Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 2 RJ 139/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 00.00.1943 geborene Kläger verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. In der Zeit vom 00.00.1957 bis zum 00.00.1967 war er als Lagerist, vom 00.00.1967 bis zum 00.00.1968 als Verkaufsfahrer, vom 00.00.1968 bis zum 00.00.1968 als Maschinenarbeiter, vom 00.00.1968 bis zum 00.00.1988 als Kraftfahrer und vom 00.00.1988 bis zum 00.00.1998 als Staplerfahrer tätig. Laut Arbeitgeberauskunft der Fa. INU vom 24.11.1999 war hierfür eine Anlernzeit von 4 Wochen nebst Staplerführerschein erforderlich. Der Kläger wurde als angelernter Arbeiter entlohnt.
Am 25.08.1998 beantragte der Kläger eine Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit und führte zur Begründung die Folgen eines am 00.00.1998 erlittenen Arbeitsunfalls (rechtes Bein gebrochen; rechter Arm gebrochen; Rippe gebrochen u.a.) an.
Bis zum 26.07.1999 erhielt der Kläger Übergangs-/Verletztengeld.
Die Beklagte zog Befundberichte von behandelnden Ärzten und Klinikberichte der BG-Unfallklinik E bei. Des Weiteren veranlasste die Beklagte eine Begutachtung des Klägers beim Facharzt für innere Medizin Dr. S (Tag der Untersuchung 05.02.1999; kein Leistungsvermögen bis voraus sichtlich Juli 1999) sowie beim Facharzt für Neurologie Dr. T (Tag der Untersuchung 28.07.1999; vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten unter qualitativen Einschränkungen).
Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. S vom 18.10.1999 ein (vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten unter qualitativen Einschränkungen) und lehnte sodann mit Bescheid vom 06.01.2000 den Rentenantrag des Klägers ab.
Der Kläger legte Widerspruch ein und führte im Wesentlichen zur Begründung an, dass die Beklagte die eingeholten Gutachten nicht bei der Entscheidung genügend berücksichtigt habe und die Gutachten bezüglich des Restleistungsvermögens auch widersprüchlich wären.
Die Beklagte holte eine erneute ärztliche Stellungnahme von Dr. S vom 12.04.2000 (Bl. 146 ff. Verwaltungsakte) ein und wies daraufhin den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 08.08.2000 zurück.
Der Kläger erhob fristgerecht Klage vor dem Sozialgericht Dortmund und beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.01.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2000 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab Antragstellung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht erhob Beweis durch Einholung eines schriftlichen internistischen Gutachtens vom Facharzt für innere Medizin Dr. N vom 20.01.2001 nebst eines psychiatrischen Zusatzgutachtens von Dr. S1 vom 19.01.2001 und eines chirurgisch-orthopädischen Zusatzgutachtens von Dr. I vom 14.03.2001.
Der Sachverständige Dr. N stellte unter Berücksichtigung des nervenärztlichen Zusatzgutachtens und des chirurgisch-orthopädischen Zusatz gutachtens folgende Gesundheitsbeeinträchtigungen fest:
Zustand nach Polytrauma mit Herz- und Lungenkontusion, Haematothorax, Colonruptur, Olecranonfraktur rechts, Mittelfuß und Navikular-Fraktur rechts, Fraktur der 7. Rippe rechts, Schockleber und dialysepflichtiger Niereninsuffizienz 2. Zustand nach Cholecystektomie
3.Chronisch obstruktive Bronchitis
4. Leichte Heptopathie
5. Leichtgradige depressive Anpassungsstörung
6. Chronisches Wirbelsäulensyndrom
7. PHS rechts
8. Bewegungseinschränkung, D 4 und D V linke Hand
9. Aufgehobene Beweglichkeit rechtes oberes und unteres Sprunggelenk nach Fußwurzelfraktur mit arthrotischen Veränderungen
10. Restbeweglichkeit linke oberes und unteres Sprunggelenk
11. Abgelaufender Morbus Sudeck mit weiterbestehenden sensiblen Störungen
12. Nervus peronaeus-Schaden beidseits, rechts größer als links
13. Bauchdeckenhernie.
Nach Auffassung des Sachverständigen ist der Kläger noch in der Lage - leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen - keine Arbeiten mehr mit einseitigen körperlichen Belastungen und Zwangshaltungen; das Bewegen von Lasten kann ohne mechanische Hilfsmittel nicht erfolgen - keine Gerüst- und Leiterarbeiten - Arbeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände erfordern, sind weitgehend möglich; behindert ist der Faustschluss links; geringe feinmotorische Defizite, sowie Defizite bei der Tastaturbedienung sind zu erwarten; die rechte Hand ist die Gebrauchshand; Überkopfarbeiten und Arbeiten in Armvorhaltung sollten nicht ausgeübt werden - keine Arbeiten im Freien - Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und das Hörvermögen; Bildschirmarbeit ist möglich - umgangssprachliche Verständigung ist gegeben - geistig mittelschwierige Arbeiten - Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an die kognitiven Fähigkeiten der Reaktion, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit vollschichtig unter betriebsüblichen Bedingungen zu verrichten.
