L 12 KA 181/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 33 KA 781/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 181/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 5. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Honorarfestsetzung unter Anwendung des im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) vorgesehenen Praxisbudgets in den Quartalen 3 und 4/1997 sowie 2/1998 streitig. Der Kläger ist als Chirurg in W. niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

(1.)

Die Beklagte hat mit Honorarbescheid vom 26. Januar 1998 das Honorar des Klägers für das Quartal 3/1997 auf DM 105.886,18 festgesetzt. Aus der dem Honorarbescheid beiliegenden Berechnung der Praxis- und Zusatzbudgets ist ersichtlich, dass der Kläger bei einer Gesamtpunktzahl in Höhe von 1.183.170 Punkten eine Überschreitungspunktzahl von 484.518,3 Punkten aufweist. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger mit Schreiben vom 25. Februar 1998 Widerspruch eingelegt, die mit Schriftsatz des zwischenzeitlich zum Klägerbevollmächtigten bestellten Rechtsanwaltes vom 2. Juni 1998 näher begründet wurde. Den Ärzten werde in verfassungswidriger Weise das Morbiditätsrisiko auferlegt (Hinweis auf Rechtsgutachten von Prof.Hufen zur verfassungsrechtlichen Prüfung von Praxisbudgets im EBM). Des Weiteren liege eine Verletzung der Befugnis der KV zur Honorarverteilung vor. Durch die angegriffene Regelung werde den KVen das Recht zur Honorarverteilung in einem solchen Maße genommen, dass das Recht aus § 85 Abs.4 SGB V ausgehöhlt werde und die Regelung nicht nur den gesetzlichen Vorgaben nicht entspreche, sondern nichtig sei. Durch die Vereinbarung der Praxisbudgets habe der Bewertungsausschuss den Rahmen seiner gesetzlichen Regelungsbefugnis in § 87 SGB V verlassen, weil keine punktmäßige Werterelation, sondern darüber hinaus eine vom Gesetz nicht mehr gedeckte Änderung der Vergütung vereinbart worden sei. Es handle sich hier um eine gravierende Systemkorrektur und eine weitreichende Mengenbegrenzung. Eine solch gravierende Entscheidung könne nach der Wesentlichkeitstheorie nur durch den Gesetzgeber oder kraft legitimer Delegation gesetzgeberischer Gewalt durch eine im Gesetz selbst vorgesehene Rechtsverordnung erfolgen. Entgegen § 85 Abs.4 Satz 3 SGB V führe die Einführung der Praxisbudgets dazu, dass die Leistungen nicht mehr leistungsbezogen vergütet würden. Eine solche Leistungsbezogenheit sei dann nicht mehr gegeben, wenn die über eine Grenze hinausgehenden Leistungen nicht nur abgestaffelt, sondern gar nicht mehr vergütet würden. In den den Ärzten entstehenden Vermögensnachteilen liege ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit (Art.12 GG), weil sie insgesamt dazu führten, dass der Staat obligatorische Leistungen in Anspruch nehme, für die von einem bestimmten Grenzwert an eine Gegenleistung nicht mehr erbracht werde. Betreffe dies in der Regel die Freiheit der Berufsausübung, so komme ein erschwert zu beurteilender Eingriff in die Berufswahl jedenfalls dann in Betracht, wenn die Regelung dazu führe, dass im Einzelfall die Ausübung der Berufstätigkeit schlechthin nicht mehr möglich sei, weil die Ärzte gezwungen würden, dauerhaft unterhalb der Kostendeckung zu arbeiten. Es erscheine die Frage angebracht, ob ungeachtet der Regelung im Einzelfall in der Summierung der Eingriffe nicht längst eine begründete Änderung des Berufsbildes als Ganzes, also eine Berufswahlregelung vorliege. Ärzte würden durch die Praxisbudgets veranlasst, nur den Normpatienten ohne erhöhten Aufwand zu behandeln und teurere Fälle entweder an einen anderen Arzt oder in das kostenintensivere Krankenhaus zu überweisen. Die Regelung sei im Hinblick auf die Gemeinwohlinteressen damit ungeeignet. Sie sei zudem nicht erforderlich, weil keine milderen Mittel erwogen worden seien. Werde der Arzt durch die angegriffene Regelung gezwungen, den von ihm