L 5 AS 100/11 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 18 AS 2879/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 100/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden werden als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich mit seinen Beschwerden gegen drei die Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung sozialgerichtlicher Klageverfahren ablehnende Entscheidungen des Sozialgerichts Magdeburg.

Der Kläger bezieht seit 9. Juli 2009 vom Beklagten Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Der Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 10. Juli 2009 Leistungen für die Zeit vom 9. Juli 2009 bis 31. Januar 2010 in Höhe von 674,86 EUR/Monat, mit Änderungsbescheid vom 10. August 2009 für August 2009 bis Januar 2010 in Höhe von 724,61 EUR/Monat.

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2009 stellte der Kläger einen Antrag auf die Gewährung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs, den der Beklagte mit Bescheid vom 3. November 2009 mit der Begründung ablehnte, er leide an einer Erkrankung, bei der nach heutigem Stand der Ernährungsmedizin Vollkost angezeigt sei. Die Kosten hierfür seien im Regelsatz enthalten.

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2009 legte der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch ein, der seitens des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2009 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Der Kläger hat mit der am 11. Januar 2010 beim Sozialgericht Magdeburg eingelegten Klage sein Ziel, einen ernährungsbedingten Mehrbedarf vom Beklagten gewährt zu bekommen, weiter verfolgt (S 18 AS 79/10).

Mit Bescheid vom 13. Januar 2010 hat der Beklagte dem Kläger SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2010 in Höhe von 724,61 EUR/Monat ohne Berücksichtigung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs bewilligt. Den deswegen gegen den Bewilligungsbescheid eingelegten Widerspruch hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2010 als unbegründet zurückgewiesen. In der am 25. Juni 2010 beim Sozialgericht erhobenen Klage (S 18 AS 1979/10) verfolgt er sein Ziel, einen ernährungsbedingten Mehrbedarf zu erhalten, weiter.

Mit Bescheid vom 12. Juli 2010 hat der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. August 2010 bis 31. Januar 2011 in Höhe von 724,93 EUR/Monat bewilligt. Den Widerspruch wegen des fehlenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2010 als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen hat der Kläger am 14. September 2010 beim Sozialgericht erneut Klage erhoben (S 18 AS 2879/10).

In allen drei Klageverfahren begehrt der Kläger vom Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in gesetzlicher Höhe. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, er sei an Diabetes mellitus, arterieller Hypertonie und Krebs erkrankt und benötige folglich einen Mehrbedarf in Höhe von 114,90 EUR/Monat. Es müsse von einem täglichen Energiemehrbedarf von 20% ausgegangen werden. Täglich entstünden so Ernährungskosten in Höhe von 7,77 EUR. Der Beklagte sei von einem täglichen Bedarf von 3,83 EUR ausgegangen; aus der Differenz ergebe sich der begehrte Betrag.

Die in allen Klageverfahren gestellten Anträge des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht jeweils mit Beschluss vom 3. Februar 2011 wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt. Weder unter Zugrundelegung der Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. aus dem Jahr 2008 noch aus der durch den Beklagten durchgeführten amtsärztlichen Untersuchung vom 4. Mai 2010 ergebe sich die Notwendigkeit eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs. Das Sozialgericht hat in seiner Rechtsmittelbelehrung jeweils darauf hingewiesen, dass gegen den Beschluss eine Beschwerde nicht stattfindet, da der Beschwerdewert nicht erreicht ist.

Gegen die Beschlüsse hat der Kläger am 2. März 2011 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er sich zunächst auf die Ausführungen des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Oktober 2010 (L 25 B 2246/10 AS PKH) bezogen, wonach eine Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe in Klageverfahren auch dann zulässig ist, wenn der Streitwert in der Hauptsache den Berufungswert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht erreicht.

