L 20 AY 28/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 16 AY 9/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AY 28/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 AY 1/11 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1)
Zur Frage, ob ein Anspruch auf Pflegegeld nach dem AsylbLG oder dem SGB XII grundsätzlich vererblich bzw. der Sonderrechtsnachfolge fähig ist.
2)
Betroffene gehören nicht schon dann zu dem nach dem SGB XII berechtigten Personenkreis, wenn sie (nur) die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung (nach § 25 Abs. 3 AufenthG) erfüllen. Die Genehmigung muss vielmehr schon erteilt worden sein.
3)
Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG kommt die Erbringung von Geldleistungen insbesondere von Pflegegeld nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht. Als Maßstab für die Prüfung eines Ausnahmefalles gilt, dass die entsprechende (Pflege-)Sachleistung (organisatorisch) nicht erbracht werden konnte, zu Unrecht abgelehnt wurde oder deren Inanspruchnahme nicht zumutbar war.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 17.7.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren im Rahmen des Leistungsbezuges nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) die Zahlung von Pflegegeld.

Die am 00.00.1925 geborene Klägerin zu 2) war verheiratet mit dem am 00.00.1918 geborenen und am 00.00.2007 verstorbenen C. Beide wurden im heutigen Serbien-Montenegro geboren. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. Neben zwei im Kosovo bzw. in Italien lebenden Töchtern handelt es sich dabei um zwei Söhne, die beide in F leben. Einer der beiden Söhne ist der am 00.00.1960 geborene jetzige Kläger zu 1), der durch Beschluss des Amtsgerichts F vom 2.6.2004 zum Betreuer seines Vaters und mit Beschluss des Amtsgerichts F vom 9.3.2005 zum Betreuer seiner Mutter - der Klägerin zu 2) - bestellt wurde. Der Kläger zu 1) lebt seit längerer Zeit mit seiner am 00.00.1973 geborenen früheren Lebensgefährtin und jetzigen Ehefrau sowie den aus dieser Verbindung hervorgegangenen, in den Jahren 1997, 2000 und 2001 geborenen Kindern im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Die Familie des Klägers zu 1) steht laufend im Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG.

Die Klägerin zu 2) und ihr Ehemann reisten im Oktober 2003 in das Bundesgebiet ein. Nach einem kurzen Zwischenaufenthalt in Dortmund übersiedelten sie nach F, wo sie zunächst in die Mietwohnung des Klägers zu 1) und seiner Familie einzogen. Zum 1.4.2004 mieteten sie dann in demselben Haus eine eigene Wohnung an.

Der Asylantrag der Klägerin zu 2) und ihres Ehemannes wurde mit Bescheid vom 28.7.2005 abgelehnt. Gleichzeitig wurde jedoch ein Abschiebeverbot gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) bezogen auf Serbien-Montenegro anerkannt. Vor diesem Hintergrund erhielten die Eheleute von der Auländerbehörde der Beklagten unter dem 27.10. 2005 eine Aufenthaltsgenehmigung gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG. Für den Zeitraum davor waren ihnen ausländerrechtliche Duldungen erteilt worden.

Bereits im Zeitpunkt ihrer Einreise bestanden sowohl bei der Klägerin zu 2) als auch bei ihrem Ehemann schwere gesundheitliche Einschränkungen. Die Klägerin zu 2) litt unter einer Demenz mit Vergesslichkeit sowie teilweise zeitlicher und örtlicher Desorientierung, einer Angststörung nach traumatischen Kriegserlebnissen, Diabetes mellitus Typ II mit Sehverschlechterung und Durchblutungsstörungen, einer asthmoiden chronischen Bronchitis mit gehäuften Exacerbationen (Anfällen von Luftnot) sowie einer wiederkehrenden Cholezystitis. Der Ehemann der Klägerin zu 2) war bettlägerig. Er litt unter seniler Demenz, mehrfachen Ileuszuständen bei Zustand nach mehrfachen Bauchoperationen (Darmverschluss mit Notwendigkeit regelmäßiger Einläufe), Überlaufblase bei Prostatahypertrophie (mit Notwendigkeit gehäufter Katheterisierung der Harnblase), Zwölffingerdarmgeschwüren und Osteoporose.

Vor diesem Hintergrund beantragten die Eheleute bei der Beklagten am 26.1.2004 die Gewährung von "Sozialhilfe". Der Antrag enthält den zusätzlichen Vermerk: "Z. Zt. werden keine Pflegekosten etc. beantragt". Mit Bescheid vom selben Tage wurden der Klägerin zu 2) und ihrem Ehemann daraufhin Leistungen nach Maßgabe des § 3 AsylbLG bewilligt.

Darüber hinaus erhielten sie von der Beklagten seit Januar 2004 auf der Grundlage von § 4 bzw. § 6 AsylbLG eine Vielzahl weiterer Einzelleistungen. Hierbei handelte es sich insbesondere um Mittel für die pflegerische Versorgung und sonstige medizinische Hilfsmittel (u.a. Windeln, Kondomurinale, Sondenkost, Pflegebett, Wechseldruckmatratze für den Ehemann der Klägerin zu 2)) sowie ein Hör- und ein "CoaguChek-Gerät" für die Klägerin zu 2), aber auch um Maßnahmen der ambulanten und stationären (Kranken)Behandlung (Versorgung mit Zahnersatz und diverse stationäre Krankenhausaufenthalte beider Eheleute). Für einen Tag befand sich der Ehemann der Klägerin zu 1) auch in Kurzzeitpflege. Desweiteren bewilligte die Beklagte der Klägerin zu 2) und ihrem Ehemann auch Mittel zur Vervollständigung der Wohnungsausstattung.

Am 6.2.2004 stellte der Kläger zu 1) für die Klägerin zu 2) und ihren Ehemann bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Pflegegeld. Vor diesem Hintergrund stattete die Stadtärztin der Beklagten der Klägerin zu 2) und ihrem Ehemann am 26.5.2004 einen Hausbesuch ab, bei dem Feststellungen zu dem Gesundheitszustand und dem Pflegebedarf getroffen wurden. Sowohl für die Klägerin zu 2) als auch für den Ehemann ergab sich daraus ein Pflegebedarf nach Maßgabe der Pflegestufe II im Sinne des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI). Das Pflegegutachten enthält folgenden Vermerk: "zurzeit wird die Pflege durch Angehörige sichergestellt, sodass von Seiten des Sozialamtes entschieden werden soll, ob die Pflege in Form von Geldleistungen vergütet wird, auch im Rahmen des AsylbLG."

Die Entscheidung hierüber wurde zunächst zurückgestellt und in Absprache mit der Beklagten ein gewerblicher Pflegedienst mit der pflegerischen Versorgung der Klägerin zu 2) und ihres Ehemannes beauftragt. Die Versorgung durch den Pflegedienst wurde jedoch nach wenigen Tagen auf Veranlassung des jetzigen Klägers zu 1) wieder eingestellt. Anschließend erfolgte die Pflege der Eheleute wieder im familiären Rahmen, jeweils unterbrochen durch stationäre Krankenhausaufenthalte.

