L 12 KA 23/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 42 Ka 1333/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 23/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufungen der Beklagten, des Beigeladenen zu 2) und der Beigeladenen zu 7) und 8) gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. September 1997 werden zurückgewiesen.
II. Die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 2), 7) und 8) haben den Klägern die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Ablehnung der von den Klägern beantragten Genehmigung zur Abrechnung der Nr.1599 EBM (Messung otoakustischer Emissionen, auch beidseitig, einschließlich Otoskopie und Impedanzmessung - Tympanometrie -, einmal im Behandlungsfall) streitig.

Die Kläger sind als Kinderärzte in Lauf niedergelassen und als Vertragsärzte zugelassen.

Mit Schreiben vom 27. Dezember 1995 beantragten die Kläger, die Messung der otoakustischen Emissionen bei Kindern, speziell bei Neugeborenen und Säuglingen, nach der EBM-Nr.1599 durchführen und abrechnen zu dürfen. Mit dieser Methode stehe erstmals für das Gebiet der Kinderheilkunde eine Untersuchung zur Verfügung, die eine objektive Aussage über die Funktion des Innenohres ergebe. Sie sollte im Bedarfsfall vom Kinderarzt bei entsprechenden Verdachtsfällen durchgeführt werden können und sehr früh die Kinder einer weiterführenden Diagnostik beim HNO-Arzt zuführen. Die Untersuchung sollte frühestmöglichst, also zum Zeitpunkt der U 2, eventuell sogar bereits in der Geburtsklinik oder zu der U 3 durchgeführt werden. Sie müsse deshalb von dem Kinderarzt, der die Kinder zu diesem Zeitpunkt erstmalig untersuche, durchgeführt werden. Durch entsprechende Frühdiagnostik und Frühtherapie werde ein großes Maß an Folgekosten erspart.

Mit Bescheid vom 14. Februar 1996 wies die Beklagte den Antrag zurück. Die Richtlinien zur Bestimmung der otoakustischen Emissionen seien zum 23. November 1995 in die Anlage 1 der NUB-Richtlinien aufgenommen worden. In diesen Richtlinien sei festgelegt, dass nur HNO-Ärzte und Ärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie die Berechtigung zur Durchführung und Abrechnung der otoakustischen Emissionen hätten. Ausnahmeregelungen, die die Abrechnung für andere Arztgruppen eröffneten, seien in den Richtlinien nicht enthalten.

Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein. Mit der Durchführung der Methode der Messung der otoakustischen Emissionen durch die Kinderärzte sollten gerade die Kinder herausgefischt werden, die dann von den HNO-Ärzten und den Pädaudiologen weiter diagnostiziert und behandelt werden müssten. Ohne den Filter der Pädiater würden Säuglinge weiterhin zu spät zur weiteren Diagnostik beim HNO-Arzt vorgestellt. In der Betreuung von Neugeborenen, Risikoneugeborenen und Entbindungsabteilungen sei diese Methode auch für den Kinderarzt ohne Probleme durchführbar.

Mit Bescheid vom 14. August 1996 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß Ziffer 5.1 Satz 2 i.V.m. Ziffer 5.2 der Richtlinien zur Bestimmung der otoakustischen Emissionen, neu aufgenommen in die Anlage 1 der NUB-Richtlinien, in Kraft getreten am 23. November 1995, sei als fachliche Voraussetzung zur Erlangung der Genehmigung die Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung "Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde" oder die Gebietsbezeichnung "Arzt für Phoniatrie und Pädaudiologie" nachzuweisen. Diese Voraussetzungen lägen bei den Klägern nicht vor. Ausnahmeregelungen enthielten die Richtlinien nicht.

Hiergegen richtet sich die Klage vom 18. September 1996. Zur Begründung der Klage wiederholten die Kläger im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.

In der mündlichen Verhandlung am 16. September 1997 machten die Kläger dann Ausführungen über Geschichte, Alternativuntersuchungsmethoden und Auswirkungen der otoakustischen Emissionen. Sie legten dar, dass sie beide im Rahmen ihrer Weiterbildung die Fachkunde für die Erbringung von otoakustischen Emissionen erworben hätten. Die otoakustische Emissionsableitung gebe es erst seit ca. 1978. Erst in letzter Zeit seien Geräte entwickelt worden, die auch in der täglichen Praxis unproblematisch zu handhaben seien. Dabei würden von der Cochlea ausgesandte, durch Schall induzierte Töne durch ein im Gehörgang plaziertes Mikrophon gemessen. Die mit dieser Methode gewonnenen Aussagewerte ließen sich sonst mit keiner zur Verfügung stehenden Methode so schnell und sicher stellen. Das Hörscreening sei von zentraler Bedeutung für die Frühdiagnostik einer Schwerhörigkeit im Neugeborenen- und Kleinkindesalter, da die üblichen psychoakustischen Untersuchungsverfahren wegen fehlender Kooperation nicht durchführbar seien. Für die Durchführung dieser apparativen Untersuchung sei weder von technischer noch von HNO-ärztlicher Seite eine spezielle Ausbildung nötig. Sie bedürfe nur des Wissens und derjenigen Fähigkeiten, die gerade in der kinderärztlichen Praxis vorhanden seien: die Möglichkeit, Säuglinge und Kleinkinder ruhigzustellen und sie im schlafenden oder zufriedenen Zustand zu untersuchen. Die Untersuchungsantwort sei entweder ja oder nein. Zwischenwerte gebe es nicht. Die weitere Diagnostik und Therapie obliege dann den entsprechenden Fachgruppen.

