Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AL 436/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 35/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 30.03.2000 wird abgewiesen.
II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.10.1998 wird verworfen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Parteien die Höhe der dem Kläger ab dem 28.02.1998 zu gewährenden Arbeitslosenhilfe (Alhi) unter Berücksichtigung von Überbrückungsbeihilfen nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungskräften (TASS).
Der am ...1943 geborene Kläger war vom 30.08.1976 bis 31.12.1995 als Arbeitnehmer bei den Stationierungskräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tätig. Das Amt für Verteidigungslasten gewährte ihm anschließend bis zum 31.12.2000 eine Überbrückungsbeihilfe von 942,88 DM, ab Februar 1998 in Höhe von 938,69 DM netto pro Monat. Vom 01.01.1996 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 27.02.1998 bezog der Kläger von der Beklagten Arbeitlosengeld (Alg).
Auf seinen Antrag vom 17.02.1998 gewährte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 03.03.1998 ab 28.02.1998 Alhi unter Anrechnung der Überbrückungsbeihilfe in Höhe von 54,95 DM wöchentlich nach einem Brutto-Arbeitsentgelt von 1.070 DM wöchentlich und der Leistungsgruppe A.
Hiergegen erhob der Kläger am 16.03.1998 Widerspruch. Eine Anrechnung der ihm gewährten Leistungen nach dem Tarifvertrag TASS sei unzulässig, da es sich dabei nicht um Einkommen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG), sondern um einen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes handle.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 22.04.1998 als unbegründet zurück. Nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III) seien nur Leistungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften unter Anrechnung der Alhi gewährt würden, bei der Berechnung auszunehmen. Der Kläger falle auch nicht unter die Übergangsregelung, da er nach dem 14.02.1941 geboren worden sei.
Dagegen hat der Kläger am 08.05.1998 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben.
Die Überbrückungsbeihilfe nach § 4 TASS stelle kein Einkommen iSd § 194 SGB III dar, sondern sei eine Anknüpfungsleistung zu den Leistungen nach dem SGB III aus Anlass der Arbeitslosigkeit.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.10.1998 abgewiesen. Zum Einkommen iSd § 193 Abs 1 SGB III gehörten alle Geld- oder geldwerten Einnahmen einschließlich der Leistungen, die von Dritten beansprucht werden könnten. Die dem Kläger gewährte Überbrückungshilfe stelle kein privilegiertes Einkommen gemäß § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III dar, da sie nicht aufgrund von bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften gewährt werde, sondern es sich um einen tarifvertraglichen Anspruch handle. Der Kläger unterfalle aufgrund seines Alters auch nicht der Übergangsregelung nach § 427 Abs 7 SGB III iVm § 242 x Abs 7 AFG, mit dem Vertrauenstatbeständen Rechnung getragen werde.
Gegen das ihm am 18.01.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.02.1999 Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegt. Zur Begründung verweist er auf sein bisheriges Vorbringen.
Vom 01.10.1998 bis 30.09.1999 war der Kläger bei der P ... GmbH beschäftigt. Vom 01.10.1999 bis 28.03.2000 bezog er von der Beklagten Alg. Mit Bescheid vom 30.03.2000 gewährte die Beklagte ab 29.03.2000 erneut Alhi unter Anrechnung der ihm nach § 4 TASS bis zum 31.12.2000 gewährten Überbrückungsbeihilfen.
