L 5 R 4078/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3695/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4078/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9.6.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klage des Klägers gegen den Ergänzungsbescheid der Beklagten vom 21.2.2011 wird ebenfalls abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger bei der Beigeladenen Nr. 1 seit dem 1.1.2006 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausübt.

Die Beigeladene Nr. 1, ein als GmbH & Co KG verfasstes Unternehmen, vertreibt Bürosysteme und Zubehör zur Büroorganisation. Der 1976 geborene Kläger, gelernter Bürokaufmann und Handelsfachwirt IHK/Betriebswirt IHK, war seit 1998 bei der Firma K. & D. als Assistent der Geschäftsleitung, seit 2003 als Gesamtvertriebsleiter tätig.

Die K. & D. Unternehmensgruppe bestand Mitte/Ende 2005 aus den Gesellschaften K. & D. Büroorganisation GmbH, K. & D. Service GmbH und K. & D. Leasing GmbH. Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer war W. K ... Dieser verkaufte seine Anteile aus Altersgründen nach gesellschaftsrechtlicher Umstrukturierung und Gründung der K. & D. Verwaltungs-GmbH und der K. & D. GmbH & Co. KG (Beigeladene Nr. 1) zum 1.1.2006 an den Kläger und M. D. sowie V. F. (Kaufpreis insgesamt offenbar rund 890.000 EUR); die Geschäftsimmobilie blieb im Eigentum des W. K. (vgl. i. e. das Unternehmenskonzept vom 2.8.2005).

Die Verwaltungs-GmbH (im Folgenden: Komplementär-GmbH) ist Komplementärin der Beigeladenen Nr. 1. Kommanditisten sind V. F., M. D. und der Kläger. Das Stammkapital der Komplementär-GmbH beträgt 25.000 EUR (§ 3 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrags). Davon hält V. F. 15.000 EUR, (60 %) der Kläger und M. D. halten jeweils 5.000 EUR (20 %). Die Kommanditeinlage bei der Beigeladenen Nr. 1 beträgt 50.000 EUR. Davon entfallen auf V. F. 30.000 EUR (60 %) und auf den Kläger und M. D. je 20.000 EUR (20 %; vgl. den notariellen Kaufvertrag vom 2.3.2006). Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist V. F ... Für die Beigeladene Nr. 1 ist V. F., M. D. und dem Kläger Prokura erteilt.

Gem. § 3 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Beigeladenen Nr. 1 (KG-Gesellschaftsvertrag) vom 3.3.2006 ist persönlich haftende Gesellschafterin die K. & D. Verwaltungs-GmbH (Komplementär-GmbH) ohne Kapitalanteil. Die Kommanditisten (V. F., M. D. und der Kläger) erbringen ihre Anteile durch Geldeinlage und müssen in dem Verhältnis, in dem sie am Gesellschaftskapital der Gesellschaft beteiligt sind auch am Stammkapital der Komplementärin beteiligt sein (§ 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 des KG-Gesellschaftsvertrags). Jeder persönlich haftende Gesellschafter vertritt die Gesellschaft jeweils einzeln unter Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB. Die Komplementärin ist zur Geschäftsführung der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet und übt ihre Funktion durch ihre Geschäftsführer (ebenfalls unter Befreiung vom Verbot des § 181 BGB) aus (§ 5 Abs. 1 und 2 des KG-Gesellschaftsvertrags). Zum Abschluss besonders wichtiger Geschäfte (wie: An- und Verkauf sowie Belastung von Grundstücken, Übernahme von Bürgschaften oder Sicherheitsleistungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, Kreditgewährung außerhalb der normalen Geschäftstätigkeit, Gründung oder Aufhebung von Niederlassungen, Beteiligung an anderen Unternehmen, Aufnahme neuer Geschäftszweige und Veränderung eines Schwerpunkts der Unternehmenstätigkeit, Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern mit einem Bruttomonatsgehalt über 2.500 EUR, Erwerb von beweglichem Anlagevermögen mit Kosten über 10.000 EUR, Abschluss von Pacht- oder Mietverträgen mit monatlicher Belastung über 1.000 EUR) bedarf die Geschäftsführung der Komplementärin der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung der KG (5 Abs. 3 des KG-Gesellschaftsvertrags). Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst (§ 8 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags). Für bestimmte Beschlüsse ist in § 8 Abs. 4 des KG-Gesellschaftsvertrags eine Mehrheit von mehr als 80% vorgeschrieben. Das betrifft Satzungsänderungen, Auflösungen, Umwandlungen, den Ausschluss eines Gesellschafters, den Abschluss von Vermögensverträgen sowie alle sonstige Maßnahmen, die bei einer GmbH ohne insoweit abweichende Satzungsbestimmung der Zustimmung von mehr als 80 % der abgegebenen Stimmen bedürfen (vgl. dazu etwa §§ 53, 60 GmbHG. Satzungsänderung bzw. Auflösung). Bei der Beschlussfassung über den Ausschluss eines Gesellschafters darf der davon betroffene Gesellschafter nicht mitstimmen (§ 12 Abs. 3 des KG-Gesellschaftsvertrags).

Der Gesellschaftsvertrag der Komplementär-GmbH (GmbH-Gesellschaftsvertrag) enthält dem Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen Nr. 1 weitgehend entsprechende Regelungen. Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wobei auf je 50 EUR Kapitalanteil 1 Stimme entfällt (§ 8 Nr. 1 und 2 des GmbH-Gesellschaftsvertrags). Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bedarf für besonders wichtige Geschäfte der Zustimmung der Gesellschafterversammlung; insoweit gilt eine der Bestimmung des § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Beigeladenen Nr. 1 entsprechende Bestimmung.

Bei der Beigeladenen Nr. 3 (Einzugsstelle) ging am 1.1.2006 eine Meldung des Klägers durch die Beigeladene Nr. 1 (gem. § 28a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch, SGB IV) ein. Als Meldegrund ist "10" (Anmeldung eines Versicherten bei Beginn der versicherungspflichtigen Beschäftigung), als Personenschlüssel ist "101" (sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ohne besondere Merkmale) angegeben. Das Statuskennzeichen "2" (geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH) ist nicht angegeben.

Am 23.6.2006 stellte der Kläger bei der Beigeladenen Nr. 3 einen Antrag auf sozialversicherungsrechtliche Überprüfung seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen Nr. 1 für die Zeit ab 1.1.2006. Im beigefügten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH ist angegeben, der Kläger sei seit 1.1.2006 GmbH-Gesellschafter und Geschäftsführer der zum 1.1.2006 gegründeten Komplementär-GmbH. Für das Stimmrecht sei einfache Mehrheit vorgesehen; durch Sonderrechte könne der Kläger Gesellschaftsbeschlüsse weder herbeiführen noch verhindern. Er habe dem Unternehmen Darlehen von 155.000 EUR und von 64.500 EUR (Darlehensverträge vom 3.3.006; Verwendungszweck des Darlehens: Finanzierung des Erwerbs von 20 % der Kapitalanteile an der Komplementär-GmbH und der Beigeladenen Nr. 1) gewährt und eine Bürgschaft über 220.000 EUR übernommen (Grundschuldbestellung für die Volksbank N. vom 3.3.2006 zur Sicherung der zuvor genannten Darlehen; dafür auch Bürgschaftsurkunde über eine Bürgschaft von 40.000 EUR). Er vertrete das Unternehmen für den Geschäftsbereich Key Account und Professional Printing und verfüge insoweit als einziger über die zur Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Die Arbeit sei nicht durch Arbeits- oder Dienstvertrag geregelt. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrage 60 bis 80 Stunden. Hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterliege der Kläger nicht wie ein fremder Arbeitnehmer dem Direktionsrecht der Gesellschaft und könne seine Tätigkeit frei gestalten; ein Weisungsrecht werde in der Praxis nicht ausgeübt. Personal könne er einstellen und entlassen. Urlaub sei nicht genehmigungsbedürftig. Die Abberufung/Kündigung sei nicht jederzeit bzw. nur aus wichtigem Grund möglich. Eine Kündigungsfrist sei nicht vereinbart. Der Kläger erhalte eine monatlich gleichbleibende, von der Ertragslage des Unternehmens unabhängige Vergütung als Gegenleistung für die geleistete Arbeit, die als Gehalt gebucht und von der Lohnsteuer abgeführt werde. Die Vergütung werde im Krankheitsfall für einen nicht geregelten Zeitraum fortgezahlt. Zusätzlich erhalte er Tantiemen.

