L 5 RJ 29/99

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 30 RJ 1328/97-30
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 RJ 29/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Februar 1999 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die rentensteigernde Berücksichtigung einer fiktiven Pflichtbeitragszeit.

Die am ...1934 geborene Klägerin bezieht seit dem 1. September 1994 Altersrente für Frauen (Rentenbescheid vom 2. August 1994 in der Fassung des Bescheides vom 18. Mai 1995). Der der Rentengewährung zugrunde liegende Versicherungsverlauf weist nach dem 21. April 1952 bis zum 26. Juni 1955 eine Lücke auf; anschließend sind fast durchgehend bis zum 31. August 1994 Pflichtbeitragszeiten gespeichert.

Mit Schreiben vom 6. September 1995 beantragte die Klägerin u.a. die Berücksichtigung der Zeit vom 12. Mai 1952 bis 25. Mai 1955 als weitere Pflichtbeitragszeit. Sie trug vor, sie habe zunächst zwei Jahre lang die Berufsschule für Kontoristinnen und dort in der Zeit vom 1. Juli 1951 bis zum 31. März 1952 an fünf Tagen in der Woche die Klasse V 0 10 für jugendliche Erwerbslose besucht. Sie legte hierzu das Entlassungszeugnis der genannten Schule vom März 1952 - nach Beendigung der Schulpflicht - vor (Bl. 87 RA) und trug vor, sie habe anschließend keine Lehrstelle gefunden. Sie sei deshalb in der angegebenen Zeit von 1952 bis 1955 als Angehörige des Jugendnoteinsatzes auf die Aufnahme einer Berufsausbildung vorbereitet worden. Sie habe durch diese Tätigkeit insbesondere praktische Bürokenntnisse erwerben sollen, um eine bessere Vermittlungschance für einen Büro-Ausbildungsberuf zu erlangen; hierfür habe sie als Entgelt ca. 60,- DM im Monat erhalten und sich außerdem jeden Monat auf dem Arbeitsamt melden müssen; vermutlich sei seinerzeit eine Versicherungspflicht nicht angenommen worden. Die Klägerin legte hierzu einen sog. Leistungsbericht des Bezirksamtes W. von Berlin, Abteilung Jugend - Amt für Jugendförderung -, vom 8. Juli 1955 vor (Bl. 89 RA) in dem es heißt:

Frl. H. G. wurde als Angehörige des Jugendnoteinsatzes seit dem 12.5.52 zur Verrichtung von Hilfsarbeiten der Amtsvormundschaft (Buchhaltung) zugeteilt. Sie zeigte von Beginn an großen Interesse für Büroarbeiten und war stets bemüht, die ihr übertragenen Arbeiten gewissenhaft und sauber zu erledigen. Durch ihre ruhige und bescheidene Art, sowie durch ihre schnelle Auffassungsgabe, erwarb sie sich die Sympathie ihrer Vorgesetzten.“

Mit Rentenbescheid vom 7. Februar 1996 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin unter Berücksichtigung weiterer Zeiten von Anfang an neu, lehnte jedoch die Anerkennung der Zeit ab 12. Mai 1952 als Beitragszeit ab, da nach dem seinerzeit geltenden Recht Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nicht bestanden habe und deshalb keine Beiträge gezahlt worden seien; eine Anerkennung als Anrechnungszeit sei ebenfalls nicht möglich, weil es sich nicht um eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme im Sinne des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) gehandelt habe.

