Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 16 R 4590/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 466/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen der Rückforderung eier überzahlten Witwenrente; Weiterzahlung über einen Wegfalltatbestand hinaus ist Leistung ohne Verwaltungsakt
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 29. Mai 2006 sowie der Bescheid der Beklagten vom
17. November 2004 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 3. Mai 2005 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2005 dahin abgeändert, dass sich der zu erstattende Überzahlungsbetrag entsprechend dem Teilanerkenntnis der Beklagten vom 15. Juli 2010 auf 34.063,15 Euro verringert.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die rückwirkende Aufhebung einer Rentenbewilligung und Rückforderung eines Überzahlungsbetrages von zuletzt 34.063,15 Euro.
Die Klägerin ist die Witwe des am 24.01.1992 verstorbenen Versicherten F. S., welcher Inhaber einer Firma für Werkvertretungen von Landmaschinen war. Die Klägerin hatte in dieser Firma seit 1972 Einzelprokura.
Nach dem Tode ihres Ehemannes stellte sie im Februar 1992 bei der Beklagten Antrag auf Hinterbliebenenrente. Sie gab an, seit dem Tode ihres verstorbenen Mannes dessen Betrieb als Geschäftsführerin weiter zu führen. Laut Erklärung ihres Steuerberaters vom 13.03.1992 betrug ihr Gewinnanteil an der inzwischen in Fa. F. A. GmbH & Co KG umgewandelten Firma im Jahr 1992 125.000,- DM.
Mit Bescheid vom 29.05.1992 bewilligte die Beklagte der Klägerin sog. große Witwenrente ab 24.01.1992 (monatlicher Zahlbetrag ab 01.07.1992 DM 942,22). In dem Bescheid wurde auf die gesetzlichen Mitteilungspflichten der Klägerin u.a. im Falle des Hinzutretens oder Veränderung von Erwerbseinkommen hingewiesen, weil dieses Einfluss auf die Rentenhöhe haben könne; ebenso wurden die Rechtslage bei Zusammentreffen der Witwenrente mit Erwerbseinkommen näher dargelegt (abgestufte Einkommensanrechnung nach § 314 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - a.F.: keine Anrechnung im ersten Jahr nach dem Tode des Versicherten, anschließend stufenweise Anrechnung des einen Freibetrag übersteigenden Einkommens). Auf einen beigefügten Vordruck bezüglich der ab 1993 vorzunehmenden Einkommensanrechnung wurde Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 10.11.1992 wurde die Witwenrente auf der Grundlage der bisherigen Rentenberechnung rückwirkend ab 24.01.1992 wegen Bewilligung eines Zuschusses zur privaten Krankenversicherung neu berechnet (monatl. Rentenzahlbetrag ab 01.01.1993 1.001,11 DM). Der Bescheid enthielt die gleichen Hinweise zu den bestehenden Mitteilungspflichten bei Hinzutreten von Erwerbseinkommen, Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses etc. und zur Einkommensanrechnung bei Zusammentreffen der Witwenrente mit Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen wie der Bescheid vom 29.05.1992.
Nach Eingang einer Mitteilung des Steuerberaters der Klägerin vom 02.06.1993 über das vorläufig festgestellte Einkommen der Klägerin im Jahr 1992 von 291.378,- DM nahm die Beklagte mit Bescheid vom 16.08.1993 für die Zeit ab 01.07.1993 eine weitere Neuberechnung der Witwenrente der Klägerin unter Zugrundelegung der bisherigen Berechnungsdaten und Berücksichtigung des 1992 erzielten Einkommens vor. Es wurde festgestellt, dass die Rente ab 01.07.1993 wegen Anrechnung von 10% des den Freibetrag von 1.174,54 DM übersteigenden Einkommens ruhe und die für die Zeit vom 01.07. bis 30.09.1993 schon ausgezahlte Rente (entstandene Überzahlung: 3.147,66 DM) gem.
§ 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu erstatten sei.
Die Klägerin zahlte den Betrag von DM 3.147,66 in der Folgezeit zurück. Die Auszahlung des im November 1992 zur Auszahlung angewiesenen Rentenbetrags lief allerdings wegen eines Fehlers bei Eingabe des Wegfallauftrags bzw. wegen Unterbleibens eines erneuten Wegfallauftrags nach Stornierung eines ersten fehlerhaften Wegfallauftrags von der Beklagten unbemerkt weiter, offensichtlich erfolgten in der Folgezeit auch regelmäßige Rentenanpassungen, die Klägerin äußerte sich dazu nicht.
Mit weiterem Bescheid vom 10.12.1993 wurde die Witwenrente für die Zeit ab 01.02.1994 unter Anrechnung von nunmehr 20 % des den entsprechenden Freibetrag übersteigenden Einkommens (angesetzt wurde hier wie schon im Bescheid vom 16.08.1993 ein monatliches Einkommen von 15.782,98 DM) neu berechnet und festgestellt, dass die Rente ab 01.02.1994 wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens nicht zu zahlen sei. Auf §§ 97, 314 Abs.3 a.F. SGB VI und die Unanfechtbarkeit "des bisherigen Bescheids" wurde hingewiesen.
Übersehen wurde weiterhin, dass der Zahlungsauftrag nicht gelöscht war und die Zahlung der Rente entgegen den Feststellungen im Bescheid weiter lief. Weitere Bescheide mit Einkommensanrechnung ergingen in den Folgejahren nicht mehr.
Ab 01.01.2002 wurde der Klägerin Altersrente für Frauen aus ihrer eigenen Versicherung bewilligt (Bescheid vom 27.06.2002, monatl. Zahlbetrag im Juli 2002 DM 703,33 Euro). Nachdem die für die Witwenrente zuständige Sachbearbeitung der Beklagten davon im Juli 2002 durch interne Mitteilung erfahren hatte, stellte sie zwecks Anpassung der Witwenrente ab 2002 Ermittlungen zum Einkommen der Klägerin ab 2001 an. Nach monatelanger Verzögerung erhielt sie schließlich im März 2003 die Einkommensteuerbescheide der Klägerin ab 1998 (daraus ersichtlich jährliche Einkünfte der Klägerin aus nicht selbständiger Arbeit von jeweils über 70.000,- DM bis zum Jahr 2000, ab 2001 keine Einkünfte mehr bzw. negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb), außerdem wurde ein Auszug aus dem Handelsregister übersandt (daraus ist u.a. das endgültige Ausscheiden der Klägerin aus der Geschäftsführung der Firma im Juli 2002 ersichtlich).
Mit Bescheid vom 04.07.2003 nahm die Beklagte eine rückwirkende Neuberechnung der Witwenrente der Klägerin ab 24.01.1992 unter Berücksichtigung der jeweils erzielten jährlichen Einkommen bis 31.08.2003 vor. Ab 01.02.1993 war es nach der nunmehrigen Berechnung bereits zu einer Rentenminderung wegen eines anzurechnenden Einkommens in Höhe von monatlich 564,54 DM auf 377,68 DM gekommen (tatsächlich gezahlt: 1.001,11 DM; zugrunde gelegt wurde ein Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit im Jahr 1991 von 125.000,- DM), ab 01.07.1993 ergab sich, wie schon im Bescheid vom 16.08.1993 festgestellt, wegen anzurechnendem monatlichen Einkommens der Klägerin von 1.460,84 DM ein Ruhen der Rente. Für die weitere Zeit ab 01.07.1994 bis 01.07.1999 wurde pauschal davon ausgegangen, dass das anzurechnende Einkommen nach den vorliegenden Erklärungen der Klägerin den Betrag der monatlichen Rente übersteige, jedoch wurde insoweit noch um Übersendung der Einkommensteuerbescheide für 1994 bis 1997 gebeten (welche in der Folgezeit eingingen und jährliche Einkünfte der Klägerin aus nicht selbständiger Arbeit von jeweils weiterhin über 70.000,- DM auswiesen). Ab 01.01.2001 errechnete sich mangels Zusammentreffen mit Einkommen wieder ein Rentenanspruch (DM 1.155,34 mtl. bzw. ab 01.07.2001 DM 1.177,46 mtl.), ab 01.01.2002 kam es zu einer geringfügigen Anrechnung der eigenen Altersrente der Klägerin. Für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis 31.08.2003 wurde ein Nachzahlungsbetrag von 18.309,91 Euro errechnet, der an die Klägerin ausbezahlt wurde. Ab 01.09.2003 errechnete sich eine laufende monatliche Rente von 569,20 Euro, nebst Zuschüssen zur Kranken- und Pflegeversicherung von 671,59 Euro. Der Bescheid wurde von der Klägerin nicht angefochten.
