Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
55
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 AS 41075/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Erfolgt die Beendigung einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (§ 16d Satz 2 SGB II) durch den Maßnahmeträger und nicht durch das Jobcenter, muss die auf Fortführung des Einsatzes gerichtete Klage gegen den Maßnahmeträger gerichtet werden.
2. Die Kündigung in einem solchen Fall betrifft ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen Leistungsberechtigtem und Maßnahmeträger, der bei Arbeitsgelegenheiten nach § 16d Satz 2 SGB II nicht lediglich „willenloses“ Werkzeug der Behörde ist.
2. Die Kündigung in einem solchen Fall betrifft ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen Leistungsberechtigtem und Maßnahmeträger, der bei Arbeitsgelegenheiten nach § 16d Satz 2 SGB II nicht lediglich „willenloses“ Werkzeug der Behörde ist.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beteiligten streiten über die Kosten eines auf weiteren Einsatz im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung und hilfsweise Feststellung der Unwirksamkeit der erfolgten Kündigung durch den Maßnahmeträger gerichteten Verfahrens gegen den Grundsicherungsträger, das sich durch Erledigungserklärung seitens der Klägerin erledigt hat. In der Sache trat Erledigung der Hauptsache durch Ablauf der Maßnahmedauer ein.
Kosten der Klägerin sind durch die Beklagte nicht zu erstatten. Die Entscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Halbsatz 2 SGG, wonach das Gericht auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden hat, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn ein Gerichtsverfahren anders als durch Urteil endet, wie im vorliegenden Fall. Den dazu notwendigen Antrag hat die Klägerin gestellt.
Die Entscheidung über die Kostentragungsverpflichtung erfolgt nach billigem Ermessen. Geeignete Ermessenserwägungen sind mangels eines Entscheidungsmaßstabes des SGG in Anlehnung an den Rechtsgedanken der §§ 91 ff. ZPO der Ausgang des Rechtsstreites sowie Gesichtspunkte des Veranlassungsprinzips.
Die Kostenentscheidung beruht hier vor allem auf dem Erfolgsprinzip. Die Klage hatte keine Erfolgsaussichten. Sie richtete sich gegen den falschen Beklagten. Die Klägerin konnte sich nicht gegen die Beklagte wenden, um den weiteren Einsatz im Rahmen der Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung zu erreichen, denn die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt ihre (wie auch immer getroffene, jedenfalls konkludent erteilte) Entscheidung, die Klägerin im Rahmen der konkreten Arbeitsgelegenheit zu fördern, aufgehoben. Die Klägerin irrt, wenn Sie unter Verweis auf die in der Literatur geäußerte Auffassung, dass der Maßnahmeträger Verwaltungshelfer sei (Voelzke in Hauck/Noftz: SGB II, § 16d, RdNr. 67), glaubt, nur gegen das beklagte Jobcenter vorgehen zu können, wenn der Maßnahmeträger eine Kündigung ausspreche. Erfolgt die Beendigung der Arbeitsgelegenheit durch den Maßnahmeträger und nicht durch das Jobcenter, muss die Klage gegen den Maßnahmeträger gerichtet werden. Die Kündigung in einem solchen Fall betrifft ein Rechtsverhältnis zwischen Leistungsberechtigtem und Maßnahmeträger, der bei Arbeitsgelegenheiten nach § 16d Satz 2 SGB II nicht lediglich "willenloses" Werkzeug der Behörde ist.