Hinsichtlich der Gehfähigkeit des Klägers hat der Sachverständige ausgeführt:
"Die Gehfähigkeit des Klägers ist eingeschränkt. Er kann die geforderten 4 mal 500 Meter nicht in jeweils maximal 20 Minuten zurücklegen. Aufgrund der im Gutachten von Herrn Dr. I beschriebenen Beinproblematik kann das geforderte Zeitlimit nicht eingehalten werden. Der Kläger kann öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Der Kläger weist gewisse Einschränkungen bei der Kfz-Benutzung auf. Ein Kfz ist vorhanden. Nach den Angaben des Klägers fährt dieser jedoch nur wenig, bzw. kurze Strecken".
Hierauf erließ die Beklagte am 08.08.2001 einen Bescheid, in dem die Beklagte sich bereit erklärte, dem Kläger Hilfen nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung zu gewähren.
Das Gericht holte eine ergänzende Stellungnahme vom Sachverständigen Dr. I zur Geh- und Wegefähigkeit ein.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.01.2002 führte der Sachverständige Dr. I aus, dass der Kläger 500 Meter vielleicht in 20 Minuten zurücklegen kann, 100 Meter eventuell in 5 Minuten und 200 Meter vielleicht in 10 Minuten. Er solle aber mehr als 500 Meter in maximal 20 Minuten zurücklegen. Mit zunehmender Länge der Belastung käme es aufgrund der genannten Unfallfolgen zu stärkeren Schmerzen und zu einer muskulären Ermüdung. Der Kläger würde langsamer werden und Schwierigkeiten haben, die Strecke in der geforderten Zeit zurückzulegen. Für den Kläger wäre ein Auto mit Automatikgetriebe sinnvoll. Zusätzlich solle das Pedal nach links verlagert sein, da der linke Fuß der bessere sei. Eventuell sei auch eine zusätzliche manuelle Sonderausstattung hilfreich.
Der Kläger reichte ein Gutachten von Dr. H vom 22.02.2002 sowie eine Kopie des auf seinen Namen lautenden Kfz-Schein vom 10.04.2001 über den von ihm erworbenen Pkw der Marke P, amtliches Kennzeichen XX-XX 000 (Schaltwagen), ein.
Das Gericht holte daraufhin eine weitere ergänzende Stellungnahme vom Sachverständigen Dr. I zur Fahrfähigkeit des Klägers ein.
Der Sachverständige Dr. I führte in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.02.2003 aus, dass der Kläger einen Pkw über 20 bis 30 Minuten sicher steuern könne. Eine zusätzliche Sicherheit wäre gegeben, wenn die Pedale Tätigkeit mit dem linken Fuß ausgeübt werden könne.
Der Kläger ist der Auffassung, dass zu berücksichtigen sei, dass nicht immer gewährleistet sei, dass Parkplätze unmittelbar am Arbeitsplatz vorhanden seien. Teilweise seien Abstellmöglichkeiten für den Pkw nur in größerer Entfernung von 500 Meter vom Betrieb möglich. Aber auch bei größeren Betrieben mit Firmenparkplätzen sei durchaus damit zu rechnen, dass die Wegstrecke vom Parkplatz bis zum Arbeitsplatz größer als 500 Meter sei.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Einschränkung der Wegstrecke auf unter 500 Meter bzw. das Überschreiten des Zeitlimits von 20 Minuten nach wie vor nicht bewiesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten und auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegen stand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, weil er weder berufs- noch erwerbsunfähig oder erwerbsgemindert im gesetzlichen Sinne ist.
Gemäß § 300 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung SGB VI - werden die Vorschriften der §§ 43, 44 SGB VI in der bis Ende 2000 geltenden Fassung (a.F.) auf einen bis dahin entstandenen Rentenanspruch wegen verminderter Erwerbsfähigkeit angewendet, wenn dieser Anspruch bis zum 31.03.2001 geltend gemacht wurde. Ansonsten gilt § 43 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (n.F.; BGBl. I 2000, 1827).