Anlässlich dieses Bescheides wurde nunmehr im August 2003 festgestellt, dass es im Jahre 1993 nicht zu einer Einstellung der Rentenzahlung, sondern zu einer unbemerkten fehlerhaften Weiterzahlung der Witwenrente der Klägerin auf Grund des alten nicht gelöschten Zahlungsauftrags vom 10.11.1992 durchgehend seit 1993 gekommen war und darüber hinaus für die Zeit vom 01.02.bis 30.06.1993 angeblich sogar zu einer Doppelzahlung wegen Neuaufnahme der Zahlungsanweisung und nicht erfolgter Einstellung des alten Zahlungsauftrags. Eine Löschung des alten Zahlauftrages erfolgte erst im Januar 2004 zum 29.02.2004 nach Ermittlungen der Beklagten zu den in der Vergangenheit erfolgten Rentenanpassungen und interner Berechnung der für die Zeit ab 24.01.1992 bis Ende Dezember 2000 und für die Zeit danach bis 29.02.2004 erfolgten Gesamtüberzahlung von 69.735,68 Euro. Die Beklagte erließ zuvor noch den weiteren Neuberechnungsbescheid vom 20.01.2004 wegen Einkommensanrechnung für die Zeit ab 01.03.2004 (anzurechnendes Einkommen wie zuvor 8,34 Euro - monatlicher Rentenzahlbetrag weiterhin 671,59 Euro).
Mit Schreiben vom 13. 02.2004 wies die Beklagte die Klägerin unter Beifügung von Berechnungsunterlagen auf die Überzahlung ihrer Witwenrente im Zeitraum ab 01.02.1993 hin und hörte sie zu der nunmehr beabsichtigten Aufhebung des Bescheids vom 10.11.1992 "ab Änderung der Verhältnisse, also mit Wirkung ab 01.02.1993 nach § 48 SGB X" und Rückforderung einer für die Zeit vom 01.02.1993 bis 29.02.2004 errechneten Überzahlung von 69.735,68 Euro nach § 50 Abs.1 SGB X an.
Nach mehrfach erbetener Fristverlängerung durch den Bevollmächtigten der Klägerin, der sich dann doch nicht äußerte, hob die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 17.11.2004 den Rentenbescheid vom 10.11.1992 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01.02.1993 nach § 48 SGB X auf, nahm eine Neuberechnung der Rente nebst Zuschüssen für die Zeit vom 24.01.1992 bis 29.02.2004 vor und errechnete eine Überzahlung von 69.735,68 Euro, die sie gem. § 50 Abs.1 SGB X zurückforderte. Zur Begründung hieß es, es sei ein Tatbestand nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nrn.2 bis 4 SGB X gegeben, die Fristen des § 48 Abs.4 SGB X seien noch nicht abgelaufen und auf Vertrauen könne sich die Klägerin nicht berufen, da sie die Auswirkungen von Hinzuverdiensten gekannt und um die doppelte Rentenzahlung gewusst habe.
Den Widerspruch gegen diesen Bescheid begründete der Klägerbevollmächtigte nach erheblicher Verzögerung durch weitere Anträge auf Fristverlängerung im April 2005 wie folgt:
Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheides und Rückforderung lägen nicht vor. Die Beklagte habe nach der Neuberechnung der Witwenrente und Feststellung, dass diese ab 01.07.1993 nicht gezahlt werde, über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren die Rente weiter gezahlt, ohne jemals einen Erstattungsanspruch geltend zu machen, obwohl sie in dieser Zeit nach Aktenlage eine rege Bearbeitungstätigkeit entfaltet habe. In den Akten sei auch vermerkt, dass ein Erstattungsanspruch nicht geltend gemacht werde (Anmerkung: Der Vermerk betraf den internen Schriftverkehr zwischen den für die Bearbeitung der eigenen Rente der Klägerin einerseits und der Hinterbliebenenrente andererseits zuständigen Dezernate). Die chaotische Sachbearbeitung könne nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Ihr sei weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Die Auswirkungen von Hinzuverdiensten auf ihre Rente seien ihr nicht bekannt gewesen. Nach der Rückzahlung des Betrages von 3.147,66 Euro im Jahre 1993 habe sie darauf vertrauen dürfen, dass die folgenden Rentenzahlungen korrekt seien. Im Übrigen habe sie anlässlich ihres Antrags auf Altersruhegeld im Dezember 2001 in der Beratungsstelle der Beklagten in A-Stadt darauf hingewiesen, dass sie eine Witwenrente erhalte, worauf die Sachbearbeiterin aber nicht reagiert habe. Auch sei die Zehn-Jahres-Frist für die Aufhebung des Bescheides vom 10.11.1992 nach § 48 Abs.4 i.V.m. § 45 Abs.3 SGB VI bereits seit November 2002 abgelaufen.
Mit Teilabhilfebescheid vom 03.05.2005 reduzierte die Beklagte wegen eigenen Mitverschuldens an der Entstehung der Überzahlung im Rahmen der Ermessensausübung den Rückforderungsbetrag auf die Hälfte. Zur Begründung der verbliebenen Forderung von nunmehr 34.867,84 Euro hieß es u.a., Grund für die entstandene Überzahlung sei die Anrechnung von Einkommen, das die Klägerin trotz bestehender Mitteilungspflichten nicht mitgeteilt habe und das ab 01.07.1993 zu einem Ruhen der Rente geführt habe. Die Klägerin habe sowohl um die Auswirkungen der Einkommensanrechnung als auch um die tatsächlich nicht erfolgte Einstellung der Rente gewusst.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2005 wies die Beklagten den Widerspruch der Klägerin unter Übernahme der Hälfte der durch das Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Kosten der Klägerin zurück, soweit ihm nicht durch den Bescheid vom 03.05.2005 abgeholfen worden war. Die mit dem angefochtenen Bescheid vom 17.11.2004 festgestellte Überzahlung der Witwenrente "für die Zeit vom 01.02.1993 bis 31.12.2000" (gemeint offensichtlich 29.02.2004) in Höhe von 34.867,84 Euro sei gem.
§ 50 Abs.1 SGB VI zu erstatten. Die rückwirkende Neuberechnung und insoweit auch Rücknahme des bindenden Bescheides vom 10.12.1992 gem. § 48 SGB X sei erforderlich gewesen, weil nach Ablauf des ersten Jahres nach dem Tod des Ehemannes das erzielte Einkommen auf die Rente anzurechnen sei. Ab 01.02.1993 habe die Witwenrente daher in voller Höhe geruht. Für die Zeit ab 01.07.1993 sei dies dem Bescheid vom 16.08.1993 zu entnehmen. Mit Bescheid vom 17.11.2004 sei die Witwenrente aus den genannten Gründen bereits rückwirkend neu berechnet und der bindende Bescheid vom 10.11.1992 insoweit gem. § 48 SGB X mit Wirkung vom 01.02.1993 zurückgenommen worden. Ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Bescheides vom 10.11.1992 könne der Klägerin nicht zugebilligt werden, da sie durch die Hinweise im Rentenbescheid gewusst habe, dass das erzielte Einkommen Einfluss auf die Höhe der Witwenrente habe. Die Frist für eine rückwirkende Aufhebung des Bescheides vom 10.11.1992 sei eingehalten: bei Erteilung des angefochtenen Bescheides vom 17.11.2004 sei die Einjahresfrist noch offen gewesen. Positive Kenntnis aller die rückwirkende Aufhebung rechtfertigender Tatsachen habe die Beklagte erst nach Feststellung der zu Unrecht erfolgten Zahlungen im August 2003, Vorlage der Einkommensnachweise der Klägerin, Durchführung einer Probeberechnung und Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 13.09.2004 und Verlängerung der Frist zur Stellungnahme bis 10.11.2004 gehabt. Der Mitverantwortung der Beklagten an der Überzahlung sei im Rahmen der Ermessensausübung durch Reduzierung der Rückforderung Rechnung getragen worden.
Der Widerspruchsbescheid wurde dem Klägerbevollmächtigten am Donnerstag, den 28.07.2005 zugestellt.
Mit der am 29.08.2005 (Montag) eingegangenen Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 17.11.2004 in Gestalt des Teilabhilfe-Bescheides vom 03.05.2005 und des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2005. Zur Begründung wiederholte sie wörtlich ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 29.05.2006 ab. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, die Beklagte habe den Bescheid vom 10.11.1992 wirksam gem. § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X aufheben können, da die notwendige Anrechnung des Einkommens der Klägerin ab 25.01.1993 unterblieben und eine Überzahlung entstanden sei. Die Unkenntnis der Klägerin über die notwendige Einkommensanrechnung beruhe auf einer besonders schweren Verletzung der erforderlichen Sorgfalt. Aus den deutlichen Hinweisen im Bewilligungsbescheid vom 29.05.1992 habe ihr bekannt sein müssen, dass die Witwenrente ab dem 13. Monat nach dem Tode des Versicherten einkommensabhängig sei. Für die Beurteilung der im Rahmen von § 48 Abs.1 S. Nr.4 SGB X erforderlichen groben Fahrlässigkeit sei nach der Rechtsprechung auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit des Betroffenen, sein Einsichtsvermögen und sein Verhalten abzustellen (so BSG, Urt. v. 08.02.1996 - B 13 RJ 35/94). Wer ohne Anstrengung relativ leicht von einem Fehler zu seinen Gunsten Kenntnis habe nehmen können, sei in seinem Vertrauen auf den Fortbestand dieser Regelung subjektiv nicht schutzwürdig. Die Klägerin habe die Firma ihres Mannes zu seinen Lebzeiten über 20 Jahre lang als Einzelprokuristin vertreten und sei danach bis 2002 als Geschäftsführerin tätig gewesen. Als erfahrene Geschäftsfrau könne sie sich nicht darauf berufen, die unmissverständlichen Hinweise im Rentenbescheid über die Einkommensanrechnung nicht verstanden zu haben. Spätestens im Dezember 1993 bei Zugang des erneuten Rentenbescheides vom 10.12.1993 mit der Feststellung, "die Rente wird ab 01.01.1994 nicht gezahlt" und erneuten Hinweisen zur Einkommensanrechnung habe sie bei der Beklagten nachfragen müssen. Ihre Behauptung, geglaubt zu haben, mit der Rückzahlung von DM 3.147,66 (Rente für Juli bis September 1993) sei alles abgegolten, sei nicht überzeugend. Auch ihr Vorbringen, sie habe sich auf Grund des Verhaltens einer Beraterin der Beklagten anlässlich ihres eigenen Rentenantrags erneut in Sicherheit gewiegt, führe zu keiner anderen Beurteilung. Gerade nach diesem Beratungstermin habe für sie erneut Anlass zur Hinterfragung der monatlichen Rentenüberweisung bestanden.
