L 12 KA 4/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 1387/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 4/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Dezember 1998 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger eine Genehmigung zur Abrechnung der Zuschlags-Nr.9413 E-GO gemäß Ziffer 1 der zwischen der Beklagten und der Landesvertretung Bayern der Beigeladenen geschlossenen "Vereinbarung zur Strukturverbesserung und Qualitätssicherung bei rheumatologischen Erkrankungen" im Ersatzkassenbereich vom 29. November 1994 zu erteilen ist. Der Kläger rügt vor allem eine Ungleichbehandlung der orthopädischen und der internistischen Rheumatologen.

Der Kläger nimmt seit April 1997 als Orthopäde in ... an der vertragsärztlichen Versorgung teil und zwar als Nachfolger in der Praxis seines Vaters Dr.F.St ... Seit November 1996 ist er berechtigt, die Schwerpunktbezeichnung "Rheumatologie" zu führen.

Am 12. Februar 1997 gab er eine Erklärung ab, in der er sich verpflichtete, zur Qualitätssicherung an Konsensus-Konferenzen teilzunehmen, außerdem im Rahmen der Qualitätssicherung eine Kerndokumentation durchzuführen und kurzfristige Termine für Akuterkrankungen anzubieten. Des Weiteren nahm er mit dieser Erklärung zur Kenntnis, dass er die Zuschlags-Nr.9413 E-GO nur dann vergütet bekomme, wenn er in dem entsprechenden Abrechnungsquartal bei den Ersatzkassen in mehr als 50 % der abgerechneten Behandlungsfälle die Diagnose "Rheumatoide Arthritis (c.P.) mit Sonderformen, Kollagenosen, seronegative Spondylarthritiden, Fibrosyalgie-Syndrom" gestellt habe.

Mit Bescheid vom 24. März 1997 lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger eine Genehmigung zur Abrechnung der Zuschlags-Nr.9413 E-GO zu erteilen. Diese könne nur erteilt werden, wenn der Arzt zum Führen der Gebietsbezeichnung "Innere Medizin" mit der Teilgebietsbezeichnung "Rheumatologie" berechtigt sei. Die Abrechnung dieser Zuschlagsposition durch einen Facharzt für Orthopädie sei nicht möglich, auch wenn dieser - wie hier - berechtigt sei, die Schwerpunktbezeichnung "Rheumatologie" zu führen.

Seinen dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen wie folgt: Er sei im Rahmen der Prüfung zum Erwerb der Schwerpunktbezeichnung "Rheumatologie" bei der Bayerischen Landesärztekammer nicht nur von einem orthopädischen Rheumatologen, sondern auch von einem internistischen Rheumatologen geprüft worden. Mit Ausnahme der operativ-orthopädischen Aspekte gebe es im Weiterbildungsinhalt keine grundlegenden Unterschiede zwischen dem internistischen und orthopädischen Rheumatologen. Es liege ein gleichwertiger Ausbildungsgang vor. Er sei in seiner spezifischen Ausbildung zum Rheumatologen interdisziplinär ausgebildet worden. Er habe regelmäßig an interdisziplinären Visiten der Rheumaeinheit der Ludwigs-Maximilians-Universität München teilgenommen, ebenso an den monatlichen Rheumakolloquien. Außerdem sei er als Referent und Berater für die Deutsche Rheumaliga tätig. Nach der Präambel sei es Ziel der Vereinbarung, eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe und flächendeckende Versorgung rheumatologisch Erkrankter mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sowie deren Früherkennung sicher zu stellen und diesbezügliche Krankenhauseinweisungen zu vermeiden. Im Landkreis Fürstenfeldbruck sei kein Internist verzeichnet, der berechtigt sei, die Schwerpunktbezeichnung "Rheumatologie" zu führen, während zwei Orthopäden die Teilgebietsbezeichnung "Rheumatologie" führten, u.a. sein Vater Dr.F.St ... Nach Beendigung dessen kassenärztlicher Tätigkeit bestehe eine Versorgungslücke bezüglich der rheumatologischen orthopädischen Versorgung. Zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, wohnortnahen und flächendeckenden Versorgung rheumatologisch Kranker sei ihm deshalb eine Genehmigung zur Abrechnung der Zuschlagsposition "Einleitung und/oder kontinuierliche Durchführung einer sogenannten Basistherapie bei Fällen rheumatoider Arthritis einschließlich ihrer Sonderformen, wie Kollagenosen. Koordinierung der diesbezüglichen krankengymnastischen und ergotherapeutischen Maßnahmen sowie sozialmedizinischer Betreuung" zu erteilen.