In einem Schreiben des V. F. vom 6.6.2006 ist (unter Beifügung einer Beschreibung der Tätigkeit des Klägers) ergänzend ausgeführt, der Kläger unterliege keinerlei Weisungen und bestimme aufgrund seines besonderen Fachwissens und seiner Branchenkenntnisse die Geschicke der Gesellschaft. Die Entscheidungen der Gesellschafterversammlung würden von ihm maßgeblich mitbestimmt. Er sei am Gewinn beteiligt und müsse unter bestimmten Voraussetzungen auch Verluste mittragen.

Mit Schreiben vom 29.6.2006 übersandte die Beigeladene Nr. 3 den bei ihr am 23.6.2006 gestellten Antrag des Klägers auf sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit an die Beklagte. Gem. § 7a SGB IV sei hierfür deren Zuständigkeit gegeben, weil die Änderung zum 1.1.2006 erfolgt sei. Man bitte um Prüfung der Versicherungspflicht.

Mit Schreiben vom 3.7.2006 forderte die Beklagte den Kläger auf, einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status zu stellen; dieser werde zur weiteren Bearbeitung benötigt. Der angeforderte Antrag wurde (vom Kläger und der Beigeladenen Nr. 1) bei der Beklagten unter dem 13.7.2006 gestellt. Beantragt wurde eine Entscheidung über die Versicherungspflicht nach § 7a Abs. 1 SGB IV und die Feststellung, dass eine Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht vorliege.

Nach Anhörung des Klägers und der Beigeladenen Nr. 1 (Anhörungsschreiben vom 30.11.2006) stellte die Beklagte mit an den Kläger und die Beigeladene Nr. 1 gerichteten Bescheiden vom 25.1.2007 fest, dass die seit 2.3.2006 bei der Komplementär-GmbH der Beigeladenen Nr. 1 verrichtete Tätigkeit des Klägers als mitarbeitender Gesellschafter im Rahmen einer abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübt wird. Zur Begründung führte sie aus, die Gesellschaften, Komplementär-GmbH und Beigeladene Nr. 1, stellten rechtlich selbständige Unternehmen dar; für das Vorliegen einer Beschäftigung seien die Verhältnisse in beiden Unternehmen maßgeblich. Das Stimmrecht in der Komplementär-GmbH richte sich nach dem Geschäftsanteil; bei Beschlüssen der Gesellschafterversammlung sei einfache Mehrheit vorgesehen. Da der Kläger nur mit 20 % am Stammkapital der Komplementär-GmbH beteiligt sei, könne er keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens ausüben und insbesondere ihm nachteilige Gesellschafterbeschlüsse, auch hinsichtlich seines Mitarbeiterverhältnisses, nicht verhindern. Er sei auch in die vorgegebene Ordnung des Betriebes eingliedert und leiste fremdbestimmte Arbeit unter einem bei höheren Diensten zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinerten Weisungsrecht. Der Kläger beziehe ein monatliches Festgehalt, das im Krankheitsfall fortgezahlt werde. Die vom Kläger angeführten Darlehen dienten der Finanzierung des Erwerbs seiner Kapitalanteile und seien nicht dem Unternehmen gewährt worden. Ein Unternehmerrisiko erwachse dem Kläger auch nicht aus der Übernahme einer Bürgschaft. Insgesamt überwögen die für ein Beschäftigungsverhältnis sprechenden Gesichtspunkte.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger ergänzend vor, als Kommanditist und mitarbeitender Gesellschafter der Beigeladenen Nr. 1 übe er eine selbständige Tätigkeit aus. Er könne seine Arbeit frei gestalten und sei an Weisungen nicht gebunden. Das Grundgehalt werde im Krankheitsfall auf unbestimmte Zeit fortgezahlt; er sei auch am Gewinn beteiligt, der auch bei Krankheit ausgeschüttet werde. Die Verbuchung seines Gehalts als Betriebsausgabe folge rein steuerlichen Gründen. Ihm komme eine dem Alleininhaber eines Unternehmens vergleichbare Stellung zu. Aus dem zur Finanzierung des Kaufs seiner Geschäftsanteile aufgenommenen Darlehen von 220.000 EUR erwachse ihm ein Unternehmerrisiko. Sein Festgehalt betrage monatlich 7.490 EUR. Hinzukämen gesellschaftsvertraglich geregelte Gewinnanteile für 2006 von 220.000 EUR. Für ihn werde auch ein Verlustvortragskonto geführt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.9.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie (ergänzend) aus, die Feststellung, dass der Kläger seit 2.3.2006 bei der Beigeladenen Nr. 1 eine Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter und Prokurist im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe, bleibe bestehen. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Kommanditisten einer KG hänge von den Umständen des Einzelfalles ab. Aufgrund der Gesellschafterstellung sei ein Beschäftigungsverhältnis ausgeschlossen, wenn der Kommanditist seine Mitarbeit in der KG entsprechend den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag als persönlichen Beitrag zur Erreichung des Gesellschaftszwecks leiste. Davon sei regelmäßig auszugehen, wenn er ausschließlich aufgrund des Gesellschaftsvertrages zur Mitarbeit berechtigt und verpflichtet sei und im Gesellschaftsvertrag allenfalls noch Regelungen zur Vergütung für die Mitarbeit des Kommanditisten getroffen würden. Vorwegentnahmen, die nicht nach dem Umfang der Dienstleistung, sondern nach der Aufteilung des Gewinns und Verlustes abgestuft seien, stellten kein Arbeitsentgelt dar, es sei denn, am Jahresende werde ein Ausgleich nach der tatsächlich geleisteten Arbeit vorgenommen. Die Gesellschafterstellung schließe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur KG aber nicht aus, wenn der Gesellschaftsvertrag konkrete arbeitsrechtliche Vereinbarungen (z. B. Arbeitszeit, Urlaubsanspruch, Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall, Kündigungsschutz) festlege, sich die Verpflichtungen des Kommanditisten zur Mitarbeit in der KG neben den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag auch aus einem zusätzlichen Arbeitsvertrag ergebe oder die Verpflichtung zur Mitarbeit weder im Gesellschaftsvertrag noch in einem Arbeitsvertrag geregelt sei, es sei denn, der Kommanditist habe als Gesellschafter maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft und könne infolge dessen - ggf. aufgrund eigener Entschließung - sein eigenes Arbeitsverhältnis maßgebend beeinflussen. Aus den Regelungen des Handelsgesetzbuchs (HGB) sei der erforderliche Einfluss jedoch nicht abzuleiten, da der Kommanditist von Geschäftsführung (§ 164 HGB) und Vertretungsmacht (§ 170 HGB) ausgeschlossen sei und außerdem nur an Gesellschaftsbeschlüssen, die für außergewöhnliche, die Grundlage der Gesellschaft verändernde Vorgänge erforderlich seien, beteiligt werden müsse.

Der Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen Nr. 1 enthalte keine Regelungen über die Verpflichtung des Klägers zur Mitarbeit; auch ein Arbeitsvertrag sei nicht geschlossen worden. Der Gesellschaftsvertrag der Komplementär-GmbH verpflichte und berechtige den Kläger ebenfalls nicht zur Mitarbeit. Mit einem Kapitalanteil von 20 %. könne der Kläger ihm nachteilige Beschlüsse nicht verhindern, da nur für wenige Beschlüsse eine Mehrheit von über 80 % vorgesehen sei. Gem. § 12 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der Beigeladenen Nr. 1 dürfe bei der Beschlussfassung über den Ausschluss eines Gesellschafters der davon betroffene Gesellschafter nicht mitstimmen. Die Erteilung von Prokura begründe das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit nicht. Nach der Eintragung im Handelsregister sei der Kläger auch nicht vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit und auch nicht alleinvertretungsberechtigt. Gewinnbeteiligungen würden auch abhängig Beschäftigten, insbesondere leitenden Angestellten, eingeräumt. Im Vordergrund stehe das mögliche Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung. Der Kläger sei in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation tätig und könne ihm nicht genehme Beschlüsse nicht verhindern.