Weiter führte das SG aus, die Rücknahme scheitere auch nicht an der Zehn-Jahresfrist des § 48 Abs.4 i.V.m. § 45 Abs.3 S.3 SGB X. Diese Frist könne nach § 45 Abs.3 S.4
SGB X überschritten werden, wenn - wie hier - die in Frage stehende Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt werde. Auch die Einjahres-Frist des § 48 Abs.4 i. V. m. § 45 Abs.4 S.2 SGB X sei eingehalten. Es komme für den Beginn dieser Frist auf die Kenntnis des Mitarbeiters an, dem die Rücknahme-Entscheidung übertragen sei. Diese liege erst bei umfassender sicherer Kenntnis über die Voraussetzungen einer Rücknahme vor. Dafür komme es vorliegend auch auf die genaue Höhe des jeweils zu berücksichtigenden Einkommens und dessen zeitliche Verteilung an. Eine solche umfassende Erkenntnis habe auf Seiten der Beklagten erst Anfang 2004 bestanden. Die Beklagte habe schließlich auch bei der im Teilabhilfebescheid bzw. im Widerspruchsbescheid getroffenen Ermessensentscheidung die Grenzen des Ermessens beachtet. Wegen der Berechnung des Rückforderungsbetrages verwies das SG auf den Bescheid vom 17.11.2004.
Mit Beschluss vom 22.06.2006 lehnte das SG anschließend noch einen Antrag der Klägerin auf Berichtigung des Tatbestands des Urteils und Berücksichtigung ihres Vorbringens, sie habe ca. 1993 von ihrem Steuerberater die Auskunft erhalten, sie müsse wegen der Rentenzahlung keine Meldung machen. Für eine solche Berichtigung bestehe kein Anlass. Die Behauptung sei nicht nachweisbar, auch sei selbst im Falle der Beweisbarkeit einer seinerzeitigen Falschberatung durch den Steuerberater keine andere Entscheidung denkbar. Auf Grund der jahrzehntelangen Erfahrung als Prokuristin und Geschäftsführerin habe die Klägerin selbst das erforderliche Einsichtsvermögen gehabt, um unmissverständliche Bescheidtexte zu verstehen.
Mit der Berufung (Eingang am 06.07.2006) wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil. Eine Begründung erfolgte mit erheblicher Verzögerung erst nach Anberaumung eines Erörterungstermins, der wegen Geltendmachung einer Erkrankung des Bevollmächtigten abgesetzt werden musste. Die Klägerin berief sich im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen zum Fehlen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit und zum Ablauf der Fristen der §§ 45 und 48 SGB X. Auch grobe Fahrlässigkeit habe nicht bestanden, denn "selbst einer erfahrenen Geschäftsfrau sei es nicht ohne weiteres, und erst recht in emotionaler Lage nach dem Tode des Ehemannes, möglich, unmissverständliche Hinweise im Rentenbescheid zu verstehen". Eine besonders schwere Sorgfaltsverletzung liege auch deshalb nicht vor, weil sie "ca. 1993" ihren Steuerberater befragt und die Antwort erhalten habe, sie müsse wegen der Rentenzahlungen keinerlei Meldung machen.
Auf Rückfragen des Senats zu der behaupteten doppelten Auszahlung des Rentenbetrages für den Zeitraum vom 01.07. bis 30.09.1993 erklärte die Beklagte nach erneuter Prüfung, eine zusätzliche Überzahlung sei nach der seinerzeitigen Rückzahlung des Betrages von 3.147,66 Euro für diese Zeit nicht entstanden, so dass sich der Rückforderungsbetrag im Ausgangsbescheid um 3 x 1.049,22 DM, insgesamt 1.609,37 Euro auf 68.126,31 Euro reduziere, die Forderung aus dem Teilabhilfebescheid entsprechend auf 34.063,15 Euro (Teilanerkenntnis).
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 29.05.2006 sowie den Bescheid der
Beklagten vom 17.11.2004 in Gestalt des Teilabhilfebescheids vom 03.05.2005 und
des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogene Beklagtenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sie erweist sich im Wesentlichen aber nicht als begründet.
Die Entscheidung darüber konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 17.11.2004 in der Fassung des Abhilfebescheids vom 03.05.2005 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2005, mit welchem der Rentenbewilligungsbescheid vom 10.11.1992 gem. § 48 SGB X wegen Änderung in den maßgeblichen Verhältnissen mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung am 01.02.1993 aufgehoben und die festgestellte Überzahlung in Höhe von 69.735,68 Euro, reduziert um den Betrag von 1.609,37 Euro und weiter reduziert um die Hälfte auf 34.063,15 Euro wegen eigenen Mitverschuldens der Beklagten, gem.§ 50 Abs.1 SGB X zurückgefordert wurde.
Im Ergebnis im Wesentlichen zu Recht hat das Erstgericht die auf Aufhebung dieser Bescheide gerichtete Klage abgewiesen. Zwar hat die Beklagte den Bescheid vom 10.11.1992 zu Unrecht gem. § 48 SGB X formal (erneut) für die Zeit ab 01.02.1993 aufgehoben, denn dies war bereits durch den bindend gewordenen Bescheid vom 04.07.2003 jedenfalls teilweise für die Zeit bis 31.08.2003 erfolgt, wie sich konkludent aus der rückwirkenden Neuberechnung ab 01.02.1993 ergibt. Die erneute formelle Aufhebung lief daher ins Leere. Unabhängig davon war die Beklagte aber berechtigt, die entstandene Überzahlung zurückzufordern. Die Klägerin hat den festgestellten Überzahlungsbetrag gem. §§ 50 Abs.1 bzw. Abs.2 SGB X i.V.m. § 45 SGB X zu erstatten.
a) Die Rückforderung der für die Zeit vom 01.02.1993 bis 30.06.1993 überzahlten Rentenbeträge in Höhe von 2.999,10 DM (Berechnung im Rückforderungsbescheid vom 17.11.2004 für die Klägerin günstiger als im Bescheid vom 04.07.2003, in welchem 3.117,15 DM ohne Berücksichtigung von Beitragszuschüssen errechnet wurden) hat die Beklagte zutreffend auf § 50 Abs.1 SGB X gestützt. Nach dieser Vorschrift sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Diese Voraussetzung ist für den Zeitraum vom 01.02.1993 bis 30.06.1993 gegeben. Mit dem Neuberechnungsbescheid vom 04.07.2003 wurde die ursprünglich mit Bescheid vom 10.11.1992 erfolgte Rentenbewilligung ab 01.02.1993 hinsichtlich der Rentenhöhe rückwirkend teilweise aufgehoben (Rentenminderung; die früheren Neuberechnungsbescheide vom 16.08.1993 und vom 10.12.1993 bezogen sich lediglich auf die Zeiträume ab 01.07.1993 bzw. 01.02.1994). Der Bescheid wurde von der Klägerin nicht angefochten, er ist damit für die Beteiligten bindend geworden.
Die sich daraus für den Zeitraum bis 30.06.1992 ergebende Rückforderung in Höhe von
insgesamt 2.999,10 DM war von der Klägerin nach § 50 Abs.1 SGB X zu erstatten.
b) Die Rückforderung der ab 01.07.1993 unbemerkt weiter ausgezahlten Witwenrente richtet sich dagegen nach § 50 Abs. 2 SGB X. Danach ist eine nicht durch Verwaltungsakt bewilligte, dem Empfänger nicht zustehende Leistung unter den Voraussetzungen der
§§ 45, 48 SGB X zu erstatten. Durch die Bezugnahme auf diese Vorschriften soll sichergestellt werden, dass auch bei zu Unrecht ohne einen Verwaltungsakt erbrachten Leistungen derselbe Vertrauensschutz gilt wie bei einer Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts.
Die über den 30.06.1993 hinaus irrtümlich weiter gezahlte Witwenrente ist vorliegend ohne zugrunde liegenden Verwaltungsakt erbracht, denn durch die Neuberechnungsbescheide vom 16.08.1993 und 10.12.1993 war bindend festgestellt worden, dass sich wegen Einkommensanrechnung ab 01.07.1992 kein Rentenzahlbetrag mehr ergab. Maßgebend für die Rückforderung der Überzahlung ist § 45 SGB X, weil die trotz Ruhens weitergezahlte Rentenleistung von Anfang an, d.h. hier ab 01.07.1993, ohne zugrunde liegenden Bescheid zu Unrecht erbracht worden ist, und die Rückforderung nicht etwa auf einer nachträglichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruhte, welche Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 48 SGB X ist (vgl. BSG, Urt. v. 24.01.