Mit Bescheid vom 22. September 1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Dies begründete sie erneut damit, dass gemäß Ziffer 2 der Vereinbarung die Genehmigung nur erteilt werden könne, wenn 1. der Arzt zum Führen der Gebietsbezeichnung "Innere Medizin" mit der Teilgebietsbezeichnung "Rheumatologie" berechtigt sei und 2. es sich um eine rheumatologische Schwerpunktpraxis handle. Orthopäden mit der Teilgebietsbezeichnung "Rheumatologie" seien in der Vereinbarung nicht aufgeführt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 13. Oktober 1997 Klage zum Sozialgericht München (Az.: S 38 Ka 1387/97). Diese Klage wurde, wie schon im Verwaltungsverfahren, im Wesentlichen damit begründet, dass es hinsichtlich der Vermittlung, dem Erwerb und dem Nachweis spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der medikamentösen Therapie von rheumatischen Erkrankungen keine grundlegenden Unterschiede im Weiterbildungsinhalt zwischen internistischen und orthopädischen Rheumatologen gebe. Es sei somit von einem gleichwertigen Ausbildungsgang auszugehen. Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis würden typischerweise interdisziplinär behandelt. Dies sei auch in seiner Ausbildung zum Tragen gekommen. Zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, wohnortnahen und flächendeckenden Versorgung rheumatologischer Kranker sei deshalb auch ihm eine Genehmigung zur Abrechnung der Zuschlagsposition zu erteilen.

In der mündlichen Verhandlung trug er ergänzend vor, dass er ca. 1.100 Ersatzkassenpatienten behandle, davon entfielen 40 Patienten auf den rheumatischen Formenkreis. Das Thema seiner Doktorarbeit seien die Nebenwirkungen der Basistherapie der rheumatoiden Arthritis gewesen. Insofern sei er der Auffassung, dass er die erforderlichen Qualifikationsvoraussetzungen erfülle.

Der Kläger beantragte, den Bescheid des Beklagten vom 24. März 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22. September 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die Genehmigung im Rahmen der Vereinbarung zur Strukturverbesserung und Qualitätssicherung bei rheumatologischen Erkrankungen zu erteilen.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

Sie nahm in ihrer Klageerwiderung vom 26. November 1997 auf die Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug.

Mit Urteil vom 3. Dezember 1998 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Genehmigung zur Abrechnung der Zuschlags-Nr.9413 E-GO (Rheuma-Basistherapie). Voraussetzung sei nach der am 1. April 1995 in Kraft getretenen Vereinbarung, dass der Arzt zum Führen der Gebietsbezeichnung "Innere Medizin" mit der Teilgebietsbezeichnung "Rheumatologie" berechtigt sei und dass es sich um eine rheumatologische Schwerpunktpraxis handle. Eine solche liege vor, wenn in mehr als 50 % der abgerechneten Behandlungsfälle die Diagnose "Rheumatoide Arthritis (PCP) einschließlich Sonderformen und Kollagenosen unter immunsuppressiver oder immunmodulierender Langzeit-Basistherapie" gestellt worden sei. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger als orthopädischer Rheumatologe nicht. Eine Beschränkung auf rheumatologische Internisten sei allein deshalb nicht zu beanstanden, weil die Partner der genannten Vereinbarung einen großen Gestaltungsspielraum besäßen, der von den Gerichten nur eingeschränkt überprüfbar sei. Nur in Extremfällen, insbesondere bei willkürlichen Vereinbarungen, könne ein Verstoß gegen Art.3 des Grundgesetzes eine Korrekturmöglichkeit durch die Gerichte eröffnen. Eine solche Fallgestaltung liege hier nicht vor. Mit der Zuschlagsregelung solle nach der Leistungslegende der Ziffer 1 der Vereinbarung die sogenannte Basistherapie bei Fällen von rheumatoider Arthritis gefördert werden. Darunter sei die modulierende medikamentöse Therapie zu verstehen. Diese sei nach der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns (vom 1. Januar 1988) vor allem den rheumatologischen Internisten vorbehalten (10.7). Bei den rheumatologischen Orthopäden werde dagegen die medikamentöse Therapie nur kurz erwähnt. Der Schwerpunkt der rheumatologischen Orthopäden liege in der Diagnostik und der Durchführung von Operationen, während der rheumatologische Internist hauptsächlich in der Diagnostik und der Pharmakotherapie tätig sei. Die Ausbildungsschwerpunkte seien demnach aufgrund der Weiterbildungsordnung unterschiedlich. Allerdings seien die Grenzen zwischen der rheumatologischen inneren Medizin und der rheumatologischen orthopädischen Medizin fließend. Abgesehen davon sei es äußerst fraglich, ob sich beim Kläger ein rheumatologischer Schwerpunkt herausgebildet habe. Nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung entfielen von den ca. 1.100 Ersatzkassenpatienten lediglich 40 Patienten auf den rheumatischen Formenkreis. Der Kläger könne deshalb nicht ernsthaft behaupten, er betreibe eine rheumatologische Schwerpunktpraxis. Aus dem Sicherstellungsauftrag, der objektiv-rechtlicher Natur sei, könnten Vertragsärzte, wie der Kläger, kein subjektives Recht auf Erteilung der Genehmigung herleiten. Es sei deshalb nicht darüber zu befinden gewesen, ob tatsächlich im Landkreis Fürstenfeldbruck eine Unterversorgung auf rheumatologischem Gebiet bestehe.