Nach einem Hinweis der Berichterstatterin, dass der Senat auch nach der Neufassung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG zum 11. August 2010 daran festhält, dass die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe bei Nichterreichen des Berufungswertes unzulässig ist, hat der Kläger u.a. unter Bezug auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Beschluss vom 19. Januar 2011, L 7 AS 4623/10 B) ergänzend ausgeführt: Gerade mit der Neufassung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG habe der Gesetzgeber inhaltlich klargestellt, dass der Beschwerdeausschluss wegen Nichtüberschreitens des Beschwerdewertes nur für Entscheidungen über einen Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gelte, nicht jedoch im Rahmen von Klageverfahren. Etwas Anderes könne der Gesetzgeber auch im Hinblick auf die Rechtssicherheit nicht gewollt haben. Nach anderer Auffassung wäre der Leistungsempfänger nach dem SGB II, der richtigerweise auf den Rechtsweg zum Sozialgericht verwiesen werde, erheblich benachteiligt und in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzt, da sich die Streitwerte in diesen Verfahren regelmäßig unterhalb der Berufungsgrenze bewegten. Wenn wegen der Höhe des fiktiven Streitwertes eine Überprüfung der Entscheidung im Prozesskostenhilfeverfahren nicht möglich sei, würde dem Leistungsempfänger faktisch die Möglichkeit zur Überprüfung seines Leistungsanspruches genommen. Eine Überprüfung einer ablehnenden Prozesskostenhilfeentscheidung könne nur dann abgelehnt werden, wenn streitgegenständlich nur ein einstelliger Eurobetrag für die Dauer von längstens sechs Monaten sei. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach bei einem Streit um Grundsicherungsleistungen regelmäßig von einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger auszugehen sei (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09 R).

Die Klagen beträfen zudem einen einheitlichen Streitgegenstand, nämlich die Gewährung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs in angemessener Höhe von 114,90 EUR/Monat. So beträfen die Beschwerde zu den Aktenzeichen L 5 AS 110/11 B und L 5 AS 101/11 B den Zeitraum von einem Jahr. Der erkennende Senat habe durch sein Hinweisschreiben deutlich gemacht, dass er alle Verfahren einheitlich betrachte (der Hinweis erging in allen Verfahren in einem einzigen Schreiben). Das Verfahren L 5 AS 102/11 B betreffe die Ablehnung eines Antrags auf Gewährung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs. Der Ablehnungsbescheid regele jedoch nicht einen bestimmten Zeitraum, sondern die Feststellung des Bestehens des Anspruchs. Die Entscheidung habe mithin Auswirkungen auf die gesamte Leistungszeit, in der der Kläger auf die Gewährung von SGB II-Leistungen angewiesen sei. Im Hinblick auf die Entscheidungen des BSG vom 23. April 2010 (B 4 AS 1/09 R und B 4 AS 6/09 R) folge für die Berufungssumme, dass zumindest von einem Wert von 1.953,30 EUR (114,90 EUR x 17 Monate [November 2009 bis April 2011]) auszugehen sei.

Der Kläger verweist zudem darauf, dass die Klagen auch inhaltlich Aussicht auf Erfolg hätten.

Der Beklagte hat Gelegenheit erhalten, zu den Beschwerden Stellung zunehmen, davon jedoch keinen Gebrauch gemacht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Beschwerden sind unzulässig. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Beschwerde gegen die Ablehnung von Anträgen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe richtet sich nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Nach der bis zum 31. März 2008 geltenden Rechtslage war danach die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich statthaft, es sei denn, der maßgebliche Beschwerdewert wurde nicht überschritten. Ausnahmsweise war die Beschwerde aber in diesem Fall doch zulässig, wenn ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint wurden. Die Regelungen sind durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung vom 1. April 2008 durch Einfügung von § 172 Abs. 3 Ziffer 2 SGG modifiziert worden.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe entsprechend. Die Verweisung bezieht sich auf alle in dem Buch 1, Abschnitt 2, Titel 7 der ZPO enthaltenen Vorschriften über die Prozesskostenhilfe, soweit das SGG nicht ausdrücklich - etwa in § 73a Abs. 1 Satz 2 SGG - etwas anderes regelt (vgl. Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl., § 73a, Rn. 2). Die "entsprechende Anwendung" fordert allerdings eine Anpassung der jeweils maßgeblichen Vorschriften der ZPO auf das sozialgerichtliche Verfahren, soweit prozessuale Besonderheiten bestehen. Dies betrifft insbesondere die Ersetzung des dem sozialgerichtlichen Verfahren fremden Rechtsmittels der "sofortigen Beschwerde" durch die "Beschwerde", ferner die Bestimmung des Beschwerdegerichts, nämlich des LSG statt eines höherinstanzlichen Zivilgerichts, sowie die Anpassung des maßgeblichen Werts des Beschwerdegegenstandes für die Berufung. Dieser liegt in Zivilverfahren gemäß § 511 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO bei 600,00 EUR, während hier der seit dem 1. April 2008 in § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 SGG geregelte Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,00 EUR maßgeblich ist.