1995 - 8 RKn 11/93: "Die Weiterzahlung über einen Wegfalltatbestand hinaus ist Leistung ohne Verwaltungsakt"; vgl. auch LSG Nieders. Breith. 1992, 36: "Unterbleibt bei Neufeststellung einer Sozialleistung versehentlich die Einstellung der bisher gezahlten Leistung, so ergeben sich die Maßstäbe für die Rückforderung aus §§ 50 Abs.2, 45 Abs.1 bis 5 SGB X; in einem solchen Fall ist § 48 SGB X nicht einschlägig").
Die Voraussetzungen des § 45 Absätze 1 bis 5 SGB X sind vorliegend auch gegeben.
Nach § 45 Abs.1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs.2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Dies gilt im Rahmen der Verweisung des § 50 Abs.2 SGB X auch, wenn Leistungen zu Unrecht wie hier ohne Verwaltungsakt erbracht sind. Erforderlich ist dabei die Ausübung von Ermessen ("darf"). Nach § 45 Abs.2 ist eine Rücknahme/Rückfor-derung ausgeschlossen, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts bzw. im Rahmen von § 50 Abs.2 SGB X: der Zahlung vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme/Rückforderung schutzwürdig ist. Auf ein Vertrauen kann sich aber u.a. nicht berufen, wer die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts/der Zahlung kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 SGB X). Dieser Sachverhalt liegt bei der Klägerin vor. Es ist nach dem gesamten Sachverhalt kaum vorstellbar, dass sie die Rechtswidrigkeit der Fortzahlung der nach den erteilten Bescheiden zumindest ab 01.07.1993 ruhenden Rente nicht erkannt hat. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit der Zahlung nicht erkannt hat, beruht diese Nichtkenntnis auf grober Fahrlässigkeit. Nach der ihr mehrfach angekündigten Anrechnung ihres hohen Einkommens als Geschäftsführerin auf die Witwenrente nach Ablauf des ersten Jahres des anrechnungsfreien Rentenbezugs und Darstellung des Ruhens der Rente mit insoweit auch für den Laien verständlichen Berechnungen hätte ihr der Widerspruch zur tatsächlich erfolgten Weiterzahlung auffallen und zur Überprüfung Anlass geben müssen, jedenfalls aber zu einer Rückfrage bei der Beklagten. Den diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil - die allerdings aus der Sicht des SG zu § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X ergangen sind - ist voll zuzustimmen. Gerade als Geschäftsfrau durfte sie hier nicht die Augen verschließen und sich einfach um nichts kümmern. Sie kann sich auch nicht darauf berufen, den Inhalt der Bescheide nicht gelesen zu haben. Zwar hatte sie anfänglich einen befreundeten Bevollmächtigten mit der Entgegennahme der Rentenbescheide und anfallendem Schriftverkehr beauftragt, dessen Kenntnis muss sie sich aber zurechnen lassen. Ebenso durfte sie nicht auf eine Äußerung ihres - in Rentenangelegenheiten nicht zu fachlicher Beratung berufenen - Steuerberaters vertrauen, der angeblich ihre Frage, ob sie sich bei der Rentenversicherung melden müsse, verneint hatte. Das diesbezügliche Vorbringen lässt im Übrigen darauf schließen, dass die Klägerin sehr wohl erkannt hatte, dass mit der weiter laufenden Rentenzahlung etwas nicht stimmen konnte. Der zuletzt noch vorgebrachte Einwand, sie habe bei Stellung ihres Altersrentenantrags im Jahre 2001 von der Witwenrentenzahlung Mitteilung gemacht, die damalige Sachbearbeiterin habe darauf aber nicht reagiert, ist ebenfalls nicht stichhaltig. Abgesehen davon, dass die Behauptung in keiner Weise belegt ist, wäre ein solcher Hinweis im Jahre 2001 bzgl. des vorangegangenen Zeitraums ab 1993 zu spät erfolgt; er war darüber hinaus auch offensichtlich nicht so verständlich, dass es zu einer Überprüfung durch die für die eigene Rente der Klägerin zuständige Sachbearbeiterin, der keine Daten bzgl. einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des verstorbenen Ehemannes vorlagen kam.
Die Klägerin hat nach allem die erforderliche Sorgfalt im Sinne des § 45 Abs.2 Satz 3
Nr.3 SGB X in besonders schwerem Maße verletzt.
Die somit im Rahmen von § 50 Abs.2 SGB X grundsätzlich zulässige Rückforderung der ab 01.07.1993 fehlerhaft weiter gezahlten Rentenbeträge betrifft der Höhe nach zuletzt noch den über den oben genannten Betrag von 2.999,10 DM (betr. Zeitraum bis 30.06.1993) hinausgehenden Teil der Gesamtforderung von 69.735,69 abzüglich des Betrages von 1.609,37 Euro, auf den die Beklagte im Berufungsverfahren zu Recht verzichtet hat. Den Gesamtbetrag hat die Beklagte in der dem Anhörungsschreiben vom 13.02.2004 beigefügten Abrechnung im Einzelnen aufgeschlüsselt und korrekt berechnet, lediglich der Betrag von 1.609,37 Euro ist hier noch abzusetzen.
Das ihr bei der Rückforderung des genannten Betrages gem. §§ 50 Abs.2, 45 Abs.1
SGB X auferlegte Ermessen hat die Beklagte spätestens mit Erlass des Teilabhilfebescheides vom 03.05.2005 sowie im Widerspruchsbescheid ordnungsgemäß ausgeübt. Sie hat den die Überzahlung verursachenden Verwaltungsfehler durch Reduzierung ihrer Rückforderung um die Hälfte großzügig berücksichtigt. Umstände für weitere Ermessenserwägungen waren nach dem gesamten Sachverhalt nicht erkennbar und waren auch von der Klägerin letztlich nicht vorgebracht worden.
Der im Streit stehende Betrag von zuletzt nach allem noch 34.063,15 Euro konnte auch im November 2004 von der Beklagten noch zurückgefordert werden. Die im Rahmen von § 50 Abs.2 i.V.m. § 45 SGB X zu beachtende Einjahresfrist des § 45 Abs.4 Satz 2 SGB X war gewahrt. Die Frist beginnt mit der Kenntnis der Tatsachen, die die Rückforderung rechtfertigen, einschließlich der dazu erforderlichen Ermittlungen. Sie konnte daher frühestens nach Feststellungen der Beklagten zur Höhe der tatsächlichen Überzahlung, u.a. nach Rückfragen bei der Rentenservicestelle zu ergangenen Rentenanpassungen, also
vorliegend im Januar 2004, zu laufen beginnen. Ob auch die vorherige Anhörung der Klägerin Voraussetzung für den Beginn der Frist gewesen wäre und diesen angesichts der Fristverlängerungsgesuche des Klägerbevollmächtigten noch bis Ende 2004 verschoben hätte, kann offen bleiben, da die Rückforderung noch im Jahr 2004 erfolgte. Die Einhaltung der Zehn-Jahresfrist des § 45 Abs.3 SGB X ist im Rahmen von § 50 Abs.2 SGB X nicht zu prüfen, vgl. Schütze in von Wulffen, SGB X, § 50 Anm.24: Die Fristen des § 45 Abs.3 SGB X gelten nicht (BSGE 75, 291= SozR 3-1300 § 50 Nr.17).
Gegen den Rückforderungsanspruch der Beklagten kann die Klägerin sich schließlich auch nicht auf eine Verwirkung des Rechts auf Rückforderung überzahlter Rentenbeträge berufen. Bloße Untätigkeit der Behörde reicht für den Tatbestand der Verwirkung jedoch nicht aus, vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, die die spätere Geltendmachung der Forderung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Vorliegend hat die Beklagte zwischen 1994 und 2002 keineswegs rege Aktenbearbeitungstätigkeit entfaltet, wie vom Klägerbevollmächtigten vorgebracht, sie blieb vielmehr vollständig untätig. Besondere Umstände, auf Grund deren die spätere Geltendmachung der Forderung als Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen werden könnte, sind nicht ersichtlich.
Nach allem war die Beklagte gem. § 50 Abs.2 i.V.m. 45 Abs.2 S.3 Nr.3 SGB X berechtigt, die für die Zeit ab 01.07.1993 erfolgte Überzahlung reduziert auf die Hälfte, also auf den Betrag von 34.063,15 Euro, zurückzufordern.