Gegen das mit Einschreiben am 9. Januar 1999 zur Post gegebene Urteil hat der Kläger am 10. Februar 1999 Berufung eingelegt. In seiner Begründungsschrift vom 22. März 1999 beruft sich der Kläger vor allem auf die Urteile des Bundessozialgerichts vom 20. Januar 1999 (Az.: B 6 KA 16/98 R und B 6 KA 9/98 R), wonach Orthopäden mit der Schwerpunktbezeichnung "Rheumatologie" nicht von der Abrechnung der EBM-Nr.16 ausgeschlossen werden könnten, weil dies gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.3 Abs.1 GG verstoße. In der mündlichen Urteilsbegründung habe der Senatsvorsitzende erklärt, dass die Weiterbildungsordnung für den Schwerpunkt "Rheumatologie" nicht so unterschiedlich sei, dass sie einen Ausschluss der orthopädischen Rheumatologen rechtfertige. Dies habe auch er in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vorgetragen. Er sei deshalb auch hinsichtlich der Zuschlags-Nr.9413 E-GO gleichzubehandeln.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Dezember 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. März 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 1997 aufzuheben. Die Beklagte wird verpflichtet, über seinen Antrag vom 12. Februar 1997 auf Erteilung einer Genehmigung zur Abrechnung der Nr.9413 E-GO nach der Neuregelung der zwischen der KVB und dem VdAK am 24. November 1994 geschlossenen Vereinbarung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte und die Beigeladenen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte vertritt in ihrer Berufungserwiderung vom 27. Mai 1999 die Auffassung, dass die Urteile des Bundessozialgerichts zu diesem Rechtsstreit nicht herangezogen werden könnten. Dort sei es um die Nr.16 BMÄ/E-GO, also um eine Abrechnungsbestimmung im EBM, gegangen. Hier basiere die Abrechnung der Zuschlagsposition nach Nr.9413 E-GO auf einer gemäß Nr.2.9 der Vereinbarung über die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen im Jahre 1994 zwischen ihr und den Verbänden der Ersatzkassen geschlossenen gesonderten Vereinbarung zur Strukturverbesserung und Qualitätssicherung bei rheumatologischen Erkrankungen vom 29. November 1994. Entsprechend deren Ziffer 2 könne eine Genehmigung nur erteilt werden, wenn der Arzt zum Führen der Gebietsbezeichnung "Innere Medizin" mit der Teilgebietsbezeichnung (Schwerpunktbezeichnung) "Rheumatologie" berechtigt sei und es sich um eine rheumatologische Schwerpunktpraxis handle. Dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt seien, habe das Sozialgericht zutreffend ausgeführt.

