Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 EG 12/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 EG 10/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des zweiten Rechtszuges zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die 1965 geborene verheiratete Klägerin, Mutter des am 1991 geborenen Lukas und des am 1993 geborenen Simon, brachte, zu diesem Zeitpunkt im Alhi-Bezug, am 1997 ein weiteres Kind, David, zur Welt. Für das erste Lebensjahr von David erhielt die Klägerin für dessen erste sechs Lebensmonate vom 22.07.1997 bis 21.01.1998 Bundeserziehungsgeld. Für das zweite Halbjahr errechnete sich wegen der Höhe des Einkommens des Ehegatten der Klägerin kein Anspruch.
Streitig ist, ob der Klägerin Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David vom 22.07.1998 bis 21.07.1999 zusteht.
Die Klägerin beantragte das Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David erstmals am 08.06.1998.
Die Familienkasse lehnte den Antrag mit Bescheid vom 08.07.1998 ab. Unter Zugrundelegung eines voraussichtlichen Einkommens des Ehemanns der Klägerin für 1998 in Höhe von 78.675,80 DM bei Werbungskosten in Höhe von 3.246,00 DM und Berücksichtigung eines Freibetrags für das Ehepaar und die Erstgeborenen Lukas und Simon von insgesamt 37.800,00 DM errechne sich ein monatlicher Anrechnungsbetrag von 575,00 DM, so dass der Mindestzahlbetrag von 40,00 DM nach § 5 Abs.4 BErzGG nicht erreicht werde.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Das voraussichtliche Einkommen des Ehemanns in 1998 sei zu hoch angesetzt. Auch müssten höhere Werbungskosten veranschlagt werden.
Nach Vorlage weiterer Verdienstbescheinigungen des Ehegatten für 1998 wies das Landesamt für Versorgung und Familienförderung den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 08.07.1998 mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.1999 als unbegründet zurück. Die nachgereichten Verdienstbescheinigungen hätten ein noch höheres Einkommen des Ehemanns der Klägerin in 1998 ergeben, so dass an der Ablehnung eines Anspruchs auf Erziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David festgehalten werden müsse.
Dagegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg, die unter dem Az.: S 9 EG 7/99 geführt wurde.
Während des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 08.07.1998 hatte die Klägerin am 1999 Zwillinge, Antonia und Pauline, zur Welt gebracht.
Sie beantragte daraufhin am 02.02.1999 ein weiteres Mal Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David. Auf dem Antragsvordruck werde auf die Möglichkeit hingewiesen, den Antrag für das zweite Lebensjahr eines Kindes zu einem späteren Zeitpunkt zu stellen, wenn eine weitere Geburt während des Leistungszeitraums erwartet werde. Zum Zeitpunkt der ursprünglichen Antragstellung vom 01.06.1998 - Eingang beim Amt am 08.06.1998 - sei ihr und ihrem Ehemann noch nicht bekannt gewesen, dass eine weitere Schwangerschaft vorliege.
Sie beantrage die Berücksichtigung weiterer Freibeträge von je 4.200,00 DM für Antonia und Pauline.
Die Familienkasse lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23.02.1999 ab. Über den Anspruch der Klägerin auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David sei bereits mit Bescheid vom 08.07.1998 entschieden worden. Der neuerliche Antrag vom 02.02.1999 sei als Antrag auf Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X aufzufassen. Eine Zugunstenentscheidung setze voraus, dass der ursprüngliche Verwaltungsakt unrichtig gewesen sei. Dies sei aber nicht der Fall. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 08.07.1998 sei zu Recht ein Einkommensfreibetrag von nur 37.800,00 DM unter Berücksichtigung von Freibeträgen für die weiteren Kinder Lukas und Simon berücksichtigt worden. Es sei auch keine nachträgliche Änderung des Bescheides vom 08.07. 1998 wegen Änderung der Verhältnisse möglich. Maßgeblich für die Festsetzung des Freibetrages für einen Erziehungsgeldzeitraum seien die Verhältnisse zum Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung.
Den Widerspruch der Klägerin vom 10.03.1999 wies das Landesamt für Versorgung und Familienförderung mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.1999 als unbegründet zurück.
Dagegen erhob die Klägerin am 03.05.1999 weitere Klage zum SG Nürnberg, die dort unter dem Az.: S 9 EG 12/99 geführt wurde.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.06.1999 hat das SG die Verfahren S 9 EG 7/99 und S 9 EG 12/99 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärte zum Verfahren S 9 EG 7/99: Hiermit nehme die Klägerin den Antrag vom 01.06. 1998 (08.06.1999) zurück mit der Folge, dass sich das Klageverfahren insoweit erledigt habe.
Im Verfahren S 9 EG 12/99 beantragte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 23.02.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.04.1999 zu verurteilen, der Klägerin Bundeserziehungsgeld in gesetzlicher Höhe für das Kind David rückwirkend ab einem halben Jahr vor dem Antrag vom 02.02.1999 unter Berücksichtigung von vier Kinderfreibeträgen zu leisten.
Das SG hat den Beklagten mit Urteil vom 28.06.1999 entsprechend dem Klageantrag verurteilt, der Klägerin für das Kind David Bundeserziehungsgeld in gesetzlicher Höhe vom 02.08.1998 bis 21.07.1999 unter Zugrundelegung eines Kinderfreibetrages nach § 5 Abs.2 Satz 3 BErzGG in Höhe von 16.800,00 DM zu leisten. Die unter dem Az.: S 9 EG 12/99 anhängige Klage ziele auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 23.02.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.04.1999 und Verurteilung zur Zahlung von Bundeserziehungsgeld für das Kind David für dessen zweites Lebensjahr ab 02.08.1998. Dem stehe der Bescheid vom 08.07.1998 nicht entgegen, da dieser Bescheid mit Widerspruch und Klage angefochten gewesen sei. Maßgeblich für die Kinderfreibeträge nach § 5 Abs.2 Satz 3 BErzGG seien die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung. Der hierfür maßgebliche Antrag sei der Antrag der Klägerin vom 02.02.1999. Dies bedeute, dass aufgrund der zwischenzeitlichen Geburt der Zwillinge Antonia und Pauline vier Kinderfreibeträge in Höhe von zusammen 16.800,00 DM zu berücksichtigen seien. Dies wirke nach § 4 Abs.2 Satz 2 BErzGG sechs Monate zurück bis zum 02.08.1998. Nicht maßgeblich seien die Verhältnisse zum Zeitpunkt des ursprünglichen Antrags auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David vom 08.06.1998. Der Antrag vom 08.06.1998 sei unbeachtlich, nachdem er in der mündlichen Verhandlung vom 28.06.1999 zurückgenommen worden sei. Dies sei noch möglich gewesen, da der auf den Antrag vom 08.06.1998 hin ergangene Bescheid vom 08.07.1998 zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 28.06.1999 noch nicht bestandskräftig geworden sei.
Der Beklagte und Berufungsführer vertritt die Auffassung, dass ein Antrag auf Erziehungsgeld nur bis zum Wirksamwerden des daraufhin ergangenen Bescheides zurückgenommen werden könne.
Er beantragt,
das Urteil des SG vom 28.06.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat die Gerichtsakten erster Instanz sowie die Verwaltungsakten beigezogen. Der Beklagte hat einen Erziehungsgeldanspruch der Klägerin für das zweite Lebensjahr ihres Kindes David bei Unterstellung eines Freibetrages für vier weitere Kinder in Höhe von 250,00 DM monatlich errechnet. Auf Anfrage des Senats hat der Beklagte des Weiteren mitgeteilt, dass dem berufungsführenden Landesamt für Versorgung und Familienförderung keine Fallgestaltung bezüglich sonstiger für die Einkommensgrenze des § 5 Abs.2 BErzGG maßgeblicher Faktoren bekannt sei, die zu einer Rücknahme des ursprünglichen Antrags auf Bundes- oder Landeserziehungsgeld in Verbindung mit einem Neuantrag geführt habe. Wegen sonstiger Einzelheiten des Tatbestandes wird auf den Inhalt der gesamten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere statthafte und form- wie fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 28.06.1999 ist unbegründet. Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben und den Beklagten zur Leistung von Bun- deserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr des Kindes David der Klägerin ab 02.08.1998 unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages nach § 5 Abs.2 Satz 3 BErzGG für vier weitere Kinder verurteilt.
Zutreffend hat das SG entschieden, dass der Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Erziehungsgeld für das zweite Lebensjahr ihres Kindes David auf den Antrag vom 02.02.1999 hin mit Wirkung ab 02.08.1998 unter Berücksichtigung von Freibeträgen für vier weitere Kinder, d.h. einschließlich der gesetzlichen Freibeträge für die am 1999 geborenen Zwillinge Antonia und Pauline festzusetzen hatte.