Beim Einsatz Leistungsberechtigter nach § 16d Satz 2 SGB II steht es dem Maßnahmeträger frei, einen ihm vom Leistungsträger vorgeschlagenen Bewerber abzulehnen. Wird der Leistungsberechtigte auf Grund einer Eingliederungsvereinbarung, durch Verwaltungsakt oder sonstiges Verwaltungshandeln einem Arbeitgeber als Maßnahmeträger zugewiesen, so bindet dies den Maßnahmeträger nicht (BAG Urteil vom 02.10.2007, 1 ABR 60/06, RdNr 23 unter Verweis auch auf BVerwG, Urt. vom 21.03.2007 – 6 P 4/06). Die für die Arbeitsgelegenheit grundlegende Eingliederungsvereinbarung wird zwischen dem Leistungsträger und dem Leistungsberechtigten geschlossen. Der Maßnahmeträger wird dadurch nicht verpflichtet. Wäre dies der Fall, müsste er wegen § 57 Abs 1 SGB X zwingend seine schriftliche Zustimmung erklären, anderenfalls wäre die Vereinbarung als öffentlich-rechtlicher Vertrag zu Lasten Dritter nichtig. Daran ändert nichts, dass zwischen Leistungsträger und Maßnahmeträger ein Vertrag nach § 17 SGB II zu schließen ist. Ein solcher Vertrag kann wegen der Mitbestimmungsbefugnisse des Betriebsrates auch keine antezipierte abstrakte Zustimmung vorsehen. Adressat des ersatzweise ergehenden Verwaltungsakts nach § 15 Abs 1 Satz 6 SGB II ist ebenfalls nur der erwerbsfähige Hilfebedürftige. Die Regelungen in §§ 15, 16d SGB II enthalten keine Rechtsgrundlage, nach welcher der Leistungsträger befugt wäre, dem Maßnahmeträger gegen seinen Willen einen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzuweisen (BAG Urteil vom 02.10.2007, 1 ABR 60/06, RdNr 23 mwN, so ausdrücklich auch Voelzke aaO RdNr 95). Dem korrespondiert die Befugnis des Maßnahmeträgers, das zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten bestehende Rechtsverhältnis zu kündigen.
Dass § 16d Satz 2 SGB II ausdrücklich das Bestehen eines Arbeitsrechtsverhältnisses ausschließt, bedeutet nicht, dass zwischen Maßnahmeträger und Leistungsberechtigten kein Rechtsverhältnis begründet würde. Besteht ein Entscheidungsrecht des Maßnahmeträgers hinsichtlich des Ob der Eingliederung des Leistungsberechtigten in seinen Betrieb (bei Mitbestimmungsbefugnis des Betriebsrates – siehe die zitierte BAG-Entscheidung) und sein Dispositionsrecht hinsichtlich des konkreten Einsatzes, kann kein Zweifel daran bestehen, dass ein Rechtsverhältnis zwischen Maßnahmeträger und Leistungsberechtigten mit eigenen subjektiven Rechten der beiden Beteiligten dieser Beziehungen vorliegt.
Dann muss, solange das Jobcenter seine Leistungsbewilligung nach § 16d SGB II aufrecht erhält, Anspruchsgegner im Streit über den Bestand des Rechtsverhältnisses der Maßnahmeträger sein. Dadurch wäre auch effektiver Rechtsschutz gesichert. Die Klage wäre zulässig auf die Fortsetzung der nichtentgeltlichen Beschäftigung im Rahmen der Arbeitsgelegenheit oder die Feststellung des Fortbestehens des Rechtsverhältnisses mit Anspruch des Leistungsberechtigten auf Tätigkeitszuweisung zu richten. Dabei würde das Rechtsverhältnis mit dem Maßnahmeträger auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (h.M.) bestehen, wie § 16d Satz 2 SGB II durch die insofern unglückliche negative Bestimmung ihres Charakters zeigt. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten wäre eröffnet. Die materiell-rechtlichen Grundlagen für die Entscheidung solcher Rechtsstreite würden sich aus den sozialrechtlichen Maßgaben zur Integration in das Arbeitsleben und zur Berücksichtigung der Belange der Maßnahmeträger ergeben, wobei auch arbeitsrechtliche Grundsätze herangezogen werden können. Die hier erhobene Klage kann deshalb unter dem Aspekt des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz nicht als alternativlos angesehen werden.
Die Beklagte hat den Rechtsstreit nicht veranlasst. Auch wenn zu wünschen gewesen wäre, dass die Beklagte im Interesse ihrer eigenen Integrationsbemühungen eine Klärung des Konflikts versucht hätte und dies im Rahmen der hier zwischen drei Beteiligten bestehenden eng verknüpften Beziehungen auch möglich gewesen sein sollte, war die Beklagte am hier eigentlich streitigen Rechtsverhältnis nicht beteiligt. Sie kann und sollte sich für die Zukunft entsprechende Einflussmöglichkeiten über die Verträge nach § 17 SGB II sichern. Sie hat indes im vorliegenden Fall zu keinem Zeitpunkt anklingen lassen, für die von der Klägerin gewünschte Klärung (ausschließlich) der richtige Adressat und Prozessgegner zu sein.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 172 Abs 3 Nr 3 SGG).