Aufgrund eines Teilvergleiches vor dem BayLSG vom 05.09.2000 gewährte die Beklagte dem Kläger vom 28.02.1998 bis 30.09.1998 Alhi ohne Anrechnung der Leistungen nach § 4 TASS und zahlte ihm einschließlich Zinsen einen Betrag von 8.962,62 DM nach. In Bezug auf die Ansprüche des Klägers auf Alhi ab dem 29.03.2000 regte sie an, einen Antrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu stellen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass der Bewilligungsbescheid vom 30.03.2000 Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem BayLSG geworden ist und es eines Antrags nach § 44 SGB X nicht bedürfe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30.03.2000 zu verurteilen, ihm die beantragte Alhi ab dem 29.03.2000 ohne Anrechnung der Leistungen nach § 4 TASS zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei der Alhi-Gewährung ab dem 29.03.2000 handle es sich nicht um eine Wiederbewilligung der Alhi, sondern um einen neuen Anspruch, der auf dem Alg-Bezug vom 01.10.1999 bis 28.03.2000 gründe. Der Bescheid vom 30.03.2000 sei nicht angefochten worden, so dass die Berechnung insoweit einer gerichtlichen Überprüfung im anhängigen Berufungsverfahren nicht zugänglich sei.
Auf die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) ist unzulässig geworden, denn eine Beschwer des Klägers ist entfallen, nachdem die Beklagte dem Antrag des Klägers auf Gewährung von Alhi ohne Anrechnung der ihm nach § 4 TASS gewährten Überbrückungsbeihilfen für die Zeit vom 28.02.1998 bis 30.09.1999 durch Nachzahlung des Differenzbetrages einschließlich Zinsen in Höhe von insgesamt 8.962,62 DM entsprochen hat. Das Vorliegen einer Beschwer ist jedoch notwendige Zulässigkeitsvoraussetzung (vgl Meyer-Ladewig, Komm. zum SGG, 6.Auflage, vor § 143 Rdnr 5). Zur Vermeidung einer unnötigen Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte muss deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis vorhanden sein, das in den Rechtsmittelinstanzen identisch mit der Beschwer ist (BSGE 1, 246, 252 mwN). Entfällt jedoch - wie hier durch Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs - die erforderliche Beschwer während des Berufungsverfahrens, so wird die Berufung unzulässig, denn eine Beschwer ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten (vgl BSGE 3, 142, 153; BSG vom 13.07.1978 in Breithaupt 1979, S 579, 580; BSG vom 22.09.1981 in SozR 1500 § 53 SGG, Nr 2; Peters-Sautter-Wolff, Komm. zur Sozialgerichtsbarkeit, § 53 Anm 1 S 145/2; Kopp, Komm. zur Verwaltungsgerichtsordnung, 11.Auflage vor § 124, Rdnr 39; Eyermann-Fröhler, Komm. zur VwGO, 7.Auflage, § 124 Rdnr 11).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 22.10.1998 war deshalb zu verwerfen.
Über die Klage des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 30.03.2000 bezüglich der Gewährung ungekürzter Alhi ab dem 29.03.2000 konnte das BayLSG nicht im Wege der Klage entscheiden, denn der Bescheid vom 30.03.2000 ist nicht Gegenstand des vor dem BayLSG anhängigen Berufungsverfahrens geworden.
Wird nach Berufungseinlegung der Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt, so wird zwar auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens (§§ 153 Abs 2, 96 Abs 1 SGG). Durch den Alhi-Bescheid vom 30.03.2000 wurde jedoch nicht ein angefochtener Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt, sondern über den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Alhi ab dem 29.03.2000 erstmals entschieden. Der Bescheid vom 30.03.2000 änderte somit die Alhi-Bewilligungsbescheide vom 03.03.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.04.1998, die die Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 28.02.1998 bis 30.09.1998 betrafen, nicht ab. Ebenso wenig ersetzte er diese vorangegangenen Bescheide.
Nach der älteren Rechtsprechung des BSG ist § 96 SGG zunächst teilweise auch dann noch für anwendbar gehalten worden, wenn ein weiterer Bescheid den ersten Bescheid weder ausdrücklich abändert noch ersetzt, sondern aus weiterem Anlass während des sozialgerichtlichen Verfahrens erteilt wird. Aus prozessökonomischen Gründen ist es dabei für ausreichend erachtet worden, wenn der neue Bescheid aufgrund desselben Rechtsverhältnisses ergangen ist (vgl BSG vom 30.11.1978, BSGE 47, 201 = SozR 1500 § 96 Nr 14 mwN; BSG vom 15.04.1986 in SozR 1500 § 96 Nr 32; BSG vom 29.11.1990, SozR 3-4100 § 139 a Nr 1).