Der Kläger ist nicht einmal berufsunfähig, denn seine Erwerbsfähigkeit ist nicht auf weniger als die Hälfte einer gesunden Vergleichsperson mit ähnlicher Ausbildung, gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken. Um seine Berufsunfähigkeit abzuwenden kann der Kläger auf alle Tätigkeiten verwiesen werden, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm sozial zugemutet werden können; dabei sind Dauer und Umfang der Ausbildung und des bisherigen Berufes ebenso zu berücksichtigen wie die besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit.
Ausgangspunkt für die Frage einer zumutbaren Verweisung ist somit der qualitative Wert des bisherigen Berufes. Hierzu hat das Bundessozialgericht ein Mehrstufenschema entwickelt und die Arbeiterberufe - ausgehend von Umfang und Dauer der Ausbildung - in verschiedene Gruppen eingeteilt. Sie sind charakterisiert durch die Leitberufe des Ungelernten, des Angelernten und des Facharbeiters in einem anerkannten Ausbildungsberuf sowie - basierend auf den besonderen Anforderungen der bisherigen Tätigkeit - durch den Beruf des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters. In diesem Rahmen kann der Kläger im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf allenfalls auf die nächstniedrigere Berufsgruppe verwiesen werden.
Bisheriger Beruf ist grundsätzlich die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dies ist vorliegend die Tätigkeit eines Staplerfahrers. Entsprechend den nachvollziehbaren und von dem Kläger auch nicht kritisierten Angaben des letzten Arbeitgebers war dies eine Tätigkeit, für die lediglich eine Anlernzeit von 4 Wochen nebst Staplerführerschein erforderlich war, sodass er maximal dem Leitberuf der Angelernten im unteren Bereich zuzuordnen ist. Der Kläger ist daher auf alle anderen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar zu verweisen, so weit sie seinem körperlichen Leistungsvermögen entsprechen.
Das Leistungsvermögen des Klägers wird durch die bestehenden Gesundheitsstörungen (siehe Tatbestand) soweit gemindert, dass er noch regelmäßig und vollschichtig leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen unter weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen (siehe Tatbestand) unter betriebsüblichen Bedingungen verrichten kann.
Das Gericht entnimmt die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen des Klägers dem Gesamtergebnis der Ermittlungen und der Beweisaufnahme, insbesondere den Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. I vom 14.03.2001, des Internisten Dr. N vom 20.01.2001 und des Neurologen und Psychiaters Dr. S1 vom 19.01.2001. Die Sachverständigen haben die Vorbefunde berücksichtigt, sind den Beschwerden des Klägers sorgfältig nachgegangen und haben ihn klinisch untersucht. Der Orthopäde hat darüber hinaus Funktionsprüfungen der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule vorgenommen und dabei sowohl Maße und Gewichte als auch Bewegungsausmaße nach der Neutral-Null-Methode festgestellt. Im internistischen Bereich erfolgten sodann u.a. laborchemische und elektrokardiografische Untersuchungen. Der neurologisch-psychiatrische Sachverständige hat darüber hinaus mit dem Kläger ein ausführliches Explorationsgespräch geführt. Die Anamnese erstreckte sich dabei auf die Entwicklung, das Ausmaß und die Behandlung der Beschwerden und führte über eine biologische Familien- und vegetative Eigenanamnese zur Schilderung des Tagesablaufs und der Lebensgeschichte. Dabei konnte sich der Sachverständige ein verlässliches Bild von der Erlebnisweise und den psychischen Abläufen, insbesondere vom Denken und Fühlen des Klägers verschaffen. Die Kammer hat daher keinen Anlass, an der Vollständigkeit der erhobenen Befunde und der Richtigkeit der daraus gefolgerten Leistungsbeurteilung zu zweifeln. Die Gutachten sind schlüssig, plausibel begründet und in sich widerspruchsfrei. Sie decken sich ferner im Wesentlichen mit den Verwaltungsgutachten, die die Kammer im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat.
Diese Einschätzung des Gerichts wird auch nicht durch das vom Kläger eingereichte Gutachten von Dr. H vom 22.02.2002 erschüttert. Dr. H gelingt es nicht, die sicherlich bestehenden und auch von den Gerichtsgutachten nicht in Abrede gestellten Unfallfolgen für das Erwerbsleben zu objektivieren. So beantwortet er die Frage, "sind zur Wiederherstellung oder Besserung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten weitere ärztliche Maßnahmen erforderlich?", mit "ja" und die Frage, "kann ihrer Meinung die Erwerbsfähigkeit des Versicherten geeignete Maßnahmen wieder hergestellt oder gebessert werden", mit "nein". Des Weiteren sieht er orthopädisch angepasstes Schuhwerk sowohl im Berufsleben als auch im Privatleben für erforderlich an. Die widersprüchlichen Aussagen zur Erwerbsfähigkeit vermögen daher die fundierte Einschätzung der Gerichtsgutachten nicht zu widerlegen.