Die Beklagte führte in der Klageerwiderung aus, die Kläger erfüllten bereits nicht die formellen Genehmigungsvoraussetzungen nach den NUB-Richtlinien. Ausnahmen seien nicht vorgesehen. Bei den durch den Beigeladenen zu 9) festgelegten Qualifikationserfordernissen handle es sich nicht um fachgebietspezifische Abgrenzungen, sondern um eine qualitätsbezogene Abgrenzung, wer im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt sei, die entsprechenden Leistungen zu erbringen und abzurechnen. Da Kenntnisse in der HNO-Heilkunde für die Weiterbildung des Kinderarztes keine zwingende Voraussetzung sei, sondern lediglich die Anrechnung eines halben Jahres Weiterbildung in der HNO-Heilkunde in Betracht komme, habe die Beigeladenen zu 9) auch die Einführung dieser neuen Behandlungsmethode ausschließlich denjenigen Arztgruppen zuweisen können, die über entsprechende Kenntnisse und eine entsprechende Weiterbildung verfügten, also den HNO-Ärzten und den Ärzten für Phoniatrie und Pädaudiologie. Insofern könne diese Zuordnung nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden.

Mit Urteil vom 16. September 1997 verpflichtete das Sozialgericht München (SG) die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Februar 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 1996, über den Antrag der Kläger gemäß der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu entscheiden. Die Ablehnung sei nicht deshalb rechtswidrig, weil es an einer Rechtsgrundlage für die Versagung des Rechts, die Leistung nach der Nr.1599 EBM erbringen und abrechnen zu dürfen, fehlen würde. Zwar stelle die Vorschrift des § 135 Abs.1 SGB V für sich allein keine Ermächtigungsgrundlage dar und könne den Erlass von die Berufsausübungsfreiheit beschränkenden Normen nicht decken. Zwischenzeitlich sei aber zwischen den Partnern des Bundesmantelvertrages eine Vereinbarung geschlossen worden, nämlich am 30. Oktober 1996 mit Rückwirkung zum 1. Juli 1996 eine Änderung des § 12 Bundesmantelvertrag und eine Anlage 3a. Für die Ersatzkassen finde sich eine entsprechende Regelung in § 40 des Bundesmantelvertrages/Ersatzkassen ebenfalls mit einer Anlage 3a. Darin heiße es, dass die vom Beigeladenen zu 9) in der Anlage 1 zu den NUB-Richtlinien festgelegten Empfehlungen zu den Anforderungen an die personelle, apparative und räumliche Qualität bei den im Folgenden genannten Leistungen als Qualifikationsvoraussetzung gemäß § 135 Abs.2 SGB V vereinbart gelten. In der Aufzählung finde sich unter Punkt 5 auch die Bestimmung der otoakustischen Emissionen. Damit setzten die Partner der Bundesmantelverträge die Empfehlung durch Rückverweisung um. Es könne offen bleiben, ob diese Verweisung auf den Inhalt der Empfehlungen des Bundesausschusses eine dynamische darstelle und die Vereinbarung rechtswidrig werden lasse. Ohne die Frage abschließend zu entscheiden, neige die Kammer dazu, die Vorschriften der §§ 12 BMVÄ/PK, 40 BMÄ-EK i.V.m. Anlage 3a als statische Verweisung anzusehen. Diese Normen des Bundesmantelvertrages seien jedoch unwirksam, weil sie den durch § 135 Abs.2 SGB V gesteckten Ermächtigungsrahmen überschritten. Durch die Verweisung auf die Empfehlungen des Beigeladenen zu 9) der NUB-Richtlinien Anlage 1 Nr.5.2 werde zwar keine bindende Regelung zur Fachgebietskonformität getroffen, jedoch gesagt, dass nur diejenigen Ärzte die subjektiven Qualifikationsvoraussetzungen erfüllten, die die Fachgebietsbezeichnung "HNO-Arzt" oder "Arzt für Phoniatrie oder Pädaudiologie" zu führen berechtigt seien. Die subjektive Qualifikation werde mithin auf diejenigen Ärzte eingeschränkt, bei denen die speziellen audiologischen Untersuchungsmethoden Inhalt der Weiterbildungsordnung seien und die diese Weiterbildung absolviert hätten. Fachkundevoraussetzungen für Ärzte anderer Gebiete würden nicht genannt, so dass im Ergebnis die anderen Gebiete von einer Qualifizierungsmöglichkeit ausgeschlossen würden. Eine Qualifikationsvereinbarung würde sich dann als unrechtmäßig erweisen, wenn sie ihrerseits wieder die Fachkunde auf die Weiterbildungskonformität reduziere und nicht darüber hinaus (für Ärzte anderer Gebiete) Vorschriften enthalte, unter welchen Voraussetzungen diese die Fachkunde nachweisen könnten. In Zusammenhang mit den vom Gericht keineswegs festzusetzenden Fachkundeanforderungen sei darauf hinzuweisen, dass es sich nach der Überzeugung der Kammer bei der Nr.1599 EBM um eine einfach durchzuführende Untersuchung handle, deren Bewertung keine übergroßen zusätzlichen Kenntnisse voraussetze. Die Kammer habe sich davon überzeugt, dass der Arzt die Untersuchung vornehme, indem er die mit einem ungefähr 30 x 40 x 20 Zentimeter großen Gerät verbundenen Sonde in das Ohr (des Säuglings) einführe. Durch einen Knopfdruck lasse sich dann sofort eine Schallkurve auf der Anzeige des Geräts ablesen, die bei einer Abweichung vom typischen Normalverlauf den Verdacht auf eine Hörstörung offenbare. Angesichts dieses für die Kammer feststehenden und der Würdigung zugrunde gelegten Ermittlungsergebnisses erscheine es ausgeschlossen, dass aufgrund der Komplexität der Untersuchungsmethode der Erwerb einer Fachkunde durch Nicht-Gebietsärzte für HNO bzw. Phoniatrie und Pädaudiologie schlichtweg unmöglich sein solle, weil die zu fordernden Voraussetzungen für die Erlangung der Fachkunde letztlich mit dem Weiterbildungsgang für HNO-Ärzte identisch wären. Viel mehr spreche dafür, dass im Rahmen einer Qualitätsvereinbarung versucht worden sei, eine Leistung nicht über die Fachgebietsgrenzen der betreffenden Weiterbildungen hinaus erbringen zu lassen. Aus diesen Gründen könne der die Genehmigung versagende Bescheid keinen Bestand haben. Eine Verpflichtung zur Erteilung einer Genehmigung dürfe aber schon deshalb nicht erfolgen, weil die Regelungskompetenz der Vertragspartner zu den Fachkundevoraussetzungen für Ärzte, die nicht HNO-Ärzte bzw. Ärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie seien, durch die Kammer nicht ersetzt werden dürfe. Die Kläger hätten ihren Antrag auf eine Aufhebung bei Neubescheidungsverpflichtung beschränkt.

