L 12 KA 122/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 22 KA 286/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 122/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger haben der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob den Klägern ein Anspruch auf die Genehmigung zur Abrechnung von Leistungen nach Abschnitt G II des ab 1. Januar 1996 geltenden einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) zusteht.

Die Kläger betrieben bis zum Ausscheiden des Klägers zu 1) am 30. Juni 2001 eine allgemeinärztliche Gemeinschaftspraxis in M ... Mit Schreiben vom 28. Dezember 1995 beantragte der Kläger zu 1), damals noch in Gemeinschaftspraxis mit dem zwischenzeitlich aus Altersgründen ausgeschiedenen Dr.K. , die Genehmigung zur Abrechnung der nervenärztlichen Gebührenordnungspositionen des Abschnitts G II des ab 1. Januar 1996 geltenden EBM im Rahmen ihrer allgemeinärztlichen Tätigkeit. Zur Begründung wies er darauf hin, dass er Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sei und besondere Erfahrungen im Bereich von Suchterkrankungen habe. Suchtkranke (vor allem Alkohol- und Medikamentenabusus) machten etwa 200 Fälle pro Quartal aus. Die Praxis unterhalte Kontakte zu Selbsthilfegruppen und Sozialdiensten. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 19. Juni 1996 ab. Leistungen nach Abschnitt G II des EBM könnten nach den allgemeinen Bestimmungen zum Abschnitt G II grundsätzlich nur von Nervenärzten, Psychiatern, Kinder- und Jungendpsychiatern abgerechnet werden. Im Einzelfall könnten die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Nr.4a/Nr.7 der ergänzenden Vereinbarung zur Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes vom 14. September 1995 im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen auch anderen Ärzten eine Genehmigung zur Abrechnung dieser Leistung erteilen, wenn diese eine gleichwertige fachliche Befähigung nachgewiesen hätten, die Versorgung dieser Patienten im Rahmen des Fachgebietes einen Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstelle und die Erbringung dieser Leistungen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sei. Diese Voraussetzungen seien bei den Klägern nicht erfüllt, da der Leistungsbedarf für Abschnitt G II im Quartal 3/95 nur bei 9,9 % und damit unter 10 % gelegen habe. Die Erbringung dieser Leistungen durch die Kläger sei zur Sicherstellung der ver- tragsärztlichen Versorgung nicht notwendig.

Dagegen haben der Kläger zu 1) und der zwischenzeitlich anstelle von Dr.K. in die Praxis eingetretene Kläger zu 2) mit Schreiben vom 4. Juli 1996 Widerspruch eingelegt und zur Begründung vorgetragen, der Kläger zu 1) sei Arzt für Neurologie und Psychiatrie und behandle seit 20 Jahren viele psychiatrische Patienten in hausärztlichem Kontext. Er habe spezielle Erfahrungen bei der Behandlung von Suchtkranken, was auch in der Wirtschaftlichkeitsprüfung teilweise durch Anerkennung von Praxisbesonderheiten berücksichtigt worden sei. Zur Vermeidung von Prüfverfahren seien im Laufe der Jahre psychiatrische Diagnostik und Behandlung nur noch bei sehr gravierenden psychischen Dekompensationen abgerechnet worden und zwar nur nach Nrn.825, 851 des vor dem 1. Januar 1996 geltenden EBM. So sei es auch im Vergleichsquartal 3/95 gewesen, das die Kläger als ein "Produkt jahrelanger Anpassung zur Vermeidung von Kürzungsverfahren" bezeichnen. Dieses Quartal könne deshalb nicht als Maßstab für die Häufigkeit der Erbringung psychiatrischer Leistungen herangezogen werden. Im Quartal 3/96 hätten die Kläger alle entsprechenden Leistungen dokumentiert und zur Abrechnung gebracht. Damit dürfte der 10 %-Anteil am Gesamthonorar sicher überschritten sein.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 1997 unter Hinweis auf die allgemeinen Bestimmungen zum Abschnitt G II zurück. Zur Frage der Ausnahmegenehmigung nach Nr.4a/Nr.7 der ergänzenden Vereinbarung vom 14. September 1995 habe der Vorstand der Beklagten am 11. Oktober 1996 beschlossen, dass derartige Leistungen für Allgemeinärzte generell nicht abrechenbar seien.

