Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 7 Al 118/95
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 3/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 24. Oktober 1996 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob der Arbeitslosengeld(Alg)- Anspruch des Klägers in der Zeit vom 01.01.1995 bis 02.05.1995 gemäß § 117 Abs 2, 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) geruht hat.
Der am 1942 geborene Kläger hat ab 1956 eine Lehre als Groß- und Außenhandelskaufmann durchlaufen. Ab 01.07.1961 war er bei der Fa. E. K. in K. beschäftigt, zuletzt als Einkaufsleiter (bei der Nachfolgefirma E.K. GmbH & Co. KG) mit einem monatlichen Brutto-Arbeitsentgelt von 5.236,00 DM. Bei seinem Arbeitgeber waren Anfang der achtziger Jahre bis zu 25 Mitarbeiter beschäftigt, zuletzt nur noch 14. Der Betrieb war alleiniger Generalvertreter für Produkte der Sport- und Campingartikelindustrie der vormaligen DDR. Nach dem Zusammenbruch der dortigen Zulieferer wurde der Geschäftsbetrieb zum Ende des Jahres 1994 eingestellt.
Der Arbeitgeber kündigte dem Kläger am 30.06.1994 zum 31.12.1994. Laut Arbeitsbescheinigung betrug die Kündigungsfrist des Arbeitgebers sieben Monate. Der Kläger erhielt eine Abfindung in Höhe von 71.000,00 DM. Die Abfindung entsprach einem vor dem Arbeitsgericht am 19.12.1994 geschlossenen Vergleich. Darin waren sich der Kläger und sein Arbeitgeber auch darüber einig, dass zwischen ihnen die gesetzliche Kündigungsfrist gilt und das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Arbeitgeberkündigung vom 30.06.1994 mit dem 31.12.1994 endet.
Bereits am 09.12.1994 hatte der Kläger sich bei der Beklagten zum 01.01.1995 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt. Mit Bescheid vom 20.01.1995 stellte die Beklagte das Ruhen des Alg-Anspruchs bis zum 02.05.1995 fest. Das Arbeitsverhältnis sei ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden (§ 117 Abs 2 und 3 AFG).
Zur Begründung seines Widerspruchs vom 08.02.1995 führte der Kläger aus: Nach dem Arbeitsvertrag vom 14.01.1969 habe die Kündigungsfrist drei Monate betragen. Eine tarifvertragliche Kündigungsfrist komme nicht in Betracht, weil der Arbeitgeber am 31.12.1993 seine Mitgliedschaft im Groß- und Außenhandelsverband aufgekündigt habe. In der Abfindung sei eine nach Nr 6 des Arbeitsvertrages zu zahlende und nicht zum Ruhen nach § 117 AFG führende Karenzentschädigung in Höhe von 32.700,00 DM enthalten.
Der Rechtsbehelf blieb im Widerspruchsbescheid vom 06.03.1995 ohne Erfolg. Die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers hätte nach dem für allgemeinverbindlich erklärten Manteltarifvertrag des Bayer. Groß- und Außenhandels vom 05.05.1994, gültig ab 01.01.1994, (MTV) zwölf Monate zum Monatsende betragen; diese Frist sei nicht eingehalten worden.
Gegen den ihm am 13.03.1995 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 10.04.1995 Klage erhoben. Es sei fraglich, ob bei ihm ein Tarifvertrag überhaupt anwendbar sei, da er mit der exponierten Stellung des Leiters der Verkaufsabteilung betraut überwiegend weisungsunabhängig gearbeitet habe und auch am Umsatz beteiligt gewesen sei. In eigener Verantwortung habe er den Bereich Einkauf und Verwaltung einschließlich Personalentscheidungen geführt. Auf ihn als leitenden Angestellten iSd Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) finde der MTV daher keine Anwendung. Der Kläger hat sein Arbeitszeugnis, das eine de- taillierte Schilderung seiner Arbeit enthält, vorgelegt und daraus zitiert.
Das Sozialgericht (SG) Bayreuth hat die Akten des Arbeitsgerichts Bamberg (1 Ca 738/94 C) beigezogen und in Fotokopie zur SG-Akte genommen. Es hat die Zeugen C. K. und D. T. als Zeugen zum Aufgabenbereich des Klägers vernommen.
Mit Urteil vom 24.10.1996 hat das SG die Klage abgewiesen. Der für allgemeinverbindlich erklärte MTV sei anzuwenden, denn er gelte für alle Arbeitnehmer, ausgenommen die in § 5 Abs 2 und 3 BetrVG genannten Personen. Zu den ausgenommenen Personen gehörre der Kläger nicht, insbesondere sei er nicht leitender Angestellter gewesen. Seine Tätigkeit habe nicht die Zuordnungskriterien für einen leitenden Angestellten (§ 5 Abs 3 Satz 2 BetrVG) erfüllt. Das SG hat sich dabei insbesondere auf die Zeugenaussagen gestützt. Der Kläger habe Entscheidungen von unternehmenswichtiger Bedeutung nicht maßgeblich beeinflussen können. Eine maßgebliche Beeinflussung sei nur dann anzunehmen, wenn die eigentlichen Entscheidungsträger an den Vorschlägen "nicht vorbeigehen können". Eine derart weitgehende Einflussnahme sei dem Kläger nicht eingeräumt gewesen. Die Tatsache, dass er aufgrund seiner Fachkenntnisse in beratender Funktion herangezogen worden sei, reiche für die Erfüllung der Zuordnungskriterien als leitender Angestellter keineswegs aus.