Maßgeblich hierfür sind die §§ 4 Abs.2 und 5 Abs.2 des BErzGG i.d.F. des 1. SKWPG vom 21.12.1993 (BGBl.I 2353), wobei die für den Anspruch der Klägerin maßgeblichen Regelungen bereits im FKPG vom 23.06.1993 (BGBl.I 944) getroffen wurden.
§ 4 Abs.2 Satz 1 bis 3 i.d.F. des 1. SKWPG lauten: "Erziehungsgeld ist schriftlich für jeweils ein Lebensjahr zu beantragen. Der Antrag für das zweite Lebensjahr kann frühestens ab dem neunten Lebensmonat des Kindes gestellt werden. Rückwirkend wird Erziehungsgeld höchstens für sechs Monate vor der Antragstellung bewilligt".
§ 5 Abs.2 BErzGG in der Fassung des 1. SKWPG lautet: "In den ersten sechs Lebensmonaten des Kindes wird das Erziehungsgeld gemindert, wenn das Einkommen nach § 6 bei Verheirateten, die von ihrem Ehepartner nicht dauernd getrennt leben, 100.000,00 Deutsche Mark und bei anderen Berechtigten 75.000,00 Deutsche Mark übersteigt. Vom Beginn des siebten Lebensmonats an wird das Erziehungsgeld gemindert, wenn das Einkommen nach § 6 bei Verheirateten, die von ihrem Ehegatten nicht dauernd getrennt leben, 29.400,00 Deutsche Mark und bei anderen Berechtigten 23.700,00 Deutsche Mark übersteigt. Die Beträge der Einkommensgrenzen in Satz 1 und in Satz 2 erhöhen sich um 4.200,00 Deutsche Mark für jedes weitere Kind des Berechtigten oder seines nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten, für das ihm oder seinem Ehegatten Kindergeld gewährt wird oder ohne die Anwendung des § 8 Abs.1 des Bundeskindergeldgesetzes gewährt würde. Maßgeblich sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung. Leben die Eltern in einer eheähnlichen Gemeinschaft, gilt die Einkommensgrenze für Verheiratete, die nicht dauernd getrennt leben."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.02.1999/Widerspruchsbescheid vom 01.04.1999 hat der Beklagte über den Antrag der Klägerin vom 02.02.1999 auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David entschieden. Die nach § 5 Abs.2 Satz 4 BErzGG i.d.F. des 1. SKWPG für die Freibeträge nach § 5 Abs.2 BErzGG maßgeblichen Verhältnisse sind demnach die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung vom 02.02.1999.
Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin bereits mit Antrag vom 08.06.1998 Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David beantragt hatte und dass der Beklagte hierüber mit Bescheid vom 08.07.1998 entschieden hatte. Die Klägerin hat mit dem neuerlichen Antrag auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David vom 02.02.1999 den ersten Antrag vom 08.06.1998 zurückgenommen. Dass der Antrag vom 02.02.1999 nicht neben den vormaligen Antrag vom 08.07.1998, sondern an dessen Stelle treten sollte, lässt sich dem dem Vordruck beigefügten Schreiben vom 27.01.1999 zweifelsfrei entnehmen. Es heißt darin: Nach dem Antragsvordruck bestehe die Möglichkeit, den Zweitantrag - nach den vom Beklagten ausgegebenen Antragsvordrucken der Antrag auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr des Kindes -, zum späteren Zeitpunkt zu stellen, wenn eine weitere Geburt während des Leistungszeitraums erwartet werde. Wenn aber die Klägerin nunmehr "den Zweitantrag zum späteren Zeitpunkt" stellen wollte, bedeutet dies, dass sie den ursprünglichen Antrag vom 08.06.1998 zurücknahm.
Die Klägerin konnte dies wirksam tun und statt dessen den neuen Antrag vom 02.02.1999 stellen.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 13.12.2000 (Az.: B 14 EG 10/99 R) offengelassen, ob nach zwischenzeitlicher Geburt eines weiteren Kindes wirksam ein neuer Antrag auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr eines Kindes gestellt werden kann. Es hat in diesem Zusammenhang auf eine Reihe von höchstrichterlichen Urteilen aus dem sonstigen Sozialrecht und dem Verwaltungsrecht hingewiesen, die sich damit befassen, bis zu welchem Zeitpunkt Anträge auf behördliche Leistungen oder Genehmigungen zurückgenommen werden und gegebenenfalls durch neue oder abgeänderte Anträge ersetzt werden können. Der Rechtsprechung zum Erziehungsgeldrecht stelle sich die Aufgabe, zu klären, ob die hieraus erkennbaren Grundsätze generell auf das Erziehungsgeldrecht übertragbar seien und wie sie sich im Besonderen bei Anwendung des § 5 Abs.2 Satz 4 BErzGG auswirkten (BSG vom 13.12.2000 a.a.O. S.6 f.).
Das Bundessozialgericht hat sich in zwei Urteilen zur Bestimmung des Versicherungsfalls nach § 25 Abs.6 AVG bzw. § 1248 Abs.6 RVO a.F. hierzu geäußert. Der 12. Senat des BSG hat in einem Urteil vom 22.05.1974 (SozR 2200 § 1248 Nr.3) eine Änderung dieser Bestimmung in Anlehnung an die Vorschriften des BGB über den Widerruf und die Anfechtung von Willenserklärungen nach Zugang der Erklärung an den Rentenversicherungsträger nurmehr im Wege und unter den Voraussetzungen einer Anfechtung für zulässig gehalten. Der 11. Senat des BSG hält hingegen im nachfolgenden Urteil vom 22.06.1978 (SozR 2200 § 1248 Nr.25) eine Änderung der ursprünglichen Bestimmung des Versicherungsfalls bis zum Eintritt der Bindungswirkung des Altersruhegeld-Bescheides für zulässig. Der Gesetzgeber habe dem Versicherten das Bestimmungsrecht eingeräumt, um ihm die Möglichkeit zu geben, durch Entrichtung weiterer Beiträge die Wartezeit zu erfüllen oder die Höhe seines Altersruhegeldes zu verbessern. Diese Privilegierungsabsicht spreche gegen ein einengendes Verständnis des Bestimmungsrechts, bei dessen Handhabung der Versicherte vielfach kaum zuverlässig die damit verbundenen Vor- und Nachteile abzuwägen vermöge.
Ferner hat sich mit Urteil vom 22.02.1980 der 12. Senat des BSG zum Antrag auf Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach Art.2 § 49a AnVNG (Art.2 § 51a ArVNG) geäußert (BSGE 50, 16). Solange der Nachentrichtungsbescheid des Versicherungsträgers nicht bindend geworden sei, könne der Berechtigte im Rahmen der gesetzlichen Belegungsvorschriften in Abweichung von seinem ursprünglichen Antrag die Zahl, die Klasse und die zeitliche Verteilung noch nicht entrichteter Beiträge ändern. Bis zu diesem Zeitpunkt müsse dem Berechtigten die Gestaltungsmöglichkeit erhalten bleiben, die ihm der Gesetzgeber durch die Nachentrichtungsvorschrift des Art.2 § 49a AnVNG (Art.2 § 51a ArVNG) eingeräumt habe.
In einer weiteren Entscheidung zum Rentenrecht räumt der 13. Senat des BSG mit Urteil vom 09.08.1995 (SozR 3-2500 § 50 Nr.3) dem Berechtigten die Möglichkeit ein, den Rentenantrag auch nach rückwirkender Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente im Hinblick auf höheres Krankengeld im Bewilligungszeitraum zurückzunehmen. Dies gelte jedenfalls bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist, die im zu entscheidenden Fall eingehalten worden sei. Könne der Versicherte innerhalb dieser Frist überlegen, ob er den Rentenbescheid angreife, um z.B. einen früheren Beginn, eine längere Dauer oder einen höheren Zahlbetrag der Rente zu erreichen, so erscheine es als sachgerecht, ihm bis dahin auch die Möglichkeit einzuräumen, durch Rücknahme des Rentenantrages ein für ihn insgesamt günstigeres Ergebnis zu erzielen. Der Einräumung einer solchen Dispositionsbefugnis entspreche es, dass ein Verwaltungsakt für den Versicherten erst dann bindend werde, wenn er unanfechtbar geworden sei. Es biete sich auch ein Vergleich mit der Klagerücknahme an, die gleichfalls noch nach Verkündung eines Urteils möglich sei.
