Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KA 17/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 B 20/02 KA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 17.09.2002 abgeändert. Die Klägerin trägt dem Grunde nach ein Viertel der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 9) für das Verfahren S 7 KA 17/01 (SG Aachen). Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe:
1.
Mit Beschluss vom 13. Juni 2001 ließ der Zulassungsausschuss für Ärzte Aachen die Klägerin als Nachfolgerin für den in F ausgeschriebenen Vertragsarztsitz des Facharztes für Orthopädie Dr. T zu. Mit weiterem Beschluss vom 13.06.2001 lehnte der Zulassungsausschuss den Zulassungsantrag des Beigeladenen zu 9) auf diesen Vertragsarztsitz ab. Auf den Widerspruch des Beigeladenen zu 9) ließ der Beklagte diesen mit Beschluss vom 21. November 2001 als Orthopäde in F zu und wies den Zulassungsantrag der Klägerin zurück. Diesen Beschluss hat die Klägerin am 14. Dezember 2001 mit der Klage angegriffen. Durch Beschluss des Sozialgerichts (SG) vom 7. Januar 2002 wurde der Beigeladene zu 9) Verfahrensbeteiligter. Unter dem 19.03.2002 haben sich die Rechtsanwälte X pp. als Verfahrensbevollmächtigte des Beigeladenen zu 9) bestellt. Mit Schriftsatz vom 28. März 2002 hat die Klägerin die Klage zurückgenommen. Mit Schriftsatz vom 28.03.2002 (Eingang beim SG am 02.04.2002) haben die Bevollmächtigten des Beigeladenen zu 9) eine Vollmacht vorgelegt.
Unter dem 09.04.2002 haben die Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen zu 9) beantragt,
die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 9) der Klägerin aufzuerlegen.
Ferner haben sie unter dem 10.04.2002 beantragt, die Kosten nach einem Gegenstandswert von 1,25 Millionen DM auf 8.614,10 Euro festzusetzen.
Die Klägerin ist dem entgegengetreten. Sie hat vorgetragen: Trotz der Klagerücknahme bestehe kein Rechtsgrund für eine Kostenübernahme. Die Klage habe der Beigeladene zu 9) durch sein Verhalten provoziert. In der Sitzung des Berufungsausschusses vom (21.11.2001) habe er erklärt, die Praxis Dr. T gegen einen Kaufpreis von 000.000 DM übernehmen und fortführen zu wollen. Die weiteren Vertragsverhandlungen habe der Beigeladene zu 9) äußerst zögerlich geführt. Zudem habe er angestrebt, dass über den Kaufpreis neu verhandelt werde. Die Bevollmächtigten des Dr. T hätten mehrfach Fristen gesetzt, die der Beigeladene zu 9) habe verstreichen lasse. Mit Schreiben vom 25.02.2002 sei dem Beigeladenen zu 9) sodann mitgeteilt worden, dass die Verhandlungen gescheitert seien. Sie - die Klägerin - habe die Klage nur erhoben, um sich die Möglichkeit offen zu halten, den Vertragsarztsitz des Dr. T doch noch zu übernehmen, sofern der Beigeladene zu 9 ) hiervon - entgegen seiner Erklärung vor dem Berufungsausschuss - Abstand genommen hätte. Dem Beigeladenen zu 9) sei bekannt gewesen, dass sie - die Klägerin - bereit gewesen sei, die Klage zurückzunehmen, wenn er die Praxis ernsthaft hätte übernehmen wollen. Das Verhalten des Beigeladenen zu 9) nach der Sitzung des Berufungsausschusses habe derartiges aber gerade nicht erkennen lassen. Er habe sich schließlich auch geweigert, dem Praxisübergeber den zugesagten Kaufpreis von 000.000 DM zu zahlen. Im übrigen könne sie mit den Kosten des Beigeladenen zu 9) auch deswegen nicht belastet werden, weil allein dessen Antrag, die Klage zurückzuweisen, eine derartige Kostenfolge nicht bewirken könne.