Gegen das ihm am 09.12.1996 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 07.01.1997 Berufung eingelegt. Das SG habe die Aussage der Zeugin K. nur selektiv gewertet, was die Frage der Einstufung als leitender Angestellter angehe und sich zu Unrecht auf die Aussage des Zeugen T. gestützt.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Aufgrund der Zeugenaussagen stehe fest, dass der Kläger nicht "nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen" zur selbständigen Einstellung von Arbeitnehmern berechtigt gewesen sei (§ 5 Abs 3 Nr 1 BetrVG). Der Kläger habe auch keine Generalvollmacht und keine im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutende Prokura besessen (§ 5 Abs 3 Nr 2 BetrVG). Dem stehe nicht entgegen, dass er alle Aufträge, Verträge, Angebote und sonstige Korrespondenz ohne den Zusatz "i.A." oder "i.V." unterschrieben habe. Es sei nicht erwiesen, dass er die genannte Tätigkeit aufgrund des Arbeitsvertrages (wie von § 5 Abs 3 BetrVG vorausgesetzt) tatsächlich wahrgenommen habe. Auch aus dem Arbeitszeugnis vom 27.12.1994, in welchem der Kläger als Büroleiter, Leitender Mitarbeiter bzw Abteilungsleiter und als Einkaufsleiter bezeichnet worden sei, ergebe sich keine entsprechende Befugnis. Schließlich sei der Kläger auch nicht leitender Angestellter iSd § 5 Abs 3 Nr 3 BetrVG gewesen. Ausweislich des Arbeitszeugnisses sei er zunächst als Büroleiter der kleinen Firma eingestellt worden. Zum Inhalt der Tätigkeit habe der Kontakt zu Kunden, Lieferanten, Außenhandelsbetrieben der DDR und den bundesdeutschen Behörden gehört, später seien auch Messestände zu betreuen gewesen. Geschäftsführer der Vorgängerfirma sei er nur bis ins Jahr 1968 gewesen. Ansonsten habe er das Vertragswesen zu überwachen gehabt (Abstimmung der Kundenaufträge mit den DDR-Partnern, Erstellung der Verkaufsverträge, terminliche Kontrolle, Durchführung der Genehmigungs- und Meldeverfahren im innerdeutschen Handel, Aufrechterhaltung der Kontakte zu Zoll- und Wirtschaftsbehörden, Anleitung und Unterstützung der Auszubildenden der Firma). Hieraus resultiere jedoch, dass der Kläger keine unternehmerischen Teilfunktionen wahrgenommen habe, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens bedeutsam gewesen seien. Die Unternehmensplanung sei dahin gegangen, eine Generalvertretung für DDR-Produkte in Westdeutschland aufzubauen. Unternehmensgegenstand und -zweck hätten deshalb von Anfang an festgestanden. Aufgrund seiner speziellen Kenntnisse und Erfahrungen habe der Kläger lediglich arbeitstechnische Zwecksetzungen des Betriebes durchgesetzt. Dies stehe der Annahme, er sei leitender Angestellter gewesen, gerade entgegen. Insbesondere sein Einsatz auf Messen, die eigenhändige Erledigung von Einkaufs- und Verkaufstätigkeiten iVm Reisetätigkeiten zu Kunden und Produzenten, eigenständige Terminkontrolle und das auf Seite 3 der Beurteilung beschriebene "Handanlegen im Lagerbetrieb" sprächen gegen die Tätigkeitsmerkmale eines leitenden Angestellten. Auch die Tatsache der Entsendung des Klägers als Arbeitgebervertreter in verschiedene Prüfungsausschüsse führe nicht zum Vorliegen der Eigenschaft eines leitenden Angestellten. Selbst wenn diesbezüglich noch Zweifel bestehen sollten, greife die Vermutung des § 5 Abs 4 BetrVG nicht durch. Nach der maßgeblichen Sozialversicherungsbezugsgrößen-Verordnung für das Jahr 1994 habe die Bezugsgröße monatlich 3.920,00 DM betragen, der Kläger hätte also mehr als 11.760,00 DM monatlich verdienen müssen, um im Zweifel als leitender Angestellter zu gelten. Er habe zuletzt aber monatlich nur 5.450,00 DM verdient, vorher maximal 3 % mehr.
Im Übrigen hält die Beklagte die Behauptung, der Kläger habe geschäftspolitisch und unternehmerisch wichtige Entscheidungen selbst getroffen, für widerlegt durch die Bekundungen der Zeugin. Danach habe der Kläger eigene Entscheidungsbefugnisse nur bei der Annahme zusätzlich angebotener Ware (hierbei habe er jedoch meist ebenfalls Rücksprache mit dem Geschäftsführer genommen) und auch nur bei kleineren Stückzahlen gehabt. Auch die Befugnis zur eigenverantwortlichen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern sei nach dieser Zeugenaussage nicht erwiesen. Der Zeuge habe dies im selben Sinne bekundet. Die Mitwirkung des Klägers bei der Lehrlingsausbildung ändere an dieser Bewertung nichts. Im Arbeitszeugnis finde sich auch sonst kein Hinweis darauf, dass der Kläger Personal- oder andere Entscheidungen von erheblichem unternehmerischen Gewicht habe treffen dürfen. Der Erwerb spezieller fachlicher Kenntnisse und Qualifikationen führe ebenfalls nicht zur Annahme einer leitenden Tätigkeit iSd Gesetzes, weil sich hierdurch noch nichts an dem Inhalt des Arbeitsvertrages und der Stellung im Unternehmen ändere.
Dazu hat der Kläger ausgeführt: Insbesondere die Auszubildenden seien von ihm ausgewählt und eingestellt worden. Bei Abwesenheit der Zeugin habe er unternehmerische Entscheidungen im Betrieb getroffen. Seine Erfahrungen und Kenntnisse seien für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von entscheidender Bedeutung gewesen. Die Zeugin, eine gelernte Hausgehilfin, habe im Wesentlichen repräsentative Funktionen gehabt, wie die der Gastgeberin. Es zeuge von erheblicher unternehmerischer Entscheidungsfindung, bei Saisonspitzen das Lagerpersonal zu unterstützen.
Der Kläger verweist ergänzend auf seine im Arbeitszeugnis dargelegten umfangreichen Tätigkeiten. Die Zeugin habe keine neuen Mitarbeiter ausgesucht und eingestellt. Die Einstellung von Mitarbeitern sei ohne ihr Zutun und ohne ihre Genehmigung erfolgt, dies auch willentlich, da sie ja nicht die fachlichen Qualifikationen der einzustellenden Mitarbeiter habe beurteilen können. Der Zeugin sei nur die Auswahl und die Entscheidung für oder gegen den entsprechenden Mitarbeiter mitgeteilt worden. Ebenso habe es sich bei den Auszubildenden verhalten. Auch sie habe der Kläger selbst geprüft und bei ihnen Eignungstests durchgeführt. Er habe dann der Zeugin nur noch seine Entscheidung für den einen oder anderen Auszubildenden mitgeteilt. Als Zeugin hierfür hat der Kläger Frau R. H. angeboten.
Der Senat hat am 16.01.2001 Frau H. und Frau K. als Zeuginnen über die berufliche Tätigkeit des Klägers vernommen und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers vertagt. Mit Schreiben vom 08.03.2001 hat der Kläger nochmals betont, wegen der Einstellung des Geschäftsbetriebes habe er nicht über den 31.12.1994 hinaus beschäftigt werden können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Bayreuth vom 24.10.1996 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.01.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.1995 zu verurteilen, ihm ab 01.01.1995 Alg zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Beigezogen sind die Akten der Beklagten und des SG. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Unterlagen sowie auf den Inhalt der vor dem Senat gewechselten Schriftsätze und der Niederschrift vom 16.01.2001 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne erneute mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist sachlich jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Alg-Anspruch des Klägers ruhte, wie von der Beklagten entschieden, bis zum 02.05.1995.