Diese Rechtsprechung hat das BSG jedoch aufgegeben. Es geht nunmehr davon aus, dass die Einbeziehung weiterer Bescheide gemäß § 96 SGG nur dann gerechtfertigt ist, wenn die maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Umstände im streitbefangenen Bescheid und in den nachfolgenden Zeiträumen in der Weise zusammenhängen, dass die Entscheidung über den ursprünglichen Streitgegenstand unmittelbare Auswirkungen auch für die Folgebescheide hat (vgl BSG vom 24.08.1994 in SozR 3-1500 § 96 Nr 3; BSG vom 18.10.1995 - 6 RKa 12/95; vom 07.02.1996 - 6 RKa 61/64; vom 07.02.1996 - 6 RKa 42/95).
Dieser Rechtsprechung folgt der Senat im vorliegenden Fall.
Bei der Alhi-Gewährung ab dem 29.03.2000 handelt es sich nicht um die Wiederbewilligung des Anspruchs auf Alhi, der ab dem 28.02.1998 entstanden war, sondern um einen neuen Anspruch, der auf dem Alg-Bezug des Klägers vom 01.10.1999 bis 28.03.2000 aufgrund seiner Beschäftigung bei der P ... GmbH gründet (§§ 191 Abs 1 Nr 1, 192 Satz 1 SGB III). Der Bescheid vom 30.03.2000 betraf somit eine Alhi-Bewilligung, die mit den maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Umständen im streitbefangenen Bescheid nicht in der Weise identisch war, dass mit der Entscheidung über den ursprünglichen Streitgegenstand der Sache nach auch abschließend über die Folgebescheide entschieden wurde.
Der Bescheid vom 30.03.2000 ist mangels Einlegung der gegebenen Rechtsmittel bindend (§ 77 SGG) und nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden. Die Klage war deshalb als unzulässig abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.10.1998 wird verworfen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Parteien die Höhe der dem Kläger ab dem 28.02.1998 zu gewährenden Arbeitslosenhilfe (Alhi) unter Berücksichtigung von Überbrückungsbeihilfen nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungskräften (TASS).
Der am ...1943 geborene Kläger war vom 30.08.1976 bis 31.12.1995 als Arbeitnehmer bei den Stationierungskräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tätig. Das Amt für Verteidigungslasten gewährte ihm anschließend bis zum 31.12.2000 eine Überbrückungsbeihilfe von 942,88 DM, ab Februar 1998 in Höhe von 938,69 DM netto pro Monat. Vom 01.01.1996 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 27.02.1998 bezog der Kläger von der Beklagten Arbeitlosengeld (Alg).
Auf seinen Antrag vom 17.02.1998 gewährte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 03.03.1998 ab 28.02.1998 Alhi unter Anrechnung der Überbrückungsbeihilfe in Höhe von 54,95 DM wöchentlich nach einem Brutto-Arbeitsentgelt von 1.070 DM wöchentlich und der Leistungsgruppe A.
Hiergegen erhob der Kläger am 16.03.1998 Widerspruch. Eine Anrechnung der ihm gewährten Leistungen nach dem Tarifvertrag TASS sei unzulässig, da es sich dabei nicht um Einkommen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG), sondern um einen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes handle.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 22.04.1998 als unbegründet zurück. Nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III) seien nur Leistungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften unter Anrechnung der Alhi gewährt würden, bei der Berechnung auszunehmen. Der Kläger falle auch nicht unter die Übergangsregelung, da er nach dem 14.02.1941 geboren worden sei.
Dagegen hat der Kläger am 08.05.1998 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben.