Am 9.10.2007 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm. Er trug vor, als am Kapital der Gesellschaft beteiligter und vom Verbot der Selbstkontrahierung (§ 181 BGB) befreiter Prokurist könne er maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen des Unternehmens ausüben. Er leite den Bereich Einkauf völlig eigenständig und verfüge für die maßgeblichen Gesellschafterbeschlüsse über eine Sperrminorität (§ 8 Abs. 4 des KG-Gesellschaftsvertrages), die über die gesetzlichen Regelungen weit hinausgehe. Bisher sei es aber noch nie zur Überstimmung eines Gesellschafters gekommen, vielmehr trage man die wichtigen Entscheidungen regelmäßig gemeinsam. Für den Erwerb der Kapitalanteile im Rahmen eines Management-Buy-Out habe er ein Darlehen über 220.000,00 EUR aufgenommen und dafür seine privat genutzte Immobilie beliehen. Daraus folge ein erhebliches unternehmerisches Risiko. Die Erträge aus seiner Gesellschafterstellung überstiegen seine Gehaltsansprüche bei weitem (Gewinnanteile: 2007 300.000 EUR, 2008 380.000 EUR; Jahresgehalt: ca. 90.000 EUR). Das Gehalt habe man lediglich als Sicherheit für die kreditgebenden Banken vereinbart. Anders als die etwa 40 abhängig Beschäftigten des Unternehmens oder die Mitgesellschafter V. F. und M. D. bekomme er keinen Zuschuss für die Altersvorsorge. Den vertraglichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen schöpfe er nicht aus. Dass man nur einen Geschäftsführer (V. F.) habe in das Handelsregister eintragen lassen, beruhe auf Praktikabilitätsgründen; das Unternehmen habe nicht unnötig aufgebläht werden sollen.

Die Beigeladene Nr. 1 gab an, der Kläger übe seine Tätigkeit vollkommen weisungsfrei aus. Seine Berufs- und Markterfahrung seien für den unternehmerischen Erfolg der Gesellschaft unabdingbar.

Die Beklagte trug vor, die Befreiung vom Verbot des § 181 BGB werde auch bei Geschäftsführern zunehmend üblich und besage daher für den sozialversicherungsrechtlichen Status wenig. Der Kläger sei mitarbeitender Kommanditist einer KG mit Prokura und als solcher abhängig beschäftigt.

Mit Bescheid vom 15.9.2008 stellte die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg fest, dass der Kläger ab 27.3.2007 nicht gem. § 2 Satz 1 Nr. 8 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI: in die Handwerksrolle eingetragene Gewerbetreibende) versicherungspflichtig zur Rentenversicherung ist. Er verfüge als Gesellschafter einer in die Handwerksrolle eingetragenen Personengesellschaft nicht über den handwerksrechtlich (zur Eintragung in die Handwerksrolle) erforderlichen Befähigungsnachweis. Wenn er bereits jetzt Beiträge zur Rentenversicherung zahlen wolle, könne er zwischen der freiwilligen Versicherung und der Antragspflichtversicherung für Selbständige wählen.

Die Beklagte trug hierzu vor, die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg habe eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht vorgenommen.

Mit Urteil vom 14.5.2009 (S 13 R 7422/07) verurteilte das Sozialgericht Stuttgart die Beklagte (unter Aufhebung der dem entgegenstehenden Bescheide) dazu festzustellen, dass die von M. D. bei der Beigeladenen Nr. 1 verrichtete Tätigkeit (als mitarbeitender Gesellschafter und Prokurist) nicht im Rahmen eines abhängigen und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten (Verfahren L 4 R 4138/09) wurde wieder zurückgenommen; diese beruhte auf einem zuvor irrtümlich erklärten Rechtsmittelverzicht.

Mit Urteil vom 9.6.2010 hob das Sozialgericht (Ulm) den Bescheid der Beklagten vom 25.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.9.2007 auf und stellte fest, dass die seit 1.1.2006 bei der Beigeladenen Nr. 1 ausgeübte Tätigkeit des Klägers als mitarbeitender Gesellschafter und Prokurist nicht im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird.

Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, der Kläger sei selbständig (unternehmerisch) tätig. Zeit, Ort, Art und Dauer seiner Tätigkeit bestimme er selbst. Hierfür seien die Kundenwünsche und die Effizienz interner Abläufe maßgeblich. Zur Abgrenzung gegenüber (abhängig beschäftigten) leitenden Angestellten müsse auf die gesellschaftsrechtliche Position des Klägers abgestellt werden. Nach dem Unternehmenskonzept und den Angaben in der mündlichen Verhandlung (in der Sitzungsniederschrift nicht festgehalten) übe der Kläger auch im Hinblick auf seine Sachkunde und seine Marktkenntnis im praktischen Alltagsgeschäft einen erheblichen und letztlich dominierenden Einfluss im Unternehmen aus. Ein individualisiertes Weisungsrecht der Beigeladenen Nr. 1 bestehe nicht. Vielmehr könne der Kläger wegen seines Einflusses auf die Willensbildung der Gesellschaft an ihn gerichtete Einzelanweisungen faktisch verhindern. Bisher seien auch alle Beschlüsse einvernehmlich gefasst worden. Bei den Entscheidungen in der laufenden Geschäftsführung sei der Kläger nicht von der Zustimmung des persönlich haftenden Gesellschafters (Komplementär) oder von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung abhängig. Er trage zudem ein erhebliches unternehmerisches Risiko, da er den Erwerb seiner Gesellschaftsanteile mit einem durch seine private Immobilie abgesicherten Darlehen über 220.000 EUR finanziert habe. Wegen der beträchtlichen Haftung mit seinem persönlichen Vermögen entspreche der Kläger dem Leitbild des Unternehmers.

Auf das ihr am 5.8.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.8.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, gegen das (vom Sozialgericht in Bezug genommene) Urteil des LSG Hessen vom 23.11.2006 (- L 1 KR 763/03 -) habe sie Revision eingelegt, über die das BSG (wegen Rücknahme der Klage) aber nicht habe entscheiden müssen. Im Hinblick auf die übrigen Sozialversicherungszweige sei das genannte Urteil als Einzelfallentscheidung anzusehen. Nach § 3 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags seien die Gesellschafter nach Maßgabe ihrer Gesellschaftsanteile auch am Stammkapital der Komplementär-GmbH beteiligt. Wie der Kommanditist M. D. halte der Kläger einen Kapitalanteil von 20% und sei zugleich Prokurist der Beigeladenen Nr. 1. Beherrschender Gesellschafter mit Anteilen von 60% und einziger Geschäftsführer sei demgegenüber V. F ... Aus der unterschiedlichen Verteilung der Kapitalanteile und der damit verbundenen Rechtsmacht bei der Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung gehe hervor, dass ein gleichberechtigtes Nebeneinander der Gesellschafter nicht bestehe. Den Minderheitsgesellschaftern sei eine umfassende Sperrminorität nicht eingeräumt worden. Dass man sich bei der Willensbildung immer geeinigt habe, spreche nicht für eine weisungsfreie und damit selbständige Tätigkeit des Klägers. Nach der Rechtsprechung des BSG gehöre zu den tatsächlichen Verhältnissen eines zu beurteilenden Vertragsverhältnisses auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht, und zwar unabhängig von ihrer Ausübung. Der Kläger sei auch nur für bestimmte Geschäftsbereiche zuständig und habe nicht die Rechtsstellung eines Geschäftsführers (vgl. dazu BSG, Beschl. v. 21.1.2009, - B 12 KR 15/07 B -).

Mit Bescheid vom 21.2.2011 hat die Beklagte (in Abänderung bzw. Ergänzung des Bescheids vom 25.1.2007/Widerspruchsbescheids vom 20.9.2007) festgestellt, dass der Kläger in der seit 2.3.2006 ausgeübten Beschäftigung als mitarbeitender Gesellschafter und Prokurist der Beigeladenen Nr. 1 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. In der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung bestehe wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze Versicherungsfreiheit.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9.6.2010 aufzuheben und die Klage (auch gegen den Ergänzungsbescheid vom 21.2.2011) abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und den Ergänzungsbescheid vom 21.2.2011 aufzuheben.

Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und bekräftigt sein bisheriges Vorbringen. Seine Urlaubsplanung richte sich ausschließlich nach den Bedürfnissen des Betriebes; außerdem schöpfe er den Urlaubsanspruch nicht aus. Er handele im Unternehmen selbständig ohne Rücksprache mit Dritten und bestimme Zeit, Ort, Art und Dauer der Tätigkeit allein in Orientierung am Servicegedanken, den Kundenwünschen und der Effizienz interner Abläufe. Er sei alleinvertretungsberechtigt und am Gewinn entsprechend seines Kapitalanteils beteiligt. Auch ein Verlustvortragskonto werde geführt. Entgegen der Ansicht der Beklagten verfüge er über eine Sperrminorität; das folge aus § 8 Abs. 4 des KG-Gesellschaftsvertrags. Die Gesellschafter V. F., M. D. und er seien untereinander gleichberechtigt. Für den ebenfalls über einen Kapitalanteil von 20 % verfügenden Mitgesellschafter M. D. sei durch (rechtskräftiges) Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.5.2009 (- S 13 R 7422/07 -) das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit festgestellt worden. Mittlerweile habe die Beigeladene Nr. 3 gezahlte Beiträge auch erstattet.

Die Beigeladene Nr. 3 hat mitgeteilt, man habe dem Kläger gezahlte Beiträge in der irrtümlichen Annahme, das angefochtene Urteil sei rechtskräftig geworden, erstattet; eine Rechtspflicht sei damit nicht anerkannt worden. Seit dem 1.10.2000 sei der Kläger privat krankenversichert, weswegen sie nur noch für die Einziehung der (streitgegenständlichen) Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge zuständig sei. Eine Beiladung der Pflegekasse sei entbehrlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist zunächst der Bescheid der Beklagten vom 25.1.2007 bzw. der Widerspruchsbescheid vom 20.9.2007. Ebenfalls Verfahrensgegenstand ist der während des Berufungsverfahrens ergangene Bescheid vom 21.2.2011, mit dem die Beklagte die genannten Bescheide ergänzt hat. Das folgt aus § 96 Abs. 1 SGG i. v. m. § 153 Abs. 1 SGG.

Gem. § 96 Abs. 1 SGG (i. V. m. § 153 Abs. 1 SGG) wird nach Klagerhebung bzw. Berufungseinlegung ein neuer Verwaltungsakt (nur) dann, Gegenstand des Klage- bzw. Berufungsverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Abändern oder Ersetzen i. S. d. § 96 Abs. 1 SGG setzt voraus, dass der Regelungsgegenstand des neuen und in das Verfahren einzubeziehenden Verwaltungsakts mit dem Regelungsgegenstand des früheren Verwaltungsakts identisch ist, was durch einen Vergleich der Verfügungssätze festzustellen ist. Eine Abänderung oder Ersetzung liegt grds. nur vor, wenn die Beschwer des Betroffenen gemindert oder vermehrt wird (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 96 Rdnr. 4af. m. w.N.). In Verfahren zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status Beschäftigter bzw. selbständig Erwerbstätiger kann im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 11.3.2009, - B 12 R i 1/07 R - und v. 4.6.2009, - B 12 R 6/08 R -, dazu noch im Folgenden) eine gem. § 96 Abs. 1 SGG zu behandelnde Abänderung des Verwaltungsakts nach Auffassung des Senats auch darin liegen, dass die Behörde einen Statusfeststellungsbescheid, dessen Regelung (Verfügungssatz) sich in rechtlich nicht zulässiger Weise auf einzelne, für sich allein nicht regelbare Regelungselemente des Verfahrensgegenstandes - namentlich die isolierte Feststellung einer abhängigen Beschäftigung -, beschränkt oder nach Auffassung der Behörde zu beschränken scheint, durch entsprechende Ergänzungsbescheide, ggf. vorsorglich, um die fehlenden Regelungselemente - die Feststellung der Sozialversicherungspflicht zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung - zur rechtlich zulässigen ,,Vollregelung" vervollständigt. Der zunächst unvollständige oder unvollständig erscheinende Verfügungssatz wird mit dem Ergänzungsbescheid durch die damit vorgenommene Einfügung der fehlenden Regelungselemente - ggf. auch nur klarstellend und bestätigend - geändert i. S. d. § 96 Abs. 1 SGG. Entsprechendes gilt für die Festlegung der statusrechtlich beurteilten Tätigkeit, sofern diese im Statusfeststellungsbescheid (zu) unvollständig umschrieben worden ist. In beiden Fallgestaltungen treten die Ergänzungsbescheide nicht im Zuge der Ersetzung gem. § 96 Abs. 1 SGG gänzlich an die Stelle der ursprünglichen Statusfeststellungsbescheide (Senatsurteil vom 24.11.2010, - L 5 KR 357/10 – m. w. N.).

Hier hat die Beklagte mit dem Ergänzungsbescheid vom 21.2.2011 festgestellt, dass der Kläger in der seit 2.3.2006 bei der Beigeladenen Nr. 1 ausgeübten Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter und Prokurist der Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt, während in der Kranken- und Pflegeversicherung wegen Überschreitens der Jahresentgeltgrenze Versicherungsfreiheit besteht. Sie hat damit Defizite des Bescheids vom 25.1.2007 bzw. des Widerspruchsbescheids vom 20.9.2007 hinsichtlich der Tätigkeitsbeschreibung und der Feststellung der Sozialversicherungspflicht behoben und diese Bescheide entsprechend ergänzt, weswegen der Ergänzungsbescheid nach dem Gesagten Streitgegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist.

II. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig (unten 1). Sie sind auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger in der seit 2.3.2006 bei der Beigeladenen Nr. 1 ausgeübten Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter und Prokurist der Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt (unten 2). Das Urteil des Sozialgerichts kann deshalb keinen Bestand behalten. Es ist auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage ist abzuweisen. Auch der Ergänzungsbescheid der Beklagten vom 21.2.2011 ist rechtmäßig. Die auf seine Aufhebung gerichtete Klage des Klägers ist daher ebenfalls abzuweisen (unten 3).

1.) Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu deren Erlass (sachlich) zuständig (unten a). Die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt und beschränken sich nicht auf eine (unzulässige) Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses (unten b).

a.) Die Beklagte (D. Bund - C.-Stelle) zum Erlass der angefochtenen Bescheide (sachlich) zuständig; sie hat sie zu Recht im Anfrageverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV erlassen. Ein Einzugsstellenverfahren in der Zuständigkeit der Beigeladenen Nr. 3 gem. § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV war nicht vorrangig durchzuführen.

aa.) Das Einzugsstellenverfahren ist in § 28h SGB IV geregelt. Gem. § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV entscheidet die Einzugsstelle - die die Krankenversicherung durchführende Krankenkasse (§ 28h Abs. 1 i. V. § 28i SGB IV) - über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. In diesem Verfahren können Feststellungen nicht nur von Amts wegen, sondern auch auf Antrag von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern getroffen werden (vgl. BSG, Urt. v. 23.9.2003, - B 12 RA 3/02 R -; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. 15.8.2007, - L 31 KR 128/07 -; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 19.2.2008, - L 11 KR 5528/07 -).

Das Anfrageverfahren ist Gegenstand der Bestimmung in § 7a SGB IV. Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet (fakultatives Statusfeststellungsverfahren). Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist (obligatorisches Statusfeststellungsverfahren). Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV (Einzugsstelle) die Deutsche Rentenversicherung Bund (C.-Stelle § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV).