Rechtsgrundlage für das Ruhen des Alg-Anspruchs wegen einer Abfindung war im hier relevanten Zeitraum § 117 Abs 2, 3 AFG idFdG vom 21.12.1993 (BGBl I S 2353; BGBl I 1994 S 72 -1.SKWPG-). Hatte der Arbeitslose danach wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen und war das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruhte der Anspruch auf Alg von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte (§ 117 Abs 2 Satz 1 AFG). Diese Frist begann mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen war, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 117 Abs 2 Satz 2 AFG).
Der Kläger hat wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Betrag in Höhe von 71.000,00 DM für den Verlust des Arbeitsplatzes erhalten. Seine Rechtsauffassung, die Abfindung enthalte eine nicht zum Ruhen des Alg-Anspruches führende Karenzentschädigung in Höhe von 32.700,00 DM, trifft nicht zu. Karenzentschädigung ist eine Entschädigung für ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses (§ 74 Handelsgesetzbuch -HGB-). Eine solche Entschädigung erhielt der Kläger nicht; jedenfalls ist sie nicht in dem Abfindungsbetrag enthalten, den die Beklagte bei der Berechnung des Ruhenszeitraums nach § 117 Abs 2, 3 AFG angesetzt hat. Das ergibt sich daraus, dass der Betrag von 71.000,00 DM vom Arbeitgeber laut Vergleich vom 19.12.1994 vor dem Arbeitsgericht "zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes" gezahlt wurde, also nicht als Entschädigung für ein Wettbewerbsverbot. Als Karenzentschädigung hätte laut Arbeitsvertrag das zuletzt bezogene Gehalt in der bisherigen Weise, also monatlich, weitergezahlt werden müssen (für die Dauer der Karenz-Verpflichtung). Auch nach § 74b Abs 1 HGB ist die Entschädigung am Schlusse jeden Monats zu zahlen. Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob das Wettbewerbsverbot gemäß § 74a Abs 1 HGB unverbindlich wurde, weil der Geschäftsbetrieb, dessen Schutz das Wettbewerbsverbot dienen sollte, zum Ende des Arbeitsverhältnisses des Klägers eingestellt wurde.
Die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 117 Abs 2 Satz 1 AFG (" ... und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden") war ebenfalls erfüllt, denn der Kläger hätte nur mit einer ordentlichen Kündigungsfrist von länger als sechs Monaten vom Arbeitgeber gekündigt werden können. Die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 Abs 2 Nr 7 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der ab 15.Oktober 1993 gültigen Fassung betrug sieben Monate. Der Arbeitgeber des Klägers hätte somit am 30.06.1994 frühestens zum Ende Januar 1995 kündigen können. Der Alg-Anspruch des Klägers hätte folglich mindestens bis zum 31.01.1995 ruhen müssen. Die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB gelten jedoch nicht bei abweichenden Regelungen durch Tarifvertrag (TV), § 622 Abs 4 Satz 1 BGB. Beim Kläger ist der Manteltarifvertrag vom 05.05.1994 für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den Bayer. Betrieben des Groß- und Außenhandels (MTV) anzuwenden, der mit Wirkung vom 01.06.1994 für allgemeinverbindlich erklärt wurde (Bundesanzeiger Nr 15 vom 21.01.1995). Mit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung erfassen die Rechtsnormen des TV in seinem sachlichen Geltungsbereich auch die nicht einer Tarifvertragspartei angehörenden Arbeitgeber und Arbeitnehmer (§ 5 Abs 4 TV-Gesetz). Der MTV gilt räumlich für das Land Bayern, fachlich für die Betriebe des Groß- und Außenhandels und persönlich ua für Angestellte. Darunter fiel das Arbeitsverhältnis des Klägers. Nach § 6 Ziff 3 MTV durfte der Arbeitgeber dem Kläger, der das 50.Lebensjahr vollendet und dem Betrieb mindestens 15 Jahre angehört hatte, nur mit einer Frist von zwölf Monaten zum Monatsende kündigen. Die Kündigungsfrist endete danach mit dem 30.06.1995.
Die Anwendung des MTV ist beim Kläger nicht ausgeschlossen, denn er gehört nicht zu den Personen, die nach § 5 Abs 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) nicht als Arbeitnehmer iS dieses Gesetzes gelten (§ 1 Nr 3 MTV) aaO). In Betracht kommt hier nur § 5 Abs 3 BetrVG. Der Kläger war aber nicht leitender Angestellter iSd § 5 Abs 3 BetrVG.
Leitender Angestellter ist nach § 5 Abs 3 Satz 2 BetrVG, "wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb 1. zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder 2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder 3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidung im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Nach § 5 Abs 4 BetrVG ist leitender Angestellter nach Abs 3 Nr 3 im Zweifel, wer 1. aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecher- ausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitneh mer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder 2. einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder 3. ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für lei tende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder 4. falls auch bei der Anwendung der Nr 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Drei fache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialge setzbuch überschreitet.
Bei der Anwendung des § 5 Abs 3 und 4 BetrVG in der ab 01.01.1989 geltenden Fassung sind nach der Kommentierung von Fitting ua (Betriebsverfassungsgesetz, Handkommentar, 18.Auf- lage -FKHE- § 5 Rdnr 124-137) folgende Leitgedanken zu berücksichtigen, die sich der Senat zu eigen macht: Die Sonderregelung für leitende Angestellte hat ihre Ursache in dem natürlichen Interessengegensatz zwischen dem Arbeitgeber (Unternehmer) und den Arbeitnehmern des Betriebes. In Groß- und Mittelbetrieben werden die unternehmerischen Aufgaben leitenden Angestellten übertragen. Diese Angestellten müssen sich mit den Interessen des Unternehmens identifizieren. Die Zahl der leitenden Angestellten ist bezogen auf die gesamte Arbeitnehmerschaft klein. Sie liegt zwischen 0,8 % und 4,3 % je nach Branche und Betriebsgröße. Andererseits haben auch leitende Angestellte spezifische Arbeitnehmerinteressen. Sie unterscheiden sich von den übrigen Arbeitnehmern aber dadurch, dass sie im Unternehmen typische Unternehmeraufgaben mit einem eigenen erheblichen Entscheidungsspielraum wahrnehmen. Aufgaben und Berechtigungen müssen dem Angestellten im Arbeitsvertrag übertragen (vereinbart) worden sein. Der Angestellte muss sie auch tatsächlich im Unternehmen oder im Betrieb wahrnehmen. Gelegentliche oder vertretungsweise Wahrnehmung der Aufgaben genügt nicht, weil sie nicht die "Stellung" im Unternehmen kennzeichnet. Die Aufgaben und Befugnisse, die einen leitenden Angestellten kennzeichnen, sind im Kern unternehmerische Aufgaben.