Hierauf haben die Bevollmächtigten des Beigeladen zu 9) repliziert: Der Beigeladene zu 9) habe auch nach der Sitzung des Berufungsausschusses vom 20.11.2001 sämtliches Interesse an einer Übernahme bekundet. Das Verhalten der Klägerin habe die Übernahme blockiert. Sie habe mit der Klageerhebung andere - finanzielle - Ziele verfolgt. Ihr sei es nicht um die nicht mehr mögliche Praxisübernahme gegangen; sie habe vielmehr versucht, ein Ablösehonorar zu erlangen. Die Klage hätte sie schon wesentlich früher zurücknehmen können und müssen. Der Übernahmevertrag sei nicht zustande gekommen, weil die Klägerin weiterhin in der zu übernehmenden Praxis als Vertreterin tätig gewesen sei. Zudem sei ein Wasserschaden eingetreten, der den Praxisablauf weiterhin behindere.
Mit Beschluss vom 17.09.2002 hat das SG antragsgemäß entschieden. Die alleinige Kostentragungspflicht der Klägerin folge daraus, dass sie die Klage erhoben habe und dass im Rahmen der summarischen Prüfung die Klage keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin. Der Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 9) sei nicht in einem Umfang tätig geworden, der es rechtfertige, der Klägerin dort entstandene Kosten aufzuerlegen. Seine Tätigkeit habe sich auf den am 19.03.2002 gestellten Antrag auf Klageabweisung beschränkt. Er habe sich nicht mit Ausführungen, die die Erörterung des Streitstoffes fördern können, am Verfahren beteiligt.
2.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde der Klägerin ist im tenorierten Umfang begründet.
Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist die Kostenentscheidung gem. § 193 SGG nach sachgerechtem Ermessen zu treffen. Zu berücksichtigen sind dabei alle Umstände des Einzelfalles. Wesentlich sind grundsätzlich die Erfolgsaussichten der Klage und die Frage, wer Anlass für die Klageerhebung gegeben hat (LSG NRW vom 21.08.1998 - L 11 SKa 52/97 -; LSG Baden-Württemberg MedR 1994, 211-212). Hierzu rechnet die falsche Sachbehandlung, eine fehlende oder fehlerhafte Begründung des Bescheides, unrichtige Beratung oder unzutreffende Rechtsmittelbelehrung (Senatsbeschlüsse vom 18.01.1999 - L 10 B 9/98 - und vom 28.05.1999 - L 10 B 6/99 P -). Gleichermaßen ist das Verhalten des Klägers zu würdigen (zB verspätete Vorlage einer Vollmacht oder unzureichender Sachvortrag). Abweichend vom Zivilprozess und vom Verwaltungsgerichtsprozess sind die Gründe für die Klageerhebung und für die Erledigung des Rechtsstreits auch dann im Rahmen der Kostengrundentscheidung zu berücksichtigen, wenn der Kläger letztlich mit seinem Begehren nicht durchgedrungen ist (Zeihe, SGG, § 193 Rdn. 7h; Senatsbeschlüsse vom 13.09.1999 - L 10 B 15/99 P - und vom 14.03.2000 - L 10 B 1/00 SB -).
