Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 KA 1114/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 120/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger haben der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die sachliche und rechnerische Richtigstellung der Honorarabrechnung der Kläger für das Quartal 1/98 streitig. Es geht dabei um die Absetzung der Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO, die von den Klägern während ihrer Tätigkeit im ärztlichen Bereitschaftsdienst (Taxibereitschaftsdienst) abgerechnet wurden.
Die Kläger zu 1), 3) und 4) waren im streitigen Quartal 1/98 als Allgemeinärzte bzw. praktische Ärzte in München zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Honorarbescheid vom 21. Juli 1998 stellte die Beklagte das Honorar der Kläger für das Quartal 1/98 fest. In einer Anlage zu diesem Honorarbescheid berichtigte die Beklagte die Honorarabrechnung der Kläger u.a. hinsichtlich der noch streitigen Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO sachlich-rechnerisch. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Nrn.10, 11, 17 und 18 BMÄ/E-GO seien im Notarztdienst und bei Notfallbehandlungen grundsätzlich nicht berechnungsfähig. Die Beklagte setzte die Leistungen wie folgt ab: die Nr.10 BMÄ/E-GO bei den Regionalkassen 189-mal, bei den Ersatzkassen 69-mal, bei den "Besonderen Kostenträgern BMÄ" 13-mal und bei "Besondere Kostenträger Post" 2-mal; die Nr.11 BMÄ/E-GO bei den Regionalkassen 2-mal und bei den "Besonderen Kostenträgern BMÄ" 1mal; die Nr.17 BMÄ/E-GO bei den Regionalkassen 56-mal, bei den Ersatzkassen 34-mal, bei den "Besonderen Kostenträgern BMÄ" 4-mal und bei "Besondere Kostenträger Post" 1-mal. Insgesamt verringerte sich das vom Kläger angeforderte Honorar dadurch um 11.080,86 DM (entspricht 5.665,55 Euro).
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger zu 1), 3) und 4) Widerspruch ein, der am 6. August 1998 bei der Beklagte einging. Der Widerspruch richte sich gegen die verfügten Honorarmaßnahmen im Rahmen der entsprechenden Leistungsgruppen, soweit dadurch die betroffenen Vertragsärzte negativ tangiert gewesen seien. Er richte sich insbesondere gegen die verfügten rechnerischen Richtigstellungen insgesamt. Trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Beklagte erfolgte eine Begründung des Widerspruchs nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach nochmaliger Durchsicht der vorgelegten Unterlagen ergebe sich kein Hinweis auf formale oder inhaltliche Fehler, so dass der Widerspruch insgesamt zurückzuweisen sei. Gegen diesen Widerspruchsbescheid ließen die Kläger zu 1) bis 5) durch den Kläger zu 1) Klage erheben, die am 8. Mai 2000 beim Sozialgericht München einging. Mit ihrer Klagebegründung vom 6. Februar 2001 führten die Kläger dann unter anderem aus, Beratungs- und Gesprächsleistungen nach den Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO seien grundsätzlich abrechenbar, auch im Notdienst. Dies ergebe sich beispielsweise aus einem Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf, das festgestellt habe, dass Gesprächsleistungen grundsätzlich auch im Bereitschaftsdienst berechnungsfähig seien, wenn die medizinische Indikation und die entsprechende Notwendigkeit für die Erbringung dieser Leistungen gegeben seien. Im Notdienst verträten sie, da sie einen hausärztlichen Bereitschaftsdienst durchführten, den Hausarzt und müssten deshalb die Möglichkeit haben, alle hausärztlichen Positionen abzurechnen, soweit diese Maßnahmen wirtschaftlich, zweckmäßig, ausreichend und notwendig seien. Eine Begründung für die Notwendigkeit der Abrechnung der einzelnen den Fällen, in denen diese Nummern gestrichen wurden, nicht vorgetragen.
Mit Urteil vom 14. Februar 2001 wies das Sozialgericht München die Klage ab. Die Kammer schloss sich zur Begründung ihrer Entscheidung dem Widerspruchsbescheid der Beklagten gemäß § 136 Abs.3 SGG an. Die Kläger hätten zu den einzelnen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen die Einzelfälle aller gekürzten und noch streitgegenständlich umfassten Gebührenordnungspositionen vortragen müssen, was sie nicht getan hätten. So sei es der Kammer nicht möglich gewesen, ihre Kritik nachzuverfolgen. Dies sei auch der Beklagten nicht möglich. Die Kammer sei durchaus der Auffassung, dass in Ausnahmefällen, wo es dringend medizinisch angezeigt sei, auch im Notfalldienst die sachlich berichtigten Gebührenordnungspositionen abrechenbar sein müssen. Da die Kläger aber insoweit nichts vorgetragen hätten, sei die Entscheidung des Vorstandes der Beklagten in Bezug auf diese Richtigstellungen zu bestätigen. Das Urteil wurde an den Kläger zu 1) per Einschreiben zustellt, das am 3. Mai 2001 zur Post gegeben wurde.