Gründe:
Die Beteiligten streiten über die Kosten eines auf weiteren Einsatz im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung und hilfsweise Feststellung der Unwirksamkeit der erfolgten Kündigung durch den Maßnahmeträger gerichteten Verfahrens gegen den Grundsicherungsträger, das sich durch Erledigungserklärung seitens der Klägerin erledigt hat. In der Sache trat Erledigung der Hauptsache durch Ablauf der Maßnahmedauer ein.
Kosten der Klägerin sind durch die Beklagte nicht zu erstatten. Die Entscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Halbsatz 2 SGG, wonach das Gericht auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden hat, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn ein Gerichtsverfahren anders als durch Urteil endet, wie im vorliegenden Fall. Den dazu notwendigen Antrag hat die Klägerin gestellt.
Die Entscheidung über die Kostentragungsverpflichtung erfolgt nach billigem Ermessen. Geeignete Ermessenserwägungen sind mangels eines Entscheidungsmaßstabes des SGG in Anlehnung an den Rechtsgedanken der §§ 91 ff. ZPO der Ausgang des Rechtsstreites sowie Gesichtspunkte des Veranlassungsprinzips.
Die Kostenentscheidung beruht hier vor allem auf dem Erfolgsprinzip. Die Klage hatte keine Erfolgsaussichten. Sie richtete sich gegen den falschen Beklagten. Die Klägerin konnte sich nicht gegen die Beklagte wenden, um den weiteren Einsatz im Rahmen der Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung zu erreichen, denn die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt ihre (wie auch immer getroffene, jedenfalls konkludent erteilte) Entscheidung, die Klägerin im Rahmen der konkreten Arbeitsgelegenheit zu fördern, aufgehoben. Die Klägerin irrt, wenn Sie unter Verweis auf die in der Literatur geäußerte Auffassung, dass der Maßnahmeträger Verwaltungshelfer sei (Voelzke in Hauck/Noftz: SGB II, § 16d, RdNr. 67), glaubt, nur gegen das beklagte Jobcenter vorgehen zu können, wenn der Maßnahmeträger eine Kündigung ausspreche. Erfolgt die Beendigung der Arbeitsgelegenheit durch den Maßnahmeträger und nicht durch das Jobcenter, muss die Klage gegen den Maßnahmeträger gerichtet werden. Die Kündigung in einem solchen Fall betrifft ein Rechtsverhältnis zwischen Leistungsberechtigtem und Maßnahmeträger, der bei Arbeitsgelegenheiten nach § 16d Satz 2 SGB II nicht lediglich "willenloses" Werkzeug der Behörde ist.
Beim Einsatz Leistungsberechtigter nach § 16d Satz 2 SGB II steht es dem Maßnahmeträger frei, einen ihm vom Leistungsträger vorgeschlagenen Bewerber abzulehnen. Wird der Leistungsberechtigte auf Grund einer Eingliederungsvereinbarung, durch Verwaltungsakt oder sonstiges Verwaltungshandeln einem Arbeitgeber als Maßnahmeträger zugewiesen, so bindet dies den Maßnahmeträger nicht (BAG Urteil vom 02.10.2007, 1 ABR 60/06, RdNr 23 unter Verweis auch auf BVerwG, Urt. vom 21.03.2007 – 6 P 4/06). Die für die Arbeitsgelegenheit grundlegende Eingliederungsvereinbarung wird zwischen dem Leistungsträger und dem Leistungsberechtigten geschlossen. Der Maßnahmeträger wird dadurch nicht verpflichtet. Wäre dies der Fall, müsste er wegen § 57 Abs 1 SGB X zwingend seine schriftliche Zustimmung erklären, anderenfalls wäre die Vereinbarung als öffentlich-rechtlicher Vertrag zu Lasten Dritter nichtig. Daran ändert nichts, dass zwischen Leistungsträger und Maßnahmeträger ein Vertrag nach § 17 SGB II zu schließen ist. Ein solcher Vertrag kann wegen der Mitbestimmungsbefugnisse des Betriebsrates auch keine antezipierte abstrakte Zustimmung vorsehen. Adressat des ersatzweise ergehenden Verwaltungsakts nach § 15 Abs 1 Satz 6 SGB II ist ebenfalls nur der erwerbsfähige Hilfebedürftige. Die Regelungen in §§ 15, 16d SGB II enthalten keine Rechtsgrundlage, nach welcher der Leistungsträger befugt wäre, dem Maßnahmeträger gegen seinen Willen einen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzuweisen (BAG Urteil vom 02.10.2007, 1 ABR 60/06, RdNr 23 mwN, so ausdrücklich auch Voelzke aaO RdNr 95). Dem korrespondiert die Befugnis des Maßnahmeträgers, das zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten bestehende Rechtsverhältnis zu kündigen.