Der Kläger beruft sich zu Unrecht auf § 5 Abs 3 Satz 2 Nr 1 BetrVG. Sein Arbeitsvertrag enthielt keine Berechtigung zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern. Dem entsprachen auch die tatsächlichen Verhältnisse. Nach der glaubhaften Aussage der Zeugin K. hat der Kläger selbst bei Lehrlingen, deren Ausbildung ihm oblag, der Zeugin die von ihm getroffene Auswahl empfohlen, der die Zeugin dann zugestimmt hat. Bei der geringen Größe des Betriebes hätte der Kläger Einstellungen und Entlassungen ohnehin nur gelegentlich vorgenommen, seine Stellung im Unternehmen wäre somit nicht durch diese Tätigkeit gekennzeichnet gewesen.
§ 5 Abs 3 Satz 2 Nr 2 BetrVG trifft beim Kläger nicht zu. Er hatte keine Generalvollmacht, auch keine Prokura.
Die Tatbestandsgruppe der leitenden Angestellten nach Nr 3 enthält die Tatbestandsmerkmale, die auf die Bedeutung der Aufgaben, die Entscheidungsfreiheit sowie die Kenntnisse und Erfahrungen des Angestellten abstellen. Die Bestimmung enthält eine funktionsbezogene Umschreibung des leitenden Angestellen. Es sollen nur diejenigen Angestellten erfasst werden, die der Unternehmensleitung wegen ihrer Tätigkeit und wegen der Bedeutung ihrer Funktion nahestehen. Dabei muss es sich um einen beachtlichen Teilbereich unternehmerischer Gesamtaufgaben handeln. Es können Aufgaben wirtschaftlicher, technischer, kaufmännischer, organisatorischer, personeller oder wissenschaftlicher Art sein. Zu den unternehmensbezogenen Aufgaben gehören zB die Leitung des Rechnungswesens, der Öffentlichkeitsarbeit, der Forschung, der Anwendungstechnik. Zu den betriebsbezogenen Aufgaben gehört die Leitung der Produktion. Kennzeichen unternehmerischer Leitungsaufgaben ist das Treffen von Entscheidungen. Es muss sich um unternehmerische Leitungsaufgaben handeln; die Durchführung unternehmerischer Entscheidungen ist keine unternehmerische Leitungsaufgabe. Die in Nr 3 genannten Aufgaben müssen den in Nrn 1 und 2 genannten Aufgaben vergleichbar sein. Unternehmerische Leitungsaufgaben kann auch derjenige Angestellte wahrnehmen, der die Unternehmensführung bei ihren Aufgaben unmittelbar unterstützt, zB der Vorstandsassistent. Das Gesetz will Angestellte berücksichtigt wissen, die die zu treffenden unternehmerischen Entscheidungen maßgeblich beeinflussen. Entscheidungen werden maßgeblich beeinflusst, wenn die eigentlichen Entscheidungsträger an den durch Tatsachen und Argumente vorbereitenden Vorschlägen "nicht vorbeigehen können". Das Merkmal ist iS einer Kontrollfrage nicht erfüllt, wenn die Unternehmensleitung von Vorschlägen ohne interne Begründung abweichen kann. Maßgebliche Beeinflussung einer im Rahmen der unternehmensleitenden Aufgaben zu treffenden Entscheidung schließt deshalb einen besonders erheblichen Grad an selbstbestimmter Tätigkeit mit ein. Das Merkmal der Weisungsfreiheit kann trotz Bindungen an Vorgaben vorliegen, es muss aber nicht. Deshalb kommt es auf den Grad der Einbindung in Pläne und Richtlinien an. Falls durch die Vorgaben die Entscheidungen schon weitgehend vorprogrammiert sind und die Tätigkeit des Angestellten mehr ausführenden Charakter hat, fehlt es an einer selbstbestimmten Tätigkeit iS dieser Fallgruppe. Die Tätigkeiten, die einen Angestellten zum leitenden Angestellten machen, müssen die Tätigkeit des Angestellten prägen, sie schwerpunktmäßig bestimmen. Dazu ist erforderlich, dass der Angestellte zu einem überwiegenden Teil eine Tätigkeit nach Nr 3 ausübt. Die schlichte Vorgesetztenstellung auch gegenüber einer größeren Zahl unterstellter Arbeitnehmer reicht für eine Qualifikation als leitender Angestellter nicht aus (FKHE § 5 Rdnr 154-169).
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger gelegentlich unternehmerische Leitungsaufgaben der beschriebenen Art ausgeübt hat. Der Betrieb war jedenfalls zu klein und so organisiert, dass davon auszugehen ist, dass der Kläger im wesentlichen Umfange keine unternehmerischen Leitungsaufgaben wahrnehmen konnte. Dies steht fest zur Überzeugung des Senats im Wesentlichen aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin K ... Ihre Aussagen harmonieren auch mit den übrigen Zeugenaussagen. Danach war der Kläger in seinem letzten Beschäftigungsverhältnis im Wesentlichen als Einkaufsleiter tätig. Aus der Vorgabe des durchorganisierten bzw eingefahrenen Einkaufs von bestimmten Waren aus der DDR mit Verkaufspartnern, die an Planvorgaben orientiert waren, was im Wesentlichen zur Abnahme von bestimmten Produkten und entsprechenden vorgegebenen Stückzahlen führte, ergab sich für den Kläger aus der Natur der Sache keine bedeutende unternehmerische Tätigkeit. Unternehmerisch war der Beschäftigungsbetrieb schwerpunktmäßig nur im Verkauf tätig, wenn es darum ging, die DDR-Produkte in der Bundesrepublik Deutschland zu vertreten. Angestellte, die Aufgaben nach § 5 Abs 3 Nr 3 BetrVG nur zu einem geringeren Bruchteil ihrer Arbeitszeit wahrnehmen, können keine leitenden Angestellten sein (FKHE § 5 Rdnr 168 mit Hinweis auf BAG). Der Senat folgt dieser Rechtsauffassung, weil die rechtliche Qualifizierung einer Tätigkeit nach Schwerpunkten ein durchgängiges arbeitsrechtliches Prinzip ist (FKHE aaO).
§ 5 Abs 4 BetrVG führt beim Kläger nicht zur Annahme, er sei leitender Angestellter gewesen.
Die Beklagte hat auch die Ruhensdauer (bis 02.05.1995) richtig berechnet, denn unter Berücksichtigung des Lebensalters des Klägers (52), seiner Betriebszugehörigkeit von mehr als 30 Jahren hat die Beklagte nach § 117 Abs 3 Satz 2 und 3 AFG zutreffend nur einen Prozentsatz von 30 des Gesamtbetrages der dem Kläger gewährten Abfindung von 71.000,00 DM als berücksichtigungsfähig angesehen. Ausgehend vom letzten Tag der Beschäftigung des Klägers (31.12.1994) errechnet sich somit aufgrund des von ihm erzielten kalendertäglichen Entgelts (= 174,53 DM; 31416 DM./. 180 Kalendertage) ein Ruhen seines Alg-Anspruchs für 122 Tage, also vom 01.01.1995 bis zum 02.05.1995.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob der Arbeitslosengeld(Alg)- Anspruch des Klägers in der Zeit vom 01.01.1995 bis 02.05.1995 gemäß § 117 Abs 2, 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) geruht hat.