Bei dieser Sachlage konnte die auch nach nochmaliger Reduzierung des Rückforderungs-
betrags im Berufungsverfahren aufrecht erhaltene Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen. Da die Klägerin
mit ihrem Begehren im Wesentlichen keinen Erfolg hatte, kommt eine Kostenerstattung nicht in Betracht. Die im Hinblick auf die Höhe der Erstattungsforderung relativ geringfügige Reduzierung im Berufungsverfahren fällt im Rahmen der zu treffenden Kostenentscheidung praktisch nicht ins Gewicht.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
17. November 2004 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 3. Mai 2005 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2005 dahin abgeändert, dass sich der zu erstattende Überzahlungsbetrag entsprechend dem Teilanerkenntnis der Beklagten vom 15. Juli 2010 auf 34.063,15 Euro verringert.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die rückwirkende Aufhebung einer Rentenbewilligung und Rückforderung eines Überzahlungsbetrages von zuletzt 34.063,15 Euro.
Die Klägerin ist die Witwe des am 24.01.1992 verstorbenen Versicherten F. S., welcher Inhaber einer Firma für Werkvertretungen von Landmaschinen war. Die Klägerin hatte in dieser Firma seit 1972 Einzelprokura.
Nach dem Tode ihres Ehemannes stellte sie im Februar 1992 bei der Beklagten Antrag auf Hinterbliebenenrente. Sie gab an, seit dem Tode ihres verstorbenen Mannes dessen Betrieb als Geschäftsführerin weiter zu führen. Laut Erklärung ihres Steuerberaters vom 13.03.1992 betrug ihr Gewinnanteil an der inzwischen in Fa. F. A. GmbH & Co KG umgewandelten Firma im Jahr 1992 125.000,- DM.
Mit Bescheid vom 29.05.1992 bewilligte die Beklagte der Klägerin sog. große Witwenrente ab 24.01.1992 (monatlicher Zahlbetrag ab 01.07.1992 DM 942,22). In dem Bescheid wurde auf die gesetzlichen Mitteilungspflichten der Klägerin u.a. im Falle des Hinzutretens oder Veränderung von Erwerbseinkommen hingewiesen, weil dieses Einfluss auf die Rentenhöhe haben könne; ebenso wurden die Rechtslage bei Zusammentreffen der Witwenrente mit Erwerbseinkommen näher dargelegt (abgestufte Einkommensanrechnung nach § 314 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - a.F.: keine Anrechnung im ersten Jahr nach dem Tode des Versicherten, anschließend stufenweise Anrechnung des einen Freibetrag übersteigenden Einkommens). Auf einen beigefügten Vordruck bezüglich der ab 1993 vorzunehmenden Einkommensanrechnung wurde Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 10.11.1992 wurde die Witwenrente auf der Grundlage der bisherigen Rentenberechnung rückwirkend ab 24.01.1992 wegen Bewilligung eines Zuschusses zur privaten Krankenversicherung neu berechnet (monatl. Rentenzahlbetrag ab 01.01.1993 1.001,11 DM). Der Bescheid enthielt die gleichen Hinweise zu den bestehenden Mitteilungspflichten bei Hinzutreten von Erwerbseinkommen, Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses etc. und zur Einkommensanrechnung bei Zusammentreffen der Witwenrente mit Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen wie der Bescheid vom 29.05.1992.
Nach Eingang einer Mitteilung des Steuerberaters der Klägerin vom 02.06.1993 über das vorläufig festgestellte Einkommen der Klägerin im Jahr 1992 von 291.378,- DM nahm die Beklagte mit Bescheid vom 16.08.1993 für die Zeit ab 01.07.1993 eine weitere Neuberechnung der Witwenrente der Klägerin unter Zugrundelegung der bisherigen Berechnungsdaten und Berücksichtigung des 1992 erzielten Einkommens vor. Es wurde festgestellt, dass die Rente ab 01.07.1993 wegen Anrechnung von 10% des den Freibetrag von 1.174,54 DM übersteigenden Einkommens ruhe und die für die Zeit vom 01.07. bis 30.09.1993 schon ausgezahlte Rente (entstandene Überzahlung: 3.147,66 DM) gem.
§ 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu erstatten sei.
Die Klägerin zahlte den Betrag von DM 3.147,66 in der Folgezeit zurück. Die Auszahlung des im November 1992 zur Auszahlung angewiesenen Rentenbetrags lief allerdings wegen eines Fehlers bei Eingabe des Wegfallauftrags bzw. wegen Unterbleibens eines erneuten Wegfallauftrags nach Stornierung eines ersten fehlerhaften Wegfallauftrags von der Beklagten unbemerkt weiter, offensichtlich erfolgten in der Folgezeit auch regelmäßige Rentenanpassungen, die Klägerin äußerte sich dazu nicht.
Mit weiterem Bescheid vom 10.12.1993 wurde die Witwenrente für die Zeit ab 01.02.1994 unter Anrechnung von nunmehr 20 % des den entsprechenden Freibetrag übersteigenden Einkommens (angesetzt wurde hier wie schon im Bescheid vom 16.08.1993 ein monatliches Einkommen von 15.782,98 DM) neu berechnet und festgestellt, dass die Rente ab 01.02.1994 wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens nicht zu zahlen sei. Auf §§ 97, 314 Abs.3 a.F. SGB VI und die Unanfechtbarkeit "des bisherigen Bescheids" wurde hingewiesen.
Übersehen wurde weiterhin, dass der Zahlungsauftrag nicht gelöscht war und die Zahlung der Rente entgegen den Feststellungen im Bescheid weiter lief. Weitere Bescheide mit Einkommensanrechnung ergingen in den Folgejahren nicht mehr.
Ab 01.01.2002 wurde der Klägerin Altersrente für Frauen aus ihrer eigenen Versicherung bewilligt (Bescheid vom 27.06.2002, monatl. Zahlbetrag im Juli 2002 DM 703,33 Euro). Nachdem die für die Witwenrente zuständige Sachbearbeitung der Beklagten davon im Juli 2002 durch interne Mitteilung erfahren hatte, stellte sie zwecks Anpassung der Witwenrente ab 2002 Ermittlungen zum Einkommen der Klägerin ab 2001 an. Nach monatelanger Verzögerung erhielt sie schließlich im März 2003 die Einkommensteuerbescheide der Klägerin ab 1998 (daraus ersichtlich jährliche Einkünfte der Klägerin aus nicht selbständiger Arbeit von jeweils über 70.000,- DM bis zum Jahr 2000, ab 2001 keine Einkünfte mehr bzw. negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb), außerdem wurde ein Auszug aus dem Handelsregister übersandt (daraus ist u.a. das endgültige Ausscheiden der Klägerin aus der Geschäftsführung der Firma im Juli 2002 ersichtlich).
Mit Bescheid vom 04.07.2003 nahm die Beklagte eine rückwirkende Neuberechnung der Witwenrente der Klägerin ab 24.01.1992 unter Berücksichtigung der jeweils erzielten jährlichen Einkommen bis 31.08.2003 vor. Ab 01.02.1993 war es nach der nunmehrigen Berechnung bereits zu einer Rentenminderung wegen eines anzurechnenden Einkommens in Höhe von monatlich 564,54 DM auf 377,68 DM gekommen (tatsächlich gezahlt: 1.001,11 DM; zugrunde gelegt wurde ein Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit im Jahr 1991 von 125.000,- DM), ab 01.07.1993 ergab sich, wie schon im Bescheid vom 16.08.1993 festgestellt, wegen anzurechnendem monatlichen Einkommens der Klägerin von 1.460,84 DM ein Ruhen der Rente. Für die weitere Zeit ab 01.07.1994 bis 01.07.1999 wurde pauschal davon ausgegangen, dass das anzurechnende Einkommen nach den vorliegenden Erklärungen der Klägerin den Betrag der monatlichen Rente übersteige, jedoch wurde insoweit noch um Übersendung der Einkommensteuerbescheide für 1994 bis 1997 gebeten (welche in der Folgezeit eingingen und jährliche Einkünfte der Klägerin aus nicht selbständiger Arbeit von jeweils weiterhin über 70.000,- DM auswiesen). Ab 01.01.2001 errechnete sich mangels Zusammentreffen mit Einkommen wieder ein Rentenanspruch (DM 1.155,34 mtl. bzw. ab 01.07.2001 DM 1.177,46 mtl.), ab 01.01.2002 kam es zu einer geringfügigen Anrechnung der eigenen Altersrente der Klägerin. Für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis 31.08.2003 wurde ein Nachzahlungsbetrag von 18.309,91 Euro errechnet, der an die Klägerin ausbezahlt wurde. Ab 01.09.2003 errechnete sich eine laufende monatliche Rente von 569,20 Euro, nebst Zuschüssen zur Kranken- und Pflegeversicherung von 671,59 Euro. Der Bescheid wurde von der Klägerin nicht angefochten.
Anlässlich dieses Bescheides wurde nunmehr im August 2003 festgestellt, dass es im Jahre 1993 nicht zu einer Einstellung der Rentenzahlung, sondern zu einer unbemerkten fehlerhaften Weiterzahlung der Witwenrente der Klägerin auf Grund des alten nicht gelöschten Zahlungsauftrags vom 10.11.1992 durchgehend seit 1993 gekommen war und darüber hinaus für die Zeit vom 01.02.bis 30.06.1993 angeblich sogar zu einer Doppelzahlung wegen Neuaufnahme der Zahlungsanweisung und nicht erfolgter Einstellung des alten Zahlungsauftrags. Eine Löschung des alten Zahlauftrages erfolgte erst im Januar 2004 zum 29.02.2004 nach Ermittlungen der Beklagten zu den in der Vergangenheit erfolgten Rentenanpassungen und interner Berechnung der für die Zeit ab 24.01.1992 bis Ende Dezember 2000 und für die Zeit danach bis 29.02.2004 erfolgten Gesamtüberzahlung von 69.735,68 Euro. Die Beklagte erließ zuvor noch den weiteren Neuberechnungsbescheid vom 20.01.2004 wegen Einkommensanrechnung für die Zeit ab 01.03.2004 (anzurechnendes Einkommen wie zuvor 8,34 Euro - monatlicher Rentenzahlbetrag weiterhin 671,59 Euro).
Mit Schreiben vom 13. 02.2004 wies die Beklagte die Klägerin unter Beifügung von Berechnungsunterlagen auf die Überzahlung ihrer Witwenrente im Zeitraum ab 01.02.1993 hin und hörte sie zu der nunmehr beabsichtigten Aufhebung des Bescheids vom 10.11.1992 "ab Änderung der Verhältnisse, also mit Wirkung ab 01.02.1993 nach § 48 SGB X" und Rückforderung einer für die Zeit vom 01.02.1993 bis 29.02.2004 errechneten Überzahlung von 69.735,68 Euro nach § 50 Abs.1 SGB X an.
Nach mehrfach erbetener Fristverlängerung durch den Bevollmächtigten der Klägerin, der sich dann doch nicht äußerte, hob die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 17.11.2004 den Rentenbescheid vom 10.11.1992 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01.02.1993 nach § 48 SGB X auf, nahm eine Neuberechnung der Rente nebst Zuschüssen für die Zeit vom 24.01.1992 bis 29.02.2004 vor und errechnete eine Überzahlung von 69.735,68 Euro, die sie gem. § 50 Abs.1 SGB X zurückforderte. Zur Begründung hieß es, es sei ein Tatbestand nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nrn.2 bis 4 SGB X gegeben, die Fristen des § 48 Abs.4 SGB X seien noch nicht abgelaufen und auf Vertrauen könne sich die Klägerin nicht berufen, da sie die Auswirkungen von Hinzuverdiensten gekannt und um die doppelte Rentenzahlung gewusst habe.
Den Widerspruch gegen diesen Bescheid begründete der Klägerbevollmächtigte nach erheblicher Verzögerung durch weitere Anträge auf Fristverlängerung im April 2005 wie folgt:
Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheides und Rückforderung lägen nicht vor. Die Beklagte habe nach der Neuberechnung der Witwenrente und Feststellung, dass diese ab 01.07.1993 nicht gezahlt werde, über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren die Rente weiter gezahlt, ohne jemals einen Erstattungsanspruch geltend zu machen, obwohl sie in dieser Zeit nach Aktenlage eine rege Bearbeitungstätigkeit entfaltet habe. In den Akten sei auch vermerkt, dass ein Erstattungsanspruch nicht geltend gemacht werde (Anmerkung: Der Vermerk betraf den internen Schriftverkehr zwischen den für die Bearbeitung der eigenen Rente der Klägerin einerseits und der Hinterbliebenenrente andererseits zuständigen Dezernate). Die chaotische Sachbearbeitung könne nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Ihr sei weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Die Auswirkungen von Hinzuverdiensten auf ihre Rente seien ihr nicht bekannt gewesen. Nach der Rückzahlung des Betrages von 3.147,66 Euro im Jahre 1993 habe sie darauf vertrauen dürfen, dass die folgenden Rentenzahlungen korrekt seien. Im Übrigen habe sie anlässlich ihres Antrags auf Altersruhegeld im Dezember 2001 in der Beratungsstelle der Beklagten in A-Stadt darauf hingewiesen, dass sie eine Witwenrente erhalte, worauf die Sachbearbeiterin aber nicht reagiert habe. Auch sei die Zehn-Jahres-Frist für die Aufhebung des Bescheides vom 10.11.1992 nach § 48 Abs.4 i.V.m. § 45 Abs.3 SGB VI bereits seit November 2002 abgelaufen.
Mit Teilabhilfebescheid vom 03.05.2005 reduzierte die Beklagte wegen eigenen Mitverschuldens an der Entstehung der Überzahlung im Rahmen der Ermessensausübung den Rückforderungsbetrag auf die Hälfte. Zur Begründung der verbliebenen Forderung von nunmehr 34.867,84 Euro hieß es u.a., Grund für die entstandene Überzahlung sei die Anrechnung von Einkommen, das die Klägerin trotz bestehender Mitteilungspflichten nicht mitgeteilt habe und das ab 01.07.1993 zu einem Ruhen der Rente geführt habe. Die Klägerin habe sowohl um die Auswirkungen der Einkommensanrechnung als auch um die tatsächlich nicht erfolgte Einstellung der Rente gewusst.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2005 wies die Beklagten den Widerspruch der Klägerin unter Übernahme der Hälfte der durch das Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Kosten der Klägerin zurück, soweit ihm nicht durch den Bescheid vom 03.05.2005 abgeholfen worden war. Die mit dem angefochtenen Bescheid vom 17.11.2004 festgestellte Überzahlung der Witwenrente "für die Zeit vom 01.02.1993 bis 31.12.2000" (gemeint offensichtlich 29.02.2004) in Höhe von 34.867,84 Euro sei gem.
§ 50 Abs.1 SGB VI zu erstatten. Die rückwirkende Neuberechnung und insoweit auch Rücknahme des bindenden Bescheides vom 10.12.1992 gem. § 48 SGB X sei erforderlich gewesen, weil nach Ablauf des ersten Jahres nach dem Tod des Ehemannes das erzielte Einkommen auf die Rente anzurechnen sei. Ab 01.02.1993 habe die Witwenrente daher in voller Höhe geruht. Für die Zeit ab 01.07.1993 sei dies dem Bescheid vom 16.08.1993 zu entnehmen. Mit Bescheid vom 17.11.2004 sei die Witwenrente aus den genannten Gründen bereits rückwirkend neu berechnet und der bindende Bescheid vom 10.11.1992 insoweit gem. § 48 SGB X mit Wirkung vom 01.02.1993 zurückgenommen worden. Ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Bescheides vom 10.11.1992 könne der Klägerin nicht zugebilligt werden, da sie durch die Hinweise im Rentenbescheid gewusst habe, dass das erzielte Einkommen Einfluss auf die Höhe der Witwenrente habe. Die Frist für eine rückwirkende Aufhebung des Bescheides vom 10.11.1992 sei eingehalten: bei Erteilung des angefochtenen Bescheides vom 17.11.2004 sei die Einjahresfrist noch offen gewesen. Positive Kenntnis aller die rückwirkende Aufhebung rechtfertigender Tatsachen habe die Beklagte erst nach Feststellung der zu Unrecht erfolgten Zahlungen im August 2003, Vorlage der Einkommensnachweise der Klägerin, Durchführung einer Probeberechnung und Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 13.09.2004 und Verlängerung der Frist zur Stellungnahme bis 10.11.2004 gehabt. Der Mitverantwortung der Beklagten an der Überzahlung sei im Rahmen der Ermessensausübung durch Reduzierung der Rückforderung Rechnung getragen worden.
Der Widerspruchsbescheid wurde dem Klägerbevollmächtigten am Donnerstag, den 28.07.2005 zugestellt.
Mit der am 29.08.2005 (Montag) eingegangenen Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 17.11.2004 in Gestalt des Teilabhilfe-Bescheides vom 03.05.2005 und des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2005. Zur Begründung wiederholte sie wörtlich ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 29.05.2006 ab. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, die Beklagte habe den Bescheid vom 10.11.1992 wirksam gem. § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X aufheben können, da die notwendige Anrechnung des Einkommens der Klägerin ab 25.01.1993 unterblieben und eine Überzahlung entstanden sei. Die Unkenntnis der Klägerin über die notwendige Einkommensanrechnung beruhe auf einer besonders schweren Verletzung der erforderlichen Sorgfalt. Aus den deutlichen Hinweisen im Bewilligungsbescheid vom 29.05.1992 habe ihr bekannt sein müssen, dass die Witwenrente ab dem 13. Monat nach dem Tode des Versicherten einkommensabhängig sei. Für die Beurteilung der im Rahmen von § 48 Abs.1 S. Nr.4 SGB X erforderlichen groben Fahrlässigkeit sei nach der Rechtsprechung auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit des Betroffenen, sein Einsichtsvermögen und sein Verhalten abzustellen (so BSG, Urt. v. 08.02.1996 - B 13 RJ 35/94). Wer ohne Anstrengung relativ leicht von einem Fehler zu seinen Gunsten Kenntnis habe nehmen können, sei in seinem Vertrauen auf den Fortbestand dieser Regelung subjektiv nicht schutzwürdig. Die Klägerin habe die Firma ihres Mannes zu seinen Lebzeiten über 20 Jahre lang als Einzelprokuristin vertreten und sei danach bis 2002 als Geschäftsführerin tätig gewesen. Als erfahrene Geschäftsfrau könne sie sich nicht darauf berufen, die unmissverständlichen Hinweise im Rentenbescheid über die Einkommensanrechnung nicht verstanden zu haben. Spätestens im Dezember 1993 bei Zugang des erneuten Rentenbescheides vom 10.12.1993 mit der Feststellung, "die Rente wird ab 01.01.1994 nicht gezahlt" und erneuten Hinweisen zur Einkommensanrechnung habe sie bei der Beklagten nachfragen müssen. Ihre Behauptung, geglaubt zu haben, mit der Rückzahlung von DM 3.147,66 (Rente für Juli bis September 1993) sei alles abgegolten, sei nicht überzeugend. Auch ihr Vorbringen, sie habe sich auf Grund des Verhaltens einer Beraterin der Beklagten anlässlich ihres eigenen Rentenantrags erneut in Sicherheit gewiegt, führe zu keiner anderen Beurteilung. Gerade nach diesem Beratungstermin habe für sie erneut Anlass zur Hinterfragung der monatlichen Rentenüberweisung bestanden.
