Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 9 AL 307/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 46/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin verfolgt im Berufungsverfahren ihr Begehren weiter, die Beklagte zur Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für einen Zeitraum ab dem 18. Februar 2006 zu verurteilen.
Die am ...1952 geborene Klägerin war beginnend im April 2001 mehrfach jeweils für mehrere Monate in der Erntesaison im Gemüseanbau als Erntehelferin tätig. Im Anschluss an eine Saisonarbeit vom 30. April 2004 bis zum 29. Oktober 2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 30. Oktober 2004 Alg für die Dauer von 90 Tagen. Die Klägerin bezog die Leistung bis zum Ende des Anspruchs am 27. Januar 2005. Ab dem 28. April 2005 war die Klägerin erneut befristet bis zum 27. Oktober 2005 als Erntehelferin angestellt. Während dieser Beschäftigung erkrankte die Klägerin und erhielt vom 20. Oktober 2005 bis zum 17. Februar 2006 Krankengeld von ihrer Krankenkasse. Am 20. Februar 2006, einem Montag, meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg ab dem 18. Februar 2006. Mit Bescheid vom 14. März 2006 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab: Die Klägerin habe keine neue Anwartschaft auf Alg erworben; es bestehe auch kein Restanspruch mehr aus einer früheren Anwartschaft. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 7. April 2006 Widerspruch ein und führte aus: Sie habe im Jahr 2005 insgesamt mehr als sechs Monate in einem Pflichtversicherungsverhältnis gestanden und deshalb einen (neuen) Anspruch auf Alg erworben. Diesen Widerspruch wies die Beklage mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2006 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 3. August 2006 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt: Sie gehe weiter einer Saisontätigkeit nach, die hierfür geltenden Vorschriften seien auch auf ihre neuerliche Arbeitslosmeldung anzuwenden. Im Übrigen habe sie in den letzten zwei Jahren vor Antragstellung, also in der Zeit vom 18. Februar 2004 bis 17. Februar 2006, an mehr als 360 Kalendertagen in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Dabei sei zur Vermeidung einer unbilligen Härte auch die Zeit vor Bezug des Alg ab dem 30. Oktober 2004 zu berücksichtigen. Sie dürfe nicht benachteiligt werden, weil sie Saisonarbeiterin sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. Mai 2008 abgewiesen und in den Gründen ausgeführt: Die Klägerin habe innerhalb der maßgeblichen Rahmenfrist vom 30. Oktober 2004 bis zum 17. Februar 2006 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Eine Rahmenfrist reiche nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der die Arbeitslose eine Anwartschaftszeit für einen Alg-Anspruch erfüllt hat. Die Sonderregelung für Saisonarbeiter, wonach diese die Anwartschaftszeit schon mit Pflichtversicherungszeiten von sechs Monaten erfüllen konnten, habe nur bis zum 31. Dezember 2003 gegolten. Die Übergangsregelung zur Abschaffung der Anwartschaftszeit begründenden Saisonarbeit greife für die Klägerin nicht, weil sie ihren Antrag auf Alg erst nach dem 31. Januar 2006 gestellt habe.
Gegen das ihr am 6. Juni 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Juli 2008 (einem Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die gesetzliche Neuregelung verstoße gegen Art. 14 des Grundgesetzes (GG). Bei der Berechnung der Anwartschaftszeit sei es auch möglich, Pflichtversicherungszeiten zu berücksichtigen, die schon für einen anderen Anspruch Berücksichtigung gefunden hätten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Rosslau und den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 18. Februar 2006 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für richtig.
Die Beteiligen haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Alg für die Zeit ab dem 18. Februar 2006.