Der am 1942 geborene Kläger hat ab 1956 eine Lehre als Groß- und Außenhandelskaufmann durchlaufen. Ab 01.07.1961 war er bei der Fa. E. K. in K. beschäftigt, zuletzt als Einkaufsleiter (bei der Nachfolgefirma E.K. GmbH & Co. KG) mit einem monatlichen Brutto-Arbeitsentgelt von 5.236,00 DM. Bei seinem Arbeitgeber waren Anfang der achtziger Jahre bis zu 25 Mitarbeiter beschäftigt, zuletzt nur noch 14. Der Betrieb war alleiniger Generalvertreter für Produkte der Sport- und Campingartikelindustrie der vormaligen DDR. Nach dem Zusammenbruch der dortigen Zulieferer wurde der Geschäftsbetrieb zum Ende des Jahres 1994 eingestellt.
Der Arbeitgeber kündigte dem Kläger am 30.06.1994 zum 31.12.1994. Laut Arbeitsbescheinigung betrug die Kündigungsfrist des Arbeitgebers sieben Monate. Der Kläger erhielt eine Abfindung in Höhe von 71.000,00 DM. Die Abfindung entsprach einem vor dem Arbeitsgericht am 19.12.1994 geschlossenen Vergleich. Darin waren sich der Kläger und sein Arbeitgeber auch darüber einig, dass zwischen ihnen die gesetzliche Kündigungsfrist gilt und das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Arbeitgeberkündigung vom 30.06.1994 mit dem 31.12.1994 endet.
Bereits am 09.12.1994 hatte der Kläger sich bei der Beklagten zum 01.01.1995 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt. Mit Bescheid vom 20.01.1995 stellte die Beklagte das Ruhen des Alg-Anspruchs bis zum 02.05.1995 fest. Das Arbeitsverhältnis sei ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden (§ 117 Abs 2 und 3 AFG).
Zur Begründung seines Widerspruchs vom 08.02.1995 führte der Kläger aus: Nach dem Arbeitsvertrag vom 14.01.1969 habe die Kündigungsfrist drei Monate betragen. Eine tarifvertragliche Kündigungsfrist komme nicht in Betracht, weil der Arbeitgeber am 31.12.1993 seine Mitgliedschaft im Groß- und Außenhandelsverband aufgekündigt habe. In der Abfindung sei eine nach Nr 6 des Arbeitsvertrages zu zahlende und nicht zum Ruhen nach § 117 AFG führende Karenzentschädigung in Höhe von 32.700,00 DM enthalten.
Der Rechtsbehelf blieb im Widerspruchsbescheid vom 06.03.1995 ohne Erfolg. Die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers hätte nach dem für allgemeinverbindlich erklärten Manteltarifvertrag des Bayer. Groß- und Außenhandels vom 05.05.1994, gültig ab 01.01.1994, (MTV) zwölf Monate zum Monatsende betragen; diese Frist sei nicht eingehalten worden.
Gegen den ihm am 13.03.1995 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 10.04.1995 Klage erhoben. Es sei fraglich, ob bei ihm ein Tarifvertrag überhaupt anwendbar sei, da er mit der exponierten Stellung des Leiters der Verkaufsabteilung betraut überwiegend weisungsunabhängig gearbeitet habe und auch am Umsatz beteiligt gewesen sei. In eigener Verantwortung habe er den Bereich Einkauf und Verwaltung einschließlich Personalentscheidungen geführt. Auf ihn als leitenden Angestellten iSd Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) finde der MTV daher keine Anwendung. Der Kläger hat sein Arbeitszeugnis, das eine de- taillierte Schilderung seiner Arbeit enthält, vorgelegt und daraus zitiert.
Das Sozialgericht (SG) Bayreuth hat die Akten des Arbeitsgerichts Bamberg (1 Ca 738/94 C) beigezogen und in Fotokopie zur SG-Akte genommen. Es hat die Zeugen C. K. und D. T. als Zeugen zum Aufgabenbereich des Klägers vernommen.
Mit Urteil vom 24.10.1996 hat das SG die Klage abgewiesen. Der für allgemeinverbindlich erklärte MTV sei anzuwenden, denn er gelte für alle Arbeitnehmer, ausgenommen die in § 5 Abs 2 und 3 BetrVG genannten Personen. Zu den ausgenommenen Personen gehörre der Kläger nicht, insbesondere sei er nicht leitender Angestellter gewesen. Seine Tätigkeit habe nicht die Zuordnungskriterien für einen leitenden Angestellten (§ 5 Abs 3 Satz 2 BetrVG) erfüllt. Das SG hat sich dabei insbesondere auf die Zeugenaussagen gestützt. Der Kläger habe Entscheidungen von unternehmenswichtiger Bedeutung nicht maßgeblich beeinflussen können. Eine maßgebliche Beeinflussung sei nur dann anzunehmen, wenn die eigentlichen Entscheidungsträger an den Vorschlägen "nicht vorbeigehen können". Eine derart weitgehende Einflussnahme sei dem Kläger nicht eingeräumt gewesen. Die Tatsache, dass er aufgrund seiner Fachkenntnisse in beratender Funktion herangezogen worden sei, reiche für die Erfüllung der Zuordnungskriterien als leitender Angestellter keineswegs aus.