Im Bereich der Arbeitslosenversicherung hat der 7. Senat des BSG im Urteil vom 17.04.1986 die Rücknahme des Antrags auf Arbeitslosengeld bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über die Bewilligung der Leistung für zulässig erklärt (SozR 4100 § 100 Nr.11). Die Regelungen des BGB über den Widerruf und die Anfechtung von Willenserklärungen würden den Besonderheiten des Sozialrechts nicht gerecht. Die konträre Interessenlage von Partnern zivilrechtlicher Geschäfte, die das BGB zum Ausgleich bringe, sei für das Verhältnis des Bürgers zum Sozialleistungsträger nicht maßgebend. Vielmehr gehöre es zu den Amtspflichten der Sozialleistungsträger, die Antragsteller bei der Verwirklichung ihrer Rechte zu unterstützen. Es bestehe kein schutzwürdiges Interesse des Sozialleistungsträgers am Bestand einer Entscheidung des Bürgers im Antragsverfahren, ehe der Sozialleistungsträger seinerseits die für die Regelung konstitutive oder deklaratorische Entscheidung getroffen habe. Auch im Recht der Arbeitslosenversicherung sei daher von einer freien Widerrufbarkeit des Antrags auf Arbeitslosengeld bis zur Bekanntgabe bzw. Wirksamkeit der Verwaltungsentscheidung auszugehen. Nach dem Wirksamwerden der Entscheidung über die Bewilligung des Arbeitslosengeldes sei im Recht der Arbeitslosenversicherung allerdings eine Antragsrücknahme unzulässig, weil anderenfalls der Versichertengemeinschaft unzumutbare Nachteile entstünden. Alg-Antragsteller seien nämlich ab dem ersten Tage des Bewilligungszeitraumes krankenversichert. Bei einer Antragsrücknahme nach der Bewilligung könne dann zwar das rechtsgrundlos gewährte Arbeitslosengeld zurückgefordert werden, eine Erstattung der seitens der BA abgeführten Beiträge zur Krankenversicherung sei hingegen ausgeschlossen.
Im Erziehungsgeldrecht hat der 14 b./4. Senat des BSG mit Urteil vom 10.08.1993 der Anspruchsberechtigten gestattet, den nach § 6 Abs.4 BErzGG i.d.F. des BErzGG vom 06.12.1985 (BGBl.I 2154) gestellten Aktualisierungsantrag zu widerrufen mit der Folge, dass der Regeltatbestand der Berücksichtigung des sogenannten historischen Einkommens letztlich doch wiederum für die Höhe des Anspruchs bestimmend wurde. Der das Erziehungsgeld unter Berücksichtigung des voraussichtlichen aktuellen Einkommens festsetzende Bescheid sei noch nicht bestandskräftig geworden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei der Berechtigte an einen Aktualisierungsantrag nach Absatz 4 nicht gebunden. Das BErzGG sehe - anders als bei der Bestimmung des erziehungsgeldberechtigten Ehegatten nach § 3 Abs.2 BErzGG - eine Bindung an den Aktualisierungsantrag nach § 6 Abs.4 BErzGG vor diesem Zeitpunkt nicht vor. Auch aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts lasse sich eine solche Bindung des Antragstellers vor dem Eintritt der Bestandskraft des Bescheides nicht ableiten (SozR 3-7833 § 6 Nr.5 am Ende).
Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 29.05.1980 (FamRZ 81, 208) in einem Fall, in dem sich die dreimonatige Rückerstreckung des Bewilligungszeitraums nach § 15 Abs.1 Satz 2 BAföG a.F. wegen der Einkommensverhältnisse der Antragstellerin als ungünstig erwiesen hatte, eine Rücknahme des ursprünglichen Antrags auf Ausbildungsförderung und das Stellen eines späteren neuen Antrags noch nach Bescheiderlass für zulässig gehalten. Als Vorbild böten sich die Regelungen des Verwaltungsprozessrechts an, nach denen grundsätzlich Rechtsbehelfe bis zur rechtskräftigen Entscheidung zurückgenommen werden könnten. Es bestünden daher für das Verwaltungsverfahren keine Bedenken, die Rücknahme von Anträgen bis zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich zuzulassen. Ausnahmen müssten gemacht werden, wenn eine Rücknahme gesetzlich ausgeschlossen sei oder wenn bereits durch die Stellung des Antrags oder durch die Entscheidung der Behörden über den Antrag Umstände eingetreten seien, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Dies sei aber bei der gegebenen Konstellation nicht der Fall. Gegebenenfalls bereits für die Vergangenheit rechtsgrundlos erbrachte Leistungen könnten mit den künftig aufgrund des neuen Antrags zu bewilligenden Leistungen verrechnet werden.
Unter Berufung auf u.a. die obige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.05.1980 a.a.O. hat das Bundesverwaltungsgericht nachfolgend im Urteil vom 03.04.1987 festgestellt, dass der Antrag auf Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung zurückgenommen werden könne. Eine derartige Rücknahme sei nur dann nicht möglich, wenn aufgrund des ursprünglichen Antrags Umstände eingetreten seien, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten (NJW 88, 275).
Ebenso hat das Bundesverwaltungsgericht unter Berufung auf die Dispositionsbefugnis des Antragstellers mit Urteil vom 14.04. 1989 entschieden, dass ein Bauantrag auch während der Anhängigkeit einer auf Erteilung der Baugenehmigung gerichteten Verpflichtungsklage noch zurückgenommen werden könne (NVwZ 89, 860).
Der Senat zieht aus der dargestellten sozialgerichtlichen und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung folgende Schlüsse:
Die Regelungen des BGB über den Widerruf und die Anfechtung von Willenserklärungen sind auf die Rücknehmbarkeit von Anträgen im Hinblick auf deren spezifische Funktion im Verwaltungsverfahrensrecht nicht anzuwenden. Dies gilt im Sozialrecht im Besonderen, da das Verhältnis zwischen der Verwaltung und dem von ihr Betreuten mit der Interessenlage zwischen Geschäftspartnern des bürgerlichen Rechts nicht vergleichbar ist. Den entsprechenden Ausführungen des 7. Senats des BSG im Urteil vom 17.04. 1986 (SozR 4100 § 100 Nr.11) ist hinzuzufügen, dass das Verwaltungsverfahrensrecht auch kein Pendant zu den den Antragenden schützenden Bestimmungen des bürgerlichen Vertragsrechts über die Annahmefrist kennt.
Die Rücknahme eines Antrags im Verwaltungsverfahren ist nach den dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen in der Regel bis zum Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung über den Antrag zulässig, was eine Rücknahme auch noch nach Erlass des Widerspruchsbescheides einschließt, sofern dieser mit der Klage angefochten wird. Die Begründung hierfür findet sich in der dem Berechtigten - in Parallele zum Rechtsbehelf im Widerspruchsverfahren bzw. im gerichtlichen Verfahren - mit dem Antrag eingeräumten Dispositionsbefugnis. Diese Dispositionsbefugnis erhält ein zusätzliches Gewicht, wenn dem Berechtigten mit einer Wahl- oder Bestimmungsmöglichkeit die Befugnis eingeräumt werden soll, unter mehreren möglichen Entscheidungen der Verwaltung die für ihn günstigste herbeizuführen.
Die Rücknahme eines Antrags im Verwaltungsverfahrensrecht, auch im Sozialverwaltungsverfahrensrecht, ist aber dann nicht möglich, wenn dies gesetzlich ausgeschlossen ist oder wenn durch den Antrag selbst oder durch die ursprüngliche Entscheidung hierüber Umstände eingetreten sind, die nicht rückgängig gemacht werden können. Dem gleichgestellt werden muss nach Auffassung des Senats der Fall, dass bei Rücknehmbarkeit eines Antrags die Verwaltung einen unzumutbaren Verwaltungsaufwand zu besorgen hätte.
Nach diesen Grundsätzen ist auch die Rücknahme eines Antrags auf Bundeserziehungsgeld - hier für das zweite Lebensjahr des Kindes - und dessen Ersetzung durch einen späteren Antrag zulässig.
Im Erziehungsgeldrecht kommt dem Antragszeitpunkt Bedeutung an zwei Stellen zu. Nach § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG wird Erziehungsgeld höchstens für sechs Monate vor der Antragstellung bewilligt, wobei aber die Rückwirkung nicht über den maßgeblichen Erziehungsgeldzeitraum hinaus geht. Nach § 5 Abs.2 Satz 4 BErzGG sind für die Berücksichtigung von Freibeträgen auf der Grundlage des familiären Status nach § 5 Abs.2 BErzGG die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich.
Die Verkürzung des möglichen Leistungszeitraums innerhalb des maßgeblichen Lebensjahres durch die zeitliche Begrenzung der Rückwirkung eines Antrags auf Bundeserziehungsgeld nach § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG steht der Rücknahme des ursprünglichen Antrags und dessen Ersetzung durch einen späteren neuen Antrag nicht entgegen. Dies gilt zumal deswegen, weil das Erziehungsgeld nach § 8 Abs.1 BErzGG keinen Einfluss auf andere Sozialleistungen hat (zur Optimierung mehrerer Sozialleistungsansprüche durch Rücknahme eines Antrags s. im Übrigen BSG vom 09.09.1995 a.a.O. SozR 3-2500 § 50 Nr.3).