Die dagegen von den Klägern eingelegte Berufung ging am 1. Juni 2001 beim BayLSG ein. Zu ihrer Begründung wird vorgetragen, das Sozialgericht habe zu Unrecht festgestellt, dass die Klägerpartei nicht ausführlich zu den rechnerischen Richtigstellungen Stellung genommen habe. Es handle sich stets um die gleiche Rechts- und Sachfrage, wegen der mit der Beklagten bereits seit mehreren Jahren ein Schriftwechsel erfolge. Auch das Sozialgericht habe in seiner Entscheidung festgestellt, dass in Ausnahmefällen dann, wenn es zwingend medizinisch notwendig erscheine, auch im Notfalldienst die abgesetzten Leistungen abrechenbar sein müssten. Folge man dieser Rechtsauffassung, wäre es Sache der Prüfgremien im Verfahren der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise und nicht Sache der Beklagten, die Wirtschaftlichkeit der Leistungen im Einzelnen zu prüfen. Das formale, schematische Absetzen ohne Prüfung sei unzulässig.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. Februar 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen die im Quartal 1/98 abgesetzten Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO, soweit sie im Notfalldienst bzw. Notfalltaxi erbracht worden sind, nachzuvergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen der Beklagten einschließlich der Ausdrucke der EDV-Abrechnungen in den beanstandeten Fällen, die Klageakte, Az.: S 32 KA 1114/00, und die Berufungsakte, Az.: L 12 KA 120/01, vor. Auf deren Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten und die zur Niederschrift erfolgten Feststellungen, wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetztes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Das SG hat zu Recht mit Urteil vom 14. Februar 2001 die Klage gegen den Honorarberichtigungsbescheid der Beklagten vom 21. Juli 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2000 abgewiesen, da die Kläger keinen Anspruch auf Vergütung der Leistungen nach den Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO haben, die sie im ärztlichen Notfalldienst erbracht haben.
Die Kläger zu 2.) und 5.) waren bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung Mitglieder der Gemeinschaftspraxis, in deren Namen die Klage erhoben wurde, und die als Rechtsnachfolgerin der Gemeinschaftspraxis aus den Klägern zu 1), 3) und 4) sich gegen die Honorarberichtigung wehrt.
Die rechtliche Grundlage für die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Honorarabrechnung der Kläger durch die Beklagte ergibt sich im Primärkassenbereich aus § 45 Abs.1 BMV-Ä in der ab 1. Januar 1995 geltenden Fassung vom 19. Dezember 1994 i.V.m. § 10 Abs.1 des Gesamtvertrages - Regionalkassen - in der Fassung einschließlich des 16. Nachtrags gültig ab 1. Januar 1997 vom 29. August 1997 und im Ersatzkassenbereich aus § 34 Abs.4 EKV-Ä in der ab 1. Juli 1994 geltenden Fassung vom 7. Juli 1994 i.V.m. § 13 Gesamtvertrag - Ersatzkassen - in der ab 1. Oktober 1996 geltenden Fassung vom 20. Mai 1997 sowie für beide Bereiche aus § 6 Abs.1 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten in der ab dem 1. Januar 1996 geltenden Fassung vom 2. Dezember 1995.
Die Beklagte hat auch inhaltlich zu Recht die von den Klägern im Rahmen der Notfallbehandlung erbrachten und abgerechneten Leistungen im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigungstellung berichtigt und nicht in einem Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise der Kläger (zur Abgrenzung diesbezüglich zuletzt BSG SozR 3-2500 § 75 SGV V Nr.10, S.43). Die sachlich-rechnerische Berichtigung umfasst im Wesentlichen die Berichtigung von Rechenfehlern, von Fehlern bei der Anwendung der Gebührenordnung und sonstigen derartigen Fehlern. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigstellung der Abrechnung zielt auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind, während die Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V bei der Menge der erbrachten Leistungen ansetzt. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung betrifft Fälle, in denen der Leistungsinhalt überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebiets erbracht worden sind und ähnliche Fälle (s. Urteile des Senats vom 25. Oktober 2000, Az.: L 12 KA 50/99, und vom 24. Oktober 2001, Az.: L 12 KA 146/00).
Der Senat hat sich in dem Urteil vom 25. Oktober 2000, Az.: L 12 KA 50/99, bereits mit der Abrechenbarkeit der hier streitigen Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO während des ärztlichen Not-falldienstes bzw. bei Notfallbehandlungen befasst und ist zum Ergebnis gekommen, dass diese Leistungen grundsätzlich im Rahmen einer Notfallbehandlung nicht abrechenbar sind. Für die Leistungserbringung im Rahmen des ärztlichen Notfalldienstes bzw. für Notfallbehandlungen ist neben dem im einheitlichen Bewertungsmaßstab enthaltenen ausdrücklichen Leistungsausschluss (vgl. 6. Absatz der Präambel zu Kapitel B II - Beratungs- und Betreuungsgrundleistungen) vor allem auch die einschlägige Not- falldienstverordnung zu beachten.