Gegen das Urteil des SG vom 16. September 1997 haben die Beklagte (16. März 1998), der Beigeladene zu 2) (23. März 1998) sowie die Beigeladenen zu 7) und 8) (23. März 1998) Berufung eingelegt.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, die NUB-Richtlinien seien von dem gemäß § 91 Abs.1 SGB V gebildeten Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen beschlossen worden und beruhten auf § 92 Abs.1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr.1 SGB V. Ihnen komme grundsätzliche normative Wirkung für die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Krankenkassen und die Vertragsärzte sowie auch die Versicherten zu (vgl. BSG, Urteil vom 20. März 1996, Az.: 6 RKa 62/94). Für die Beklagte bedeute dies, dass sie die beantragte Genehmigung nur und erst dann erteilen dürfe, wenn die Kläger die erforderlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllten. Da die Kläger weder zum Führen der Gebietsbezeichnung "Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde" noch der Gebietsbezeichnung "Arzt für Phoniatrie und Pädaudiologie" berechtigt seien, habe ihnen die gewünschte Genehmigung mangels Nachweis der erforderlichen Qualifikation nicht erteilt werden können. Die Beklagte sei auch nicht berechtigt, selbst anderweitige (geringere) Fachkundevoraussetzungen zu schaffen oder gar auf die nach den Richtlinien zur Bestimmung der otoakustischen Emissionen erforderlichen Qualifikationsnachweise zu verzichten, um dem Genehmigungsantrag stattzugeben. Unter dem Aspekt der Qualitätssicherung könne den Ausführungen des SG nicht gefolgt werden, wonach eine Qualifikationsvereinbarung gegen höherrangiges Recht verstoße, weil die Durchführung der genehmigungspflichtigen Leistungen nur den Fachgebietsärzten vorbehalten sei. Es sei auch kein plausibler Grund erkennbar, weshalb eine Qualifikationsvereinbarung für Ärzte anderer Gebiete Vorschriften darüber enthalten solle, unter welchen Voraussetzungen diese eine unspezifisch erworbene Fachkunde nachweisen könnten, damit sie eine Genehmigung erlangen könnten, die womöglich wegen Fachfremdheit der betreffenden Leistung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht zum Tragen komme. Die Richtlinien zur Bestimmung der otoakustischen Emissionen beträfen nicht die Frage der Fachgebietsabgrenzung bzw. den Ausschluss der Vergütungsfähigkeit fachfremder Leistungen. Sie regelten aber die erforderliche fachliche Befähigung und deren Nachweis. Demzufolge sei der Nachweis über die Qualifikation durch die Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung "Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde" oder der Gebietsbezeichnung "Arzt für Phoniatrie und Pädaudiologie" erbracht.

Auch der Beigeladene zu 2) vertritt die Auffassung, dass allein aufgrund der durch den Bundesausschuss aufgestellten und nach den §§ 92, 81 Abs.3 SGB V direkt gegenüber dem Vertragsarzt verbindlichen Richtlinien Genehmigungen zur Bestimmung von otoakustischen Emissionen erteilt oder versagt werden können, ohne dass es in jedem Fall einer weiteren Regelung durch die Partner der Bundesmantelverträge nach § 135 Abs.2 SGB V bedürfe. Die Partner des Bundesmantelvertrages-Primärkassen hätten am 30. Oktober 1996 zudem mit Rückwirkung zum 1. Juli 1996 eine Änderung des § 12 BMV und eine Anlage 3a beschlossen. Die streitgegenständlichen Regelungen, die den Nachweis der Gebietsbezeichnung "Arzt für HNO" oder die Gebietsbezeichnung "Arzt für Phoniatrie und Pädaudiologie" voraussetzten, überschritten auch nicht den in § 135 Abs.2 SGB V vorgegebenen Ermächtigungsrahmen. Maßgebend für die nach § 135 Abs.2 SGB V festzulegenden Qualifikationsregelungen seien die Weiterbildungsordnungen der Länder. Nach der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns seien die kindlichen Hörstörungen eindeutig den Fachgebieten der HNO-Heilkunde und der Phoniatrie und Pädaudiologie zugewiesen. Die Diagnostik frühkindlicher Hörstörungen mittels otoakustischer Messungen stelle damit für den Pädiater eine fachfremde Leistung dar. Die in Anlage 1 Ziffer 5.2 zu den NUB-Richtlinien enthaltene Regelung, auf die die Vereinbarung der Partner der Bundesmantelverträge wirksam Bezug nehme, bezwecke die Qualitätssicherung durch Nachweis der erforderlichen Fachkunde des durchführenden Arztes. Dieses Regelungsziel sei zweifellos von der Ermächtigungsgrundlage des § 135 Abs.2 Satz 1 SGB V gedeckt, denn darin sei der sogenannte Fachkundenachweis ausdrücklich geregelt. Nach dem Sinn und Zweck des § 135 Abs.2 SGB V solle die Qualität solcher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen bedürften, durch entsprechende Regelungen gesichert werden. Diesen Ermächtigungsrahmen hätten die Vertragspartner nicht überschritten, wenn sie sich zum Nachweis der erforderlichen Fachkunde letztlich an der Systematik der Musterweiterbildungsordnung orientierten. Ziel der streitgegenständlichen Regelung sei es nicht, die Einhaltung der Fachgebietsgrenzen, sondern die Qualität der Durchführung von otoakustischen Emissionsmessungen zu sichern. Entsprechend der unterschiedlichen Tätigkeitsfelder der Kinderärzte auf der einen und der HNO-Ärzte und der Ärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie auf der anderen Seite seien auch die Ausbildungsinhalte der Bereiche verschieden. Daraus resultierten zwangsläufig auch unterschiedliche Qualifikationen der Ärzte, auf die es nach der Regelung des § 135 Abs.2 SGB V ankomme.