Gemäß §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Die Voraussetzungen für die Erfüllung der Anwartschaftszeit ergeben sich aus § 123 SGB III. Für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Alg für die Zeit ab dem 18. Februar 2006 findet § 123 SGB III in der vom 1. Januar 2004 an geltenden Fassung (Neufassung der §§ 123 ff. SGB III durch das Gesetz vom 23. Dezember 2003 – BGBl. I 2938) Anwendung. Danach hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt nach § 124 Abs. 1 SGB III i. d. F. vom 1. Januar 2004 zwei Jahre. Nach § 124 Abs. 2 SGB III reicht die Rahmenfrist jedoch nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte. Insofern konnte die versicherungspflichtige Tätigkeit der Klägerin vom 30. April 2004 bis zum 29. Oktober 2004 keine Berücksichtigung finden. Diese Beschäftigungszeit war bereits anwartschaftsbegründend für den Arbeitslosengeldanspruch vom 30. Oktober 2004 bis zum 27. Januar 2005. Die gesetzliche Regelung im § 124 Abs. 2 SGB III ist hier eindeutig. Eine andere Betrachtung aus "Härtegesichtspunkten" ist nicht geboten. Der Gesetzgeber hat die bewusste Entscheidung getroffen, dass eine bereits für die Begründung eines Alg-Anspruchs berücksichtigte Versicherungszeit nicht noch einmal für die Begründung eines neuen Alg-Anspruchs berücksichtigt werden kann. Hier hat die Klägerin den aufgrund ihrer anwartschaftsbegründenden Zeiten vor dem 30. Oktober 2004 erworbenen Alg-Anspruch von 90 Tagen auch im vollen Umfang ausgeschöpft, so dass eine erneute Berücksichtigung dieser Zeiten auch wertungsmäßig nicht geboten ist.
Maßgeblich ist somit für den geltend gemachten Anspruch auf Alg ab dem 18. Februar 2006 die Rahmenfrist vom 30. Oktober 2004 bis zum 17. Februar 2006. Während dieser Rahmenfrist hat die Klägerin nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Diese Voraussetzung für den Anspruch ist erfüllt, wenn ein Arbeitnehmer 360 Tage in einem Pflichtversicherungsverhältnis zurückgelegt hat (Brand in Niesel, SGB III, 3. Auflage, § 123 Rdnr. 6). Die Arbeit als Erntehelferin vom 28. April 2005 bis zum 27. Oktober 2005 und der Bezug von Krankengeld vom 28. Oktober 2005 bis zum 17. Februar 2006 ergeben nur Zeiten, in den die Klägerin in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat, von insgesamt 296 Tagen.
Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass nach dem bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Rechtszustand die Anwartschaftszeit von Saisonarbeitern schon dann erfüllt war, wenn sie innerhalb der Rahmenfrist anwartschaftsbegründende Zeiten von (nur) mindestens sechs Monaten aufzuweisen hatten. Der Gesetzgeber hat diese Privilegierung für Saisonarbeiter bewusst abgeschafft. Es sollte der Anreiz für die Saisonarbeiter beschäftigenden Unternehmen und die Saisonarbeiter entfallen, Zeiten mit geringem Arbeitsanfall durch Entgeltersatzleistungen für die Arbeitnehmer zu überbrücken, die dann auch nicht an der Aufnahme einer Zwischenbeschäftigung interessiert waren (siehe BT-Drs. 15/1515 S. 245 zur Begründung der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2004). Damit hat der Gesetzgeber auch nicht in unzulässiger Weise in den von Art. 14 GG geschützten Kernbereich erworbener Sozialversicherungsansprüche oder -anwartschaften eingegriffen, sondern nur eine zulässige Regelung für den künftigen Anspruchserwerb getroffen. Bereits erworbene Anwartschaften wurden durch die Übergangsregelung im § 434j Abs. 3 SGB III geschützt. Danach war § 123 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum 31. Januar 2006 entstanden ist. Das Datum 31. Januar 2006 erklärt sich daraus, dass am 1. Januar 2004 (dem Inkrafttreten der Neuregelung) Eigentumsschutz nur für Ansprüche bestehen konnte, für die Anwartschaften im Jahre 2003 oder früher begründet worden waren. Solche Anwartschaften konnten aber auch bei Anwendung der Rahmenfrist von drei Jahren nach § 124 SGB III a.F. nur für Ansprüche relevant werden, die bis einschließlich dem 1. Januar 2006 entstanden sind. Zur Vermeidung von Berechnungsproblemen hat der Gesetzgeber auch noch die bis zum 31. Januar 2006 entstandenen Ansprüche einbezogen (vgl. zum Ganzen Fuchs in Gagel, SGB II/SGB III, § 434j SGB III, Rdnr. 7). Eine längere Übergangsfrist lässt sich weder aus dem Eigentumsschutz noch aus Vertrauensschutzerwägungen zwingend aus der Verfassung ableiten.