Weiter führte das SG aus, die Rücknahme scheitere auch nicht an der Zehn-Jahresfrist des § 48 Abs.4 i.V.m. § 45 Abs.3 S.3 SGB X. Diese Frist könne nach § 45 Abs.3 S.4
SGB X überschritten werden, wenn - wie hier - die in Frage stehende Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt werde. Auch die Einjahres-Frist des § 48 Abs.4 i. V. m. § 45 Abs.4 S.2 SGB X sei eingehalten. Es komme für den Beginn dieser Frist auf die Kenntnis des Mitarbeiters an, dem die Rücknahme-Entscheidung übertragen sei. Diese liege erst bei umfassender sicherer Kenntnis über die Voraussetzungen einer Rücknahme vor. Dafür komme es vorliegend auch auf die genaue Höhe des jeweils zu berücksichtigenden Einkommens und dessen zeitliche Verteilung an. Eine solche umfassende Erkenntnis habe auf Seiten der Beklagten erst Anfang 2004 bestanden. Die Beklagte habe schließlich auch bei der im Teilabhilfebescheid bzw. im Widerspruchsbescheid getroffenen Ermessensentscheidung die Grenzen des Ermessens beachtet. Wegen der Berechnung des Rückforderungsbetrages verwies das SG auf den Bescheid vom 17.11.2004.
Mit Beschluss vom 22.06.2006 lehnte das SG anschließend noch einen Antrag der Klägerin auf Berichtigung des Tatbestands des Urteils und Berücksichtigung ihres Vorbringens, sie habe ca. 1993 von ihrem Steuerberater die Auskunft erhalten, sie müsse wegen der Rentenzahlung keine Meldung machen. Für eine solche Berichtigung bestehe kein Anlass. Die Behauptung sei nicht nachweisbar, auch sei selbst im Falle der Beweisbarkeit einer seinerzeitigen Falschberatung durch den Steuerberater keine andere Entscheidung denkbar. Auf Grund der jahrzehntelangen Erfahrung als Prokuristin und Geschäftsführerin habe die Klägerin selbst das erforderliche Einsichtsvermögen gehabt, um unmissverständliche Bescheidtexte zu verstehen.
Mit der Berufung (Eingang am 06.07.2006) wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil. Eine Begründung erfolgte mit erheblicher Verzögerung erst nach Anberaumung eines Erörterungstermins, der wegen Geltendmachung einer Erkrankung des Bevollmächtigten abgesetzt werden musste. Die Klägerin berief sich im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen zum Fehlen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit und zum Ablauf der Fristen der §§ 45 und 48 SGB X. Auch grobe Fahrlässigkeit habe nicht bestanden, denn "selbst einer erfahrenen Geschäftsfrau sei es nicht ohne weiteres, und erst recht in emotionaler Lage nach dem Tode des Ehemannes, möglich, unmissverständliche Hinweise im Rentenbescheid zu verstehen". Eine besonders schwere Sorgfaltsverletzung liege auch deshalb nicht vor, weil sie "ca. 1993" ihren Steuerberater befragt und die Antwort erhalten habe, sie müsse wegen der Rentenzahlungen keinerlei Meldung machen.
Auf Rückfragen des Senats zu der behaupteten doppelten Auszahlung des Rentenbetrages für den Zeitraum vom 01.07. bis 30.09.1993 erklärte die Beklagte nach erneuter Prüfung, eine zusätzliche Überzahlung sei nach der seinerzeitigen Rückzahlung des Betrages von 3.147,66 Euro für diese Zeit nicht entstanden, so dass sich der Rückforderungsbetrag im Ausgangsbescheid um 3 x 1.049,22 DM, insgesamt 1.609,37 Euro auf 68.126,31 Euro reduziere, die Forderung aus dem Teilabhilfebescheid entsprechend auf 34.063,15 Euro (Teilanerkenntnis).
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 29.05.2006 sowie den Bescheid der
Beklagten vom 17.11.2004 in Gestalt des Teilabhilfebescheids vom 03.05.2005 und
des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogene Beklagtenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sie erweist sich im Wesentlichen aber nicht als begründet.
Die Entscheidung darüber konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 17.11.2004 in der Fassung des Abhilfebescheids vom 03.05.2005 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2005, mit welchem der Rentenbewilligungsbescheid vom 10.11.1992 gem. § 48 SGB X wegen Änderung in den maßgeblichen Verhältnissen mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung am 01.02.1993 aufgehoben und die festgestellte Überzahlung in Höhe von 69.735,68 Euro, reduziert um den Betrag von 1.609,37 Euro und weiter reduziert um die Hälfte auf 34.063,15 Euro wegen eigenen Mitverschuldens der Beklagten, gem.§ 50 Abs.1 SGB X zurückgefordert wurde.
Im Ergebnis im Wesentlichen zu Recht hat das Erstgericht die auf Aufhebung dieser Bescheide gerichtete Klage abgewiesen. Zwar hat die Beklagte den Bescheid vom 10.11.1992 zu Unrecht gem. § 48 SGB X formal (erneut) für die Zeit ab 01.02.1993 aufgehoben, denn dies war bereits durch den bindend gewordenen Bescheid vom 04.07.2003 jedenfalls teilweise für die Zeit bis 31.08.2003 erfolgt, wie sich konkludent aus der rückwirkenden Neuberechnung ab 01.02.1993 ergibt. Die erneute formelle Aufhebung lief daher ins Leere. Unabhängig davon war die Beklagte aber berechtigt, die entstandene Überzahlung zurückzufordern. Die Klägerin hat den festgestellten Überzahlungsbetrag gem. §§ 50 Abs.1 bzw. Abs.2 SGB X i.V.m. § 45 SGB X zu erstatten.
a) Die Rückforderung der für die Zeit vom 01.02.1993 bis 30.06.1993 überzahlten Rentenbeträge in Höhe von 2.999,10 DM (Berechnung im Rückforderungsbescheid vom 17.11.2004 für die Klägerin günstiger als im Bescheid vom 04.07.2003, in welchem 3.117,15 DM ohne Berücksichtigung von Beitragszuschüssen errechnet wurden) hat die Beklagte zutreffend auf § 50 Abs.1 SGB X gestützt. Nach dieser Vorschrift sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Diese Voraussetzung ist für den Zeitraum vom 01.02.1993 bis 30.06.1993 gegeben. Mit dem Neuberechnungsbescheid vom 04.07.2003 wurde die ursprünglich mit Bescheid vom 10.11.1992 erfolgte Rentenbewilligung ab 01.02.1993 hinsichtlich der Rentenhöhe rückwirkend teilweise aufgehoben (Rentenminderung; die früheren Neuberechnungsbescheide vom 16.08.1993 und vom 10.12.1993 bezogen sich lediglich auf die Zeiträume ab 01.07.1993 bzw. 01.02.1994). Der Bescheid wurde von der Klägerin nicht angefochten, er ist damit für die Beteiligten bindend geworden.
Die sich daraus für den Zeitraum bis 30.06.1992 ergebende Rückforderung in Höhe von
insgesamt 2.999,10 DM war von der Klägerin nach § 50 Abs.1 SGB X zu erstatten.
b) Die Rückforderung der ab 01.07.1993 unbemerkt weiter ausgezahlten Witwenrente richtet sich dagegen nach § 50 Abs. 2 SGB X. Danach ist eine nicht durch Verwaltungsakt bewilligte, dem Empfänger nicht zustehende Leistung unter den Voraussetzungen der
§§ 45, 48 SGB X zu erstatten. Durch die Bezugnahme auf diese Vorschriften soll sichergestellt werden, dass auch bei zu Unrecht ohne einen Verwaltungsakt erbrachten Leistungen derselbe Vertrauensschutz gilt wie bei einer Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts.
Die über den 30.06.1993 hinaus irrtümlich weiter gezahlte Witwenrente ist vorliegend ohne zugrunde liegenden Verwaltungsakt erbracht, denn durch die Neuberechnungsbescheide vom 16.08.1993 und 10.12.1993 war bindend festgestellt worden, dass sich wegen Einkommensanrechnung ab 01.07.1992 kein Rentenzahlbetrag mehr ergab. Maßgebend für die Rückforderung der Überzahlung ist § 45 SGB X, weil die trotz Ruhens weitergezahlte Rentenleistung von Anfang an, d.h. hier ab 01.07.1993, ohne zugrunde liegenden Bescheid zu Unrecht erbracht worden ist, und die Rückforderung nicht etwa auf einer nachträglichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruhte, welche Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 48 SGB X ist (vgl. BSG, Urt. v. 24.01.