Die Klägervertreter haben mit Schriftsätzen vom 21. Dezember 1998 und 5. November 1999 vorgetragen, dass die Ausführungen des SG zum Empfehlungscharakter der Qualitätssicherungsvoraussetzungen des NUB-Ausschusses deshalb überzeugten, weil sie mit dem Wortlaut der NUB-Richtlinien übereinstimmten. Die Richtlinien gingen selbst davon aus, dass die Empfehlungen einer Umsetzung im Rahmen von § 135 Abs.2 SGB V bedürften. In der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns in der Fassung vom 13. Oktober 1996 heiße es unter Nr.15 zu dem Gebiet der Kinderheilkunde: "Die Kinderheilkunde umfasse die Erkennung und Behandlung aller körperlichen und seelischen Erkrankungen ... des Kindes von der Geburt bis zum Abschluss seiner somatischen Entwicklung". Bei dem Inhalt der Weiterbildung finde man dann folgende Konkretisierung: " ... Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen einschließlich orientierender Hör- und Sehprüfungen". In den Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung in Gebieten, Fachkunden, fakultativen Weiterbildungen, Schwerpunkten und Bereichen in der Fassung vom 19. November 1994 finde man im Weiterbildungskatalog 100 Fälle von Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen in allen Altersstufen einschließlich einfach apparativ gestützter, orientierender Hör- und Sehprüfungen. Bei der Leistung nach der Nr.1599 EBM handle es sich um eine derartige einfach-apparativ gestützte Höruntersuchung, wovon sich das SG im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 16. September 1997 selbst habe überzeugen können. Angesichts des einfachen Untersuchungsvorganges könne eine besondere Fachkunde als Qualifikationsvoraussetzung nicht begründet werden. Von Klägerseite werde an der Rechtsnorm-Qualität der Richtlinien des Bundesausschusses nicht gezweifelt. In Übereinstimmung mit dem Urteil des SG sei jedoch auf die Zweistufigkeit der Richtlinien hinzuweisen. Die seit dem 1. Januar 1998 überarbeiteten NUB-Richtlinien belegten die Richtigkeit dieser Argumentation. Danach seien die Nrn.1 bis 9 der alten NUB-Richtlinien ersatzlos aufgehoben worden. Auf die neue Nr.9 in den NUB-Richtlinien, worin von "Empfehlungen zur Qualitätssicherung" die Rede ist, die von den Partnern der Bundesmantelverträge gemäß § 135 Abs.2 SGB V umzusetzen seien, werde erneut hingewiesen.

Mit Schreiben vom 30. November 1999 hat die Beigeladene zu 1) zu dem Rechtsstreit Stellung genommen. Zu Unrecht gehe das SG davon aus, dass die bundesmantelvertragliche Regelung der subjektiven Qualifikationsvoraussetzungen unwirksam sei, weil die Bundesmantelvertragspartner durch diese Regelung den ihnen durch § 135 Abs.2 SGB V gesteckten Ermächtigungsrahmen überschritten hätten. Mit dieser Auffassung setzte sich das SG insbesondere in Widerspruch zu einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 20. Januar 1999 (Az.: B 6 Ka 23/98 R), in der es um die Verweigerung einer Abrechnungsgenehmigung für Leistungen nach der Nr.800 EBM für Kinderärzte gegangen sei. Die Entscheidung des BSG lasse sich aufgrund der Parallelität beider Fallkonstellationen ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen. Auch bei der Messung otoakustischer Emissionen handele es sich nicht um für das Fachgebiet der Kinderärzte wesentliche oder dieses Gebiet prägende Leistungen. Dies ergebe sich daraus, dass entsprechende Kenntnisse nicht zu den Zielen und Inhalten zählen, die nach der Bayerischen Weiterbildungsordnung Kinderärzten im Rahmen der Weiterbildung zu vermitteln seien (Hinweis auf die anliegende Stellungnahme der Bundesärztekammer vom 20. April 1998 zur Musterweiterbildungsordnung). Die Ausführungen der Kläger würden zeigen, dass die Säuglinge einem diagnostischen Screeningverfahren unterzogen werden sollen. Genau dem und der dadurch zu befürchtenden Mengensteigerung habe durch die Normierung subjektiver Qualitätsvoraussetzungen aber entgegengewirkt werden sollen. Bei den otoakustischen Emissionen handele es sich nämlich nicht um eine Screeningmethode im Sinne einer Präventionsmaßnahme. Der Umfang der präventiven Maßnahmen bei Durchführung der Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern sei abschließend festgelegt. Die otoakustischen Emissionen gehörten nicht dazu. Sie seien vielmehr dann zu messen, wenn ein Krankheitsverdacht bestehe, der auf andere Weise diagnostiziert werden könne, weil die Kläger mit der Versagung einer Abrechnungsgenehmigung für die Messung otoakustischer Emissionen nicht vollständig von der Erbringung basisdiagnostischer Leistungen auf dem Gebiet der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde ausgeschlossen seien. Die Beschränkung der Abrechenbarkeit der Nr.1599 EBM auf Fachärzte für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde oder Phoniatrie bzw. Pädaudiologie sei danach auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.

Auf Anfrage des Senats hat die Bayerische Landesärztekammer mit Schreiben vom 30. November 1999 mitgeteilt, dass die Fachgebietsdefinition der Kinderheilkunde in der Weiterbildungsordnung eindeutig ergebe, dass die streitige Leistung nach der Nr.1599 EBM für den Facharzt für Kinderheilkunde gebietskonform sei, da die Definition unter anderem die Erkennung aller körperlichen Erkrankungen des Kindes umfasse und das Gebiet lediglich durch das Alter des Patienten eingeschränkt sei. Die Leistung werde auch zunehmend durch Kinderärzte erbracht. Die Bayerische Landesärztekammer halte jedoch an ihrer Auffassung fest, dass der Kinderarzt in seinem Regelweiterbildungsgang eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in Hörprüfungen durch otoakustische Emissionen nicht nachzuweisen habe. Soweit in den Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung in den Vorsorge- und Früherkenntnismaßnahmen 100 Fälle in allen Altersstufen einschließlich einfach-apparativ gestützter, orientierender Hör- und Sehprüfungen gefordert würden, fielen darunter lediglich die orientierenden Hörprüfungen, nicht jedoch die unter Nr.1599 EBM aufgeführte Leistung.