Am 9.1.2006 stellten der Kläger zu 1) und seine Ehefrau wiederum einen Antrag auf Gewährung von Pflegegeld für die Klägerin zu 2) und ihren Ehemann. Die Ehefrau des Klägers zu 1) habe sich bis jetzt kostenfrei um die Angehörigen gekümmert, sie 24 Stunden täglich gepflegt sowie hauswirtschaftliche Hilfeleistungen durchgeführt. Dies könne sie leider nicht weiterhin kostenlos tun. Deswegen seien sie gezwungen, die Klägerin zu 2) und ihren Ehemann ins Pflegeheim zu schicken oder einen Pflegedienst einzuschalten. Sie hätten sich bereits bei Pflegeheimen und Pflegediensten erkundigt. Hierauf erließ die Beklagte am 30.1.2006 einen Ablehnungsbescheid, mit dem sie die Gewährung von Pflegegeld versagte. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Klägerin zu 2) und ihr Ehemann Leistungen nach dem AsylbLG bezögen. Der notwendige monatliche Bedarf werde durch Leistungen nach § 3 AsylbLG gedeckt. Darüber hinaus werde gemäß § 4 AsylbLG Krankenhilfe bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen gewährt.

Hiergegen legte der Kläger zu 1) für die Klägerin zu 2) und ihren Ehemann Widerspruch ein. Es werde gebeten, den Antrag nochmals zu überprüfen. Die Eheleute verfügten zwischenzeitlich über eine Aufenthaltsgenehmigung gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG. Mit § 3 AsylbLG hätten die Leistungen nichts mehr zu tun. Weil das Asylverfahren erfolgreich abgeschlossen sei, müsse ein anderes Gesetz in Betracht kommen.

Im Mai 2006 schrieb die Beklagte die Klägerin zu 2) und ihren Ehemann an und bat um Mitteilung, durch wen und in welchem Umfang die Pflege konkret sichergestellt werde. Hierauf antwortete der Kläger zu 1) gemeinsam mit seiner Ehefrau schriftlich, die Ehefrau pflege die Klägerin zu 2) und ihren Ehemann seit dem 8.6.2004 bis auf weiteres. Sie erbringe sowohl pflegerische als auch hauswirtschaftliche Leistungen. Ihr entstünden dafür Kosten in Höhe von 400,00 EUR pro Person monatlich.

Mit Bescheid vom 2.6.2006 erkannte die Beklagte der Klägerin zu 2) und ihrem Ehemann für den Zeitraum ab dem 1.1.2006 Leistungen gemäß § 2 AsylbLG - also analog dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) - zu, allerdings zunächst ohne Leistungen der Hilfe zur Pflege. Mit Bescheid vom 6.12.2006 bewilligte sie den Eheleuten dann zusätzlich Hilfe zur Pflege entsprechend dem Siebten Kapitel des SGB XII in Form von Pflegegeld jeweils nach Maßgabe der Pflegestufe II (410,00 EUR pro Person monatlich) für die Zeit ab Januar 2006.

Mit hiergegen für die Klägerin zu 2) und ihren Ehemann eingelegtem Widerspruch machte der Kläger zu 1) geltend, seine Eltern seien seit dem 28.5.2004 als pflegebedürftig eingestuft. Seit dem 1.8.2005 besäßen sie eine Aufenthaltserlaubnis. Seine Ehefrau verrichte seit dem 8.6.2004 die Pflege der Eltern. Pflegegeld sei daher ab dem 28.5.2004 zu zahlen.

Unter dem 2.2.2007 erteilte die Beklagte daraufhin einen weiteren Bescheid, in dem sie sich bereit erklärte, Analogleistungen und Pflegegeld nach der Pflegestufe II bereits für die Zeit ab dem 1.11.2005 zu zahlen und entsprechend nachzubewilligen, da die Änderung des aufenthaltsrechtlichen Status der Klägerin zu 2) und ihres Ehemannes am 7.11.2005 durch Vorlage der geänderten Aufenthaltspapiere mitgeteilt worden sei. Eine Zahlung des Pflegegeldes ab dem 28.5.2004 sei weiterhin nicht möglich, da zu diesem Zeitpunkt die bewilligungsrelevanten Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen seien. Auch hiergegen wurde Widerspruch eingelegt mit dem Begehren, das Pflegegeld bereits ab dem Frühjahr 2004 zu zahlen. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.2.2007 zurück. Für den Zeitraum vom 28.5.2004 bis zum 31.10.2005 müsse es bei der Entscheidung vom 2.2.2007 verbleiben. Die Klägerin zu 2) und ihr Ehemann hätten in diesem Zeitraum Leistungen nach dem AsylbLG erhalten, welches die Gewährung eines Pflegegeldes ausdrücklich nicht vorsehe. Pflegegeld könne allenfalls unter den Voraussetzungen des § 6 AsylbLG gezahlt werden. Danach könnten sonstige Leistungen gewährt werden, wenn dies im Einzelfall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sei. Gemäß § 6 Abs. 2 AsylbLG seien sonstige Leistungen grundsätzlich als Sachleistungen zu erbringen; nur bei Vorliegen besonderer Umstände komme die Gewährung von Pflegegeld in Betracht. Solche Umstände, die ausnahmsweise die Gewährung von Pflegegeld rechtfertigen könnten, seien nicht vorgetragen und könnten dem Vorgang auch nicht entnommen werden. Schon aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Sach- und Geldleistungen im AsylbLG sei abzuleiten, dass die Gewährung von Geldleistungen allenfalls dann in Betracht komme, wenn die Pflegesachleistung nicht den gebotenen Pflegeumfang sicherstellen könne. Da von vornherein keine Pflegesachleistung in Anspruch genommen bzw. geltend gemacht worden sei und von den Eheleuten lediglich Pflegegeld begehrt werde, könne auch nur hierüber abschließend befunden werden.

Am 9.3.2007 ist Klage vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben worden. Die Klageschrift haben der Kläger zu 1) als Betreuer seiner Eltern sowie dessen damalige Lebensgefährtin und jetzige Ehefrau unterzeichnet. Das Begehren ist weiterhin auf die Gewährung von Pflegegeld für die Klägerin zu 2) und ihren Ehemann gerichtet gewesen. Ergänzend ist geltend gemacht worden, die Beklagte beziehe sich in ihren Entscheidungen zu Unrecht auf den Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG. Die Notwendigkeit der Pflege sowie die damit verbundenen erhöhten finanziellen Belastungen seien jedoch nicht erst ab dem 1.11.2005, sondern bereits vorher, nämlich seit dem 8.6.2004 entstanden. Bei der Entscheidung über die Gewährung von Pflegegeld dürfe es keinen Unterschied machen, ob bereits eine Aufenthaltserlaubnis vorgelegen habe oder nicht. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG könnten sonstige Leistung gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich seien. Sie dienten der Bewältigung individueller Bedarfssituationen und besonderer Lebenslagen, in denen die Leistungen nach § 3 AsylbLG nicht ausreichend seien. Zwar erfolge in ihrem Fall die Pflege durch den Kläger zu 1) und dessen Lebensgefährtin, so dass keine Kosten für einen Pflegedienst anfielen. Es bestehe jedoch trotzdem eine finanzielle Mehrbelastung durch die für die beiden Kläger erforderlichen pflegerischen Maßnahmen und die Haushaltsführung. Die Ablehnung der Gewährung von Pflegegeld vor dem 1.11.2005 führe zu einer unbilligen Härte. Den Klägern sei es nicht möglich gewesen, irgendetwas zur Beschleunigung ihres Asylverfahrens beizutragen oder auf andere Weise Einfluss auf den Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zu nehmen. Zudem hätten die Voraussetzungen für die Annahme eines Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund der Pflegebedürftigkeit der Kläger in dokumentierter Form spätestens mit ihrer Einstufung in die Pflegestufe II vorgelegen. Folglich hätten die Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Pflegegeld der Pflegestufe II rückwirkend für den Zeitraum vom 8.6.2004 bis zum 31.10.2005. Nach Einstufung in die Pflegestufe II hätten sie darauf vertraut, dass dann auch Pflegegeld gezahlt würde. Zudem sei auch Kontakt zu einem Pflegedienst aufgenommen worden. Die Klägerin zu 2) und ihr Ehemann seien dann nach Abklärung der Kostentragung durch die Beklagte etwa zwei Tage von dem Pflegedienst gepflegt worden. Die Pflege sei nicht fortgesetzt worden, weil der Kläger zu 1) mit der Pflegeleistung nicht einverstanden gewesen sei. Jedenfalls hätten sich seit Erteilung des Bescheides vom 28.7.2005 durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Voraussetzungen für den aufenthaltsrechtlichen Status der Kläger geändert. Vor diesem Hintergrund sei zumindest ab diesem Zeitpunkt Pflegegeld zu zahlen.

