L 11 AL 417/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AL 192/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 417/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 09.11.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe des vom 01.08.1996 bis 03.02.1997 zu gewährenden Arbeitslosengeldes (Alg).

Der am 1967 geborene Kläger war vom 01.02.1991 bis zum 15.08.1993 bei der K. GmbH in K. als Siebdrucker beschäftigt und bezog ein monatliches Brutto-Arbeitsentgelt von zuletzt 3.308,- DM. Nach Absolvierung der Fachschule für Gestaltung bezog er von der Beklagten vom 21.07. bis 31.07.1995 Alg in Höhe von zuletzt wöchentlich 266,40 DM unter zu Grundelegung eines gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgeltes von 700,- DM. Vom 01.08.1995 bis 15.06.1996 war er erneut bei der K. GmbH als Meister zu einem monatlichen Brutto-Arbeitsentgelt von 4.768,- DM beschäftigt.

Mit Schreiben vom 13.05.1996 kündigte die K. GmbH das Beschäftigungsverhältnis des Klägers zum 15.06.1996 wegen seines mangelnden Einsatzes bei der Abwicklung von Aufträgen und der negativen Einstellung zum Betrieb. Der Kläger erhob dagegen Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Bayreuth. Der Rechtsstreit wurde am 11.12.1996 durch Vergleich beendet, in dem sich die Parteien darauf einigten, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund ordentlicher Arbeitgeberkündigung aus betriebsbedingten Gründen zum 31.07.1996 beendet wurde.

Bereits am 10.06.1996 hatte sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und ab dem 16.06.1996 Alg beantragt. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 31.07.1996 mitgeteilt hatte, dass nach dem damals vorliegenden Kenntnisstand mit dem Eintritt einer Sperrzeit vom 16.06.1996 bis 07.09.1996 zu rechnen sei, bewilligte sie dem Kläger zunächst mit Bescheid vom 31.07.1996 ab dem 09.09.1996 Alg.

Nach Vorlage des arbeitsgerichtlichen Vergleiches vom 11.12.1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 29.01.1997 vom 01.08.1996 bis 09.09.1996 und mit Bescheid vom gleichen Tag ab dem 23.01.1997 nahtlos an den bisherigen Bezug erneut Alg in Höhe von 308,40 DM wöchentlich nach einem Arbeitsentgelt von 740,- DM.

Am 04.02.1997 nahm der Kläger eine neue Tätigkeit auf. Den am 19.02.1997 gegen die Bescheide vom 28.01.1997 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.1997 als unbegründet zurück. Der Kläger habe seit seiner erneuten Tätigkeit bei der K. GmbH ab dem 01.08.1995 in der Rahmenfrist des § 104 Abs 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), die aufgrund seiner Arbeitslosmeldung vom 16.06.1993 bis 15.06.1996 gelaufen sei, nicht insgesamt 360 Kalendertage in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden, sondern vom 01.08.1995 bis 15.06.1996 nur an 320 Kalendertagen. Es sei deshalb das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, das in den letzten 6 Monaten der den Anspruch auf Alg begründenden Beschäftigung, also bis zum 15.08.1993, erzielt worden sei (wöchentlich gerundetes Arbeitsentgelt von 740,- DM).