Gegen diesen Bescheid haben die Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben und zur Begründung unter anderem ausgeführt, der Beklagten stehe nicht das Recht der authentischen Interpretation des EBM zu. Der Vorstandsbeschluss vom 11. Oktober 1996 sei demnach rechtswidrig. Er verstoße zudem gegen Art.3 und 12 Grundgesetz (GG), da Allgemeinärzte ohne sachlichen Differenzierungsgrund gegenüber anderen Vertragsärzten benachteiligt würden. Zudem habe die Beklagte, in dem sie sich auf einen pauschalen Ausschluss der Allgemeinärzte stütze, das erforderliche Ermessen im Einzelfall nicht ausgeübt. Der Kläger zu 1) erfülle die Voraussetzungen zur Erteilung der Genehmigung, was er durch Vorlage einer Anerkennung als Nervenarzt nachgewiesen habe. Die Leistungen nach Nrn. 820 bis 849 EBM stellten auch einen Schwerpunkt der Praxistätigkeit der Kläger dar. Dabei sei zu beachten, dass diese nicht nur Leistungen aus dem Abschnitt G II sondern auch nach den Abschnitten G III (Psychosomatik) und G IV (Psychotherapie) erbrächten. Diese bildeten eine Einheit und gingen bei der Versorgung der Patienten oft fließend ineinander über. Insgesamt machten sie weit mehr als 10 % des Abrechnungsvolumens der Praxis aus. Ohne die Leistungen nach den Nrn.820 bis 849 EBM wäre die Versorgung der von den Klägern betreuten Suchtkranken unmöglich. Gerade bei diesen Patienten dürfe das bestehende Vertrauensverhältnis nicht durch eine Überweisung an niedergelassene Nervenärzte gestört werden.

Die Beklagte hat dem entgegen gehalten, eine Sicherstellungslücke bestehe bei den Leistungen nach Abschnitt G II im Planungsbereich M. nicht, da bei den Nervenärzten ein Versorgungsgrad von 110,05 % gegeben sei. Die streitigen Leistungen seien auch kein Schwerpunkt der Praxis der Kläger, da sie nicht mindestens 20 % des Leistungsumfangs ausmachten (LSG Baden Württemberg vom 8. Juli 1998 - L 5 Ka 2227/97). Eine Praxisbesonderheit im Sinne der Wirtschaftlichkeitsprüfung sei nicht mit einem Praxisschwerpunkt im Sinne von Nr.4a/Nr.7 der ergänzenden Vereinbarung vom 14. September 1995 gleichzusetzen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17. Oktober 2000 abgewiesen. Nach der Präambel zu Abschnitt G II des EBM seien die Leistungen dieses Abschnitts nur für Ärzte mit den Gebietsbezeichnungen Nervenärzte, Psychiater, Kinder- und Jugendpsychiater berechnungsfähig. Zwar besitze der Kläger zu 1) auch die Anerkennung als Nervenarzt, doch sei er zur vertragsärztlichen Versorgung ausschließlich als Allgemeinarzt zugelassen. Eine Ausnahmegenehmigung im Einzelfall des Klägers zu 1) sei auch nicht aufgrund der ergänzenden Vereinbarung zur Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes vom 14. September 1995 in Form der Ergänzung vom 11. Dezember 1995 möglich, deren Rechtsmäßigkeit das BSG mit Urteil vom 20. Januar 1999 (Az.: B 6 KA 23/98 R) bestätigt habe, denn die dort genannten Voraussetzungen lägen nicht vor, weil die Versorgung von psychiatrischen Patienten keinen Schwerpunkt der Praxistätigkeit der Kläger ausmache. Ein solcher könne erst dann angenommen werden, wenn mindestens 20 % des abgerechneten Punktzahlvolumens auf die entsprechenden Leistungen entfalle. Diese vom BSG für maßgeblich erachtete Grenze werde nicht erreicht. Desweiteren erscheine die Ausnahmegenehmigung auch nicht zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig, da nach den Angaben der Beklagten eine Unterversorgung im Planungsbereich M. nicht feststellbar sei. Vielmehr sei dieser Planungsbereich seit 1993 fast ständig für Nervenärzte gesperrt.

Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt und zur Begründung unter anderem vorgetragen, zwar erscheine die Rechtsansicht des Sozialgerichts nicht völlig abwegig, die Entscheidung des Bundessozialgerichts zur Ausnahme von der Teilbudgetierung auch für sonstige Ausnahmesachverhalte heranzuziehen, doch werde dies durch die Verwaltungspraxis der Beklagten negiert. Stattdessen sei auf die Kriterien zurückzugreifen, die von der Rechtsprechung bisher zur Gewährung einer Erweiterung von Praxis-/Zusatzbudgets gefunden worden sei. Danach sei ein Praxisschwerpunkt anzunehmen, wenn die zu genehmigenden G II-Leistungen in ca. 10 % der Fälle erbracht würden oder zumindest dann, wenn die abgerechnete Punktzahlmenge für die entsprechenden Leistungen die Grenze von 1 % des Gesamtleistungsbedarfs überschreite (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. November 1999, Az.: L 5 KA 2529/99). Die Erbringung der Leistungen nach den Nrn.820 bis 849 EBM sei auch zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig, weil sonst dem Kläger zu 1) die medizinische Versorgung der Suchtkranken unmöglich wäre, denn es komme in geradezu allen Fällen der Suchtbehandlung zu Krisensituationen, die nur durch spezifische psychiatrische Behandlung zu überwinden seien.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. Oktober 2000 und den Bescheid der Beklagte vom 19. Juni 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung der Leistungen nach Abschnitt G II EBM 96 zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und hilfsweise die Revision zuzulassen.

Sie trägt vor, der Kläger zu 1) habe von sich aus die Wahl getroffen, als Allgemeinarzt und nicht als Nervenarzt zugelassen zu werden. Die Beklagte könne nicht anerkennen, dass die Erbringung von G II-Leistungen einen Schwerpunkt der Praxistätigkeit der Kläger darstelle. Auf die Abrechnungswerte des Jahres 1995 könne insoweit nicht zurückgegriffen werden, weil die Gemeinschaftspraxis damals nicht mit der jetzigen personell identisch gewesen sei. Nach dem 1. Januar 1996 hätten die Kläger psychiatrische Leistungen nur mehr im Quartal 3/96 und vereinzelt im Quartal 4/96 zur Abrechnung gebracht. Diese seien jedoch sachlich rechnerisch berichtigt worden (Gegenstand des Berufungsverfahrens L 12 KA 114/00). Außerdem könne auf die Abrechnungswerte der Nrn. 820 bis 848 EBM 94 auch deshalb nicht zurückgegriffen werden, weil der Großteil der von der Praxis nach diesen Ziffern abgerechneten Punkte auf die Nr. 825 EBM 94 entfallen sei; diese sei gerade keine spezifisch fachärztliche Leistung im Sinne von Nr.4a/Nr.7 der ergänzenden Vereinbarung, denn sie sei nur berechnungsfähig gewesen für Ärzte, die nach Maßgabe des Vertrags über die hausärztliche Versorgung einen Anspruch auf hausärztliche Vergütung nach § 87 Abs.2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), B I 1. EBM hatten. Es handle sich mithin um eine spezifisch hausärztliche Leistung, die deshalb zum Nachweis eines Praxisschwerpunktes im psychiatrischen Bereich ungeeignet sei. Anstelle der früheren Nr. 825 EBM 94 seien im neuen EBM für die Hausärzte die Nrn. 10, 11 und 19 getreten, die von den Klägern auch angesetzt würden. Ohne die Nr.825 EBM 94 liege der prozentuale Anteil der psychiatrischen Leistungen im Jahr 1995 in allen Quartalen unter 10 %. Nur bei einer spezifischen, für die jeweilige Arztgruppe untypischen Praxisausrichtung sei Raum für eine etwaige Ausnahmegenehmigung gemäß Nr.4a/Nr.7 der ergänzenden Vereinbarung. Eine solche Atypik sei hier nicht feststellbar. Als besonderes Patientengut machten die Kläger die Betreuung/Behandlung von Suchtpatienten geltend, bezifferten deren Anteil jedoch selbst nur auf ca. 10 %.

Der Senat hat die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts München zu Verfahren beigezogen und den Inhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs.1 SGG) Berufung ist zulässig aber unbegründet.

Streitig ist, ob die Kläger berechtigt sind, Leistungen der Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie nach den Nrn. 820 bis 849 (Abschnitt G II) BMÄ/E-GO 96 abzurechnen. Nach der Präambel dieses Abschnitts sind die darin enthaltenen Leistungen nur für Ärzte mit den Gebietsbezeichnungen Nervenärzte, Psychiater, Kinder- und Jungendpsychiater berechnungsfähig. Damit sind die Kläger, die als Allgemeinärzte zugelassen sind, von der Abrechnung dieser Ziffern generell ausgeschlossen. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass der Kläger zu 1) die Anerkennung als Nervenarzt besitzt, denn er wurde aus eigener Entscheidung und auf eigenen Antrag nicht als Nervenarzt, sondern als Allgemeinarzt zugelassen. Damit gelten für ihn im Rahmen seiner vertragsärztlichen Tätigkeit die für Allgemeinärzte geltenden Beschränkungen. Andererseits steht ihm das breite Leistungsspektrum dieser Fachgruppe zur Verfügung. Die Rechtmäßigkeit, insbesondere die Verfassungsmäßigkeit der Präambel zu Abschnitt G II wurde vom Bundessozialgericht wiederholt bestätigt (z.B. Urteil vom 20. Januar 1999, SozR 3-2500 § 72 SGB V Nr.8, vom 31. Januar 2001, Az.: B 6 KA 11/99 R mit zahlreichen weiteren Nachweisen - betrifft Nr.800 EBM, die dem selben Leistungsausschluss unterliegt). Dies wird im vorliegenden Fall soweit erkennbar von Klägerseite auch nicht in Frage gestellt. Streitig ist vielmehr, ob den Klägern eine Ausnahmegenehmigung nach der ergänzenden Vereinbarung zur Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes vom 14. September 1995 in der Fassung vom 11. Dezember 1995 Nr.4a/Nr.7 4. Absatz zusteht. Danach können die Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen im Einzelfall Ärzten eine Genehmigung zur Abrechnung der in diesem Abschnitt (G II) genannten Leistungen erteilen, wenn diese eine gleichwertige fachliche Befähigung nachweisen, die Versorgung dieser Patienten im Rahmen ihres Fachgebietes einen Schwerpunkt ihrer Praxistätigkeit darstellt und die Erbringung dieser Leistungen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist. Auch die Rechtmäßigkeit dieser vertraglichen Ausnahmeregelung wurde vom BSG (a.a.O.) bestätigt.

Die genannten Voraussetzungen sind bei den Klägern nicht kumulativ erfüllt. Zwar mag man dem Kläger zu 1) (der bei Erteilung der streitgegenständlichen Bescheide der Praxisgemeinschaft noch angehört hat) die entsprechende fachliche Befähigung zugestehen, da er eine Anerkennung als Facharzt für Nervenheilkunde besitzt, doch stellt die Versorgung von Patienten, bei denen Leistungen nach Abschnitt G II EBM 96 zum Einsatz kommen sollen, keinen Schwerpunkt der Praxistätigkeit dar. Dies ergibt sich zum einen bereits aus den eigenen Vorbringen der Kläger. Danach soll ein Praxisschwerpunkt in der Behandlung von Suchtkranken liegen, bei denen Leistungen nach G II benötigt werden. Diese Patienten machen jedoch nach den eigenen Angaben der Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren nur etwa 10 % der Patienten der Praxis aus. Die nach Abschnitt G II erbrachten Leistungen machen sogar deutlich weniger als 10 % des Gesamtleistungsumfanges aus. Leistungen nach G II wurden seit In-Kraft-Treten des EBM 96 insgesamt nur noch in den Quartalen 3/96 und 4/96 abgerechnet. Zwar haben die Kläger in der Zeit vor In-Kraft-Treten des EBM 96 Leistungen nach dem damaligen Abschnitt G II (Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Nrn.820 bis 847) in größerem Umfang abgerechnet, doch handelte es sich dabei ganz überwiegend um die Nr.825 BMÄ/E-GO, die bis zum 30. September 1994 lautete: "Behandlung eines psychopathologisch definierten Krankheitsbildes durch syndrombezogene verbale Intervention" und nach einem im EBM ausdrücklich zitierten Beschluss der Bundesärztekammer für Allgemeinärzte und praktische Ärzte nicht fachfremd war. Ab 1. Oktober 1994 erhielt die Nr. 825 BMÄ/E-GO den Wortlaut: "Gesprächsbehandlung eines psychisch Kranken durch den Arzt, der die kontinuierliche hausärztliche Betreuung durchführt". Es handelte sich also schon dem ausdrücklichen Wortlaut nach nicht um eine fachärztliche sondern um eine rein hausärztliche Leistung. Aus der Abrechnung dieser Leistung kann mithin nicht auf eine schwerpunktmäßige Erbringung (fachärztlich) psychiatrischer Leistungen im Sinne der ergänzenden Vereinbarung vom 14. September/11. Dezember 1995 zum EBM 96 geschlossen werden. Ohne diese Nummer lag der Anteil der G II-Leistungen am Gesamtabrechnungsvolumen bei den Klägern deutlich unter 10 %.

Bei der Frage, ob ein Praxisschwerpunkt bei den psychiatrischen Leistungen nach G II EBM 96 vorliegt, kann entgegen der Auffassung der Klägerseite auch nicht auf die Leistungsbereiche der Abschnitte G III und G IV (Psychosomatik, übende Verfahren, Psychotherapie) zurückgegriffen werden, denn diese werden vom Ausschluss in der Präambel zu G II nicht erfasst. Aus der Abrechnung dieser Leistungen lässt sich ein Bedarf für Leistungen nach G II nicht ableiten.

Schließlich fehlt es am dritten Kriterium der Nr.4a/Nr.7 der ergänzenden Vereinbarung, nämlich daran, dass die Erbringung dieser Leistungen durch die Kläger zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sein muss. Das Gebiet der Landeshauptstadt M. , wo die Kläger zugelassen sind, ist nach unbestrittenem Vorbringen der Beklagten auf dem Fachgebiet Nervenheilkunde/Neurologie und Psychiatrie überversorgt, so dass die Erbringung vertragsärztlicher Leistungen durch Ärzte anderer Fachgebiete vom Standpunkt des Versorgungsbedarfes aus nicht gerechtfertigt ist. Die Behauptung der Kläger bei Sucht- kranken sei eine Überweisung an Nervenärzte generell nicht zumutbar, kann nach der Auffassung des mit zwei Ärzten als ehrenamtlichen Richtern fachkundig besetzten Senates in dieser Allgemeinheit keinen Bestand haben. Es mag Einzelfälle geben, wo eine solche Überweisung in der Tat nicht möglich ist, doch wurde hierfür von den Klägern fallbezogen nichts vorgetragen. Gegebenenfalles könnte im Einzelfall eine entsprechende Leistung als Adnexleistung berücksichtigt werden. Allgemein lässt sich aus dieser Erwägung eine Notwendigkeit der Ausnahmegenehmigung nach Nr.4a/Nr.7 der ergänzenden Vereinbarung jedenfalls nicht ableiten.

Für die Zeit nach dem Ausscheiden des Klägers zu 1) aus der Praxis ist auch das erste Kriterium, nämlich die gleichwertige fachliche Befähigung entfallen, so dass unter allen möglichen Gesichtspunkten ein Anspruch der Kläger auf Erteilung einer Genehmigung zur Erbringung von G II-Leistungen nach der ergänzenden Vereinbarung nicht gegeben ist.

Im Ergebnis bringt dies für die Kläger keinen unzumutbaren Nachteil, denn anstelle der Nr.825 BMÄ/E-GO a.F. stehen den Hausärzten (Allgemeinärzten, praktischen Ärzten) seit dem 1. Januar 1996 die Nrn.10, 11 und 19 BMÄ/E-GO 96 zur Verfügung, die von den Klägern auch abgerechnet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 SGG.

Nachdem sowohl die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der Allge- meinärzte von der Erbringung psychiatrischer Leistungen nach Abschnitt G II EMB 96 als auch der ergänzenden Vereinbarung vom 14. September/11. Dezember 1995 vom BSG bereits bestätigt wurde, bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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