geschaffenen Vermögenswert in der Weise einzusetzen, dass er nicht mehr wirtschaftlich sei, so liege hierin eine entschädigungslose und deswegen verfassungswidrige Enteignung der ärztlichen Praxis vor, die in Form des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs dem grundrechtlichen Schutz des Eigentums nach Art.14 GG unterliege. Trotz der Befugnis zur Typisierung sei wegen der Leistungs- und Verteilungsgerechtigkeit von einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art.3 GG auszugehen, weil durch den bundesweit gleichen Kostenansatz die Pauschalierung absolut vorherrschend sei und nicht Gleiches mit Gleichem verglichen werde, sondern Ungleiches gleichgemacht werde. Die KV habe die Praxiskosten-Prozentsätze ohne Regionalisierung übernommen. Diese vom Bewertungsausschuss festgesetzten durchschnittlichen Betriebsausgaben je Arztgruppe seien jedoch für mehrere Arztgruppen falsch, sodass die Berechnungsgrundlage insgesamt nicht zutreffend sei. Der Bewertungsausschuss gebe den Kostenansatz z.B. für Internisten mit 60,1 %, die KPMG mit 61,4 % und Nilaplan mit 70 % an. Nach der von der KBV in Auftrag gegebenen KPMG-Studie seien für eine Reihe von Arztgruppen zu hohe Kostensätze festgesetzt worden (Nervenärzte um 5 %, Allgemeinärzte um 3,2 %, HNO-Ärzte um 1,6 %, Orthopäden um 0,7 %, Kinderärzte um 0,6 % und Hautärzte um 5,3 %). Bereits das KPMG-Gutachten habe ergeben, dass mindestens für drei Arztgruppen (Hautärzte, Nervenärzte, Allgemeinärzte/Praktische Ärzte) die veröffentlichten Kostensätze überdacht werden müssten. Die gutachterliche Stellungnahme des Prof.Dr.M. vom 12. September 1997 habe jedoch das KPMG-Gutachten in grundlegenden Annahmen in Frage gestellt. Prof.Dr.M. gehe davon aus, dass eine Subventionierung des GKV-Bereiches nicht durch Nicht-GKV-Bereiche erfolgen könne, da das Gesamtkonzept der Praxisbudgetierung hierfür keine Begründung vorsehe. Nach dem Verursachungsprinzip würden sich den GKV-spezifischen und den nicht-GKV-spezifischen Leistungen nur die variablen Kosten direkt zurechnen lassen. Bezüglich der fixen Gemeinkosten der Kassenpraxen sei im Sinne einer weitestgehenden beanspruchungsgerechten bzw. belastungsproportionalen Zuordnung eine Verrechnung nach dem Prinzip der anteiligen Inanspruchnahme anzustreben. Dem auf eine möglichst leistungsproportionale anteilige Anlastung fixer Gemeinkosten abzielenden Prinzip der anteiligen Inanspruchnahme stehe das von der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft befürwortete Tragfähigkeitsprinzip konträr gegenüber. Dieses Kostentragfähigkeitsprinzip sei betriebswirtschaftlich keinesfalls allgemein anerkannt, es könne nicht einmal als Hilfsprinzip fungieren. Die betriebswirtschaftliche Fachliteratur lehne dieses Prinzip durchweg ab. Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 1999 den Widerspruch zurückgewiesen. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 20. März 1996 (Az.: 6 RKa 51/95) beschränke sich der EBM nicht auf die Funktion eines bloßen Leistungs- und Bewertungsverzeichnisses. Der EBM sei vielmehr als Teil eines aus mehreren Elementen bestehenden Bewertungssystems zu qualifizieren, das unterschiedlichen und teilweise gegenläufigen gesetzlichen Zielvorgaben gerecht werden müsse. Im Hinblick auf die Steuerungsfunktion des EBM sei es zulässig, über ergänzende Bewertungsformen wie Komplexgebühren, Gebührenpauschalen, Abstaffelungsregelungen und ähnliche mengen- oder fallzahlenbegrenzende Maßnahmen die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu fördern und Verteilungseffekte mit dem Ziel einer angemessenen Vergütung der ärztlichen Leistungen, auch im Verhältnis der Arztgruppen untereinander, anzustreben. Die durch den ab 1. Juli 1997 geltenden EBM eingeführten Praxisbudgets würden solche zulässigen fallzahlenbegrenzenden Maßnahmen darstellen. Die von Klägerseite gerügten Verfassungsverstöße seien nicht zu erkennen.