Bei einer Vollzeitarbeitskraft kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass es den gesundheitlichen Störungen angepasste Arbeitsplätze im ausreichenden Umfang auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland gibt, womit die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nicht erforderlich ist. Jedoch gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen, da eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich ist. Dementsprechend sieht das Bundessozialgericht das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität als Teil des nach §§ 43, 44 SGB VI versicherten Risikos an. Hat der Versicherte, wie hier der Kläger, keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm möglich sein müssen, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt (vgl. so u.a. BSG - 13 RJ 25/01 R - vom 14.03.2002 mit weiteren Nachweisen). Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, 4-mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß zu bewältigen und 2-mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Dazu gehört z.B. auch die zumutbare Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges (vgl. BSGE 24, 142, 144; Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.01.1966 - 1 RA 123/63 DAngVers 1966, 198 ff.).
Gemessen an diesen Kriterien ist der Kläger als wegefähig und mithin als erwerbsfähig anzusehen.
Der Kläger verfügte stets über ein Kraftfahrzeug. Auch das neu erworbene Kraftfahrzeug der Marke P mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 000 ist auf den Namen des Klägers zugelassen und wird nach seinen eigenen Angaben auch täglich vom ihm benutzt. Zudem verfügt der Kläger - durch seine ca. 20 Jahre andauernde Beschäftigung als Kraftfahrer (00.00.1968 bis 00.00.1988) - über eine solide Fahrfertigkeit.
Nach Auffassung der Kammer ist die von dem Sachverständigen Dr. I angegebene Fahrdauer von 20 bis 30 Minuten auch ausreichend, um die Wegefähigkeit zu bejahen.
Die Kammer hat sich hierbei an der BSG-Rechtssprechung zur Gehfähigkeit orientiert: 4-mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Meter jeweils innerhalb von 20 Minuten zu Fuß zu bewältigen. Diese generalisierende Abgrenzung des versicherten Risikos gilt dabei grundsätzlich ohne Rücksicht auf Besonderheiten der individuellen Wohnlage und der Beschaffenheit in Betracht kommender Wegstrecken (vgl. BSG 13. Senat Urteil vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 -).
Mit seinem Kraftfahrzeug ist der Kläger in der Lage in 20 bis 30 Minuten eine erhebliche "generalisierte Fahrstrecke" zurückzulegen; z.B. benötigte der Kläger ca. 30 Minuten um 45 Kilometer von seinem Wohnort zum Sitzungsort T zurückzulegen. Selbst wenn die zugrundezulegende generalisierte Fahrt strecke insgesamt das Doppelte betragen sollte, ist dem Kläger zuzumuten eine Pause nach einer Fahrtzeit von 20 bis 30 Minuten einzulegen, um sodann nach Regeneration eine weitere Fahrtzeit von 20 bis 30 Minuten zu bewältigen. Schließlich wurde dies vom Kläger für seine Autofahrt zum Urlaubsziel E1 auch praktiziert. Es ist nicht einzusehen, weshalb von dem Versicherten für die Aufrechterhaltung der Erwerbsfähigkeit nicht zumindest das abverlangt werden darf, was dieser für sein Freizeitverhalten als augenscheinlich zumutbar umsetzt.
Zudem wird die Gehfähigkeit auch nach einer geteilten Wegstrecke beurteilt.
Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass er schon deshalb als erwerbsunfähig zu gelten habe, da Firmenparkplätze gegebenenfalls weiter als 500 Meter entfernt liegen, ist dies für die abstrakte Betrachtungsweise (s. oben angeführte BSG-Rechtssprechung) unerheblich. Der Kläger verkennt, dass zwischen der Gehfähigkeit im Sinne der Erwerbsfähigkeit - ohne konkreten Arbeitsplatz - und den Bedürfnissen des Versicherten am konkreten Arbeitsplatz zu differenzieren ist. Sollte der Kläger nämlich am Arbeitsplatz vor Ort weitere Hilfen zur Berufsausübung benötigen, die über die abstrakte Betrachtungsweise der Gehfähigkeit hinausgehen, kann er z.B. Hilfe nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung beantragen.
