L 8 SB 717/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SB 2080/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 717/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 1. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - 9. Buch - (SGB IX) und die Entziehung des Nachteilsausgleiches G streitig.

Bei der am 1950 geborenen Klägerin stellte das Versorgungsamt S. (VA) mit Bescheid vom 30.04.1998 einen GdB von 80 seit 23.12.1997 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches G fest. Hierbei berücksichtigte es eine reaktive Depression mit Persönlichkeitsneurotisierung (Teil-GdB 30), Kopfschmerzen und Tendomyalgie, Schulter-Arm-Myalgien (Teil-GdB 20), eine Septumdeviation, Muschelhyperplasie mit Neigung zu Entzündung der Nebenhöhlen (Teil-GdB 20), Ekzema vulgare der Füße (Teil-GdB 10), degenerative Veränderungen der Hüftgelenke (Teil-GdB 10) und eine Einsteifung der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule bei Morbus Bechterew (Teil-GdB 50). Letzterem lag die auf dem Befundbericht des Orthopäden Dr. Schü. vom 17.02.1998 beruhende versorgungsärztliche Stellungnahme vom 31.03.1998 zugrunde.

Am 17.12.2001 beantragte die Klägerin beim VA wegen Verschlimmerung von Gesundheitsstörungen und einer hinzu gekommenen Fibromyalgie die Erhöhung des GdB. Nach Einholung von Befundberichten von dem Orthopäden Dr. P. und der praktischen Ärztin Dr. L. (jeweils nebst weiteren ärztlichen Berichten) und Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme hierzu lehnte das VA den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 16.04.2002 (Widerspruchsbescheid vom 09.12.2002) ab.

Hiergegen erhob die Klägerin Klage (S 17 SB 144/03) zum Sozialgericht Stuttgart (SG), mit der sie einen höheren GdB geltend machte. Der vom SG mit der Erstattung eines fachärztlichen Gutachtens beauftragte Internist Dr. Schu. schätzte den Gesamt-GdB am 07.07.2003 unter Berücksichtigung der Ergebnisse des orthopädischen Zusatzgutachtens von Dr. G. vom 24.06.2003 auf 50. Die bei der Klägerin vorliegende Depression mit ausgeprägter Somatisierung sei mit einem GdB von 40, die leichte Funktionsstörung der oberen Luftwege mit angegebenen Bronchialasthma mit einem GdB von 20 sowie die übrigen Funktionsstörungen (Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Rotatorenmanschetten im Bereich beider Schultergelenke, Bluthochdruck, degenerative Veränderungen im Bereich der Hüft- und Kniegelenke) jeweils mit einem GdB von 10 zu bewerten. Ein Morbus Bechterew liege nicht vor. Insoweit dürfte es sich um eine Fehleinschätzung handeln. Zudem zog das SG das im Rentenrechtsstreit S 16 RJ 2998/02 erstattete psychosomatische Gutachten von PD Dr. R. vom 11.08.2003 bei, in dem eine schwere somatoforme Schmerzstörung, eine rezidivierende depressive Störung bei gegenwärtig mittelgradiger depressiver Episode sowie eine Essstörung im Sinne von Essattacken diagnostiziert wurden. Mit Gerichtsbescheid vom 13.07.2004 wies das SG die Klage ab. Die dagegen eingelegte Berufung (L 8 SB 4362/04) nahm die Klägerin zurück.

Im Rahmen des vom Beklagten daraufhin von Amts wegen angestrengten Überprüfungsverfahrens hob das Landratsamt B. (LRA) den Bescheid vom 30.04.1998 mit Bescheid vom 13.07.2005 ab 16.07.2005 auf und setzte den GdB auf 50 herab. Gleichzeitig entzog es den Nachteilsausgleich G. Das LRA berücksichtigte nun folgende Funktionsbeeinträchtigungen:

1. Seelische Störung, Depression, chronisches Schmerzsyndrom, funktionelle Organbeschwerden Teil-GdB 40 2. Atembehinderung bei Verengung des Nasenganges, chronische Nebenhöhlenentzündung, Bronchialasthma Teil-GdB 20 3. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule Teil-GdB 10 4. Hauterkrankung Teil-GdB 10 5. Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke Teil-GdB 10 6. Funktionsbehinderung beider Schultergelenke Teil-GdB 10 7. Bluthochdruck Teil-GdB 10.