(2.)

Die Beklagte hat mit Honorarbescheid vom 23. April 1998 das Honorar des Klägers im Quartal 4/97 auf DM 123.575,87 festgesetzt. Aus der dem Honorarbescheid beiliegenden Berechnung der Praxis- und Zusatzbudgets ist zu ersehen, dass der Kläger bei einer Gesamtpunktzahl in Höhe von 1.228.725,0 Punkten eine Überschreitungspunktzahl in Höhe von 513.926,1 Punkten aufweist. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27. Mai 1998 Widerspruch eingelegt, der unter Hinweis auf die Begründung für das Quartal 3/97 näher begründet wurde. Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 1999 den Widerspruch zurückgewiesen. Die Begründung des Widerspruchsbescheides entspricht dem Quartal 3/97.

(3.)

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 27. Oktober 1998 das Honorar des Klägers im Quartal 2/98 auf DM 75.422,62 festgesetzt. Aus der dem Honorarbescheid beiliegenden Berechnung der Praxis- und Zusatzbudgets ist zu ersehen, dass der Kläger bei einer Gesamtpunktzahl in Höhe von 1.018.410,0 Punkten einen Überschreitungswert von 451.919,4 Punkten aufweist. Hiergegen richtet sich der Widerspruch vom 11. November 1998, der unter Hinweis auf die Widerspruchsbegründung für das Quartal 3/97 näher begründet wurde. Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 1999 zurückgewiesen. Die Begründung des Widerspruchsbescheides entspricht den Begründungen in den Quartalen 3/97 und 4/97.

(4.)