Mit ihrem Widerspruch hiergegen führte die Klägerin aus, bei dem Jugendnotdienst habe es sich um eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme gehandelt, die zum Ziel gehabt habe, die Jugendlichen auf die gewünschten beruflichen Ziele vorzubereiten, da in der Nachkriegszeit eine verheerende Arbeitslosigkeit geherrscht habe und längst nicht für alle Jugendlichen Lehrstellen bzw. Ausbildungsplätze bereitgestanden hätten. Teilweise hätten die berufsvorbereitenden Maßnahmen selbst bis zum Lehrabschluss in handwerklichen Berufen geführt (Ausbildung an sog. Lehrhöfen); es seien aber auch praktische Kenntnisse in Firmen und der Verwaltung vermittelt worden, die vom normalen Berufsschulunterricht begleitet worden seien. Es habe damit die Hoffnung bestanden, durch die erworbenen Vorkenntnisse leichteren Zugang zu einer ordnungsgemäßen Lehrausbildung (Lehrvertrag) zu finden, was sich aber für sie nicht erfüllt habe. Sie seien verpflichtet gewesen, an allen Maßnahmen pünktlich und regelmäßig teilzunehmen, und die Aufnahme in ein Lehrverhältnis zu betreiben. Im Rahmen des Jugendnoteinsatzes sei sie mit Büroarbeiten vertraut gemacht worden, die einem künftigen Lehrverhältnis dienlich sein sollten. Für sie habe die übliche Anwesenheitszeit gegolten, die täglich mit 1,- DM entlohnt worden sei; es habe ein echtes Abhängigkeitsverhältnis Chef/Aus­zubildender bestanden und nicht etwa ein bloßes informatives Verhältnis; dies ergebe sich auch aus dem vorgelegten Leistungsbericht vom 8. Juli 1955.

Die Beklagte zog die Unterlagen des Bezirksamtes W. von Berlin über die damalige Tätigkeit der Klägerin bei, die keinen Hinweis auf die Art der Beschäftigung und keine Anmeldung zu einem Versicherungsträger enthalten; vermerkt ist die Lohnzahlung (1952 ca. 60,- DM, 1953 bis 1955 ca. 60,- bis 70,- DM monatlich) ohne Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen; ferner ist die Ausgabe von Krankenscheinen an die Klägerin notiert worden (Bl. 132 RA).

In einer Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Berlin-Brandenburg vom 19. Juni 1996 (Bl. 134 RA) wurde darauf hingewiesen, dass Anfang der fünfziger Jahre eine Vielzahl von Maßnahmen vorgesehen gewesen seien, um die Jugendlichen von den Gefahren der Straße fernzuhalten, und der drohenden Verwahrlosung vorzubeugen; außerdem habe damit auf die künftige Berufsausbildung vorbereitet werden sollen. Die betreffenden Jugendlichen hätten jedoch weiterhin dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden; sie seien lediglich von der wöchentlichen Meldekontrolle befreit gewesen, hätten aber die Auflage gehabt, einer monatlichen Meldung nachzukommen. Das Landesarbeitsamt übersandte eine Aufstellung der dort bekannt gewordenen Lehrgänge und berufsfördernden Maßnahmen, die vom Berufsamt und vom Hauptschulamt durchgeführt und als kranken- und arbeitslosenversicherungspflichtig angesehen wurden (Schreiben des Senators für Arbeit vom 24. Mai 1951 Nr. 22F/II/51). Weiter heißt es dort:

Die sonst noch laufenden Maßnahmen, wie Jugendnoteinsatz, V-Klassen, Fortbildungslehrgänge usw. die vom Berufsamt, Hauptschulamt, Hauptjugendamt und sonstige Dienststellen durchgeführt werden, sind Jugendnotmaßnahmen, die in erster Linie den Zweck haben, die Jugendlichen den Gefahren der Straße fernzuhalten. Diese Betreuung gilt nicht als kranken- und arbeitslosenversicherungspflichtig und ist daher nicht anwartschaftsbegründend.“

Die Klägerin legte auf Anforderung der Beklagten die sog. Meldekarten vor, aus denen sich ergibt, dass sie sich in der Zeit von Mai 1952 bis Oktober 1952 sowie von Dezember 1952 bis Juni 1955 monatlich beim Arbeitsamt gemeldet hat.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 1997 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die rentensteigernde Berücksichtigung des Jugendnoteinsatzes vom 12. Mai 1952 bis zum 8. Juli 1955 werde abgelehnt. Die Zeit könne nicht wegen Arbeitslosigkeit als Anrechnungszeit berücksichtigt werden, da es an der Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung fehle; versicherungspflichtig beschäftigt sei die Klägerin erst ab 27. Juni 1955 gewesen. Tätigkeiten im Jugendnoteinsatz hätten auch in dem streitigen Zeitraum nicht der Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung unterlegen, so dass eine Anrechnung als Pflichtbeitragszeit ausscheide. Da es sich auch nicht um berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, sondern um Betreuung von Jugendlichen gehandelt habe, könne der Jugendnoteinsatz auch nicht mit dem Besuch einer Schule, der als Anrechnungszeit berücksichtigt werden könnte, gleichgestellt werden.

Die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 22. Februar 1999 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei während des Jugendnoteinsatzes weder als Lehrling noch sonst zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt gewesen; es habe zumindest in der Zeit ab 1. März 1950 festgestanden, dass eine Versicherungspflicht für diese Beschäftigung nicht bestanden habe und Beiträge nicht zu entrichten seien. Tatsächlich seien auch für die Klägerin keine Beiträge entrichtet worden. Ebenso wenig komme eine Berücksichtigung als Anrechnungszeit wegen der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme in Betracht, denn der Jugendnoteinsatz sei nicht in einer betrieblichen oder überbetrieblichen Ausbildungseinrichtung, sondern vielmehr beim Bezirksamt W. als kommunalem Verwaltungsträger abgeleistet worden und habe in erster Linie dem Zweck gedient, die Jugendlichen von den Gefahren der Straße fernzuhalten. Es habe sich vielmehr um eine Zeit der Arbeitslosigkeit gehandelt, denn die Klägerin sei verpflichtet gewesen, sich regelmäßig beim Arbeitsamt zu melden, was sie auch getan habe. Die Beklagte habe damit den streitigen Zeitraum zutreffend rentenrechtlich erfasst.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihr Vorbringen wiederholt und ergänzend Folgendes ausführt: Sie habe ihre Schulpflicht bereits am 30. Juni 1950 mit der Entlassung aus der Volksschule beendet und anschließend die Berufsschule für Kontoristinnen besucht, die sie wegen der geburtenstarken Jahrgängig vorzeitig habe verlassen müssen. Während des Besuchs der Berufsschule habe sie keinen Ausbildungsplatz zur Kontoristin finden können und deshalb die Arbeitsstelle beim Bezirksamt Wedding angetreten, die sie sich selbst gesucht habe. Ihr seien damals Hoffnungen gemacht worden, dass sie bei Eignung als Büroangestellte übernommen werden würde. Insofern könne die von ihr dann ausgeübte Tätigkeit nicht als reine Hilfstätigkeit gewertet werden. Ihr Entgelt habe der Ausbildungsvergütung eines Lehrlings entsprochen. Sie, die Klägerin, habe abends in der Volkshochschule ihre während der Berufsschule erworbenen Kenntnisse in Stenographie und Schreibmaschine erweitert in der Hoffnung, dass sie als Büroangestellte übernommen werde. Erst als ihr klar gewesen sei, dass sich diese Hoffnung nicht erfüllen werde, habe sie ohne eine weitere Ausbildung eine andere Arbeitsstelle angetreten. Nach alledem könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie von den Gefahren der Straße habe ferngehalten werden sollen. Vielmehr sei die Tätigkeit beim Bezirksamt zumindest als berufsvorbereitende Maßnahme anzusehen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Februar 1999 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 7. Februar 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. August 1997 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. September 1994 höhere Altersrente unter Berücksichtigung der Zeit vom 12. Mai 1952 bis zum 25. Juni 1955 als Beitrags- bzw. Anrechnungszeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Die Beklagte hat auf Veranlassung des Senats eine Probeberechnung durchgeführt, aus der sich ergibt, dass sich sowohl bei der Berücksichtigung des streitigen Zeitraums als Pflichtbeitragszeit als auch als Anrechnungszeit eine Erhöhung der derzeitigen Rente der Klägerin ergibt.

Die Beklagte weist ergänzend darauf hin, dass sich aus den vorliegenden Unterlagen des Bezirksamtes W. die Ausgabe der Krankenscheine vom Bezirksamt ergebe (Bl. 132 RA); dies deute darauf hin, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht bestanden haben könne, da in dem Fall die Ausgabe der Krankenscheine durch die Krankenkasse erfolgt wäre.