Gemäß § 1 Abs.4 der Notfalldienstordnung der Beklagten vom 27. März 1993 ist die Behandlung im Rahmen des Notfalldienstes darauf ausgerichtet, den Patienten bis zur nächstmöglichen ambulanten oder stationären Behandlung ärztlich zweckmäßig und ausreichend zu versorgen, wobei die Versorgung auch auf das hierfür Notwendige zu beschränken ist. Die Tätigkeit des Arztes im Rahmen des Notfalldienstes ist nach dieser Vorschrift - was die Abrechnungsfähigkeit der erbrachten Leistungen betrifft - ausschließlich auf den konkreten Notfall und dessen erste Versorgung bis zur nächstmöglichen ambulanten oder stationären Behandlung bezogen und begrenzt. Die Erbringung weiterer über diese Zielsetzung hinausgehender Leistungen ist nicht nur unwirtschaftlich, sondern grundsätzlich ausgeschlossen. Der Not- falldienstordnung steht insoweit daher auch eine gebürenrechtliche Bedeutung insofern zu, als sie Art und Umfang der im Rahmen einer Notfallbehandlung abrechenbaren Leistungen bestimmt.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze sind die von der Beklagten im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO vorgenommenen Absetzungen nicht zu beanstanden.
Mit der Nr.10 BMÄ/E-GO wird das therapeutische hausärztliche Gespräch zu komplexen erkrankungsbedingten Patientenproblemen und/oder die Beratung und Instruktion der Eltern und/oder Bezugspersonen von Kindern oder Jugendlichen mit Verhaltensstörungen oder Suchtproblemen vergütet. Der Begriff "komplexe Patientenprobleme" zeigt schon, dass hier über die durch die Erkrankung direkt bedingten Symptome und Beschwerden hinaus die aus den Erkrankungen ggf. resultierenden vielfältigen - insbesondere auch familiären und beruflichen - Fragestellungen im Gespräch mitzuerörtern sind. Es sollen die Probleme des Patienten in ihrer ganzen Komplexität erfasst und im Gespräch entsprechend berücksichtigt werden. Die aus einem derartigen Gespräch notwendigerweise erwachsende gemeinsame Planung der weiteren Behandlung sollte neben der therapeutischen Wirkung des Gesprächs selbst alle weiteren in Frage kommenden Therapieformen von chirurgischen Eingriffen, von der Pharmakotherapie über diätetische Maßnahmen, Maßnahmen der Lebensführung, Kur- und Rehabilitationsvorhaben bis zur Bewegungstherapie usw. umfassen. Es können auch Empfehlungen zur Gestaltung zeitlicher Abläufe im Berufsleben (z.B. Schichtarbeit), zur familiären oder sozialen Situation (z.B. unzureichende Wohnmöglichkeiten), zur gesundheitsfördernden Freizeit- und Urlaubsgestaltung (z.B. sportliche Aktivitäten, klimatische Bedingungen im Urlaubsland) in Frage kommen. Der so beschriebene Leistungsinhalt der Nr.10 BMÄ/E-GO - auch was die Beratung und Instruktion der Eltern und/oder Bezugspersonen betrifft - geht über die Erstversorgung einer Notfallsituation deutlich hinaus, so dass diese Ziffer im Rahmen des Notfalldienstes grundsätzlich nicht abrechenbar ist. Es liegen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass ausnahmsweise zur Notfallbehandlung selbst, also zur Erstversorgung des akuten Geschehens, eine Erörterung und Planung in der von der Leistungslegende der Nr.10 BMÄ/E-GO geforderten Art notwendig war. Hierzu haben weder die Kläger etwas vorgetragen noch ergibt eine Einsicht in die Behandlungsscheine durch den mit zwei Ärzten als ehrenamtliche Richter fachkundig besetzten Senat eine Rechtfertigung für die Abrechnung der Nr.10 BMÄ/E-GO im Rahmen der Notfallbehandlung. Bei Durchsicht der Scheine, bei denen die Nr.10 BMÄ/E-GO abgesetzt wurde, fällt zunächst auf, dass in keinem der beanstandeten Fälle der weiterbehandelnde Arzt bzw. der Hausarzt der Notfallpatienten angegeben wird. In den allermeisten Fällen wäre auch eine Erbringung der Leistung nach der Nr.10 BMÄ/E-GO durch den behandelnden Hausarzt wegen der angegebenen Diagnosen nicht gerechtfertigt, die zumeist Verdachtsdiagnosen sind bzw. Übelkeit, Bronchitis, Schwindel, Sinusitis oder Gallenblasenbeschwerden. Bei Durchsicht der Behandlungsscheine zeigt sich, dass aufgrund der angegebenen Diagnosen komplexe erkrankungsbedingte Patientenprobleme, die im Rahmen der Notfallbehandlung Anlass für ein therapeutisches hausärztliches Gespräch von mindestens zehn Minuten Dauer gegeben hätten, bzw. Verhaltensstörungen oder Suchtprobleme bei Kindern oder Jugendlichen, die die Beratung und Instruktion der Eltern und/oder der Bezugspersonen erforderlich gemacht hätten, nicht erkennbar sind. Aus den Behandlungsscheinen ist vielmehr ersichtlich, dass es sich zumeist um typische Notfallbehandlungen handelte, die eine Erstversorgung des akuten Geschehens durch den herbeigerufenen Notfalldienst erforderlich machten, keinesfalls aber Anlass gaben, eine Erörterung und Planung in der von der Leistungslegende der Nr.10 BMÄ/E-GO geforderten Art zu erbringen. Diese Leistung ist von ihrer Leistungsbeschreibung her vielmehr dem den jeweiligen Patienten über einen längeren Zeitraum hinweg behandelten Hausarzt vorbehalten.