Gegen die Bescheide der Beklagten zu den Quartalen 3/97, 4/97 und 2/98 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25. Februar 1999 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben. Das Sozialgericht München hat hierfür drei Aktenzeichen anlegen lassen (Az.: S 33 KA 781/99 für das Quartal 3/97, S 33 KA 2734/99 für das Quartal 4/97 und S 33 KA 2733/99 für das Quartal 2/98). Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. Juli 2001 hat das SG die genannten Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Mit Urteil vom 5. Juli 2001 wurden die Klagen abgewiesen. Für die Einführung der Praxisbudgets bestehe in § 87 Abs.2 Satz 1 SGB V in Verbindung mit Abs.2 Satz 1 und 2 SGB V eine ausreichende Rechtsgrundlage (Hinweis auf BSG vom 8. März 2000, B 6 KA 7/99 R). Im Rahmen der verfassungskonformen Berufsausübungsregelung von § 87 Abs.2a Satz 8 SGB V ergebe sich bei der Ausgestaltung der Praxisbudgets eine breite Einschätzungsprärogative des Bewertungsausschusses, die ihre Grenze erst in den allgemeinen Verfassungsprinzipien des Rechtstaatsprinzips, insbesondere des Verhältnismäßigkeitsprinzips, und in den Grundrechten, insbesondere Art.3 Abs.1 GG, finde. Bei der Zugrundelegung bestimmter betriebswirtschaftlicher Modellrechnungen zur konkreten Ermittlung des Praxisbudgets für bestimmte Arztgruppen habe der Bewertungsausschuss im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative einen Spielraum, der durch die Sozialgerichte grundsätzlich nicht näher nachprüfbar sei (vgl. insoweit Bundesverfassungsgericht vom 22. Oktober 1991, BVerfGE 85, 36 ff.). Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Art der Festlegung der Obergrenzen im Sinne von § 87 Abs.2a Satz 8 SGB V rechtlich nicht vorgegeben sei. Erst recht seien einzelne Berechnungselemente einer im Rahmen der Einschätzungsprärogative zulässigerweise gewählten Festlegung von Obergrenzen rechtlich nicht vorgegeben. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe habe die Kammer nicht feststellen können, dass der Kostensatz für die Arztgruppe der Chirurgen bzw. für andere Arztgruppen fehlerhaft festgesetzt worden sei und richtigerweise ein höherer Kostensatz zu Grunde zu legen gewesen wäre. Das Erfordernis einer nachträglichen Korrektur durch den Bewertungsausschuss auf Grund neuer Daten oder etwaiger Irrtümer sei ebenfalls zu verneinen. Auch im Quartal 2/98 habe der Bewertungsausschuss keinen Anlass gehabt, bei der Berechnung des Praxisbudgets andere Kostensätze zu Grunde zu legen. Soweit die Klägerseite damit argumentiere, dass bei Zugrundelegung anderer Kostenzuordnungsprinzipien, wie insbesondere im Gutachten von Prof.M. , ein anderer Kostensatz festgestellt worden wäre, falle die Auswahl des zu Grunde zu legenden Gutachtens gerade in den Bereich der Einschätzungsprärogative des Bewertungsausschusses. Folge man der Auffassung der Kammer, dass der Bewertungsausschuss eine Einschätzungsprärogative bezüglich des ausgewählten betriebswirtschaftlichen Modells habe, nicht, so ergebe sich in der Sache keine andere Entscheidung. Die Abweichung zwischen dem Ursprungsgutachten der KBV und dem KPMG-Gutachten sei mit 0,9 % innerhalb der statistischen Streubreite. Die Kostenzuordnung im Gutachten von Prof.M. , die allein die klägerische Auffassung stütze, sei für die Kammer nicht nachvollziehbar. Die alleinige Verteilung der fixen wie auch der variablen Praxiskosten nach dem sog. "Eintrittskartenprinzip", d.h. nach dem Verhältnis der Patientenzahlen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung und denen im Bereich der Privatversicherung, sei insbesondere wegen der erheblichen Diskrepanz der Zahl der Behandlungsfälle und des dadurch erzielten Umsatzes im Nicht-GKV-Bereich nicht sachgerecht.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 10. September 2001 zum Bayer. Landessozialgericht, die mit Schriftsatz vom 25. Juli 2002 näher begründet wurde. Die zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des BSG würden zwar trotz erheblicher Angriffe die Rechtmäßigkeit der Praxisbudgets billigen, nicht jedoch die Kostensätze. Das BSG habe in seiner letzten Entscheidung vom 15. Mai 2002 (Az.: B 6 KA 33/01 R) ebenfalls für das Quartal 2/98 entschieden, dass die Festsetzung der Kostensätze der gerichtlichen Kontrolle nicht entzogen sei. Zwar könne der dortige Kläger nicht eine exakte Überprüfung verlangen und das Ergebnis müsse lediglich plausibel sein und sich innerhalb des Rahmens der unterschiedlichen Erhebungsergebnisse halten. Im vorliegenden Fall würden die Ergebnisse der KBV mit 65 %, der KPMG mit 65,9 % ganz erheblich von den Erhebungen von Prof.M. mit 78,25 % abweichen und würden sich nicht mehr innerhalb des Ermessens halten, ohne dass die Kostensätze in der EBM-Regelung angepasst werden müssten.

