbeiten im festgelegten Arbeitsrhythmus sowie an laufenden Maschinen seien prinzipiell zumutbar, Lasten könnten bis zu einem Gewicht von 10 kg bewältigt werden. Die Fingergeschicklichkeit sei allenfalls geringfügig reduziert. Besonderheiten für den Weg zur Arbeit seien nicht zu berücksichtigen, die üblichen Pausen reichten aus.
Sodann hat der Senat noch ein psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. Z erbeten, das dieser unter dem 29. September 2001 erstattet hat. In seinem Gutachten, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Sachverständige zusammenfassend festgestellt, dass beim Kläger eine deutliche Neigung zur Aggravation festzustellen und eine Tendenz zur Simulation nicht auszuschließen sei. Die körperliche Untersuchung sei geprägt gewesen von einer demonstrativen Beschwerdedarstellung, wobei der Kläger viele Manöver gar nicht oder unvollständig ausgeführt habe. In Situationen außerhalb der Untersuchung hätten sich diverse ungestörte Funktionen beobachten lassen, die vorher ausgefallen sein sollten. So sei eine massive generalisierte Muskelschwäche demonstriert worden, die bei Spontanbewegungen nicht zu beobachten gewesen sei, wie z.B. extrem schwacher Händedruck in der Untersuchung gegenüber kräftigem bei der Verabschiedung, massiv eingeschränkte Bewegungsexkursionen der LWS und Hüftgelenke in der Untersuchung, die beim Aufstehen und Aufrichten von der Liege nicht mehr erkennbar gewesen seien. Auch die angegebenen ausgedehnten und ausgeprägten Sensibilitätsstörungen folgten keinen bekannten neurologischen Erkrankungen oder Syndromen. Nur eine geringe sensible Polyneuropathie der unteren Extremitäten könne als wahrscheinlich und im Zusammenhang mit der Zuckerkrankheit angenommen werden. Auf nervenärztlichem Gebiet sei eine Somatisierungsstörung bei anankastisch-schizoider Persönlichkeitsstruktur (als Normvariante) sowie leichte Störungen des Denkens und der Stimmung und leichte Zwangssymptome festzustellen. Die psychischen Erkrankungen erforderten eine intensive psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung und könnten dadurch erheblich verbessert werden. Hierfür sei die Vorenthaltung der Rente eine wesentliche Voraussetzung. Im Übrigen sei der Kläger in der Lage, leichte Arbeiten unter Ausschluss von besonderer Hitze, Kälte, Staub oder Feuchtigkeit, im Wechsel der Haltungen ohne einseitige Körperhaltung, ohne Zeitdruck, laufende Maschinen, Wechsel- oder Nachtschicht, Lasten über 10 kg und nicht auf Leitern und Gerüsten vollschichtig zu verrichten. Er sei zu mittelschweren geistigen Tätigkeiten in der Lage, wobei leichte Einschränkungen bezüglich der Kontakt-, der Anpassungs- und der Umstellungsfähigkeit bestünden. Die üblichen Pausen reichten aus, Besonderheiten für den Weg zur Arbeit bestünden nicht.
Der Kläger hat Bedenken gegen die Neutralität des Gerichtsgutachters geäußert und unter Hinweis auf Atteste des Dr. S vom 17. September 2002 und des Dr. B vom 20. September 2002 geltend gemacht, dass sich seine Beschwerden laufend ständig verschlechtert hätten und kein Restleistungsvermögen für irgendeine Tätigkeit mehr bestehe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 1999 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 8. Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. April 1997 zu verurteilen, ihm ab April 1996 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Die den Kläger betreffenden Akten der Beklagten und des Arbeitsamtes Berlin West sowie seine bei der BVG geführten Personalakten haben vorgelegen und sind - soweit entscheidungserheblich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ist § 44 SGB VI, der zwar grundsätzlich mit Wirkung ab 1. Januar 2001 aufgehoben worden ist, gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI hier aber noch Anwendung findet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsunfähigkeitsrente hat das Sozialgericht zutreffend aufgeführt, hierauf wird Bezug genommen.
Der Kläger erfüllt zwar, wie die Beklagte zutreffend anhand seines Versicherungskontos ermittelt hat, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, sein Leistungsvermögen ist jedoch nicht in dem von § 44 Abs. 2 SGB VI geforderten Maße gemindert.
Die weitere Beweisaufnahme im Berufungsverfahren hat die Einschätzung der Beklagten und des Sozialgerichts bestätigt, dass der Kläger noch zumindest leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten kann.
Das vom Senat zunächst in Auftrag gegebene internistisch-rheumatologische Gutachten des Prof. Dr. P hat trotz überaus sorgfältiger Untersuchung und Prüfung keine prinzipiell neuen, für den Rentenanspruch relevanten Befunde ergeben. Nach der ausführlich begründeten Einschätzung des Sachverständigen ergeben sich die im Tatbestand aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen im Wesentlichen nur aus dem beim Kläger festzustellenden chronischen Schmerzsyndrom auf dem Boden verschleißbedingter Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen, die bereits Prof. Dr. S im Klageverfahren gewürdigt hatte, sowie dem Diabetes mellitus mit beginnender Polyneuropathie. Die von den behandelnden Ärzten genannten, sich widersprechenden Verdachtsdiagnosen Kollagenose bzw. Fibromyalgiesyndrom, aus denen sich möglicherweise weitergehende qualitative oder auch quantitative Leistungseinschränkungen hätten ableiten lassen können, hat der Sachverständige eingehend gewürdigt und überzeugend dargelegt, dass beide Krankheitsbilder beim Kläger nicht vorliegen. Die übrigen von ihm aufgeführten Gesundheitsstörungen sind für die Erwerbsfähigkeit des Klägers entweder nicht relevant oder durch medizinische Maßnahmen bzw. durch gesundheitsfördernde Lebensweise des Klägers wie z.B. Gewichtsreduktion, dosiertes Ausdauertraining und Nikotinkarenz, beeinflussbar.