Mit dem fakultativen Statusfeststellungsverfahren des § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV sollen eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht, divergierende Entscheidungen verhindert (vgl. BT-Drucks 14/1855, S. 6) und den Beteiligten Rechtssicherheit verschafft werden. Die Prüfung der Statusfrage bzw. die Überprüfung der entsprechenden Beurteilung des Arbeit- oder Auftraggebers erfolgt nämlich regelmäßig erst im Nachhinein im Zuge von Betriebsprüfungen (§ 28p SGB IV). Den Arbeit- oder Auftraggeber trifft daher das Risiko, bei fehlerhafter Statusbeurteilung ggf. Beiträge (im Rahmen der Verjährung, § 25 SGB IV) nachzahlen zu müssen. Dieses Risiko konnte er bis zum Inkrafttreten des § 7a SGB IV nur durch die Beantragung einer Entscheidung der Einzugsstelle (gem. § 28h Abs. 2 SGB IV, "Einzugsstellenverfahren") vermeiden (vgl. Knospe, in Hauck/Noftz, SGB IV § 7a Rdnr. 4).

Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren des § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV betrifft in der Praxis besonders "prekäre Sachverhalte", in denen von Amts wegen bei einer zentralen Stelle (C.-Stelle der Deutschen Rentenversicherung Bund) für alle Sozialversicherungszweige umfassend (vgl. etwa § 336 Sozialgesetzbuch Drittes Buch, SGB III, zum Leistungsrecht der Arbeitsverwaltung) eine verbindliche Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status erfolgen soll (vgl. BT-Drs. 15/5251, S. 4,5). Der "prekäre Sachverhalt" (etwa die Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH) muss sich - so § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV - aus der "Meldung des Arbeitgebers" ergeben. Dieses Tatbestandsmerkmal wird ausdrücklich durch die als Klammerverweisung gefasste Bezugnahme auf § 28a SGB IV, der die Meldepflicht des Arbeitgebers und die Modalitäten und den Inhalt der Arbeitgebermeldung im einzelnen festlegt, konkretisiert. Damit sind andere Quellen für die Feststellung der genannten "prekären Sachverhalte" ausgeschlossen. Eine über den (engen) Wortlaut hinausgehende entsprechende Anwendung des § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV, etwa auf sonstige Mitteilungen, wie Antragsschriftsätze oder zur Statusfeststellung eingereichte Fragebögen, kommt auch im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Vorschrift nicht in Betracht (Senatsurteile vom 16.6.2010, - L 5 KR 5179/08 – und vom 24.11.2010, - L 5 KR 357/10 -; vgl. auch das Rundschreiben des GKV-Spitzenverbands, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit vom 13.4.2010, S. 15 ff.).

Die Meldepflicht des Arbeitgebers, auf die die Bestimmung über das obligatorische Statusfeststellungsverfahren in § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV Bezug nimmt, ist in § 28a SGB IV näher geregelt. In dieser Vorschrift sind der Inhalt der Arbeitgebermeldung und das Meldeverfahren im einzelnen festgelegt. Sie wird ergänzt durch die Bestimmungen der Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung (DEÜV vom 23.1.2006, BGBl. I, S. 152). Unter Meldung i. S. d. § 7a Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 28a SGB IV sind allein Anmeldungen des Beschäftigten nach § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV zu verstehen, da die Meldetatsachen, auf die § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV sich bezieht, auch nur als deren Inhalt vorgeschrieben sind (§ 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe d und e SGB IV). Eine Anmeldung in diesem Sinne ist gem. § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV i. V. m. § 6 DEÜV beim Beginn der Beschäftigung zu erstatten; als Meldegrund wird "10" angegeben. Die Meldetatsachen des § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe d und e SGB IV (die "prekären Sachverhalte") werden mit den Statuskennzeichen "1" (Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers) bzw. "2" (geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH) bezeichnet. Nach einer entsprechenden Anmeldung des Arbeitgebers kann im Wege des von der Einzugsstelle daraufhin gem. § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV zu beantragenden obligatorischen Statusfeststellungsverfahrens von der C.-Stelle der Deutschen Rentenversicherung Bund sogleich rechtsverbindlich geklärt werden, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder nicht. Ob die Einzugsstelle auch bei anderen Meldeanlässen, bei denen eine Anmeldung zu erfolgen hat, wie beim Wechsel der Krankenkasse (vgl. § 12 Abs. 1 DEÜV), ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren beantragen muss, mag dahinstehen. Jedenfalls genügen Meldungen, die keine Anmeldung im beschriebenen Sinne darstellen, insbesondere Jahresmeldungen (§ 28a Abs. 2, Abs. 3 Satz2 Nr. 3 SGB IV, § 10 DEÜV – Meldegrund "50") hierfür nicht.

Mit der Einführung des (fakultativen) Anfrageverfahrens gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV stehen den Versicherten und ihren Arbeitgebern zwei gleichwertige Verfahren zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status bzw. der Sozialversicherungspflicht zur Verfügung. Der Gesetzgeber hat dem Anfrageverfahren in § 7a SGB IV nicht den grundsätzlichen Vorrang vor dem Einzugsstellenverfahren nach § 28h Abs. 2 SGB IV zugewiesen und auch nicht die Ausschließlichkeit des Anfrageverfahrens zur Klärung der Sozialversicherungspflicht angeordnet; § 28 h Abs. 2 SGB IV ist nicht in diesem Sinne geändert und etwa auf von Amts wegen durchgeführte Verfahren beschränkt worden. Damit ist den Beteiligten (Beschäftigter bzw. Arbeitgeber) im Grundsatz ein Recht auf Verfahrenswahl eröffnet; sie können sich zwischen dem Anfrageverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund und dem Einzugsstellenverfahren bei der Krankenkasse entscheiden. Dieses Recht ist gesetzlich gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IV in zwei Fällen des zeitlichen und sachlichen Verfahrensvorrangs eingeschränkt. Aus § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV folgt der zeitliche Vorrang von Statusverfahren anderer Behörden vor dem Anfrageverfahren, da das Anfrageverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht beantragt werden kann, wenn die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung (bzw. der Sozialversicherungspflicht) eingeleitet hatte. Dabei kann es sich um ein Einzugsstellenverfahren bei der Krankenkasse oder um eine Betriebsprüfung (§ 28p SGB IV) durch einen Rentenversicherungsträger (Prüfstelle) handeln. Aus § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV folgt der sachliche Vorrang des vorstehend näher dargestellten obligatorischen Anfrageverfahrens für "prekäre Sachverhalte". Hinsichtlich der – hier nicht in Rede stehenden - Fallgestaltung, dass die Beteiligten nach Beantragung des (fakultativen) Anfrageverfahrens gem. § 7a SGB IV im weiteren Verlauf (doch) das Einzugsstellenverfahren wählen wollen, ist die Verfahrenskonkurrenz gesetzlich nicht geregelt. Deswegen kann in solchen Fällen das Recht der Verfahrenswahl grundsätzlich ohne Einschränkung ausgeübt und ggf. ein Antrag auf Durchführung des Einzugsstellenverfahrens auch gem. § 41 Abs. 1 Nr. 1 SGB X nachträglich gestellt werden (vgl. zu einem Fall dieser Art Senatsurteil vom 11.5.2011, - L 5 KR 4847/09 -).

Wann ein gegenüber dem Anfrageverfahren gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV (zeitlich) vorrangiges Statusverfahren, namentlich ein Einzugsstellenverfahren nach § 28h Abs. 2 SGB IV, im Rechtssinne eingeleitet ist, legt § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV nicht näher fest. Hierfür sind im Ausgangspunkt die gem. § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) anzuwendenden allgemeinen Regelungen in § 18 SGB X heranzuziehen. Danach entscheidet die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und wann sie ein Verwaltungsverfahren durchführt (Satz 1). Das gilt nicht, wenn die Behörde auf Grund von Rechtsvorschriften von Amts wegen oder auf Antrag tätig werden muss (Satz 2 Nr. 1), oder wenn sie nur auf Antrag tätig werden darf und ein Antrag nicht vorliegt (Satz 2 Nr. 2). Verwaltungsverfahren ist die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörde, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsakts (oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags) gerichtet ist (§ 8 SGB X). Muss die Behörde (wie regelmäßig in der Sozialverwaltung) auf Antrag tätig werden, beginnt das Verwaltungsverfahren gem. § 18 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. SGB X grundsätzlich mit dem Eingang des Antrags (§ 16 Satz 1 SGB I), dessen Entgegennahme die Behörde auch dann nicht verweigern darf, wenn sie ihn für unzulässig hält (§ 20 Abs. 3 SGB X); mit Eingang des Antrags wird das Verwaltungsverfahren bei der Behörde anhängig. In den Fällen des § 18 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. SGB X darf die Behörde anders als in den Fällen des Satzes 1 dieser Vorschrift auch grundsätzlich nicht nach Ermessen darüber entscheiden, ob sie ein Verwaltungsverfahren einleitet oder nicht. Deswegen mag im Allgemeinen eine Unterscheidung zwischen der Anhängigkeit des Verwaltungsverfahrens durch Antragstellung des Beteiligten (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB X) und der Einleitung des Verwaltungsverfahrens durch die Behörde nicht stattfinden und auch entbehrlich sein. Für das Verhältnis des Anfrageverfahrens nach § 7a Abs. 1 SGB IV zum Einzugsstellenverfahren nach § 28h Abs. 2 SGB IV ist dies jedoch nicht zulässig. Das folgt aus Wortlaut und Zweck des § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV und auch (mit Einschränkung) aus der gesetzlichen Konzeption des Anfrageverfahrens.