Die Bestimmung des Antragszeitpunkts als für den familiären Status nach § 5 Abs.2 BErzGG maßgeblichem Zeitpunkt erfolgte im Zusammenhang mit der Aktualisierung des anzurechnenden Einkommens und der Einfügung zweier gesonderter Erziehungsgeldzeiträume für die beiden ersten Lebensjahre des Kindes durch das FKPG vom 23.06.1993. Die Regelung soll im Hinblick auf den bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigenden familiären Status zu einer Differenzierung nach Erziehungsgeldzeiträumen führen und damit eine wirklichkeitsnähere Berücksichtigung der Verhältnisse in den Leistungszeiträumen ermöglichen, als sie jedenfalls nach der vormaligen Gesetzeslage möglich war (vgl. Grüner-Darlichau, BErzGG, § 5 S.7).
Die Wahl des Antragszeitpunkts und damit auch die Bestimmung des für den Leistungszeitraum maßgeblichen Familienstatus für die Freibetragsregelung des § 5 Abs.2 BErzGG ist grundsätzlich frei. Sie kann unter Optimierungsgesichtspunkten getroffen werden, wobei den Optimierungsmöglichkeiten durch die zeitlich begrenzte Rückwirkung des Erziehungsgeldantrags nach § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG Grenzen gesetzt sind.
Was den Antrag auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr des Kindes betrifft, worüber hier zu entscheiden ist, so räumt das Gesetz der oder dem Berechtigten die Möglichkeit der wirksamen Antragstellung in § 4 Abs.2 Satz 2 BErzGG frühestens ab dem neunten Lebensmonat des Kindes ein. Eine Begrenzung für die Zeit danach sieht das Gesetz nicht vor. Das Gebrauchmachen von der dem Berechtigten damit eingeräumten Wahlmöglichkeit kann sich entscheidend darauf auswirken, wie hoch ein Anspruch ist bzw. ob überhaupt ein Anspruch auf Erziehungsgeld gegeben ist. Bezüglich des hier streitigen Freibetrags für "weitere Kinder" der oder des Berechtigten nach § 5 Abs.2 Satz 3 BErzGG weist der amtliche Vordruck des Beklagten sogar ausdrücklich darauf hin, dass es von Vorteil sein könne, den Zweitantrag erst bei Geburt eines weiteren Kindes innerhalb des Leistungszeitraums zu stellen. Für die Möglichkeit der Rücknahme eines Erziehungsgeldantrages für einen Leistungszeitraum und dessen Ersetzung durch einen späteren Antrag, hier für das zweite Lebensjahr eines Kindes, bis zum Eintritt der Bindungswirkung des ursprünglichen Bescheides spricht nach den oben zitierten höchstrichterlichen Grundsätzen demnach nicht nur die dem Berechtigten mit dem Antragsrecht generell eingeräumte Dispositionsbefugnis, sondern auch die dem Berechtigten mit der Wahl des Antragszeitpunkts auch nach Auffassung des Beklagten eingeräumte Optimierungsmöglichkeit im Hinblick auf den im Rahmen des § 5 Abs.2 BErzGG zu berücksichtigenden Familienstatus.
Umstände, die bei einer Rücknahme des ursprünglichen Antrags bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten, sind nicht ersichtlich. Auch ist nach der Auskunft des Beklagten zu den im Rahmen der Freibetragsregelung des § 5 Abs.2 BErzGG gestellten Anträgen bei der Rücknehmbarkeit eines Erziehungsgeldantrags für einen Leistungszeitraum und dessen Ersetzen durch einen neuen Antrag kein unzumutbarer Verwaltungsaufwand zu befürchten.
Einwendungen gegen die Rücknahme des Erziehungsgeldantrags für einen Leistungszeitraum und dessen Ersetzung durch einen späteren Antrag können sich nach Ansicht des Senats auch nicht aus Konstellationen ergeben, die bereits in der Möglichkeit der Wahl des Zeitpunkts des Antrags als solcher begründet sind. So etwa die systembedingt nicht vermeidbare Fallgestaltung, dass für einen Leistungszeitraum, hier das zweite Lebensjahr des Kindes, das der oder dem Berechtigten zuzurechnende Einkommen, dem dem Geburtsjahr folgenden Kalenderjahr (hier: 1998) entnommen werden, während sich die vom Einkommen abzusetzenden Freibeträge nach den Verhältnissen in einem Zeitpunkt des darauf folgenden Jahres (hier: 1999) richten.
Damit beantwortet sich auch die vom BSG im Urteil vom 13.12. 2000 (Az.: B 14 EG 10/99 R) a.a.O. aufgeworfene Frage, ob bei Ersetzbarkeit des Erstantrages durch einen zweiten Antrag nunmehr ausschließlich die Verhältnisse zum Zeitpunkt der zweiten Antragstellung nach § 5 Abs.2 Satz 4 BErzGG zugrunde zu legen seien (S.6). Hätte die Klägerin nämlich den ersten Antrag gar nicht gestellt, so wären zweifelsfrei für den gesamten Leistungszeitraum die Verhältnisse zum Zeitpunkt der zweiten Antragstellung zugrunde zu legen gewesen. Eine Grenze ergibt sich und ergab sich auch für den Anspruch der Klägerin insoweit aus § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG, wonach Erziehungsgeld höchstens für sechs Monate vor der Antragstellung bewilligt werden kann. Die systematische Einheitlichkeit des Erziehungsgeldrechts erfordert nach Auffassung des Senats, dass nichts anderes gilt, wenn der ursprüngliche Antrag entfällt und durch einen neuen, späteren Antrag ersetzt wird. § 48 SGB X kann im Rahmen der Freibetragsregelung des § 5 Abs.2 BErzGG nicht angewendet werden. § 5 Abs.2 Satz 4 BErzGG enthält insoweit eine ausdrückliche Regelung im Sinne des § 10 Abs.2 BErzGG, die der Anwendung des SGB X entgegensteht. Nach § 5 Abs.2 Satz 4 BErzGG sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich für den gesamten Leistungszeitraum, wobei sich Einschränkungen für die zeitliche Erstreckung des Anspruchs in die Vergangenheit aus § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG ergeben. Dies schließt aus, dass in Anwendung des § 48 SGB X aufgrund einer Änderung der Verhältnisse innerhalb des Leistungszeitraums der Anspruch anders zu beurteilen ist. Damit ist aber andererseits keine Regelung darüber getroffen, wie der Zeitpunkt der Antragstellung zu bestimmen ist und ob der Antrag zurückgenommen und durch einen neuen, späteren Antrag ersetzt werden kann. Dies ist nach Auffassung des Senats nach den sonst im allgemeinen Verwaltungsrecht bzw. im Sozialrecht geltenden Grundsätzen zu beurteilen. Diese verlangen zumindest in der hier zugrunde liegenden Fallgestaltung des Antrags auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr des Kindes und nachfolgender Geburt eines "weiteren Kindes" im Sinne von § 5 Abs.2 Satz 3 BErzGG die Möglichkeit der Rücknahme des ursprünglichen Antrags und dessen Ersetzung durch einen neuen Antrag bis spätestens zum Eintritt der Bindungswirkung des ursprünglichen Bescheides.
Nachdem die Klägerin demnach den ursprünglichen Antrag auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David vom 08.06.1998 zurücknehmen und wirksam am 02.02.1999 einen neuen Antrag stellen konnte, gelten für die Inanspruchnahme von Freibeträgen für diesen Leistungszeitraum die Verhältnisse zum Zeitpunkt des neuen Antrags. Das bedeutet, dass bei der Ermittlung des Anspruchs auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David unter Einbeziehung der am 1999 geborenen Zwillinge Antonia und Pauline ein Freibetrag in Höhe von insgesamt 16.800,00 DM für "weitere Kinder" nach § 5 Abs.2 Satz 3 BErzGG zu berücksichtigen ist.
Einer entsprechenden Verbescheidung durch den Beklagten steht nicht entgegen, dass der Beklagte bereits mit Bescheid vom 08.07.1998 - ablehnend - über den Antrag der Klägerin vom 08.06.1998 auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David entschieden hat. Dieser Bescheid ist durch die Rücknahme des Antrags vom 08.06.1998 am 02.02.1999 unwirksam geworden, so dass für die weitere Durchführung des Widerspruchsverfahrens und das anschließende Klageverfahren S 9 EG 7/99 kein Rechtsschutzinteresse bestand. Einer gerichtlichen Aufhebung des ursprünglichen Bescheides bedurfte es nicht (s. Kopp/Ramsauer, Rdz.72 zu § 22 VwVfG, zum vergleichbaren Fall der Klagerücknahme nach ergangener, noch nichts rechtskräftiger Entscheidung s. Meyer-Ladewig, Rdz.9 zu § 102 SGG). Bei anderer Auffassung müsste der Beklagte in Ausführung des Urteils des SG den ursprünglichen Bescheid vom 08.07.1998/Widerspruchsbescheid vom 01.04.1999 aufheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde nach § 160 Abs.2 Nr.1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
II. Der Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des zweiten Rechtszuges zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die 1965 geborene verheiratete Klägerin, Mutter des am 1991 geborenen Lukas und des am 1993 geborenen Simon, brachte, zu diesem Zeitpunkt im Alhi-Bezug, am 1997 ein weiteres Kind, David, zur Welt. Für das erste Lebensjahr von David erhielt die Klägerin für dessen erste sechs Lebensmonate vom 22.07.1997 bis 21.01.1998 Bundeserziehungsgeld. Für das zweite Halbjahr errechnete sich wegen der Höhe des Einkommens des Ehegatten der Klägerin kein Anspruch.