Die Beigeladenen teilen in ihrer Berufungserwiderung vom 28. Juli 1999 die Auffassung der Beklagten, dass sich die BSG-Urteile zur Wirksamkeit der EBM-Regelung zu Nr.16 auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragen ließen. Das Sozialgericht habe seine Entscheidung darauf gestützt, dass Ziel der Vereinbarung, im Wesentlichen die Basistherapie bei Fällen von rheumatoider Arthritis sei. Nach dem Urteil des Sozialgerichts sei auch nicht geklärt, ob der Kläger die weiteren Voraussetzungen der Ziffer 2 der Vereinbarung (rheumatologische Schwerpunktpraxis) erfülle.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakte, die Klageakte (Az.: S 38 Ka 1387/97) sowie die Berufungsakte (Az.: L 12 KA 4/99) vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren sonstigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird, insbesondere auf den Fragenkatalog, der Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24. März 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. September 1997 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die dem Bescheid zugrunde liegende Ziffer 2 der Vereinbarung zur Strukturverbesserung und Qualitätssicherung bei rheumatologischen Erkrankungen vom 29. November 1994, die die Abrechenbarkeit der Zuschlags-Nr.9413 E-GO auf Internisten mit der Teilgebietsbezeichnung "Rheumatologie" beschränkt und damit die Orthopäden mit der Teilgebietsbezeichnung/Schwerpunktbezeichnung "Rheumatologie" - wie den Kläger - von der Leistungserbringung ausschließt, verstößt nicht gegen Art.3 Abs.1 Grundgesetz (GG). Das Sozialgericht hat deshalb zu Recht mit dem angefochtenen Urteil vom 3. Dezember 1998 die gegen die vorgenannten Bescheide erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage abgewiesen.

Da die Ausführungen des Sozialgerichts zur Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts inhaltlich zutreffend sind, wird gemäß § 153 Abs.2 SGG darauf Bezug genommen. Ergänzend sind lediglich Ausführungen zur Vereinbarung mit höherrangigem Recht (Art.3 Abs.1 GG) veranlasst.

Bei der hier streitgegenständlichen Vereinbarung zur Strukturverbesserung und Qualitätssicherung bei rheumatologischen Erkrankungen im Ersatzkassenbereich vom 29. November 1994 handelt es sich um eine den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) ergänzende, auf Landesebene geschlossene vertragliche Abrechnungsbestimmung, die, wie die Regelungen des EBM, am Maßstab des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art.3 Abs.1 GG zu messen ist, wenn eine Vergütung nur einer Arztgruppe gewährt wird, obgleich die Leistung auch von anderen Arztgruppen erbracht wird bzw. erbracht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 1999, Az.: B 6 KA 9/98 R, SozR 3-2500 § 87 Nr.21 S.109). Die Beschränkung der Abrechnungsfähigkeit der Zuschlags-Nr.9413 E-GO auf die Arztgruppe der internistischen Radiologen erweist sich allerdings, gemessen am Maßstab des Art.3 Abs.1 GG, nicht als rechtswidrig. Der Grundsatz des Art.3 Abs.1 GG, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, verbietet die ungerechtfertigte Bevorzugung oder Benachteiligung einer Personengruppe gegenüber einer anderen Personengruppe. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 55, 72 (88); 88, 87 (96 f.); 98, 1 (12); 98, 365 (389); 99, 367 (388 f.)) vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Personen im Vergleich zu einer anderen Gruppe verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Dabei unterliegt der Normgeber bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen einer strengen Bindung.

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so bestehen nach Auffassung des Senats für die Differenzierung der Abrechenbarkeit der Zuschlags-Nr.9413 E-GO zwischen internistischen und orthopädischen Rheumatologen hinreichende Gründe von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen (Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung oder nicht) rechtfertigen. Der Ausschluss der Orthopäden trägt zum einen den Besonderheiten der Basistherapie bei Fällen von rheumatioder Arthritis sowie zum anderen den in Bayern geltenden unterschiedlichen berufsrechtlichen Bestimmungen Rechnung, die bestimmte Leistungsbereiche den internistischen Rheumatologen und andere Leistungsbereiche den orthopädischen Rheumatologen zuordnen.

Gemäß der in Ziffer 1 der Vereinbarung vom 29. November 1994 enthaltenen Leistungslegende wird mit der Zuschlags-Nr.9413 E-GO die "Einleitung und/oder kontinuierliche Durchführung einer sogenannten Basistherapie bei Fällen von rheumatoider Arthritis (= chronische Polyarthritis) einschließlich ihrer Sonderformen sowie von Kollagenosen" und die "Koordinierung der diesbezüglichen krankengymnastischen und ergotherapeutischen Maßnahmen sowie sozialmedizinische Betreuung" mit DM 60,00 pro Fall im Quartal vergütet. Bei der sogenannten Basistherapie handelt es sich um eine langfristige medikamentöse Therapie mit Antirheumatika, bei denen es zu Nebenwirkungen im internistischen Bereich kommen kann. Diese Nebenwirkungen waren nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung des Senats der ausschlaggebende Grund dafür, dass die Vertragspartner die Abrechenbarkeit dieser Zuschlagsposition auf die Internisten beschränkt haben. Mit den im Rahmen der Zuschlagsposition vergüteten DM 60,00 soll der besondere Aufwand, der mit dieser langfristigen medikamentösen Therapie verbunden ist, abgegolten werden.