Die Klägerin trägt hierzu vor, sie sei in dem fraglichen Zeitraum noch nicht volljährig gewesen und habe Krankenscheine damals über ihren Vater von der AOK erhalten.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Rentenakte der Klägerin bei der Beklagten - ... -, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig; insbesondere fehlt nicht das Rechtschutzbedürfnis für die Durchführung der Berufung, denn die zusätzliche Berücksichtigung des geltend gemachten Zeitraums als Pflichtbeitragszeit bzw. als Anrechnungszeit würde zur Erhöhung der Rente führen, wie die Probeberechnung der Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 4. Februar 2000, Bl. 44 GA) ergeben hat.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

a) Die Zeit vom 12. Mai 1952 bis 25. Juni 1955 ist nicht als Pflichtbeitragszeit zu berücksichtigen.

Pflichtbeitragszeiten sind nach § 55 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge gezahlt worden sind (Satz 1) oder für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (Satz 2).

Dass Beiträge für den genannten Zeitraum gezahlt worden sind, hat die Klägerin selbst nicht behauptet; hierfür liegen auch keine Anhaltspunkte vor. Es sind aber auch keine fiktiven Pflichtbeitragszeiten nach § 247 Abs. 2 a SGB VI anzurechnen.

Nach dieser Vorschrift sind auch Zeiten Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung, in denen in der Zeit vom 1. Juni 1945 bis 30. Juni 1965 Personen als Lehrlinge oder sonst zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt waren und grundsätzlich Versicherungspflicht bestand, eine Zahlung von Versicherungsbeiträgen für diese Zeit jedoch nicht erfolgte (Zeiten einer beruflichen Ausbildung). Diese Vorschrift wurde eingefügt durch Art. 1 des Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes vom 24. Juni 1993 (BGBl. I S. 1038) und ist am 1. Januar 1992 rückwirkend in Kraft getreten. Der Zusatz (Zeiten einer beruflichen Ausbildung) wurde durch Art. 1 des WFG vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1l461) angefügt und ist am 1. Januar 1997 in Kraft getreten.

Die Klägerin stand in dem streitigen Zeitraum nicht in einem Lehrverhältnis, denn dieses würde voraussetzen, dass ihre Beschäftigung in einem Betrieb hauptsächlich der Fachausbildung diente, dem Ziel entsprechend geleitet wurde und die Klägerin als Auszubildende tatsächlich die Stellung eines Lehrlings einnahm (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr. 14 S. 58 m.w.N.). Hierfür kommt es in jedem Fall auf die Umstände des Einzelfalles ohne Rücksicht auf die von den Beteiligten gewählte Bezeichnung des Vertragsverhältnisses an; entscheidend ist nicht, ob ein förmlicher Lehrvertrag geschlossen und Lehrgeld gezahlt wurde; Voraussetzung ist jedoch, dass eine geregelte, regelmäßig längere Ausbildung stattgefunden hat, die zu einer späteren selbständigen Betätigung in dem Beruf führen sollte. Das war bei den von der Klägerin im Bezirksamt W. von Berlin damals ausgeführten „Hilfsarbeiten“, wie es ausdrücklich in dem Leistungsbericht vom 8. Juli 1955 heißt, gerade nicht der Fall, denn es fand keinerlei Ausbildung statt. Vielmehr diente die Tätigkeit nach den eigenen Angaben der Klägerin dazu, eine bessere Vermittlungschance für einen Büroausbildungsberuf überhaupt erst zu erlangen bzw. die Klägerin als damals arbeitslose Jugendliche im Rahmen des sog. Jugendnoteinsatzes von der Straße fernzuhalten (Stellungsnahme des Landesarbeitsamtes Berlin-Brandenburg vom 19. Juni 1996). Zu Recht hat auch das Sozialgericht in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass jedenfalls für die Zeit ab 1. März 1950 insofern eine klare Rechtslage herrschte, als mit Rundschreiben B 15/III der VAB vom 17. April 1950 ausdrücklich festgestellt wurde, dass die Tätigkeit der Jugendlichen im Jugendnoteinsatz keine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne darstellte, so dass Beiträge hierfür nicht zu entrichten waren und auch im Fall der Klägerin nicht entrichtet wurden. Diese Auffassung wird durch das erwähnte Rundschreiben des Senators für Arbeit vom 24. Mai 1951 bestätigt, in dem zur Frage zur Versicherungspflicht bei der Teilnahme von Arbeitslosen an verschiedenen Lehrgängen und Maßnahmen Stellung genommen wird. Darin wird ausdrücklich unterschieden zwischen Maßnahmen in kommunalen Lehrwerkstätten, Grundlehrgängen für Jugendliche bzw. Ungelernte in bestimmten Berufen, Berufsfachschulausbildungen und Vorkursen einerseits, die sämtlichst versicherungspflichtig sind, und „sonst noch laufenden Maßnahmen, wie Jugendnoteinsatz, V-Klassen“ Fortbildungslehrgängen usw. andererseits, die nicht versicherungspflichtig sind, da sie nicht einer bestimmten Ausbildung dienen, sondern in erster Linie den Zweck haben, die Jugendlichen zu betreuen und zu beschäftigen.