Da der Kläger mithin nicht einmal berufsunfähig ist, kann er erst recht nicht erwerbsunfähig oder gar erwerbsgemindert sein, denn sowohl die Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB VI (a.F.) als auch die teilweise bzw. volle Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI (n.F.) setzen im Vergleich zur Berufsunfähigkeit eine noch weitergehendere Herabsetzung der beruflichen Belastbarkeit voraus.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG und trägt der Erfolglosigkeit der Klage Rechnung.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 00.00.1943 geborene Kläger verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. In der Zeit vom 00.00.1957 bis zum 00.00.1967 war er als Lagerist, vom 00.00.1967 bis zum 00.00.1968 als Verkaufsfahrer, vom 00.00.1968 bis zum 00.00.1968 als Maschinenarbeiter, vom 00.00.1968 bis zum 00.00.1988 als Kraftfahrer und vom 00.00.1988 bis zum 00.00.1998 als Staplerfahrer tätig. Laut Arbeitgeberauskunft der Fa. INU vom 24.11.1999 war hierfür eine Anlernzeit von 4 Wochen nebst Staplerführerschein erforderlich. Der Kläger wurde als angelernter Arbeiter entlohnt.
Am 25.08.1998 beantragte der Kläger eine Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit und führte zur Begründung die Folgen eines am 00.00.1998 erlittenen Arbeitsunfalls (rechtes Bein gebrochen; rechter Arm gebrochen; Rippe gebrochen u.a.) an.
Bis zum 26.07.1999 erhielt der Kläger Übergangs-/Verletztengeld.
Die Beklagte zog Befundberichte von behandelnden Ärzten und Klinikberichte der BG-Unfallklinik E bei. Des Weiteren veranlasste die Beklagte eine Begutachtung des Klägers beim Facharzt für innere Medizin Dr. S (Tag der Untersuchung 05.02.1999; kein Leistungsvermögen bis voraus sichtlich Juli 1999) sowie beim Facharzt für Neurologie Dr. T (Tag der Untersuchung 28.07.1999; vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten unter qualitativen Einschränkungen).
Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. S vom 18.10.1999 ein (vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten unter qualitativen Einschränkungen) und lehnte sodann mit Bescheid vom 06.01.2000 den Rentenantrag des Klägers ab.
Der Kläger legte Widerspruch ein und führte im Wesentlichen zur Begründung an, dass die Beklagte die eingeholten Gutachten nicht bei der Entscheidung genügend berücksichtigt habe und die Gutachten bezüglich des Restleistungsvermögens auch widersprüchlich wären.
Die Beklagte holte eine erneute ärztliche Stellungnahme von Dr. S vom 12.04.2000 (Bl. 146 ff. Verwaltungsakte) ein und wies daraufhin den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 08.08.2000 zurück.
Der Kläger erhob fristgerecht Klage vor dem Sozialgericht Dortmund und beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.01.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2000 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab Antragstellung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht erhob Beweis durch Einholung eines schriftlichen internistischen Gutachtens vom Facharzt für innere Medizin Dr. N vom 20.01.2001 nebst eines psychiatrischen Zusatzgutachtens von Dr. S1 vom 19.01.2001 und eines chirurgisch-orthopädischen Zusatzgutachtens von Dr. I vom 14.03.2001.
Der Sachverständige Dr. N stellte unter Berücksichtigung des nervenärztlichen Zusatzgutachtens und des chirurgisch-orthopädischen Zusatz gutachtens folgende Gesundheitsbeeinträchtigungen fest:
Zustand nach Polytrauma mit Herz- und Lungenkontusion, Haematothorax, Colonruptur, Olecranonfraktur rechts, Mittelfuß und Navikular-Fraktur rechts, Fraktur der 7. Rippe rechts, Schockleber und dialysepflichtiger Niereninsuffizienz 2. Zustand nach Cholecystektomie
3.Chronisch obstruktive Bronchitis
4. Leichte Heptopathie
5. Leichtgradige depressive Anpassungsstörung
6. Chronisches Wirbelsäulensyndrom
7. PHS rechts
8. Bewegungseinschränkung, D 4 und D V linke Hand
9. Aufgehobene Beweglichkeit rechtes oberes und unteres Sprunggelenk nach Fußwurzelfraktur mit arthrotischen Veränderungen
10. Restbeweglichkeit linke oberes und unteres Sprunggelenk
11. Abgelaufender Morbus Sudeck mit weiterbestehenden sensiblen Störungen
12. Nervus peronaeus-Schaden beidseits, rechts größer als links
13. Bauchdeckenhernie.
Nach Auffassung des Sachverständigen ist der Kläger noch in der Lage - leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen - keine Arbeiten mehr mit einseitigen körperlichen Belastungen und Zwangshaltungen; das Bewegen von Lasten kann ohne mechanische Hilfsmittel nicht erfolgen - keine Gerüst- und Leiterarbeiten - Arbeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände erfordern, sind weitgehend möglich; behindert ist der Faustschluss links; geringe feinmotorische Defizite, sowie Defizite bei der Tastaturbedienung sind zu erwarten; die rechte Hand ist die Gebrauchshand; Überkopfarbeiten und Arbeiten in Armvorhaltung sollten nicht ausgeübt werden - keine Arbeiten im Freien - Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und das Hörvermögen; Bildschirmarbeit ist möglich - umgangssprachliche Verständigung ist gegeben - geistig mittelschwierige Arbeiten - Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an die kognitiven Fähigkeiten der Reaktion, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit vollschichtig unter betriebsüblichen Bedingungen zu verrichten.