Der hier im Streit stehende Anspruch der Klägerin ist nicht bis zum 31. Januar 2006 entstanden. Ein Anspruch ist entstanden, wenn die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Vor dem 18. Februar 2006 waren die Anspruchsmerkmale nicht erfüllt, da die Klägerin keinen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt und sich nicht arbeitslos gemeldet hatte. Dies ist - wie oben aufgezeigt - jedoch Voraussetzung für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Etwas anderes ist hier auch nicht deshalb geboten, weil der Anspruch der Klägerin ohne die zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung wahrscheinlich bereits mit dem vorgesehenen Ende der Saisonbeschäftigung zum 27. Oktober 2005 ab dem 28. Oktober 2005 entstanden wäre. Eine Übergangsregelung ist zwangsläufig immer typisierend und kann nicht alle Einzelfallgestaltungen erfassen. Die Klägerin wird hier nicht anders behandelt, als wenn sie z. B. ihr Arbeitsverhältnis wegen unerwartet aufgetretenen zusätzlichen Arbeitsanfalls verlängert oder nach Ende der Saisonarbeit eine Anschlussbeschäftigung aufgenommen hätte. Auch dann hätte sie sich vor Beendigung dieser Arbeitstätigkeit nicht anspruchsbegründend arbeitslos melden können. Durch den Krankengeldbezug, der eine Anwartschaftszeit begründet, wird sie nicht anders gestellt als ein Arbeitnehmer, der in der betreffenden Zeit gearbeitet hätte. Auch solche Fälle könnten als Härtefälle empfunden werden, was aber als einer Stichtagsregelung immanent hingenommen werden muss.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin verfolgt im Berufungsverfahren ihr Begehren weiter, die Beklagte zur Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für einen Zeitraum ab dem 18. Februar 2006 zu verurteilen.
Die am ...1952 geborene Klägerin war beginnend im April 2001 mehrfach jeweils für mehrere Monate in der Erntesaison im Gemüseanbau als Erntehelferin tätig. Im Anschluss an eine Saisonarbeit vom 30. April 2004 bis zum 29. Oktober 2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 30. Oktober 2004 Alg für die Dauer von 90 Tagen. Die Klägerin bezog die Leistung bis zum Ende des Anspruchs am 27. Januar 2005. Ab dem 28. April 2005 war die Klägerin erneut befristet bis zum 27. Oktober 2005 als Erntehelferin angestellt. Während dieser Beschäftigung erkrankte die Klägerin und erhielt vom 20. Oktober 2005 bis zum 17. Februar 2006 Krankengeld von ihrer Krankenkasse. Am 20. Februar 2006, einem Montag, meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg ab dem 18. Februar 2006. Mit Bescheid vom 14. März 2006 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab: Die Klägerin habe keine neue Anwartschaft auf Alg erworben; es bestehe auch kein Restanspruch mehr aus einer früheren Anwartschaft. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 7. April 2006 Widerspruch ein und führte aus: Sie habe im Jahr 2005 insgesamt mehr als sechs Monate in einem Pflichtversicherungsverhältnis gestanden und deshalb einen (neuen) Anspruch auf Alg erworben. Diesen Widerspruch wies die Beklage mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2006 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 3. August 2006 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt: Sie gehe weiter einer Saisontätigkeit nach, die hierfür geltenden Vorschriften seien auch auf ihre neuerliche Arbeitslosmeldung anzuwenden. Im Übrigen habe sie in den letzten zwei Jahren vor Antragstellung, also in der Zeit vom 18. Februar 2004 bis 17. Februar 2006, an mehr als 360 Kalendertagen in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Dabei sei zur Vermeidung einer unbilligen Härte auch die Zeit vor Bezug des Alg ab dem 30. Oktober 2004 zu berücksichtigen. Sie dürfe nicht benachteiligt werden, weil sie Saisonarbeiterin sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. Mai 2008 abgewiesen und in den Gründen ausgeführt: Die Klägerin habe innerhalb der maßgeblichen Rahmenfrist vom 30. Oktober 2004 bis zum 17. Februar 2006 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Eine Rahmenfrist reiche nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der die Arbeitslose eine Anwartschaftszeit für einen Alg-Anspruch erfüllt hat. Die Sonderregelung für Saisonarbeiter, wonach diese die Anwartschaftszeit schon mit Pflichtversicherungszeiten von sechs Monaten erfüllen konnten, habe nur bis zum 31. Dezember 2003 gegolten. Die Übergangsregelung zur Abschaffung der Anwartschaftszeit begründenden Saisonarbeit greife für die Klägerin nicht, weil sie ihren Antrag auf Alg erst nach dem 31. Januar 2006 gestellt habe.