Der Kläger stellt sinngemäß den Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 5. Juli 2001 sowie die Bescheide der Beklagten vom 26. Januar 1998 (Quartal 3/97), vom 23. April 1998 (Quartal 4/97) und 27. Oktober 1998 (Quartal 2/98) in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25. Februar 1999 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakten mit den Aktenzeichen S 33 KA 781/99, S 33 KA 2733/99 und S 33 KA 2734/99 sowie die Akte des Bayerischen Landessozialgerichts Az.: L 12 KA 181/01 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren sonstigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige und gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet. Die Honorarbescheide der Beklagten vom 26. Januar 1998 (Quartal 3/97), vom 23. April 1998 (Quartal 4/97) und vom 27. Oktober 1998 (Quartal 2/98) in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25. Februar 1999 sind nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Honorare in den genannten Quartalen in Anwendung der Praxisbudgets einschließlich der Festlegung des Kostensatzes für Chirurgen in Höhe von 65 % zutreffend festgesetzt. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 5. Juli 2001 war daher zurückzuweisen. Gegen das mit Beschlüssen des Bewertungsausschusses vom 19. November 1996 und 11. März 1997 zum 1. Juli 1997 eingeführte System der Praxis- und Zusatzbudgets (Deutsches Ärzteblatt 1997, A-864 ff. = C-654 ff.) bestehen keine rechtlichen Bedenken (vgl. hierzu Urteile des BSG vom 8. März 2000 = SozR 3-2500 § 87 Nr.23 S.118 f. und vom 16. Mai 2001, BSG SozR 3-2500 § 87 Nr.31 S.174 ff. und zuletzt Urteil vom 15. Mai 2002, B 6 KA 33/01 R). Rechtsgrundlage für die Einführung von Praxisbudgets ist § 87 Abs.2 Satz 1 i.V.m. Abs.2a Satz 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.d.F. des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl.I 2266). Danach bestimmt der EBM-Ä den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander (Abs.2 Satz 1 a.a.O.). Die im EBM-Ä aufgeführten Leistungen sind zu Leistungskomplexen zusammenzufassen (Abs.2a Satz 1 a.a.O.). Nach Abs.2a Satz 2 a.a.O. können, soweit dies medizinisch erforderlich ist, Einzelleistungen vorgesehen werden. Diese Regelungen lassen die Steuerung des ärztlichen Leistungsverhaltens durch die Begrenzung der dem einzelnen Vertragsarzt zustehenden Honorierung zu (vgl. dazu im Einzelnen BSGE 86, 30, 40 ff. = SozR 3-2500 § 83 Nr.1 S.13 f.). Mit Wirkung zum 1. Juli 1997 ist § 87 Abs.2a SGB V durch das 2. Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-NOG) vom 23. Juni 1997 (BGBl.I 1520) zudem um Satz 8 ergänzt worden, wonach Obergrenzen für die Menge von Leistungen oder von Gruppen von Leistungen, die von einer Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbar sind, vorgesehen werden können; die Obergrenzen können für die Arztgruppen unterschiedlich festgesetzt werden. Die auf § 87 Abs.2 Satz 1 i.V.m. Abs.2a Satz 1, 2 und 8 SGB V beruhenden Regelungen des EBM-Ä verfolgen das Ziel, die Auswirkungen des in den Vorjahren eingetretenen nachhaltigen Punktwertverfalls zu begrenzen, der auch durch die zum 1. Januar 1996 erfolgten Änderungen (Pauschalierungen durch Komplexgebühren, Ordinationsgebühren, Verbesserung der hausärztlichen Vergütung) und durch die zum 1. Juli 1996 geschaffenen Neuregelungen des EBM-Ä (vorübergehende arztgruppenbezogene Teilbudgets als Zwischenlösung) nicht gestoppt werden konnten. Damit soll den Vertragsärzten in Zeiten globaler Ausgabenbudgets der Krankenkassen und ihrer Auswirkungen auf die Höhe der Gesamtvergütung wieder eine größere Kalkulationssicherheit gegeben werden, indem durch Umgestaltung der Bewertungskriterien der Anreiz zur Ausweitung der Leistungsmenge eingeschränkt wird. Dieses Ziel hat der Bewertungsausschuss in Einklang mit der durch Art.12 Abs.1 GG geschützten ärztlichen Berufsausübungsfreiheit umgesetzt, weil die Einführung der Praxisbudgets auf vernünftigen und wichtigen Erwägungen des Allgemeinwohls beruht. Die Notwendigkeit, einheitlich für das Bundesgebiet geltende Regelungen zu schaffen, rechtfertigt eine Regelung im EBM-Ä. Den mit derart typisierenden und generalisierenden Regelungen zum Praxisbudget einhergehenden Verwerfungen und Härten ist der Bewertungsausschuss mit den Regelungen über die Festlegung der Zusatzbudgets in Nr.4.2 und 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B EBM-Ä in grundsätzlich unbedenklicher Weise entgegengetreten. Vor dem Hintergrund der genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung hat der Kläger Einwendungen gegen die Regelungen über die Praxis- und Zusatzbudgets zuletzt nurmehr hinsichtlich des bei der Berechnung des Praxisbudgets herangezogenen Kostensatzes gemäß Anlage 3 zum EBM-Ä geltend gemacht.