Auf Anfrage des Senats hat der Beigeladene zu 9) - Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" - mit Schreiben vom 19. April 2000 mitgeteilt, dass der Bundesausschuss den streitigen Qualifikationsnachweis für die Abrechnung der Nr.1599 EBM deswegen getroffen habe, weil in der Anhörung des zuständigen Arbeitsausschusses schriftlich und mündlich überzeugend und übereinstimmend von allen Sachverständigen dargelegt worden sei, dass vor der Duchführung der Messung otoakustischer Emissionen im Rahmen einer HNO-Stufendiagnostik zumindest eine äußere binokulare mikroskopische Trommelfelluntersuchung und eine Tympanometrie durchgeführt werden müssten, um falsche Befundungen zu vermeiden. Würden diese Zusatzuntersuchungen nicht durchgeführt - so die Sachverständigen -, so könnten Kinder aufgrund der Bestimmung der otoakustischen Emissionen zum Beispiel dann fälschlicherweise als innenohrschwerhörig diagnostiziert werden, wenn ein Paukenerguss des Innenohrs vorliege. Aufgrund dieser Darlegungen habe der Bundesausschuss die Bestimmung der otoakustischen Emissionen ausdrücklich nicht als allgemeinmedizinisch oder kinderärztlich durchzuführendes Screening eingeführt, sondern sie an diejenige ärztliche Qualifikation gebunden, die zur differenzial-diagnostischen Abklärung bei Verdacht auf Innenohr-Schwerhörigkeit erforderlich sei. Auch wenn die Bedeutung und Wertschätzung dieser Untersuchungsmethode seit ihrer Anerkennung für die vertragsärztliche Versorgung erheblich zugenommen habe, so habe sich nach hiesiger Kenntnis der Sachstand hinsichtlich der zu fordernden ärztlichen Qualifikation für die Durchführung dieser Untersuchung nicht geändert. So werde nach den Inhalten der (Muster-) Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer dieses Verfahren explizit lediglich in den Inhalten der Weiterbildung Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde einerseits und Phoniatrie und Pädaudiologie andererseits erwähnt. Die Bestimmung der otoakustischen Emissionen sei dagegen nicht dem Gebiet Kinderheilkunde zuzuordnen. Aufgrund dieser Sachlage sei im zuständigen Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" eine Beratung zur Änderung der Qualifikationsvoraussetzungen zur Zeit nicht vorgesehen.

Die Vertreterin der Beklagten beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. September 1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Vertreter der Beigeladenen zu 7) und 8) stellen den Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. September 1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beigeladene zu 2) schließt sich sinngemäß diesen Anträgen an.

Der Bevollmächtigte der Kläger beantragt,

die gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. September 1997 eingelegten Berufungen zurückzuweisen.

Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen der Beklagten sowie die Klageakte, Az: S 42 Ka 1333/96, und die Berufungsakte, Az.: L 12 Ka 23/98, vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf deren Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegten (§ 151 Abs.1 SGG) sowie statthaften Berufungen sind zulässig. Insbesondere ist auch für die Berufungen der Beigeladenen zu 2), 7) und 8) eine materielle Beschwer gegeben. Eine solche materielle Beschwer ergibt sich allerdings weder aus der Stellung als Beteiligter eines Verfahrens noch aus der damit verknüpften Bindung an ein über den Streitgegenstand erlassenes rechtskräftiges Urteil (vgl. zum Ganzen: BSG, SozR 3-1500 § 54 Nr.9 m.w.N.; BVerwGE 87, 332, 337). Sie setzt vielmehr voraus, dass die angefochtene Entscheidung in eigene Rechtspositionen des Beigeladenen eingreift. Dies ist hier der Fall, weil die jeweilige Anlage 3a zum Bundesmantelvertrag-Ärzte bzw. Arzt-/Ersatzkassenvertrag vom SG inzident für nichtig erklärt wurde und damit ein Eingriff in die Regelungshoheit der Beigeladenen zu 2), 7) und 8) vorliegt, da sie als Vertragspartner unmittelbar am Zustandekommen der Anlagen 3a beteiligt waren (vgl. hierzu auch BSG SozR 3-2500 § 87 Nr.12).

Die zulässigen Berufungen sind jedoch unbegründet. Im Ergebnis zutreffend ist das SG in dem angefochtenen Urteil vom 16. September 1997 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Entscheidung der Beklagten vom 14. Februar 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 1996, mit der der Antrag der Kläger auf Genehmigung der Durchführung und Abrechnung der Bestimmung von otoakustischen Emissionen (Nr.1599 EBM) abgelehnt wurde, rechtswidrig ist, weil für die Genehmigung zur Durchführung otoakustischer Emissionen (Nr.1599 EBM) in einer zu weitreichenden Auslegung der hierfür notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen (i.S.v. § 135 Abs.2 SGB V) zu hohe Qualifikationsanforderungen gestellt wurden. Das SG hat daher zu Recht unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 14. Februar 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 1996 die Beklagte verpflichtet, über den Antrag der Kläger erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Da das Begehren der Kläger auf Aufhebung der die Genehmigung versagenden Bescheide und Verurteilung der Beklagten zur nochmaligen Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts gerichtet ist, handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (in Form der Verbescheidungsklage). Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist daher der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht maßgeblich (vgl. BSG SozR 2500 § 135 SGB V Nr.3, S.4/5).

Die Beklagte kann sich zunächst hinsichtlich des Genehmigungserfordernisses zur Ausführung und Abrechnung der Nr.1599 EBM und den für die Genehmigung zu erfüllenden Voraussetzungen nicht unmittelbar - wie in den angefochtenen Bescheiden geschehen - auf die seit 24. November 1995 geltende Nr.5 der Anlage A zu den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ("NUB-Richtlinien") stützen (die Anlage A ist insgesamt auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesausschusses vom 1. Oktober 1997 - veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr.243/97 vom 31. Dezember 1997 und im Deutschen Ärzteblatt 95, Heft 1 bis 2, vom 5. Januar 1998 - mit Wirkung vom 1. Januar 1998 in die Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und über die Überprüfung erbrachter vertragsärztlicher Leistungen gemäß § 135 Abs.1 i.V.m. § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V überführt worden und schließlich mit Beschluss des Bundesausschusses vom 10. Dezember 1999 - veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr.56 vom 21. März und im Deutschen Ärzteblatt 2000, Heft 13, vom 31. März 2000 - mit Wirkung ab 22. März 2000 in die Richtlinie über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs.1 SGB V ("BUB-Richtlinien") übergeleitet worden). Der Bundesausschuss hat in der Nr.5 der Anlage A zu den "NUB"- bzw. "BUB"-Richtlinien zwar Empfehlungen im Sinne von § 135 Abs.1 Satz 1 SGB V hinsichtlich der Einführung eines Genehmigungserfordernisses für die Ausführung und Abrechnung der Nr.1599 EBM und die zu stellenden Qualifikationserfordernisse abgegeben, was eine Grundvoraussetzung überhaupt ist für die Abrechenbarkeit neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Die Empfehlungen sind dabei in der in § 135 Abs.1 Satz 1 SGB V vorgesehenen Rechtsform der Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V ergangen. Es kann vorliegend dahinstehen, ob die früher in der Rechtsprechung gelegentlich (vgl. Sozialgericht Dresden, Urteil vom 17. Dezember 1995, Az.: S 11 Ka 180/94; Sozialgericht München, Urteil vom 2. Juli 1996, Az.: S 42 Ka 653/94) und auch im erstinstanzlichen Urteil vertretenen Auffassung noch haltbar ist (verneinend Orlowski in Maaßen/Schermer/Wiegand/Zipperer, Kommentar zum SGB V § 135 SGB V Nr.21). Die Sozialgerichte vertreten die Ansicht, dass die vom Beigeladenen zu 9) gemäß §§ 135 Abs.1 Satz 1, 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V abgegebenen Empfehlungen generell nicht bindend seien und deshalb verbindliche Wirkung erst durch die gemäß § 135 Abs.2 Satz 1 SGB V erfolgte Umsetzung durch die Vertragspartner des Bundesmantelvertrages erfahren (sogenanntes mehrstufiges Verfahren). Im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 20. März 1996, SozR 3-2500 § 92 SGB V Nr.6; BSG, Urteil vom 16. September 1997, SozR 3-2500 § 92 Nr.7), wonach es sich bei den Richtlinien des Beigeladenen zu 9) nicht um verwaltungsinternes Recht, sondern um untergesetzliche Rechtsnormen mit verbindlicher Wirkung für Vertragsärzte, Krankenkassen sowie Versicherte handelt, sind Zweifel hier angebracht. Der Beigeladene zu 9) hat aber jedenfalls hinsichtlich der Empfehlungen zu § 135 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB V (sogenannte "Strukturqualität") durch die Änderung der verfahrensrechtlichen Vorgaben und die Ersetzung der Ziffern 1 bis 9 der NUB-Richtlinien durch die Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und über die Überprüfung erbrachter vertragsärztlicher Leistungen gemäß § 135 Abs.1 i.V.m. § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V selbst klar und eindeutig zu erkennen gegeben, dass er insoweit selbst von einem mehrstufigen Verfahren ausgeht und die zu § 135 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB V abgegebenen Empfehlungen nicht selbst bindende Wirkung entfalten, sondern eine verbindliche Wirkung nur auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen den Partnern des Bundesmantelvertrages entstehen kann. In der Ziffer 9 dieser Richtlinien, die durch Beschluss des Bundesausschusses vom 10. Dezember 1999 (Veröffentlichung im Bundesanzeiger Nr.56 vom 21. März 2000 und im Deutschen Ärzteblatt 2000, Heft 13, vom 31. März 2000) mit Wirkung ab 22. März 2000 auch in die BUB-Richtlinien übernommen wurden, heißt es, dass zu den neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die nach Auffassung des Bundesausschusses die gesetzlichen Kriterien erfüllen, zugleich mit der Anerkennung Empfehlungen abgegeben werden über die notwendige Qualifikation der Ärzte, über die apparativen Anforderungen sowie über die Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der Methode zu sichern, und über die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung. Weiter heißt es: Der Bundesausschuss folgt dabei dem Aufbau und der inhaltlichen Gestaltung der Vereinbarungen der Partner der Bundesmantelverträge nach § 135 Abs.2 SGB V, die ihrerseits daraufhin die entsprechenden verbindlichen Vereinbarungen zur Qualitätssicherung treffen können. Die Ausgestaltung der Ermächtigung der Vertragspartner des Bundesmantelvertrages als Kannbestimmung - in Übereinstimmung mit der durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz (2. NOG) vom 23. Juni 1997 (BGBl.I S.1520) mit Wirkung ab 1. Januar 1997 erfolgten Änderung des § 135 Abs.2 Satz 1 SGB V von einer Verpflichtung der Vertragspartner des Bundesmantelvertrages zur Vereinbarung einheitlicher Qualifikationserfordernisse in eine Ermächtigung - hebt die besondere Verantwortung der Vertragspartner des Bundesmantelvertrages hervor und überträgt ihnen bereits die Entscheidung über das "Ob" der Vereinbarung von Qualifikationserfordernissen und damit letztlich auch über die Art der Qualifikationserfordernisse ("Wie"). Die Ermächtigung zum Erlass von Vereinbarungen über Qualitätsanforderungen bezieht sich dabei nach dem insoweit klaren Wortlaut des § 135 Abs.2 Satz 1 SGB V nicht nur auf bereits erbrachte Methoden, die besondere Anforderungen an die Ausführung stellen, sondern gerade auch auf neue Methoden i.S.d. Absatzes 1 Satz 1 der Bestimmung (in diesem Sinne Kruschinsky in Hauck/Haines, Kommentar zum SGB V, § 135 Rdnr.16; a.A. Orlowski in Maaßen, Schermer, Wiegand, Zipperer, Kommentar zum SGB V, § 135 Rdnr.21). Im Ergebnis ist daher dem SG darin Recht zu geben, dass das Genehmigungserfordernis und die Voraussetzungen für die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung der Nr.1599 EBM nicht direkt auf die Nr.5 der Anlage A zu den NUB- bzw. BUB-Richtlinien gestützt werden können. Von diesem Rechtsstandpunkt sind erkennbar auch die Partner des Bundesmantelvertrages ausgegangen, indem sie im Bundesmantelvertrag das Erfordernis einer Genehmigung und die Voraussetzungen für die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung der Nr.1599 EBM geregelt haben, was bei unmittelbarer Geltung der entsprechenden Empfehlungen bzw. Richtlinien des Bundesausschusses überflüssig gewesen wäre.