Die Überbrückungsbeihilfe nach § 4 TASS stelle kein Einkommen iSd § 194 SGB III dar, sondern sei eine Anknüpfungsleistung zu den Leistungen nach dem SGB III aus Anlass der Arbeitslosigkeit.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.10.1998 abgewiesen. Zum Einkommen iSd § 193 Abs 1 SGB III gehörten alle Geld- oder geldwerten Einnahmen einschließlich der Leistungen, die von Dritten beansprucht werden könnten. Die dem Kläger gewährte Überbrückungshilfe stelle kein privilegiertes Einkommen gemäß § 194 Abs 3 Nr 5 SGB III dar, da sie nicht aufgrund von bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften gewährt werde, sondern es sich um einen tarifvertraglichen Anspruch handle. Der Kläger unterfalle aufgrund seines Alters auch nicht der Übergangsregelung nach § 427 Abs 7 SGB III iVm § 242 x Abs 7 AFG, mit dem Vertrauenstatbeständen Rechnung getragen werde.
Gegen das ihm am 18.01.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.02.1999 Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegt. Zur Begründung verweist er auf sein bisheriges Vorbringen.
Vom 01.10.1998 bis 30.09.1999 war der Kläger bei der P ... GmbH beschäftigt. Vom 01.10.1999 bis 28.03.2000 bezog er von der Beklagten Alg. Mit Bescheid vom 30.03.2000 gewährte die Beklagte ab 29.03.2000 erneut Alhi unter Anrechnung der ihm nach § 4 TASS bis zum 31.12.2000 gewährten Überbrückungsbeihilfen.
Aufgrund eines Teilvergleiches vor dem BayLSG vom 05.09.2000 gewährte die Beklagte dem Kläger vom 28.02.1998 bis 30.09.1998 Alhi ohne Anrechnung der Leistungen nach § 4 TASS und zahlte ihm einschließlich Zinsen einen Betrag von 8.962,62 DM nach. In Bezug auf die Ansprüche des Klägers auf Alhi ab dem 29.03.2000 regte sie an, einen Antrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu stellen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass der Bewilligungsbescheid vom 30.03.2000 Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem BayLSG geworden ist und es eines Antrags nach § 44 SGB X nicht bedürfe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30.03.2000 zu verurteilen, ihm die beantragte Alhi ab dem 29.03.2000 ohne Anrechnung der Leistungen nach § 4 TASS zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei der Alhi-Gewährung ab dem 29.03.2000 handle es sich nicht um eine Wiederbewilligung der Alhi, sondern um einen neuen Anspruch, der auf dem Alg-Bezug vom 01.10.1999 bis 28.03.2000 gründe. Der Bescheid vom 30.03.2000 sei nicht angefochten worden, so dass die Berechnung insoweit einer gerichtlichen Überprüfung im anhängigen Berufungsverfahren nicht zugänglich sei.
Auf die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) ist unzulässig geworden, denn eine Beschwer des Klägers ist entfallen, nachdem die Beklagte dem Antrag des Klägers auf Gewährung von Alhi ohne Anrechnung der ihm nach § 4 TASS gewährten Überbrückungsbeihilfen für die Zeit vom 28.02.1998 bis 30.09.1999 durch Nachzahlung des Differenzbetrages einschließlich Zinsen in Höhe von insgesamt 8.962,62 DM entsprochen hat. Das Vorliegen einer Beschwer ist jedoch notwendige Zulässigkeitsvoraussetzung (vgl Meyer-Ladewig, Komm. zum SGG, 6.Auflage, vor § 143 Rdnr 5). Zur Vermeidung einer unnötigen Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte muss deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis vorhanden sein, das in den Rechtsmittelinstanzen identisch mit der Beschwer ist (BSGE 1, 246, 252 mwN). Entfällt jedoch - wie hier durch Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs - die erforderliche Beschwer während des Berufungsverfahrens, so wird die Berufung unzulässig, denn eine Beschwer ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten (vgl BSGE 3, 142, 153; BSG vom 13.07.1978 in Breithaupt 1979, S 579, 580; BSG vom 22.09.1981 in SozR 1500 § 53 SGG, Nr 2; Peters-Sautter-Wolff, Komm. zur Sozialgerichtsbarkeit, § 53 Anm 1 S 145/2; Kopp, Komm. zur Verwaltungsgerichtsordnung, 11.Auflage vor § 124, Rdnr 39; Eyermann-Fröhler, Komm. zur VwGO, 7.Auflage, § 124 Rdnr 11).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 22.10.1998 war deshalb zu verwerfen.