Nach dem Tod des Ehemannes der Klägerin zu 2) am 00.00.2007 haben die Geschwister des Klägers zu 1) eine Erklärung abgegeben, dass sie auf ihr Erbe "verzichten" und damit einverstanden seien, dass der Kläger zu 1) als Betreuer ihrer Eltern alle Angelegenheiten regele. Zwischenzeitlich hat das Amtsgericht F (150 VI 290/08) am 29.5.2009 einen "gegenständlich beschränkten Erbschein" für den Kläger zu 1) ausgestellt, wonach dieser seinen Vater nach kosovarischem Erbrecht allein beerbt hat. Dieser Erbschein ist beschränkt auf das in der Bundesrepublik Deutschland befindliche Nachlassvermögen.

Die Klägerseite hat in der Fassung des Antrages durch das SG beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30.1.2006 und Änderung der Bescheide vom 6.12.2006 und 2.2.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.2.2007 zu verurteilen, ihr und ihrem verstorbenen Ehemann für die Zeit vom 28.5.2004 bis 31.10.2005 Pflegegeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Ergänzend hat sie auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) vom 6.4.2001 - 12 B 00.3269 hingewiesen. Der Bayerische VGH bejahe die Bewilligung der in § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG genannten Leistungen als Geldleistungen, wenn besondere Umstände vorlägen. Die Vorschrift definiere den Begriff des besonderen Umstandes selbst jedoch nicht. Um einen besonderen Umstand handle es sich jedenfalls dann nicht, wenn beispielsweise die Pflegesachleistung wesentlich teurer sei als die Gewährung von Pflegegeld. Gegenstand des Verfahrens sei nicht, ob den Klägern Hilfe zur Pflege nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG zu bewilligen gewesen wäre. Es werde nur noch ein Pflegegeldanspruch geltend gemacht. Nach dem Urteil des Bayerischen VGH könne ein solcher Anspruch jedoch nicht als Surrogat an die Stelle nicht bewilligter Pflegesachleistungen treten.

Das SG hat im Hinblick auf die Erb- bzw. Sonderrechtsnachfolge nach dem Ehemann der Klägerin zu 2) vor seiner Entscheidung verschiedene Hinweise an die Beteiligten erteilt. Es hat zunächst die Auffassung vertreten, (nur) die Klägerin zu 2) könne die Ansprüche ihres Ehemannes prozessual weiterverfolgen. Vor diesem Hintergrund hat es ihren Ehemann aus dem Rubrum herausgenommen. Danach hat es darauf hingewiesen, dass aus seiner Sicht der Anspruch des Ehemannes der Klägerin zu 2) auf Gewährung von Pflegegeld ein höchstpersönliches Recht darstelle, das mit dessen Tod untergegangen sei und deswegen überhaupt nicht mehr geltend gemacht werden könne.

Die Klägerseite und die Beklagte haben sich mit einer Entscheidung des SG ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 17.7.2008 hat das SG die Klage abgewiesen.

Die Klage des Ehemannes der Klägerin zu 2) habe sich mit dessen Tod erledigt. Sein Anspruch auf Pflegegeld sei untergegangen. Die Berechtigung aus § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) bzw. § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 239 der Zivilprozessordnung (ZPO) der in § 56 SGB I genannten Personen bzw. der Erben, einen Anspruch des Verstorbenen weiterzuverfolgen, gelte nicht, wenn es sich - wie hier - um höchstpersönliche Ansprüche handele (Verwaltungsgericht [VG] Düsseldorf, Urteil vom 30.4.2004 - 13 K 1126/98; Oberverwaltungsgericht [OVG] Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.6.1993 - 24 A 3693/91). Die Höchstpersönlichkeit des Rechts ergebe sich daraus, dass den in § 1 AsylbLG genannten Leistungsberechtigten nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG die Leistungen als Sachleistung zu gewähren seien und es sich hierbei ausschließlich um Leistungen an den Berechtigten handle. Der Grund für die Vorrangigkeit des Sachleistungsprinzips liege im Sinn und Zweck des AsylbLG, den Anreiz für Ausländer, aus wirtschaftlichen Gründen in die Bundesrepublik Deutschland zu kommen, dadurch zu mindern, dass den Betreffenden möglichst wenig Geld zur Verfügung gestellt werde.