Dass durch Antragstellung für sich allein ein mit dem Anfrageverfahren zeitlich konkurrierendes Statusverfahren bei einer anderen Behörde, namentlich ein Einzugsstellenverfahren bei der Krankenkasse, i. S. d. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV noch nicht als eingeleitet anzusehen ist, tritt schon im Wortlaut der Vorschrift hervor. Das Gesetz unterscheidet nämlich klar zwischen der Antragstellung durch die Beteiligten und der Einleitung des Verwaltungsverfahrens durch die Behörde. Die Stellung eines Antrags auf Durchführung des Anfrageverfahrens ist nämlich nicht bereits dann unzulässig, wenn zuvor bei der Einzugsstelle oder einem anderen Versicherungsträger ein Antrag auf die Feststellung einer Beschäftigung (der Sozialversicherungspflicht) gestellt worden war, sondern nur dann, wenn die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger ein Verwaltungsverfahren zur Statusfeststellung eingeleitet hatte. Das entspricht nach Auffassung des Senats auch dem Zweck der in § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV getroffenen Regelung zur Verfahrenskonkurrenz. Es soll verhindert werden, dass Beteiligte ein bei der Einzugsstelle oder bei einem anderen Versicherungsträger in der Sache bereits "laufendes" Statusverfahren (Einzugsstellenverfahren der Krankenkasse oder Betriebsprüfung des Rentenversicherungsträgers) "unterlaufen", indem sie nach Einleitung des zeitlich vorrangigen Verfahrens einen Antrag auf Durchführung des Anfrageverfahrens bei der Deutschen Rentenversicherung Bund stellen. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV modifiziert daher mit seiner Sonderregelung zur Verfahrenskonkurrenz die allgemeinen Bestimmungen des SGB X und geht diesen für seinen Anwendungsbereich gem. § 37 Satz 1 SGB I vor. Auch die Konzeption des Anfrageverfahrens als fakultatives und obligatorisches Verfahren (§ 7a Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IV) verdeutlicht, dass mit der bloßen Antragstellung bei der Einzugsstelle ein Statusverfahren (Einzugsstellenverfahren) zwar anhängig, aber noch nicht i. S. d. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV eingeleitet ist. Denn die Einzugsstelle kann – und sei es auf der Grundlage einer irrigen Rechtsauffassung - nach Eingang eines Antrags auf Statusfeststellung (was vorliegend auch geschehen ist) prüfen, ob sie das Einzugsstellenverfahren in eigener Zuständigkeit durchführen darf (und muss) oder ob sie gem. § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV bei der Deutschen Rentenversicherung Bund einen Antrag auf Durchführung des obligatorischen Anfrageverfahrens zu stellen hat. Eine solche Prüfung erschöpft sich in der Klärung der formell-verfahrensrechtlichen Zuständigkeitsfrage; eine Verwaltungstätigkeit zur Klärung der materiell-sozialversicherungsrechtlichen Statusfrage wird noch nicht entfaltet. Diese kann etwa dann beginnen mit der Folge, dass das Statusverfahren nunmehr gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV eingeleitet ist, wenn die (von ihrer Zuständigkeit ausgehende) Behörde Maßnahmen zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts (§ 20 Abs. 1 SGB X) ergreift, beispielsweise Fragebögen an die Beteiligten übersendet (vgl. etwa Knospe in Hauck/Noftz, SGB IV § 7a Rdnr. 25). Das gilt entsprechend, wenn nicht der zeitliche Vorrang eines Einzugsstellenverfahrens, sondern einer Betriebsprüfung gem. § 28p SGB IV in Rede steht. Hier entfällt freilich meist die Antragstellung, da die Prüfstellen (Rentenversicherungsträger) regelmäßig von Amts wegen tätig werden (vgl. aber § 28p Abs. 1 Satz 2 SGB IV: Prüfung auf Verlangen des Arbeitgebers). Auch dann können die Beteiligten die Durchführung des Anfrageverfahrens noch solange beantragen, bis die Betriebsprüfung eingeleitet ist. Wann genau dies der Fall ist, braucht der Senat für das vorliegende Berufungsverfahren aber nicht abschließend festzulegen.

bb.) Davon ausgehend war die Beklagte zum Erlass der angefochtenen Bescheide, einschließlich des Ergänzungsbescheids vom 21.2.2011, sachlich zuständig. Der Kläger hatte zwar unter dem 29.6.2006 bei der Beigeladenen Nr. 3 die Durchführung des Einzugsstellenverfahrens zur Klärung der Sozialversicherungspflicht seiner ab 2006 bei der Beigeladenen Nr. 1 verrichteten Tätigkeit beantragt. Damit allein ist das Einzugsstellenverfahren aber noch nicht i. S. d. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV eingeleitet worden. Die Beklagte hat – wie aus dem Schreiben vom 29.6.2006 unzweifelhaft hervorgeht - eine auf die materielle Klärung der Statusfrage gerichtete Verwaltungstätigkeit auch nicht entfaltet. Sie hat vielmehr ausschließlich die Verfahrensfrage geprüft, ob sie zur Durchführung des Einzugsstellenverfahrens in eigener Zuständigkeit befugt ist oder gem. § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV bei der Beklagten einen Antrag auf Durchführung des obligatorischen Anfrageverfahrens stellen muss. Letzteres hat sie angenommen und den Antrag nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV deswegen mit dem genannten Schreiben vom 29.6.2006 auch gestellt. Dies geschah indessen zu Unrecht, da – die im Antrag des Klägers angegebene Rechtsposition als Geschäftsführer einer GmbH unterstellt – der zum obligatorischen Anfrageverfahren führende "prekäre Sachverhalt" nicht aus einer Arbeitgebermeldung nach § 28a SGB IV hervorgeht. Eine Anmeldung des Klägers mit der in Rede stehenden Meldetatsache bzw. dem hierfür zu verwendenden Statuskennzeichen "2" liegt nicht vor. In der bei der Beigeladenen Nr. 3 am 1.1.2006 eingegangenen Anmeldung des Klägers (Meldegrund "10") ist nämlich der Personenschlüssel "101" für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ohne besondere Merkmale verwendet worden. Deswegen wäre an sich die Beigeladene Nr. 3 zur Durchführung des Einzugsstellenverfahrens in eigener Zuständigkeit befugt und – hätte der Kläger hierauf bestanden – auch verpflichtet gewesen. Da ein dem Anfrageverfahren zeitlich vorgehendes Statusverfahren nach dem Gesagten noch nicht gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV eingeleitet war, stand dem Kläger das Recht der Verfahrenswahl zwischen Einzugsstellen- und Anfrageverfahren noch zu. Dieses hat er mit Erklärung vom 13.7.2006 abschließend ausgeübt, indem er auf Anregung der Beklagten bei dieser den Antrag auf Durchführung des (fakultativen) Anfrageverfahrens gestellt und damit zugleich zum Ausdruck gebracht hat, dass ein Einzugsstellenverfahren durch die Beigeladene Nr. 3 nicht mehr stattfinden soll; die ausdrückliche Rücknahme des bei dieser ursprünglich gestellten Antrags ist entbehrlich, da sich dieser mit dem Antrag vom 13.7.2006 auf Durchführung des Anfrageverfahrens erledigt hat.

b.) Die angefochtenen Bescheide sind inhaltlich ausreichend bestimmt und beschränken sich nicht auf eine unzulässige "Elementenfeststellung".