Dagegen legte die Klägerin am 05.08.2005 Widerspruch ein und stellte gleichzeitig einen Verschlimmerungsantrag. Ihre Funktionsbeeinträchtigungen hätten sich deutlich verschlechtert, so dass der GdB eher zu 100 als zu 50 tendiere. Mit Bescheid vom 10.10.2005 lehnte das LRA den Erhöhungsantrag der Klägerin ab.

Dagegen legte die Klägerin ebenfalls Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2006 wies das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 13.07.2005 und 10.10.2005 zurück. Der GdB sei zu Recht von 80 auf 50 herabgesetzt worden. Auch die Entziehung des Nachteilsausgleiches G sei rechtmäßig.

Am 24.03.2006 erhob die Klägerin Klage zum SG, mit der sie sich gegen die Herabsetzung des GdB und die Entziehung des Nachteilsausgleiches G wandte und einen höheren GdB als 80 geltend machte.

Das SG hörte zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. L. teilte am 09.02.2007 die von ihr gestellten Diagnosen mit und gab an, sämtliche angegebenen Gesundheitsstörungen seien zu niedrig bewertet. Ferner sei eine zunehmende Verschlechterung des psychischen Zustandes und der Fibromyalgie mit Begleiterkrankungen des Morbus Bechterew eingetreten. Die Höhe des GdB sollte der behandelnde Rheumatologe und Orthopäde beurteilen. Außerdem sei die Gehfähigkeit der Klägerin erheblich eingeschränkt. Ihrer Auffassung nach könne sie keine 2 km zu Fuß gehen. Hierzu sollte jedoch der Orthopäde befragt werden. Der die Klägerin am 17.01.2006 einmalig behandelnde HNO-Arzt Dipl.-med. D. diagnostizierte (schriftliche Aussage vom 26.03.2007) eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit beiderseits. Zur Höhe des daraus resultierenden GdB müsste ein Gutachten eingeholt werden. PD Dr. Schn. vom S. Rheumazentrum Baden-Württemberg in W. berichtete als sachverständiger Zeuge am 20.06.2007 über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 23.03.2006 bis 08.04.2006. Er gab an, die Auswirkung der Fibromyalgie der Klägerin sei geringgradig. Extern sei eine Depression mit chronischer Verlaufsform diagnostiziert worden. Ferner liege eine Kyphose (Verkrümmung) und Spondylose (degenerative Veränderungen) der oberen Brustwirbelsäule vor, die als gering- bis mittelgradig zu werten sei.

Anschließend holte das SG ein HNO-ärztliches Gutachten von Dr. S. ein. Nach Untersuchung der Klägerin diagnostizierte dieser (Gutachten vom 04.12.2007) eine geringgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits mit subjektiven Ohrgeräuschen beidseits und nahm hierfür einen GdB von 10 an. Eine wesentliche, funktionell die Nasenatmung beeinträchtigende Septumdeviation habe er nicht feststellen können. Der sonographische Nebenhöhlenbefund sei unauffällig. Nach Ablehnung des Vergleichsangebotes des Beklagten vom 18.04.2008 (GdB 60 ab 16.07.2005) durch die Klägerin holte das SG ein orthopädisches Gutachten bei Dr. Schm. ein. Dieser diagnostizierte nach ambulanter Untersuchung der Klägerin in seinem Gutachten vom 20.04.2009 degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, der Schultergelenke und der Kniegelenke und bewertete diese Funktionsstörungen jeweils mit einem GdB von 10. Die zum Teil erheblichen Bewegungseinschränkungen und die Schmerzhaftigkeit im Bereich der Wirbelsäule und der Gelenke seien im wesentlichen der generalisierten Schmerzstörung zuzuordnen und nach seiner Beurteilung mit einem GdB von 40 angemessen bewertet. Die Wirbelsäule zeige keinerlei Veränderungen, die typisch für eine Morbus Bechterew wären. Radiologisch bestehe ein altersentsprechender Normalbefund. Soweit Dr. Schü. in seinem dem Bescheid vom 30.04.1998 zugrunde liegenden Befundbericht eine eingesteifte Wirbelsäule angegeben habe, sei dies nicht schlüssig.