Hinsichtlich der Gehfähigkeit des Klägers hat der Sachverständige ausgeführt:
"Die Gehfähigkeit des Klägers ist eingeschränkt. Er kann die geforderten 4 mal 500 Meter nicht in jeweils maximal 20 Minuten zurücklegen. Aufgrund der im Gutachten von Herrn Dr. I beschriebenen Beinproblematik kann das geforderte Zeitlimit nicht eingehalten werden. Der Kläger kann öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Der Kläger weist gewisse Einschränkungen bei der Kfz-Benutzung auf. Ein Kfz ist vorhanden. Nach den Angaben des Klägers fährt dieser jedoch nur wenig, bzw. kurze Strecken".
Hierauf erließ die Beklagte am 08.08.2001 einen Bescheid, in dem die Beklagte sich bereit erklärte, dem Kläger Hilfen nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung zu gewähren.
Das Gericht holte eine ergänzende Stellungnahme vom Sachverständigen Dr. I zur Geh- und Wegefähigkeit ein.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.01.2002 führte der Sachverständige Dr. I aus, dass der Kläger 500 Meter vielleicht in 20 Minuten zurücklegen kann, 100 Meter eventuell in 5 Minuten und 200 Meter vielleicht in 10 Minuten. Er solle aber mehr als 500 Meter in maximal 20 Minuten zurücklegen. Mit zunehmender Länge der Belastung käme es aufgrund der genannten Unfallfolgen zu stärkeren Schmerzen und zu einer muskulären Ermüdung. Der Kläger würde langsamer werden und Schwierigkeiten haben, die Strecke in der geforderten Zeit zurückzulegen. Für den Kläger wäre ein Auto mit Automatikgetriebe sinnvoll. Zusätzlich solle das Pedal nach links verlagert sein, da der linke Fuß der bessere sei. Eventuell sei auch eine zusätzliche manuelle Sonderausstattung hilfreich.
Der Kläger reichte ein Gutachten von Dr. H vom 22.02.2002 sowie eine Kopie des auf seinen Namen lautenden Kfz-Schein vom 10.04.2001 über den von ihm erworbenen Pkw der Marke P, amtliches Kennzeichen XX-XX 000 (Schaltwagen), ein.
Das Gericht holte daraufhin eine weitere ergänzende Stellungnahme vom Sachverständigen Dr. I zur Fahrfähigkeit des Klägers ein.
Der Sachverständige Dr. I führte in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.02.2003 aus, dass der Kläger einen Pkw über 20 bis 30 Minuten sicher steuern könne. Eine zusätzliche Sicherheit wäre gegeben, wenn die Pedale Tätigkeit mit dem linken Fuß ausgeübt werden könne.
Der Kläger ist der Auffassung, dass zu berücksichtigen sei, dass nicht immer gewährleistet sei, dass Parkplätze unmittelbar am Arbeitsplatz vorhanden seien. Teilweise seien Abstellmöglichkeiten für den Pkw nur in größerer Entfernung von 500 Meter vom Betrieb möglich. Aber auch bei größeren Betrieben mit Firmenparkplätzen sei durchaus damit zu rechnen, dass die Wegstrecke vom Parkplatz bis zum Arbeitsplatz größer als 500 Meter sei.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Einschränkung der Wegstrecke auf unter 500 Meter bzw. das Überschreiten des Zeitlimits von 20 Minuten nach wie vor nicht bewiesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten und auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegen stand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, weil er weder berufs- noch erwerbsunfähig oder erwerbsgemindert im gesetzlichen Sinne ist.
Gemäß § 300 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung SGB VI - werden die Vorschriften der §§ 43, 44 SGB VI in der bis Ende 2000 geltenden Fassung (a.F.) auf einen bis dahin entstandenen Rentenanspruch wegen verminderter Erwerbsfähigkeit angewendet, wenn dieser Anspruch bis zum 31.03.2001 geltend gemacht wurde. Ansonsten gilt § 43 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (n.F.; BGBl. I 2000, 1827).