Die Verweigerung der Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung der Nr.1599 EBM kann aber auch nicht auf die §§ 12 Abs.2 BMV-Ä, 40 Abs.2 EKV-Ä i.V.m. der jeweiligen Anlage 3a gestützt werden. Gemäß § 12 Abs.2 BMV-Ä bzw. § 40 Abs.2 EKV-Ä in der seit 1. Juli 1996 unverändert geltenden Fassung bedarf die Durchführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, für welche der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Empfehlungen über die notwendige Qualifikation der Ärzte und die apparativen Anforderungen abgegeben hat, der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt die in der jeweiligen Anlage 3a zum BMV-Ä bzw. EKV-Ä genannten Voraussetzungen erfüllt. In den Anlagen 3a zu den genannten Verträgen bzw. in der nunmehrigen Anlage 3a zum Bundesmantelvertrag-Primärkassen und Ersatzkassen ist geregelt, dass die vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in der Anlage 1 zu den Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Richtlinien) - mittlerweile Anlage A Nr.5 zu den BUB-Richtlinien - festgelegten Empfehlungen zu den Anforderungen, insbesondere an die personelle-apparative und räumliche Qualität bei der Durchführung - hier der Bestimmung der otoakustischen Emissionen (Nr.1599 EBM) - als Qualifikationsvoraussetzungen gemäß § 135 Abs.2 SGB V gelten. Daraus ergibt sich, dass ab 1. Januar 1996 die Durchführung und Abrechnung otoakustischer Emissionen (Nr.1599 EBM) der Genehmigung durch die jeweilige KV bedurfte und auf der Grundlage der genannten zum 1. Juli 1996 in Kraft getretenen Bestimmungen des BMV-Ä bzw. des EKV-Ä die Genehmigung nur zu erteilen war, wenn der/die Antragsteller als Qualifikationsnachweis die Gebietsbezeichnung "Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde" bzw. "Arzt für Phoniatrie und Pädaudiologie" führt/führen. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass die Kläger nicht über die geforderten Gebietsbezeichnungen verfügen. Die Anlage 3a zum BMV-Ä bzw. EKV-Ä überschreitet aber die Ermächtigungsgrundlage in § 135 Abs.2 Satz 1 SGB V in der Fassung des GRG. Nach dieser Bestimmung vereinbaren die Vertragspartner der Bundesmantelverträge einheitliche Qualifikationserfordernisse für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, und zwar für ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die ihrer Eigenart nach besondere Kenntnisse und Erfahrungen des Arztes voraussetzen. § 135 Abs.2 Satz 1 SGB V ist zwar durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz (2. NOG) vom 23. Juni 1997 (BGBl.I 1520) neugefasst worden. Bezüglich des Aufhebungsteils der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist aber auf den Zeitpunkt des Beschlusses zur Anfügung einer Anlage 3a zum BKV-Ä bzw. EKV-Ä mit Wirkung ab 1. Juli 1996 abzustellen. Das Gesetz definiert den Begriff der "besonderen Kenntnisse und Erfahrungen" selbst nicht, sondern überlässt den Vertragspartnern einzelfallbezogen die Ausfüllung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes. Bei der Anlage 3a zum BMV-Ä bzw. EKV-Ä handelt es sich unter dem Blickwinkel des Art.12 GG um eine Regelung der Berufsausübung. Sie betrifft zwar nicht nur die bloße Vergütung vertragsärztlicher Leistungen, sondern deren grundsätzliche Erbringbarkeit. Da die Erbringbarkeit der Nr.1599 EBM für den Kinderarzt aber nicht statusrelevant bzw. wesentlich ist, ist nicht der Zulassungsstatus des Kinderarztes betroffen. Der Gesetzgeber ist bei statusrelevanten Berufsausübungsregelungen verpflichtet, die für die Grundrechtsbeschränkung wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und die Schrankenbestimmungen nicht anderen Stellen zu überlassen. Soweit zum Erlass untergesetzlicher Normen ermächtigt wird, muss die gesetzliche Regelung so gefasst sein, dass sie Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen lässt. Handelt es sich wie hier um nicht statusrelevante Regelungen, kann der Gesetzgeber die maßgeblichen Entscheidungen dem untergesetzlichen Normgeber in weitem Umfang überlassen. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18. März 1998 SozR 3-2500 § 135 SGB V Nr.9 S.42) hat der Gesetzgeber in § 135 Abs.2 Satz 1 SGB V in ausreichender Weise definiert, dass es sich bei ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die ihrer Eigenart nach "besondere Kenntnisse und Erfahrungen" des Arztes voraussetzen, um schwierige ärztliche Leistungen handeln muss. Der Senat, der mit einem Arzt als ehrenamtlicher Richter fachkundig besetzt ist, hat sich wie zuvor schon die Kammer des SG davon überzeugt, dass es sich bei der Durchführung der otoakustischen Emissionen nach der Nr.1599 EBM um eine sehr einfach durchzuführende Untersuchungsmethode handelt. Bei der Untersuchung führt der Arzt die mit einem ungefähr 30 x 40 x 20 Zentimeter großen Gerät verbundene Sonde in das Ohr des Patienten ein. Durch einen Knopfdruck lässt sich dann sofort eine Schallkurve auf der Anzeige des Geräts ablesen, die bei einer Abweichung vom typischen Normalverlauf den Verdacht auf eine Hörstörung offenbart. Dass es sich bei der Durchführung der otoakustischen Emissionen gemäß der Nr.1599 EBM um eine einfach durchzuführende Untersuchungsmethode handelt, wird auch von den Beteiligten, insbesondere auch den Berufungsklägern, nicht bestritten. Die Partner des Bundesmantelvertrages haben vor diesem Hintergrund den ihnen durch § 135 Abs.2 Satz 1 SGB V eröffneten Ermächtigungsrahmen überschritten, indem sie in Verkennung des Begriffes "ärztliche Leistung, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besondere Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis) bedarf", für die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung otoakustischer Emissionen mit der strikten Anbindung an die Fachgebiete der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde bzw. der Phoniatrie und Pädaudiologie zu hohe Qualifikationsanforderungen gestellt haben. Die diesbezüglich angeführten Gründe betreffen vorrangig Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte, die im Rahmen der Ermächtigungsnorm des § 135 Abs.2 Satz 1 SGB V gerade nicht maßgeblich sind. Dies wird besonders deutlich aus der Stellungnahme eines der Partner der Bundesmantelverträge, nämlich der Beigeladenen zu 1) im Schriftsatz vom 30. November 1999, wo ausgeführt wird, dass durch die Normierung subjektiver Qualitätsvoraussetzungen zu befürchtenden Mengensteigerungen entgegengewirkt werden sollte. Auch die für die Empfehlungen des Beigeladenen zu 10) angeführten Gründe, die der normativen Regelung der Partner des Bundesmantelvertrages zugrunde liegt, reichen nicht für die Annahme, dass es sich bei der Durchführung der Nr.1599 EBM um "eine schwierige ärztliche Leistung handelt, die ihrer Eigenart nach besonderer Kenntnisse und Erfahrungen" bedarf. Das Verlangen nach einer Stufendiagnostik mit einer bestimmten Untersuchungsabfolge allein in der Hand des "Arztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde" bzw. "Arztes für Phoniatrie und Pädaudiologie" betrifft Gesichtspunkte, die außerhalb der eigentlichen einfach durchzuführenden Untersuchung der Nr.1599 EBM liegen und letztlich auch auf eine wirtschaftliche ärztliche Leistungserbringung ausgerichtet sind. Ein irgendwie gearteter qualitativer Nachteil für die (Klein-)Kinder bei Erbringung der Nr.1599 EBM durch Kinderärzte ist jedenfalls nicht ersichtlich, vielmehr soll dadurch überhaupt erst eine Einschaltung bzw. eine möglichst frühzeitige Einschaltung des "Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde" bzw. für "Phoniatrie und Pädaudiologie" erreicht werden.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die getroffene Beschränkung der Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung otoakustischer Emissionen auf der Grundlage der §§ 72 Abs.2, 82 Abs.2 Satz 1 SGB V möglich wäre, wonach die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien der Bundesausschüsse durch schriftliche Verträge der KÄVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln ist, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Es ist auch nicht Aufgabe des Senats, von Amts wegen zu prüfen, ob die getroffene bundesmantelvertragliche Regelung nicht auf die §§ 72 Abs.2, 82 Abs.1 SGB V gestützt werden könnte. Ein Gericht hat zwar von Amts wegen den Verwaltungsakt umfassend zu prüfen und alle Tatsachen und rechtlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, grundsätzlich auch dann, wenn der Verwaltungsakt nicht auf sie gestützt war. Dies ist aber jedenfalls dann nicht möglich, wenn durch die veränderte Rechtsgrundlage die bundesmantelvertragliche Regelung in ihrem Wesen verändert wird, weil die abweichende Rechtsgrundlage wie hier anderen Zwecken dient. Dies ist im Verhältnis von § 135 Abs.2 SGB V einerseits mit der Ermächtigung, in speziellen Fällen Qualitätssicherungsmaßnahmen zu ergreifen, und der allgemeinen Befugnis in § 72 Abs.2 SGB V der Fall. Von daher hilft auch der von den Berufungsklägern erfolgte Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 20. Januar 1999 (SozR 3-2500 § 72 Nr.8) nicht weiter, wo das BSG eine bundesmantelvertragliche Regelung der Vertragspartner des Bundesmantelvertrages (ergänzende Vereinbarung zur Reform des einheitlichen Bewertungsmaßstabes vom 14. September 1995 (DÄ 1995, C-1719) und vom 11. Dezember 1995 (DÄ 1995, C-2223) gebilligt hatte, mit der die Abrechenbarkeit der Leistung Nr.800 EBM auf bestimmte Arztgruppen beschränkt wurde und damit unter anderem von Kinderärzten nicht durchgeführt und abgerechnet werden konnte. Denn diese vertragliche Regelung stützt sich auf die §§ 72 Abs.2, 82 Abs.1 SGB V.

Nach alledem war die Ablehnung der Genehmigung durch die Beklagte in den streitgegenständlichen Bescheiden im Hinblick auf die dabei gestellten Qualifikationsanforderungen rechtswidrig.

Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2), 7) und 8) sind daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 SGG die Revision zugelassen, weil das Verhältnis der Nrn.1 bis 3 des § 135 Abs.1 SGB V zur Vertragskompetenz der Partner des Bundesmantelvertrages gemäß § 135 Abs.2 Satz 1 SGB V noch nicht ausreichend höchstrichterlich abgeklärt ist.
Rechtskraft
Aus
Saved