Für das hier umstrittene Praxisbudget der Chirurgen beträgt die Fallpunktzahl für alle Versicherten 675 Punkte, für die Versichertengruppe der Mitglieder und Familienangehörigen 650 Punkte und für die Versichertengruppe der Rentner 750 Punkte (DÄ 1997, A-864; siehe auch A-867, 871). In diese Festsetzungen ist als ein Bemessungsfaktor der Praxiskostenansatz eingeflossen. Gemäß den mathematischen Formeln in den Anlagen 2 und 3 des Abschnitts A I Teil B EBM-Ä führt ein höherer Praxiskostenansatz zu einer höheren Fallpunktzahl im Praxisbudget. Der Praxiskostenansatz ist für die Chirurgen auf 65,0 % festgelegt worden (siehe die Tabelle in DÄ 1996, A-3364, 3370; siehe auch DÄ 1997, A-867, 871).

Die vom Kläger gegen die Festsetzung des Kostenansatzes erhobenen Einwendungen greifen für die hier streitgegenständlichen Quartale 3/97, 4/97 und 2/98 nicht durch (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. Mai 2002, Az.: B 6 KA 33/01 R, mit dem die zugelassene Revision gegen das Urteil des Senats zurückgewiesen wurde). Bei den Bestimmungen des EBM-Ä handelt es sich um eine den Partnern der gemeinsamen Selbstverwaltung zuzurechnende Normsetzung durch Vertrag. Das gilt auch für die Festsetzung der bundesdurchschnittlichen Kostensätze 1994 für die jeweiligen Arztgruppen, wie sie in der Tabelle in den allgemeinen Bestimmungen A I Teil B EBM-Ä vorgenommen worden ist. Bei der Festsetzung der bundesdurchschnittlichen Kostensätze handelt es sich nicht um die Feststellung von Tatsachen durch den Bewertungsausschuss mit der Folge, dass dem Bewertungsausschuss kein Normsetzungs- bzw. Gestaltungsspielraum verbliebe und die Richtigkeit der Kostenfeststellung gerichtlich voll zu überprüfen wäre. Der Annahme einer Tatsachenfeststellung steht bereits entgegen, dass die exakte Ermittlung der Kosten bei den verschiedenen Arztgruppen faktisch nicht möglich ist. Bei den Kostensätzen handelt es sich um Näherungswerte, die auf Grund einer Bewertung der zur Verfügung stehenden, zum Teil erheblich voneinander abweichenden statistischen und betriebswirtschaftlichen Daten festgelegt worden sind. Die Einordnung der Festlegung der Kostensätze als Normsetzung bedeutet indessen - insofern ist dem Kläger Recht zu geben - nicht, dass der Normgeber auf Grund des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums völlig frei wäre. Eine Begrenzung des Gestaltungsspielraums ergibt sich im vorliegenden Fall daraus, dass der jeweilige Kostensatz bei den verschiedenen Arztgruppen nach dem Normprogramm des EBM-Ä den bundesdurchschnittlichen Kostensatz des Jahres 1994 abbilden soll. Damit wird durch das Normprogramm selbst auf tatsächliche Verhältnisse Bezug genommen. Im Zeitpunkt der Schaffung der Regelung im November 1996 lagen dem Bewertungsausschuss völlig unterschiedliche Berechnungen