Gem. § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG, Urt. v. 11.3.2009, - B 12 R 11/07 R -; Urt. v. 4.6.2009, - B 12 R 6/08 R -). Außerdem darf sich weder die im Anfrageverfahren (§ 7a SGB IV) noch die im Einzugsstellenverfahren (§ 28h SGB IV) ergehende Entscheidung auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung dieser Art ist nicht zulässig (BSG, Urt. v. 11.3.2009, - B 12 R 11/07 R -). Ein ggf. rechtswidriger Elementenfeststellungsbescheid kann jedoch auch noch im Klageverfahren durch einen den Anforderungen an eine rechtmäßige Statusfeststellung genügenden Bescheid nach § 96 SGG ergänzt bzw. ersetzt werden (Senatsurteil vom 24.11.2010, - L 5 KR 357/10 – m- w. N.).

Die Beklagte ist diesen Anforderungen gerecht geworden. Sie hat die vom Kläger bei der Beigeladenen Nr. 1 ausgeübte Tätigkeit als mitarbeitender Gesellschafter und Prokurist jedenfalls im Ergänzungsbescheid vom 21.2.2011 hinreichend bestimmt bezeichnet und sich auch nicht auf die isolierte Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beschränkt. Vielmehr ist festgestellt worden, dass für die in abhängiger Beschäftigung verrichtete Tätigkeit des Klägers Beitragspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung, wegen Überschreitung der maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, SGB XI) jedoch nicht zur Kranken- und Pflegeversicherung, besteht (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.11.2009, - L 4 KR 1540/08 -).

2.) Die Beklagte hat in der Sache zu Recht festgestellt, dass der Kläger bei der Beigeladenen Nr. 1 seit 2.3.2006 eine Beschäftigung i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ausübt und deswegen Beitragspflicht zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung besteht. Maßgebend ist der zuletzt ergangene Ergänzungsbescheid vom 21.2.2011. Deswegen ist unschädlich, dass sich (jedenfalls) der feststellende Verfügungssatz des Bescheids vom 25.1.2007 (insoweit bereits abweichend der Widerspruchsbescheid vom 20.9.2007) allein auf eine Tätigkeit des Klägers in der Komplementär-GmbH bezog.

a.) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.

Sind Tätigkeiten in Kapital- oder Personengesellschaften, wie einer GmbH oder einer Kommanditgesellschaft (KG) oder in einer Kombination solcher Gesellschaften, wie einer GmbH und & Co KG, sozialversicherungsrechtlich zu beurteilen, gelten diese Rechtsgrundsätze entsprechend. Dabei sind die Tätigkeiten in der jeweiligen Gesellschaft im Ansatz getrennt zu würdigen. Steht die Tätigkeit des Kommanditisten einer KG in Rede, bei der eine GmbH die Funktion des Komplementärs erfüllt, kommt es für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung aber im Schwerpunkt auf die konkrete Tätigkeit in der KG an.

Die Rechtsprechung hat sich bislang im Wesentlichen mit Tätigkeiten in einer GmbH befasst und dazu die folgenden Maßgaben entwickelt (vgl. Senatsurteil vom. 16.6.2010, - L 5 KR 5179/08 -):

Ist der Geschäftsführer nicht Gesellschafter, am Kapital der Gesellschaft also nicht beteiligt (Fremdgeschäftsführer), ist regelmäßig von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit ausnahmsweise aufheben. Das kann bspw. der Fall sein, wenn der Fremdgeschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil sie wirtschaftlich von ihm abhängig sind. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere bei Geschäftsführern angenommen, die mit den Gesellschaftern familiär verbunden waren (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2004, - L 9 AL 150/02 -). In (Sonder-)Fällen dieser Art überlagern die tatsächlichen die rechtlichen Verhältnisse in einem solchen Ausmaß, dass die an sich bestehende rechtliche Abhängigkeit ihre Bedeutung als prägendes Element der Tätigkeit verliert und eine Beschäftigung deswegen in Wahrheit nicht vorliegt. Dafür genügt es aber nicht, dass eine bestehende Rechtsmacht mit daraus folgenden Weisungsrechten (mangels tatsächlichen Anlasses) in der Geschäftspraxis nicht ausgeübt wird, solange sie nur aufrechterhalten bleibt und von ihr (bei gegebenem Anlass) Gebrauch gemacht werden kann. Dann gehört sie zu den Tatsachen, die für das Gesamtbild der Tätigkeit von Belang sind.

Ist der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter (Gesellschafter-Geschäftsführer), schließt ein maßgeblicher rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG, Urt. v. vom 23. Juni 1994, -B 12 RK 72/92 -; Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; dazu, hinsichtlich der Größe des Kapitalanteils, auch Hess LSG, Urt. v. 23.11.2006, - L 1 KR 763/03 - m.N. zur Rspr. des BSG). Solche Gesellschafter haben auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztendlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterliegen damit nicht dessen Weisungsrecht, bestimmen vielmehr über die unternehmerischen Entscheidungen in der Gesellschaft maßgeblich mit; sie haben daher den Status eines (Mit-)Unternehmers. Wesentliches Merkmal ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des daraus folgenden Einflusses auf die Gesellschaft. Gegen eine selbständige Tätigkeit spricht, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität oder über Sonderrechte zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen verfügt (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.4.2007, - L 11 KR 5748/06 -). Für diesen Personenkreis ist regelmäßig von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor, weil die tatsächlichen die rechtlichen Verhältnisse entsprechend überlagern (BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -).

Ist der Gesellschafter, ohne zum Geschäftsführer bestellt zu sein, bei der Gesellschaft angestellt (mitarbeitender bzw. angestellter Gesellschafter), besitzt er allein auf Grund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte (auch wenn er über die Hälfte des Stammkapitals verfügt) nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der GmbH nämlich Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (BSG, Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -). Im Übrigen bleibt es - wie beim Gesellschafter-Geschäftsführer - aber dabei, dass ein maßgeblicher rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft auf Grund der Gesellschafterstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausschließt, wenn der mitarbeitende bzw. angestellte Gesellschafter damit Einzelweisungen im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte.

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13.6.2007, - L 5 KR 2782/06 -; vom 25.4.2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14.2.2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11.10.2006, - L 5 KR 5117/04 -). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -).

b.) Davon ausgehend kann die Tätigkeit, die der Kläger bei der Beigeladenen Nr. 1 seit 2.3.2006 ausübt, nach ihrem Gesamtbild nicht als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden.

Gegen die Einstufung des Klägers als selbständig Erwerbstätigen sprechen in unternehmens- bzw. gesellschaftsrechtlicher Hinsicht zunächst die von den Beteiligten gewählte und umgesetzte Rechtskonstruktion der Komplementär-GmbH und der Beigeladenen Nr. 1 und die dem Kläger daraus erwachsende Rechtsstellung.

Wie der Mitgesellschafter M. D. ist der Kläger sowohl an der als Komplementärin der Beigeladenen Nr. 1 fungierenden GmbH wie an der Beigeladenen Nr. 1 selbst als Minderheitsgesellschafter nur mit 20% Kapital- bzw. Kommanditanteil beteiligt; der Mitgesellschafter V. F. hält als Mehrheitsgesellschafter jeweils 60 % der Anteile. Sonderrechte sind dem Kläger nicht eingeräumt. Da die Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH und der Beigeladenen Nr. 1 mit einfacher Mehrheit beschließt (§ 8 Nr. 1 und 2 bzw. § 8 Abs. 3 der Gesellschaftsverträge), kann der Kläger ihm nachteilige Beschlüsse nicht abwehren und er hat auch nicht die Rechtsmacht, unternehmenspolitische Entscheidungen herbeizuführen oder zu verhindern; die rechtliche Lenkungsmacht des Unternehmers ist ihm nicht zugewiesen. Daran ändert die Sperrminorität, die dem Kläger nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags der Beigeladenen Nr. 1 zukommt, nichts. In diesen Bestimmungen ist nur für außergewöhnliche Sonderentscheidungen, die die Grundlage der Gesellschaften betreffen, wie Satzungsänderungen, die Auflösung der Gesellschaft oder den Ausschluss eines Gesellschafters, eine Mehrheit von über 80 % vorgeschrieben. Bei einer seinen eigenen Ausschluss betreffenden Entscheidung könnte der Kläger im Übrigen nicht mitwirken (vgl. § 12 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Beigeladenen Nr. 1).

Zur Führung der Geschäfte der Beigeladenen Nr. 1 ist die Komplementärin, also die GmbH, diese handelnd durch ihren Geschäftsführer, befugt (§ 5 Abs. 1 und 2 des Gesellschaftsvertrags der Beigeladenen Nr. 1). Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist aber der Mehrheitsgesellschafter V. F ... Der Kläger ist damit nicht nur Minderheitsgesellschafter (ohne maßgebliche Sperrminorität oder Sonderrechte), er hat auch nicht die Rechtsstellung eines Geschäftsführers inne, ist vielmehr lediglich mit Prokura für die Beigeladene Nr. 1 ausgestattet, darf diese also im Rechtsverkehr vertreten. Demzufolge kann V. F. kraft seines Geschäftsführeramts Dienstaufsicht und Weisungsrechte auch für den Kläger und dessen Tätigkeit im Unternehmen ausüben. Die Ausgestaltung der Rechtsmacht in den Gesellschafterversammlungen bzw. hinsichtlich der Geschäftsführung im Unternehmen stellt eine wesentliche Tatsache dar, die das Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers (mit-)prägt. Ob und in welchem Umfang die Gesellschafterversammlung bzw. die Geschäftsführung von dieser Rechtsmacht in der Geschäftspraxis Gebrauch gemacht hat (bzw. hat Gebrauch machen müssen), ist nach dem Gesagten nicht ausschlaggebend. Der Kläger dominiert die anderen Gesellschafter, namentlich den Mehrheitsgesellschafter V. F., auch nicht in solchem Maße, dass wegen der tatsächlichen Machtverhältnisse im Unternehmen die den Gesellschafterversammlungen und der Geschäftsführung zugewiesene Rechtsmacht für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung verdrängt würde. Hierfür genügt es nicht, dass der Kläger, wie es von jedem leitenden Angestellten erwartet wird, für seinen Zuständigkeitsbereich über das einschlägige kaufmännische Wissen und die erforderlichen Marktkenntnisse verfügt. Der Mitgesellschafter M. D. und der Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer V. F. sind keine sach- und branchenunkundigen Dritten, die mit ihrer jeweiligen Rechtsposition nur in formaler Hinsicht vorgeschoben wären, während in Wahrheit der Kläger auch ohne entsprechende Rechtsmacht das Sagen im Unternehmen hätte und ohne Rücksicht auf Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung "schalten und walten" könnte, wie er will.

In arbeitsrechtlicher Hinsicht liegt der Tätigkeit des Klägers ein schriftlicher Arbeitsvertrag zwar nicht zu Grunde. Gleichwohl ist offensichtlich mündlich und deswegen aber nicht weniger rechtsverbindlich ein monatliches Festgehalt vereinbart, das auch im Krankheitsfall fortgezahlt wird. Dass die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für unbestimmte Zeit stattfinden soll, stellt die Wahl dieses arbeitnehmertypischen Rechtsinstituts nicht in Frage, verbessert nur die Rechtsposition des Klägers in seiner Beschäftigung bei der Beigeladenen Nr. 1. Das Gehalt des Klägers wird auch als Betriebsausgabe gebucht und man führt Lohnsteuer ab. Insofern geht es nicht an, Abreden über Arbeitsentgelte nur in steuer- oder (bspw.) kreditsicherungsrechtlicher, nicht aber in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht als rechtsverbindlich anzusehen. Die Geltung entsprechender (auch mündlicher) Abreden ist unteilbar und beschränkt sich nicht nach Wahl der Vertragspartner auf einzelne Rechtsgebiete. Dem Kläger ist außerdem ein arbeitnehmertypischer Urlaubsanspruch von 30 Tagen eingeräumt, wobei für den Bestand des Anspruchs unerheblich ist, inwieweit er vom Kläger ausgeschöpft wird. Davon abgesehen würde die Vorenthaltung von Arbeitnehmerrechten den Beschäftigten nicht zum selbstständig tätigen Unternehmer machen.

Für die Erfüllung seiner Aufgaben sind dem Kläger, der den Bereich Einkauf allein leitet, unzweifelhaft erhebliche Freiheiten eingeräumt. So ist er an feste Arbeitszeiten nicht gebunden und darf er seine Tätigkeit frei gestalten, auch etwa Personal einstellen und entlassen, wobei freilich auch die für den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH V. F. geltenden Einschränkungen nach § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Beigeladenen Nr. 1 zu beachten sein werden; danach bedarf der Geschäftsführer für die Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern mit einem Bruttomonatsgehalt von über 2500 EUR der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Die dem Kläger eröffneten Freiräume sind kennzeichnend für den Status leitender Angestellter, von denen erwartet wird, dass sie ihre Aufgaben im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess (vgl. BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -) frei von Einzelweisungen erfüllen und selbständig arbeiten (können). Dass der Kläger dafür – wie für ihre Zuständigkeitsbereiche der Mitgesellschafter M. D. und der Gesellschafter-Geschäftsführer V. F. - über die notwendigen Kenntnisse verfügen muss, versteht sich von selbst und ist für seinen sozialversicherungsrechtlichen Status ohne Belang.

Der Kläger trägt nach Auffassung des Senats auch kein den sozialversicherungsrechtlichen Status ausschlaggebend prägendes Unternehmerrisiko. Aus den für den Erwerb der Kapital- bzw. Kommanditanteile aufgenommenen Darlehen kann es nicht abgeleitet werden, zumal es sich dabei nicht um das Wagniskapital handelt, das im Unternehmen eingesetzt wird. Dieses beschränkt sich – als Folge der (auch) gerade hierfür gewählten gesellschaftsrechtlichen Rechtskonstruktion - auf den Anteil des Klägers an der Komplementär-GmbH und seine Kommanditeinlage als Kommanditist der Beigeladenen Nr. 1. Die Gestellung einer Bürgschaft über 40.000 EUR, was für Arbeitnehmer sicherlich untypisch ist, begründet ebenfalls kein Unternehmerrisiko. Das Haftungsrisiko des Bürgen kann dem Risiko des Unternehmers beim Einsatz von Wagniskapital nicht gleichgesetzt werden.

Der Senat verkennt nicht, dass die Tätigkeit des Klägers auch Eigenarten aufweist, die eine selbständige Erwerbstätigkeit begründen können. Dazu gehören etwa die hohen Tantiemen, die das vereinbarte Festgehalt erheblich übersteigen. Allerdings sind Beteiligungen an Kapital und Gewinn eines Unternehmens für leitende Angestellte nicht unüblich. Auch die – freilich zunehmend für leitende Angestellte gebräuchliche – Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB und die freie Tätigkeitsgestaltung sind insoweit zu beachten. In der Summe überwiegen aber die zuvor dargestellten und für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte. Diese und dabei vor allem die von den Beteiligten gewählten rechtlichen Rahmenbedingungen für die Tätigkeit des Klägers im Hinblick auf seine Rechtsstellung in den Gesellschaften und der Führung der Geschäfte des Unternehmens geben den Ausschlag. Bei Würdigung aller Umstände ergibt sich damit für den Senat das Gesamtbild einer dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, die, wie die Beklagte zutreffend festgestellt hat, der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt. Aus der (ggf. zu Unrecht erfolgten) Einstufung des M. D. als selbständig Erwerbstätigen im rechtskräftig gewordenen Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.5.2009 (S 13 R 7422/07) kann der Kläger Rechte für sich nicht herleiten.

3.) Der Ergänzungsbescheid der Beklagten vom 21.2.2011 ist nach dem Gesagten ebenfalls rechtmäßig. Er ist gem. § 153 Abs. 1 i. V. m. § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, weswegen der Senat insoweit auf Klage entscheidet. Die auf Aufhebung des Ergänzungsbescheids gerichtete Klage des Klägers ist abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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