Gegen das ihm am 09.12.1996 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 07.01.1997 Berufung eingelegt. Das SG habe die Aussage der Zeugin K. nur selektiv gewertet, was die Frage der Einstufung als leitender Angestellter angehe und sich zu Unrecht auf die Aussage des Zeugen T. gestützt.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Aufgrund der Zeugenaussagen stehe fest, dass der Kläger nicht "nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen" zur selbständigen Einstellung von Arbeitnehmern berechtigt gewesen sei (§ 5 Abs 3 Nr 1 BetrVG). Der Kläger habe auch keine Generalvollmacht und keine im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutende Prokura besessen (§ 5 Abs 3 Nr 2 BetrVG). Dem stehe nicht entgegen, dass er alle Aufträge, Verträge, Angebote und sonstige Korrespondenz ohne den Zusatz "i.A." oder "i.V." unterschrieben habe. Es sei nicht erwiesen, dass er die genannte Tätigkeit aufgrund des Arbeitsvertrages (wie von § 5 Abs 3 BetrVG vorausgesetzt) tatsächlich wahrgenommen habe. Auch aus dem Arbeitszeugnis vom 27.12.1994, in welchem der Kläger als Büroleiter, Leitender Mitarbeiter bzw Abteilungsleiter und als Einkaufsleiter bezeichnet worden sei, ergebe sich keine entsprechende Befugnis. Schließlich sei der Kläger auch nicht leitender Angestellter iSd § 5 Abs 3 Nr 3 BetrVG gewesen. Ausweislich des Arbeitszeugnisses sei er zunächst als Büroleiter der kleinen Firma eingestellt worden. Zum Inhalt der Tätigkeit habe der Kontakt zu Kunden, Lieferanten, Außenhandelsbetrieben der DDR und den bundesdeutschen Behörden gehört, später seien auch Messestände zu betreuen gewesen. Geschäftsführer der Vorgängerfirma sei er nur bis ins Jahr 1968 gewesen. Ansonsten habe er das Vertragswesen zu überwachen gehabt (Abstimmung der Kundenaufträge mit den DDR-Partnern, Erstellung der Verkaufsverträge, terminliche Kontrolle, Durchführung der Genehmigungs- und Meldeverfahren im innerdeutschen Handel, Aufrechterhaltung der Kontakte zu Zoll- und Wirtschaftsbehörden, Anleitung und Unterstützung der Auszubildenden der Firma). Hieraus resultiere jedoch, dass der Kläger keine unternehmerischen Teilfunktionen wahrgenommen habe, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens bedeutsam gewesen seien. Die Unternehmensplanung sei dahin gegangen, eine Generalvertretung für DDR-Produkte in Westdeutschland aufzubauen. Unternehmensgegenstand und -zweck hätten deshalb von Anfang an festgestanden. Aufgrund seiner speziellen Kenntnisse und Erfahrungen habe der Kläger lediglich arbeitstechnische Zwecksetzungen des Betriebes durchgesetzt. Dies stehe der Annahme, er sei leitender Angestellter gewesen, gerade entgegen. Insbesondere sein Einsatz auf Messen, die eigenhändige Erledigung von Einkaufs- und Verkaufstätigkeiten iVm Reisetätigkeiten zu Kunden und Produzenten, eigenständige Terminkontrolle und das auf Seite 3 der Beurteilung beschriebene "Handanlegen im Lagerbetrieb" sprächen gegen die Tätigkeitsmerkmale eines leitenden Angestellten. Auch die Tatsache der Entsendung des Klägers als Arbeitgebervertreter in verschiedene Prüfungsausschüsse führe nicht zum Vorliegen der Eigenschaft eines leitenden Angestellten. Selbst wenn diesbezüglich noch Zweifel bestehen sollten, greife die Vermutung des § 5 Abs 4 BetrVG nicht durch. Nach der maßgeblichen Sozialversicherungsbezugsgrößen-Verordnung für das Jahr 1994 habe die Bezugsgröße monatlich 3.920,00 DM betragen, der Kläger hätte also mehr als 11.760,00 DM monatlich verdienen müssen, um im Zweifel als leitender Angestellter zu gelten. Er habe zuletzt aber monatlich nur 5.450,00 DM verdient, vorher maximal 3 % mehr.
Im Übrigen hält die Beklagte die Behauptung, der Kläger habe geschäftspolitisch und unternehmerisch wichtige Entscheidungen selbst getroffen, für widerlegt durch die Bekundungen der Zeugin. Danach habe der Kläger eigene Entscheidungsbefugnisse nur bei der Annahme zusätzlich angebotener Ware (hierbei habe er jedoch meist ebenfalls Rücksprache mit dem Geschäftsführer genommen) und auch nur bei kleineren Stückzahlen gehabt. Auch die Befugnis zur eigenverantwortlichen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern sei nach dieser Zeugenaussage nicht erwiesen. Der Zeuge habe dies im selben Sinne bekundet. Die Mitwirkung des Klägers bei der Lehrlingsausbildung ändere an dieser Bewertung nichts. Im Arbeitszeugnis finde sich auch sonst kein Hinweis darauf, dass der Kläger Personal- oder andere Entscheidungen von erheblichem unternehmerischen Gewicht habe treffen dürfen. Der Erwerb spezieller fachlicher Kenntnisse und Qualifikationen führe ebenfalls nicht zur Annahme einer leitenden Tätigkeit iSd Gesetzes, weil sich hierdurch noch nichts an dem Inhalt des Arbeitsvertrages und der Stellung im Unternehmen ändere.
Dazu hat der Kläger ausgeführt: Insbesondere die Auszubildenden seien von ihm ausgewählt und eingestellt worden. Bei Abwesenheit der Zeugin habe er unternehmerische Entscheidungen im Betrieb getroffen. Seine Erfahrungen und Kenntnisse seien für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von entscheidender Bedeutung gewesen. Die Zeugin, eine gelernte Hausgehilfin, habe im Wesentlichen repräsentative Funktionen gehabt, wie die der Gastgeberin. Es zeuge von erheblicher unternehmerischer Entscheidungsfindung, bei Saisonspitzen das Lagerpersonal zu unterstützen.
Der Kläger verweist ergänzend auf seine im Arbeitszeugnis dargelegten umfangreichen Tätigkeiten. Die Zeugin habe keine neuen Mitarbeiter ausgesucht und eingestellt. Die Einstellung von Mitarbeitern sei ohne ihr Zutun und ohne ihre Genehmigung erfolgt, dies auch willentlich, da sie ja nicht die fachlichen Qualifikationen der einzustellenden Mitarbeiter habe beurteilen können. Der Zeugin sei nur die Auswahl und die Entscheidung für oder gegen den entsprechenden Mitarbeiter mitgeteilt worden. Ebenso habe es sich bei den Auszubildenden verhalten. Auch sie habe der Kläger selbst geprüft und bei ihnen Eignungstests durchgeführt. Er habe dann der Zeugin nur noch seine Entscheidung für den einen oder anderen Auszubildenden mitgeteilt. Als Zeugin hierfür hat der Kläger Frau R. H. angeboten.
Der Senat hat am 16.01.2001 Frau H. und Frau K. als Zeuginnen über die berufliche Tätigkeit des Klägers vernommen und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers vertagt. Mit Schreiben vom 08.03.2001 hat der Kläger nochmals betont, wegen der Einstellung des Geschäftsbetriebes habe er nicht über den 31.12.1994 hinaus beschäftigt werden können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Bayreuth vom 24.10.1996 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.01.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.1995 zu verurteilen, ihm ab 01.01.1995 Alg zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Beigezogen sind die Akten der Beklagten und des SG. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Unterlagen sowie auf den Inhalt der vor dem Senat gewechselten Schriftsätze und der Niederschrift vom 16.01.2001 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne erneute mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist sachlich jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Alg-Anspruch des Klägers ruhte, wie von der Beklagten entschieden, bis zum 02.05.1995.