Die Klägerin zu 2) habe keinen Anspruch auf Pflegegeld für die Zeit vom 24.5.2004 bis zum 31.10.2005. § 64 SGB XII, wonach Pflegebedürftige ein Pflegegeld in Höhe des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB XI erhalten könnten, sei nicht anwendbar, weil sie in dem fraglichen Zeitraum lediglich im Besitz einer Aufenthaltsgestattung nach dem Asylverfahrensgesetz gewesen sei. Sie sei damit (nur) Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG gewesen. § 64 SGB XII könne auch nicht über § 2 AsylbLG zur Anwendung gelangen, weil die Klägerin zu 2) noch nicht 36 Monate Leistungen nach § 3 AsylbLG bezogen habe. Unerheblich sei die Feststellung der Pflegestufe II bereits ab dem 28.4.2004. Denn damit sei nicht zugleich eine Änderung des Aufenthaltsstatus mit der Folge der Anwendbarkeit des SGB XII verbunden gewesen, zumal zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ein Antrag auf Durchführung eines Asylverfahrens gestellt gewesen sei. Der Bescheid vom 28.7.2005 habe ebenfalls noch nicht zu einer Änderung des Aufenthaltsstatus geführt. Eine Änderung sei erst durch die tatsächliche Erteilung des Aufenthaltstitels eingetreten. Hierauf stelle das AsylbLG ausdrücklich ab (SG Duisburg, Urteil vom 20.6.2008 - S 16 AY 15/07). Auch unter Härtegesichtspunkten könne im Hinblick auf die als vorrangig zu bewertenden Aspekte der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit keine andere Entscheidung getroffen werden. Darüber hinaus wäre es der Klägerin unbenommen gewesen, durch ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren auf eine schnellere Erteilung des Aufenthaltstitels zu drängen oder diesen ausdrücklich für vergangene Zeiträume zu begehren. Aus § 3 i.V.m. § 6 AsylbLG ergebe sich ebenfalls kein Anspruch der Klägerin zu 2) auf Pflegegeld. Grundsätzlich würden nur Pflegesachleistungen, nicht jedoch Pflegegeld von der Vorschrift erfasst. Ein besonderer Ausnahmefall, wie er in der auch von der Beklagten bereits zitierten Entscheidung des Bayerischen VGH vom 6.4.2001 beschrieben sei, liege nicht vor. Die Gewährung von Pflegegeld komme darüber hinaus zwar auch dann in Betracht, wenn eine begehrte Pflegesachleistung beim Leistungsträger nicht rechtzeitig habe erbracht werden können und deswegen vom Hilfebedürftigen entgeltlich durch Dritte beschafft worden sei (Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 20.7.2001 - 5 B 50/01). Vorliegend sei jedoch nicht erkennbar, dass die Beklagte nicht im Stande gewesen wäre, die notwendigen Pflegesachleistungen zu erbringen, oder aber, dass allein durch Geldleistungen die unerlässliche Pflege für die Klägerin zu 2) zu leisten gewesen wäre. Der Kläger zu 1) habe vielmehr glaubhaft angegeben, dass lediglich für drei Tage ein Pflegedienst die Versorgung der Klägerin übernommen habe. Er sei jedoch mit dessen Leistung nicht einverstanden gewesen, weshalb es zu keiner weiteren Betreuung durch den Pflegedienst gekommen sei. Für die Klägerin zu 2) wäre es in dieser Situation möglich und zumutbar gewesen, entweder einen anderen Pflegedienst zu beauftragen oder aber sich mit der Beklagten diesbezüglich in Verbindung zu setzen, um dort die weitere Verfahrensweise abzuklären.

Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 23.7.2008 zugestellte Urteil ist am 13.8.2008 Berufung eingelegt worden, mit der weiterhin ein Anspruch auf Zahlung von Pflegegeld sowohl für die Klägerin zu 2) als auch für ihren Ehemann geltend gemacht wird.

Der Kläger zu 1) hat die Ansprüche der Klägerin zu 2) und seines Vaters zunächst als Betreuer der Klägerin zu 2) geltend gemacht. Inzwischen beansprucht er die Pflegegeldleistungen für seinen Vater aus eigenem Recht als dessen Erbe. Er hält die Berufung insoweit für zulässig. Erledigungserklärungen hätten die Beteiligten erstinstanzlich nicht abgegeben. Es könne nicht zu seinen Lasten gehen, dass das SG anstelle einer Entscheidung in der Sache ohne Vorliegen entsprechender Erklärungen lediglich die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt habe. Die Ansprüche seines Vaters seien vererblich. Dies ergebe sich aus einer Parallele zum Anspruch auf Sozialhilfe. Ein solcher könne insoweit vererbt werden, als dem Betroffenen durch Inanspruchnahme von Hilfe Dritter Schulden entstanden seien. Habe ein Dritter den Bedarf des Hilfebedürftigen tatsächlich gedeckt, dürfe dies dem Sozialhilfeanspruch dann nicht entgegengehalten werden, wenn der Dritte die Hilfeleistung gleichsam anstelle des Sozialhilfeträgers und unter Vorbehalt des Erstattungsverlangens nur deshalb erbracht habe, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder die Hilfe abgelehnt habe (BVerwG, Urteil vom 5.5.1994 - 5 C 43/91). Die Beklagte habe die finanzielle Hilfe für seinen Vater nicht rechtzeitig erbracht. Stattdessen habe er - der jetzige Kläger zu 1) - die Aufwendungen hierfür im Vertrauen auf die Kostenübernahme durch die Beklagte getragen. Ein konkludentes Erstattungsverlangen liege vor.

Zur Begründung der Berufung hinsichtlich des materiellrechtlichen Anspruches wiederholen die Kläger im Wesentlichen das bisherige Vorbringen. Ergänzend führen sie aus, zur Beantwortung der Frage, wann besondere Umstände i.S.v. § 6 AsylbLG vorlägen, könne insbesondere der Sinn und Zweck des Gesetzes herangezogen werden. Dies stelle zwar grundsätzlich auf die Bedürfnisse eines nur vorübergehenden Aufenthalts zum Zwecke der Durchführung eines Asylverfahrens ab. Mit der Einstufung der Klägerin zu 2) und ihres Ehemannes in die Pflegestufe II am 28.5.2004 habe jedoch ein Abschiebehindernis i.S.v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorgelegen. Mithin sei bereits zu diesem Zeitpunkt klar gewesen, dass der Aufenthalt der Klägerin zu 2) und ihres Ehemannes in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur vorübergehend sein würde. Hierin sei ein besonderer Umstand im Sinne des § 6 AsylbLG zu sehen. Entgegen der Ansicht des SG stehe das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 6 AsylbLG einer rückwirkenden Leistung von Pflegegeld nicht entgegen. Die Ansprüche nach dem AsylbLG seien auch nicht höchstpersönlicher Natur. Dies könne insbesondere nicht aus dem Sachleistungsprinzip hergeleitet werden, weil hier gerade keine Sachleistungen nach dem AsylbLG, sondern Geldleistungen begehrt würden. Eine Nachholung der begehrten Leistung sei daher möglich. Die Ablehnung der Pflegegeldzahlungen könne auch nicht mit dem Abschreckungszweck des AsylbLG gerechtfertigt werden. Die finanziellen Leistungen seien wegen des vorliegenden Krankheitsfalles notwendig geworden und aufgrund der entstehenden finanziellen Mehrbelastung zwingend zu Pflegezwecken aufgewandt worden. Ein finanzieller Vorteil bzw. Anreiz für Asylbewerber ergebe sich daraus nicht.

Die Beklagte hat sich im Termin zur mündlichen Verhandlung im Wege eines Teilanerkenntnisse dazu verpflichtet, den Klägern jeweils Pflegegeld für den Zeitraum vom 27. bis 31.10.2005 in Höhe von 68,33 EUR zu zahlen. Die Kläger haben dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 17.7.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.1.2006 und Änderung der Bescheide vom 6.12.2006 und 2.2.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.2.2007 zu verurteilen, den Klägern für die Zeit vom 28.5.2004 bis zum 26.10.2005 Pflegegeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Sie hält die Argumentation in dem angefochtenen Urteil für zutreffend. Ergänzend führt sie zur Sache aus, Hilfe zur Pflege - i.S.d. SGB XII - sei hier schon nicht zur Sicherung der Gesundheit der Klägerin zu 2) und ihres Ehemannes unerlässlich gewesen. Auf die Frage, ob besondere Umstände für die Gewährung einer Geldleistung statt einer Sachleistung sprächen, komme es somit gar nicht an. Nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte sei kein Pflegegeld zu gewähren, wenn der Bedarf mit der Gewährung von Sachleistungen gedeckt werden könne und deshalb die Gewährung einer Geldleistung nicht unerlässlich sei. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn die Pflege allein und ausschließlich durch Angehörige nicht unerlässlich sei (Bayerischer VGH, Beschluss vom 19.10.2001 - 12 ZB 01.2208). Eine Unerlässlichkeit der Pflege durch Angehörige sei nicht vorgetragen. Die vorliegende Fallkonstellation sei in der Rechtsprechung noch nicht behandelt. Ob man, wie die Kläger, mit dem Zweck des AsylbLG argumentieren könne, erscheine zweifelhaft. Zwar sei mit der Feststellung des Abschiebehindernisses klar gewesen, dass der Aufenthalt der Kläger nicht nur ein vorübergehender sein werde. Formal sei dies nach der Wertung des AsylbLG jedoch erst mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis der Fall gewesen. Zudem fielen Personen mit Abschiebehindernissen grundsätzlich alle unter das AsylbLG. Ein Abschiebehindernis als solches sei somit grundsätzlich noch nicht geeignet, einen besonderen Umstand darzustellen. Zudem würde der Abschreckungszweck des AsylbLG vollständig verfehlt, wenn Personen, die sich vermutlich zur Inanspruchnahme von Sozialleistungen nach Deutschland begeben hätten, mit der (tatsächlich sofortigen) Entstehung eines Abschiebehindernisses Pflegeleistungen erhalten würden. Dagegen spreche auch, dass es die Rechtsprechung, von der genannten Ausnahme abgesehen, grundsätzlich verneine, das Pflegegeld unter die Öffnungsklausel des § 6 Abs. 1 AsylbLG zu subsumieren. Der Grund für die Vorrangigkeit des Sachleistungsprinzips liege im Sinn und Zweck des AsylbLG, den Anreiz für Ausländer, aus wirtschaftlichen Gründen in die Bundesrepublik zu kommen, dadurch zu mindern, dass den Betroffenen möglichst wenig Geld zur Verfügung gestellt werde.

Hinsichtlich des Pflegegeldanspruches des Ehemannes der Klägerin zu 2) sei die Berufung im Übrigen bereits unzulässig. Es sei schon nicht klar, wer insoweit Berufungsführer sein solle.

Der Kläger zu 1) dürfte insoweit schon deswegen ausscheiden, weil er erstmals nach Ablauf der Berufungsfrist erwähnt worden sei. Zudem seien Berufungen gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nur gegen Urteile statthaft. Im Hinblick auf die Pflegegeldansprüche des Ehemannes der Klägerin zu 2) habe das SG aber gerade keine Entscheidung getroffen, weil sich die Klage mit dessen Tod erledigt habe. Es sei zwar selbst bei Annahme eines nicht rechtsnachfolgefähigen Rechts äußerst fraglich, ob sich mit dem Tod auch das Klageverfahren erledige. Dies sei in der Verfahrensordnung nicht vorgesehen und widerspreche damit § 125 SGG. Dann läge jedoch insoweit jedenfalls ein offenes Verfahren erster Instanz vor, das erst noch durch ein Urteil zum Abschluss gebracht werden müsse. Im Übrigen hätte der Kläger zu 1) den Pflegegeldanspruch nur im Wege der Universalsukzession als Erbe erhalten können. Aber auch dies sei jedenfalls im vorliegenden Fall zu verneinen, weil nach dem Tod seines Vaters das Pflegegeld zur Erfüllung des mit ihm verfolgten Zwecks nicht mehr erbracht werden könne. Eine etwa vorhanden gewesene Notlage in der Person des Vaters des Klägers zu 1) könne sich nicht mehr im Nachhinein beheben lassen. Vererblich seien aus Gründen der gesetzlichen Gewährung des Rechtsanspruches auf Sozialhilfe und der zu sichernden Effektivitätsgehalte die Ansprüche ferner nur insoweit, als dem Betroffenen durch Inanspruchnahme von Hilfe Dritter Schulden entstanden seien. Um Defizite des Rechtsschutzes zu vermeiden, habe die Rechtsprechung von dem Grundsatz, es sei nicht Aufgabe der Sozialhilfe, Schulden zu tilgen, eine Ausnahme für solche Schulden gemacht, die dadurch entstanden seien, dass der Bedarf nicht rechtzeitig mit Mitteln der Sozialhilfe gedeckt worden sei. Habe ein Dritter den Bedarf des Hilfebedürftigen tatsächlich gedeckt, könne dies dem Sozialhilfeanspruch dann nicht entgegengehalten werden, wenn der Dritte die Hilfeleistung gleichsam anstelle des Sozialhilfeträgers und unter Vorbehalt des Erstattungsverlangens nur deshalb erbracht habe, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder die Hilfe abgelehnt habe. Daran ändere sich auch dann nichts, wenn wie hier im Todeszeitpunkt der Anspruch bereits rechtshängig gewesen sei. Es sei aber nicht ersichtlich, dass der Kläger zu 1) als Dritter seinem Vater Hilfeleistungen anstelle eines von der Beklagten nicht rechtzeitig gewährten Pflegegeldes erbracht habe. Dabei sei zu beachten, dass zum einen die geleistete Pflege keine Hilfeleistung in Bezug auf pauschaliertes Pflegegeld sei und zum anderen das Pflegegeld kein Entgelt an die Pflegeperson für erbrachte Pflegeleistungen darstelle.

Die Klägerin zu 2) hätte den Pflegegeldanspruch ihres Mannes nur über § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I im Wege der Sonderrechtsnachfolge erhalten können. Die Vorschrift sei aber auf das Pflegegeld nicht anwendbar. Eine Rechtsnachfolge finde nicht statt, weil sie ihrer Zielsetzung nach nicht mit dem Wesen der Sozialhilfe bzw. mit den diese prägenden Grundsätzen vereinbar sei. Die in § 56 SGB I geregelte Sonderrechtsnachfolge gehe auf einschlägige Vorschriften in anderen Sozialleistungsgesetzen zurück, die Leistungen von Renten vorgesehen hätten. Diesen Regelungen liege der Gedanke zu Grunde, diejenigen zu begünstigen, die in ihrer wirtschaftlichen Existenz von dem Rentenberechtigten abhängig gewesen seien. Grundlegend anders sei die Interessenlage im Sozialhilferecht. Die Sozialhilfe sei regelmäßig eine von einer gegenwärtigen konkreten Notlage ausgelöste, aus allgemeinen Steuermitteln finanzierte öffentliche Nothilfe. Wegen dieses Bedarfsdeckungsprinzips mit seinem Bezug zu einzelnen Hilfesuchenden könne Sozialhilfe grundsätzlich nicht für die Vergangenheit begehrt werden, weil sich eine Notlage in der Vergangenheit grundsätzlich nicht durch eine Leistung in der Gegenwart überwinden lasse. Als Argument zu Gunsten einer Anwendbarkeit des § 56 SGB I könne auch nicht der Umstand herangezogen werden, dass das Pflegegeld dafür gedacht sei, der Pflegeperson zugewendet zu werden. Zwar sei in der Rechtsprechung der Zweck der Pflegegeldgewährung auch darin gesehen worden, mit Hilfe des Pflegegeldes für geleistete Hilfe Dank zu erweisen und sich die Bereitschaft der Pflegeperson für die Zukunft zu erhalten. Doch sei dies nicht ein gesetzlich festgelegter, für den Pflegebedürftigen also verbindlicher Zweck der Leistung. Pflegegeld werde gewährt, um den Pflegebedürftigen von vornherein in den Stand zu versetzen, vielfältige Aufwendungen ohne Einzelnachweis aufzufangen. Vor alledem sei für den Ausschluss der Anwendbarkeit des § 56 SGB I jedoch entscheidend, dass sich mit dieser Vorschrift gar nicht sicherstellen lasse, gerade die Pflegeperson als Rechtsnachfolger in den Genuss des Pflegegeldes kommen zu lassen, da es dem Pflegebedürftigen vor seinem Tod hätte noch gewährt werden müssen (BVerwG, Urteil vom 10.5.1979 - V C 79.77).