Nach der bis zum 31. März 2008 geltenden Rechtslage war gemäß § 73a SGG i. V. m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich statthaft, es sei denn, der maßgebliche Beschwerdewert wurde nicht überschritten. Ausnahmsweise war die Beschwerde aber in diesem Fall doch zulässig, wenn ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint wurden. Mit Wirkung zum 1. April 2008 ist mit der Einführung von § 172 Abs. 3 Ziffer 2 SGG die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe - unabhängig vom Wert des Beschwerdewerts - nunmehr "zusätzlich" und damit immer ausgeschlossen worden, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint (so auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, L 12 B 18/07 AL, Rn. 25).

Daher ist seit dem 1. April 2008 die Beschwerde bei einem Wert des Beschwerdegegenstandes über 750,00 EUR nur noch zulässig, wenn Prozesskostenhilfe (auch) wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt worden ist. Dies folgt aus § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz ZPO. Das gleiche gilt, wenn wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG im Streit sind. Die Beschwerde ist hingegen ausgeschlossen, wenn das Gericht in diesen Fällen ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint (vgl. zur Begründung ausführlich den Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Februar 2009, L 5 B 305/08 AS und L 5 B 304/08 AS).

Soweit der Kläger auf die Rechtsmeinung des LSG Baden-Württemberg (L 7 AS 4623/10 B) Bezug nimmt, folgt der Senat dieser nicht. Sein Schluss, der Gesetzgeber habe durch die Neufassung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG inhaltlich klargestellt, dass der Beschwerdeausschluss wegen Nichtüberschreitens der Beschwerdewertgrenze nur für Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes gelten soll, nicht dagegen für Klageverfahren, überzeugt nicht. Zur Begründung beruft sich der Kläger mit dem LSG Baden-Württemberg auf eine Anregung des Bundesrates, zur Vorbeugung von Missverständnissen den Ausschluss der Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe in § 172 Absatz 3 Nummer 1 SGG – wie vorgeschlagen in Anlehnung an § 127 Absatz 2 Satz 2 ZPO – zu präzisieren. Der Bundesrat führte zur Begründung wörtlich aus:

"§ 172 Absatz 3 Nummer 1 SGG-E bestimmt, dass die Beschwerde ausgeschlossen ist "in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre; dies gilt auch für Entscheidungen über einen Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen dieser Verfahren". Diese Regelung ist missverständlich, denn in Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob die Beschwerde auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Berufung in der Hauptsache nicht kraft Gesetzes ohne Weiteres zulässig wäre, sondern erst noch der Zulassung bedürfte (so der 8. Senat des LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29. September 2008 – L 8 SO 80/08 ER –, Juris = Nds. Rpfl. 2009, S. 74), oder ob bei der Prüfung des Beschwerdeausschlusses neben dem Wert des Beschwerdegegenstandes auch die Zulassungsgründe des § 144 Absatz 2 SGG heranzuziehen sind (so der 6. Senat des LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21. Oktober 2008 – L 6 AS 458/08 ER –, Juris = Nds. Rpfl. 2009, S. 32).

Mit der Beschränkung auf "im Rahmen dieser Verfahren" gilt der Ausschluss der Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe zudem nur in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre; in dem Klageverfahren dürfte gegen die Ablehnung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe die Beschwerde nach § 172 Absatz 3 Nummer 1 SGG jedoch nicht unzulässig sein. Diese Frage ist in der Rechtsprechung bislang ebenfalls heftig umstritten (vgl. zum Meinungsstand: Bayerisches LSG, Beschluss vom 10. Dezember 2009 – L 7 AS 563/ 09 B PKH –, Juris Rn. 6 ff.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 6. Januar 2010 – L 2 R 527/09 B –, Juris Rn. 17 m. w. N.; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. März 2010 – L 6 AS 122/10 B –, Juris Rn. 12 ff.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 73a Rn. 12b). Mit der Neuregelung bliebe das Pro-blem bestehen, dass in Hauptsacheverfahren ge- gen die Ablehnung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe weitergehende Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen als in dem Klageverfahren selbst."