Da es bei der damaligen Beschäftigung der Klägerin im Bezirksamt W. - wie bereits dargelegt - nicht um eine Ausbildung in einem bestimmten Fachgebiet ging, kann auch eine sog. Anlernzeit (vgl. dazu BSG SozR 3-2600 § 247 Nr. 2), d.h. eine gegenüber der Lehrzeit in kürzerer Zeit durchgeführte Spezialausbildung auf einem engeren Gebiet (vgl. Peters, Handbuch der KV, Stand Januar 1982, Anm. 5 a zu § 165 a RVO S. 17/83), nicht bejaht werden.

Für dieses Ergebnis spricht im Übrigen auch, dass die Klägerin nicht mehr berufsschulpflichtig war, wie sich aus dem vorgelegten Entlassungszeugnis der Berufsschule für Kontoristinnen vom März 1952 ergibt, und dass die Zeit der Beschäftigung im Bezirksamt W. von April 1952 bis Mai 1955 als Zeit der Arbeitslosigkeit angesehen wurde (vgl. die genannte Stellungnahme des Landesarbeitsamtes und die vorgelegten Meldekarten der Klägerin, die dies bestätigen). Auch die Angabe der Klägerin im Berufungsverfahren, dass sie in dem hier streitigen Zeitraum Krankenscheine über ihren Vater von der AOK erhielt, deutet darauf hin, dass sie damals familienversichert, d.h. nicht selbst pflichtversichert mit einem eigenen Anspruch auf Aushändigung von Krankenscheinen entweder gegenüber der Krankenkasse oder aber gegenüber dem Bezirksamt Wedding war.

Nach alledem ist nicht erkennbar, dass es sich bei der damaligen Tätigkeit der Klägerin im Bezirksamt Wedding um eine grundsätzlich versicherungspflichtige Ausbildungsbeschäftigung gehandelt hat.

b) Die Zeit vom 12. Mai 1952 bis 25. Juni 1955 führt auch nicht als Anrechnungszeit nach § 58 SGB VI zu einer Erhöhung der Altersrente der Klägerin. Wie bereits das Sozialgericht, auf dessen Entscheidungsgründe ausdrücklich Bezug genommen wird, zutreffend ausgeführt hat, scheitert die Berücksichtigung der genannten Zeit als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI bereits daran, dass es an dem notwendigen Unterbrechungstatbestand (§ 58 Abs. 2 SGB VI) fehlt. Auch ein Schulbesuch oder eine schulische Ausbildung im Sinne von § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI ist nicht gegeben, wie das Sozialgericht dargelegt hat; etwas anderes wird auch von der Klägerin selbst nicht behauptet. Die streitige Zeit ist vielmehr eine Zeit der Arbeitslosigkeit (vgl. die Meldekarten der Klägerin) und als solche von der Beklagten - ohne Einfluss auf die Rentenhöhe - erfasst worden. Dies ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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