Der Kläger ist nicht einmal berufsunfähig, denn seine Erwerbsfähigkeit ist nicht auf weniger als die Hälfte einer gesunden Vergleichsperson mit ähnlicher Ausbildung, gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken. Um seine Berufsunfähigkeit abzuwenden kann der Kläger auf alle Tätigkeiten verwiesen werden, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm sozial zugemutet werden können; dabei sind Dauer und Umfang der Ausbildung und des bisherigen Berufes ebenso zu berücksichtigen wie die besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit.
Ausgangspunkt für die Frage einer zumutbaren Verweisung ist somit der qualitative Wert des bisherigen Berufes. Hierzu hat das Bundessozialgericht ein Mehrstufenschema entwickelt und die Arbeiterberufe - ausgehend von Umfang und Dauer der Ausbildung - in verschiedene Gruppen eingeteilt. Sie sind charakterisiert durch die Leitberufe des Ungelernten, des Angelernten und des Facharbeiters in einem anerkannten Ausbildungsberuf sowie - basierend auf den besonderen Anforderungen der bisherigen Tätigkeit - durch den Beruf des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters. In diesem Rahmen kann der Kläger im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf allenfalls auf die nächstniedrigere Berufsgruppe verwiesen werden.
Bisheriger Beruf ist grundsätzlich die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dies ist vorliegend die Tätigkeit eines Staplerfahrers. Entsprechend den nachvollziehbaren und von dem Kläger auch nicht kritisierten Angaben des letzten Arbeitgebers war dies eine Tätigkeit, für die lediglich eine Anlernzeit von 4 Wochen nebst Staplerführerschein erforderlich war, sodass er maximal dem Leitberuf der Angelernten im unteren Bereich zuzuordnen ist. Der Kläger ist daher auf alle anderen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar zu verweisen, so weit sie seinem körperlichen Leistungsvermögen entsprechen.
Das Leistungsvermögen des Klägers wird durch die bestehenden Gesundheitsstörungen (siehe Tatbestand) soweit gemindert, dass er noch regelmäßig und vollschichtig leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen unter weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen (siehe Tatbestand) unter betriebsüblichen Bedingungen verrichten kann.
Das Gericht entnimmt die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen des Klägers dem Gesamtergebnis der Ermittlungen und der Beweisaufnahme, insbesondere den Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. I vom 14.03.2001, des Internisten Dr. N vom 20.01.2001 und des Neurologen und Psychiaters Dr. S1 vom 19.01.2001. Die Sachverständigen haben die Vorbefunde berücksichtigt, sind den Beschwerden des Klägers sorgfältig nachgegangen und haben ihn klinisch untersucht. Der Orthopäde hat darüber hinaus Funktionsprüfungen der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule vorgenommen und dabei sowohl Maße und Gewichte als auch Bewegungsausmaße nach der Neutral-Null-Methode festgestellt. Im internistischen Bereich erfolgten sodann u.a. laborchemische und elektrokardiografische Untersuchungen. Der neurologisch-psychiatrische Sachverständige hat darüber hinaus mit dem Kläger ein ausführliches Explorationsgespräch geführt. Die Anamnese erstreckte sich dabei auf die Entwicklung, das Ausmaß und die Behandlung der Beschwerden und führte über eine biologische Familien- und vegetative Eigenanamnese zur Schilderung des Tagesablaufs und der Lebensgeschichte. Dabei konnte sich der Sachverständige ein verlässliches Bild von der Erlebnisweise und den psychischen Abläufen, insbesondere vom Denken und Fühlen des Klägers verschaffen. Die Kammer hat daher keinen Anlass, an der Vollständigkeit der erhobenen Befunde und der Richtigkeit der daraus gefolgerten Leistungsbeurteilung zu zweifeln. Die Gutachten sind schlüssig, plausibel begründet und in sich widerspruchsfrei. Sie decken sich ferner im Wesentlichen mit den Verwaltungsgutachten, die die Kammer im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat.
Diese Einschätzung des Gerichts wird auch nicht durch das vom Kläger eingereichte Gutachten von Dr. H vom 22.02.2002 erschüttert. Dr. H gelingt es nicht, die sicherlich bestehenden und auch von den Gerichtsgutachten nicht in Abrede gestellten Unfallfolgen für das Erwerbsleben zu objektivieren. So beantwortet er die Frage, "sind zur Wiederherstellung oder Besserung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten weitere ärztliche Maßnahmen erforderlich?", mit "ja" und die Frage, "kann ihrer Meinung die Erwerbsfähigkeit des Versicherten geeignete Maßnahmen wieder hergestellt oder gebessert werden", mit "nein". Des Weiteren sieht er orthopädisch angepasstes Schuhwerk sowohl im Berufsleben als auch im Privatleben für erforderlich an. Die widersprüchlichen Aussagen zur Erwerbsfähigkeit vermögen daher die fundierte Einschätzung der Gerichtsgutachten nicht zu widerlegen.