Dass § 16d Satz 2 SGB II ausdrücklich das Bestehen eines Arbeitsrechtsverhältnisses ausschließt, bedeutet nicht, dass zwischen Maßnahmeträger und Leistungsberechtigten kein Rechtsverhältnis begründet würde. Besteht ein Entscheidungsrecht des Maßnahmeträgers hinsichtlich des Ob der Eingliederung des Leistungsberechtigten in seinen Betrieb (bei Mitbestimmungsbefugnis des Betriebsrates – siehe die zitierte BAG-Entscheidung) und sein Dispositionsrecht hinsichtlich des konkreten Einsatzes, kann kein Zweifel daran bestehen, dass ein Rechtsverhältnis zwischen Maßnahmeträger und Leistungsberechtigten mit eigenen subjektiven Rechten der beiden Beteiligten dieser Beziehungen vorliegt.
Dann muss, solange das Jobcenter seine Leistungsbewilligung nach § 16d SGB II aufrecht erhält, Anspruchsgegner im Streit über den Bestand des Rechtsverhältnisses der Maßnahmeträger sein. Dadurch wäre auch effektiver Rechtsschutz gesichert. Die Klage wäre zulässig auf die Fortsetzung der nichtentgeltlichen Beschäftigung im Rahmen der Arbeitsgelegenheit oder die Feststellung des Fortbestehens des Rechtsverhältnisses mit Anspruch des Leistungsberechtigten auf Tätigkeitszuweisung zu richten. Dabei würde das Rechtsverhältnis mit dem Maßnahmeträger auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (h.M.) bestehen, wie § 16d Satz 2 SGB II durch die insofern unglückliche negative Bestimmung ihres Charakters zeigt. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten wäre eröffnet. Die materiell-rechtlichen Grundlagen für die Entscheidung solcher Rechtsstreite würden sich aus den sozialrechtlichen Maßgaben zur Integration in das Arbeitsleben und zur Berücksichtigung der Belange der Maßnahmeträger ergeben, wobei auch arbeitsrechtliche Grundsätze herangezogen werden können. Die hier erhobene Klage kann deshalb unter dem Aspekt des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz nicht als alternativlos angesehen werden.
Die Beklagte hat den Rechtsstreit nicht veranlasst. Auch wenn zu wünschen gewesen wäre, dass die Beklagte im Interesse ihrer eigenen Integrationsbemühungen eine Klärung des Konflikts versucht hätte und dies im Rahmen der hier zwischen drei Beteiligten bestehenden eng verknüpften Beziehungen auch möglich gewesen sein sollte, war die Beklagte am hier eigentlich streitigen Rechtsverhältnis nicht beteiligt. Sie kann und sollte sich für die Zukunft entsprechende Einflussmöglichkeiten über die Verträge nach § 17 SGB II sichern. Sie hat indes im vorliegenden Fall zu keinem Zeitpunkt anklingen lassen, für die von der Klägerin gewünschte Klärung (ausschließlich) der richtige Adressat und Prozessgegner zu sein.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 172 Abs 3 Nr 3 SGG).
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