Es ist richtig, dass die Bundesregierung eine Prüfung des Einwandes zusagte, das Gesetz aber entsprechend des Entwurfs ohne Änderungen in Kraft trat. Allein daraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass der Gesetzgeber die Prozesskostenhilfebeschwerde in Klageverfahren unterhalb des Beschwerdewerts von 750,00 EUR (weiterhin) für zulässig gehalten hätte (so auch: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Dezember 2010, L 34 AS 2182/10 B PKH; Beschluss vom 29. Oktober 2010, L 25 B 2246/08 AS PKH; Beschluss vom 27. September 2010, L 20 AS 1602/10 B PKH; Sächsisches LSG, Beschluss vom 6. Dezember 2010, L 1 AL 212/09 B PKH; Hessisches LSG, Beschluss vom 4. Oktober 2010, L 7 AS 436/10 B; Bayerisches LSG, Beschluss vom 27. September 2010, L 9 AL 133/10 B PKH; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 3. September 2010, L 11 AS 146 und 152/10, alle recherchiert über juris). Angesichts der von den Landessozialgerichten vor der Gesetzesänderung überwiegend vertretenen Auffassung hätte es dann vielmehr nahegelegen, anlässlich der Gesetzesänderung eine ausdrückliche Regelung dahin gehend aufzunehmen, dass die Beschwerde in Klageverfahren ausdrücklich zugelassen ist. Dies ist aber nicht erfolgt.

Für das Klageverfahren hatte der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 127 Abs. 2 ZPO den Konvergenzgedanken bereits manifestiert. Er hat in seiner Begründung ausgeführt (BT-Drs. 14/163, S. 14):

"In Rechtsprechung und Literatur ist seit langem umstritten, ob die Zulässigkeit einer Beschwerde in Fällen sachlicher Nebenentscheidungen nach § 91a Abs. 2, § 99 Abs. 2 und § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO davon abhängt, daß in der Hauptsache ein Rechtsmittel zulässig wäre. Ein Teil der Rechtsprechung wendet in diesen Fällen den Konvergenzgedanken an und hält deshalb eine Beschwerde nur für zulässig, wenn nicht nur der Beschwerdewert erreicht ist, sondern auch die fiktive Rechtsmittelgrenze gemäß § 511a Abs. 1 ZPO überschritten würde. Ob eine derartige Zulassungsbeschränkung von Rechtsmitteln im Wege der Interpretation möglich ist, ist im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Prozeßkostenhilfe im Asylverfahrensrecht fraglich (vgl. BVerfGE 78, 88). Der Konvergenzgedanke sollte deshalb in den genannten Fällen gesetzlich geregelt werden, um den Rechtsmittelausschluß auf eine sichere Grundlage zu stellen.

Aus Sachgründen ist der Rechtsmittelausschluß angezeigt. Stellt der Gesetzgeber nämlich für die Hauptsacheentscheidung nur eine Instanz zur Verfügung, so besteht kein Grund für die wirtschaftlich weniger bedeutsame Nebenentscheidung, die im Regelfall im Zusammenhang mit der Hauptsacheentscheidung getroffen wird, einen weitergehenden Instanzenzug zu eröffnen. Bei PKH-Sachen greift die Beschränkung des Beschwerderechtszuges nur für die Frage der Beurteilung der Erfolgsaussichten."

Die Anwendung dieses Gedankens auch für sozialrechtliche Klageverfahren hatte der Gesetzgeber bereits sichergestellt durch die Verweisungsvorschrift des § 73a SGG. Für andere als Klageverfahren hat die Zivilgerichtsbarkeit den Konvergenzgedanken des § 127 Abs. 2 ZPO analog angewendet. So hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 23. Februar 2005 (Az.: XII ZB 1/03, Juris) entschieden, eine Beschwerde gegen eine PKH-Entscheidung sei nicht zulässig in Verfahren (dort einstweilige Anordnungen nach §§ 620, 620c, 644 ZPO (nunmehr §§ 49, 57 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit [FamFG])), in denen die Entscheidung in der Hauptsache nicht anfechtbar ist. Eine ausdrückliche Regelung für die Behandlung von Prozesskostenhilfeverfahren in Verfahren der rechtswegbeschränkten einstweiligen Anordnung fehlte sowohl in der ZPO als auch bis zum 11. August 2010 im SGG. Die Verweisung des § 73a SGG auf § 127 ZPO führte mithin nicht zum vom Gesetzgeber geäußerten Willen, die Konvergenz auch in sozialgerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sicherzustellen. Es bedurfte insoweit einer gesetzlichen Regelung, zumal in der Rechtsprechung und Literatur diese Rechtsfrage umstritten war.

Unter Anwendung dieser Grundsätze erreicht die streitgegenständliche Summe nicht den Berufungswert von 750,00 EUR. Allein streitgegenständlich in den einzelnen Verfahren ist das Begehren des Klägers einer Erhöhung der ihm zu gewährenden Leistung von 114,90 EUR/Monat für die Dauer des jeweils streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitts. Dies ergibt sich eindeutig aus seiner jeweiligen Klagebegründung. So betrifft die Klage S 18 AS 1979/10 die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2010, die Klage S 18 AS 2979/10 den Zeitraum vom 1. August 2010 bis 31. Januar 2011.