Über die Klage des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 30.03.2000 bezüglich der Gewährung ungekürzter Alhi ab dem 29.03.2000 konnte das BayLSG nicht im Wege der Klage entscheiden, denn der Bescheid vom 30.03.2000 ist nicht Gegenstand des vor dem BayLSG anhängigen Berufungsverfahrens geworden.
Wird nach Berufungseinlegung der Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt, so wird zwar auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens (§§ 153 Abs 2, 96 Abs 1 SGG). Durch den Alhi-Bescheid vom 30.03.2000 wurde jedoch nicht ein angefochtener Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt, sondern über den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Alhi ab dem 29.03.2000 erstmals entschieden. Der Bescheid vom 30.03.2000 änderte somit die Alhi-Bewilligungsbescheide vom 03.03.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.04.1998, die die Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 28.02.1998 bis 30.09.1998 betrafen, nicht ab. Ebenso wenig ersetzte er diese vorangegangenen Bescheide.
Nach der älteren Rechtsprechung des BSG ist § 96 SGG zunächst teilweise auch dann noch für anwendbar gehalten worden, wenn ein weiterer Bescheid den ersten Bescheid weder ausdrücklich abändert noch ersetzt, sondern aus weiterem Anlass während des sozialgerichtlichen Verfahrens erteilt wird. Aus prozessökonomischen Gründen ist es dabei für ausreichend erachtet worden, wenn der neue Bescheid aufgrund desselben Rechtsverhältnisses ergangen ist (vgl BSG vom 30.11.1978, BSGE 47, 201 = SozR 1500 § 96 Nr 14 mwN; BSG vom 15.04.1986 in SozR 1500 § 96 Nr 32; BSG vom 29.11.1990, SozR 3-4100 § 139 a Nr 1).
Diese Rechtsprechung hat das BSG jedoch aufgegeben. Es geht nunmehr davon aus, dass die Einbeziehung weiterer Bescheide gemäß § 96 SGG nur dann gerechtfertigt ist, wenn die maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Umstände im streitbefangenen Bescheid und in den nachfolgenden Zeiträumen in der Weise zusammenhängen, dass die Entscheidung über den ursprünglichen Streitgegenstand unmittelbare Auswirkungen auch für die Folgebescheide hat (vgl BSG vom 24.08.1994 in SozR 3-1500 § 96 Nr 3; BSG vom 18.10.1995 - 6 RKa 12/95; vom 07.02.1996 - 6 RKa 61/64; vom 07.02.1996 - 6 RKa 42/95).
Dieser Rechtsprechung folgt der Senat im vorliegenden Fall.
Bei der Alhi-Gewährung ab dem 29.03.2000 handelt es sich nicht um die Wiederbewilligung des Anspruchs auf Alhi, der ab dem 28.02.1998 entstanden war, sondern um einen neuen Anspruch, der auf dem Alg-Bezug des Klägers vom 01.10.1999 bis 28.03.2000 aufgrund seiner Beschäftigung bei der P ... GmbH gründet (§§ 191 Abs 1 Nr 1, 192 Satz 1 SGB III). Der Bescheid vom 30.03.2000 betraf somit eine Alhi-Bewilligung, die mit den maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Umständen im streitbefangenen Bescheid nicht in der Weise identisch war, dass mit der Entscheidung über den ursprünglichen Streitgegenstand der Sache nach auch abschließend über die Folgebescheide entschieden wurde.
Der Bescheid vom 30.03.2000 ist mangels Einlegung der gegebenen Rechtsmittel bindend (§ 77 SGG) und nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden. Die Klage war deshalb als unzulässig abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved