L 12 AL 141/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 26 (28) AL 62/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 141/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.07.2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Umstritten ist, ob die Beklagte berechtigt ist, einen der Klägerin gewährten Eingliederungszuschuss in Höhe von 12.139,95 DM zurückzufordern.

Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, war Herausgeberin einer lokalen Wochenzeitung. Sie hat mittlerweile ihren Betrieb eingestellt. Der persönlich haftende Mehrheitsgesellschafter P ... K ...-T ... (KT) führt in Vollmacht der weiteren Mitgesellschafterin Frau Veronika Kaemper den vorliegenden Rechtsstreit weiter.

Am 12.03.1999 beantragte die Klägerin für den 1963 geborenen Redakteur M ... A ... (A) die Gewährung eines Eingliederungszuschusses, den die Beklagte antragsgemäß mit Bescheid vom 07.04.1999 für die Zeit vom 01.04.1999 bis 31.03.2000 bewilligte. Der Bescheid enthielt als Nebenbestimmungen u. a. unter Punkt 5 folgende Regelung:

"Der Eingliederungszuschuss ist zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraumes oder innerhalb eines Zeitraumes, der der Förderungsdauer entspricht, längstens jedoch von 12 Monaten nach Ende des Förderungszeitraumes beendet wird. Dieses gilt nicht, wenn der Arbeitgeber berechtigt war das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgt, ohne dass der Arbeitgeber den Grund hierfür zu vertreten hat, oder der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hat."

Mit Schreiben vom 15.06.1999 kündigte die Klägerin ohne Angabe von Gründen das Arbeitsverhältnis mit A zum 30.06.1999. Die Beklagte hob darauf hin nach erfolgter Anhörung mit Bescheid vom 25.10.1999 die Bewilligung des Eingliederungszuschusses für A rückwirkend auf und verlangte Erstattung der gezahlten Leistung in Höhe von 12.139,95 DM, da die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraumes ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne wichtigen Grund beendet habe. Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch vom 15.11.1999 machte der Hauptgesellschafter KT geltend, die Weiterbeschäftigung von A sei nicht tragbar gewesen und hätte die Existenz des Zeitungsprojektes gefährdet. Mit Bescheid vom 28.01.2000 wies die Beklagte den Widerspruch unter Verneinung eines wichtigen Kündigungsgrundes zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 29.02.2000 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Köln erhoben und geltend gemacht, A sei zwar ein guter Journalist und Redakteur, er habe jedoch zuvor nur bei einer Monatszeitschrift gearbeitet. Seine Arbeitsweise sei sehr gründlich und er benötige dafür viel Zeit. Eine Wochenzeitschrift, wie die Klägerin habe jedoch einen hohen Aktualitätsdruck. Diesen Belastungen sei A nicht gewachsen gewesen. Die Weiterbeschäftigung des A habe daher für ihren kleinen Betrieb eine erhebliche Belastung bedeutet, weshalb man sich zu der Kündigung entschlossen habe. Im Übrigen habe der Gesetzgeber in der hier anzuwendenden ab 01.08.1999 geltenden Neufassung des § 223 des 3. Sozialgesetzbuches (SGB III) diese Gründe berücksichtigt. Die Vorschrift sei entsprechend auf ihren Fall anzuwenden.

Vor dem Sozialgericht hat die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 25.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2000 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten: Vorliegend finde § 223 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.07.1999 geltenden Fassung Anwendung finde. Der entsprechende Gesetzeswortlaut habe auch seinen Niederschlag in der zum Bewilligungsbescheid erlassenen Nebenbestimmung unter Punkt 5 gefunden. Danach habe ein wichtiger Grund für die Kündigung des Mitarbeiters A im Sinne dieser Vorschrift nicht vorgelegen, so dass der Bescheid vom 25.10.1999 rechtmäßig sei.

Mit Urteil vom 03.07.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Gründen hat es u. a. ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht den bis zu Beendigung des Arbeitsverhältnisses des geförderten Mitarbeiters A gezahlten Eingliederungszuschuss zurückgefordert. Diese Rückforderung sei auch nicht gem. § 223 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 - 3 SGB III ausgeschlossen. Insbesondere habe auch kein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorgelegen. Das Arbeitsverhältnis sei nicht auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin aufgelöst worden, sondern vielmehr aufgrund der Kündigung der Klägerin. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei auch nicht § 223 Abs. 2 SGB III in der Fassung ab 01.08.1999 anwendbar. Dies folge aus der Vorschrift des § 422 Abs. 1 SGB III, wonach bei Änderungen des SGB III auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistung oder der Maßnahme die Vorschriften in der vor dem Tage des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung weiter Anwendung finden, wenn vor diesem Tag der Anspruch entstanden ist, die Leistung zuerkannt worden ist oder die Leistung begonnen habe. Der Eingliederungszuschuss sei der Klägerin aber mit Bescheid vom 07.04.1999 zu erkannt worden, so dass § 223 SGB III in der bis zum 01.08.1999 geltenden Fassung Anwendung finde.

Gegen dieses ihm am 14.07.2001 zugestellte Urteil hat der ehemalige Hauptgesellschafter der Klägerin KT am 16.07.2001 Berufung eingelegt, mit der er das Begehren der Klägerin weiter verfolgt. Er räumt ein, dass er die Nebenbestimmung in dem Bewilligungsbescheid insbesondere Ziffer 5 nicht gelesen habe. Er habe jedoch den Arbeitsvertrag mit A der Beklagten vorgelegt und sei davon ausgegangen, dass er A jederzeit innerhalb der Probezeit fristlos kündigen könne. Im Übrigen sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit A bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar gewesen. Zwar sei A ein guter Monatszeitschriftjournalist, für die bei der Klägerin angefallenen Arbeiten sei er jedoch nicht geeignet gewesen, da er nicht in der Lage gewesen sei, Beiträge in kürzester Zeit zu erstellen und abzuliefern. Unter dem enormen Zeitdruck sei es A nicht möglich gewesen, in guter Qualität zu arbeiten. So habe er die Unterstützung der Kollegen gebraucht und diese zusätzlich belastet, so dass darunter die Qualität der gesamten Arbeit gelitten habe. Das gesamte Projekt sei dadurch gefährdet gewesen. Finanziell habe die Klägerin dies nicht auffangen können. Letztendlich habe A das Ganze auch so gesehen. Er habe in einem abschließenden Gespräch eingeräumt, dass er nicht anders arbeiten könne. Er habe insoweit auch der Kündigung nicht widersprochen. Über die Beendigung habe gewissermaßen ein Konsens bestanden. Eine Abmahnung sei auf Grund des Gespräches nicht notwendig gewesen. Letztendlich verweist KT nochmals darauf, dass seiner Auffassung nach hier die Neuregelung des § 223 SGB III in der ab 01.08.1999 geltenden Fassung anzuwenden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.07.2001 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, aus der Übergangsvorschrift des § 423 Abs. 1 SGB III ergebe sich, dass vorliegend auf die bis zum 01.08.1999 geltende Fassung des § 223 SGB III abzustellen sei.

Der Senat hat in Nichtöffentlicher Sitzung vom 27.02.2002 den ehemaligen Hauptgesellschafter KT erneut angehört und den ehemaligen Mitarbeiter A als Zeugen zu den Gründen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird insoweit auf das Sitzungsprotokoll vom 27.02.2002 (Bl. 69 ff der Streitakten) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der Verwaltungsakte der Beklagten , die Gegenstand der mündlichen Verhandlungen waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin bzw. der gem. § 714 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geschäftsführungsbefugten ehemaligen Gesellschafter ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klägerin ist nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Das SG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin den ihr gewährten Eingliederungszuschuss zurückzuzahlen hat.

Zu Recht hat die Beklagte ihre Erstattungsforderung auf § 223 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.07.1999 geltenden Fassung, eingefügt mit Wirkung vom 01.01.1998 durch das Arbeitsförderungsreformgesetz (AFRG) vom 24.03.1997 (BGBl I S 594), gestützt. Diese Vorschrift findet gem. § 422 Abs. 1 SGB III, der für das gesamte Gebiet der aktiven Arbeitsförderung Grundsätze bei Rechtsänderungen normiert und nach dem das Recht maßgeblich bleibt, das u.a. zum Zeitpunkt der Bewilligung der Leistung gegolten hat, - entgegen der Auffassung der Klägerin - Anwendung. Von dieser Übergangsvorschrift sind nicht nur Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, sondern auch die Rückzahlung von Leistungen nach § 223 Abs. 2 SGB III erfasst (so: BSG - Urteil vom 21.03.2002 - B 7 AL 48/01 R -).

Danach ist der Eingliederungszuschuss zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraumes oder innerhalb eines Zeitraumes, der der Förderungsdauer entspricht, längestens jedoch von zwölf Monaten nach Ende des Förderungszeitraumes beendet wird. Das Beschäftigungsverhältnis des A endete zum 30.06.1999 und damit innerhalb des Förderungszeitraumes, der erst am 31.03.2000 ablief. Eine Ausnahme von der Rückzahlungsverpflichtung liegt nicht vor, denn nach § 223 Abs. 2 Satz 2 SGB III tritt die Rückzahlungspflicht nur dann nicht ein, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgt, ohne dass der Arbeitnehmer den Grund hierfür zu vertreten hat, oder der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hat.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war diese nicht berechtigt, A das Arbeitsverhältnis mit A aus wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Die Kündigung erfolgte ausweislich des Kündigungsschreibens ohne Angabe von Gründen und nicht einmal innerhalb der im Arbeitsvertrag (3. Absatz) gesetzten Kündigungsfrist von 4 Wochen. Sie erfolgte nach Angaben des ehemaligen Gesellschafters KT wegen "Schlechtleistung" des A. Als wichtiger Grund im Sinne des § 223 Abs. 2 Satz 2 SGB III sind aber insbesondere solche anzusehen, die gem. § 626 BGB zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen. Dazu zählen insbesondere Dienstarbeitspflichtverletzungen, Treuedienstverletzungen, sonstige Pflichtverletzungen, strafbare Handlungen, schwere Verfehlungen, Verletzungen, Verletzungen von Betriebsratspflichten etc. (siehe Palandt, Putzo - Kommentar zum BGB - 61. Auflage, 2002, § 626 Rdnr. 37 ff.). Derartige Kündigungsgründe sind von der Klägerin jedoch nicht vorgetragen worden. Allein die zu langsame Arbeitsweise des A und die hierdurch bedingte "Schlechtleistung" rechtfertigt den Ausspruch einer fristlosen Kündigung nicht.

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte auch nicht auf das Bestreben des A hin, ohne dass die Klägerin den Grund hierfür zu vertreten hätte. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest. Zwar haben der ehemalige Gesellschafter KT und A übereinstimmend bekundet, das Anlass für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses die zu langsame Arbeitsweise und damit verbundene "Schlechtleistung" gewesen sei. A hat jedoch glaubhaft angegeben, er hätte das Arbeitsverhältnis nicht von sich aus gekündigt, um keinen Ärger mit dem Arbeitsamt zu bekommen. Nach seinem Bekunden hat er sich im Wesentlichen passiv, resignierend verhalten, ohne jedoch aktiv die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von sich aus selbst angestrengt zu haben. Dieses passive Verhalten des A reicht jedoch für die Bejahung des Ausnahmetatbestandes des § 223 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 2 SGB III nicht aus (vgl. Gagel/Winkler, SGB III, Stand August 2001, § 223 Rdn 6). Im Übrigen gab es für A auch keinerlei Grund, das Arbeitsverhältnis von sich aus zu beenden, da er als Langzeitarbeitloser auf die Arbeitsstelle angewiesen war und - wie auch der ehemalige Gesellschafter KT bestätigte - ein guter Redakteur war, der lediglich mit dem Arbeitstemponicht mithalten konnte.

Insgesamt liegen daher die in § 223 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 aufgeführten Ausnahmetatbestände nicht vor, so dass der gewährte Eingliederungszuschuss von der Klägerin bzw. den gem. § 714 BGB geschäftsführungsbefugten ehemaligen Gesellschaftern gem. § 223 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.07.1999 ggeltenden Fassung zurückzuzahlen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Insbesondere hat das BSG die Frage der Anwendbarkeit des § 223 Abs. 2 SGB III in der bis zum 01.08.1999 geltenden Fassung mit Urteil vom 21.03.2002 - wie oben dargestellt - entschieden.
Rechtskraft
Aus
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