Streitig ist, ob der Klägerin Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David vom 22.07.1998 bis 21.07.1999 zusteht.
Die Klägerin beantragte das Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David erstmals am 08.06.1998.
Die Familienkasse lehnte den Antrag mit Bescheid vom 08.07.1998 ab. Unter Zugrundelegung eines voraussichtlichen Einkommens des Ehemanns der Klägerin für 1998 in Höhe von 78.675,80 DM bei Werbungskosten in Höhe von 3.246,00 DM und Berücksichtigung eines Freibetrags für das Ehepaar und die Erstgeborenen Lukas und Simon von insgesamt 37.800,00 DM errechne sich ein monatlicher Anrechnungsbetrag von 575,00 DM, so dass der Mindestzahlbetrag von 40,00 DM nach § 5 Abs.4 BErzGG nicht erreicht werde.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Das voraussichtliche Einkommen des Ehemanns in 1998 sei zu hoch angesetzt. Auch müssten höhere Werbungskosten veranschlagt werden.
Nach Vorlage weiterer Verdienstbescheinigungen des Ehegatten für 1998 wies das Landesamt für Versorgung und Familienförderung den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 08.07.1998 mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.1999 als unbegründet zurück. Die nachgereichten Verdienstbescheinigungen hätten ein noch höheres Einkommen des Ehemanns der Klägerin in 1998 ergeben, so dass an der Ablehnung eines Anspruchs auf Erziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David festgehalten werden müsse.
Dagegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg, die unter dem Az.: S 9 EG 7/99 geführt wurde.
Während des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 08.07.1998 hatte die Klägerin am 1999 Zwillinge, Antonia und Pauline, zur Welt gebracht.
Sie beantragte daraufhin am 02.02.1999 ein weiteres Mal Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David. Auf dem Antragsvordruck werde auf die Möglichkeit hingewiesen, den Antrag für das zweite Lebensjahr eines Kindes zu einem späteren Zeitpunkt zu stellen, wenn eine weitere Geburt während des Leistungszeitraums erwartet werde. Zum Zeitpunkt der ursprünglichen Antragstellung vom 01.06.1998 - Eingang beim Amt am 08.06.1998 - sei ihr und ihrem Ehemann noch nicht bekannt gewesen, dass eine weitere Schwangerschaft vorliege.
Sie beantrage die Berücksichtigung weiterer Freibeträge von je 4.200,00 DM für Antonia und Pauline.
Die Familienkasse lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23.02.1999 ab. Über den Anspruch der Klägerin auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David sei bereits mit Bescheid vom 08.07.1998 entschieden worden. Der neuerliche Antrag vom 02.02.1999 sei als Antrag auf Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X aufzufassen. Eine Zugunstenentscheidung setze voraus, dass der ursprüngliche Verwaltungsakt unrichtig gewesen sei. Dies sei aber nicht der Fall. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 08.07.1998 sei zu Recht ein Einkommensfreibetrag von nur 37.800,00 DM unter Berücksichtigung von Freibeträgen für die weiteren Kinder Lukas und Simon berücksichtigt worden. Es sei auch keine nachträgliche Änderung des Bescheides vom 08.07. 1998 wegen Änderung der Verhältnisse möglich. Maßgeblich für die Festsetzung des Freibetrages für einen Erziehungsgeldzeitraum seien die Verhältnisse zum Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung.
Den Widerspruch der Klägerin vom 10.03.1999 wies das Landesamt für Versorgung und Familienförderung mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.1999 als unbegründet zurück.
Dagegen erhob die Klägerin am 03.05.1999 weitere Klage zum SG Nürnberg, die dort unter dem Az.: S 9 EG 12/99 geführt wurde.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.06.1999 hat das SG die Verfahren S 9 EG 7/99 und S 9 EG 12/99 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärte zum Verfahren S 9 EG 7/99: Hiermit nehme die Klägerin den Antrag vom 01.06. 1998 (08.06.1999) zurück mit der Folge, dass sich das Klageverfahren insoweit erledigt habe.
Im Verfahren S 9 EG 12/99 beantragte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 23.02.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.04.1999 zu verurteilen, der Klägerin Bundeserziehungsgeld in gesetzlicher Höhe für das Kind David rückwirkend ab einem halben Jahr vor dem Antrag vom 02.02.1999 unter Berücksichtigung von vier Kinderfreibeträgen zu leisten.
Das SG hat den Beklagten mit Urteil vom 28.06.1999 entsprechend dem Klageantrag verurteilt, der Klägerin für das Kind David Bundeserziehungsgeld in gesetzlicher Höhe vom 02.08.1998 bis 21.07.1999 unter Zugrundelegung eines Kinderfreibetrages nach § 5 Abs.2 Satz 3 BErzGG in Höhe von 16.800,00 DM zu leisten. Die unter dem Az.: S 9 EG 12/99 anhängige Klage ziele auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 23.02.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.04.1999 und Verurteilung zur Zahlung von Bundeserziehungsgeld für das Kind David für dessen zweites Lebensjahr ab 02.08.1998. Dem stehe der Bescheid vom 08.07.1998 nicht entgegen, da dieser Bescheid mit Widerspruch und Klage angefochten gewesen sei. Maßgeblich für die Kinderfreibeträge nach § 5 Abs.2 Satz 3 BErzGG seien die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung. Der hierfür maßgebliche Antrag sei der Antrag der Klägerin vom 02.02.1999. Dies bedeute, dass aufgrund der zwischenzeitlichen Geburt der Zwillinge Antonia und Pauline vier Kinderfreibeträge in Höhe von zusammen 16.800,00 DM zu berücksichtigen seien. Dies wirke nach § 4 Abs.2 Satz 2 BErzGG sechs Monate zurück bis zum 02.08.1998. Nicht maßgeblich seien die Verhältnisse zum Zeitpunkt des ursprünglichen Antrags auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David vom 08.06.1998. Der Antrag vom 08.06.1998 sei unbeachtlich, nachdem er in der mündlichen Verhandlung vom 28.06.1999 zurückgenommen worden sei. Dies sei noch möglich gewesen, da der auf den Antrag vom 08.06.1998 hin ergangene Bescheid vom 08.07.1998 zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 28.06.1999 noch nicht bestandskräftig geworden sei.
Der Beklagte und Berufungsführer vertritt die Auffassung, dass ein Antrag auf Erziehungsgeld nur bis zum Wirksamwerden des daraufhin ergangenen Bescheides zurückgenommen werden könne.
Er beantragt,
das Urteil des SG vom 28.06.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat die Gerichtsakten erster Instanz sowie die Verwaltungsakten beigezogen. Der Beklagte hat einen Erziehungsgeldanspruch der Klägerin für das zweite Lebensjahr ihres Kindes David bei Unterstellung eines Freibetrages für vier weitere Kinder in Höhe von 250,00 DM monatlich errechnet. Auf Anfrage des Senats hat der Beklagte des Weiteren mitgeteilt, dass dem berufungsführenden Landesamt für Versorgung und Familienförderung keine Fallgestaltung bezüglich sonstiger für die Einkommensgrenze des § 5 Abs.2 BErzGG maßgeblicher Faktoren bekannt sei, die zu einer Rücknahme des ursprünglichen Antrags auf Bundes- oder Landeserziehungsgeld in Verbindung mit einem Neuantrag geführt habe. Wegen sonstiger Einzelheiten des Tatbestandes wird auf den Inhalt der gesamten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere statthafte und form- wie fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 28.06.1999 ist unbegründet. Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben und den Beklagten zur Leistung von Bun- deserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr des Kindes David der Klägerin ab 02.08.1998 unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages nach § 5 Abs.2 Satz 3 BErzGG für vier weitere Kinder verurteilt.
Zutreffend hat das SG entschieden, dass der Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Erziehungsgeld für das zweite Lebensjahr ihres Kindes David auf den Antrag vom 02.02.1999 hin mit Wirkung ab 02.08.1998 unter Berücksichtigung von Freibeträgen für vier weitere Kinder, d.h. einschließlich der gesetzlichen Freibeträge für die am 1999 geborenen Zwillinge Antonia und Pauline festzusetzen hatte.