Die Nr.11 BMÄ/E-GO vergütet die Diagnostik und/oder Behandlung einer psychischen Destabilisierung oder psychischen Krankheit durch hausärztliches Gespräch mit einer Dauer von mindestens zehn Minuten. Durch die Verwendung des Begriffes "hausärztliches Gespräch" (vgl. Art und Inhalt der hausärztlichen Versorgung gemäß § 73 Abs.1 Satz 2 Nrn.1 bis 4 SGB V) wird auch in dieser Nummer klargestellt, dass diese Leistung nur vom Hausarzt und grundsätzlich auch nur im Rahmen der hausärztlichen Versorgung - nicht aber im Rahmen einer Notfallbehandlung - erbracht werden kann. Die Durchsicht der drei streitgegenständlichen Behandlungsausweise hat zunächst ergeben, dass die Kläger in keinem der drei Fälle die betroffenen Patienten hausärztlich betreuen. Auch hier war vielmehr angegeben: "weiterbehandelnder Arzt unbekannt". Von daher liegt schon keine Diagnostik bzw. keine Behandlung durch ein hausärztliches Gespräch vor. Die Diagnosen in den drei Fällen lauteten: "Akuter Phantomschmerz" bzw. "Psychische Überlastung" bzw. "Angstzustände, Asthma". Auch konnte der mit zwei Ärzten fachkundig besetzte Senat weder aus den Ausführungen der Kläger noch aus den Angaben in den Behandlungsausweisen erkennen, dass ausnahmsweise gerade im Rahmen der Erstversorgung des akuten Geschehens die Führung eines mindestens zehnminütigen Gesprächs mit dem Leistungsinhalt der Nr.11 BMÄ/E-GO zur Notfallbehandlung nötig war.
Auch die Nr.17 BMÄ/E-GO (intensive ärztliche Beratung und Erörterung zu den therapeutischen, familiären, sozialen oder beruflichen Auswirkungen und deren Bewältigung bei nachhaltig lebensverändernder oder lebensbedrohender Erkrankung, ggf. in der Einbeziehung von Bezugspersonen und fremdanamnestischen Angaben mit einer Dauer von mindestens zehn Minuten) geht weit über die Erstversorgung im Rahmen einer Notfallbehandlung hinaus und ist zum größten Teil in die Zukunft gerichtet (Auswirkungen der Krankheit und deren Bewältigung). Diese Leistung wurde im Quartal 1/98 insgesamt 95-mal abgesetzt. Die häufig angegebenen Verdachtsdiagnosen aber auch die sonstigen Diagnosen (z.B. hochfieberhafter Infekt, Bronchitis; grippaler Infekt; Schwindel, psychosomatische Beschwerden; arterielle Hypertonie, Schwindel, Nausea; Oberbauchschmerzen, Verdacht auf Pankreatitis; Schwindel; Beinödeme; Herzinsuffizienz; und ähnliche) lassen schon nicht erkennen, dass es sich um eine nachhaltig lebensverändernde bzw. lebensbedrohende Erkrankung handelt. In den Fällen, in den schwerwiegende Diagnosen angegeben sind, wie z.B. Ösophagus-Carcinom oder Exazerbation bei COLD oder Zustand nach Prostatacarcinom oder Herzinsuffizienz, Ödeme, Dyspnoe, ist nicht davon auszugehen, dass diese schwerwiegenden Diagnosen von den Klägern im Rahmen der Notfallbehandlung erstmalig gestellt wurden. In diesen Fällen ist aber die Erbringung der Leistung nach der Nr.17 BMÄ/E-GO dem den jeweiligen Patienten über einen längeren Zeitraum behandelnden Hausarzt oder Facharzt vorbehalten, da sie weit über die Erstversorgung im Rahmen einer Notfallbehandlung hinausgeht.
Damit erweist sich die Berufung der Kläger mit den zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen als unbegründet, weil die Beklagte aus der Honorarabrechnung der Kläger für das Quartal 1/98 die Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO, die im Notfalldienst erbracht wurden, zu Recht abgesetzt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 und Abs.4 SGG in der bis zum In-Kraft-Treten des 6. SGG Änderungsgesetzes am 2. Januar 2002 maßgeblichen Fassung (alte Fassung) und beruht auf der Erwägung, dass die Kläger auch im Berufungsverfahren mit ihrem Begehren nicht erfolgreich waren. § 193 SGG a.F. gilt in vertragsärztlichen Streitigkeiten, die vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden sind, in allen Rechtszügen fort. Im Hinblick auf die Übergangsregelung des Art.17 Abs.1 des 6. SGG Änderungsgesetzes und aus Gründen des auch verfassungsrechtlich gebotenen prozessualen Vertrauensschutzes kommt für die Kostentragungspflicht der Beteiligten die Vorschriften der §§ 154 ff VwGO über § 197a SGG nur in vertragsarztrechtlichen Streitverfahren zur Anwendung, die nach dem In-Kraft-Treten der Umgestaltung des Kostenrechts rechtshängig werden. Es ist auch noch § 183 SGG a.F. anzuwenden, dies ergibt sich aus § 73 Gerichtskostengesetz (GKG).
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Die Kläger haben der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die sachliche und rechnerische Richtigstellung der Honorarabrechnung der Kläger für das Quartal 1/98 streitig. Es geht dabei um die Absetzung der Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO, die von den Klägern während ihrer Tätigkeit im ärztlichen Bereitschaftsdienst (Taxibereitschaftsdienst) abgerechnet wurden.
Die Kläger zu 1), 3) und 4) waren im streitigen Quartal 1/98 als Allgemeinärzte bzw. praktische Ärzte in München zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Honorarbescheid vom 21. Juli 1998 stellte die Beklagte das Honorar der Kläger für das Quartal 1/98 fest. In einer Anlage zu diesem Honorarbescheid berichtigte die Beklagte die Honorarabrechnung der Kläger u.a. hinsichtlich der noch streitigen Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO sachlich-rechnerisch. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Nrn.10, 11, 17 und 18 BMÄ/E-GO seien im Notarztdienst und bei Notfallbehandlungen grundsätzlich nicht berechnungsfähig. Die Beklagte setzte die Leistungen wie folgt ab: die Nr.10 BMÄ/E-GO bei den Regionalkassen 189-mal, bei den Ersatzkassen 69-mal, bei den "Besonderen Kostenträgern BMÄ" 13-mal und bei "Besondere Kostenträger Post" 2-mal; die Nr.11 BMÄ/E-GO bei den Regionalkassen 2-mal und bei den "Besonderen Kostenträgern BMÄ" 1mal; die Nr.17 BMÄ/E-GO bei den Regionalkassen 56-mal, bei den Ersatzkassen 34-mal, bei den "Besonderen Kostenträgern BMÄ" 4-mal und bei "Besondere Kostenträger Post" 1-mal. Insgesamt verringerte sich das vom Kläger angeforderte Honorar dadurch um 11.080,86 DM (entspricht 5.665,55 Euro).
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger zu 1), 3) und 4) Widerspruch ein, der am 6. August 1998 bei der Beklagte einging. Der Widerspruch richte sich gegen die verfügten Honorarmaßnahmen im Rahmen der entsprechenden Leistungsgruppen, soweit dadurch die betroffenen Vertragsärzte negativ tangiert gewesen seien. Er richte sich insbesondere gegen die verfügten rechnerischen Richtigstellungen insgesamt. Trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Beklagte erfolgte eine Begründung des Widerspruchs nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach nochmaliger Durchsicht der vorgelegten Unterlagen ergebe sich kein Hinweis auf formale oder inhaltliche Fehler, so dass der Widerspruch insgesamt zurückzuweisen sei. Gegen diesen Widerspruchsbescheid ließen die Kläger zu 1) bis 5) durch den Kläger zu 1) Klage erheben, die am 8. Mai 2000 beim Sozialgericht München einging. Mit ihrer Klagebegründung vom 6. Februar 2001 führten die Kläger dann unter anderem aus, Beratungs- und Gesprächsleistungen nach den Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO seien grundsätzlich abrechenbar, auch im Notdienst. Dies ergebe sich beispielsweise aus einem Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf, das festgestellt habe, dass Gesprächsleistungen grundsätzlich auch im Bereitschaftsdienst berechnungsfähig seien, wenn die medizinische Indikation und die entsprechende Notwendigkeit für die Erbringung dieser Leistungen gegeben seien. Im Notdienst verträten sie, da sie einen hausärztlichen Bereitschaftsdienst durchführten, den Hausarzt und müssten deshalb die Möglichkeit haben, alle hausärztlichen Positionen abzurechnen, soweit diese Maßnahmen wirtschaftlich, zweckmäßig, ausreichend und notwendig seien. Eine Begründung für die Notwendigkeit der Abrechnung der einzelnen den Fällen, in denen diese Nummern gestrichen wurden, nicht vorgetragen.
Mit Urteil vom 14. Februar 2001 wies das Sozialgericht München die Klage ab. Die Kammer schloss sich zur Begründung ihrer Entscheidung dem Widerspruchsbescheid der Beklagten gemäß § 136 Abs.3 SGG an. Die Kläger hätten zu den einzelnen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen die Einzelfälle aller gekürzten und noch streitgegenständlich umfassten Gebührenordnungspositionen vortragen müssen, was sie nicht getan hätten. So sei es der Kammer nicht möglich gewesen, ihre Kritik nachzuverfolgen. Dies sei auch der Beklagten nicht möglich. Die Kammer sei durchaus der Auffassung, dass in Ausnahmefällen, wo es dringend medizinisch angezeigt sei, auch im Notfalldienst die sachlich berichtigten Gebührenordnungspositionen abrechenbar sein müssen. Da die Kläger aber insoweit nichts vorgetragen hätten, sei die Entscheidung des Vorstandes der Beklagten in Bezug auf diese Richtigstellungen zu bestätigen. Das Urteil wurde an den Kläger zu 1) per Einschreiben zustellt, das am 3. Mai 2001 zur Post gegeben wurde.
Die dagegen von den Klägern eingelegte Berufung ging am 1. Juni 2001 beim BayLSG ein. Zu ihrer Begründung wird vorgetragen, das Sozialgericht habe zu Unrecht festgestellt, dass die Klägerpartei nicht ausführlich zu den rechnerischen Richtigstellungen Stellung genommen habe. Es handle sich stets um die gleiche Rechts- und Sachfrage, wegen der mit der Beklagten bereits seit mehreren Jahren ein Schriftwechsel erfolge. Auch das Sozialgericht habe in seiner Entscheidung festgestellt, dass in Ausnahmefällen dann, wenn es zwingend medizinisch notwendig erscheine, auch im Notfalldienst die abgesetzten Leistungen abrechenbar sein müssten. Folge man dieser Rechtsauffassung, wäre es Sache der Prüfgremien im Verfahren der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise und nicht Sache der Beklagten, die Wirtschaftlichkeit der Leistungen im Einzelnen zu prüfen. Das formale, schematische Absetzen ohne Prüfung sei unzulässig.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. Februar 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen die im Quartal 1/98 abgesetzten Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO, soweit sie im Notfalldienst bzw. Notfalltaxi erbracht worden sind, nachzuvergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen der Beklagten einschließlich der Ausdrucke der EDV-Abrechnungen in den beanstandeten Fällen, die Klageakte, Az.: S 32 KA 1114/00, und die Berufungsakte, Az.: L 12 KA 120/01, vor. Auf deren Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten und die zur Niederschrift erfolgten Feststellungen, wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetztes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Das SG hat zu Recht mit Urteil vom 14. Februar 2001 die Klage gegen den Honorarberichtigungsbescheid der Beklagten vom 21. Juli 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2000 abgewiesen, da die Kläger keinen Anspruch auf Vergütung der Leistungen nach den Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO haben, die sie im ärztlichen Notfalldienst erbracht haben.
Die Kläger zu 2.) und 5.) waren bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung Mitglieder der Gemeinschaftspraxis, in deren Namen die Klage erhoben wurde, und die als Rechtsnachfolgerin der Gemeinschaftspraxis aus den Klägern zu 1), 3) und 4) sich gegen die Honorarberichtigung wehrt.
Die rechtliche Grundlage für die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Honorarabrechnung der Kläger durch die Beklagte ergibt sich im Primärkassenbereich aus § 45 Abs.1 BMV-Ä in der ab 1. Januar 1995 geltenden Fassung vom 19. Dezember 1994 i.V.m. § 10 Abs.1 des Gesamtvertrages - Regionalkassen - in der Fassung einschließlich des 16. Nachtrags gültig ab 1. Januar 1997 vom 29. August 1997 und im Ersatzkassenbereich aus § 34 Abs.4 EKV-Ä in der ab 1. Juli 1994 geltenden Fassung vom 7. Juli 1994 i.V.m. § 13 Gesamtvertrag - Ersatzkassen - in der ab 1. Oktober 1996 geltenden Fassung vom 20. Mai 1997 sowie für beide Bereiche aus § 6 Abs.1 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten in der ab dem 1. Januar 1996 geltenden Fassung vom 2. Dezember 1995.
Die Beklagte hat auch inhaltlich zu Recht die von den Klägern im Rahmen der Notfallbehandlung erbrachten und abgerechneten Leistungen im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigungstellung berichtigt und nicht in einem Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise der Kläger (zur Abgrenzung diesbezüglich zuletzt BSG SozR 3-2500 § 75 SGV V Nr.10, S.43). Die sachlich-rechnerische Berichtigung umfasst im Wesentlichen die Berichtigung von Rechenfehlern, von Fehlern bei der Anwendung der Gebührenordnung und sonstigen derartigen Fehlern. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigstellung der Abrechnung zielt auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - also ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind, während die Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 SGB V bei der Menge der erbrachten Leistungen ansetzt. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung betrifft Fälle, in denen der Leistungsinhalt überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebiets erbracht worden sind und ähnliche Fälle (s. Urteile des Senats vom 25. Oktober 2000, Az.: L 12 KA 50/99, und vom 24. Oktober 2001, Az.: L 12 KA 146/00).
Der Senat hat sich in dem Urteil vom 25. Oktober 2000, Az.: L 12 KA 50/99, bereits mit der Abrechenbarkeit der hier streitigen Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO während des ärztlichen Not-falldienstes bzw. bei Notfallbehandlungen befasst und ist zum Ergebnis gekommen, dass diese Leistungen grundsätzlich im Rahmen einer Notfallbehandlung nicht abrechenbar sind. Für die Leistungserbringung im Rahmen des ärztlichen Notfalldienstes bzw. für Notfallbehandlungen ist neben dem im einheitlichen Bewertungsmaßstab enthaltenen ausdrücklichen Leistungsausschluss (vgl. 6. Absatz der Präambel zu Kapitel B II - Beratungs- und Betreuungsgrundleistungen) vor allem auch die einschlägige Not- falldienstverordnung zu beachten.
Gemäß § 1 Abs.4 der Notfalldienstordnung der Beklagten vom 27. März 1993 ist die Behandlung im Rahmen des Notfalldienstes darauf ausgerichtet, den Patienten bis zur nächstmöglichen ambulanten oder stationären Behandlung ärztlich zweckmäßig und ausreichend zu versorgen, wobei die Versorgung auch auf das hierfür Notwendige zu beschränken ist. Die Tätigkeit des Arztes im Rahmen des Notfalldienstes ist nach dieser Vorschrift - was die Abrechnungsfähigkeit der erbrachten Leistungen betrifft - ausschließlich auf den konkreten Notfall und dessen erste Versorgung bis zur nächstmöglichen ambulanten oder stationären Behandlung bezogen und begrenzt. Die Erbringung weiterer über diese Zielsetzung hinausgehender Leistungen ist nicht nur unwirtschaftlich, sondern grundsätzlich ausgeschlossen. Der Not- falldienstordnung steht insoweit daher auch eine gebürenrechtliche Bedeutung insofern zu, als sie Art und Umfang der im Rahmen einer Notfallbehandlung abrechenbaren Leistungen bestimmt.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze sind die von der Beklagten im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO vorgenommenen Absetzungen nicht zu beanstanden.
Mit der Nr.10 BMÄ/E-GO wird das therapeutische hausärztliche Gespräch zu komplexen erkrankungsbedingten Patientenproblemen und/oder die Beratung und Instruktion der Eltern und/oder Bezugspersonen von Kindern oder Jugendlichen mit Verhaltensstörungen oder Suchtproblemen vergütet. Der Begriff "komplexe Patientenprobleme" zeigt schon, dass hier über die durch die Erkrankung direkt bedingten Symptome und Beschwerden hinaus die aus den Erkrankungen ggf. resultierenden vielfältigen - insbesondere auch familiären und beruflichen - Fragestellungen im Gespräch mitzuerörtern sind. Es sollen die Probleme des Patienten in ihrer ganzen Komplexität erfasst und im Gespräch entsprechend berücksichtigt werden. Die aus einem derartigen Gespräch notwendigerweise erwachsende gemeinsame Planung der weiteren Behandlung sollte neben der therapeutischen Wirkung des Gesprächs selbst alle weiteren in Frage kommenden Therapieformen von chirurgischen Eingriffen, von der Pharmakotherapie über diätetische Maßnahmen, Maßnahmen der Lebensführung, Kur- und Rehabilitationsvorhaben bis zur Bewegungstherapie usw. umfassen. Es können auch Empfehlungen zur Gestaltung zeitlicher Abläufe im Berufsleben (z.B. Schichtarbeit), zur familiären oder sozialen Situation (z.B. unzureichende Wohnmöglichkeiten), zur gesundheitsfördernden Freizeit- und Urlaubsgestaltung (z.B. sportliche Aktivitäten, klimatische Bedingungen im Urlaubsland) in Frage kommen. Der so beschriebene Leistungsinhalt der Nr.10 BMÄ/E-GO - auch was die Beratung und Instruktion der Eltern und/oder Bezugspersonen betrifft - geht über die Erstversorgung einer Notfallsituation deutlich hinaus, so dass diese Ziffer im Rahmen des Notfalldienstes grundsätzlich nicht abrechenbar ist. Es liegen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass ausnahmsweise zur Notfallbehandlung selbst, also zur Erstversorgung des akuten Geschehens, eine Erörterung und Planung in der von der Leistungslegende der Nr.10 BMÄ/E-GO geforderten Art notwendig war. Hierzu haben weder die Kläger etwas vorgetragen noch ergibt eine Einsicht in die Behandlungsscheine durch den mit zwei Ärzten als ehrenamtliche Richter fachkundig besetzten Senat eine Rechtfertigung für die Abrechnung der Nr.10 BMÄ/E-GO im Rahmen der Notfallbehandlung. Bei Durchsicht der Scheine, bei denen die Nr.10 BMÄ/E-GO abgesetzt wurde, fällt zunächst auf, dass in keinem der beanstandeten Fälle der weiterbehandelnde Arzt bzw. der Hausarzt der Notfallpatienten angegeben wird. In den allermeisten Fällen wäre auch eine Erbringung der Leistung nach der Nr.10 BMÄ/E-GO durch den behandelnden Hausarzt wegen der angegebenen Diagnosen nicht gerechtfertigt, die zumeist Verdachtsdiagnosen sind bzw. Übelkeit, Bronchitis, Schwindel, Sinusitis oder Gallenblasenbeschwerden. Bei Durchsicht der Behandlungsscheine zeigt sich, dass aufgrund der angegebenen Diagnosen komplexe erkrankungsbedingte Patientenprobleme, die im Rahmen der Notfallbehandlung Anlass für ein therapeutisches hausärztliches Gespräch von mindestens zehn Minuten Dauer gegeben hätten, bzw. Verhaltensstörungen oder Suchtprobleme bei Kindern oder Jugendlichen, die die Beratung und Instruktion der Eltern und/oder der Bezugspersonen erforderlich gemacht hätten, nicht erkennbar sind. Aus den Behandlungsscheinen ist vielmehr ersichtlich, dass es sich zumeist um typische Notfallbehandlungen handelte, die eine Erstversorgung des akuten Geschehens durch den herbeigerufenen Notfalldienst erforderlich machten, keinesfalls aber Anlass gaben, eine Erörterung und Planung in der von der Leistungslegende der Nr.10 BMÄ/E-GO geforderten Art zu erbringen. Diese Leistung ist von ihrer Leistungsbeschreibung her vielmehr dem den jeweiligen Patienten über einen längeren Zeitraum hinweg behandelten Hausarzt vorbehalten.
Die Nr.11 BMÄ/E-GO vergütet die Diagnostik und/oder Behandlung einer psychischen Destabilisierung oder psychischen Krankheit durch hausärztliches Gespräch mit einer Dauer von mindestens zehn Minuten. Durch die Verwendung des Begriffes "hausärztliches Gespräch" (vgl. Art und Inhalt der hausärztlichen Versorgung gemäß § 73 Abs.1 Satz 2 Nrn.1 bis 4 SGB V) wird auch in dieser Nummer klargestellt, dass diese Leistung nur vom Hausarzt und grundsätzlich auch nur im Rahmen der hausärztlichen Versorgung - nicht aber im Rahmen einer Notfallbehandlung - erbracht werden kann. Die Durchsicht der drei streitgegenständlichen Behandlungsausweise hat zunächst ergeben, dass die Kläger in keinem der drei Fälle die betroffenen Patienten hausärztlich betreuen. Auch hier war vielmehr angegeben: "weiterbehandelnder Arzt unbekannt". Von daher liegt schon keine Diagnostik bzw. keine Behandlung durch ein hausärztliches Gespräch vor. Die Diagnosen in den drei Fällen lauteten: "Akuter Phantomschmerz" bzw. "Psychische Überlastung" bzw. "Angstzustände, Asthma". Auch konnte der mit zwei Ärzten fachkundig besetzte Senat weder aus den Ausführungen der Kläger noch aus den Angaben in den Behandlungsausweisen erkennen, dass ausnahmsweise gerade im Rahmen der Erstversorgung des akuten Geschehens die Führung eines mindestens zehnminütigen Gesprächs mit dem Leistungsinhalt der Nr.11 BMÄ/E-GO zur Notfallbehandlung nötig war.
Auch die Nr.17 BMÄ/E-GO (intensive ärztliche Beratung und Erörterung zu den therapeutischen, familiären, sozialen oder beruflichen Auswirkungen und deren Bewältigung bei nachhaltig lebensverändernder oder lebensbedrohender Erkrankung, ggf. in der Einbeziehung von Bezugspersonen und fremdanamnestischen Angaben mit einer Dauer von mindestens zehn Minuten) geht weit über die Erstversorgung im Rahmen einer Notfallbehandlung hinaus und ist zum größten Teil in die Zukunft gerichtet (Auswirkungen der Krankheit und deren Bewältigung). Diese Leistung wurde im Quartal 1/98 insgesamt 95-mal abgesetzt. Die häufig angegebenen Verdachtsdiagnosen aber auch die sonstigen Diagnosen (z.B. hochfieberhafter Infekt, Bronchitis; grippaler Infekt; Schwindel, psychosomatische Beschwerden; arterielle Hypertonie, Schwindel, Nausea; Oberbauchschmerzen, Verdacht auf Pankreatitis; Schwindel; Beinödeme; Herzinsuffizienz; und ähnliche) lassen schon nicht erkennen, dass es sich um eine nachhaltig lebensverändernde bzw. lebensbedrohende Erkrankung handelt. In den Fällen, in den schwerwiegende Diagnosen angegeben sind, wie z.B. Ösophagus-Carcinom oder Exazerbation bei COLD oder Zustand nach Prostatacarcinom oder Herzinsuffizienz, Ödeme, Dyspnoe, ist nicht davon auszugehen, dass diese schwerwiegenden Diagnosen von den Klägern im Rahmen der Notfallbehandlung erstmalig gestellt wurden. In diesen Fällen ist aber die Erbringung der Leistung nach der Nr.17 BMÄ/E-GO dem den jeweiligen Patienten über einen längeren Zeitraum behandelnden Hausarzt oder Facharzt vorbehalten, da sie weit über die Erstversorgung im Rahmen einer Notfallbehandlung hinausgeht.
Damit erweist sich die Berufung der Kläger mit den zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen als unbegründet, weil die Beklagte aus der Honorarabrechnung der Kläger für das Quartal 1/98 die Nrn.10, 11 und 17 BMÄ/E-GO, die im Notfalldienst erbracht wurden, zu Recht abgesetzt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 und Abs.4 SGG in der bis zum In-Kraft-Treten des 6. SGG Änderungsgesetzes am 2. Januar 2002 maßgeblichen Fassung (alte Fassung) und beruht auf der Erwägung, dass die Kläger auch im Berufungsverfahren mit ihrem Begehren nicht erfolgreich waren. § 193 SGG a.F. gilt in vertragsärztlichen Streitigkeiten, die vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden sind, in allen Rechtszügen fort. Im Hinblick auf die Übergangsregelung des Art.17 Abs.1 des 6. SGG Änderungsgesetzes und aus Gründen des auch verfassungsrechtlich gebotenen prozessualen Vertrauensschutzes kommt für die Kostentragungspflicht der Beteiligten die Vorschriften der §§ 154 ff VwGO über § 197a SGG nur in vertragsarztrechtlichen Streitverfahren zur Anwendung, die nach dem In-Kraft-Treten der Umgestaltung des Kostenrechts rechtshängig werden. Es ist auch noch § 183 SGG a.F. anzuwenden, dies ergibt sich aus § 73 Gerichtskostengesetz (GKG).
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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