Auch im Verfahren S 18 AS 79/10 ist die Beschwerdesumme von 750,00 EUR nicht erreicht. Die isolierte Ablehnung des Antrags auf Gewährung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs wirkt nicht über den Bewilligungsabschnitt, in dessen zeitlichem Rahmen die Entscheidung getroffen wurde, hinaus. Mehrbedarfe nach § 21 SGB II a.F. bilden im Gegensatz zum Ersatz der Kosten für eine Klassenfahrt keinen abtrennbaren Streitgegenstand (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 2010, B 4 AS 29/09 R, Rn. 11 m.w.N., Juris), so auch nicht der ernährungsbedingte Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II a.F ... Die zeitliche Wirkung der Ablehnung der Gewährung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs dauert hier folglich nur bis zum 31. Januar 2010, dem Ende des die Ablehnung betreffenden Bewilligungsabschnittes. Im nachfolgenden Bewilligungsabschnitt hat der Kläger den diesen Bedarf nicht berücksichtigenden Bewilligungsbescheid mit einem Widerspruch und einer Klage angegriffen. Folgte man seiner Ansicht der zeitlichen Wirkung der Ablehnung mit Bescheid vom 3. November 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009, wäre zudem der Anspruch doppelt rechtshängig, die nachfolgenden Klagen somit unzulässig.

Die einzelnen Klagen, die jeweils einen sechsmonatigen Bewilligungsabschnitt betreffen, hat das Sozialgericht nicht zur gemeinsamen Entscheidung nach § 113 SGG verbunden. Eine objektive Klagehäufung liegt mithin nicht vor, sodass die einzelnen Streitwerte entgegen der klägerischen Ansicht nicht zusammenzurechnen sind.

Soweit der Kläger die Anwendbarkeit des § 172 Abs. 3 SGG für die Zulässigkeit von PKH-Beschwerden unter Bezug auf die Rechtsprechung des BSG zur Höhe der zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren in einem Vorverfahren infrage stellt, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden.

Das BSG hatte sich in dem von ihm zitierten Urteil mit der Frage der Bestimmung der Höhe einer Geschäftsgebühr im Rahmen des § 14 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) auseinandergesetzt. Es sei u.a. die wirtschaftliche Bedeutung für den Mandanten zu berücksichtigen. Diese nimmt das BSG bei einem Streit um die Gewährung von weiteren 116,77 EUR/Monat für die Dauer von fünf Monaten als weit über dem Durchschnitt an. Die für die Höhe einer Gebühr nach § 14 RVG heranzuziehenden Kriterien haben aber nichts mit denen zur Prüfung der Zulässigkeit von Rechtsmitteln gemein. Der Gesetzgeber hat andere Kriterien, nämlich den Streitwert der Klage bzw. den der Berufung/Beschwerde aufgestellt. So hat er für die Zulässigkeit der Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bestimmt, dass nur dann, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes über 750,00 EUR liegt, die Berufung ohne Zulassung zulässig ist. Auf die wirtschaftliche Bedeutung für den Einzelnen kommt es gerade nicht an.

Der prozessarme Kläger wird schließlich durch die Begrenzung der Zulässigkeit der Beschwerde in Prozesskostenhilfeverfahren auch nicht in seinem Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzt. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes beeinflusst zwar die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen, die für die Eröffnung eines Rechtswegs und die Beschreitung eines Instanzenzugs von Bedeutung sind. Es begründet allerdings keinen Anspruch auf eine weitere Instanz. Die Garantie einer einmaligen gerichtlichen Entscheidung über ein behauptetes Recht zielt darauf ab, Konflikte um eine mögliche Rechtsverletzung einer Prüfung und einer bestandskräftigen Entscheidung zuzuführen. Weiter reicht die Garantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) nicht. Verfassungsrechtlich ist es nicht geboten, auch den Akt der gerichtlichen Überprüfung selbst daraufhin kontrollieren zu können, ob in ihm die für den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Rechtsnormen nunmehr vom Gericht verletzt wurden. Im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens nimmt das verfassungsrechtlich gewährleistete Rechtsschutzsystem bei der Überprüfung eines Verhaltens ein verbleibendes Risiko falscher Rechtsanwendung durch das Gericht in Kauf (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. April 2003, 1 PBvU 1/02, Rn. 19, Juris).

Nach alledem waren die Beschwerden als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 127 Abs. 4 ZPO.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG)
Rechtskraft
Aus
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