Maßgeblich hierfür sind die §§ 4 Abs.2 und 5 Abs.2 des BErzGG i.d.F. des 1. SKWPG vom 21.12.1993 (BGBl.I 2353), wobei die für den Anspruch der Klägerin maßgeblichen Regelungen bereits im FKPG vom 23.06.1993 (BGBl.I 944) getroffen wurden.
§ 4 Abs.2 Satz 1 bis 3 i.d.F. des 1. SKWPG lauten: "Erziehungsgeld ist schriftlich für jeweils ein Lebensjahr zu beantragen. Der Antrag für das zweite Lebensjahr kann frühestens ab dem neunten Lebensmonat des Kindes gestellt werden. Rückwirkend wird Erziehungsgeld höchstens für sechs Monate vor der Antragstellung bewilligt".
§ 5 Abs.2 BErzGG in der Fassung des 1. SKWPG lautet: "In den ersten sechs Lebensmonaten des Kindes wird das Erziehungsgeld gemindert, wenn das Einkommen nach § 6 bei Verheirateten, die von ihrem Ehepartner nicht dauernd getrennt leben, 100.000,00 Deutsche Mark und bei anderen Berechtigten 75.000,00 Deutsche Mark übersteigt. Vom Beginn des siebten Lebensmonats an wird das Erziehungsgeld gemindert, wenn das Einkommen nach § 6 bei Verheirateten, die von ihrem Ehegatten nicht dauernd getrennt leben, 29.400,00 Deutsche Mark und bei anderen Berechtigten 23.700,00 Deutsche Mark übersteigt. Die Beträge der Einkommensgrenzen in Satz 1 und in Satz 2 erhöhen sich um 4.200,00 Deutsche Mark für jedes weitere Kind des Berechtigten oder seines nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten, für das ihm oder seinem Ehegatten Kindergeld gewährt wird oder ohne die Anwendung des § 8 Abs.1 des Bundeskindergeldgesetzes gewährt würde. Maßgeblich sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung. Leben die Eltern in einer eheähnlichen Gemeinschaft, gilt die Einkommensgrenze für Verheiratete, die nicht dauernd getrennt leben."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.02.1999/Widerspruchsbescheid vom 01.04.1999 hat der Beklagte über den Antrag der Klägerin vom 02.02.1999 auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David entschieden. Die nach § 5 Abs.2 Satz 4 BErzGG i.d.F. des 1. SKWPG für die Freibeträge nach § 5 Abs.2 BErzGG maßgeblichen Verhältnisse sind demnach die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung vom 02.02.1999.
Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin bereits mit Antrag vom 08.06.1998 Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David beantragt hatte und dass der Beklagte hierüber mit Bescheid vom 08.07.1998 entschieden hatte. Die Klägerin hat mit dem neuerlichen Antrag auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David vom 02.02.1999 den ersten Antrag vom 08.06.1998 zurückgenommen. Dass der Antrag vom 02.02.1999 nicht neben den vormaligen Antrag vom 08.07.1998, sondern an dessen Stelle treten sollte, lässt sich dem dem Vordruck beigefügten Schreiben vom 27.01.1999 zweifelsfrei entnehmen. Es heißt darin: Nach dem Antragsvordruck bestehe die Möglichkeit, den Zweitantrag - nach den vom Beklagten ausgegebenen Antragsvordrucken der Antrag auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr des Kindes -, zum späteren Zeitpunkt zu stellen, wenn eine weitere Geburt während des Leistungszeitraums erwartet werde. Wenn aber die Klägerin nunmehr "den Zweitantrag zum späteren Zeitpunkt" stellen wollte, bedeutet dies, dass sie den ursprünglichen Antrag vom 08.06.1998 zurücknahm.
Die Klägerin konnte dies wirksam tun und statt dessen den neuen Antrag vom 02.02.1999 stellen.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 13.12.2000 (Az.: B 14 EG 10/99 R) offengelassen, ob nach zwischenzeitlicher Geburt eines weiteren Kindes wirksam ein neuer Antrag auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr eines Kindes gestellt werden kann. Es hat in diesem Zusammenhang auf eine Reihe von höchstrichterlichen Urteilen aus dem sonstigen Sozialrecht und dem Verwaltungsrecht hingewiesen, die sich damit befassen, bis zu welchem Zeitpunkt Anträge auf behördliche Leistungen oder Genehmigungen zurückgenommen werden und gegebenenfalls durch neue oder abgeänderte Anträge ersetzt werden können. Der Rechtsprechung zum Erziehungsgeldrecht stelle sich die Aufgabe, zu klären, ob die hieraus erkennbaren Grundsätze generell auf das Erziehungsgeldrecht übertragbar seien und wie sie sich im Besonderen bei Anwendung des § 5 Abs.2 Satz 4 BErzGG auswirkten (BSG vom 13.12.2000 a.a.O. S.6 f.).
Das Bundessozialgericht hat sich in zwei Urteilen zur Bestimmung des Versicherungsfalls nach § 25 Abs.6 AVG bzw. § 1248 Abs.6 RVO a.F. hierzu geäußert. Der 12. Senat des BSG hat in einem Urteil vom 22.05.1974 (SozR 2200 § 1248 Nr.3) eine Änderung dieser Bestimmung in Anlehnung an die Vorschriften des BGB über den Widerruf und die Anfechtung von Willenserklärungen nach Zugang der Erklärung an den Rentenversicherungsträger nurmehr im Wege und unter den Voraussetzungen einer Anfechtung für zulässig gehalten. Der 11. Senat des BSG hält hingegen im nachfolgenden Urteil vom 22.06.1978 (SozR 2200 § 1248 Nr.25) eine Änderung der ursprünglichen Bestimmung des Versicherungsfalls bis zum Eintritt der Bindungswirkung des Altersruhegeld-Bescheides für zulässig. Der Gesetzgeber habe dem Versicherten das Bestimmungsrecht eingeräumt, um ihm die Möglichkeit zu geben, durch Entrichtung weiterer Beiträge die Wartezeit zu erfüllen oder die Höhe seines Altersruhegeldes zu verbessern. Diese Privilegierungsabsicht spreche gegen ein einengendes Verständnis des Bestimmungsrechts, bei dessen Handhabung der Versicherte vielfach kaum zuverlässig die damit verbundenen Vor- und Nachteile abzuwägen vermöge.
Ferner hat sich mit Urteil vom 22.02.1980 der 12. Senat des BSG zum Antrag auf Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach Art.2 § 49a AnVNG (Art.2 § 51a ArVNG) geäußert (BSGE 50, 16). Solange der Nachentrichtungsbescheid des Versicherungsträgers nicht bindend geworden sei, könne der Berechtigte im Rahmen der gesetzlichen Belegungsvorschriften in Abweichung von seinem ursprünglichen Antrag die Zahl, die Klasse und die zeitliche Verteilung noch nicht entrichteter Beiträge ändern. Bis zu diesem Zeitpunkt müsse dem Berechtigten die Gestaltungsmöglichkeit erhalten bleiben, die ihm der Gesetzgeber durch die Nachentrichtungsvorschrift des Art.2 § 49a AnVNG (Art.2 § 51a ArVNG) eingeräumt habe.
In einer weiteren Entscheidung zum Rentenrecht räumt der 13. Senat des BSG mit Urteil vom 09.08.1995 (SozR 3-2500 § 50 Nr.3) dem Berechtigten die Möglichkeit ein, den Rentenantrag auch nach rückwirkender Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente im Hinblick auf höheres Krankengeld im Bewilligungszeitraum zurückzunehmen. Dies gelte jedenfalls bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist, die im zu entscheidenden Fall eingehalten worden sei. Könne der Versicherte innerhalb dieser Frist überlegen, ob er den Rentenbescheid angreife, um z.B. einen früheren Beginn, eine längere Dauer oder einen höheren Zahlbetrag der Rente zu erreichen, so erscheine es als sachgerecht, ihm bis dahin auch die Möglichkeit einzuräumen, durch Rücknahme des Rentenantrages ein für ihn insgesamt günstigeres Ergebnis zu erzielen. Der Einräumung einer solchen Dispositionsbefugnis entspreche es, dass ein Verwaltungsakt für den Versicherten erst dann bindend werde, wenn er unanfechtbar geworden sei. Es biete sich auch ein Vergleich mit der Klagerücknahme an, die gleichfalls noch nach Verkündung eines Urteils möglich sei.
Im Bereich der Arbeitslosenversicherung hat der 7. Senat des BSG im Urteil vom 17.04.1986 die Rücknahme des Antrags auf Arbeitslosengeld bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über die Bewilligung der Leistung für zulässig erklärt (SozR 4100 § 100 Nr.11). Die Regelungen des BGB über den Widerruf und die Anfechtung von Willenserklärungen würden den Besonderheiten des Sozialrechts nicht gerecht. Die konträre Interessenlage von Partnern zivilrechtlicher Geschäfte, die das BGB zum Ausgleich bringe, sei für das Verhältnis des Bürgers zum Sozialleistungsträger nicht maßgebend. Vielmehr gehöre es zu den Amtspflichten der Sozialleistungsträger, die Antragsteller bei der Verwirklichung ihrer Rechte zu unterstützen. Es bestehe kein schutzwürdiges Interesse des Sozialleistungsträgers am Bestand einer Entscheidung des Bürgers im Antragsverfahren, ehe der Sozialleistungsträger seinerseits die für die Regelung konstitutive oder deklaratorische Entscheidung getroffen habe. Auch im Recht der Arbeitslosenversicherung sei daher von einer freien Widerrufbarkeit des Antrags auf Arbeitslosengeld bis zur Bekanntgabe bzw. Wirksamkeit der Verwaltungsentscheidung auszugehen. Nach dem Wirksamwerden der Entscheidung über die Bewilligung des Arbeitslosengeldes sei im Recht der Arbeitslosenversicherung allerdings eine Antragsrücknahme unzulässig, weil anderenfalls der Versichertengemeinschaft unzumutbare Nachteile entstünden. Alg-Antragsteller seien nämlich ab dem ersten Tage des Bewilligungszeitraumes krankenversichert. Bei einer Antragsrücknahme nach der Bewilligung könne dann zwar das rechtsgrundlos gewährte Arbeitslosengeld zurückgefordert werden, eine Erstattung der seitens der BA abgeführten Beiträge zur Krankenversicherung sei hingegen ausgeschlossen.
Im Erziehungsgeldrecht hat der 14 b./4. Senat des BSG mit Urteil vom 10.08.1993 der Anspruchsberechtigten gestattet, den nach § 6 Abs.4 BErzGG i.d.F. des BErzGG vom 06.12.1985 (BGBl.I 2154) gestellten Aktualisierungsantrag zu widerrufen mit der Folge, dass der Regeltatbestand der Berücksichtigung des sogenannten historischen Einkommens letztlich doch wiederum für die Höhe des Anspruchs bestimmend wurde. Der das Erziehungsgeld unter Berücksichtigung des voraussichtlichen aktuellen Einkommens festsetzende Bescheid sei noch nicht bestandskräftig geworden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei der Berechtigte an einen Aktualisierungsantrag nach Absatz 4 nicht gebunden. Das BErzGG sehe - anders als bei der Bestimmung des erziehungsgeldberechtigten Ehegatten nach § 3 Abs.2 BErzGG - eine Bindung an den Aktualisierungsantrag nach § 6 Abs.4 BErzGG vor diesem Zeitpunkt nicht vor. Auch aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts lasse sich eine solche Bindung des Antragstellers vor dem Eintritt der Bestandskraft des Bescheides nicht ableiten (SozR 3-7833 § 6 Nr.5 am Ende).
Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 29.05.1980 (FamRZ 81, 208) in einem Fall, in dem sich die dreimonatige Rückerstreckung des Bewilligungszeitraums nach § 15 Abs.1 Satz 2 BAföG a.F. wegen der Einkommensverhältnisse der Antragstellerin als ungünstig erwiesen hatte, eine Rücknahme des ursprünglichen Antrags auf Ausbildungsförderung und das Stellen eines späteren neuen Antrags noch nach Bescheiderlass für zulässig gehalten. Als Vorbild böten sich die Regelungen des Verwaltungsprozessrechts an, nach denen grundsätzlich Rechtsbehelfe bis zur rechtskräftigen Entscheidung zurückgenommen werden könnten. Es bestünden daher für das Verwaltungsverfahren keine Bedenken, die Rücknahme von Anträgen bis zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich zuzulassen. Ausnahmen müssten gemacht werden, wenn eine Rücknahme gesetzlich ausgeschlossen sei oder wenn bereits durch die Stellung des Antrags oder durch die Entscheidung der Behörden über den Antrag Umstände eingetreten seien, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Dies sei aber bei der gegebenen Konstellation nicht der Fall. Gegebenenfalls bereits für die Vergangenheit rechtsgrundlos erbrachte Leistungen könnten mit den künftig aufgrund des neuen Antrags zu bewilligenden Leistungen verrechnet werden.
Unter Berufung auf u.a. die obige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.05.1980 a.a.O. hat das Bundesverwaltungsgericht nachfolgend im Urteil vom 03.04.1987 festgestellt, dass der Antrag auf Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung zurückgenommen werden könne. Eine derartige Rücknahme sei nur dann nicht möglich, wenn aufgrund des ursprünglichen Antrags Umstände eingetreten seien, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten (NJW 88, 275).
Ebenso hat das Bundesverwaltungsgericht unter Berufung auf die Dispositionsbefugnis des Antragstellers mit Urteil vom 14.04. 1989 entschieden, dass ein Bauantrag auch während der Anhängigkeit einer auf Erteilung der Baugenehmigung gerichteten Verpflichtungsklage noch zurückgenommen werden könne (NVwZ 89, 860).
Der Senat zieht aus der dargestellten sozialgerichtlichen und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung folgende Schlüsse:
Die Regelungen des BGB über den Widerruf und die Anfechtung von Willenserklärungen sind auf die Rücknehmbarkeit von Anträgen im Hinblick auf deren spezifische Funktion im Verwaltungsverfahrensrecht nicht anzuwenden. Dies gilt im Sozialrecht im Besonderen, da das Verhältnis zwischen der Verwaltung und dem von ihr Betreuten mit der Interessenlage zwischen Geschäftspartnern des bürgerlichen Rechts nicht vergleichbar ist. Den entsprechenden Ausführungen des 7. Senats des BSG im Urteil vom 17.04. 1986 (SozR 4100 § 100 Nr.11) ist hinzuzufügen, dass das Verwaltungsverfahrensrecht auch kein Pendant zu den den Antragenden schützenden Bestimmungen des bürgerlichen Vertragsrechts über die Annahmefrist kennt.
Die Rücknahme eines Antrags im Verwaltungsverfahren ist nach den dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen in der Regel bis zum Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung über den Antrag zulässig, was eine Rücknahme auch noch nach Erlass des Widerspruchsbescheides einschließt, sofern dieser mit der Klage angefochten wird. Die Begründung hierfür findet sich in der dem Berechtigten - in Parallele zum Rechtsbehelf im Widerspruchsverfahren bzw. im gerichtlichen Verfahren - mit dem Antrag eingeräumten Dispositionsbefugnis. Diese Dispositionsbefugnis erhält ein zusätzliches Gewicht, wenn dem Berechtigten mit einer Wahl- oder Bestimmungsmöglichkeit die Befugnis eingeräumt werden soll, unter mehreren möglichen Entscheidungen der Verwaltung die für ihn günstigste herbeizuführen.
Die Rücknahme eines Antrags im Verwaltungsverfahrensrecht, auch im Sozialverwaltungsverfahrensrecht, ist aber dann nicht möglich, wenn dies gesetzlich ausgeschlossen ist oder wenn durch den Antrag selbst oder durch die ursprüngliche Entscheidung hierüber Umstände eingetreten sind, die nicht rückgängig gemacht werden können. Dem gleichgestellt werden muss nach Auffassung des Senats der Fall, dass bei Rücknehmbarkeit eines Antrags die Verwaltung einen unzumutbaren Verwaltungsaufwand zu besorgen hätte.
Nach diesen Grundsätzen ist auch die Rücknahme eines Antrags auf Bundeserziehungsgeld - hier für das zweite Lebensjahr des Kindes - und dessen Ersetzung durch einen späteren Antrag zulässig.
Im Erziehungsgeldrecht kommt dem Antragszeitpunkt Bedeutung an zwei Stellen zu. Nach § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG wird Erziehungsgeld höchstens für sechs Monate vor der Antragstellung bewilligt, wobei aber die Rückwirkung nicht über den maßgeblichen Erziehungsgeldzeitraum hinaus geht. Nach § 5 Abs.2 Satz 4 BErzGG sind für die Berücksichtigung von Freibeträgen auf der Grundlage des familiären Status nach § 5 Abs.2 BErzGG die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich.
Die Verkürzung des möglichen Leistungszeitraums innerhalb des maßgeblichen Lebensjahres durch die zeitliche Begrenzung der Rückwirkung eines Antrags auf Bundeserziehungsgeld nach § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG steht der Rücknahme des ursprünglichen Antrags und dessen Ersetzung durch einen späteren neuen Antrag nicht entgegen. Dies gilt zumal deswegen, weil das Erziehungsgeld nach § 8 Abs.1 BErzGG keinen Einfluss auf andere Sozialleistungen hat (zur Optimierung mehrerer Sozialleistungsansprüche durch Rücknahme eines Antrags s. im Übrigen BSG vom 09.09.1995 a.a.O. SozR 3-2500 § 50 Nr.3).
Die Bestimmung des Antragszeitpunkts als für den familiären Status nach § 5 Abs.2 BErzGG maßgeblichem Zeitpunkt erfolgte im Zusammenhang mit der Aktualisierung des anzurechnenden Einkommens und der Einfügung zweier gesonderter Erziehungsgeldzeiträume für die beiden ersten Lebensjahre des Kindes durch das FKPG vom 23.06.1993. Die Regelung soll im Hinblick auf den bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigenden familiären Status zu einer Differenzierung nach Erziehungsgeldzeiträumen führen und damit eine wirklichkeitsnähere Berücksichtigung der Verhältnisse in den Leistungszeiträumen ermöglichen, als sie jedenfalls nach der vormaligen Gesetzeslage möglich war (vgl. Grüner-Darlichau, BErzGG, § 5 S.7).
Die Wahl des Antragszeitpunkts und damit auch die Bestimmung des für den Leistungszeitraum maßgeblichen Familienstatus für die Freibetragsregelung des § 5 Abs.2 BErzGG ist grundsätzlich frei. Sie kann unter Optimierungsgesichtspunkten getroffen werden, wobei den Optimierungsmöglichkeiten durch die zeitlich begrenzte Rückwirkung des Erziehungsgeldantrags nach § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG Grenzen gesetzt sind.
Was den Antrag auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr des Kindes betrifft, worüber hier zu entscheiden ist, so räumt das Gesetz der oder dem Berechtigten die Möglichkeit der wirksamen Antragstellung in § 4 Abs.2 Satz 2 BErzGG frühestens ab dem neunten Lebensmonat des Kindes ein. Eine Begrenzung für die Zeit danach sieht das Gesetz nicht vor. Das Gebrauchmachen von der dem Berechtigten damit eingeräumten Wahlmöglichkeit kann sich entscheidend darauf auswirken, wie hoch ein Anspruch ist bzw. ob überhaupt ein Anspruch auf Erziehungsgeld gegeben ist. Bezüglich des hier streitigen Freibetrags für "weitere Kinder" der oder des Berechtigten nach § 5 Abs.2 Satz 3 BErzGG weist der amtliche Vordruck des Beklagten sogar ausdrücklich darauf hin, dass es von Vorteil sein könne, den Zweitantrag erst bei Geburt eines weiteren Kindes innerhalb des Leistungszeitraums zu stellen. Für die Möglichkeit der Rücknahme eines Erziehungsgeldantrages für einen Leistungszeitraum und dessen Ersetzung durch einen späteren Antrag, hier für das zweite Lebensjahr eines Kindes, bis zum Eintritt der Bindungswirkung des ursprünglichen Bescheides spricht nach den oben zitierten höchstrichterlichen Grundsätzen demnach nicht nur die dem Berechtigten mit dem Antragsrecht generell eingeräumte Dispositionsbefugnis, sondern auch die dem Berechtigten mit der Wahl des Antragszeitpunkts auch nach Auffassung des Beklagten eingeräumte Optimierungsmöglichkeit im Hinblick auf den im Rahmen des § 5 Abs.2 BErzGG zu berücksichtigenden Familienstatus.
Umstände, die bei einer Rücknahme des ursprünglichen Antrags bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten, sind nicht ersichtlich. Auch ist nach der Auskunft des Beklagten zu den im Rahmen der Freibetragsregelung des § 5 Abs.2 BErzGG gestellten Anträgen bei der Rücknehmbarkeit eines Erziehungsgeldantrags für einen Leistungszeitraum und dessen Ersetzen durch einen neuen Antrag kein unzumutbarer Verwaltungsaufwand zu befürchten.
Einwendungen gegen die Rücknahme des Erziehungsgeldantrags für einen Leistungszeitraum und dessen Ersetzung durch einen späteren Antrag können sich nach Ansicht des Senats auch nicht aus Konstellationen ergeben, die bereits in der Möglichkeit der Wahl des Zeitpunkts des Antrags als solcher begründet sind. So etwa die systembedingt nicht vermeidbare Fallgestaltung, dass für einen Leistungszeitraum, hier das zweite Lebensjahr des Kindes, das der oder dem Berechtigten zuzurechnende Einkommen, dem dem Geburtsjahr folgenden Kalenderjahr (hier: 1998) entnommen werden, während sich die vom Einkommen abzusetzenden Freibeträge nach den Verhältnissen in einem Zeitpunkt des darauf folgenden Jahres (hier: 1999) richten.
Damit beantwortet sich auch die vom BSG im Urteil vom 13.12. 2000 (Az.: B 14 EG 10/99 R) a.a.O. aufgeworfene Frage, ob bei Ersetzbarkeit des Erstantrages durch einen zweiten Antrag nunmehr ausschließlich die Verhältnisse zum Zeitpunkt der zweiten Antragstellung nach § 5 Abs.2 Satz 4 BErzGG zugrunde zu legen seien (S.6). Hätte die Klägerin nämlich den ersten Antrag gar nicht gestellt, so wären zweifelsfrei für den gesamten Leistungszeitraum die Verhältnisse zum Zeitpunkt der zweiten Antragstellung zugrunde zu legen gewesen. Eine Grenze ergibt sich und ergab sich auch für den Anspruch der Klägerin insoweit aus § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG, wonach Erziehungsgeld höchstens für sechs Monate vor der Antragstellung bewilligt werden kann. Die systematische Einheitlichkeit des Erziehungsgeldrechts erfordert nach Auffassung des Senats, dass nichts anderes gilt, wenn der ursprüngliche Antrag entfällt und durch einen neuen, späteren Antrag ersetzt wird. § 48 SGB X kann im Rahmen der Freibetragsregelung des § 5 Abs.2 BErzGG nicht angewendet werden. § 5 Abs.2 Satz 4 BErzGG enthält insoweit eine ausdrückliche Regelung im Sinne des § 10 Abs.2 BErzGG, die der Anwendung des SGB X entgegensteht. Nach § 5 Abs.2 Satz 4 BErzGG sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich für den gesamten Leistungszeitraum, wobei sich Einschränkungen für die zeitliche Erstreckung des Anspruchs in die Vergangenheit aus § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG ergeben. Dies schließt aus, dass in Anwendung des § 48 SGB X aufgrund einer Änderung der Verhältnisse innerhalb des Leistungszeitraums der Anspruch anders zu beurteilen ist. Damit ist aber andererseits keine Regelung darüber getroffen, wie der Zeitpunkt der Antragstellung zu bestimmen ist und ob der Antrag zurückgenommen und durch einen neuen, späteren Antrag ersetzt werden kann. Dies ist nach Auffassung des Senats nach den sonst im allgemeinen Verwaltungsrecht bzw. im Sozialrecht geltenden Grundsätzen zu beurteilen. Diese verlangen zumindest in der hier zugrunde liegenden Fallgestaltung des Antrags auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr des Kindes und nachfolgender Geburt eines "weiteren Kindes" im Sinne von § 5 Abs.2 Satz 3 BErzGG die Möglichkeit der Rücknahme des ursprünglichen Antrags und dessen Ersetzung durch einen neuen Antrag bis spätestens zum Eintritt der Bindungswirkung des ursprünglichen Bescheides.
Nachdem die Klägerin demnach den ursprünglichen Antrag auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David vom 08.06.1998 zurücknehmen und wirksam am 02.02.1999 einen neuen Antrag stellen konnte, gelten für die Inanspruchnahme von Freibeträgen für diesen Leistungszeitraum die Verhältnisse zum Zeitpunkt des neuen Antrags. Das bedeutet, dass bei der Ermittlung des Anspruchs auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David unter Einbeziehung der am 1999 geborenen Zwillinge Antonia und Pauline ein Freibetrag in Höhe von insgesamt 16.800,00 DM für "weitere Kinder" nach § 5 Abs.2 Satz 3 BErzGG zu berücksichtigen ist.
Einer entsprechenden Verbescheidung durch den Beklagten steht nicht entgegen, dass der Beklagte bereits mit Bescheid vom 08.07.1998 - ablehnend - über den Antrag der Klägerin vom 08.06.1998 auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr von David entschieden hat. Dieser Bescheid ist durch die Rücknahme des Antrags vom 08.06.1998 am 02.02.1999 unwirksam geworden, so dass für die weitere Durchführung des Widerspruchsverfahrens und das anschließende Klageverfahren S 9 EG 7/99 kein Rechtsschutzinteresse bestand. Einer gerichtlichen Aufhebung des ursprünglichen Bescheides bedurfte es nicht (s. Kopp/Ramsauer, Rdz.72 zu § 22 VwVfG, zum vergleichbaren Fall der Klagerücknahme nach ergangener, noch nichts rechtskräftiger Entscheidung s. Meyer-Ladewig, Rdz.9 zu § 102 SGG). Bei anderer Auffassung müsste der Beklagte in Ausführung des Urteils des SG den ursprünglichen Bescheid vom 08.07.1998/Widerspruchsbescheid vom 01.04.1999 aufheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde nach § 160 Abs.2 Nr.1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
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