Dagegen hat der Kläger am 04.06.1997 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Bei der Berechnung seines Alg ab dem 16.06.1996 sei das zuletzt von ihm bei der K. GmbH erzielte monatliche Arbeitsentgelt in Höhe von 4.768,- DM zugrunde zu legen, was zu einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 1.100,- DM führe. Aufgrund des arbeitsgerichtlichen Vergleiches vom 11.12.1996 sei der Kläger so zu stellen, als hätte er den Antrag auf Alg erst am 01.08.1996 gestellt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09.11.2000 abgewiesen. Der Kläger habe sich bei der Beklagten am 10.06.1996 zum 16.06.1996, also dem Tag nach seiner Kündigung zum 15.06.1996, arbeitslos gemeldet und Alg beantragt. Ab diesem Zeitpunkt hätte er die Anspruchsvoraussetzungen des § 100 Abs 1 AFG für die Gewährung von Alg erfüllt. Der Kläger sei ab dem 16.06.1996 arbeitslos im Sinne des § 101 AFG gewesen, da er ab diesem Zeitpunkt nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden oder eine nur geringfügige Beschäftigung ausgeübt habe. Das Beschäftigungsverhältnis im arbeitsförderungsrechtlichen Sinne unterscheide sich von dem arbeitsrechtlichen Begriff des Arbeitsverhältnisses. Es sei deshalb rechtlich unerheblich, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers zur K. GmbH aufgrund des am 11.12.1996 vor dem Arbeitsgericht Bayreuth geschlossenen Vergleiches bis zum 31.07.1996 fortbestanden habe. Für das Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 101 AFG komme es entscheidend und allein darauf an, ob der Antragsteller noch der Verfügungsgewalt seines Arbeitgebers unterstünde, oder den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung stehe. Der Kläger habe zwar nach seinen Angaben der K. GmbH am 15.06.1996 seine Arbeitskraft angeboten, der Arbeitgeber habe ihn aber beurlaubt und nach Hause geschickt. Die K. GmbH habe damit zum Ausdruck gebracht, dass sie die Arbeitskraft des Klägers ab dem 15.06.1996 nicht mehr in Anspruch nehmen wolle, sodass ab diesem Zeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn des AFG nicht mehr bestanden habe und der Kläger ab dem 16.06.1996 arbeitslos gewesen sei. Er habe sich ab dem 16.06.1996 der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt, als er bei seiner Arbeitslosmeldung erklärte, jede zumutbare Tätigkeit anzunehmen. Mangels Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn des AFG hätte er den Vermittlungsangeboten der Beklagten unmittelbar zeitnah Folge leisten können und sei somit verfügbar im Sinne des § 103 AFG gewesen. Der Anspruch auf Alg setze des Weiteren die Erfüllung der erforderlichen Anwartschaftszeit im Sinne des § 104 AFG voraus. Der Kläger habe jedoch durch seine Tätigkeit als Meister bei der K. GmbH noch keine neue Anwartschaftszeit erfüllt. Gemäß § 104 Abs 1 AFG erfülle die Anwartschaftszeit, wer in der Rahmenfrist von 3 Jahren 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung im Sinne des § 168 AFG gestanden habe. Die Rahmenfrist reiche nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose bereits eine Anwartschaftszeit erfüllt hat (§ 104 Abs 3 2. Halbsatz AFG). Nur die Zeiten einer beitragspflichtigen Beschäftigung, die innerhalb dieser Rahmenfrist lägen, könnten zur Erfüllung einer Anwartschaftszeit im Sinne des § 104 AFG herangezogen werden, andere Zeiten blieben außer Betracht. Da der Anspruch des Klägers auf Alg am 16.06.1996 entstanden sei, erstrecke sich die Rahmenfrist des § 104 AFG vom 16.06.1993 bis 15.06.1996. In dieser Rahmenfrist habe er jedoch nur vom 01.08.1995 bis 15.06.1996, also für insgesamt 320 Kalendertage, in einer beitragspflichtigen Beschäftigung als Meister bei der K. GmbH mit einem Brutto-Arbeitsentgelt von 4.768,- DM gestanden. Am 16.06.1996 habe der Kläger daher noch keine neue Anwartschaftszeit im Sinne des § 104 Abs 1 AFG erfüllt gehabt, die einen neuen Anspruch auf Alg begründen hätte können. Er habe mit seinem Antrag vom 10.06.1996, ihm ab 16.06.1996 Alg zu bewilligen, allenfalls den alten Anspruch auf Alg geltend machen können, sofern die Ausschlussfrist des § 125 Abs 2 AFG noch nicht verstrichen gewesen sei. Der letzte Anspruch des Klägers auf Alg stamme vom 21.07.1995 aus der Tätigkeit als Siebdruckergeselle bei der K. GmbH. Bei der Höhe des ihm zu gewährenden Alg sei deshalb das Entgelt aus der damals für die Erfüllung der Anwartschaftszeit zu berücksichtigenden beitragspflichtigen Beschäftigung als Siebdruckergeselle mit einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 740,- DM zugrunde zu legen. Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses des Klägers zur K. GmbH über den 15.06.1996 bis zum 31.07.1996 sei deshalb allenfalls für die Frage eines neuen Alg-Anspruches relevant. Einen neuen Antrag auf Alg hätte er nach Abschluss des arbeitsrechtlichen Vergleiches am 11.12.1996 bei der Beklagten nicht gestellt. Am 17.02.1997 habe er bei der Beklagten Widerspruch gegen die Bewilligungsbescheide vom 29.01.1997 eingelegt. Zu diesem Zeitpunkt sei er aber nicht mehr arbeitslos gewesen, nachdem er sich bereits am 04.02.1997 wegen Arbeitsaufnahme aus dem Leistungsbezug abgemeldet habe. Eine Rückwirkung des zu Gunsten des Klägers umgedeuteten Widerspruchs vom 17.02.1997 in einen Antrag auf Alg ab dem 12.12.1996, also dem Tag nach Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleiches, sei jedoch nicht zulässig (BSG vom 15.06.1988 - 7 RAr 54/86). Auch die frühere Vorsprache des Klägers bei der Beklagten am 19.08.1996 könne nicht in einen neuen Antrag auf Alg umgedeutet werden, weil der Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der K. GmbH zum damaligen Zeitpunkt noch nicht festgestanden habe, sondern erst durch den arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 11.12.1996 geregelt worden sei. Da es somit an einem neuen Antrag des Klägers auf Alg nach dem 11.12.1996 mit Wirkung für die Zukunft und gleichzeitigen Vorliegen von Arbeitslosigkeit fehle, könnten die durch den arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 11.12.1996 begründeten Zeiten des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses im arbeitsrechtlichen Sinn in der Zeit vom 16.06.1996 bis 31.07.1996 erst im Rahmen einer erneuten Arbeitslosigkeit des Klägers und einer damit einhergehenden erneuten Antragstellung Auswirkungen entfalten. Erst dann könne sein als Meister erzieltes Brutto-Arbeitsentgelt in Höhe von 4.768,- DM im Rahmen einer neuen Anwartschaftszeit-Berechnung berücksichtigt werden. Die im Rahmen der Nachzahlung zunächst übersehene Dynamisierung seines Alg sei durch den Abhilfebescheid vom 20.03.1997 korrigiert worden.

Gegen das ihm am 21.11.2000 zugestellt Urteil wendet sich der Kläger mit der am 21.12.2000 beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegten Berufung. Zur Begründung verweist er auf sein erstinstanzliches Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Bayreuth vom 09.11.2000 und die Bescheide der Beklagten vom 28.01.1997 und vom 29.01.1997 beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm für den Zeitraum vom 01.08.1996 bis 03.02.1997 Alg unter Berücksichtigung eines Arbeitsentgeltes von monatlich 4.768,- DM zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Bayreuth vom 09.11.2000 als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senates ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz = SGG) ist auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG). Der Senat konnte hier ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten damit zuvor einverstanden erklärt hatten (§ 124 Abs 2 SGG).

In der Sache erweist sich die Berufung jedoch als unbegründet. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09.11.2000 zu Recht abgewiesen, denn der Kläger hat gegen die Beklagte keinen weiterreichenden Anspruch auf Alg als ihm mit den Bescheiden vom 29.01.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.1997 bereits zuerkannt worden war.

Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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