Gegen das ihr am 6. Juni 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Juli 2008 (einem Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die gesetzliche Neuregelung verstoße gegen Art. 14 des Grundgesetzes (GG). Bei der Berechnung der Anwartschaftszeit sei es auch möglich, Pflichtversicherungszeiten zu berücksichtigen, die schon für einen anderen Anspruch Berücksichtigung gefunden hätten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Rosslau und den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 18. Februar 2006 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für richtig.
Die Beteiligen haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Alg für die Zeit ab dem 18. Februar 2006.
Gemäß §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Die Voraussetzungen für die Erfüllung der Anwartschaftszeit ergeben sich aus § 123 SGB III. Für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Alg für die Zeit ab dem 18. Februar 2006 findet § 123 SGB III in der vom 1. Januar 2004 an geltenden Fassung (Neufassung der §§ 123 ff. SGB III durch das Gesetz vom 23. Dezember 2003 – BGBl. I 2938) Anwendung. Danach hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt nach § 124 Abs. 1 SGB III i. d. F. vom 1. Januar 2004 zwei Jahre. Nach § 124 Abs. 2 SGB III reicht die Rahmenfrist jedoch nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte. Insofern konnte die versicherungspflichtige Tätigkeit der Klägerin vom 30. April 2004 bis zum 29. Oktober 2004 keine Berücksichtigung finden. Diese Beschäftigungszeit war bereits anwartschaftsbegründend für den Arbeitslosengeldanspruch vom 30. Oktober 2004 bis zum 27. Januar 2005. Die gesetzliche Regelung im § 124 Abs. 2 SGB III ist hier eindeutig. Eine andere Betrachtung aus "Härtegesichtspunkten" ist nicht geboten. Der Gesetzgeber hat die bewusste Entscheidung getroffen, dass eine bereits für die Begründung eines Alg-Anspruchs berücksichtigte Versicherungszeit nicht noch einmal für die Begründung eines neuen Alg-Anspruchs berücksichtigt werden kann. Hier hat die Klägerin den aufgrund ihrer anwartschaftsbegründenden Zeiten vor dem 30. Oktober 2004 erworbenen Alg-Anspruch von 90 Tagen auch im vollen Umfang ausgeschöpft, so dass eine erneute Berücksichtigung dieser Zeiten auch wertungsmäßig nicht geboten ist.
Maßgeblich ist somit für den geltend gemachten Anspruch auf Alg ab dem 18. Februar 2006 die Rahmenfrist vom 30. Oktober 2004 bis zum 17. Februar 2006. Während dieser Rahmenfrist hat die Klägerin nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Diese Voraussetzung für den Anspruch ist erfüllt, wenn ein Arbeitnehmer 360 Tage in einem Pflichtversicherungsverhältnis zurückgelegt hat (Brand in Niesel, SGB III, 3. Auflage, § 123 Rdnr. 6). Die Arbeit als Erntehelferin vom 28. April 2005 bis zum 27. Oktober 2005 und der Bezug von Krankengeld vom 28. Oktober 2005 bis zum 17. Februar 2006 ergeben nur Zeiten, in den die Klägerin in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat, von insgesamt 296 Tagen.
Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass nach dem bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Rechtszustand die Anwartschaftszeit von Saisonarbeitern schon dann erfüllt war, wenn sie innerhalb der Rahmenfrist anwartschaftsbegründende Zeiten von (nur) mindestens sechs Monaten aufzuweisen hatten. Der Gesetzgeber hat diese Privilegierung für Saisonarbeiter bewusst abgeschafft. Es sollte der Anreiz für die Saisonarbeiter beschäftigenden Unternehmen und die Saisonarbeiter entfallen, Zeiten mit geringem Arbeitsanfall durch Entgeltersatzleistungen für die Arbeitnehmer zu überbrücken, die dann auch nicht an der Aufnahme einer Zwischenbeschäftigung interessiert waren (siehe BT-Drs. 15/1515 S. 245 zur Begründung der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2004). Damit hat der Gesetzgeber auch nicht in unzulässiger Weise in den von Art. 14 GG geschützten Kernbereich erworbener Sozialversicherungsansprüche oder -anwartschaften eingegriffen, sondern nur eine zulässige Regelung für den künftigen Anspruchserwerb getroffen. Bereits erworbene Anwartschaften wurden durch die Übergangsregelung im § 434j Abs. 3 SGB III geschützt. Danach war § 123 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum 31. Januar 2006 entstanden ist. Das Datum 31. Januar 2006 erklärt sich daraus, dass am 1. Januar 2004 (dem Inkrafttreten der Neuregelung) Eigentumsschutz nur für Ansprüche bestehen konnte, für die Anwartschaften im Jahre 2003 oder früher begründet worden waren. Solche Anwartschaften konnten aber auch bei Anwendung der Rahmenfrist von drei Jahren nach § 124 SGB III a.F. nur für Ansprüche relevant werden, die bis einschließlich dem 1. Januar 2006 entstanden sind. Zur Vermeidung von Berechnungsproblemen hat der Gesetzgeber auch noch die bis zum 31. Januar 2006 entstandenen Ansprüche einbezogen (vgl. zum Ganzen Fuchs in Gagel, SGB II/SGB III, § 434j SGB III, Rdnr. 7). Eine längere Übergangsfrist lässt sich weder aus dem Eigentumsschutz noch aus Vertrauensschutzerwägungen zwingend aus der Verfassung ableiten.
Der hier im Streit stehende Anspruch der Klägerin ist nicht bis zum 31. Januar 2006 entstanden. Ein Anspruch ist entstanden, wenn die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Vor dem 18. Februar 2006 waren die Anspruchsmerkmale nicht erfüllt, da die Klägerin keinen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt und sich nicht arbeitslos gemeldet hatte. Dies ist - wie oben aufgezeigt - jedoch Voraussetzung für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Etwas anderes ist hier auch nicht deshalb geboten, weil der Anspruch der Klägerin ohne die zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung wahrscheinlich bereits mit dem vorgesehenen Ende der Saisonbeschäftigung zum 27. Oktober 2005 ab dem 28. Oktober 2005 entstanden wäre. Eine Übergangsregelung ist zwangsläufig immer typisierend und kann nicht alle Einzelfallgestaltungen erfassen. Die Klägerin wird hier nicht anders behandelt, als wenn sie z. B. ihr Arbeitsverhältnis wegen unerwartet aufgetretenen zusätzlichen Arbeitsanfalls verlängert oder nach Ende der Saisonarbeit eine Anschlussbeschäftigung aufgenommen hätte. Auch dann hätte sie sich vor Beendigung dieser Arbeitstätigkeit nicht anspruchsbegründend arbeitslos melden können. Durch den Krankengeldbezug, der eine Anwartschaftszeit begründet, wird sie nicht anders gestellt als ein Arbeitnehmer, der in der betreffenden Zeit gearbeitet hätte. Auch solche Fälle könnten als Härtefälle empfunden werden, was aber als einer Stichtagsregelung immanent hingenommen werden muss.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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