Rechtsgrundlage für das Ruhen des Alg-Anspruchs wegen einer Abfindung war im hier relevanten Zeitraum § 117 Abs 2, 3 AFG idFdG vom 21.12.1993 (BGBl I S 2353; BGBl I 1994 S 72 -1.SKWPG-). Hatte der Arbeitslose danach wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen und war das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruhte der Anspruch auf Alg von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte (§ 117 Abs 2 Satz 1 AFG). Diese Frist begann mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen war, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 117 Abs 2 Satz 2 AFG).
Der Kläger hat wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Betrag in Höhe von 71.000,00 DM für den Verlust des Arbeitsplatzes erhalten. Seine Rechtsauffassung, die Abfindung enthalte eine nicht zum Ruhen des Alg-Anspruches führende Karenzentschädigung in Höhe von 32.700,00 DM, trifft nicht zu. Karenzentschädigung ist eine Entschädigung für ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses (§ 74 Handelsgesetzbuch -HGB-). Eine solche Entschädigung erhielt der Kläger nicht; jedenfalls ist sie nicht in dem Abfindungsbetrag enthalten, den die Beklagte bei der Berechnung des Ruhenszeitraums nach § 117 Abs 2, 3 AFG angesetzt hat. Das ergibt sich daraus, dass der Betrag von 71.000,00 DM vom Arbeitgeber laut Vergleich vom 19.12.1994 vor dem Arbeitsgericht "zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes" gezahlt wurde, also nicht als Entschädigung für ein Wettbewerbsverbot. Als Karenzentschädigung hätte laut Arbeitsvertrag das zuletzt bezogene Gehalt in der bisherigen Weise, also monatlich, weitergezahlt werden müssen (für die Dauer der Karenz-Verpflichtung). Auch nach § 74b Abs 1 HGB ist die Entschädigung am Schlusse jeden Monats zu zahlen. Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob das Wettbewerbsverbot gemäß § 74a Abs 1 HGB unverbindlich wurde, weil der Geschäftsbetrieb, dessen Schutz das Wettbewerbsverbot dienen sollte, zum Ende des Arbeitsverhältnisses des Klägers eingestellt wurde.
Die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 117 Abs 2 Satz 1 AFG (" ... und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden") war ebenfalls erfüllt, denn der Kläger hätte nur mit einer ordentlichen Kündigungsfrist von länger als sechs Monaten vom Arbeitgeber gekündigt werden können. Die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 Abs 2 Nr 7 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der ab 15.Oktober 1993 gültigen Fassung betrug sieben Monate. Der Arbeitgeber des Klägers hätte somit am 30.06.1994 frühestens zum Ende Januar 1995 kündigen können. Der Alg-Anspruch des Klägers hätte folglich mindestens bis zum 31.01.1995 ruhen müssen. Die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB gelten jedoch nicht bei abweichenden Regelungen durch Tarifvertrag (TV), § 622 Abs 4 Satz 1 BGB. Beim Kläger ist der Manteltarifvertrag vom 05.05.1994 für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den Bayer. Betrieben des Groß- und Außenhandels (MTV) anzuwenden, der mit Wirkung vom 01.06.1994 für allgemeinverbindlich erklärt wurde (Bundesanzeiger Nr 15 vom 21.01.1995). Mit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung erfassen die Rechtsnormen des TV in seinem sachlichen Geltungsbereich auch die nicht einer Tarifvertragspartei angehörenden Arbeitgeber und Arbeitnehmer (§ 5 Abs 4 TV-Gesetz). Der MTV gilt räumlich für das Land Bayern, fachlich für die Betriebe des Groß- und Außenhandels und persönlich ua für Angestellte. Darunter fiel das Arbeitsverhältnis des Klägers. Nach § 6 Ziff 3 MTV durfte der Arbeitgeber dem Kläger, der das 50.Lebensjahr vollendet und dem Betrieb mindestens 15 Jahre angehört hatte, nur mit einer Frist von zwölf Monaten zum Monatsende kündigen. Die Kündigungsfrist endete danach mit dem 30.06.1995.
Die Anwendung des MTV ist beim Kläger nicht ausgeschlossen, denn er gehört nicht zu den Personen, die nach § 5 Abs 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) nicht als Arbeitnehmer iS dieses Gesetzes gelten (§ 1 Nr 3 MTV) aaO). In Betracht kommt hier nur § 5 Abs 3 BetrVG. Der Kläger war aber nicht leitender Angestellter iSd § 5 Abs 3 BetrVG.
Leitender Angestellter ist nach § 5 Abs 3 Satz 2 BetrVG, "wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb 1. zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder 2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder 3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidung im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Nach § 5 Abs 4 BetrVG ist leitender Angestellter nach Abs 3 Nr 3 im Zweifel, wer 1. aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecher- ausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitneh mer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder 2. einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder 3. ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für lei tende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder 4. falls auch bei der Anwendung der Nr 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Drei fache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialge setzbuch überschreitet.
Bei der Anwendung des § 5 Abs 3 und 4 BetrVG in der ab 01.01.1989 geltenden Fassung sind nach der Kommentierung von Fitting ua (Betriebsverfassungsgesetz, Handkommentar, 18.Auf- lage -FKHE- § 5 Rdnr 124-137) folgende Leitgedanken zu berücksichtigen, die sich der Senat zu eigen macht: Die Sonderregelung für leitende Angestellte hat ihre Ursache in dem natürlichen Interessengegensatz zwischen dem Arbeitgeber (Unternehmer) und den Arbeitnehmern des Betriebes. In Groß- und Mittelbetrieben werden die unternehmerischen Aufgaben leitenden Angestellten übertragen. Diese Angestellten müssen sich mit den Interessen des Unternehmens identifizieren. Die Zahl der leitenden Angestellten ist bezogen auf die gesamte Arbeitnehmerschaft klein. Sie liegt zwischen 0,8 % und 4,3 % je nach Branche und Betriebsgröße. Andererseits haben auch leitende Angestellte spezifische Arbeitnehmerinteressen. Sie unterscheiden sich von den übrigen Arbeitnehmern aber dadurch, dass sie im Unternehmen typische Unternehmeraufgaben mit einem eigenen erheblichen Entscheidungsspielraum wahrnehmen. Aufgaben und Berechtigungen müssen dem Angestellten im Arbeitsvertrag übertragen (vereinbart) worden sein. Der Angestellte muss sie auch tatsächlich im Unternehmen oder im Betrieb wahrnehmen. Gelegentliche oder vertretungsweise Wahrnehmung der Aufgaben genügt nicht, weil sie nicht die "Stellung" im Unternehmen kennzeichnet. Die Aufgaben und Befugnisse, die einen leitenden Angestellten kennzeichnen, sind im Kern unternehmerische Aufgaben.