Mit Gerichtsbescheid vom 01.02.2010 hob das SG den Bescheid vom 13.07.2005 (Widerspruchsbescheid vom 08.03.2006) insoweit auf, als der GdB auf unter 60 herabgesetzt worden ist. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Klage sei begründet, soweit der Beklagte den GdB auf unter 60 herabgesetzt habe. Die Klage sei hingegen unbegründet, soweit der Beklagte den Nachteilsausgleich G entzogen und den Erhöhungsantrag der Klägerin abgelehnt habe. Unabhängig davon, ob seinerzeit zu Unrecht ein Morbus Bechterew diagnostiziert worden sei, hätten sich die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin im Bereich der Wirbelsäule im Vergleich zum Bescheid vom 30.04.1998 wesentlich gebessert. Nach der auf dem Befundbericht von Dr. Schü. vom 17.02.1998 beruhenden Bewertung der Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin mit einem GdB von 50 - nach diesem Bericht sei die Beweglichkeit der Wirbelsäule nahezu aufgehoben gewesen und hätten starke Schmerzen vorgelegen - sei inzwischen eine wesentliche Besserung eingetreten. Die durch die Fibromyalgie hervorgerufenen Beeinträchtigungen der Klägerin seien jetzt mit einem GdB von 40 zu bewerten. Auch wenn man davon ausgehe, dass bei der Klägerin keine Fibromyalgie, sondern eine psychisch bedingte anhaltende somatoforme Schmerzstörung bestehe, sei insoweit ein GdB von 40 anzunehmen. Die rezidivierende depressive Störung und Essstörung bedinge einen GdB von 30 und die Hypertonie einen GdB von 20. Hinzu kämen die geringgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits mit subjektiven Ohrgeräuschen beidseits (GdB 10) und die Septumdeviation, Muschelhyperplasie und Neigung zu Entzündungen der Nebenhöhlen, die sich gebessert hätten und nur noch mit einem GdB von 10 zu bewerten seien. Das allergische Asthma bronchiale sei mit einem GdB von 20 nicht zu niedrig bewertet. Für die Bewegungseinschränkungen im Bereich der Gelenke sei nach den orthopädischen Gutachten von Dr. G. vom 24.06.2003 und Dr. Schm. vom 20.04.2009 allenfalls ein GdB von 10 anzunehmen. Insgesamt sei ein GdB von 60 angemessen und ausreichend.

Dagegen hat die Klägerin am 11.02.2010 Berufung eingelegt, mit der sie sich nur noch gegen den Bescheid vom 13.07.2005 (Herabsetzung des GdB und Entziehung des Nachteilsausgleiches G) wendet. Im Übrigen hat sie die Klage zurückgenommen. Sie macht geltend, entgegen der Annahme des SG habe bei ihr ein Morbus Bechterew vorgelegen, der auch weiter bestehe. Dies folge aus dem im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Befundbericht ihres behandelnden Orthopäden und Rheumatologen Dr. Z. , dessen Anhörung ausdrücklich beantragt werde. Im Übrigen sei im Falle einer zu hohen Bewertung im Bescheid vom 30.04.1998 eine Rücknahme nach § 45 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) wegen Fristablaufs nicht mehr möglich.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 1. Februar 2010 und den Bescheid des Beklagten vom 13. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Zu Recht habe das SG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG ausgeführt, dass es dahingestellt bleiben könne, ob es sich bei der Diagnose eines Morbus Bechterew um eine Fehldiagnose gehandelt habe, da der GdB nicht bereits dann falsch eingeschätzt sei, wenn er auf einer fehlerhaften Bezeichnung einer Gesundheitsstörung beruhe, sondern nur, wenn die Folgen der vorhandenen Funktionsbeeinträchtigungen falsch eingeschätzt würden. Die Funktionsbeeinträchtigungen hätten sich im Vergleich zu den zur Zeit des Bescheides vom 30.04.1998 bestehenden Verhältnissen wesentlich gebessert.

Der Senat hat Dr. Z. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat am 28.04.2010 unter Vorlage des Berichts des hospitals S. über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 29.11.2004 bis 08.12.2004 (einschließlich Laborbefunde sowie CT- und Röntgenbefunde) und der Laborergebnisse vom 21.09.2009 ausgeführt, er habe die Klägerin erstmals am 15.08.1996 untersucht. Danach habe sie sich erst wieder am 02.09.2004 und seither mal in größeren und mal in kürzeren regelmäßigen Abständen bei ihm vorgestellt. Die Klägerin habe bei der Erstkonsultation angegeben, dass bei ihr ein Morbus Bechterew diagnostiziert worden sei. Die von ihm durchgeführten diagnostischen Maßnahmen hätten keinen Hinweis auf das Vorliegen einer entzündlichen Veränderung der Kreuzdarmbeingelenke, sondern eher verschleißbedingte Veränderungen gezeigt. Die Laboruntersuchungen hätten immer wieder einmal erhöhte Blutsenkungen ergeben, die jedoch nicht eindeutig einer entzündlichen Erkrankung hätten zugeordnet werden können. Anlässlich der stationären Untersuchung der Klägerin in der Rheumatologischen Abteilung des hospitals S. im Jahr 2004 sei die Diagnose einer Fibromyalgie gestellt worden. Auch wenn keine Rheumawerte sonstiger Natur gefunden worden seien, so spreche doch die Erhöhung der Blutsenkung für ein entzündliches Geschehen. Es könne nicht mit letzter eindeutiger Sicherheit von dem Vorliegen eines Morbus Bechterew gesprochen werden, auch wenn der HLA-B 27 positiv sei. Es fehlten die klaren entzündlichen Veränderungen der Kreuzdarmgelenke, die nach den sogenannten "New Yorker Kriterien" gefordert würden. Eine Besserung der Schmerzproblematik sei seit der Erstkonsultation in seinen Augen nicht eingetreten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Akten des Beklagten und die Vorakten S 17 SB 144/03 und L 8 SB 4362/04 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch insgesamt zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist nicht begründet. Das SG hat die Klage - soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist - zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des von ihr angefochtenen Herabsetzungs- und Entziehungsbescheides. Der Beklagte hat damit den GdB zu Recht herabgesetzt und der Klägerin den Nachteilsausgleich G entzogen.

Streitgegenstand ist nur noch der Bescheid vom 13.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2006, mit dem der Beklagte den GdB wegen wesentlicher Besserung der Funktionsstörungen der Klägerin auf 50 herabgesetzt und ihr den Nachteilsausgleich G entzogen hat. Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid hob das SG die angegriffenen Bescheide auf, soweit der GdB auf unter 60 herabgesetzt worden ist. Die Klägerin macht mit der Anfechtungsklage, deren Begründetheit sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (hier Widerspruchsbescheid vom 08.03.2006) beurteilt, geltend, dass bei ihr weiterhin ein GdB von 80 vorliege und auch die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs G weiter anzunehmen seien.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung im Hinblick auf den GdB gegenüber einer vorausgegangenen Feststellung liegt nur dann vor, wenn im Vergleich zu den den GdB bestimmenden Funktionsausfällen, wie sie der letzten Feststellung des GdB tatsächlich zugrunde gelegen haben, insgesamt eine Änderung eingetreten ist, die einen um wenigstens 10 geänderten Gesamt-GdB bedingt. Dabei ist die Bewertung nicht völlig neu, wie bei der Erstentscheidung, vorzunehmen. Vielmehr ist zur Feststellung der Änderung ein Vergleich mit den für die letzte bindend gewordene Feststellung der Behinderung oder eines Nachteilsausgleichs maßgebenden Befunden und behinderungsbedingten Funktionseinbußen anzustellen. Eine ursprünglich falsche Entscheidung kann dabei grundsätzlich nicht korrigiert werden, da die Bestandskraft zu beachten ist. Sie ist lediglich in dem Maße durchbrochen, wie eine nachträgliche Veränderung eingetreten ist. Dabei kann sich ergeben, dass das Zusammenwirken der Funktionsausfälle im Ergebnis trotz einer gewissen Verschlimmerung unverändert geblieben ist. Rechtsverbindlich anerkannt bleibt nur die festgestellte Behinderung mit ihren tatsächlichen Auswirkungen, wie sie im letzten Bescheid in den Gesamt-GdB eingeflossen, aber nicht als einzelne (Teil-)GdB gesondert festgesetzt worden sind. Auch der Gesamt-GdB ist nur insofern verbindlich, als er im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB X bestandsgeschützt ist, nicht aber in der Weise, dass beim Hinzutreten neuer Behinderungen der darauf entfallende Teil-GdB dem bisherigen Gesamt-GdB nach den hier noch zu berücksichtigenden Maßstäben der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" 2004 (AHP) hinzuzurechnen ist (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 29). Die Verwaltung ist nach § 48 SGB X berechtigt, eine Änderung zugunsten und eine Änderung zuungunsten des Behinderten in einem Bescheid festzustellen und im Ergebnis eine Änderung zu versagen, wenn sich beide Änderungen gegenseitig aufheben (BSG SozR 3-3870 § 3 Nr 5).

Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes gelten entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der bis 31.12.2008 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung).

Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. zu diesen Bewertungsgrundsätzen Nr. 19, S 24 ff der AHP 2004). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung dieser Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (vgl. BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5).

Das SG ist in seiner Entscheidung unter Anwendung der genannten gesetzlichen Vorschriften und der einschlägigen Beurteilungsgrundsätze zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin gegenüber den zur Zeit des Bescheides vom 30.04.1998 bestehenden gesundheitlichen Verhältnissen wesentlich gebessert haben und seit 16.07.2005 nur noch einen GdB von 60 bedingen und auch die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vorliegen. Der Senat kommt unter zusätzlicher Berücksichtigung der Ergebnisse der im Berufungsverfahren erfolgten weiteren medizinischen Sachaufklärung zum selben Ergebnis. Die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin haben sich wesentlich gebessert und bedingen seit 16.07.2005 keinen höheren GdB als 60 mehr. Ferner liegt bei ihr seit diesem Zeitpunkt keine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr mehr vor. Diese Beurteilungen des Senats gründen sich im Wesentlichen auf die Angaben des im Berufungsverfahren gehörten behandelnden Orthopäden Dr. Z. , die Angaben der vom SG gehörten weiteren behandelnden Ärzte der Klägerin, die vom SG eingeholten fachärztlichen Gutachten von Dr. S. und Dr. Schm. und die aktenkundigen Klinik- und Arztberichte einschließlich der von Dr. Schu. (mit Zusatzgutachten von Dr. G. vom 24.06.2003) und PD Dr. R. am 07.07.2003 bzw. 11.08.2003 in den früheren Rechtsstreiten S 17 SB 144/03 und S 16 RJ 2998/02 erstatteten fachärztlichen Gutachten.

Eine Würdigung dieser ärztlichen Unterlagen ergibt, dass sich die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin, insbesondere im Bereich der Wirbelsäule, gegenüber den dem Bescheid vom 30.04.1998 zugrunde liegenden gesundheitlichen Verhältnissen wesentlich gebessert haben und jedenfalls seit 16.07.2005 nur noch einen GdB von 60 (anstatt 80) bedingen. Eine Einsteifung der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule - wie von Dr. Schü. in seinem Befundbericht vom 17.02.1998 angegeben - besteht seit Juni 2003 (orthopädisches Zusatzgutachten von Dr. G. vom 24.06.2003) nachweislich nicht mehr. Ob diese Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule auf einen Morbus Bechterew zurückgingen, wie vom Beklagten im Bescheid vom 30.04.1998 angenommen, oder ob es sich seinerzeit um eine fehlerhafte Diagnose gehandelt hat, ist für die Frage, ob sich das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen wesentlich geändert hat, nicht entscheidend (BSG, Urteil vom 10.02.1993 - 9/9a RVs 5/91 - SozR 3-1300 § 48 Nr. 25). Entscheidend ist vielmehr, dass seinerzeit die der versorgungsärztlichen Bewertung unterzogene Funktionseinschränkung tatsächlich vorgelegen und die hierauf gestützte GdB-Bewertung sich im Rahmen der AHP gehalten hatte. Hiervon geht der Senat aus. Eine fast komplette Einsteifung der gesamten Wirbelsäule wurde von Dr. Schü. in seinem Befundbericht vom 17.02.1998 beschrieben, was mit der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. P. vom 20.08.2002 vor dem Sozialgericht im Rentenverfahren der Klägerin (S 16 RJ 2998/02), der die Klägerin seit 09.04.1991 regelmäßig behandelt hatte, übereinstimmt. Dr. P. hatte als Befund jedenfalls für die Brust- und Lendenwirbelsäule eine Teilfixierung mitgeteilt, ohne zeitliche Einschränkung. Eine nur vorübergehende funktionelle Beeinträchtigung diesen Ausmaßes, die noch keine Behinderung darstellen würde, ist somit nicht erkennbar. Wenn auch eine durch Morbus Bechterew verursachte Einsteifung der Wirbelsäule nicht vorgelegen hatte, weil insoweit nach den gutachtlichen Ausführungen von Dr. Schm. und Dr. G. sich der Morbus Bechterew nicht verbessert haben kann, ist zur Überzeugung des Senats eine aus anderen Gründen vergleichbar schwerwiegende funktionelle Beeinträchtigung nach dem Befund von Dr. Schü. und Dr. P. vorhanden gewesen. Ob dies der bei der Klägerin ebenfalls diagnostizierten Fibromyalgie zuzuordnen wäre, wie das SG meint, womit unter Umständen aber auch eine andere GdB-Bewertung nach den AHP verbunden wäre, ist mangels hinreichender Anhaltspunkte nicht festzustellen. Hinweise auf eine gebotene andere Einschätzung der beschriebenen Wirbelsäulenbeeinträchtigung liegen nicht vor. Die GdB-Bewertung ist grundsätzlich funktionell bestimmt. Die nach versorgungsärztlicher Auswertung in den Bescheid vom 30.04.1998 übernommenen Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule liegen in diesem Ausmaß nicht mehr vor. Bindungswirkung kommt bei einem Bescheid nach dem SGB IX allein der Höhe des (Gesamt-)GdB zu, nicht aber die - möglicherweise unzutreffende - Bezeichnung der Funktionseinschränkungen. Daraus folgt, dass maßgeblich ist, wie sich der Gesamtbehinderungszustand der Klägerin und insbesondere ihr Wirbelsäulenleiden und die damit offenbar verbundene Schmerzerkrankung (Fibromyalgie) seit 16.07.2005 darstellt. Für den Senat steht fest, dass bei der Klägerin spätestens seit 16.07.2005 keine Einsteifung im Bereich der 3 Wirbelsäulenabschnitte mehr vorliegt, sondern (nur noch) Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule bestehen. Dies entnimmt der Senat in erster Linie der Beurteilung von Dr. G. in seinem orthopädischen Zusatzgutachten vom 24.06.2003, der bereits ca. 2 Jahre vor dem Herabsetzungszeitpunkt (16.07.2005) zu diesem Ergebnis gekommen war. Anhaltspunkte dafür, dass sich hieran danach etwas Wesentliches geändert hat, sieht der Senat nicht. Vielmehr hat die ca. 6 Jahre später erfolgte Untersuchung der Klägerin durch den Orthopäden Dr. Schm. noch nahezu die gleichen Befunde wie die Untersuchung durch Dr. G. ergeben. Der vom SG gehörte Sachverständige hat in seinem orthopädischen Gutachten vom 20.04.2009 ebenfalls (nur) degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule diagnostiziert. Sowohl Dr. G. als auch Dr. Schm. haben das somatische Wirbelsäulenleiden der Klägerin - entsprechend 26.18, S. 116 der AHP 2004 - zutreffend mit einem GdB von 10 bewertet.

Daneben leidet die Klägerin an einer Schmerzstörung (Fibromyalgie), die - so Dr. Schm. überzeugend - durch zum Teil erhebliche Bewegungseinschränkungen und Schmerzhaftigkeit im Bereich der Wirbelsäule und der Gelenke gekennzeichnet ist und nach seiner Beurteilung mit einem GdB von 40 angemessen bewertet ist. Diese Bewertung deckt sich mit der Beurteilung von Dr. Schu. in seinem fachärztlichen Gutachten vom 07.07.2003, der insoweit eine Depression mit ausgeprägter Somatisierung angenommen hat. Der Kern der beschriebenen Beeinträchtigungen unterscheidet sich aber nicht wesentlich. Ob bei der Klägerin eine Fibromyalgie - so Dr. L. und PD Dr. Schn. gegenüber dem SG, wobei PD Dr. Schn. die Auswirkung der Fibromyalgie als geringgradig bezeichnet hat - oder eine mit einem chronischen Schmerzsyndrom verbundene psychische Beeinträchtigung bzw. eine Mischung der genannten Gesundheitsstörungen vorliegt, ist zu allererst eine Frage der medizinischen Definition bzw. der ärztlichen Diagnose, nicht aber - worauf es hier allein ankommt - eine Frage des Ausmaßes der entsprechenden Störung. Die bei der Klägerin vorliegende psychische Beeinträchtigung (reaktive Depression mit Persönlichkeitsneurotisierung, chronisches Schmerzsyndrom), die der Senat zusammenfassend bewertet, bedingt jedenfalls keinen höheren GdB als 40. Hierbei handelt es sich um eine stärker behindernde psychische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die nach Nr. 26.3, S. 48 der AHP 2004 mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten war. Ein noch stärkeres Ausmaß der psychischen Beeinträchtigung der Klägerin - sowohl Dr. Schu. als auch Dr. Schm. haben den insoweit vorgegebenen Bewertungsrahmen voll nach oben ausgeschöpft - ist nicht anzunehmen. Dies würde nach den genannten Bewertungsmaßstäben der AHP 2004 schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten (GdB 50 bis 70) voraussetzen, die bei der Klägerin aber nicht vorliegen. Ein GdB von 50 ist auch nicht etwa deshalb anzunehmen, weil die Klägerin an einer Depression und an einer chronischen Schmerzstörung leidet. Beide Gesundheitsstörungen überschneiden sich weitestgehend, so dass ein höherer GdB als 40 insoweit nicht angemessen wäre.