Diese Grundsätze gelten auch bei Rücknahme der Klage, so dass zunächst zu klären ist, ob die Klage Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
Der Senat teilt - im Rahmen summarischer Prüfung - die Auffassung des SG, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg hatte. Der Beschluss des Berufungsausschusses vom 21.11.2001 entspricht der Sach- und Rechtslage. Dennoch kommt eine volle Kostenübernahme nicht in Betracht. Beigeladene natürliche Personen erhalten im Regelfall die Erstattung ihrer Kosten zugesprochen, wenn sie sich mit Ausführungen, die die Erörterung des Streitstoffs fördern können, am Verfahren beteiligt haben. Das ist z.B. dann der Fall, wenn sie Anträge gestellt und sich mit ihrem Rechtsstandpunkt durchgesetzt haben (BSG vom 10.02.1999 - B 6 KA 39/98 B -). Daran fehlt es. Die Mitwirkung der Bevollmächtigten des Beigeladenen zu 9) beschränkt sich darauf, einen Antrag auf Abweisung der Klage zu stellen. Dies genügt den aufgezeigten Anforderungen nicht. Im übrigen war die Rechtsverfolgung des Beigeladenen zu 9) am 19.03.2002 noch nicht notwendig. Zu diesem Zeitpunkt mag zwar aus Gründen anwaltlicher Fürsorge Anlass bestanden haben, sich für den Beigeladenen zu 9) im Verfahren zu melden. Eines Sachantrags bedurfte es indessen schon deswegen noch nicht, weil zum 19.03.2002 noch keine Klagebegründung vorlag. Dem gemäß konnte der Beigeladene zu 9) nicht wissen, was als Klagegrund geltend gemacht werden würde. Auch eine vorbeugende Rechtsverteidigung war nicht veranlasst. Die noch ausstehende Klagebegründung hätte das SG den Beteiligten zur Kenntnis und Stellungnahme zugeleitet. Der Beigeladene zu 9) hätte sodann hinreichend Gelegenheit gehabt, sich hiermit sachlich-inhaltlich auseinander zusetzen und ausgehend hiervon einen Sachantrag zu stellen. Zwar mag in Ausnahmefällen bei erkennbarer Eilbedürftigkeit eine Schutzschrift geboten sein (vgl. auch Senatsbeschluss vom 23.08.2002 - L 10 B 12/02 KA ER -), indessen liegen die Voraussetzungen hier nicht vor.
Allerdings ist kein Verfahrensbeteiligter gehindert, bereits vor Kenntnisnahme von der Klagebegründung Anträge zu stellen und Ausführungen zur Sache zu machen ( BVerwG NJW 1995, 2867). Das besagt aber nicht, dass Kosten, welche eine derartige Handlung auslösen, im Sinne billigen Ermessens auch der unterlegenen Partei aufzuerlegen sind (BVerwG aaO zu § 162 Abs. 3 VwGO). Jedenfalls dann, wenn der Beigeladene - wie hier - nur die Zurückweisung der Klage begehrt und jegliche prozessfördernden Ausführungen unterbleiben, ist es auch im Rahmen der nach § 193 SGG gebotenen Ermessensausübung unbillig, dem Kläger die Kosten in voller Höhe aufzuerlegen. Im Ergebnis reduziert sich der Inhalt des Schriftsatzes des Beigeladenen zu 9) mithin auf die Information des Gerichts darüber, dass er - der Beigeladene zu 9) - anwaltlich vertreten wird und Schriftverkehr nunmehr über den Bevollmächtigten zu erfolgen hat (§ 73 Abs. 3 Satz 1 SGG). Insoweit wäre die Klägerin von den Kosten des Beigeladenen zu 9) freizustellen. Dies gilt umsomehr, als die Bevollmächtigten des Beigeladenen zu 9) die Vollmacht verspätet, nämlich erst nach Abschluss des Verfahrens vorgelegt haben (Eingang beim SG am 02.04.2002).
Andererseits kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin die - aussichtslose - Klage über mehrere Monate aufrechterhalten hat. Im Zeitpunkt der Anhängigmachung der Klage (14.12.2001) mag es aus ihrer Sicht noch notwendig gewesen sein, den Beschluss des Beklagten vom 21.11.2001 rechtlich zu überprüfen. Hierzu ist ihr bzw. ihren Bevollmächtigten ein angemessener Zeitraum einzuräumen. Im Februar 2002 allerdings musste auch der Klägerin deutlich sein, dass der angefochtene Beschluss rechtmäßig war. Spätestens dann hätte sie die Klage - nunmehr unverzüglich (§ 121 BGB) - zurücknehmen müssen. Das jedoch ist erst am 28.03.2002 erfolgt und geht kostenrechtlich zu ihren Lasten (zur Reaktionsfrist auf Änderungen der Sach- und Rechtslage vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 13.09.1999 - L 10 B 15/99 P - und vom 19.09.2001 - L 19 B 20/01 SB -).
In Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge erachtet es der Senat als angemessen, wenn der Klägerin ein Viertel der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 9) auferlegt wird.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
1.
Mit Beschluss vom 13. Juni 2001 ließ der Zulassungsausschuss für Ärzte Aachen die Klägerin als Nachfolgerin für den in F ausgeschriebenen Vertragsarztsitz des Facharztes für Orthopädie Dr. T zu. Mit weiterem Beschluss vom 13.06.2001 lehnte der Zulassungsausschuss den Zulassungsantrag des Beigeladenen zu 9) auf diesen Vertragsarztsitz ab. Auf den Widerspruch des Beigeladenen zu 9) ließ der Beklagte diesen mit Beschluss vom 21. November 2001 als Orthopäde in F zu und wies den Zulassungsantrag der Klägerin zurück. Diesen Beschluss hat die Klägerin am 14. Dezember 2001 mit der Klage angegriffen. Durch Beschluss des Sozialgerichts (SG) vom 7. Januar 2002 wurde der Beigeladene zu 9) Verfahrensbeteiligter. Unter dem 19.03.2002 haben sich die Rechtsanwälte X pp. als Verfahrensbevollmächtigte des Beigeladenen zu 9) bestellt. Mit Schriftsatz vom 28. März 2002 hat die Klägerin die Klage zurückgenommen. Mit Schriftsatz vom 28.03.2002 (Eingang beim SG am 02.04.2002) haben die Bevollmächtigten des Beigeladenen zu 9) eine Vollmacht vorgelegt.
Unter dem 09.04.2002 haben die Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen zu 9) beantragt,
die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 9) der Klägerin aufzuerlegen.
Ferner haben sie unter dem 10.04.2002 beantragt, die Kosten nach einem Gegenstandswert von 1,25 Millionen DM auf 8.614,10 Euro festzusetzen.
Die Klägerin ist dem entgegengetreten. Sie hat vorgetragen: Trotz der Klagerücknahme bestehe kein Rechtsgrund für eine Kostenübernahme. Die Klage habe der Beigeladene zu 9) durch sein Verhalten provoziert. In der Sitzung des Berufungsausschusses vom (21.11.2001) habe er erklärt, die Praxis Dr. T gegen einen Kaufpreis von 000.000 DM übernehmen und fortführen zu wollen. Die weiteren Vertragsverhandlungen habe der Beigeladene zu 9) äußerst zögerlich geführt. Zudem habe er angestrebt, dass über den Kaufpreis neu verhandelt werde. Die Bevollmächtigten des Dr. T hätten mehrfach Fristen gesetzt, die der Beigeladene zu 9) habe verstreichen lasse. Mit Schreiben vom 25.02.2002 sei dem Beigeladenen zu 9) sodann mitgeteilt worden, dass die Verhandlungen gescheitert seien. Sie - die Klägerin - habe die Klage nur erhoben, um sich die Möglichkeit offen zu halten, den Vertragsarztsitz des Dr. T doch noch zu übernehmen, sofern der Beigeladene zu 9 ) hiervon - entgegen seiner Erklärung vor dem Berufungsausschuss - Abstand genommen hätte. Dem Beigeladenen zu 9) sei bekannt gewesen, dass sie - die Klägerin - bereit gewesen sei, die Klage zurückzunehmen, wenn er die Praxis ernsthaft hätte übernehmen wollen. Das Verhalten des Beigeladenen zu 9) nach der Sitzung des Berufungsausschusses habe derartiges aber gerade nicht erkennen lassen. Er habe sich schließlich auch geweigert, dem Praxisübergeber den zugesagten Kaufpreis von 000.000 DM zu zahlen. Im übrigen könne sie mit den Kosten des Beigeladenen zu 9) auch deswegen nicht belastet werden, weil allein dessen Antrag, die Klage zurückzuweisen, eine derartige Kostenfolge nicht bewirken könne.
Hierauf haben die Bevollmächtigten des Beigeladen zu 9) repliziert: Der Beigeladene zu 9) habe auch nach der Sitzung des Berufungsausschusses vom 20.11.2001 sämtliches Interesse an einer Übernahme bekundet. Das Verhalten der Klägerin habe die Übernahme blockiert. Sie habe mit der Klageerhebung andere - finanzielle - Ziele verfolgt. Ihr sei es nicht um die nicht mehr mögliche Praxisübernahme gegangen; sie habe vielmehr versucht, ein Ablösehonorar zu erlangen. Die Klage hätte sie schon wesentlich früher zurücknehmen können und müssen. Der Übernahmevertrag sei nicht zustande gekommen, weil die Klägerin weiterhin in der zu übernehmenden Praxis als Vertreterin tätig gewesen sei. Zudem sei ein Wasserschaden eingetreten, der den Praxisablauf weiterhin behindere.
Mit Beschluss vom 17.09.2002 hat das SG antragsgemäß entschieden. Die alleinige Kostentragungspflicht der Klägerin folge daraus, dass sie die Klage erhoben habe und dass im Rahmen der summarischen Prüfung die Klage keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin. Der Bevollmächtigte des Beigeladenen zu 9) sei nicht in einem Umfang tätig geworden, der es rechtfertige, der Klägerin dort entstandene Kosten aufzuerlegen. Seine Tätigkeit habe sich auf den am 19.03.2002 gestellten Antrag auf Klageabweisung beschränkt. Er habe sich nicht mit Ausführungen, die die Erörterung des Streitstoffes fördern können, am Verfahren beteiligt.
2.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde der Klägerin ist im tenorierten Umfang begründet.
Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist die Kostenentscheidung gem. § 193 SGG nach sachgerechtem Ermessen zu treffen. Zu berücksichtigen sind dabei alle Umstände des Einzelfalles. Wesentlich sind grundsätzlich die Erfolgsaussichten der Klage und die Frage, wer Anlass für die Klageerhebung gegeben hat (LSG NRW vom 21.08.1998 - L 11 SKa 52/97 -; LSG Baden-Württemberg MedR 1994, 211-212). Hierzu rechnet die falsche Sachbehandlung, eine fehlende oder fehlerhafte Begründung des Bescheides, unrichtige Beratung oder unzutreffende Rechtsmittelbelehrung (Senatsbeschlüsse vom 18.01.1999 - L 10 B 9/98 - und vom 28.05.1999 - L 10 B 6/99 P -). Gleichermaßen ist das Verhalten des Klägers zu würdigen (zB verspätete Vorlage einer Vollmacht oder unzureichender Sachvortrag). Abweichend vom Zivilprozess und vom Verwaltungsgerichtsprozess sind die Gründe für die Klageerhebung und für die Erledigung des Rechtsstreits auch dann im Rahmen der Kostengrundentscheidung zu berücksichtigen, wenn der Kläger letztlich mit seinem Begehren nicht durchgedrungen ist (Zeihe, SGG, § 193 Rdn. 7h; Senatsbeschlüsse vom 13.09.1999 - L 10 B 15/99 P - und vom 14.03.2000 - L 10 B 1/00 SB -).
Diese Grundsätze gelten auch bei Rücknahme der Klage, so dass zunächst zu klären ist, ob die Klage Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
Der Senat teilt - im Rahmen summarischer Prüfung - die Auffassung des SG, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg hatte. Der Beschluss des Berufungsausschusses vom 21.11.2001 entspricht der Sach- und Rechtslage. Dennoch kommt eine volle Kostenübernahme nicht in Betracht. Beigeladene natürliche Personen erhalten im Regelfall die Erstattung ihrer Kosten zugesprochen, wenn sie sich mit Ausführungen, die die Erörterung des Streitstoffs fördern können, am Verfahren beteiligt haben. Das ist z.B. dann der Fall, wenn sie Anträge gestellt und sich mit ihrem Rechtsstandpunkt durchgesetzt haben (BSG vom 10.02.1999 - B 6 KA 39/98 B -). Daran fehlt es. Die Mitwirkung der Bevollmächtigten des Beigeladenen zu 9) beschränkt sich darauf, einen Antrag auf Abweisung der Klage zu stellen. Dies genügt den aufgezeigten Anforderungen nicht. Im übrigen war die Rechtsverfolgung des Beigeladenen zu 9) am 19.03.2002 noch nicht notwendig. Zu diesem Zeitpunkt mag zwar aus Gründen anwaltlicher Fürsorge Anlass bestanden haben, sich für den Beigeladenen zu 9) im Verfahren zu melden. Eines Sachantrags bedurfte es indessen schon deswegen noch nicht, weil zum 19.03.2002 noch keine Klagebegründung vorlag. Dem gemäß konnte der Beigeladene zu 9) nicht wissen, was als Klagegrund geltend gemacht werden würde. Auch eine vorbeugende Rechtsverteidigung war nicht veranlasst. Die noch ausstehende Klagebegründung hätte das SG den Beteiligten zur Kenntnis und Stellungnahme zugeleitet. Der Beigeladene zu 9) hätte sodann hinreichend Gelegenheit gehabt, sich hiermit sachlich-inhaltlich auseinander zusetzen und ausgehend hiervon einen Sachantrag zu stellen. Zwar mag in Ausnahmefällen bei erkennbarer Eilbedürftigkeit eine Schutzschrift geboten sein (vgl. auch Senatsbeschluss vom 23.08.2002 - L 10 B 12/02 KA ER -), indessen liegen die Voraussetzungen hier nicht vor.
Allerdings ist kein Verfahrensbeteiligter gehindert, bereits vor Kenntnisnahme von der Klagebegründung Anträge zu stellen und Ausführungen zur Sache zu machen ( BVerwG NJW 1995, 2867). Das besagt aber nicht, dass Kosten, welche eine derartige Handlung auslösen, im Sinne billigen Ermessens auch der unterlegenen Partei aufzuerlegen sind (BVerwG aaO zu § 162 Abs. 3 VwGO). Jedenfalls dann, wenn der Beigeladene - wie hier - nur die Zurückweisung der Klage begehrt und jegliche prozessfördernden Ausführungen unterbleiben, ist es auch im Rahmen der nach § 193 SGG gebotenen Ermessensausübung unbillig, dem Kläger die Kosten in voller Höhe aufzuerlegen. Im Ergebnis reduziert sich der Inhalt des Schriftsatzes des Beigeladenen zu 9) mithin auf die Information des Gerichts darüber, dass er - der Beigeladene zu 9) - anwaltlich vertreten wird und Schriftverkehr nunmehr über den Bevollmächtigten zu erfolgen hat (§ 73 Abs. 3 Satz 1 SGG). Insoweit wäre die Klägerin von den Kosten des Beigeladenen zu 9) freizustellen. Dies gilt umsomehr, als die Bevollmächtigten des Beigeladenen zu 9) die Vollmacht verspätet, nämlich erst nach Abschluss des Verfahrens vorgelegt haben (Eingang beim SG am 02.04.2002).
Andererseits kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin die - aussichtslose - Klage über mehrere Monate aufrechterhalten hat. Im Zeitpunkt der Anhängigmachung der Klage (14.12.2001) mag es aus ihrer Sicht noch notwendig gewesen sein, den Beschluss des Beklagten vom 21.11.2001 rechtlich zu überprüfen. Hierzu ist ihr bzw. ihren Bevollmächtigten ein angemessener Zeitraum einzuräumen. Im Februar 2002 allerdings musste auch der Klägerin deutlich sein, dass der angefochtene Beschluss rechtmäßig war. Spätestens dann hätte sie die Klage - nunmehr unverzüglich (§ 121 BGB) - zurücknehmen müssen. Das jedoch ist erst am 28.03.2002 erfolgt und geht kostenrechtlich zu ihren Lasten (zur Reaktionsfrist auf Änderungen der Sach- und Rechtslage vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 13.09.1999 - L 10 B 15/99 P - und vom 19.09.2001 - L 19 B 20/01 SB -).
In Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge erachtet es der Senat als angemessen, wenn der Klägerin ein Viertel der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 9) auferlegt wird.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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