Die medikamentöse Therapie ist sowohl nach der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns vom 1. Januar 1988 (Bayerisches Ärzteblatt 12/87) als auch nach der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns vom 1. Oktober 1993 (Bayerisches Ärzteblatt 9/93) den Ärzten für Innere Medizin mit der Teilgebietsbezeichnung/Schwerpunktbezeichnung "Rheumatologie" zugeordnet. Inhalt und Ziel der Weiterbildung in diesem Teilgebiet war nach der Weiterbildungsordnung 1988 (Nr.10.7 des Abschnitts I der Anlage) "die Vermittlung, der Erwerb und der Nachweis spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in ... der konservativen Therapie bei entzündlichen rheumatischen Erkrankungen ...". Nach der Definition der Weiterbildungsordnung 1993 umfasst der internistische Schwerpunkt "Rheumatologie" (Abschnitt I Nr.13 C.8) "die Prophylaxe, Erkennung und konservative Behandlung bei rheumatischen Erkrankungen einschließlich der Nachbehandlung und Rehabilitation". Zum Inhalt und Ziel der Weiterbildung in diesem Schwerpunkt gehört "die Vermittlung, der Erwerb und der Nachweis besonderer Kenntnisse und Erfahrungen in der konservativen Therapie bei rheumatischen Erkrankungen ...". In diesem Schwerpunkt werden u.a. besondere Kenntnisse und Erfahrungen in "der medikamentösen Therapie der rheumatischen Erkrankungen einschließlich der Wirkungsweise, Pharmakokinetik, Indikationen, Interaktionen und Nebenwirkungen" vermittelt und erworben (Ziffer 1 8. Spiegelstrich). Demgegenüber umfasst nach der Weiterbildungsordnung 1988 (Nr.22.1 des Abschnitts I der Anlage) Inhalt und Ziel der Weiterbildung im orthopädischen Teilgebiet "Rheumatologie" "die Vermittlung, der Erwerb und der Nachweis spezieller Kenntnisse und Erfahrungen in der Diagnostik und operativen Therapie bei rheumatischen Erkrankungen einschließlich der selbständigen Durchführung der Operationen des Teilgebietes, der physikalischen Therapie und Rehabilitation". Auch nach der Definition der Weiterbildungsordnung 1993 umfasst die Rheumatologie im Rahmen des orthopädischen Schwerpunkts (Abschnitt I Nr.27.C.1) "die Diagnostik und operative Therapie bei rheumatischen Erkrankungen sowie die physikalische Therapie und Rehabilitation". Zum Inhalt und Ziel der Weiterbildung in diesem Schwerpunkt gehört "die Vermittlung, der Erwerb und der Nachweis besonderer Kenntnisse und Erfahrungen in der Diagnostik und operativen Therapie bei rheumatischen Erkrankungen einschließlich der selbständigen Durchführung der Operationen des Schwerpunkts, der physikalischen Therapie und Rehabilitation". Die konservative Behandlung, wozu auch die medikamentöse Behandlung gehört (vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr.21 S.110), ist dem orthopädischen Rheumatologen nach der Weiterbildungsordnung 1993 insoweit zugewiesen, als er besondere Kenntnisse und Erfahrungen in "speziellen konservativen Behandlungsmethoden des Schwerpunktes einschließlich Lagerung, Orthesen, Schienen- und Apparatetechnik sowie Gelenkinjektionen" (Ziffer 1 6. Spiegelstrich) erwirbt. Die in Bayern geltenden Weiterbildungsvorschriften für Rheumatologen weisen demnach Unterschiede zwischen den Regelungen für Internisten und für Orthopäden auf, die nach Auffassung des Senats so gewichtig sind, dass sie den Ausschluss des orthopädischen Rheumatologen von der Leistungserbringung der Nr.9413 E-GO rechtfertigen, zumal bei der sogenannten Basistherapie die Gefahr von Nebenwirkungen auf internistischem Gebiet besteht.