Bei den weiteren Funktionsstörungen der Klägerin handelt es sich um leichtere und leichte Beeinträchtigungen, die nur einen GdB von 20 oder 10 bedingen. Dies gilt zunächst für das Kopfschmerz- und Schulter-Arm-Syndrom, das keinen höheren GdB als 20 bedingt. Eine höhere Bewertung ergibt sich insbesondere nicht aus den Angaben von Dr. L. vom 09.02.2007, die die von ihr bei der Klägerin diagnostizierten Gesundheitsstörungen dort lediglich aufgelistet hat, ohne damit verbundene Funktionsstörungen zu nennen. Die weitere Funktionsbeeinträchtigung "Atembehinderung bei Verengung des Nasenganges, chronische Nebenhöhlenentzündung, Bronchialasthma", für die der Beklagte ebenfalls einen GdB von 20 angenommen hat, ist ebenfalls nicht höher zu bewerten, nachdem Dr. S. in seinem HNO-ärztlichen Gutachten vom 04.12.2007 insoweit eine wesentliche, funktionell die Nasenatmung beeinträchtigende Septumdiviation nicht hat feststellen können und der sonografische Nebenhöhlenbefund unauffällig war. Ein GdB von 20 - die Befunde im Bereich der Nase rechtfertigen danach keinen GdB mehr - lässt sich demnach nur noch damit begründen, dass weiterhin ein Bronchialasthma anzunehmen ist, das von Dr. Schu. in seinem internistischen Gutachten vom 07.07.2003 mit einem GdB von 20 bewertet worden ist.

Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bedingt - wie bereits dargelegt - einen GdB von lediglich 10. Dasselbe gilt für die Funktionsstörungen Hauterkrankung, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, Bluthochdruck und geringgradige Innenohrschwerhörigkeitkeit beidseits mit subjektiven Ohrgeräuschen. Dies folgt für den Senat - was die orthopädischerseits genannten Funktionsstörungen anbetrifft - in erster Linie aus dem vom SG eingeholten orthopädischen Gutachten von Dr. Schm. und dem orthopädischen Gutachten von Dr. G. vom 24.06.2003, die trotz lange auseinanderliegenden Untersuchungszeitpunkten insoweit zu im Wesentlichen übereinstimmenden Beurteilungen gelangt sind. Für die Bewertung des Bluthochdrucks mit einem GdB von 10 ist auf das internistische Gutachten von Dr. Schu. vom 07.07.2003 und des Gehörleidens auf das fachärztliche Gutachten von Dr. S. vom 04.12.2007 zu verweisen.

Insgesamt ergibt sich kein höherer GdB als 60. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist von der schwerwiegendsten Funktionsbeeinträchtigung - hier der seelischen Störung, Depression, chronisches Schmerzsyndrom, funktionelle Organbeschwerden (GdB 40) - auszugehen. Hinzu kommen das Kopfschmerz- und Schulter-Arm-Syndrom (GdB 20) und das Bronchialasthma (GdB 20), sodass insgesamt kein höherer GdB als 60 angenommen werden kann. Die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen bedingen jeweils nur einen GdB von 10, sodass damit eine Erhöhung des Gesamt-GdB nicht zu begründen ist.

Die mit dem angefochtenen Bescheid ferner erfolgte Entziehung des Nachteilsausgleichs G ist ebenfalls zu Recht erfolgt. Die bei der Klägerin im Bereich der Wirbelsäule eingetretene wesentliche Besserung gegenüber den dem Bescheid vom 30.04.1998 insoweit bei ihr bestehenden gesundheitlichen Verhältnissen stellt eine zur Entziehung des Nachteilsausgleichs G berechtigende wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X dar. Dass eine wesentliche Besserung eingetreten ist, wurde bereits eingangs näher begründet. Hierauf wird verwiesen.

Die für den Nachteilsausgleich G erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen liegen bei der Klägerin jedenfalls seit 16.07.2005 nicht mehr vor.

Gemäß § 145 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 unentgeltlich befördert. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist erheblich beeinträchtigt nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG in SozR 3870 § 60 SchwbG Nr. 2; BSG Urteil vom 13.08.1997 - 9 RVS 1/96 = SozR 3 - 3870 § 60 Nr. 2) gelten als Wegstrecken, welche im Ortsverkehr - ohne Berücksichtigung von geographischen Besonderheiten im Einzelfall - üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden, solche von maximal 2 km bei einer Gehdauer von etwa 30 Minuten.

Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr kann angenommen werden, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei einem GdB von unter 50 auch gegeben sein, wenn sich diese Behinderungen an den unteren Gliedmaßen auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z.B. bei einer Versteifung des Hüft-, Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40 (vgl. Nr. 30 Abs. 3, S. 137 der AHP 2004).

Hiervon ausgehend - andere Funktionsstörungen kommen hier insoweit von vornherein nicht in Betracht - lag bei der Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt keine erhebliche Beeinträchtigung ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr im Sinne des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in Verbindung mit den zu berücksichtigenden Beurteilungsmaßstäben der AHP 2004 mehr vor. Die hierfür zu berücksichtigenden Funktionsstörungen (Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke und chronisches Schmerzsyndrom) reichen sowohl jeweils für sich genommen als auch in ihrem Zusammenwirken nicht aus, um die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs G über den 16.07.2005 hinaus weiter als erfüllt ansehen zu können.

Dr. L. hat zwar gegenüber dem SG am 09.02.2007 angegeben, ihrer Auffassung nach könne die Klägerin keine 2 km zu Fuß gehen. Hierzu - so die behandelnde Ärztin der Klägerin - sollte jedoch der Orthopäde befragt werden. Der die Klägerin während ihrer stationären Behandlung im Rheumazentrum in W. vom 23.03.2006 bis 08.04.2006 behandelnde PD Dr. Schn. bezeichnete am 20.06.2007 die Auswirkung der Fibromyalgie als geringgradig und die Kyphose sowie die Spondylose der oberen Brustwirbelsäule als gering- bis mittelgradig. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Gehvermögens ergibt sich dadurch zweifellos nicht. Dies deckt sich auch im Wesentlichen mit den Beurteilungen der Orthopäden Dr. G. und Dr. Schm. , die jeweils nur leichte Beeinträchtigungen im Bereich der Gelenke der Klägerin fanden.

Schließlich kann sich die Klägerin hierfür auch nicht auf das chronische Schmerzsyndrom stützen, das einschließlich der seelischen Störung einen GdB von 40 bedingt und das nach dem orthopädischen Gutachten von Dr. Schm. vom 20.04.2009 mit zum Teil erheblichen Bewegungseinschränkungen und Schmerzhaftigkeit im Bereich der Wirbelsäule und der Gelenke verbunden ist. Selbst wenn man unabhängig davon, dass Schmerzen kaum objektivierbar sind und subjektiv unterschiedlich empfunden werden, hier einen ähnlichen Bewertungsmaßstab anwenden würde wie für Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und der Lendenwirbelsäule (was nach Auffassung des Senats aber nicht möglich ist), würde der insoweit vorliegende GdB von 40 für die Erfüllung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs G nicht ausreichen. Hier kommt noch hinzu, dass die chronische Schmerzstörung nur zusammen mit der seelischen Störung der Klägerin einen GdB von 40 bedingt, die sich allein auf das Gehvermögen auswirkende Schmerzstörung daher ohnehin niedriger zu bewerten ist.

Die Berufung ist somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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