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Ehefrau des Klägers zu 1) als Zeugin im Termin zur mündlichen Verhandlung. Zum Inhalt und Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 14.2.2011.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

I) Nachdem die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung einen Teilvergleich geschlossen haben, streiten sie nur noch um die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger zu 1) als Rechtsnachfolger seines Vaters und der Klägerin zu 2) Pflegegeld für die Zeit vom 28.5.2004 bis 26.10.2005 zu bewilligen. Unabhängig davon, welche Rechtsgrundlage aus dem AsylbLG, dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) oder dem SGB XII heranzuziehen sein könnte, handelt es sich hierbei um eigenständige Ansprüche, die getrennt von den sonstigen der Klägerin zu 2) und ihrem Ehemann von der Beklagten in dem fraglichen Zeitraum gewährten Leistungen zu prüfen sind. Es handelt sich also nicht um einen sog. Quasi-Höhenstreit (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 26.7.2010 - L 20 AY 13/09 Rn. 113 - bezogen auf das Verhältnis der Leistungen nach § 3 AsylbLG einerseits und § 6 AsylbLG andererseits).

II) Sowohl die Berufung der Klägerin zu 2) als auch die Berufung des Klägers zu 1) sind insoweit zulässig. Beklagte ist dabei vor dem Hintergrund der Aufhebung des Ausführungsgesetzes Nordrhein-Westfalen zum SGG mit Wirkung zum 1.1.2011 gemäß § 70 Nr. 1 SGG jedenfalls inzwischen (vgl. dazu Straßfeld SGb 2010, 520 ff. [522]) die Stadt F und nicht ihr Oberbürgermeister, was im Rubrum von Amts wegen klarzustellen war.

1) Auch für die Berufung des Klägers zu 1) ist die erforderliche Klagebefugnis, also die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte (dazu Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 54 Rn. 9 ff.), sowie auch die Prozessführungsbefugnis (dazu Keller a.a.O. vor § 51 Rn. 15) gegeben.

Hierbei ist zunächst zu unterstellen, dass der geltend gemachte Anspruch auf Pflegegeld des Ehemannes der Klägerin zu 2) grundsätzlich bestanden haben kann. Die weitere, hiervon zu trennende Frage, ob der Anspruch auch tatsächlich bestanden hat und anschließend auf den Kläger zu 1) übergegangen ist, ist eine Frage der Aktivlegitimation (dazu Keller a.a.O.), die erst im Rahmen der Begründetheitsprüfung zu beleuchten ist (insofern irrtümlich anders die Entscheidung des Senats vom 19.4.2010 - L 20 SO 44/08 Rn. 37 ff.).

Der Kläger zu 1) begehrt Rechtsschutz jedenfalls mit der Behauptung als Erbe seines Vaters den diesem vor dessen Versterben zustehenden Pflegegeldanspruch nunmehr aus eigenem Recht erlangen zu können. Für seine Klagebefugnis in Rechtsnachfolge seines Vaters reicht dies aus.

2) Die Berufungsfrist ist betreffend das Begehren des Klägers zu 1) ebenfalls gewahrt. Denn schon der Berufungsschriftsatz ist so auszulegen, dass er den Leistungsanspruch seines Vaters auf Pflegegeld weiter geltend machen wollte. Der Kläger zu 1) taucht in dem Schriftsatz zwar nur als Betreuer seines Vaters auf. Bereits im Klageverfahren vor dem SG waren aber Erklärungen der Klägerin zu 2) und sämtlicher Geschwister des Klägers zu 1) vorgelegt worden, dass dieser als "Alleinerbe" alle Ansprüche des Vaters geltend machen dürfe. Hieraus geht hinreichend hervor, dass der Kläger zu 1) - zumindest auch - aus eigenem Recht den Pflegegeldanspruch seines verstorbenen Vaters geltend machen wollte.

3) Schließlich steht einer Entscheidung über die Berufung des Klägers zu 1) auch kein wesentlicher Verfahrensmangel entgegen, der zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das SG führen könnte. Das SG hat insbesondere über die Klage - bezogen auf den ursprünglichen Anspruch des Ehemannes der Klägerin zu 2) - durchaus auch in der Sache selbst entschieden (vgl. § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Es hat zwar den Ehemann der Klägerin 2) nach dessen Tod von Amts wegen aus dem Rubrum herausgenommen und in dem gerichtlichen Schreiben vom 14.7.2008 vorab sowie in den Entscheidungsgründen darauf hingewiesen, dass insoweit der Rechtsstreit erledigt sei und eine Entscheidung des Gerichts nicht getroffen werden könne. Aus dem Tenor des Urteils, dem im Tatbestand formulierten Klageantrag und den Ausführungen eingangs der Begründetheitsprüfung in den Entscheidungsgründen des Urteils ergibt sich jedoch, dass sowohl Ansprüche der Klägerin zu 2) als auch Ansprüche ihres Ehemannes - letztere geltend gemacht von der Klägerin zu 2) als Sonderrechtsnachfolgerin - Gegenstand der Entscheidung waren, wobei der Anspruch auf Pflegegeld für den Ehemann der Klägerin zu 2) schon wegen fehlender Aktivlegitimation abgelehnt wurde. Bei einer anderen Lesart wäre nicht erklärbar, warum das SG (erst) im Rahmen der Begründetheitsprüfung Ausführungen zu dem Anspruch auf Pflegegeld für den Ehemann der Klägerin zu 2) gemacht hat und darüber hinaus nicht (wie das VG Düsseldorf in dem von dem SG zitierten Urteil vom 30.4.2004 - 13 K 11126/98) die Klage nur insoweit abgewiesen hat, als sie nicht durch den Tod des ursprünglichen Anspruchsinhabers für erledigt gehalten wurde.

Es liegt daher eine (berufungsfähige) Entscheidung über den ursprünglichen Anspruch des Ehemannes der Klägerin zu 2) vor, den der Kläger zu 1) nach den vorstehenden Ausführungen im Übrigen zulässigerweise weiterverfolgen kann. Insoweit war insbesondere nicht vorrangig ein Anspruch auf Urteilsergänzung gemäß § 140 Abs. 1 SGG zu verfolgen.