1995 - 8 RKn 11/93: "Die Weiterzahlung über einen Wegfalltatbestand hinaus ist Leistung ohne Verwaltungsakt"; vgl. auch LSG Nieders. Breith. 1992, 36: "Unterbleibt bei Neufeststellung einer Sozialleistung versehentlich die Einstellung der bisher gezahlten Leistung, so ergeben sich die Maßstäbe für die Rückforderung aus §§ 50 Abs.2, 45 Abs.1 bis 5 SGB X; in einem solchen Fall ist § 48 SGB X nicht einschlägig").
Die Voraussetzungen des § 45 Absätze 1 bis 5 SGB X sind vorliegend auch gegeben.
Nach § 45 Abs.1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs.2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Dies gilt im Rahmen der Verweisung des § 50 Abs.2 SGB X auch, wenn Leistungen zu Unrecht wie hier ohne Verwaltungsakt erbracht sind. Erforderlich ist dabei die Ausübung von Ermessen ("darf"). Nach § 45 Abs.2 ist eine Rücknahme/Rückfor-derung ausgeschlossen, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts bzw. im Rahmen von § 50 Abs.2 SGB X: der Zahlung vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme/Rückforderung schutzwürdig ist. Auf ein Vertrauen kann sich aber u.a. nicht berufen, wer die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts/der Zahlung kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 SGB X). Dieser Sachverhalt liegt bei der Klägerin vor. Es ist nach dem gesamten Sachverhalt kaum vorstellbar, dass sie die Rechtswidrigkeit der Fortzahlung der nach den erteilten Bescheiden zumindest ab 01.07.1993 ruhenden Rente nicht erkannt hat. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit der Zahlung nicht erkannt hat, beruht diese Nichtkenntnis auf grober Fahrlässigkeit. Nach der ihr mehrfach angekündigten Anrechnung ihres hohen Einkommens als Geschäftsführerin auf die Witwenrente nach Ablauf des ersten Jahres des anrechnungsfreien Rentenbezugs und Darstellung des Ruhens der Rente mit insoweit auch für den Laien verständlichen Berechnungen hätte ihr der Widerspruch zur tatsächlich erfolgten Weiterzahlung auffallen und zur Überprüfung Anlass geben müssen, jedenfalls aber zu einer Rückfrage bei der Beklagten. Den diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil - die allerdings aus der Sicht des SG zu § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X ergangen sind - ist voll zuzustimmen. Gerade als Geschäftsfrau durfte sie hier nicht die Augen verschließen und sich einfach um nichts kümmern. Sie kann sich auch nicht darauf berufen, den Inhalt der Bescheide nicht gelesen zu haben. Zwar hatte sie anfänglich einen befreundeten Bevollmächtigten mit der Entgegennahme der Rentenbescheide und anfallendem Schriftverkehr beauftragt, dessen Kenntnis muss sie sich aber zurechnen lassen. Ebenso durfte sie nicht auf eine Äußerung ihres - in Rentenangelegenheiten nicht zu fachlicher Beratung berufenen - Steuerberaters vertrauen, der angeblich ihre Frage, ob sie sich bei der Rentenversicherung melden müsse, verneint hatte. Das diesbezügliche Vorbringen lässt im Übrigen darauf schließen, dass die Klägerin sehr wohl erkannt hatte, dass mit der weiter laufenden Rentenzahlung etwas nicht stimmen konnte. Der zuletzt noch vorgebrachte Einwand, sie habe bei Stellung ihres Altersrentenantrags im Jahre 2001 von der Witwenrentenzahlung Mitteilung gemacht, die damalige Sachbearbeiterin habe darauf aber nicht reagiert, ist ebenfalls nicht stichhaltig. Abgesehen davon, dass die Behauptung in keiner Weise belegt ist, wäre ein solcher Hinweis im Jahre 2001 bzgl. des vorangegangenen Zeitraums ab 1993 zu spät erfolgt; er war darüber hinaus auch offensichtlich nicht so verständlich, dass es zu einer Überprüfung durch die für die eigene Rente der Klägerin zuständige Sachbearbeiterin, der keine Daten bzgl. einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des verstorbenen Ehemannes vorlagen kam.
Die Klägerin hat nach allem die erforderliche Sorgfalt im Sinne des § 45 Abs.2 Satz 3
Nr.3 SGB X in besonders schwerem Maße verletzt.
Die somit im Rahmen von § 50 Abs.2 SGB X grundsätzlich zulässige Rückforderung der ab 01.07.1993 fehlerhaft weiter gezahlten Rentenbeträge betrifft der Höhe nach zuletzt noch den über den oben genannten Betrag von 2.999,10 DM (betr. Zeitraum bis 30.06.1993) hinausgehenden Teil der Gesamtforderung von 69.735,69 abzüglich des Betrages von 1.609,37 Euro, auf den die Beklagte im Berufungsverfahren zu Recht verzichtet hat. Den Gesamtbetrag hat die Beklagte in der dem Anhörungsschreiben vom 13.02.2004 beigefügten Abrechnung im Einzelnen aufgeschlüsselt und korrekt berechnet, lediglich der Betrag von 1.609,37 Euro ist hier noch abzusetzen.
Das ihr bei der Rückforderung des genannten Betrages gem. §§ 50 Abs.2, 45 Abs.1
SGB X auferlegte Ermessen hat die Beklagte spätestens mit Erlass des Teilabhilfebescheides vom 03.05.2005 sowie im Widerspruchsbescheid ordnungsgemäß ausgeübt. Sie hat den die Überzahlung verursachenden Verwaltungsfehler durch Reduzierung ihrer Rückforderung um die Hälfte großzügig berücksichtigt. Umstände für weitere Ermessenserwägungen waren nach dem gesamten Sachverhalt nicht erkennbar und waren auch von der Klägerin letztlich nicht vorgebracht worden.
Der im Streit stehende Betrag von zuletzt nach allem noch 34.063,15 Euro konnte auch im November 2004 von der Beklagten noch zurückgefordert werden. Die im Rahmen von § 50 Abs.2 i.V.m. § 45 SGB X zu beachtende Einjahresfrist des § 45 Abs.4 Satz 2 SGB X war gewahrt. Die Frist beginnt mit der Kenntnis der Tatsachen, die die Rückforderung rechtfertigen, einschließlich der dazu erforderlichen Ermittlungen. Sie konnte daher frühestens nach Feststellungen der Beklagten zur Höhe der tatsächlichen Überzahlung, u.a. nach Rückfragen bei der Rentenservicestelle zu ergangenen Rentenanpassungen, also
vorliegend im Januar 2004, zu laufen beginnen. Ob auch die vorherige Anhörung der Klägerin Voraussetzung für den Beginn der Frist gewesen wäre und diesen angesichts der Fristverlängerungsgesuche des Klägerbevollmächtigten noch bis Ende 2004 verschoben hätte, kann offen bleiben, da die Rückforderung noch im Jahr 2004 erfolgte. Die Einhaltung der Zehn-Jahresfrist des § 45 Abs.3 SGB X ist im Rahmen von § 50 Abs.2 SGB X nicht zu prüfen, vgl. Schütze in von Wulffen, SGB X, § 50 Anm.24: Die Fristen des § 45 Abs.3 SGB X gelten nicht (BSGE 75, 291= SozR 3-1300 § 50 Nr.17).
Gegen den Rückforderungsanspruch der Beklagten kann die Klägerin sich schließlich auch nicht auf eine Verwirkung des Rechts auf Rückforderung überzahlter Rentenbeträge berufen. Bloße Untätigkeit der Behörde reicht für den Tatbestand der Verwirkung jedoch nicht aus, vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, die die spätere Geltendmachung der Forderung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Vorliegend hat die Beklagte zwischen 1994 und 2002 keineswegs rege Aktenbearbeitungstätigkeit entfaltet, wie vom Klägerbevollmächtigten vorgebracht, sie blieb vielmehr vollständig untätig. Besondere Umstände, auf Grund deren die spätere Geltendmachung der Forderung als Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen werden könnte, sind nicht ersichtlich.
Nach allem war die Beklagte gem. § 50 Abs.2 i.V.m. 45 Abs.2 S.3 Nr.3 SGB X berechtigt, die für die Zeit ab 01.07.1993 erfolgte Überzahlung reduziert auf die Hälfte, also auf den Betrag von 34.063,15 Euro, zurückzufordern.
Bei dieser Sachlage konnte die auch nach nochmaliger Reduzierung des Rückforderungs-
betrags im Berufungsverfahren aufrecht erhaltene Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen. Da die Klägerin
mit ihrem Begehren im Wesentlichen keinen Erfolg hatte, kommt eine Kostenerstattung nicht in Betracht. Die im Hinblick auf die Höhe der Erstattungsforderung relativ geringfügige Reduzierung im Berufungsverfahren fällt im Rahmen der zu treffenden Kostenentscheidung praktisch nicht ins Gewicht.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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