für den Kostenansatz der Chirurgen im Jahre 1994 vor. Die Kostenstrukturanalyse der KÄBV, die sich auf Angaben des statistischen Bundesamt von 1991 und deren Hochrechnung auf das Jahr 1994 (Kostenquote 67,2 %) gründete, ermittelte eine Kostenquote von 65,0 %, die Kostenquote des Zentralinstituts lag bei 66,9 %, diejenige von Datev bei 65,0 %, während die Kostenquote auf Grund der Erhebungen bei Kreditinstituten bei 46,8 % lag. Hieraus errechnete sich ein Mittelwert von 61,48 %. Mit der Festsetzung des darüber liegenden Wertes von 65,0 % hielt sich der Bewertungsausschuss innerhalb des Spektrums der unterschiedlichen Erhebungsergebnisse. Der Bewertungsausschuss hat sich damit erkennbar an den zur Verfügung stehenden Berechnungen orientiert. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bewertungsausschuss bei der Festlegung des Kostenansatzes für Chirurgen nach anderen Maßstäben als bei anderen Arztgruppen verfahren ist. Ein Fehler der Festsetzung kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Bewertungsausschuss die Festlegung auf 65 % nicht näher begründet hat. Eine generelle Pflicht, die leitenden Erwägungen offen zu legen, besteht nicht. Akte der Rechtsetzung brauchen grundsätzlich nicht begründet zu werden (vgl. BSGE 28, 126, 136 f = SozR 3-2500 § 87 Nr.29 S.156 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BVerfG). Auch in der Folgezeit war der Bewertungsausschuss nicht zur Erhöhung des Kostensatzes der Chirurgen verpflichtet. Als er im März 1997 die Kostensätze der Augen- und der HNO-Ärzte - weil dort Berechnungsfehler festgestellt worden sind - anhob (siehe DÄ 1997 A-864, 865, und DÄ 1997, A-867, 871), lagen für die Chirurgen noch keine neuen Kostenberechnungen vor. Aber auch nach Eingang der gutachterlicher Stellungnahme der KPMG und von Prof.Dr.M. - im Juni und November 1997 - ergab sich nicht sogleich eine Verpflichtung für den Bewertungsausschuss, den Kostenansatz von 65 % zu überprüfen und ihn ggf. neu festzusetzen. Diese errechneten zwar Kostensätze von 65,9 % (KPMG) bzw. 65,29 % und 70,99 % (nach dem Tragfähigkeitsprinzip) jeweils von Prof.M ... Die Validität und Repräsentativität der den Gutachten zu Grunde liegenden - von der KPMG durchgeführten - Erhebung konnten als gering bewertet werden. Die verwertbare Rücklaufquote der zugesandten Fragebögen lag bei den Chirurgen nur bei 6,50 % und diese kannten zudem den Zweck der Befragung.

Der Kostenansatz für Chirurgen in Höhe von 65 % war deshalb in den streitgegenständlichen Quartalen weiterhin sachgerecht.

Die Honorarfestsetzung durch die Beklagte in den Quartalen 3 und 4/97 sowie 2/98 ist nach alledem nicht zu beanstanden und die Berufung des Klägers ist deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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