Vor diesem Hintergrund bedarf es im Hinblick auf die unter 2) und 3) dargestellten Aspekte keiner weiteren Erörterung, ob die Zulässigkeit des Begehrens des Klägers zu 1) nicht auch unter dem Gesichtspunkt des § 99 SGG anzunehmen wäre, weil die Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung im Rahmen des dort geschlossenen Teilvergleiches rügelos eingelassen und damit den Beteiligtenwechsel zwischen dem Vater und dem Kläger zu 1) akzeptiert hat (vgl. dazu Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 99 Rn. 12).

III) Die Berufung der Kläger ist jedoch unbegründet.

Das Urteil des SG vom 17.7.2008 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Bescheide vom 30.1.2006, 6.12.2006 und 2.2.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.2.2007 sind rechtmäßig und die Kläger deswegen nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

1) Dabei kann der Senat im Ergebnis offen lassen, ob der von dem jetzigen Kläger zu 1) als Erbe geltend gemachter Anspruch seines verstorbenen Vaters auf Pflegegeld überhaupt der Sukzession fähig war.

Allerdings ist ein Anspruch auf Sozialhilfe zwar in der Regel nicht vererblich (Urteil des Senats vom 19.4.2010 - L 20 SO 44/08 Rn. 39 m.w.N.; Beschluss vom 29.2.2008 - L 20 B 9/08 SO Rn. 10; Grube in: Grube/Wahrendorf, 3. Auflage 2010, § 19 Rn. 36 m.w.N.; Schoch in: LPK-SGB XII, 8. Auflage 2008, § 19 Rn. 54). Eine Ausnahme soll auch nach der - zwischenzeitlich gelockerten - Rechtsprechung des BVerwG jedoch für Fälle gelten, in denen der Betroffene seinen Bedarf mit Hilfe eines auf die spätere Bewilligung der Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat (Beschluss des Senats vom 29.2.2008 - L 20 B 9/08 SO Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 5.5.1994 – 5 C 43/91 Rn. 14). Diese Ausnahme wird für Ansprüche auf Pflege in Einrichtungen oder auf Pflegegeld flankiert durch die Regelung des § 19 Abs. 6 SGB XII (früher § 28 Abs. 2 BSHG). Dadurch soll die schnelle Hilfe durch Dritte gefördert und vermieden werden, dass Einrichtungen und Pflegepersonen trotz berechtigten Vertrauens auf Leistungen der Sozialhilfe leer ausgehen (Grube a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Beschluss vom 1.9.2008 - B 8 SO 12/08 B Rn. 7). Gerade die Regelung des § 19 Abs. 6 SGB XII könnte darauf hindeuten, dass ein Anspruch auf Pflegegeld (nach dem SGB XII) grundsätzlich sukzessionsfähig ist und nicht automatisch mit dem Tod des Berechtigten untergeht. Ein solches Ergebnis stellte auch eine Übereinstimmung mit dem Anspruch auf Pflegegeld nach § 37 SGB XI (§ 57 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches [SGB V] in der bis zum 31.3.1995 gültigen Fassung) her; dieser ist nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 6.2.1997 - 3 RK 8/96 Rn. 12 ff.) gem. § 58 Satz 1 SGB I vererblich. Der strukturelle Unterschied zwischen Pflegegeld nach dem SGB XI (Versicherungsleistung) und demjenigen nach dem SGB XII (Sozialhilfeleistung) muss eine unterschiedliche Behandlung der Vererblichkeit nicht notwendig rechtfertigen. Denn Sinn und Zweck beider Leistungen - Sicherstellung der Pflege durch eine selbstbeschaffte Pflegeperson sowie Erhaltung ihrer Pflegebereitschaft - sind jedenfalls identisch. Die älteren, von der Beklagten und dem SG zitierten Entscheidungen (BVerwG, Urteil vom 10.5.1979 - V C 79.77; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.6.1993 - 24 A 3693/91), die noch von einer generellen Unvererblichkeit solcher Ansprüche ausgingen, stehen dem nicht entgegen. Zum einen sind sie durch die bereits genannte Entscheidung des BVerwG vom 5.5.1994 überholt. Zum anderen beruhen sie wesentlich auf dem Gedanken, dass vor dem Hintergrund der "Strukturprinzipien” des Sozialhilferechts die Leistung von Sozialhilfe für die Vergangenheit nicht in Betracht komme. Die Heranziehung solcher "Strukturprinzipien”, die jedoch keine konkrete gesetzliche Anknüpfung gefunden haben, ist allerdings durch die Rechtsprechung des BSG kritisch relativiert worden (vgl. Urteile vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R Rn. 11 und vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 8/06 R Rn. 14 ff.).

Wegen der vergleichbaren Struktur und Zielsetzung spricht deshalb Vieles dafür, die vorstehend dargestellten Grundsätze betreffend die Sukzessionsfähigkeit des Anspruches auf Sozialhilfe im Allgemeinen bzw. auf Pflegegeld nach dem SGB XII im Besonderen für den Fall, dass der Bedarf durch einen vorleistenden Dritten gedeckt wurde, auf Leistungen nach dem AsylbLG zu übertragen.

Ggf. wäre eine Rechtsnachfolge des Klägers zu 1) auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil nicht er, sondern (wie von dem SG erwogen) nur die Klägerin zu 2) Rechtsnachfolgerin geworden wäre (§ 58 Satz 1 SGB I). Denn die Regelungen über die Sonderrechtsnachfolge (§§ 56-59 SGB I) finden im Rahmen des AsylbLG keine Anwendung. Im streitigen Zeitraum haben die Klägerin zu 2) und ihr Ehemann Leistungen nach dem AsylbLG bezogen. Das AsylbLG enthält jedoch nur in § 7 Abs. 4 AsylbLG eine punktuelle Verweisung auf die §§ 60-66 SGB I. Die §§ 56-59 SGB I sind von dieser Verweisung nicht erfasst. Im Übrigen ist nach der insoweit bindenden Feststellung des Amtsgerichts F in dem beschränkten Erbschein für den Kläger zu 1) davon auszugehen, dass dieser Alleinerbe nach seinem Vater geworden ist. § 58 SGB I stellt in diesem Zusammenhang nur die Fortgeltung der Sukzessionsregeln des Bürgerlichen Gesetzbuches klar; insofern ist unschädlich, dass das AsylbLG § 58 SGB I nicht eigens für anwendbar erklärt, da es nur um die ohnehin eingetretene Universalsukzession geht, welche nicht durch §§ 56 f. SGB I modifiziert wurde.

2) Der Senat kann die Frage der Sukzessionsfähigkeit des Pflegegeldanspruches letztlich offen lassen, weil selbst bei grundsätzlicher Sukzessionsfähigkeit ein Pflegegeldanspruch aus anderen Gründen von vorneherein ausscheidet.

Der Senat nimmt hinsichtlich der materiell-rechtlichen Beurteilung eines Pflegegeldanspruches im Rahmen des Leistungsregimes des AsylbLG zunächst Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils; diese macht er sich nach eigener Überprüfung zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Ausführungen des SG gelten insoweit nicht nur für die Klägerin zu 2), sondern auch für den von dem Kläger zu 1) geltend gemachten Anspruch auf Pflegegeld für seinen Vater.

Ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:

Für den streitigen Zeitraum vom 28.5.2004 bis zum 31.12.2004 ist nicht auf die erst am 1.1.2005 in Kraft getretene Regelung des § 64 SGB XII, sondern auf den bis zu diesem Zeitpunkt gültigen § 69a BSHG abzustellen. Hieraus ergeben sich jedoch keine Änderungen, weil die Vorschriften keine inhaltlichen Unterschiede aufweisen.

Zu Recht hat das SG für die Anwendbarkeit der Regelungen i.S.v. § 28 Abs. 1 Nr. 4 SGB I maßgebend auf die Erteilung des "stärkeren" Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 3 AufenthG abgestellt. § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AsylbLG knüpft insoweit an den "Besitz” des Titels und § 1 Abs. 2 AsylbLG an dessen "Erteilung” an. Nicht ausreichend ist entgegen der Rechtsauffassung der Kläger, wenn zwar die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels, der zur Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII oder dem BSHG berechtigt, erfüllt sind, der Titel selbst aber noch nicht erteilt wurde. (vgl. dazu auch Hohm in: GK-AsylbLG, § 1 Rn. 42, 104/105). Dahingestellt bleiben kann dabei, ob sich die Beklagte bei der Frage der Erteilung des Aufenthaltstitels die Kenntnis ihres eigenen Ausländeramtes zurechnen lassen müsste (vgl. dazu Armborst in: LPK-SGB XII, 8. Auflage 2008, § 18 Rn. 2 m.w.N.; "Grundsatz der Einheitlichkeit der Verwaltung”) oder ob es auf die Kenntniserlangung der für die Leistungserbringung nach dem AsylbLG zuständigen Stelle der Beklagten durch die Vorlage der Ausweise im November 2005 ankäme. Denn insoweit haben die Beteiligten eine einvernehmliche Einigung im Termin zur mündlichen Verhandlung erzielt. Vor dem Tag der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG kann ein Anspruch der Klägerin zu 2) und ihres Ehemannes auf Pflegegeld nach den Vorschriften des SGB XII oder des BSHG keinesfalls bestanden haben.

Ebenfalls zu Recht hat das SG einen Anspruch auf Pflegegeld auf der Grundlage der Regelung des § 3 i.V.m. § 6 AsylbLG abgelehnt, wobei seine Ausführungen auch hier sowohl für die Klägerin zu 2) als auch ihren Ehemann entsprechend gelten. Maßgebend sind in dem streitgegenständlichen Zeitraum die insoweit wortgleichen Vorschriften des § 6 AsylbLG in der bis zum 17.3.2005 gültigen und § 6 Abs. 1 AsylbLG in der ab dem 18.3.2005 gültigen Fassung. Ein Anspruch auf Pflegegeld kann sich danach nur aus den Regelungen des § 6 (Abs. 1) Satz 2 AsylbLG ergeben. Geldleistungen können danach nur gewährt werden, wenn Sachleistungen "in besonderen Fällen” nicht in Betracht kommen (Bayerischer VGH, Urteil vom 14.7.2000 - 12 B 99.1545 Rn. 18-20; Bayerischer VGH, Urteil vom 6.4.2001 - 12 B 00.3269 Rn. 32-34; BVerwG, Beschluss vom 20.7.2001 - 5 B 50/01; Hohm in: GK-AsylbLG, § 6 Rn. 164 m.w.N.).

Ein "besonderer” Fall i.S.d. Vorschrift liegt im Falle der Kläger jedoch nicht vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt und somit eine enge Auslegung geboten ist (VG Regensburg, Urteil vom 26.9.2000 - RN 4 K 99.1063 Rn. 41 m.w.N.). Als Maßstab gilt, dass die entsprechende Sachleistung (organisatorisch) nicht erbracht werden konnte, zu Unrecht abgelehnt wurde oder deren Inanspruchnahme nicht zumutbar war. Keine dieser drei Voraussetzungen ist hier erfüllt.

Die Beklagte hat die Erbringung von Pflegesachleistungen nicht abgelehnt. Es ist vielmehr aktenkundig und zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Beklagte die Sicherstellung der häuslichen Pflege der Klägerin zu 1) und ihres Ehemannes über einen gewerblichen Pflegedienst angeboten hat. In der Folgezeit ist dann für wenige Tage ein Pflegedienst eingesetzt worden. Dementsprechend standen auch rein organisatorische Hindernisse im Bereich der Beklagten der Sicherstellung der Pflege als Sachleistung nicht entgegen.

Ferner ist nicht erkennbar, dass die Pflege der Klägerin zu 2) und ihres Ehemannes durch einen gewerblichen Pflegedienst aus tatsächlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre. Die vorliegenden Krankheitsbilder liefern keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine Pflege durch dritte Personen außerhalb der Familie grundsätzlich nicht möglich gewesen wäre. Soweit dagegen eingewandt wurde, die Klägerin zu 2) und ihr Ehemann seien aufgrund ihrer Gebrechlichkeit und der Sprachbarriere auf eine persönliche Ansprache aus der Familie angewiesen gewesen, hält der Senat dies nicht für durchgreifend. Dagegen spricht schon, dass sich beide Eheleute im Laufe der Zeit mehrfach für nicht unerhebliche Zeiträume (mehr als eine Woche) in stationärer Krankenhausbehandlung befunden haben, was notwendigerweise mit der Erbringung von Pflegeleistungen durch dritte Personen außerhalb der Familie einherging und gleichwohl nicht zu Schwierigkeiten bei der Pflege geführt hat. Auch aus der Vernehmung der Ehefrau des Klägers zu 1) haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Pflege zwingend nur durch einen Familienangehörigen, insbesondere durch die Zeugin, hätte sichergestellt werden können. Soweit die Pflege durch den für einige Tage beauftragten Pflegedienst aufgrund fachlicher Mängel - wie von dem Kläger zu 1) vorgetragen - nicht zufriedenstellend gewesen sein sollte, belegt dies nicht die Unzumutbarkeit der häuslichen Pflege durch einen gewerblichen Pflegedienst als solches. Denn dem hätte durch die Beauftragung eines anderen Pflegedienstes in Absprache mit der Beklagten abgeholfen werden können.

Davon abgesehen steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme inzwischen fest, dass Absprachen über eine Entgeltlichkeit der Pflege der Klägerin zu 2) und ihres Ehemannes durch die Ehefrau des Klägers zu 1) nicht bestanden haben. Es handelte sich daher vielmehr um eine Pflege aus familiärer Verbundenheit. Auch unter diesem Gesichtspunkt scheidet daher ein Anspruch auf Pflegegeld im Rahmen von § 6 (Abs. 1) Satz 2 AsylbLG aus (BVerwG, Beschluss vom 20.7.2001 - 5 B 50/01 Rn. 4).

IV) Nach dem Vorstehenden kann dahinstehen, ob einem Anspruch der Klägerin zu 2) und ihres Ehemannes auf Pflegegeld nicht ohnehin die Einreise in den Geltungsbereich des AsylbLG, um Leistungen nach dem AsylbLG zu erlangen (§ 1a Nr. 1 AsylbLG), und damit eine Anspruchseinschränkung gemäß § 1a AsylbLG auf die im Einzelfall nach den Umständen unabweisbare Leistungen entgegengestanden hätte.

V) Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Für den Kläger zu 1) ergibt sich die Anwendbarkeit der Vorschrift aus § 183 Satz 2 SGG.

V) Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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