Nachdem Prof. Dr. P - wie auch zuvor Prof. Dr. S - beim Kläger eine erhebliche Diskrepanz zwischen den angegebenen Beschwerden und Funktionsminderungen und den objektivierbaren Befunden festgestellt hat, hat sich der Senat zu einer psychiatrischen Begutachtung des Klägers veranlasst gesehen. Der hiermit beauftragte Sachverständige Prof. Dr. Z hat beim Kläger zwar eine psychische Erkrankung im Sinne einer Somatisierungsstörung bei anankastisch-schizoider Persönlichkeitsstruktur (Anankasmus von griechisch: ananke = Zwang, bedeutet ängstliches, äußerst gewissenhaftes Verhalten) mit leichten Zwangs-symptomen und Störungen des Denkens und der Stimmung diagnostiziert, nicht jedoch eine die Erwerbsfähigkeit quantitativ begrenzende schwerwiegende Persönlichkeitsstörung. Auch bei seiner Untersuchung klafften das Beschwerdevorbringen des Klägers und die objektiven Befunde zum Teil erheblich auseinander. Wenn Prof. Dr. Z in diesem Zusammenhang von einer deutlichen Neigung des Klägers zur Aggravation spricht und auch Tendenzen zur Simulation nicht ausschließen will, lässt dies entgegen der Auffassung des Klägers keine Zweifel an der Neutralität des Gutachters aufkommen, denn dessen Einschätzung beruht auf anschaulich beschriebenen Verhaltensweisen des Klägers, der starke Schmerzen und Funktionseinschränkungen bei der Untersuchung angegeben hat, die sich jedoch bei Ablenkung nicht beobachten ließen. Inwieweit dieses Verhalten psychiatrisch Krankheitswert hat, hat der Sachverständige eingehend geprüft und gewürdigt.
Nach der im Wesentlichen übereinstimmenden Einschätzung aller drei Gerichtsgutachter kann der Kläger unter Berücksichtigung seiner objektiven Leiden und Funktionseinschränkungen vollschichtig zumindest noch leichte Arbeiten in wechselnder, überwiegend sitzender Haltung in geschlossenen Räumen unter Ausschluss von besonderer Hitze, Kälte, Staub und Feuchtigkeit sowie Zeitdruck, Schichtdienst (Wechsel- und Nachtschicht), das Besteigen von Leitern und Gerüsten und das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg verrichten.
Der Senat hält diese Leistungseinschätzung für überzeugend. Die vom Kläger zuletzt noch eingereichten Atteste seiner behandelnden Ärzte führen nicht zu einer anderen Beurteilung.
Dr. B bescheinigt unter dem 20. September 2002 ein degeneratives Wirbelsäulenleiden mit pseudoradikulärer Symptomatik beiderseits, das zu einem chronischen Schmerzsyndrom und medikamentöser Dauerbehandlung geführt habe, ohne dass sich in den letzten Jahren eine Änderung ergeben hätte. Dieses Leiden ist bekannt und wurde gutachterlich ausführlich gewürdigt. Die ärztliche Bescheinigung von Dr. S vom 17. September 2002 entspricht im Wesentlichen seinem Befundbericht vom 31. Mai 2000, der bei den Begutachtungen vorlag. Die nun angegebene „sukzessive Verschlechterung ... mit Morphinbehandlung“ bietet keinen Anlass für weitergehende medizinische Ermittlungen des Senats, weil Dr. S bei allen vorgelegten Bescheinigungen offenbar die von sämtlichen Gerichtsgutachtern hervorgehobenen Aggravationstendenzen des Klägers nicht berücksichtigt hat und auch immer noch u.a. ein Fibromyalgiesyndrom attestiert, das beim Kläger nach den überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. P aber nicht vorliegt. Es wird dem Kläger dringend angeraten, die vom Senat eingeholten medizinischen Gutachten seinem behandelnden Arzt zur Kenntnis zu geben, weil sich daraus möglicherweise Ansätze für eine erfolgreiche Therapie und Beschwerdelinderung ergeben.
Mit dem oben dargelegten vollschichtigen Leistungsvermögen kann der Kläger zwar - unstreitig - nicht mehr als Busfahrer eingesetzt werden, aber z.B. noch als kaufmännischer Sachbearbeiter oder Registrator - wie in früheren Jahren seines Berufslebens - tätig sein oder eine Vielzahl von Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben, die nicht konkret benannt werden müssen, weil weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung bei ihm vorliegt (vgl. Beschluss des BSG - Großer Senat - vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).
Ob der Kläger einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz finden kann, ist rentenrechtlich ohne Belang, weil es sich insoweit um ein Risiko handelt, das nicht der Rentenversicherung, sondern der Arbeitslosenversicherung zugewiesen ist, von der der Kläger auch seit Jahren Leistungen bezieht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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