Der Kläger beruft sich zu Unrecht auf § 5 Abs 3 Satz 2 Nr 1 BetrVG. Sein Arbeitsvertrag enthielt keine Berechtigung zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern. Dem entsprachen auch die tatsächlichen Verhältnisse. Nach der glaubhaften Aussage der Zeugin K. hat der Kläger selbst bei Lehrlingen, deren Ausbildung ihm oblag, der Zeugin die von ihm getroffene Auswahl empfohlen, der die Zeugin dann zugestimmt hat. Bei der geringen Größe des Betriebes hätte der Kläger Einstellungen und Entlassungen ohnehin nur gelegentlich vorgenommen, seine Stellung im Unternehmen wäre somit nicht durch diese Tätigkeit gekennzeichnet gewesen.
§ 5 Abs 3 Satz 2 Nr 2 BetrVG trifft beim Kläger nicht zu. Er hatte keine Generalvollmacht, auch keine Prokura.
Die Tatbestandsgruppe der leitenden Angestellten nach Nr 3 enthält die Tatbestandsmerkmale, die auf die Bedeutung der Aufgaben, die Entscheidungsfreiheit sowie die Kenntnisse und Erfahrungen des Angestellten abstellen. Die Bestimmung enthält eine funktionsbezogene Umschreibung des leitenden Angestellen. Es sollen nur diejenigen Angestellten erfasst werden, die der Unternehmensleitung wegen ihrer Tätigkeit und wegen der Bedeutung ihrer Funktion nahestehen. Dabei muss es sich um einen beachtlichen Teilbereich unternehmerischer Gesamtaufgaben handeln. Es können Aufgaben wirtschaftlicher, technischer, kaufmännischer, organisatorischer, personeller oder wissenschaftlicher Art sein. Zu den unternehmensbezogenen Aufgaben gehören zB die Leitung des Rechnungswesens, der Öffentlichkeitsarbeit, der Forschung, der Anwendungstechnik. Zu den betriebsbezogenen Aufgaben gehört die Leitung der Produktion. Kennzeichen unternehmerischer Leitungsaufgaben ist das Treffen von Entscheidungen. Es muss sich um unternehmerische Leitungsaufgaben handeln; die Durchführung unternehmerischer Entscheidungen ist keine unternehmerische Leitungsaufgabe. Die in Nr 3 genannten Aufgaben müssen den in Nrn 1 und 2 genannten Aufgaben vergleichbar sein. Unternehmerische Leitungsaufgaben kann auch derjenige Angestellte wahrnehmen, der die Unternehmensführung bei ihren Aufgaben unmittelbar unterstützt, zB der Vorstandsassistent. Das Gesetz will Angestellte berücksichtigt wissen, die die zu treffenden unternehmerischen Entscheidungen maßgeblich beeinflussen. Entscheidungen werden maßgeblich beeinflusst, wenn die eigentlichen Entscheidungsträger an den durch Tatsachen und Argumente vorbereitenden Vorschlägen "nicht vorbeigehen können". Das Merkmal ist iS einer Kontrollfrage nicht erfüllt, wenn die Unternehmensleitung von Vorschlägen ohne interne Begründung abweichen kann. Maßgebliche Beeinflussung einer im Rahmen der unternehmensleitenden Aufgaben zu treffenden Entscheidung schließt deshalb einen besonders erheblichen Grad an selbstbestimmter Tätigkeit mit ein. Das Merkmal der Weisungsfreiheit kann trotz Bindungen an Vorgaben vorliegen, es muss aber nicht. Deshalb kommt es auf den Grad der Einbindung in Pläne und Richtlinien an. Falls durch die Vorgaben die Entscheidungen schon weitgehend vorprogrammiert sind und die Tätigkeit des Angestellten mehr ausführenden Charakter hat, fehlt es an einer selbstbestimmten Tätigkeit iS dieser Fallgruppe. Die Tätigkeiten, die einen Angestellten zum leitenden Angestellten machen, müssen die Tätigkeit des Angestellten prägen, sie schwerpunktmäßig bestimmen. Dazu ist erforderlich, dass der Angestellte zu einem überwiegenden Teil eine Tätigkeit nach Nr 3 ausübt. Die schlichte Vorgesetztenstellung auch gegenüber einer größeren Zahl unterstellter Arbeitnehmer reicht für eine Qualifikation als leitender Angestellter nicht aus (FKHE § 5 Rdnr 154-169).
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger gelegentlich unternehmerische Leitungsaufgaben der beschriebenen Art ausgeübt hat. Der Betrieb war jedenfalls zu klein und so organisiert, dass davon auszugehen ist, dass der Kläger im wesentlichen Umfange keine unternehmerischen Leitungsaufgaben wahrnehmen konnte. Dies steht fest zur Überzeugung des Senats im Wesentlichen aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin K ... Ihre Aussagen harmonieren auch mit den übrigen Zeugenaussagen. Danach war der Kläger in seinem letzten Beschäftigungsverhältnis im Wesentlichen als Einkaufsleiter tätig. Aus der Vorgabe des durchorganisierten bzw eingefahrenen Einkaufs von bestimmten Waren aus der DDR mit Verkaufspartnern, die an Planvorgaben orientiert waren, was im Wesentlichen zur Abnahme von bestimmten Produkten und entsprechenden vorgegebenen Stückzahlen führte, ergab sich für den Kläger aus der Natur der Sache keine bedeutende unternehmerische Tätigkeit. Unternehmerisch war der Beschäftigungsbetrieb schwerpunktmäßig nur im Verkauf tätig, wenn es darum ging, die DDR-Produkte in der Bundesrepublik Deutschland zu vertreten. Angestellte, die Aufgaben nach § 5 Abs 3 Nr 3 BetrVG nur zu einem geringeren Bruchteil ihrer Arbeitszeit wahrnehmen, können keine leitenden Angestellten sein (FKHE § 5 Rdnr 168 mit Hinweis auf BAG). Der Senat folgt dieser Rechtsauffassung, weil die rechtliche Qualifizierung einer Tätigkeit nach Schwerpunkten ein durchgängiges arbeitsrechtliches Prinzip ist (FKHE aaO).
§ 5 Abs 4 BetrVG führt beim Kläger nicht zur Annahme, er sei leitender Angestellter gewesen.
Die Beklagte hat auch die Ruhensdauer (bis 02.05.1995) richtig berechnet, denn unter Berücksichtigung des Lebensalters des Klägers (52), seiner Betriebszugehörigkeit von mehr als 30 Jahren hat die Beklagte nach § 117 Abs 3 Satz 2 und 3 AFG zutreffend nur einen Prozentsatz von 30 des Gesamtbetrages der dem Kläger gewährten Abfindung von 71.000,00 DM als berücksichtigungsfähig angesehen. Ausgehend vom letzten Tag der Beschäftigung des Klägers (31.12.1994) errechnet sich somit aufgrund des von ihm erzielten kalendertäglichen Entgelts (= 174,53 DM; 31416 DM./. 180 Kalendertage) ein Ruhen seines Alg-Anspruchs für 122 Tage, also vom 01.01.1995 bis zum 02.05.1995.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved