Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 2203/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1733/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 13. April 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Der am 26. April 1957 geborene Kläger hat nach seinen eigenen Angaben keinen Beruf erlernt. Eine zunächst begonnene Lehre als Straßenbauer führte er nicht fort und war von 1973 bis 1978 als Straßenbaupflasterer bzw Bauhelfer beschäftigt. Im Anschluss daran übte er eine Tätigkeit als Maschinist im Straßenbau aus. Zuletzt war er ab dem Jahr 2000 als Fahrer bei einem Sicherheitsdienst beschäftigt. Bereits seit 2009 ist der Kläger zudem als Zeitungszusteller bei der S. GmbH in V.-S. geringfügig beschäftigt. Anderweitige Sozialleistungen erhält er nach seinen eigenen Angaben derzeit nicht. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt (Schwerbehindertenausweis des Landratsamtes S.-B.-Kreis vom 22. August 2007). In der Zeit vom 25. September 2002 bis 24. September 2007 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entrichtet; insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden.
Am 04. August 2005 beantragte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) erstmals die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung legte er die Bescheinigung des Arztes für Innere Medizin Dr. H. vom 04. Juli 2005 vor, wonach er dem Kläger bereits vor einem Jahr geraten habe, aus gesundheitlichen Gründen seine Erwerbstätigkeit zu beenden. Nachdem die Beklagte das Gutachten des Internisten Dr. M. vom 22. September 2005 eingeholt hatte (Diagnosen: Diabetes mellitus II b bisher ohne Komplikationen, angegebene Rückenschmerzen ohne Funktionseinschränkungen, Hinweis auf zeitweilige Cervicobrachialgie links und ausgeprägtes Übergewicht; Leistungsbeurteilung: mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr) lehnte sie den Antrag mit Bescheid vom 27. September 2005 ab. Auch der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2005).
Am 8. Januar 2007 erlitt der Kläger einen Mikroinfarkt (Apoplex) mit Hemiparese links bei kompletter Rückbildung innerhalb von zwei Stunden. Es wurde ein Subclavian-Stell-Syndrom diagnostiziert, weshalb im März 2007 eine Bypass-Operation (Arteria carotis communis rechts) durchgeführt wurde. Vom 19. Juli bis 8. August 2007 nahm der Kläger an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik S. teil. Facharzt für Orthopädie Dr. N. gab im Entlassungsbericht vom 17. August 2007 an, der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig ausüben.
Am 25. September 2007 beantragte der Kläger erneut bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte daraufhin das Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. B. vom 5. Dezember 2007 ein. Dieser gelangte für den Kläger zu folgenden Diagnosen: Schulterteilsteife rechts, hochgradiges Übergewicht (BMI 42), insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II b, zur Zeit nicht ausreichend eingestellt, Ausschluss neurologischer Restsymptomatik am rechten Arm nach Mikroapoplexie am 8. Januar 2007 und vordokumentierte diabetische Nephropathie und Rhetinopathie. Es bestehe weiterhin ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 14. Dezember 2007 ab.
Hiergegen erhob der Kläger am 19. Dezember 2007 Widerspruch und trug zur Begründung vor, er leide an Dauerschmerzen im Bereich der rechten Schulter, an Konzentrationsstörungen und an einem schwer einstellbaren Diabetes. Die Beklagte holte daraufhin die Gutachten des Internisten Dr. M. und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie S. vom 21. Februar 2008 ein. Dr. M. führte aus, gravierende Folgen der Zuckerkrankheit seien bisher nicht aufgetreten. Das rechte Schultergelenk sei minderbelastbar, sodass Tätigkeiten mit Überkopfarbeiten und Tätigkeiten mit Heben von schweren Lasten über zehn bis 15 kg nicht abverlangt werden könnten. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bestehe ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen. Leichte bis anteilig mittelschwere körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne der Kläger unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen jedoch noch über sechs Stunden täglich ausüben. Ärztin S. gab an, von nervenärztlicher Seite bestünden keine schwerwiegenden Einschränkungen. Bei der neurologischen Untersuchung seien nur ganz diskrete Zeichen einer Durchblutungsstörung festgestellt worden. Paresen lägen jedoch nicht vor. Der Kläger könne daher noch mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies sodann den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2008 mit der Begründung zurück, volle bzw teilweise Erwerbsminderung liege nicht vor, da der Kläger noch in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten zu verrichten. Auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht.
Hiergegen hat der Kläger am 18. Juni 2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, bereits sein behandelnder Arzt Dr. H. habe in der Bescheinigung vom 15. Oktober 2007 einen schwer einstellbaren Diabetes mellitus beschrieben. Er unterstütze ihn in seinem Rentenbegehren. Im Jahr 2007 sei er insgesamt acht Monate arbeitsunfähig gewesen. Seit der Bypass-Operation bestünden Beschwerden im rechten Arm. Auch leide er an einer rechtsseitigen Schultersteife. Wegen seines Diabetes sei er häufig müde und abgeschlagen. Seit dem Schlaganfall bestünden zudem Schwierigkeiten bei der Konzentration.
Das SG hat zunächst Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte des Klägers. Facharzt für Innere Medizin Dr. D. hat mitgeteilt (Auskunft vom 18. August 2008), der Kläger leide an Diabetes mit komplexen Folgeschäden und an einem Apoplex. Eine leichte Tätigkeit über sechs Stunden sei dem Kläger nicht zumutbar. Facharzt für Urologie K. hat ausgeführt (Auskunft vom 20. August 2008), es bestehe eine Rezidivnephrolithiasis. Die Erwerbsfähigkeit sei hierdurch nicht eingeschränkt. Dr. H. hat angegeben (Auskunft vom 26. August 2008), da die Funktion der rechten oberen Extremität erheblich eingeschränkt sei, bestünden Bedenken hinsichtlich der Beurteilung, dass der Kläger noch leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Facharzt für Chirurgie Dr. B. hat ausgeführt (Auskunft vom 3. Oktober 2008), es bestehe eine deutliche Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk. Leichte Tätigkeiten könne der Kläger jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich ohne Überkopfarbeiten und ohne armbelastende Tätigkeiten ausüben. Facharzt für Orthopädie Dr. K. hat mitgeteilt (Auskunft vom 10. Dezember 2008), es bestehe ein Impingementsyndrom der Schulter rechts sowie eine funktionale Arthralgie im Bereich der rechten Schulter bei einer Blockierung C1. Allerdings könne der Kläger noch sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten verrichten.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG das Gutachten des Ärztlichen Direktors und Diabetologen Dr. L. vom 10. November 2009 erhoben. Dieser gelangte für den Kläger zu folgenden Diagnosen: Diabetes mellitus Typ II bei Insulinpflichtigkeit (daneben diabetische Nephropathie Grad II b, Mikroalbuminurie, kompensierte Niereninsuffizienz, anamnestisch diabetische Rhetinopathie und beginnende erektile Dysfunktion), arterielle Hypertonie, Adipositas permagna, Hypercholesterinämie, chronische Schulterschmerzen rechts, Zustand nach Hemihypästhesie und passagerer Hemiparese der rechten Körperhälfte, mittelgradige Stenose der A. Subclavia rechts bei Hypoplasie der A. vertebralis rechts, fortgesetzter Nikotinabusus, Zustand nach Nephrolithiasis rechts, Zustand nach Appendektomie und Zustand nach Vasektomie. Der Diabetes sei weiterhin schlecht eingestellt. Allerdings führe dies nicht zu wesentlichen Einschränkungen. Der Kläger könne Erwerbstätigkeiten länger als sechs Stunden täglich ausüben. Zu beachten seien lediglich qualitative Leistungseinschränkungen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. März 2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe weder Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung noch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich lasse sich nicht belegen. Dies ergebe sich aus der Gesamtwürdigung des im Gerichtsverfahren eingeholten Gutachtens des Dr. L. und der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. B., Dr. M. und der Ärztin S ... Durch die vorliegenden Gesundheitsstörungen sei das Leistungsvermögen des Klägers nur in qualitativer Hinsicht eingeschränkt. Den Einschätzungen des Dr. D. und des Dr. H. sei nach Einholung des Gutachtens des Dr. L. nicht zu folgen.
Hiergegen richtet sich die am 13. April 2010 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung des Klägers, mit der er geltend macht, er leide weiterhin an Schmerzen im Bereich der rechten Schulter und der rechten Hand. Zudem habe er immer noch Ausfallserscheinungen in Gestalt von Sprachstörungen. Schließlich leide er auch an einem Carpaltunnelsyndrom. Seit Juni 2010 sei er zudem in nervenärztlicher Behandlung bei dem Facharzt für Psychotherapeutische Medizin Dr. G., der eine reaktive und neurotische Depression diagnostiziert habe. Zur weiteren Begründung hat der Kläger den Arztbrief des Dr. G. vom 21. Juni 2010 und den Arztbrief des Facharztes für Chirurgie Dr. Z. vom 21. April 2010 (Diagnose: Radiocarpalarthrose nach Kahnbeinpseudoarthrose, Ganglion und Carpaltunnelsyndrom links) vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. März 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab 1. September 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und hat den Versicherungsverlauf vom 2. September 2010 vorgelegt.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts zunächst Dr. Z. und Dr. G. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. Z. hat mitgeteilt (Auskunft vom 21. September 2010), beim Kläger bestehe ein Zustand nach Bypass-Operation bei Subclavian-Steal-Syndrom, Schulterbeschwerden rechts, ein Lipom am linken Oberschenkel, eine posttraumatische Arthrose im Bereich des linken Handgelenks und eine Pseudoarthrose des Kahnbeins links sowie ein Carpaltunnelsyndrom links. Er hat seiner Auskunft mehrere Arztbriefe beigefügt. Dr. G. hat ausgeführt (Auskunft vom 23. September 2010), der Kläger leide an einer anhaltenden gravierenden Depression und an einer angstneurotischen Entwicklung nach dem Schlaganfall im Jahr 2007. Im Laufe der Behandlung habe vor allem auch unter der Medikation die Nervosität, Gespanntheit und die teilweise Gereiztheit nachgelassen. Gleiches gelte für die Angstattacken. Die Verlustängste, die Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen hätten sich jedoch verfestigt. Der Kläger sei nicht in der Lage, leichte Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden täglich auszuüben.
Der Senat hat sodann das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 31. Dezember 2010 eingeholt. Dieser gab an, beim Kläger seien keine Paresen feststellbar. Der Kläger sei keinesfalls tief deprimiert, er könne sich freuen und auch scherzen. Das Konzentrationsvermögen und die Aufmerksamkeit seien während der Begutachtung uneingeschränkt erhalten gewesen. Es bestehe eine Beschwerdeaggravationstendenz. Infolge des im Jahr 2007 erlittenen sehr kleinen Schlaganfalls (Mikroinfarkt) bestünden keine fassbaren Beeinträchtigungen. Der neurologische Befund sei insgesamt völlig in Ordnung. Auch in psychiatrischer Hinsicht habe der Kläger keine Probleme vorgetragen. Eine eigenständige Depression sei mithin nicht feststellbar. Im Hinblick auf die bestehenden Angstzustände sei bereits eine Besserung eingetreten, wobei die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft seien. Auf nervenärztlichem Fachgebiet leide der Kläger an einer Panikstörung bei neurologisch unauffälligem Befund. Zu vermeiden seien Akkord- und Fließbandarbeiten, ebenso wie Tätigkeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung und besonderer Verantwortung. Da der Kläger früher die Sonderschule für Lernbehinderte besucht und auch Mühe gehabt habe, beispielsweise einen Computerkurs zu absolvieren, sei in erster Linie an geistig anspruchslose Arbeiten wie einfache Serienarbeit mit wiederkehrenden Vorgangsstufen zu denken. Grundsätzlich sei der Kläger aber in der Lage, ohne Gefährdung der Gesundheit mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit Regelmäßigkeit nachzugehen. Die Leistungseinschätzung des Dr. G. sei nicht nachvollziehbar, zumal bis zur ersten Konsultation von Dr. G. im Juni 2010 keinerlei psychische Auffälligkeiten berichtet worden seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 2008 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder ab dem 1. September 2007 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (auch nicht bei Berufsunfähigkeit), da er noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl I, 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach diesen Maßstäben ist der Kläger, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen weder voll noch teilweise (auch nicht bei Berufsunfähigkeit) erwerbsgemindert, weil er noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den er verweisbar ist, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies hat auch die vom Senat durchgeführte Beweiserhebung bestätigt. Der Senat nimmt deshalb auf die Entscheidungsgründe des sorgfältig begründeten erstinstanzlichen Urteils Bezug, denen er sich in vollem Umfang anschließt; insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
Im Hinblick auf die Ermittlungen im Berufungsverfahren ist ergänzend auszuführen, dass diese bestätigt haben, dass der Kläger noch in der Lage ist, unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich mehr als sechs Stunden zu verrichten.
Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten des Dr. S. vom 31. Dezember 2010. Dieser hat nochmals bestätigt, dass beim Kläger trotz stattgehabten Schlaganfalls im Januar 2007 keine neurologische Funktionsstörungen vorliegen. Soweit der Kläger seine Berufung noch darauf gestützt hatte, dass er an einem Carpaltunnelsyndrom leide, bestehen nach seinen eigenen Angaben gegenüber Dr. S. nach Durchführung einer entsprechenden Operation keine Probleme mehr. Auch die vom Kläger im Berufungsverfahren behaupteten Sprachstörungen konnte Dr. S. nicht feststellen. Nach seinen Angaben war die Fähigkeit zur sozialen Interaktion und Kommunikation im Wesentlichen ungestört und während der Begutachtung waren auch das Konzentrationsvermögen und die Aufmerksamkeit uneingeschränkt erhalten. Ein auffälliger neurologischer Befund konnte mithin nicht erhoben werden. Zwar liegt beim Kläger eine gewisse Rückzugstendenz bei einem ausgeprägten Krankheitsgefühl vor. Der Kläger ist aber keinesfalls tief deprimiert, wie sich auch aus den Angaben des Gutachters entnehmen lässt, da sich der Kläger während der Begutachtung freuen und scherzen konnte, sodass das affektive Schwingungsvermögen unauffällig war. Trotz einer gewissen Grübelneigung besteht keine Einengung des Denkens auf bestimmte bzw depressive Inhalte. Auch der vom Kläger beschriebene Tagesverlauf enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass eine eigenständige depressive Erkrankung vorliegt. Die Analyse der Alltagsaktivitäten spricht - trotz eines gewissen Rückzugsverhaltens - auch zur Überzeugung des Senats gegen eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl Urteil vom 20. Juli 2010 - L 11 R 5140/09; Urteil vom 24. September 2009 - L 11 R 742/09) wird der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen. Nach seinen eigenen Angaben ist der Kläger aber noch in der Lage, zwischen 3.00 Uhr und 5.30 Uhr Zeitungen auszutragen, wobei er hierfür sein Auto benutzt. Darüber hinaus kocht er und übernimmt Tätigkeiten im Haushalt. Schließlich pflegt er auch gute Beziehungen zu seinen Kindern und zu einem guten Freund. Suizidgedanken hat er gegenüber Dr. S. ausdrücklich verneint. Deshalb geht der Senat mit Dr. S. davon aus, dass eine eigenständige depressive Erkrankung nicht vorliegt.
Soweit leichte psychische Funktionsstörungen - wie zB eine themenabhängige leichtere Bedrücktheit - durch Dr. S. festgestellt worden sind, hat dieser darauf hingewiesen, dass solche eine leichtere, geringgradige und vorübergehende Beeinträchtigung der Stimmung zu dem Bild einer Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst) gehört. Die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten, die der Kläger allerdings noch nicht ausgeschöpft hat, führten jedoch bereits in der Vergangenheit zu einer Besserung der Angstzustände. Dies hat Dr. G. in seiner Auskunft vom 23. September 2010 ausdrücklich bestätigt. Danach kam es im Lauf der Behandlung zu einem Nachlassen der Nervosität, der Gespanntheit, der Gereiztheit und der Angstattacken.
Soweit Dr. G. in seiner Auskunft die Auffassung vertrat, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von sechs Stunden täglich zu verrichten, überzeugt dies den Senat nicht. Dr. G. hat seine Auffassung mit einer anhaltenden schweren und tiefgehenden Verunsicherung nach dem Schlaganfall mit anhaltenden festgefügten und noch sukzessiv fixierten Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, einer Reduzierung der Frustrations- und Angsttoleranz, des Durchhaltevermögens und der psychischen Belastbarkeit bei einer festgefügten Depression und Angstneurose begründet. Der Senat ist jedoch mit Dr. S. der Überzeugung, dass eine eigenständige depressive Erkrankung nicht vorliegt. Dies ergibt sich im Übrigen bereits auch daraus, dass bis zur ersten Konsultation von Dr. G. am 15. Juni 2010 keinerlei psychische Auffälligkeiten berichtet worden sind. Die Angst- bzw Panikstörung hat sich jedoch durch die bereits eingeleiteten Behandlungsmaßnahmen gebessert und wird sich nach Einschätzung des Dr. S. auch weiterhin bessern und stabilisieren. Diese Erkrankung führt daher nicht zu einer Einschränkung des qualitativen Leistungsvermögens. Zu vermeiden sind lediglich Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Tätigkeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung und besonderer Verantwortung. Geeignet sind hingegen geistig anspruchslose Arbeiten wie einfache Serienarbeit mit wiederkehrenden Vorgangsstufen. Der Senat entnimmt dies dem bereits genannten Gutachten des Dr. S ... Weitergehende qualitative Leistungseinschränkungen aufgrund der orthopädischen bzw internistischen Beschwerden hat das SG ausführlich dargelegt, worauf der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt.
Die Auskunft des Dr. Z. vom 21. September 2010 führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Die von ihm genannten orthopädischen Beschwerden wurden im Wesentlichen bereits im Gutachten des Dr. B. benannt. Soweit Dr. Z. noch von einer posttraumatischen Arthrose im linken Handgelenk, von einer Pseudoarthrose des Kahnbeins links und eines Carpaltunnelsyndroms links ausgegangen ist, konnte Dr. S. - nach Durchführung einer entsprechenden Operation - keine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Hände feststellen. Die Feinmotorik beider Hände war bei seiner Untersuchung vielmehr intakt.
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Der am 26. April 1957 geborene Kläger hat nach seinen eigenen Angaben keinen Beruf erlernt. Eine zunächst begonnene Lehre als Straßenbauer führte er nicht fort und war von 1973 bis 1978 als Straßenbaupflasterer bzw Bauhelfer beschäftigt. Im Anschluss daran übte er eine Tätigkeit als Maschinist im Straßenbau aus. Zuletzt war er ab dem Jahr 2000 als Fahrer bei einem Sicherheitsdienst beschäftigt. Bereits seit 2009 ist der Kläger zudem als Zeitungszusteller bei der S. GmbH in V.-S. geringfügig beschäftigt. Anderweitige Sozialleistungen erhält er nach seinen eigenen Angaben derzeit nicht. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt (Schwerbehindertenausweis des Landratsamtes S.-B.-Kreis vom 22. August 2007). In der Zeit vom 25. September 2002 bis 24. September 2007 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entrichtet; insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden.
Am 04. August 2005 beantragte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) erstmals die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung legte er die Bescheinigung des Arztes für Innere Medizin Dr. H. vom 04. Juli 2005 vor, wonach er dem Kläger bereits vor einem Jahr geraten habe, aus gesundheitlichen Gründen seine Erwerbstätigkeit zu beenden. Nachdem die Beklagte das Gutachten des Internisten Dr. M. vom 22. September 2005 eingeholt hatte (Diagnosen: Diabetes mellitus II b bisher ohne Komplikationen, angegebene Rückenschmerzen ohne Funktionseinschränkungen, Hinweis auf zeitweilige Cervicobrachialgie links und ausgeprägtes Übergewicht; Leistungsbeurteilung: mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr) lehnte sie den Antrag mit Bescheid vom 27. September 2005 ab. Auch der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2005).
Am 8. Januar 2007 erlitt der Kläger einen Mikroinfarkt (Apoplex) mit Hemiparese links bei kompletter Rückbildung innerhalb von zwei Stunden. Es wurde ein Subclavian-Stell-Syndrom diagnostiziert, weshalb im März 2007 eine Bypass-Operation (Arteria carotis communis rechts) durchgeführt wurde. Vom 19. Juli bis 8. August 2007 nahm der Kläger an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik S. teil. Facharzt für Orthopädie Dr. N. gab im Entlassungsbericht vom 17. August 2007 an, der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig ausüben.
Am 25. September 2007 beantragte der Kläger erneut bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte daraufhin das Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. B. vom 5. Dezember 2007 ein. Dieser gelangte für den Kläger zu folgenden Diagnosen: Schulterteilsteife rechts, hochgradiges Übergewicht (BMI 42), insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II b, zur Zeit nicht ausreichend eingestellt, Ausschluss neurologischer Restsymptomatik am rechten Arm nach Mikroapoplexie am 8. Januar 2007 und vordokumentierte diabetische Nephropathie und Rhetinopathie. Es bestehe weiterhin ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 14. Dezember 2007 ab.
Hiergegen erhob der Kläger am 19. Dezember 2007 Widerspruch und trug zur Begründung vor, er leide an Dauerschmerzen im Bereich der rechten Schulter, an Konzentrationsstörungen und an einem schwer einstellbaren Diabetes. Die Beklagte holte daraufhin die Gutachten des Internisten Dr. M. und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie S. vom 21. Februar 2008 ein. Dr. M. führte aus, gravierende Folgen der Zuckerkrankheit seien bisher nicht aufgetreten. Das rechte Schultergelenk sei minderbelastbar, sodass Tätigkeiten mit Überkopfarbeiten und Tätigkeiten mit Heben von schweren Lasten über zehn bis 15 kg nicht abverlangt werden könnten. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bestehe ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen. Leichte bis anteilig mittelschwere körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne der Kläger unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen jedoch noch über sechs Stunden täglich ausüben. Ärztin S. gab an, von nervenärztlicher Seite bestünden keine schwerwiegenden Einschränkungen. Bei der neurologischen Untersuchung seien nur ganz diskrete Zeichen einer Durchblutungsstörung festgestellt worden. Paresen lägen jedoch nicht vor. Der Kläger könne daher noch mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies sodann den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2008 mit der Begründung zurück, volle bzw teilweise Erwerbsminderung liege nicht vor, da der Kläger noch in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten zu verrichten. Auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht.
Hiergegen hat der Kläger am 18. Juni 2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, bereits sein behandelnder Arzt Dr. H. habe in der Bescheinigung vom 15. Oktober 2007 einen schwer einstellbaren Diabetes mellitus beschrieben. Er unterstütze ihn in seinem Rentenbegehren. Im Jahr 2007 sei er insgesamt acht Monate arbeitsunfähig gewesen. Seit der Bypass-Operation bestünden Beschwerden im rechten Arm. Auch leide er an einer rechtsseitigen Schultersteife. Wegen seines Diabetes sei er häufig müde und abgeschlagen. Seit dem Schlaganfall bestünden zudem Schwierigkeiten bei der Konzentration.
Das SG hat zunächst Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte des Klägers. Facharzt für Innere Medizin Dr. D. hat mitgeteilt (Auskunft vom 18. August 2008), der Kläger leide an Diabetes mit komplexen Folgeschäden und an einem Apoplex. Eine leichte Tätigkeit über sechs Stunden sei dem Kläger nicht zumutbar. Facharzt für Urologie K. hat ausgeführt (Auskunft vom 20. August 2008), es bestehe eine Rezidivnephrolithiasis. Die Erwerbsfähigkeit sei hierdurch nicht eingeschränkt. Dr. H. hat angegeben (Auskunft vom 26. August 2008), da die Funktion der rechten oberen Extremität erheblich eingeschränkt sei, bestünden Bedenken hinsichtlich der Beurteilung, dass der Kläger noch leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Facharzt für Chirurgie Dr. B. hat ausgeführt (Auskunft vom 3. Oktober 2008), es bestehe eine deutliche Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk. Leichte Tätigkeiten könne der Kläger jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich ohne Überkopfarbeiten und ohne armbelastende Tätigkeiten ausüben. Facharzt für Orthopädie Dr. K. hat mitgeteilt (Auskunft vom 10. Dezember 2008), es bestehe ein Impingementsyndrom der Schulter rechts sowie eine funktionale Arthralgie im Bereich der rechten Schulter bei einer Blockierung C1. Allerdings könne der Kläger noch sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten verrichten.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG das Gutachten des Ärztlichen Direktors und Diabetologen Dr. L. vom 10. November 2009 erhoben. Dieser gelangte für den Kläger zu folgenden Diagnosen: Diabetes mellitus Typ II bei Insulinpflichtigkeit (daneben diabetische Nephropathie Grad II b, Mikroalbuminurie, kompensierte Niereninsuffizienz, anamnestisch diabetische Rhetinopathie und beginnende erektile Dysfunktion), arterielle Hypertonie, Adipositas permagna, Hypercholesterinämie, chronische Schulterschmerzen rechts, Zustand nach Hemihypästhesie und passagerer Hemiparese der rechten Körperhälfte, mittelgradige Stenose der A. Subclavia rechts bei Hypoplasie der A. vertebralis rechts, fortgesetzter Nikotinabusus, Zustand nach Nephrolithiasis rechts, Zustand nach Appendektomie und Zustand nach Vasektomie. Der Diabetes sei weiterhin schlecht eingestellt. Allerdings führe dies nicht zu wesentlichen Einschränkungen. Der Kläger könne Erwerbstätigkeiten länger als sechs Stunden täglich ausüben. Zu beachten seien lediglich qualitative Leistungseinschränkungen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. März 2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe weder Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung noch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich lasse sich nicht belegen. Dies ergebe sich aus der Gesamtwürdigung des im Gerichtsverfahren eingeholten Gutachtens des Dr. L. und der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. B., Dr. M. und der Ärztin S ... Durch die vorliegenden Gesundheitsstörungen sei das Leistungsvermögen des Klägers nur in qualitativer Hinsicht eingeschränkt. Den Einschätzungen des Dr. D. und des Dr. H. sei nach Einholung des Gutachtens des Dr. L. nicht zu folgen.
Hiergegen richtet sich die am 13. April 2010 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung des Klägers, mit der er geltend macht, er leide weiterhin an Schmerzen im Bereich der rechten Schulter und der rechten Hand. Zudem habe er immer noch Ausfallserscheinungen in Gestalt von Sprachstörungen. Schließlich leide er auch an einem Carpaltunnelsyndrom. Seit Juni 2010 sei er zudem in nervenärztlicher Behandlung bei dem Facharzt für Psychotherapeutische Medizin Dr. G., der eine reaktive und neurotische Depression diagnostiziert habe. Zur weiteren Begründung hat der Kläger den Arztbrief des Dr. G. vom 21. Juni 2010 und den Arztbrief des Facharztes für Chirurgie Dr. Z. vom 21. April 2010 (Diagnose: Radiocarpalarthrose nach Kahnbeinpseudoarthrose, Ganglion und Carpaltunnelsyndrom links) vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. März 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab 1. September 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und hat den Versicherungsverlauf vom 2. September 2010 vorgelegt.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts zunächst Dr. Z. und Dr. G. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. Z. hat mitgeteilt (Auskunft vom 21. September 2010), beim Kläger bestehe ein Zustand nach Bypass-Operation bei Subclavian-Steal-Syndrom, Schulterbeschwerden rechts, ein Lipom am linken Oberschenkel, eine posttraumatische Arthrose im Bereich des linken Handgelenks und eine Pseudoarthrose des Kahnbeins links sowie ein Carpaltunnelsyndrom links. Er hat seiner Auskunft mehrere Arztbriefe beigefügt. Dr. G. hat ausgeführt (Auskunft vom 23. September 2010), der Kläger leide an einer anhaltenden gravierenden Depression und an einer angstneurotischen Entwicklung nach dem Schlaganfall im Jahr 2007. Im Laufe der Behandlung habe vor allem auch unter der Medikation die Nervosität, Gespanntheit und die teilweise Gereiztheit nachgelassen. Gleiches gelte für die Angstattacken. Die Verlustängste, die Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen hätten sich jedoch verfestigt. Der Kläger sei nicht in der Lage, leichte Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden täglich auszuüben.