Von Unterschieden zwischen den Regelungen für Internisten und Orthopäden ist auch das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung zur EBM-Nr.16 (vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr.21 S.108) ausgegangen. Es ist jedoch unter Zugrundelegung der Weiterbildungsbestimmungen der Ärztekammer Schleswig-Holstein zu der Auffassung gelangt, dass diese Unterschiede nicht so gewichtig sind, dass sie den Ausschluss von den Betreuungsleistungen nach Nr.16 EBM rechtfertigen. Diese Entscheidung lässt sich nur hinsichtlich der allgemeinen Grundsätze auf den vorliegenden Fall übertragen. Die konkreten Leistungen, von der die orthopädischen Rheumatologen ausgeschlossen werden, unterscheiden sich jedoch erheblich. Das Bundessozialgericht hat über eine (Grund-)Betreuungsleistung entschieden. Hier ist die sogenannte Basistherapie, also eine langfristige medikamentöse Therapie mit Antirheumatika, die zu Nebenwirkungen im internistischen Bereich führen können, streitig. Zum anderen scheinen die Regelungen in der Weiterbildungsordnung in Bayern und Schleswig-Holstein zu differieren. Eine Bestimmung, wonach zur Rheumatologie sowohl der Internisten als auch der Orthopäden besondere Kenntnisse und Erfahrungen in der Symptomatologie und Therapie der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen einschließlich der konservativen - mithin auch medikamentösen - Behandlungsmethodik gehören (vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr.21 S.110), gibt es in Bayern weder in der Weiterbildungsordnung 1988 noch in der Weiterbildungsordnung 1993. Dass der Kläger eine individuell abweichende interdisziplinäre Ausbildung durchlaufen hat und, wie er vorträgt, die Basistherapie fachlich beherrscht, ist rechtlich unerheblich. Ein Verstoß gegen Art.3 Abs.1 GG ist nur dann anzunehmen, wenn typischerweise verschiedene Personengruppen ungerechtfertigt ungleich behandelt werden. Dies ist, wie ausgeführt, hier nicht der Fall.

Auch auf das Argument des Klägers, durch seinen Ausschluss werde eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe Versorgung im Landkreis Fürstenfeldbruck nicht sichergestellt, kommt es nicht an. Die Vertragspartner haben in rechtlich nicht zu beanstandender Weise aus Gründen der Qualitätssicherung die Erbringung und Abrechnung der Nr.9413 E-GO (Basistherapie bei Fällen von rheumatoider Arthritis) internistisch-rheumatologischen Spezialpraxen vorbehalten (vgl. BSG SozR 3-2500 § 72 Nr.8), die nicht unbedingt wohnortnah sein müssen. In einem Ballungsbereich, wie der Region München mit seinen guten öffentlichen Verkehrsverbindungen, ist es den bei den Ersatzkassen Versicherten durchaus zuzumuten, eine entsprechende Spezialpraxis im Zentrum (München) aufzusuchen. Der Kläger hat deshalb die Patienten, die bei den Ersatzkrankenkassen versichert sind, zur Durchführung der sogenannten Basistherapie bei Fällen von rheumatoider Arthritis an die Praxen zu überweisen, die über eine entsprechende Genehmigung verfügen.

Aus diesen Gründen ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Dezember 1998 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich § 193 Abs.1 und Abs.4 Satz 2 SGG in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes und beruht auf der Erwägung, dass die Beklagte im Berufungsverfahren obsiegt.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Die Rechtsfrage, ob nicht revisibles Recht im Sinne des § 162 SGG - wie die hier streitige vertragliche Regelung - mit höherrangigem Recht vereinbar ist, ist zwar klärungsfähig. Die grundsätzliche Frage, dass Abrechnungsbestimmungen von den Gerichten auch am Gleichbehandlungsgrundsdatz des Art.3 Abs.1 GG zu messen sind, ist jedoch bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt (vgl. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr.21). Der Senat ist vorliegend nicht von dieser Rechtsprechung abgewichen, sondern in Anwendung des gleichen Prüfungsmaßstabs bei dem hier im Streit stehenden Prüfungsgegenstand (Zuschlags-Nr.9413 E-GO) zu einem anderen Ergebnis gelangt.
Rechtskraft
Aus
Saved