Bei einer Vollzeitarbeitskraft kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass es den gesundheitlichen Störungen angepasste Arbeitsplätze im ausreichenden Umfang auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland gibt, womit die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nicht erforderlich ist. Jedoch gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen, da eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich ist. Dementsprechend sieht das Bundessozialgericht das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität als Teil des nach §§ 43, 44 SGB VI versicherten Risikos an. Hat der Versicherte, wie hier der Kläger, keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm möglich sein müssen, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt (vgl. so u.a. BSG - 13 RJ 25/01 R - vom 14.03.2002 mit weiteren Nachweisen). Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, 4-mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß zu bewältigen und 2-mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Dazu gehört z.B. auch die zumutbare Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges (vgl. BSGE 24, 142, 144; Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.01.1966 - 1 RA 123/63 DAngVers 1966, 198 ff.).
Gemessen an diesen Kriterien ist der Kläger als wegefähig und mithin als erwerbsfähig anzusehen.
Der Kläger verfügte stets über ein Kraftfahrzeug. Auch das neu erworbene Kraftfahrzeug der Marke P mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 000 ist auf den Namen des Klägers zugelassen und wird nach seinen eigenen Angaben auch täglich vom ihm benutzt. Zudem verfügt der Kläger - durch seine ca. 20 Jahre andauernde Beschäftigung als Kraftfahrer (00.00.1968 bis 00.00.1988) - über eine solide Fahrfertigkeit.
Nach Auffassung der Kammer ist die von dem Sachverständigen Dr. I angegebene Fahrdauer von 20 bis 30 Minuten auch ausreichend, um die Wegefähigkeit zu bejahen.
Die Kammer hat sich hierbei an der BSG-Rechtssprechung zur Gehfähigkeit orientiert: 4-mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Meter jeweils innerhalb von 20 Minuten zu Fuß zu bewältigen. Diese generalisierende Abgrenzung des versicherten Risikos gilt dabei grundsätzlich ohne Rücksicht auf Besonderheiten der individuellen Wohnlage und der Beschaffenheit in Betracht kommender Wegstrecken (vgl. BSG 13. Senat Urteil vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 -).
Mit seinem Kraftfahrzeug ist der Kläger in der Lage in 20 bis 30 Minuten eine erhebliche "generalisierte Fahrstrecke" zurückzulegen; z.B. benötigte der Kläger ca. 30 Minuten um 45 Kilometer von seinem Wohnort zum Sitzungsort T zurückzulegen. Selbst wenn die zugrundezulegende generalisierte Fahrt strecke insgesamt das Doppelte betragen sollte, ist dem Kläger zuzumuten eine Pause nach einer Fahrtzeit von 20 bis 30 Minuten einzulegen, um sodann nach Regeneration eine weitere Fahrtzeit von 20 bis 30 Minuten zu bewältigen. Schließlich wurde dies vom Kläger für seine Autofahrt zum Urlaubsziel E1 auch praktiziert. Es ist nicht einzusehen, weshalb von dem Versicherten für die Aufrechterhaltung der Erwerbsfähigkeit nicht zumindest das abverlangt werden darf, was dieser für sein Freizeitverhalten als augenscheinlich zumutbar umsetzt.
Zudem wird die Gehfähigkeit auch nach einer geteilten Wegstrecke beurteilt.
Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass er schon deshalb als erwerbsunfähig zu gelten habe, da Firmenparkplätze gegebenenfalls weiter als 500 Meter entfernt liegen, ist dies für die abstrakte Betrachtungsweise (s. oben angeführte BSG-Rechtssprechung) unerheblich. Der Kläger verkennt, dass zwischen der Gehfähigkeit im Sinne der Erwerbsfähigkeit - ohne konkreten Arbeitsplatz - und den Bedürfnissen des Versicherten am konkreten Arbeitsplatz zu differenzieren ist. Sollte der Kläger nämlich am Arbeitsplatz vor Ort weitere Hilfen zur Berufsausübung benötigen, die über die abstrakte Betrachtungsweise der Gehfähigkeit hinausgehen, kann er z.B. Hilfe nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung beantragen.
Da der Kläger mithin nicht einmal berufsunfähig ist, kann er erst recht nicht erwerbsunfähig oder gar erwerbsgemindert sein, denn sowohl die Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB VI (a.F.) als auch die teilweise bzw. volle Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI (n.F.) setzen im Vergleich zur Berufsunfähigkeit eine noch weitergehendere Herabsetzung der beruflichen Belastbarkeit voraus.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG und trägt der Erfolglosigkeit der Klage Rechnung.
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