Der Senat hat sodann das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 31. Dezember 2010 eingeholt. Dieser gab an, beim Kläger seien keine Paresen feststellbar. Der Kläger sei keinesfalls tief deprimiert, er könne sich freuen und auch scherzen. Das Konzentrationsvermögen und die Aufmerksamkeit seien während der Begutachtung uneingeschränkt erhalten gewesen. Es bestehe eine Beschwerdeaggravationstendenz. Infolge des im Jahr 2007 erlittenen sehr kleinen Schlaganfalls (Mikroinfarkt) bestünden keine fassbaren Beeinträchtigungen. Der neurologische Befund sei insgesamt völlig in Ordnung. Auch in psychiatrischer Hinsicht habe der Kläger keine Probleme vorgetragen. Eine eigenständige Depression sei mithin nicht feststellbar. Im Hinblick auf die bestehenden Angstzustände sei bereits eine Besserung eingetreten, wobei die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft seien. Auf nervenärztlichem Fachgebiet leide der Kläger an einer Panikstörung bei neurologisch unauffälligem Befund. Zu vermeiden seien Akkord- und Fließbandarbeiten, ebenso wie Tätigkeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung und besonderer Verantwortung. Da der Kläger früher die Sonderschule für Lernbehinderte besucht und auch Mühe gehabt habe, beispielsweise einen Computerkurs zu absolvieren, sei in erster Linie an geistig anspruchslose Arbeiten wie einfache Serienarbeit mit wiederkehrenden Vorgangsstufen zu denken. Grundsätzlich sei der Kläger aber in der Lage, ohne Gefährdung der Gesundheit mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit Regelmäßigkeit nachzugehen. Die Leistungseinschätzung des Dr. G. sei nicht nachvollziehbar, zumal bis zur ersten Konsultation von Dr. G. im Juni 2010 keinerlei psychische Auffälligkeiten berichtet worden seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 2008 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder ab dem 1. September 2007 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (auch nicht bei Berufsunfähigkeit), da er noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl I, 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach diesen Maßstäben ist der Kläger, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen weder voll noch teilweise (auch nicht bei Berufsunfähigkeit) erwerbsgemindert, weil er noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den er verweisbar ist, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies hat auch die vom Senat durchgeführte Beweiserhebung bestätigt. Der Senat nimmt deshalb auf die Entscheidungsgründe des sorgfältig begründeten erstinstanzlichen Urteils Bezug, denen er sich in vollem Umfang anschließt; insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
Im Hinblick auf die Ermittlungen im Berufungsverfahren ist ergänzend auszuführen, dass diese bestätigt haben, dass der Kläger noch in der Lage ist, unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich mehr als sechs Stunden zu verrichten.
Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten des Dr. S. vom 31. Dezember 2010. Dieser hat nochmals bestätigt, dass beim Kläger trotz stattgehabten Schlaganfalls im Januar 2007 keine neurologische Funktionsstörungen vorliegen. Soweit der Kläger seine Berufung noch darauf gestützt hatte, dass er an einem Carpaltunnelsyndrom leide, bestehen nach seinen eigenen Angaben gegenüber Dr. S. nach Durchführung einer entsprechenden Operation keine Probleme mehr. Auch die vom Kläger im Berufungsverfahren behaupteten Sprachstörungen konnte Dr. S. nicht feststellen. Nach seinen Angaben war die Fähigkeit zur sozialen Interaktion und Kommunikation im Wesentlichen ungestört und während der Begutachtung waren auch das Konzentrationsvermögen und die Aufmerksamkeit uneingeschränkt erhalten. Ein auffälliger neurologischer Befund konnte mithin nicht erhoben werden. Zwar liegt beim Kläger eine gewisse Rückzugstendenz bei einem ausgeprägten Krankheitsgefühl vor. Der Kläger ist aber keinesfalls tief deprimiert, wie sich auch aus den Angaben des Gutachters entnehmen lässt, da sich der Kläger während der Begutachtung freuen und scherzen konnte, sodass das affektive Schwingungsvermögen unauffällig war. Trotz einer gewissen Grübelneigung besteht keine Einengung des Denkens auf bestimmte bzw depressive Inhalte. Auch der vom Kläger beschriebene Tagesverlauf enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass eine eigenständige depressive Erkrankung vorliegt. Die Analyse der Alltagsaktivitäten spricht - trotz eines gewissen Rückzugsverhaltens - auch zur Überzeugung des Senats gegen eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl Urteil vom 20. Juli 2010 - L 11 R 5140/09; Urteil vom 24. September 2009 - L 11 R 742/09) wird der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen. Nach seinen eigenen Angaben ist der Kläger aber noch in der Lage, zwischen 3.00 Uhr und 5.30 Uhr Zeitungen auszutragen, wobei er hierfür sein Auto benutzt. Darüber hinaus kocht er und übernimmt Tätigkeiten im Haushalt. Schließlich pflegt er auch gute Beziehungen zu seinen Kindern und zu einem guten Freund. Suizidgedanken hat er gegenüber Dr. S. ausdrücklich verneint. Deshalb geht der Senat mit Dr. S. davon aus, dass eine eigenständige depressive Erkrankung nicht vorliegt.
Soweit leichte psychische Funktionsstörungen - wie zB eine themenabhängige leichtere Bedrücktheit - durch Dr. S. festgestellt worden sind, hat dieser darauf hingewiesen, dass solche eine leichtere, geringgradige und vorübergehende Beeinträchtigung der Stimmung zu dem Bild einer Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst) gehört. Die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten, die der Kläger allerdings noch nicht ausgeschöpft hat, führten jedoch bereits in der Vergangenheit zu einer Besserung der Angstzustände. Dies hat Dr. G. in seiner Auskunft vom 23. September 2010 ausdrücklich bestätigt. Danach kam es im Lauf der Behandlung zu einem Nachlassen der Nervosität, der Gespanntheit, der Gereiztheit und der Angstattacken.
Soweit Dr. G. in seiner Auskunft die Auffassung vertrat, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von sechs Stunden täglich zu verrichten, überzeugt dies den Senat nicht. Dr. G. hat seine Auffassung mit einer anhaltenden schweren und tiefgehenden Verunsicherung nach dem Schlaganfall mit anhaltenden festgefügten und noch sukzessiv fixierten Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, einer Reduzierung der Frustrations- und Angsttoleranz, des Durchhaltevermögens und der psychischen Belastbarkeit bei einer festgefügten Depression und Angstneurose begründet. Der Senat ist jedoch mit Dr. S. der Überzeugung, dass eine eigenständige depressive Erkrankung nicht vorliegt. Dies ergibt sich im Übrigen bereits auch daraus, dass bis zur ersten Konsultation von Dr. G. am 15. Juni 2010 keinerlei psychische Auffälligkeiten berichtet worden sind. Die Angst- bzw Panikstörung hat sich jedoch durch die bereits eingeleiteten Behandlungsmaßnahmen gebessert und wird sich nach Einschätzung des Dr. S. auch weiterhin bessern und stabilisieren. Diese Erkrankung führt daher nicht zu einer Einschränkung des qualitativen Leistungsvermögens. Zu vermeiden sind lediglich Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Tätigkeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung und besonderer Verantwortung. Geeignet sind hingegen geistig anspruchslose Arbeiten wie einfache Serienarbeit mit wiederkehrenden Vorgangsstufen. Der Senat entnimmt dies dem bereits genannten Gutachten des Dr. S ... Weitergehende qualitative Leistungseinschränkungen aufgrund der orthopädischen bzw internistischen Beschwerden hat das SG ausführlich dargelegt, worauf der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt.
Die Auskunft des Dr. Z. vom 21. September 2010 führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Die von ihm genannten orthopädischen Beschwerden wurden im Wesentlichen bereits im Gutachten des Dr. B. benannt. Soweit Dr. Z. noch von einer posttraumatischen Arthrose im linken Handgelenk, von einer Pseudoarthrose des Kahnbeins links und eines Carpaltunnelsyndroms links ausgegangen ist, konnte Dr. S. - nach Durchführung einer entsprechenden Operation - keine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Hände feststellen. Die Feinmotorik beider Hände war bei seiner Untersuchung vielmehr intakt.
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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